Zundschlüssel Vol5 , Sommer 2010

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ZÜNDSCHL Ü SSEL Semesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen rund um das Thema Soft Skills für Ingenieure Wintersemester 2010/ 11 Editorial 1 Soft Skills für Ingenieure - Erweiterung der Ingenieurausbildung 2 TUTOR forscht: Innovationswettbewerb des Tutorensystems Garching 2 Produktionsmanagement hautnah erleben 3 TUTOR konstruiert - Eindrücke zur Arbeit im Projektsemester 4 Ein Ziel der Bologna–Reform – Deklaration ist die „Employability“. 6 Soft-Skill-Veranstaltung „Training von Präsentationstechniken“ 8 TUTOR Hilfsmittel im Alltag 9 TUM Career Service – Zeit für Karriere! 10 Arbeitsmotivation – Mit Herz, Hirn und Hand 11 Soft Skills in unserer Welt 12 Interkulturelle Kommunikation im Ingenieursstudium? 13 Reden wir über Softskills im Interview: Prof. Dr.-Ing. Udo Lindemann 16 Editorial Liebe Leserinnen, liebe Leser, etymologisch betrachtet bedeutet die Berufsbezeichnung Ingenieur „Festungsbaumeister“ und wird vom lateinischen Titel „ingenia- rius“ abgeleitet, den auch Leonardo da Vinci trug. Der Ingenieursbegriff beschreibt im deutschen Sprach- gebrauch heute wissenschaftlich ausgebildete Fachleute auf einem technischen Gebiet. Für die Berufs- ausübung muss in Deutschland die Ingenieurausbildung an einer Uni- versität oder (Fach-) Hochschule erfolgen. Somit sind wir schnell beim Thema Hochschuldidaktik. Mit welchen Methoden lässt sich die Ingenieur- ausbildung am effektivsten gestal- ten? Betrachten wir die Entwick- lung der Ingenieurausbildung in Deutschland, begegnen wir einem vielfältigen und einem sich stets er- neuernden Gebiet. Hochschuldidak- tisch bietet die Auseinandersetzung mit dem Thema umfangreiche For- schungsmöglichkeiten. Auch die Einführung von Soft Skills/Schlüsselkompetenzen als Pflichtveranstaltung an der Fakultät für Maschinenwesen ist eine be- reichernde Erweiterung. In diesem Zusammenhang ist eine ganzheit- liche Lehre von großer Bedeutung. Aber wie lässt sich ganzheitliche Lehre gestalten? In dieser Ausgabe finden Sie Be- richte von drei Lehrstühlen unserer Fakultät, die ihr Lehrangebot und ihre Methoden bereits umgestaltet haben und fachliche Kompetenzen mit sozialen Kompetenzen erfolg- reich vermitteln. Kurz: In dieser Ausgabe bekommen Sie unter an- derem einen Einblick zur Erwei- terung der Ingenieurausbildung an der Fakultät für Maschinenwesen durch die Einführung von Soft Skills. Viel Spaß beim Lesen! Duygu Brandstetter, M.A. Impressum Zündschlüssel Heft 5, 10/10 Herausgeber: Fakultät für Maschinenwesen, TUM Erscheinungsweise: Halbjährlich (Anfang Winter-/Sommersemester) V.i.S.d.P und Redaktion: Duygu Brandstetter, M.A.; Maria Prahl, M.A. Soft Skills für Ingenieure Technische Universität München Fakultät für Maschinenwesen Soft Skills für Ingenieure Boltzmannstraße 15 D-85748 Garching [email protected] ISSN 1867-7274 Layout: Agnes Handfest Fotos: Soft Skills für Ingenieure - Fakultät für Maschinenwesen, pixelio.de, privates Fotomaterial der Gastredakteure Auflage: 250 Download unter www.softskills.mw.tum.de Druck: Firma Rapp-Druck GmbH Kufsteinerstraße 101 D-83126 Flintsbach a. Inn In dieser Ausgabe:

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Zundschlüssel Vol5 , Sommer 2010

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Wintersemester 2010/11

ZÜNDSCHLÜSSELSemesterzeitung der Fakultät für Maschinenwesen rund um das Thema Soft Skills für Ingenieure

Wintersemester 2010/ 11

Editorial 1

Soft Skills für Ingenieure - Erweiterung der Ingenieurausbildung 2

TUTOR forscht: Innovationswettbewerb des Tutorensystems Garching 2

Produktionsmanagement hautnah erleben 3

TUTOR konstruiert - Eindrücke zur Arbeit im Projektsemester 4

Ein Ziel der Bologna–Reform – Deklaration ist die „Employability“. 6

Soft-Skill-Veranstaltung „Training von Präsentationstechniken“ 8

TUTOR Hilfsmittel im Alltag 9

TUM Career Service – Zeit für Karriere! 10

Arbeitsmotivation – Mit Herz, Hirn und Hand 11

Soft Skills in unserer Welt 12

Interkulturelle Kommunikation im Ingenieursstudium? 13

Reden wir über Softskills im Interview: Prof. Dr.-Ing. Udo Lindemann 16

EditorialLiebe Leserinnen,liebe Leser,etymologisch betrachtet bedeutet die Berufsbezeichnung Ingenieur „Festungsbaumeister“ und wird vom lateinischen Titel „ingenia-rius“ abgeleitet, den auch Leonardo da Vinci trug. Der Ingenieursbegriff beschreibt im deutschen Sprach-gebrauch heute wissenschaftlich ausgebildete Fachleute auf einem technischen Gebiet. Für die Berufs-ausübung muss in Deutschland die Ingenieurausbildung an einer Uni-versität oder (Fach-) Hochschule erfolgen. Somit sind wir schnell beim Thema Hochschuldidaktik. Mit welchen Methoden lässt sich die Ingenieur-ausbildung am effektivsten gestal-ten? Betrachten wir die Entwick-lung der Ingenieurausbildung in Deutschland, begegnen wir einem vielfältigen und einem sich stets er-neuernden Gebiet. Hochschuldidak-tisch bietet die Auseinandersetzung mit dem Thema umfangreiche For-

schungsmöglichkeiten. Auch die Einführung von Soft Skills/Schlüsselkompetenzen als Pflichtveranstaltung an der Fakultät für Maschinenwesen ist eine be-reichernde Erweiterung. In diesem Zusammenhang ist eine ganzheit-liche Lehre von großer Bedeutung. Aber wie lässt sich ganzheitliche Lehre gestalten?In dieser Ausgabe finden Sie Be-richte von drei Lehrstühlen unserer Fakultät, die ihr Lehrangebot und ihre Methoden bereits umgestaltet haben und fachliche Kompetenzen mit sozialen Kompetenzen erfolg-reich vermitteln. Kurz: In dieser Ausgabe bekommen Sie unter an-derem einen Einblick zur Erwei-terung der Ingenieurausbildung an der Fakultät für Maschinenwesen durch die Einführung von Soft

Skills.

Viel Spaß beim Lesen!

Duygu Brandstetter, M.A.

ImpressumZündschlüssel Heft 5, 10/10

Herausgeber: Fakultät für Maschinenwesen, TUM

Erscheinungsweise: Halbjährlich (Anfang Winter-/Sommersemester)

V.i.S.d.P und Redaktion:Duygu Brandstetter, M.A.; Maria Prahl, M.A. Soft Skills für Ingenieure Technische Universität MünchenFakultät für MaschinenwesenSoft Skills für IngenieureBoltzmannstraße 15D-85748 [email protected]

ISSN 1867-7274

Layout: Agnes Handfest

Fotos: Soft Skills für Ingenieure - Fakultät für Maschinenwesen, pixelio.de, privates Fotomaterial der Gastredakteure

Auflage: 250 Download unter www.softskills.mw.tum.de

Druck: Firma Rapp-Druck GmbHKufsteinerstraße 101D-83126 Flintsbach a. Inn

In dieser Ausgabe:

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Wintersemester 2010/11

Der Bologna-Prozess verfolgt-unter anderem das Ziel, die Be-schäftigungsfähigkeit zu för-dern. Die Integration der sozi-alen Dimension stellt dabei eine übergreifende Maßnahme dar.

Die Fakultät für Maschinenwe-sen erkannte die Wichtigkeit die-ser Komponente in der Ingeni-eurausbildung bereits vor vielen Jahren. Auf eine Studenteninitia-tive hin wurde 1996 unter der Leitung des Lehrstuhls für Pro-duktentwicklung das Tutorensy-stem Garching eingerichtet. Um den Anforderungen der Bologna-Vereinbarung umfassender nach-zukommen wurde zum Winterse-mester 2008/2009 die Studienlei-stung Soft Skills eingeführt. Die Bachelor- und Masterstudieren-den der Fakultät für Maschinen-wesen sind verpflichtet, durch den Besuch von mindestens zwei Veranstaltungen die erforderli-chen vier bzw. fünf Credits in

diesem Bereich (vgl. FPSO) zu erwerben.Aus pädagogisch-psychologi-scher Sicht ist die Erlangung die-ser Fähigkeit vor allem in Klein-gruppen durch aktivierende Lehr- und Lernmethoden möglich. Soft Skills Erwerb ist weiterhin eng mit intrinsischer Motivation ver-bunden und setzt somit voraus, dass Studierende die Möglichkeit haben müssen, je nach Bedarf und Bedürfnis, aus einem vielfäl-tigen Angebotskatalog eine Ver-anstaltung besuchen zu können.

Unser Leitbild: „Ganzheitliche Lehre“

Das hochschuldidaktische Bild des Bereichs Soft Skills für In-genieure an der Fakultät für Ma-schinenwesen der TUM sieht vor, die Ingenieurausbildung als ganzheitliche Lehre zu gestalten und versteht sich als integrativer Bestandteil des Studiums. Fach-

kompetenzen und Soft Skills wer-den stets miteinander verknüpft und durch aktivierende Lehr- und Lernmethoden vermittelt.Die Studierenden erleben die-sen didaktischen Anspruch be-reits im Tutorensystem Gar-ching, durch die Mitarbeit instu-dentischen Vereinen sowie durch Lehrstuhlangebote. Team- und Projektarbeit mit fachlichem Hin-tergrund bilden die Basis der Ver-anstaltungen, die durch Integrati-on und Erweiterung von geziel-ten Soft Skills – Bausteinen er-weitert werden.Soft Skills im Rahmen des Studi-ums an der Fakultät für Maschi-nenwesen beinhaltet die Erweite-rungfolgender Kompetenzen:

– Soziale und persönliche Kom-petenz wie Kommunikation, Teamarbeit, Teamführung, Kon-fliktlösung, Motivation, Überzeu-gungsfähigkeit, Reflexionsfähig-keit und Feedback, sowie inter-

Soft Skills für Ingenieure - Erweiterung der Ingenieurausbildung

Mach MIt!Jung und kreativ fürs alter: Unter dem Motto „alter und alltag“ könnt Ihr durch Eure Ideen Senioren in all-täglichen Lebenssituationen unter-stützen. tutees des tutorensystems Garching sind aufgefordert, innova-tive Unterstützungsmöglichkeiten für alltägliche anwendungen zu konzi-pieren. In Gruppen werden Ideen ge-sammelt, daraus ein Konzept abgelei-tet und dieses in Form eines Modells einer Jury präsentiert. Bewertet wer-den Innovativität, Funktionalität und Präsentation. Der Wettbewerb findet am 2. Februar 2011 in der Fakul-tät Maschinenwesen der tU Garching unter der Schirmherrschaft von Prof. Dr.-Ing. Udo Lindemann statt. Mit freundlicher Unterstützung der Firma Voith.Näheres unter: www.tutor-forscht.de

TUTOR forscht: Innovationswettbewerb des Tutorensystems Garching

kulturelle Kompetenz.

