Zukunftstechnologien, Ressourcengerechtigkeit und...
Transcript of Zukunftstechnologien, Ressourcengerechtigkeit und...
Zukunftstechnologien, Ressourcengerechtigkeit und
Menschenrechte – Balanceakt 4.0
Beate Schurath I 10.05.2019 I Leipzig
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Deutschland – Rohstoffimportland
Quelle: Bericht zur
Rohstoffsituation 2016 (BGR)
Quelle: Bericht zur
Rohstoffsituation 2015 (BGR)
Deutschland – Rohstoffimportland
Quelle: Bericht zur
Rohstoffsituation 2017 (BGR)
Quelle: Bericht zur
Rohstoffsituation 2015 (BGR)
Deutschland – Rohstoffimportland
einer der größten Rohstoffkonsumenten weltweit
bei primären Metallrohstoffen zu fast 100% importabhängig
drittgrößter Importeur von Laptops (43 Mio.) und Mobiltelefonen (74 Mio.)
Quelle: Vortrag auf Workshop von Dr. Hildegard Wilken BGR am 13.06.2018 in Berlin
Quelle: https://ejatlas.org/
Die Extraktion mineralischer und metallischer Rohstoffe führt weltweit zu Konflikten:
Bundeswirtschaftsminister Altmaier 2018: „Wir wollen bei Zukunftstechnologien führend sein, z. B. bei der Digitalisierung und Automatisierung, beim autonomen Fahren, bei der künstlichen Intelligenz, der Batteriezellfertigung …“
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Digitalisierung
Smart Mobility
Smart Home
Smart Grid
Industrie 4.0
Energiewende
…
IT-Sektor wächst weltweit
Quelle: freepik.com (macrovector)
Zink, Graphit
Gold
Gallium, Indium
Germanium,
Kobalt, Kupfer
Lithium,
Platin, Seltene
Erden,
Silber, Tantal
Zinn
…
„Ausgerechnet für etliche dieser Rohstoffe ist die sichere Versorgung der Industrie in Gefahr…“ [Ulrich Grillo, ehemaliger Präsident des BDI, 2016]
Halbleiter,
Touchscreens,
Platinen,
Sensoren,
Hochleistungs-
magnete,
Mikro-
prozessoren,
Akkus,
Tastaturfolien
…
Keine IT ohne Rohstoffe
Quelle: freepik.com
„Wenn wir die Digitalisierung nicht nachhaltig
gestalten, sondern unverändert fortsetzen, dann
wird sie zum Brandbeschleuniger für die
ökologischen und sozialen Krisen unseres Planeten,
führt sie zu mehr Energie- und Rohstoffverbrauch,
mehr Konsum und mehr Verkehr“.
[Bundesministerin Svenja Schulze I re:publica I 7.5.2019]
Von Gerechtigkeit keine Spur: 4 Beispiele KUPFER I PERU
Giftige Schwermetalle in
Boden, Luft und Wasser
Land- und Weidewirtschaft
nicht mehr umsetzbar
Lebensgrundlage der
Menschen schwindet
mehr als ein Fünftel der
gesamten Fläche Perus mit
Bergbaukonzessionen belegt
Weltweiter Bedarf an Kupfer
steigt bis 2030 um 260%
Proteste der AnwohnerInnen
gewaltsam niedergeschlagen
Máxima Acuña de Chaupe stellt sich der Enteignung durch ein großes
Bergbauunternehmen in der Region Cajamarca in Peru entgegen. Ihr Haus
ist ständig von Sicherheitskräften umringt, doch sie trotzt den gewaltsamen
Bedrohungen. Foto: Guaricha (CC BY-NC 2.0)
Von Gerechtigkeit keine Spur: 4 Beispiele GRAFIT I CHINA
ArbeiterInnen vor der Grafitraffinerie Jixi der Provinz Heilongjiang in
China. Die Nachfrage nach Grafit aus der Region steigt, besonders
aufgrund der geringen Arbeitskosten, bei hoher Qualität, weiter an.
Starke Entwicklung von
hochgiftigem Graphitstaub
beim Abbau
Verschmutzung von
Feldern und Flüssen
Lungenkrankheiten durch
grafithaltigen Staub und
Chemikalien
Unfaire Löhne
Katastrophale
Arbeitsbedingungen
Foto: Dave Tavon. Laif
Von Gerechtigkeit keine Spur: 4 Beispiele KOBALT I DR KONGO
Landenteignung
43-facher Kobaltgehalt im Blut
von AnwohnerInnen
Verschmutzung von Flüssen
durch toxische und radioaktive
Rückstände
Abholzung
Ungesicherte Minenschächte im
Kleinbergbau
Luftverschmutzung
Kinderarbeit
Von Gerechtigkeit keine Spur: 4 Beispiele SELTENE ERDEN I CHINA
Beim Monazitabbau sickern
radioaktiver Schlamm und giftige
Säuren in das Grundwasser
Zahlreiche Fälle von Krebs und
chronischen Arsenvergiftungen
Mangelnder Arbeitsschutz
Grundwasser mit
Amoniumsulfat kontaminiert
Kontaminierung von Boden
und Ackerland mit
Schwermetallen wie
Cadmium und Blei
Todesopfer bei Erdrutschen
Ausbau von Zukunftstechnologien erhöht die Rohstoffnachfrage im IT-Sektor enorm.