– Methoden– und Medienkom-petenz wie Kreativitätstechni-ken, Präsentations-/Moderations-geschick und Rhetorik sowie der adäquater Einsatz und der sichere Umgang mit den erforderlichen Medien.

Die handlungskompetenz stellt dabei die Schnittmenge der oben genannten Kompetenzen dar und kann nur durch die ganzheitliche Lehre optimal auf das Berufsle-ben vorbereiten.

Eine Aufgabenstellung aus dem Produktionsmanagement, die es ei-nerseits unter hohem Zeitdruck in Teamarbeit zu lösen gilt und ande-rerseits deren Lösung verständlich und klar dem Kunden präsentiert werden soll. – Dies ist eine Situation, mit der die meisten Studie-renden technischer Universitäten während ihres Studiums selten bis gar nicht in Berührung kommen, die jedoch in der Industrie auf der Tagesordnung steht und von Absolventen erwartet wird diese bewäl-tigen zu können. Die Fähigkeiten, sich in eine Gruppe integrieren zu können, strukturiert Aufgaben zu lösen sowie überzeugend zu prä-sentieren, sind dabei wichtige Eigenschaften, um diese Anforderung zu erfüllen.Das Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) hat sich mit dem „Seminar für Produktionsmanagement“ die Stärkung genau dieser Fähigkeiten zum Ziel gesetzt. In 5er-Teams gilt es, in zehn von jeweils unterschiedlichen Industriepartnern or-ganisierten Terminen, Fallstudien aus dem Bereich Produktionsma-nagement zu lösen. Diese fokussieren sich vor allem auf die prak-tische Anwendung sowie Vertiefung der Inhalte der Vorlesungen „Methoden der Unternehmensführung“ und „Fabrikplanung“. Die Konfrontation mit in der Praxis oftmals auftretenden Situationen, wie dem Erhalt von unvollständigen Informationen vom Kunden und die Möglichkeiten damit umzugehen, sind ebenso wichtige Bestandteile des Seminars. Dadurch soll den Studierenden ein Einblick in die Pra-xis und den dort gängigen Arbeitsmethoden ermöglicht werden.Zur Verbesserung der Präsentationstechnik und der Teamfähigkeit leiten die Teilnehmerin bzw. der Teilnehmer des Seminars mindestens zwei Mal im Laufe des Semesters eine Gruppe und präsentieren die Ergebnisse vor den Mitarbeitern der Industriepartner. Dadurch wird einerseits die Möglichkeit geschaffen, die eigene Teamfähigkeit zu reflektieren und andererseits die Situation geprobt, vor einem Kun-den Ergebnisse zu präsentieren. Ausführliches Feedback hinsicht-lich des Auftretens, der Foliengestaltung und des Präsentationsstils erfolgt durch die Industriepartner. Praxisberichte und Tipps für eine erfolgreiche Präsentation runden die einzelnen Termine ab.Die in den Fallstudien gewonnen Erkenntnisse werden von den Stu-dierenden dann gezielt im Zuge einer Projektarbeit umgesetzt. In Gruppen bis zu acht Personen gilt es, im Laufe des Semesters eine Projektarbeit zur Neugestaltung einer Fabrik durchzuführen. Dabei müssen die Studierenden sich innerhalb ihrer Gruppe selbst organi-

Produktionsmanagement hautnah erleben von Dipl.-Ing. Johannes Pohl – Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb)Seminar für Produktionsmanagement am iwb - Studierende lernen von Industriepartnern das Rüstzeug für ihre spätere Tätigkeit in der Industrie

sieren. Es gilt mit Methoden des Projektmanagements sowie Kreativ-techniken die Aufgabenstellung strukturiert anzugehen und zu lösen. Die Erstellung und das Halten einer Vorstandspräsentation sowie die Reflexion der gruppendynamischen Prozesse bilden den Abschluss des Seminars.Das „Seminar für Produktionsmanagement“ bietet den Studierenden die Möglichkeit, die in den Vorlesungen gelernten Methoden des Projektmanagements, der Fabrikplanung und der Unternehmensfüh-rung praktisch zu erproben, die eigenen Stärken und Schwächen im Bereich der Präsentationstechnik und Teamfähigkeit zu erkennen sowie daran zu arbeiten.

WEITERE DETAILS SOWIE ANMELDUNG ZUM SEMINAR UNTER:

www.iwb.tum.de

Dipl.-Ing. Johannes [email protected]. 089 289 15448

von Duygu Brandstetter, M.A.

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Wintersemester 2010/11

Für jeden Tutorjahrgang ist der Konstruktions- (bzw. For-schungs)wettbewerb der Hö-hepunkt des ganzen Jahres. Für einen Zeitraum von ca. zehn Wochen werden die Gruppen zu Projektteams. Unter Zeitdruck müssen sie eine an sie gestellte Aufgabe mit definierten Rand-

bedingungen (bei TUTORkon-struiert) bewältigen – von der Durchdringung der Aufgabe über die Generierung von Lö-sungskonzepten und Material-beschaffung bis hin zur proto-typischen Umsetzung. Obgleich die Aufgabe aus systemtechni-scher sowie industrieller Sicht vordergründig einfach scheint, birgt sie Herausforderungen und Probleme, die auch später in der beruflichen Praxis alltäglich sind und daher im Rahmen der uni-versitären Lehre vermittelt wer-den müssen. Um der Frage nach-zugehen, inwieweit Studierende zu Beginn ihres Studiums bereits ein Verständnis zu Prozessen und Projekten aufbauen, beschrieben die Tutoren des letzten Kon-struktionswettbewerbes das Vor-gehen ihrer Gruppen während der Projektphase anhand eines Fragebogens, der von den Auto-ren erstellt wurde. Dabei lag ein besonderes Augenmerk auf der Analyse, wie engagiert und/oder systematisch die Gruppen in ihrer Arbeit vorgehen, wie sie zu Lösungen gelangen (Lösungsge-nerierung und –bewertung) und wie die Umsetzung vorangetrie-ben wird.Zunächst einmal fällt das unge-mein große Engagement auf, das die meisten Studierenden zeigen. Endlich dürfen sie etwas bauen, können die ersten Vorlesungs-inhalte anwenden, Zeichnungen erstellen, in Werkstätten Pro-totypen aufbauen. Auch wenn die Teamarbeit einige Heraus-forderungen mit sich bringt, auf die später genauer eingegangen wird, spornt sie meist an. Eine selbst entworfene und gebaute Maschine bei einem Wettbewerb

an den Start bringen zu müssen und dieses auch zu schaffen, wird von den Teams immer als großer Erfolg wahrgenommen. Außerdem zeigen sich die Grup-pen sehr kreativ – sei es bei der Lösungssuche als auch bei der Bewältigung diverser Probleme wie der Materialbeschaffung.

Die Motivation ist ausgespro-chen hoch. Aber die Frage bleibt, ob die Studierenden die Mechanismen des Projektmanagements erkannt

haben, ob sie in der Lage sein werden, auch Projekte, die auf den ersten Blick „unsexy“ sind, in Zukunft zu meistern? Unsexy, weil sie komplex, lang oder auch fachfremd sind. Insbesondere bei geringer Erfahrung mit Pro-jektmanagement oder methodi-scher Produktentwicklung treibt vor allem Motivation an, die oft dann auch über mangelnde Ef-fizienz hinweg hilft. Lernen die Studenten aus dem Wettbewerb, dauerhaft viele Projekte gut zu

bewältigen? Und erkennen sie, dass bestimmte formalisierte Prozesse in großen Systemen wie einem Unternehmen not-wendig sind? Im Folgenden wer-den daher ein paar Eindrücke aufgeführt.Obgleich ein Wettbewerb von seinen Regeln lebt, wurden die Anforderungen, die durch das geltende Regelwerk beschrie-ben waren, oft erst spät in die Lösungsgenerierung eingebun-den. Zudem wird die Klärung von Anforderungen an die Kon-struktion meist bereits mit ersten Lösungsideen vermischt. Auch wenn dieses Phänomen auf Mi-kroebene sicherlich fast nicht zu vermeiden ist und sogar zu mehr

Ideen führen kann, so muss sich doch auf Makroebene stets be-wusst gemacht werden, welche Randbedingungen die jeweilige Phase gerade vorgibt. Kommt es zu einer solchen Vermischung, verläuft die Lösungssuche von Beginn an nicht neutral und engt dadurch den möglichen Lösungs-raum bereits früh ein. In einem solchen Falle ist es schwer, Al-ternativlösungen ausgiebig zu diskutieren. Die Gefahr dabei ist, sich zu früh auf Grundkonzepte

festzulegen, ohne die gegebe-nenfalls vorhandenen Schwach-stellen selbiger zu berücksichti-gen. Der in der Wirtschaft meist entscheidende Faktor „Kosten“ wurde ebenfalls meistens ausge-blendet und oftmals dadurch be-gründet, dass die Teams auf die ein oder andere Weise noch mit einem Sponsoring rechneten. In einigen Fällen gerieten die Ko-sten sogar über weite Strecken des Projektes gänzlich aus den Augen. Auffallend ist weiterhin, dass Recherchen zu ähnlichen Pro-dukten, Prinzipien o.ä. nur man-gelhaft durchgeführt werden. Begründet durch die hohe Begei-sterung und den Glauben an die

Einzigartigkeit der Teamleistung scheint es, als stürzten sich die Studierenden lieber direkt in ihre Konstruktionen. Folge dessen ist jedoch sehr häufig eine nur unzu-reichend durchgeführte Abschät-zung von Schwachstellen bzw. die nur sporadisch in Betracht gezogene Weiterentwicklung von bestehenden (bewährten) Konzepten. Erstaunlicherweise werden zahlreiche Konstruktio-nen erst am Tag des Wettbewerbs unter realen Bedingungen einge-

setzt. Die notwendige Absiche-rung im Vorfeld als Teil der Veri-fikation entfällt. Auch wenn der Zeitrahmen sehr straff gesteckt ist, könnten zumindest einzelne Komponenten oder Baugruppen getestet werden. Aus Konzept-

sicht fällt auf, dass die Teams in den meisten Fällen direkt in Ge-samtkonzepten denken. Selten wird die vorhandene Aufgaben-stellung in kleinere Teillösungen aufgeteilt, um diese gezielt zu optimieren. Dies geschieht wenn dann nur gegen Ende, meist aus Zeitnot.Wurden eingangs bereits die Ko-sten als eine Hauptanforderung erwähnt, fällt weiterhin auf, dass es kaum Beispiele dafür gibt, dass es zu einer systematischen Konzeptbewertung kommt, die sich an vorher bestimmten Kri-terien orientiert bzw. anhand einer Anforderungsliste erfolgt. Gerade in dieser Phase zeigt sich, dass Aspekte wie soziale Stellung und Gruppendynamik für die Wahl des Lösungsweges sowie bei Entscheidungen zur Konzeptauswahl maßgeblich sind. Inwieweit diese, durch die im Rahmen des Programms ver-tieften Kenntnisse zu Soft Skills, professioneller als ohne Vorer-fahrung gelöst wurden, war nicht

Bestandteil des Fragebogens, sollte aber sicherlich Inhalt wei-terer Untersuchungen sein.Als durchaus realistisch ist der Grad der (örtlichen) Verteilung einzuschätzen, den die Gruppen zu bewältigen haben. Man trifft

sich in der Uni, „zufällig“ in Vorlesungen, muss aber oftmals auch bestimmte Arbeitspakete in Einzelarbeit bearbeiten. Gemäß der aktuellen Einschätzung in der Literatur, nutzen die Studen-ten viele virtuelle Werkzeuge, um miteinander zu kommuni-zieren. So werden Internetforen und Teamspaces eingerichtet. Über Server werden Dateien un-terschiedlicher Formate, meist Excellisten oder eingescannte Zeichnungen, versendet. Es bestätigt den Trend, dass die nächste Generation von Ingeni-euren noch stärker auf virtuelle Werkzeuge baut. Dieses kann jedoch auch zu Konflikten zwi-schen Teammitgliedern unter-schiedlicher Vorkenntnisse oder Kompetenzen führen. So stellte es sich z.B. als problematisch heraus, dass viele Teammitglie-der, z.B. bedingt durch techni-sche Einschränkungen, seltener als andere Zugang zu virtuellen Werkzeugen haben, so dass eine ausführliche Diskussion der Er-

Teilnehmer des TUTOR konstruiert-Wettbewerbes im SS 2010

TUTOR konstruiert – Eindrücke zur Arbeit im Projektsemestervon Dipl.-Ing. Katharina Helten und Dipl.-Ing. Markus Steinhauer – Lehrstuhl für Produktentwicklung (Tutor-Betreuer im WiSe 09/10)

Zunächst einmal fällt das ungemein große Engagement auf, das die meisten Studieren-den zeigen.

gebnisse, ggf. mit einem Mode-rator, sich oft nicht anschloss. Obgleich der Zeitraum für die Konstruktion sehr überschaubar ist im Vergleich zu realen Pro-jekten, fällt es den Studenten schwer, Zeitpläne einzuhalten

(erstellt werden sie zu Beginn meistens schon) und vor allem Verzögerungen jeglicher Art einzuplanen. Zu diesen gehören z.B. Lieferschwierigkeiten oder Werkstattengpässe.Hinsichtlich der Teamzusam-mensetzung sind viele Aspekte des beruflichen Alltags auch in diesem Projekt zu finden. Team-mitglieder verfügen über unter-schiedliche Kompetenzen (sozial wie technisch). Es gibt Unter-schiede zwischen Fachexperten und Generalisten in Ansichten und Sprache sowie Probleme mit der technischen Ausstattung. Probleme durch andere Termine wie Praktika und Freizeitengage-ment, die später in einer Multi-projektumgebung vor allem die Priorisierung unterschiedlicher Aufgaben betrifft, führen zu Konflikten. Wie können wir als Lehrende also das Prozess- und Projekt-verständnis der Studierenden steigern? Wir denken, dass es zunächst einmal gilt, sie ihre ei-

genen Erfahrungen machen zu lassen. Im Rahmen der Tutorsy-stems wäre eine Art „Warm-Up-Vorlesung“ anzustreben, die die wichtigsten Phasen einer Ent-wicklungsaufgabe beschreibt, sowie Methoden und Werkzeuge vorstellt, die dann gezielter ein-gesetzt werden können. Außer-dem könnten Lösungen des Vor-gängerjahrgangs genutzt wer-den, um die Vorgehensweise an-schaulicher darzustellen. Zudem könnte die Reflexionsphase der Wettbewerbe ausgeweitet wer-den. Vorstellbar wäre beispiels-weise, dass die zum Erwerb der Creditpunkte notwendigen Be-richte um entsprechende Passa-gen ergänzt würden.Neben den TUTOR-Wettbewer-ben gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, Projekterfahrung während des Studiums zu sam-meln – (Team-)Studienarbeiten, die Arbeit in studentischen Ver-einen oder das Fachpraktikum. Wichtig scheint bei allen derarti-gen Projekten vor allem die Re-flexion über den Verlauf. Gerade bei Studienarbeiten sollte den Studierenden auch ein detail-liertes Feedback über ihre Vor-gehens- und Arbeitsweise gege-ben werden. Außerdem müsste darüber nachgedacht werden, wie sich Studierende über ihre ersten Praxiserfahrungen austau-schen könnten. Eine Art Kamin-gespräch oder eine Präsentation des Erlernten nach dem Fach-praktikum wäre ein erster Schritt auf diesem Weg. Hier könnten die Studierenden mit Professo-ren oder Assistenten diskutieren, insbesondere über die Dinge, die sie vielleicht in Zukunft verän-dern möchten. Dies könnte eine zusätzliche Motivation für die Arbeit in der Industrie liefern. Denn auch wenn Lehrende aus dem Nähkästchen plaudern und ihre, im Laufe der Zeit gesam-melten Erfahrungen aus der Pra-xis weitergeben - der Mensch lernt doch vor allem durch Selbsterfahrung und –reflexion!

An dieser Stelle sei noch einmal den Tutoren des WS 2009/2010 herzlich für ihre Unterstützung gedankt!

Zusammenarbeit im Team lernen

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Wintersemester 2010/11

Ein Ziel der Bologna-Deklaration ist die „Employability“. Damit der einzelne Student schließlich „beschäftigungsfähig“ ist, sollen nicht nur akademische, sondern auch soziale bzw. methodische Kompetenzen geprüft werden. Doch geht das überhaupt? Und wenn ja, wie?

Ein erfolgreicher Studienabschluss im Bachelor und Master bescheinigt den Studierenden, das Lernziel erreicht, also die in den Modulen benannten Qualifikationsziele und die genannten Kompetenzen erworben zu haben. Trifft diese Aussage zu? Kann mit einer Klausur oder einer Hausarbeit, den häufigsten Prüfungsformen, z.B. der Erwerb einer Sozialkompetenz, nachgewiesen werden? Welche Kompetenzen werden mit einer mündlichen Prüfung festgestellt? Oder allgemeiner: Mit welchen Prüfungsformen können welche Kompetenzen erfasst werden?

Beschäftigungsbefähigung herstellen

Die Beschäftigungsbefähigung, die „Employability“ Studierender her-zustellen ist ein zentrales, erklär-tes Ziel der Bologna- Deklaration. „Employability“ meint die Aus-bildung akademischer Kompeten-zen mit beruflicher Relevanz und grenzt sich ab von der Berufsbe-fähigung, die in engerer Definition lediglich den spezifischen Beruf im Blick hat. Die Feststellung von Kompetenzen, erst recht die Prüfung von Kompetenzen, stellt eines der schwierigsten Themen in den Wissenschaftsdisziplinen dar. Gleichwohl ist jede Hochschule verpflichtet, Kompetenzprüfungen zu beschreiben und durchzuführen. Am Ende eines jeden Moduls do-kumentieren die Lehrenden, dass und welche Kompetenzen die Stu-dierenden erworben haben.

herausforderung „methodische Kompetenzen“

Kompetenzen lassen sich allgemein in fachbezogene und überfachli-che Kompetenzen gliedern. Relativ verlässlich und praxiserprobt ist die Feststellung und Prüfung von fachlichen Kompetenzen. Die Abfrage der Fachkompetenz korrespondiert unmittelbar mit dem Wissensbestand des Fachgebiets. Ist dieser festgelegte Wissensbestand verstanden und wieder-gegeben? Daraus leitet sich ebenso unmittelbar die Folgerung ab, dass eine Klausur oder Hausarbeit geeignet ist, die Fachkompetenz in dem jeweili-gen Fachgebiet nicht allein abzufragen, sondern auch ablesbar nachzuwei-sen.Etwas herausfordernder ist es, methodische Kompetenzen festzustellen, also z.B. die Fähigkeit, analysieren oder bewerten zu können oder Kon-zepte zu entwickeln. Im Gegensatz zum Faktenwissen enthält der Nach-weis von Analyse- und Bewertungskompetenzen einen komplexeren Vor-gang, der auch komplexer zu prüfen ist. Die hier gemäße Prüfungsform

Sozialkompetenzen

muss also z.B. sicherstellen, dass analytisches, bewertendes und konzept-entwickelndes Verständnis in der Prüfung abgerufen werden kann. Damit wird von vornherein die schriftliche Prüfungsform differenzierter zu be-trachten sein. Die personale Komponente muss hinzukommen – anders als in der Klausur.Zur Selbstkompetenz gehören z.B. Selbstreflexion, Stressbewältigung, Zeit- planung, Arbeitsorganisation und Selbstregulation von Bedürfnis-sen, Gefühlen, Gedanken und Verhaltensweisen. Die Anforderungen an geeignete Prüfungsformen steigen. Mit einer Klausur oder Hausarbeit wird bestenfalls ein Teil der Fähigkeit zur Selbstregulierung erfasst. Das gilt ebenso für Stressbewältigungssituationen. Indirekte Prüfungen – etwa Feststellungen über vermutete Teamleistungen bei einem Gruppenreferat –

sind riskant. Hier wird zu den personalen Elementen ein situatives Moment hinzutreten, das abgeprüft werden muss. Eine mündliche Prüfung oder ein Rollenspiel erscheinen damit von vornherein geeigneter als die häufigste Prüfungsform „Klausur“.Sozialkompetenzen zu prüfen stellt eine besondere Herausforderung dar. Hierunter werden – bei allen Unterschieden – die Fähigkeiten des Um-gangs mit Personen und Personengruppen gezählt. Das sind Kommunika-tionsvermögen, Konfliktfähigkeit, Empathie, Kooperations- und Vernet-zungsfähigkeit, kulturelle Kompetenz sowie die Fähigkeit, Arbeits- und Lernbeziehungen zu gestalten.