Konflikt zwischen ökologischer Begrenzung und ökonomischem Wachstum verschärft sich.
Vordringen in immer sensiblere Gebiete und systematische
Verletzung von Menschenrechten.
Schwache Umweltgesetzgebung und politische Fragilität in
vielen rohstoffabbauenden Staaten.
Versorgungssicherung als oberstes Ziel der deutschen
Rohstoffpolitik und Industrieverbände – Umwelt- und Menschenrechtsstandards gefährdet.
Strategien?
Weggehen von dort, wo es brennt, andere Rohstofflagerstätten erschließen
Freiwillige Initiativen von Unternehmen und Industrieverbänden
Stärkung der Umweltgesetzgebung etc. in betroffenen Staaten
Alternativen zum Extraktivismus / Diversifizierung
Generalver-
sammlung
Vereinte
Nationen:
Allgemeine
Erklärung
der
Menschen-
rechte
Deutschland:
Aktionsplan
Wirtschaft u.
Menschen-
rechte
Bundes-
minister
Altmaier:
„Ich will Sie
jetzt nicht
mit
Sorgfalts-
pflichten
beschallen.“
UN-
Menschenrechts
rat:
Leitprinzipien
für Wirtschaft
und
Menschenrechte
OECD-Leitsätze
zur Förderung
verantwortungs-
voller
Lieferketten für
Mineralien aus
Konflikt- u.
Hochrisikoge-
bieten
2016 201820111948
Der steinige Weg zur menschenrechtlichen Sorgfalt
Aktionsplan
Wirtschaft und
Menschenrechte
oder
Die Geschichte
vom zahnlosen
Tiger
Bundeskabinett
2016
2017
Frankreich:
Loi de
Vigilance
EU-Konflikt-
mineralien-
Verordnung
2019
Gesetzes-
vorschlag für
Menschen-
rechtsschutz
in Wert-
schöpfungs-
ketten von
Entwicklungs-
minister
Müller
Kern der Unternehmerischen Verantwortung nach den UN-
Leitprinzipien:
Menschenrechtliche SorgfaltspflichtWas heißt das am Beispiel eines IT-Unternehmens, dass Kobalt für
die Herstellung seiner Akkus aus der DR Kongo bezieht?
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1. Das IT-Unternehmen entwickelt eine Unternehmenspolitik zu Menschenrechten: bei allen Entscheidungen, bspw. im Einkauf oder der Wahl von Zulieferländern müssen sich Mitarbeitende fragen, ob ihre Entscheidung die Wahrung der Menschenrechte unterstützt. Wenn nicht, muss ein anderer Weg gefunden werden.
Menschenrechtliche SorgfaltspflichtMenschenrechtliche Sorgfaltspflicht = Kern der unternehmerischen Verantwortung
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2. Das IT-Unternehmen analysiert kontinuierlich die Auswirkungen der eigenen Tätigkeit und Geschäfts-beziehungen im Hinblick auf die Menschenrechte und bezieht in diese Analyse aktiv die betroffene Zivilgesellschaft ein.
Menschenrechtliche SorgfaltspflichtMenschenrechtliche Sorgfaltspflicht = Kern der unternehmerischen Verantwortung
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3. Wenn Missstände entdeckt werden, ergreift das IT-Unternehmen effektive Gegenmaßnahmen, um die Missstände zu beheben und sie wiedergutzumachen. Das gilt auch, wenn das IT-Unternehmen nicht selbst den Schaden verursacht hat, sondern jemand anderes in der Lieferkette.
Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht = Kern der unternehmerischen Verantwortung
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4. Zusätzlich bittet das IT-Unternehmen Betroffene und unabhängige Beobachter um Feedback, ob die Gegenmaßnahmen sinnvoll waren und den Schaden wirklich beheben konnten.
Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht = Kern der unternehmerischen Verantwortung
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5. Das IT-Unternehmen richtet auch leicht zugängliche Beschwerdemechanismen ein, die bspw. Anwohner*innen rund um eine Mine ermöglichen, zu melden, wenn etwas schief läuft.
Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht = Kern der unternehmerischen Verantwortung
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Zuviel verlangt?
Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht = Kern der unternehmerischen Verantwortung
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IKategorischer
Imperativ für die wohlhabenden
Ökonomien: Weniger!Ohne Reduktion des
Verbrauchs keine
Ressourcengerechtigkeit!
II Politische
Konsequenz beim Prinzip: Wer nutzt,
trägt Verantwortung!Ohne Schutz der Menschenrechte
keine Ressourcengerechtigkeit!
„[Wir] brauchen […] eine neue DNA für die
Digitalisierung: In jeden Algorithmus muss
Umweltschutz einprogrammiert sein.
[Bundesministerin Svenja Schulze I re:publica I 7.5.2019]
„[Wir] brauchen […] eine neue DNA für die
Digitalisierung: In jeden Algorithmus muss
Umweltschutz, [die Senkung des absoluten
Ressourcenverbrauchs und der Schutz der
Menschenrechte] einprogrammiert sein.
[Bundesministerin Svenja Schulze I re:publica I 7.5.2019]
[INKOTA]
Danke für Ihre / Eure Aufmerksamkeit.
Beate Schurath I 10.05.2019 I Leipzig
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