Vier Formen der Sozialkompetenzprüfung

Bei dem Nachweis von Sozialkompetenzen kommen Skeptiker wie Op-timisten gleichermaßen zum Zuge: einerseits wird die Auffassung vertre-ten, die Sozialkompetenz entziehe sich einem Nachweis, vollzogen in einer

bloßen Prüfung. Dieses Gesamturteil könne nur abschließend und durch eine vollständige Einbeziehung der gesamten Persönlichkeit erfasst wer-den.Andere hingegen prüfen Sozialkompetenzen spezifisch. Dabei können aus unserer Sicht vier Verfahren unterschieden werden:- „Summarische Sozialkompetenz-Eingangsprüfung“: Sozialkompetenz- Prüfung zu Studienbeginn, um die generelle Sozialkompetenz als Studien-voraussetzung zu überprüfen- „Modulintegrierte Sozialkompetenz- Prüfung“: Sozialkompetenz-Prüfung ist integriert in mehrere oder alle Module- „Additive Sozialkompetenz-Prüfung“: Sozialkompetenz-Prüfung in einem oder mehreren zusätzlichen Modulen ausschließlich mit dem Fachinhalt Sozialkompetenzvermittlung- „Summarische Sozialkompetenz-Abschlussprüfung“: Sozialkompetenz- Prüfung zum Studienabschluss mit Aufnahme des Ergebnisses in das Di-ploma Supplement.Und die Sozialkompetenzen der Prüfenden? Zu Recht wird gefordert zu untersuchen, welchen Einfluss die Sozialkompetenzen der Prüfenden auf die Vermittlung des Stoffes haben, sei es, dass die Sozialkompetenzen nur gering vorhanden oder besonders stark ausgeprägt sind. Diese Ausgangs-lage bestimmt das Prüfungsgeschehen in hohem Maße mit.

Notwendige Standardisierung

Die zu entwickelnden Indikatoren für Sozialkompetenzprüfungen müssen Rückschlüsse auf das Vorhandensein von Sozialkompetenzen erlauben. Nur diejenigen Prüfungsformen dürfen angewendet werden, die Erkennt-nisse über Sozialkompetenzen aus den gezeigten Handlungen (Prüfungs-geschehen!) in konstruierten, typischen, relevanten und zuvor gelehrten Praxissituationen des Berufsfeldes erlauben. Geeignete Schritte zur Stan-dardisierung wären:– Definition und Beschreibung einzelner Verhaltensdimensionen der zu prüfenden Sozialkompetenz– Entwicklung von Indikatoren für das Vorhandensein jeder einzelnen Ver-haltensdimension. Dabei kann auf die Deskriptoren für die Kategorien Wis-sen, Verstehen und Können zurückgegriffen werden unter Einbeziehung des deutschen und europäischen Qualifikationsrahmens für Hochschulab-schlüsse und lebenslanges Lernen sowie angelsächsischer Literatur (vgl. z.B. Moon, 2002, The Module and Programme Development, Handbook).– Auswahl geeigneter Praxissituationen für die Lehre und das Training der einzelnen Verhaltensdimensionen in der Lehrveranstaltung– Konstruktion geeigneter Praxissituationen für die Performanz der Studie-renden in der Prüfung und daraus abgeleitet– Entwicklung geeigneter Dokumentationsformen von Prüfungsinhalt und -ergebnis.

„Die Lehrveranstaltungen müs-sten konsequent vom Ende her ge-plant werden.“Konkret angewendet würde eine derartige Standardisierung z.B. Folgendes bedeuten: Der Sozialkompetenz „Konfliktfähigkeit“ wird u.a. die Fähig-keit zugeordnet, deeskalierend zu wirken. In einer Prüfungssituation han-deln zwei (nicht zu prüfende) Personen als Jugendliche, der eine droht dem anderen Prügel an, wenn dieser nicht sofort sein Handy herausgibt. Der Prüfling hat die Aufgabe, konkret in dieser Situation als Sozialarbeiter zu handeln. Indikatoren deeskalierenden Verhaltens sind z.B. ruhige Stimm-führung, verbale Klarheit und Eindeutigkeit, zugewandte Körpersprache, zielorientiertes Einwirken auf beide Beteiligte. Die Prüfenden kreuzen während der zehnminütigen Prüfung auf einer Checkliste an, welche Indi-katoren im Verhalten des Prüflings in welchem Ausmaß beobachtbar sind. Geprüft wird also nicht allein das Wissen über deeskalierendes Verhalten. Bewertet wird nicht nach einem vagen Eindruck des gezeigten Verhaltens. Vielmehr werden die gezeigten Handlungen und Einstellungen geprüft und

bewertet, und zwar in konstruierten und typischen Praxissituationen des fachspezifischen Berufsfeldes.Zusätzlich: Die Sozialkompetenzvermittlung und -prüfung stellt im Bolo-gnaprozess (aber nicht nur dort) einen Entwicklungsprozess dar, der sich über die Dauer eines Moduls, vielleicht sogar über das gesamte Studium er-streckt. Deshalb muss die Lernausgangslage erfasst werden, d.h. eine Fest-stellung darüber, über welche Sozialkompetenzen Studierende zu Beginn des Lernprozesses verfügen. Nach der Strukturierung des gemeinsamen Lernweges im Semester ist abschließend das Lernergebnis festzustellen.

Konsequenzen für Prüfung und akkreditierung

Schließt man sich den geschilderten Schritten an, gelangt man zu einer neuen Sicht des Prüfungsgeschehens. Die Lehrveranstaltungen würden unter sehr starker Berücksichtigung des Abschlusses konsequent vom Ende her geplant, nämlich von den festzustellenden Lernergebnissen. Damit wäre die qualitative Wechselwirkung von Lern- und Prüfungserfolg di-daktisch konstituiert. Zugleich wäre einer der Forderungen aus studenti-schen Protestaktionen im Wintersemester 2009/10 Rechnung getragen, mit denen unter anderem die Prüfungsausgestaltung vehement kritisiert wird. Es erstaunt in hohem Maße, welches offensichtliche Desinteresse die Adressaten kompetenzorientierter Prüfungen, Prüfer wie Akkreditierungs-agenturen, an diesem Thema haben. Obwohl für die Akkreditierung zwin-gend gefordert wird, ein Studiengang müsse die zu vermitteln- den Fach-, Methoden-, Lern- und soziale Kompetenzen benennen, ebenso die Arten der Leistungsnachweise im Prüfungsverfahren, sehen die Akkreditierungs-agenturen in der bloßen modularen Darstellung die Aufgaben als erfüllt an. Man kann an dieser Stelle schon fragen, was eine Akkreditierung eigent-lich wert ist, wenn Qualitätsstandards eingefordert werden, ihre Erfüllung aber nicht einmal pauschal oder ansatzweise überprüft wird. Der Auftrag der KMK, Qualität in Lehre und Studium durch unabhängige Agenturen zu befördern und sicherzustellen, läuft hinsichtlich der Kompetenzfeststellun-gen weitgehend ins Leere.

Wie lassen sie sich lehren und prüfen?

von Hanna Löhmannsröben, Dr. Peter Wex

Über die Autoren:Hanna Löhmannsröben ist Pro-fessorin für Heilpädagogik an der Evangelischen Fachhoch-schule Berlin. Dr. Peter Wex ist Experte für den Bologna-Prozess. Er hat die Ar-beitsstelle Bildungsrecht und Hochschulentwicklung an der FU Berlin geleitet.Die beiden Autoren erreichten mit dem Konzept „Kompetenzorien-tierte Prüfungsformen“ 2009 die Fi-nalrun- de des vom Stifterverban-des für die Deutsche Wissenschaft durchgeführten Wettbewerbs „Ex-zellenz in der Lehre“.

184 B O L O G N A - P R O Z E S S S Forschung & Lehre 3|10

E in erfolgreicher Studienab-schluss im Bachelor und Masterbescheinigt den Studierenden,

das Lernziel erreicht, also die in denModulen benannten Qualifikationszieleund die genannten Kompetenzen er-worben zu haben. Trifft diese Aussagezu? Kann mit einer Klausur oder einerHausarbeit, den häufigsten Prüfungsfor-men, z.B. der Erwerb einer Sozialkom-petenz, nachgewiesen werden? WelcheKompetenzen werden mit einer mündli-chen Prüfung festgestellt? Oder allge-meiner: Mit welchen Prüfungsformenkönnen welche Kompetenzen erfasstwerden?

Beschäftigungsbefähigungherstellen

Die Beschäftigungsbefähigung, die „Em-ployability“ Studierender herzustellen istein zentrales, erklärtes Ziel der Bologna-Deklaration. „Employability“ meint dieAusbildung akademischer Kompetenzenmit beruflicher Relevanz und grenzt sichab von der Berufsbefähigung, die in en-gerer Definition lediglich den spezifi-schen Beruf im Blick hat. Die Feststel-lung von Kompetenzen, erst recht diePrüfung von Kompetenzen, stellt einesder schwierigsten Themen in den Wis-

senschaftsdisziplinen dar. Gleichwohl istjede Hochschule verpflichtet, Kompe-tenzprüfungen zu beschreiben unddurchzuführen. Am Ende eines jedenModuls dokumentieren die Lehrenden,dass und welche Kompetenzen die Stu-dierenden erworben haben.

Herausforderung „metho-dische Kompetenzen“

Kompetenzen lassen sich allgemein infachbezogene und überfachliche Kom-petenzen gliedern. Relativ verlässlichund praxiserprobt ist die Feststellungund Prüfung von fachlichen Kompeten-zen. Die Abfrage der Fachkompetenzkorrespondiert unmittelbar mit demWissensbestand des Fachgebiets. Istdieser festgelegte Wissensbestand ver-standen und wiedergegeben? Darausleitet sich ebenso unmittelbar die Folge-rung ab, dass eine Klausur oder Hausar-beit geeignet ist, die Fachkompetenz indem jeweiligen Fachgebiet nicht alleinabzufragen, sondern auch ablesbarnachzuweisen.

Etwas herausfordernder ist es, me-thodische Kompetenzen festzustellen,also z.B. die Fähigkeit, analysieren oderbewerten zu können oder Konzepte zuentwickeln. Im Gegensatz zum Fakten-

wissen enthält der Nachweis von Analy-se- und Bewertungskompetenzen einenkomplexeren Vorgang, der auch kom-plexer zu prüfen ist. Die hier gemäßePrüfungsform muss also z.B. sicherstel-len, dass analytisches, bewertendes undkonzeptentwickelndes Verständnis inder Prüfung abgerufen werden kann.Damit wird von vornherein die schriftli-che Prüfungsform differenzierter zu be-trachten sein. Die personale Kompo-nente muss hinzukommen – anders alsin der Klausur.

Zur Selbstkompetenz gehören z.B.Selbstreflexion, Stressbewältigung, Zeit-planung, Arbeitsorganisation undSelbstregulation von Bedürfnissen, Ge-fühlen, Gedanken und Verhaltenswei-sen. Die Anforderungen an geeignetePrüfungsformen steigen. Mit einer Klau-sur oder Hausarbeit wird bestenfalls einTeil der Fähigkeit zur Selbstregulierungerfasst. Das gilt ebenso für Stressbewäl-tigungssituationen. Indirekte Prüfungen– etwa Feststellungen über vermuteteTeamleistungen bei einem Gruppenrefe-rat – sind riskant. Hier wird zu den per-sonalen Elementen ein situatives Mo-ment hinzutreten, das abgeprüft werdenmuss. Eine mündliche Prüfung oder einRollenspiel erscheinen damit von vorn-herein geeigneter als die häufigste Prü-fungsform „Klausur“.

Sozialkompetenzen zu prüfen stellteine besondere Herausforderung dar.Hierunter werden – bei allen Unter-schieden – die Fähigkeiten des Um-

SozialkompetenzenWie lassen sie sich lehren und prüfen?

| H A N N A L Ö H M A N N S R Ö B E N | P E T E R W E X |Ein Ziel der Bologna-Deklaration ist die „Employability“. Damit der einzelne Stu-dent schließlich „beschäftigungsfähig“ ist, sollen nicht nur akademische, son-dern auch soziale bzw. methodische Kompetenzen geprüft werden. Doch gehtdas überhaupt? Und wenn ja, wie?

A U T O R E N

Hanna Löhmannsröben ist Professorin für Heilpädagogik an der Evangelischen Fachhochschule Berlin.

Dr. Peter Wex ist Experte für den Bologna-Prozess. Er hat die Arbeitsstelle Bildungsrecht und Hochschulent-wicklung an der FU Berlin geleitet.

Die beiden Autoren erreichten mit dem Konzept „Kompetenzorientierte Prüfungsformen“ 2009 die Finalrun-de des vom Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft durchgeführten Wettbewerbs „Exzellenz in derLehre“.

Hanna Löhmannsröben Dr. Peter Wex

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung aus: Forschung und Lehre Ausgabe 03/10

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Wintersemester 2010/11

In der Industrie ist das Erarbeiten exzellenter fachlicher Ergebnisse ledig-lich der erste Schritt zum beruflichen Erfolg. Im zweiten Schritt müssen Vorgesetzte von neuen Lösungskonzepten überzeugt und Kollegen zur Mit-arbeit motiviert werden. Dazu sind soziale Kompetenzen unerlässlich.Aus diesem Grund ist die Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität München bestrebt, ihren Studierenden neben einer exzellenten fachlichen Ausbildung auch soziale Kompetenzen zu vermitteln. In den Di-plomstudiengängen wird dies vor allem durch Praktika erreicht, bei denen Studierende selbstständig in Gruppen Projekte bearbeiten, ihre Ergebnisse im Plenum präsentieren und untereinander kritisch diskutieren.Die Umstellung der Diplomstudiengänge auf Bachelor- und Masterstudi-engänge im Rahmen des Bologna-Prozesses wurde von der Fakultät ge-nutzt, um das Erlernen sozialer Kompetenzen auch formell zu einem Teil der Ingenieursausbildung zu machen. Laut der neuen Prüfungsordnungen ist der Erwerb sozialer Kompetenzen für Studierende von Bachelor- und Masterprogrammen Teil der Leistung, die im Rahmen eines Studiums zu erbringen ist. Um für die Erfüllung dieser Verpflichtung ein Angebot zu machen, wird seit dem Sommersemester 2010 am iwb die neue Soft-Skill-Veranstaltung „Training von Präsentationstechniken“ angeboten. Diese ist Teil eines neuen Vorlesungskonzepts und ergänzt die Vorlesung „Fa-brikplanung“ von Professor Reinhart, dem Leiter des iwb. Im Rahmen der Veranstaltung und dem neuen Konzept entsprechend bietet Professor Rein-hart ausgewählten Studierendengruppen die Möglichkeit, in seine Rolle als Dozent zu schlüpfen. Die Gruppen bestehen aus drei Studierenden und einem Teamleiter und erhalten die Aufgabe, definierte Vorlesungsinhalte selbstständig zu erarbeiten und im Rahmen der Vorlesung kreativ zu prä-sentieren. Ziel der Veranstaltung ist, den Studierenden zu vermitteln, wie fachliche Inhalte für Vorträge aufbereitet werden, wie diese mit modernen Präsentationsmitteln dargestellt werden und wie die Teilnehmer sicher vor Publikum vortragen.Zur Vorbereitung erhalten die teilnehmenden Studierenden von Professor Reinhart die Präsentationsunterlagen zu den zu präsentierenden Inhalten. Diese Unterlagen dienen als Basis für eine weiterführende Recherche. Zudem hält Professor Reinhart vor den Studierenden einen Initialvortrag zum Thema Präsentationstechniken. Darin vermittelt er Vorgehensweisen zur Strukturierung von Präsentationen und zur Erkennung der für Vorträge relevanten Zusammenhänge wissenschaftlicher Inhalte. Darüber hinaus er-halten die Studierenden Hinweise, wie sie Argumentationsketten schlüssig aufbauen und wie sie verschiedene Medien und ihre Körpersprache nutzen, um Inhalte zu vermitteln.Die Teamleiter der jeweiligen Gruppen erhalten eine Tutorenschulung. In dieser Schulung werden den Teilnehmern Methoden vermittelt, um die Ar-beit in ihrer Gruppe zu organisieren, Diskussionen zu führen und Konflikte unter den Gruppenmitgliedern zu lösen. Sie lernen, die Tätigkeiten ihrer Gruppenmitglieder zu koordinieren und den Arbeitsfortschritt sicher zu stellen.Nach der Tutorenschulung arbeiten die Teamleiter eigenständig mit ihren Gruppen. Sie erstellen die Präsentation und proben den Vortrag. Die Gene-ralprobe erfolgt schließlich bei einer Besprechung, zu der Professor Rein-hart die Gruppen einzeln einlädt. Bei diesem persönlichen Gespräch stellen die Studierendengruppen ihren Vortrag vor. Professor Reinhart diskutiert den Vortrag anschließend mit der Gruppe und bespricht dabei den Inhalt und die Präsentationsform.Der letzte Teil der Veranstaltung ist der Vortrag der Studierendengruppe in der Vorlesung. Zu jedem Vorlesungstermin sind für eine Gruppe 20 Mi-nuten an Redezeit reserviert. Nach dem Vortrag erhalten die Studierenden noch einmal Rückmeldung zu ihrer Präsentation vor Publikum.Im Sommersemester 2010 wurde die Soft-Skill-Veranstaltung „Training von Präsentationstechniken“ zum ersten Mal durchgeführt. Dabei haben drei Studierendengruppen teilgenommen. Die Teilnehmer haben bei ihren Vorträgen kreative Methoden angewandt, um das Publikum einzubinden oder Sachverhalte zu veranschaulichen. Eine Gruppe hat versucht, einen Teil des Vortrags als Dialog mit dem Publikum zu gestalten. Dazu wur-

Soft-Skill-Veranstaltung „Training von Präsentationstechniken“

den dem Publikum Fragen gestellt. Der Kandidat, der die Frage beantwor-ten sollte, wurde gewählt, indem ein kleiner Ball ins Publikum geworfen wurde.Eine andere Gruppe hat bei der Gestaltung Ihres Vortrags auf den Einsatz von MS Powerpoint verzichtet und alternativ das Präsentationsprogramm Prezi verwendet. Mit Hilfe dieses Mediums lassen sich Inhalte dynami-scher darstellen. Dies hat die Aufmerksamkeit der Zuhörer gesteigert.Die letzte Vortragsgruppe hat während ihres Vortrags ein Experiment prä-sentiert, mit dem Sie für das Publikum den Einsatz von Lean-Methoden zur Reduzierung von Rüstzeiten veranschaulicht hat. Beim dem in der Vorlesung simulierten Prozess handelte es sich um das Backen von Plätz-chen. Im ersten Teil des Experiments wurde die Zubereitungszeit gemes-sen, wenn die Herstellung des Teigs, das Ausstechen der Plätzchen, die Vorbereitung des Blechs und das Backen bei jeder Charge konventionell sequentiell erfolgen. Anschließend wurden entsprechend der Lean-Prinzi-pien Teigzubereitung und Backvorgang verschlankt und parallelisiert. Im zweiten Teil wurde der Backprozess erneut simuliert. Die Zubereitungszeit wurde wieder gemessen und eine signifikante Reduzierung konnte gezeigt werden.Die teilnehmenden Studierendengruppen haben die Soft-Skill-Veranstal-tung „Training von Präsentationstechniken“ positiv bewertet. Den Grup-pen hat vor allem gefallen, dass sie ihre Vorträge mit Professor Reinhart in einem persönlichen Gespräch abstimmen und somit seine Erfahrungen zur Verbesserung ihrer Präsentationstechnik nutzen konnten.Im Sommersemester 2011 wird die Soft-Skill-Veranstaltung „Training von Präsentationstechniken“ erneut angeboten. Studierende werden im Rah-men der Vorlesung Fabrikplanung wieder die Möglichkeit erhalten, Vorle-sungsinhalte zu präsentieren. Das Angebot an Vortragsthemen wird dabei ausgebaut werden, um mehr Studierenden diese Möglichkeit zu eröffnen.

Ein einfaches, aber wirkungsvolles Hilfsmittel des Zeitmanagements ist z.B. das so genannte Eisenho-wer-Diagramm, benannt nach dem US-amerikanischen Präsidenten und General Dwight D. Eisenho-wer. Das Diagramm unterscheidet die zwei Dimensionen Wichtigkeit und Dringlichkeit, jeweils mit den Ausprägungen hoch und niedrig. So ergeben sich insgesamt vier Fel-der mit eigenen Handlungsempfeh-lungen. Üblicherweise wird dieses Diagramm im beruflichen Zusam-menhang eingeordnet (z.B. kommt es im Assessment-Center oft als so genannte „Postkorbübung“ zum Einsatz), jedoch ist es auch in der Freizeit anwendbar. So lässt sich z.B. eine lange eingeplant Sportak-tivität, die einem wichtig scheint, zusätzlich auch als dringend ab-grenzen, weil sie für das persönli-che Wohlempfinden entscheidend ist. Sie ließe sich damit beispiels-weise vom Lesen eines Buches abgrenzen, dass wichtig, aber in erster Linie nicht das körperliche Wohlbefinden beeinträchtigt. Durch diese „Höherpriorisierung“ besteht die Chance, den inneren Schweine-hund, zumindest für die entschei-dende Übergangszeit zwischen An-fangsmotivation und Routine, zu bändigen. In diesem Kontext wäre hingegen das Buchen eines Zugtik-kets, das man gerne noch zum Spar-preis erhalten will, einzuschätzen als nicht besonders wichtig, aber

TUTOR Hilfsmittel im Alltag

Im Rahmen des Tutorensystems erhalten Tutoren eine Ausbildung auf den Gebieten Selbstmanagement, Gruppendyna-mik und Methodenkompetenz, die anschließend an jüngere Studenten weitergegeben wird. Als Betreuer begleitet man einen Jahrgang auf diesem Weg und gewinnt auf diese Weise selbst sehr viele Erkenntnisse. Dieser Artikel stellt beispiel-haft zwei Hilfsmittel vor, die wir als besonders wichtig empfunden haben, um auch Alltagssituationen zu erleichtern.

dringend, weil das Angebot nur für einen kurzen Zeitraum gilt. Für die Kommunikation mit sei-nen Mitmenschen ist es von gro-ßem Vorteil, die „Vier Seiten einer Nachricht“ nach Prof. Friedemann Schulz von Thun zu kennen. Die Grundaussage der „Vier Seiten“ besteht darin, dass sowohl Sender als auch Empfänger einer Nachricht diese stets auf vier Ebenen formu-lieren bzw. empfangen. Als praxis-nahes Beispiel nennt Prof. Schulz von Thun den Satz eines Projektlei-ters bei der Teambesprechung: „Wir sind drei Tage hinter dem Zeit-plan.“ Dieser Satz kann folgende vier Aussagen enthalten:Die Sachaussage: „Die Projektab-wicklung ist um drei Tage verzö-gert.“Die Selbstoffenbarung: „Damit bin ich nicht einverstanden.“Die Beziehungsaussage: „Ich bin von Eurer Leistung enttäuscht.“Der Appell: „Ich erwarte von jedem einzelnen, dass wir die Verzögerung durch vermehrten Arbeitseinsatz aufholen.“Ein Teammitglied könnte den glei-chen Satz aber anders interpretie-ren, z.B.:Die Sachaussage: „Die Projektab-wicklung ist um drei Tage verzö-gert.“Die Selbstoffenbarung: „Ich bin er-leichtert, dass es nicht mehr ist.“Die Beziehungsaussage: „Ihr habt

gute Arbeit geleistet.“Der Appell: „Macht weiter so wie bisher.“Diese unterschiedlichen Inter-pretationen von Projektleiter und Teammitglied führen leicht zu Missverständnissen. Die Personen müssen daher versuchen, durch er-gänzende Aussagen oder entspre-chendes Nachfragen ein Verstehen der Nachricht auf allen vier Ebenen herbeizuführen. Im obigen Beispiel wäre dies die folgenden Aussagen:Projektleiter: „Wir sind immer noch drei Tage hinter dem Zeitplan. Dies kann ich gegenüber dem Auftragge-ber nicht verantworten. Eigentlich hatte ich mir erwartet, dass Sie die Verzögerung bis heute eingeholt hätten. Die einzige Möglichkeit, um das Projekt wieder in den Zeitplan zu bekommen sehe ich darin, dass Sie durch entsprechende Mehrar-beit die Versäumnisse nachholen.“ Teammitglied: „Wir haben bereits durch erhöhten Arbeitseinsatz die Zeitverzögerung um vier Tage re-duzieren können. Das war eine an-strengende Leistung, für die wir uns eigentlich ein Lob erwartet hatten. Wenn wir das Projekt wieder voll-ständig in den Zeitplan bringen sol-len, brauchen wir auch mehr Unter-stützung durch die Projektleitung.“Damit ist der Konflikt offen formu-liert und kann - die Bereitschaft der Parteien vorausgesetzt - konstruktiv gelöst werden. Falls hingegen die Missverständnisse und Konflikte nicht transparent werden, blockie-ren sie die Kommunikation und damit auch den Projektfortschritt. Unbekannt sind in obigem Bespiel

zudem die äußeren Begleitum-stände (auch als „Globe“ bezeich-net), unter welchen sich die Situa-tion abspielt. Wie ist die Situation der Firma im Allgemeinen? Gab es bei einem der Beteiligten in letzter Zeit schwerwiegende private An-gelegenheiten? Diese und ähnliche Fragen sollte man sich stellen und bei der Beurteilung der jeweils an-deren Partei im Hinterkopf behal-ten.

Natürlich kann man die vielen Empfehlungen und Werkzeuge nach Durchlaufen des TUTOR-Programms nicht sofort zu 100% umsetzen - schlechtes Zeitmanage-ment oder Kommunikationsmis-sverständnisse werden nach wie vor auftreten. Ein erster Unterschied zu früher besteht jedoch bereits darin, die eigenen Fehler (und erst in zweiter Linie die der anderen) als solche zu erkennen. Somit ist die Möglichkeit zum rechtzeitigen Ge-gensteuern gegeben. Selbst wenn es dazu zu spät sein sollte, kann durch Transparentmachung der eigenen Erkenntnisse die Situation ent-spannt werden. Nicht selten endet eine Situation so mit einem wis-senden Schmunzler der Erkenntnis statt dem verbissenen Versuch, sich nichts anmerken zu lassen und den Fehler, koste es was es wolle, wie-der gutzumachen.

Seminarplan

von Dipl.-Wi.-Ing. Jörg Pause – Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb)

von Dipl.-Ing. Markus Steinhauer, Dipl.-Ing. Katharina Helten – Lehrstuhl für Produktentwicklung

Dipl.-Ing. Markus Steinhauer (vordere Reihe 2. v.l., Dipl.-Ing. Katharina Helten (hintere Rei-he 2.v.r.)

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Wintersemester 2010/11

Während bis vor kurzem in vielen Unternehmen noch Kurzarbeit und Kri-senstimmung herrschte, zeichnet sich momentan wieder eine positivere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ab, der somit spannende und neue Herausforderungen für Sie bereit hält. Mit Ihrem Studium an der Technischen Universität München haben Sie den Grundstein für fachliche Exzellenz und am Arbeitsmarkt gefragte Schlüsselkompetenzen gelegt. Durch Ihre hervorragende Ausbildung haben Sie die besten Vorraussetzungen, um erfolgreich ins Berufsleben zu starten.Eine gute Ausbildung ist sicherlich die beste Absicherung und Basis für Ihren beruflichen Erfolg. Ein reibungsloser Berufseinsteig erfordert von Ihnen jedoch zusätzlich ein gewisses Maß an Selbstmarketing bzw. Ver-kaufstalent im Laufe des Bewerbungsprozesses. Darüber hinaus eröffnen Ihnen gute Kenntnisse über den Arbeitsmarkt, Nischen, Zukunftsbranchen, Anforderungen der Unternehmen und neue Berufsfelder zusätzliche Handlungsfelder und einen Informationsvor-sprung gegenüber Mitbewerbern/Mitbewerberinnen. Hier setzt der TUM Career Service an. Eng verbunden mir unserem Alumni-Netzwerk haben wir es uns zum Ziel gesetzt, Sie mit unseren vielfältigen Angeboten bestmöglich beim Berufseinstieg und der weiteren Karriereplanung zu unterstützen.

Unser Angebot umfasst beispielsweise:tUM career Week (15.-19. November 2010): In dieser Woche bieten wir an allen Standorten ein breites Programm zu den Themen Bewerbung, Berufseinstieg und Karriere sowie direkte Kontaktmöglichkeiten zu inter-essanten Unternehmen.

Career Service der TUMGabelsbergerstr. 39 80333 MünchenTel.: [email protected]

Career Service Homepage:www.tum.de/careerTUM Job- und Praktikaboerse:www.tum.de/jobboerse

Karriereberatung an allen Standorten für Studierende, Promovierende und alumni. Veranstaltungen zur Bewer-bung, Berufsorientierung und zu internationalen themen.

tUM career Week15. – 19. November 2010

KarriereberatungUnternehmenskontakteVorträgeBewerbungsfotoaktion

TUM Career Service - Es ist Ihre Karriere, die zählt

tUM career Week – Zeit für Karriere!15. bis 19. November 2010 Mit großem Erfolg fand im Mai dieses Jahres die erste TUM Career Week statt. Zahlreiche Studierende nutzten die Gelegen-heit sich in dieser Woche rund um die Themen Berufseinstieg und Karriere individuell beraten zu lassen oder informierten sich in interessanten Veranstaltungen über diese Themen. Auch die Möglichkeit des direkten Kontakts zu spannenden Unterneh-men im Rahmen von persönlichen Interviews oder Workshops wurde gerne wahrgenommen.Aufgrund des positiven Feedbacks wird die TUM Career Week im Wintersemester 2010/2011 in die 2. Runde gehen. Vom 15. – 19. November 2010 bietet der TUM Career Service daher erneut an allen TUM Standorten Informationen, Beratung und Veranstaltungen rund um die Themen Berufseinstieg und Karriere sowie direkte Kontaktmöglichkeiten zu Unternehmen. Darüber hinaus wird erstmals in Kooperation mit der TUM Graduate School ein Tag der Promotion (15. November) angebo-ten. Neben Informationen zur Promotion an der TUM werden Impulse und Anregungen über mögliche Karrierewege in Indu-strie und Wissenschaft nach der Promotion gegeben.

Nutzen Sie die Angebote der 2. TUM Career Week vom 15. – 19. November 2010!

Immer für Sie da. Das CareerService-Team: Simone Stein, Amelie Lemke und Katja Ploner (v.l.n.r.)

Hallo, Wir sind die neuen Tutoren des Tutorensystems Garching. Wir, das ist eine Gruppe von 14 Studenten, allesamt Maschinenbauer oder Maschinenbauerinnen. Viele von uns waren selber Tutees im Tuto-rensystem und/oder hatten bereits in einer anderen Form eine Leiter-funktion inne. In der vorlesungsfreien Zeit haben wir 2 Seminare besucht, um uns auf das kommende Semester vorzubereiten. Geleitet wurden diese Seminare von 2 professionellen Coaches aus der Wirtschaft. Begleitet wurde unsere 14-köpfige Truppe von unseren 2 Betreuern vom PE-Lehrstuhl sowie unserer Betreuerin vom Studienbüro. Um eine möglichst gute Ausgangssituation für die Betreuung der Tutor-gruppen zu schaffen, galt es in kurzer Zeit ein möglichst breites und fundiertes Wissen aufzubauen. Schwerpunktmäßig lag hierbei der Fokus auf gruppendynamischen Prozessen, Methoden für die Grup-penarbeit und Kommunikation. Die Wissensvermittlung erfolgte

Die Tutoren des Tutorensystems Garching für das Wintersemester 2010/2011 stellen sich vor

dabei nicht nur in Frontalvorträgen, sondern auch in von uns selbst gehaltenen Workshops und Problemlöseaufgaben, die an uns als ge-samte Gruppe gestellt wurden. Aus der großen Stoffmenge resultier-ten einige Seminartage, an denen wir bis spät in die Nacht hinein arbeiteten. Neben den inhaltlichen Aspekten hatten wir auch noch einige organisatorischen Aufgaben zu klären, wie z.B. die Aufteilung auf die verschiedenen Ressorts des Tutorsystems. Am Ende des Se-minars fühlten wir uns alle gut auf die kommenden Herausforderun-gen vorbereitet.Zusammenfassend kann man sagen:Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit in den Ressorts mit unserem Vorgängerjahrgang.Besonders aber freuen wir uns natürlich auf unsere Tutorgruppen und Tutorstunden!

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Wintersemester 2010/11

Dipl. Soz.-Wiss. Teresa Fal-kowski, ist freiberufliche Personaltrainerin, Super-visorin, Coach und Famili-entherapeutin in München. Seit 2010 begleitet sie als externe Trainerin der TUM im Rahmen des Programms „Soft Skills für Ingenieure“ verschiedene Seminare, u.a. die Ausbildung der Tutoren

im TUTOR-System Garching. Im Rahmen der Profi-Lehre betreut sie seit 2009 Dozenten und wissenschaftliche Mitarbeiter der Uni BW, LMU und TU München im Rahmen von Coaching-Gruppen und Fallsupervisionen.

teresa, was bedeuten für dich Soft Skills und warum sind sie deiner Meinung nach so wichtig?

Unter „Soft Skills“ oder auch „Sozialer Kompetenz“ verstehe ich im weitesten Sinne all diejenigen Fähigkeiten, die es uns ermöglichen, unsere verschiedenen Kontakte und Beziehungen im Arbeits- und Privatleben so zu gestalten, dass der Umgang miteinander für alle Beteiligten in einer möglichst konstruktiven und wertschätzenden Atmosphäre stattfinden kann. Dies gilt auch (oder vor allem) bei Meinungsverschiedenheiten und in Stresssituationen, wenn das Ge-lingen menschlichen Miteinanders z.B. in einem Team oder einer Fa-milie besonders fragil ist.Natürlich sind wir nicht immer alle gut drauf und schon gar nicht jeden Tag nett zueinander. Das wäre merkwürdig und unnatürlich. Dennoch bin ich der Meinung, dass eine nachhaltig erfolgreiche Zusammenarbeit sowie das Erreichen gemeinsamer Ziele ohne den nötigen Respekt voreinander und die Akzeptanz, ja sogar Nutzung, von Unterschieden - und das meine ich, wenn ich von gegenseitiger Wertschätzung spreche - nicht möglich ist.

Kann und sollte sich jeder Soft Skills aneignen bzw. sich mit diesem thema beschäftigen?

Ich denke jeder, der intellektuell, psychisch und sozial dazu in der Lage ist, sollte sich selbst, sein Denken, Handeln und Fühlen ge-legentlich hinterfragen und reflektieren. Dies halte ich für die Ent-wicklung von Soft Skills und letztlich auch für den Weg hin zu einer „reifen Persönlichkeit“ für unerlässlich. Ob einen diesbezüglich ein privates oder berufliches Ereignis irgendwann einmal dazu zwingt, gewohnte Denk- und Verhaltensmuster zu hinterfragen, weil sie nicht länger zur Bewältigung einer bestimmten Situation ausreichen oder wir persönliche Reflexionsprozesse bereits präventiv z.B. durch Trainings- und/oder Coachingmaßnahmen anstoßen, hängt vermut-lich von jedem einzelnen selbst und seiner Geschichte ab.Generell denke ich jedoch gilt: „Je früher desto besser.“ Daher finde ich solch berufsvorbereitende Maßnahmen wie das TUTOR System Garching bzw. das gesamte Angebot „Soft Skills für Ingenieure“ eine wirklich tolle Sache. Sie erhöhen für die teilnehmenden Stu-denten sicherlich nicht nur enorm die chancen auf dem späteren arbeitsmarkt, sondern wirken meines Erachtens vor allem auch ganz allgemein persönlichkeitsbildend.

Im Unternehmen werden sehr oft soziale Kompetenzen gewünscht. Wie werden diese im Unternehmen tatsäch-lich gelebt?

Das ist nicht leicht zu beantworten, denn unter sozialer Kompetenz versteht jeder etwas anderes. Gehen wir allerdings von einem ähn-lichen Verständnis aus, wie ich es oben beschrieben habe – also, die Fähigkeiten, die es uns ermöglichen, unsere Kontakte und Be-ziehungen nachhaltig wertschätzend und möglichst konstruktiv für alle Beteiligten zu gestalten - dann denke ich, dass diese vor allem in Druck- und Stresssituationen, wie wir sie ja nun insbesondere in Krisenzeiten wie den gegenwärtigen in den meisten Unternehmen tagtäglich vorfinden – leider oftmals auf der Strecke bleiben.Dennoch denke ich, dass unser Umfeld – auch wenn wir das nicht

immer gerne so sehen – oft nur Spiegel unseres eigenen Verhaltens ist. Insofern plädiere ich an dieser Stelle ganz stark dafür, sich nicht an „den anderen“ zu orientieren, sondern sich lieber an die „ei-gene Nase zu packen“, einen ganz eigenen Verhaltens-Stil zu fin-den, der zu einem selbst passt und hinter dem man guten Gewissens stehen kann. Diesen gilt es dann, selbstbewusst und selbstverant-wortlich zu leben und weiterzuentwickeln.

Wie klappt der Praxistransfer aus den Workshops in die arbeitswelt?

Puh, diese Frage würde ich eigentlich am liebsten meine Teilnehmer beantworten lassen. Was sagt ihr denn dazu? Ihr seid ja ebenfalls Workshop-Teilnehmer gewesen und musstet den Transfer in die TU-TOR-Stunden schaffen…

Tutoren:Der Transfer in die Tutorstunden ist nicht immer leicht, da das erst kürzlich vertiefte Wissen natürlich noch nicht automatisiert ist. Schnell gleitet man ohne es zu merken in die gewohnten Verhaltens-weisen über. Besonders dabei ist es dann wichtig sich selber immer wieder die erworbenen Kenntnisse vor Augen zu halten und sich durch Selbstreflexion weiter zu verbessern. Mit dieser Vorgehens-weise erreicht man dann eine größtmögliche Nutzung der theoreti-schen Potenziale.

Soft Skills in unserer Welt Interkulturelle Kommunikation im Ingenieursstudium?In dieser Ausgabe mit Dipl. Soz.-Wiss. Teresa Falkowski, freiberufliche Personaltrainerin, Supervisorin, Coach und Familienthrapeutin.

von Robin Sonneborn und Christopher Nadler

Der Begriff „Interkulturelle Kommunikation“ fällt heut-zutage häufiger. Immer öfter verlangen Firmen von ihren Beschäftigten interkulturelle Kompetenz. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff? Warum benötigt man interkulturelle Kompetenz und was hat die hochschule und das Studium damit zu tun?

Was ist interkulturel le Kommunikation und in-terkulturelle Kompetenz?

Interkulturelle Kompetenz wird im Allgemeinen als die Fähig-keit verstanden, angemessen mit Vertretern anderer Kulturen umzugehen. Dazu gehört auch, in sogenannten interkulturellen Überschneidungssituationen, also beim Aufeinandertreffen verschiedener kultureller Hin-tergründe, erfolgreich kommu-nizieren zu können. Die Autoren Kumbier und Schulz von Thun formulieren es so: Explizite Meta-Kommunikation und im-plizite Meta-Sensibilität helfen, wenn die Verständigung schwie-rig wird. Explizite Meta-Kom-munikation heißt in der Lage zu sein, „anzusprechen, wie ich den Kontakt, die Kommunikation und die Art des Verstehens und

Missverstehens empfinde“ ohne dabei zu verletzen. Meta-Sensi-biliät heißt „ feinfühlig zu mer-ken, was los ist und (ohne das anzusprechen) einen behutsame-ren Weg aus der Sackgasse ein-zuschlagen.“ (Kumbier, Schulz von Thun, 2006, S. 24)

Wie erlangt man diese Kompetenz?

Studierende fragen in interkul-turellen Trainings immer wieder nach „Rezeptwissen“. Das heißt, sie wollen wissen, wie genau sie sich beispielsweise in Japan verhalten müssen. Sollen sie sich verbeugen und bis zu wel-chem Grad? Was genau sollen sie sagen, etc. Doch dabei wird immer wieder vergessen, dass jede Person individuell ist, auch wenn sie von einer bestimmten Kultur geprägt ist. Bei interkul-turellen Trainings an der TUM wird deswegen darauf geachtet, zu verdeutlichen, dass neben der Kultur, auch die Person und nicht zu vergessen die Situation bzw. das Umfeld in dem man aufeinander trifft, einen ent-scheidenden Einfluss haben. In-terkulturelle Kompetenz ist also vielmehr eine Haltung, mit deren Hilfe Studierende erfolgreich in interkulturellen Teams agieren

können.Um interkulturelle Kompetenz zu erlangen, reicht es bei weitem nicht, ein zweitägiges Seminar zu besuchen. An diesen Tagen kann nur eine grundlegende Sensibilisierung für die eige-nen Werte und kulturelle Unter-schiede erreicht werden. Wichtig ist, auch danach, im alltäglichen Leben, Einstellungen und Hal-tungen zu trainieren und kultu-relle Selbstverständlichkeiten zu überprüfen.

Warum gehört interkultu-relle Kommunikation zu den Soft Skills?

Die Schwerpunktthemen der Soft Skills Angebote an der Fa-kultät für Maschinenwesen sind Kommunikation, Team und Konflikt. Interkulturelle Kom-munikation ist ein Bereich, der sich in all diesen Themen wie-derfindet. Wenn man in einem internationalen Team Konflikte hat, hilft interkulturelle Kompe-tenz die Situation zu analysieren und Lösungswege zu erarbeiten. Interkulturelle Kommunikation gehört auch zu den Soft Skills, weil sie die persönlichen Kom-petenzen erweitert: Wer sich sei-ner eigenen Werte bewusst ist, und versteht, dass andere Per-sonen und Kulturen eventuell andere Werte haben, dem fällt es

leichter, andere Verhaltenswei-sen zu akzeptieren.

Was wird in interkulturel-len trainings vermittelt?

Grundlegend wird zwischen kul-turspezifischen und kulturunspe-zifischen Trainings unterschie-den. In kulturunspezifischen Trainings geht es um eine Sensi-bilisierung für eigene Werte, ei-genes Verhalten und um die Re-flexion eigener kultureller Vor-stellungen. Weiterhin wird ver-deutlicht, dass es verschiedene Definitionen von Kultur gibt, also es nicht nur eine nationale Kultur gibt. Kultur ist beispiels-weise, so drückt es Geert Hof-stede aus, „die mentale Software einer Gruppe“. Diese Gruppe kann auch ein Sportverein, ein Freundeskreis oder der Studien-gang oder die Studienrichtung sein. Schon die Kommunikation zwischen einem Maschinen-bauer und einem Juristen kann herausfordernd sein.Einer der zentralen Aspekte ist die Reflexion, wie unsere Wahr-nehmung und Kommunikation durch Kultur beeinflusst wird. Weiterhin geht es darum wie Kulturen Werte und Orientierun-gen prägen (z.B. Hierarchien, Gender, Glaube). Der kulturspe-zifische Umgang mit Zeit und Raum ist ebenfalls Thema von

von Maria Prahl, M.A.

Fachkenntnisse im Aufgabenbereich

eigen-, fremd-, inter-kulturelle Prozesse beschreiben bzw. erklären können

Fremdsprachenkenntnis, Polyzentrismus

Interkulturelle Fach-kompetenz

Interkulturelle strategische Kompetenz

Interkulturelle individuelle Kompetenz

Interkulturelle sozialeKompetenz

Berufserfahrung

Organisationsfähig-keit

Wissensmanagement

Problemlöse-/ Entscheidungs-fähigkeit

Lernbereitschaft

Rollendistanz

Ambiguitätstoleranz

Optimistische GrundhaltungAnpassungsfähigkeit

(Meta)kommunikations- und Mediationsfähigkeit

Empathie, Toleranz

Teamfähigkeit

Kenntnisse der berufl.-fachlichen Infrastruktur

Quelle: Bolten, J. (2007): Interkulturelle Kompetenz, S. 86

Interkulturelle Kompetenz

Studium der Kulturwissen-schaften in Frankfurt (Oder) und Warschau.Master in Osteuropäischer Geschichte und Interkultu-reller Kommunikation an der LMU München.Berufsbegleitende Ausbil-dung zur Trainerin in der Erwachsenenbildung, Lei-tung zahlreicher Trainings im In- und Ausland.Seit 2006 an der TUM, bisher im International Of-fice, seit Juli 2010 tätig im Bereich Soft Skills für Inge-nieure.

Neu im Soft Skills-Team: Maria Prahl, M.A.

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Wintersemester 2010/11

interkulturellen Trainings.Theoretische Elemente eines kulturunspezifischen Trainings sind die kulturellen Dimensio-nen nach Hofstede, Hall oder Trompenaars und Kulturstan-dards nach Alexander Thomas, sowie die kritische Auseinander-setzung mit diesen Konzepten.Ebenfalls wird grundlegendes Wissen zum Kulturschock und dem Umgang damit vermittelt.

Kulturspezifische Trainings kon-zentrieren sich meist stärker auf die Kulturstandards einer be-stimmten Kultur und den daraus resultierenden Herausforderun-gen in der Zusammenarbeit. Ziel kulturspezifischer Trainings ist es, die Teilnehmer auf eine be-stimmte Kultur vorzubereiten und liefern oftmals auch prakti-sche Tipps und Tricks zum all-täglichen Leben im Zielland.

Da, wie eingangs beschrieben, neben der Metasensibilität auch Metakommunikation zentral für die interkulturelle Kommunika-tion ist, lernen die Teilnehmen-den verschiedene Kommunika-tionsmodelle/- formen anzuwen-den.Grundlegend sind viele interkul-turelle Trainings an der Hoch-schule erfahrungsorientiert. Nicht der referierte Input steht im Vordergrund, sondern das Erleben von interkulturellen Si-tuationen und die reflexive Aus-einandersetzung mit der eigenen kulturellen Prägung.

Was hat die hochschule damit zu tun?

Manche Studierende fragen, warum gerade die Hochschule interkulturelle Trainings anbie-tet. Zum einen sind mit der Öff-nung der Hochschulen und der hohen Reputation im Ausland viele internationale Studierende an die Universitäten und Fach-hochschulen in Deutschland ge-kommen. (An der TUM gibt es rund 4000 internationale Studie-rende.) Werkstätten, Labore, Seminar-räume sind oft international besetzt, in Forschungsprojek-ten gibt es viele internationale Teams. Deswegen ist interkul-turelle Kompetenz ein wichtiger Baustein für die erfolgreiche Zusammenarbeit.Auch im späteren Berufsleben ist interkulturelle Kompetenz unerlässlich. Viele Firmen arbei-ten nicht mehr nur auf dem Bin-nenmarkt, sondern kooperieren mit weltweit agierenden Unter-nehmen. Aus diesem Grund er-warten Arbeitgeber immer öfter interkulturelle Kompetenzen bei ihren Beschäftigten.Die Universität bietet somit einen guten Raum zum Lernen und Ausprobieren. Studierende können sich schon langfristig mit interkulturellen Fragen be-schäftigen und interkulturelle Kompetenz erwerben, denn wie bereits gesagt, der Erwerb von interkultureller Kompetenz be-nötigt Zeit.

Interkulturelles angebot an der tUM

In der Seminarreihe Soft Skills der Fakultät für Maschinenwe-sen werden regelmäßig inter-kulturelle Trainings angeboten, die zumeist kulturunspezifisch sind. Auskunft hierüber gibt die Webseite www.softskills.mw.tum.de Seminarreihe.

Zusätzlich bietet Soft Skills für Ingenieure in Zusammenarbeit mit dem International Office und der Carl von Linde-Akademie ein mehrtägiges China-Deutsch-land Training an, das sich an deutsche und chinesische Stu-dierende richtet. Ziel ist, dass sich die Studierenden im Semi-nar treffen und authentisch in-terkulturelle Kompetenz üben können und nicht nur Trocken-übungen machen. Geleitet wird das Seminar von einem deutsch-chinesischen Trainerteam. Zusätzlich finden gemeinsame Freizeitaktivitäten statt, in denen sich die Teilnehmer außerhalb des Seminarraums, z.B. beim ge-meinsamen Kochen, kennenler-

nen können.Das Seminar ist ein Angebot im Rahmen des vom DAAD und BMBF geförderten PROFIN-Programmes: Come to Munich

Ziele interkultureller trainings Reflexion der eigenen kulturellen Prägung, des eigenen kulturellen Hintergrundes, Hinterfragen des eigenen kulturellen Handelns Wertschätzung anderer Kulturen und kultureller Vielfalt Sensibilisierung für mögliche kulturelle Unterschiede Perspektivwechsel lernen Befähigung zur erfolgreichen und angemessenen Interaktion mit Menschen unterschiedlicher Kulturen Grundlage für das individuelle Vertiefen im Selbststudium legen Lernerfolg auf drei Ebenen sichern

- Kognitiv: Wissenserwerb (über die eigene und andere Kulturen, über den Einfluss von Wahrnehmungs mustern und kulturspezifischer Sozialisation auf das eigene Denken und Handeln) - aktional: Handlungsrepertoire erweitern - Emotional: Abbau von Stress/Erlernen von Empathie und Toleranz

– Be at home.Weitere Seminare in diesem Pro-gramm werden über die Carl von Linde-Akademie angeboten. Mehr dazu unter: www.come-to-munich-be-at-home.de

Das Programm wurde vorerst bis zum Ende des Sommersemesters 2012 bewilligt.

Das Sprachenzentrum bietet einen englischsprachigen inter-kulturellen Kurs mit Schwer-punkt USA an. Außerdem hat das Sprachenzentrum einen eng-lischsprachigen kulturunspezifi-schen Kurs eingerichtet.

Literatur:Bennett, Milton (1986) : A devel-opmental approach to training for intercultural sensitivity, In: Interna-tional Journal of Intercultural Rela-tions, Volume 10, Issue 2, S. 179-196

Bolten, Jürgen (2007): Interkultu-relle Kompetenz. Sömmerda.

Kumbier, Dagmar; Schulz von Thun, Friedemann (Hg.) (2006): In-terkulturelle Kommunikation: Me-thoden, Modelle, Beispiele. Rein-bek.

Prahl, Maria (2010): Qualitätsstandards für interkultu-relle Trainings an der TUM. Unter Mitarbeit von Dr. Hannemor Kei-del, Eva R. de Bendit und Angelika Thielsch. München.

Page 9: Zundschlüssel Vol5 , Sommer 2010

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Reden wir über Softskills mit Prof. Dr.-Ing. Udo Lindemann

herr Professor Lindemann, bevor Sie die Leitung des Lehrstuhls für Produktent-wicklung an der Fakultät für Maschinenwesen übernommen haben, waren Sie lange Jahre in der Industrie tätig. Welche Soft Skills sind aus Ihrer Sicht bereits im Stu-dium besonders wichtig um das Berufsleben erfolgreich zu meistern?

Alle Soft Skills, die für einen erfolgreichen Start in der Industrie von Bedeutung sind, soll-ten zumindest in ihren Grundfertigkeiten bei Studienabschluss vorhanden sein. Das reicht von aktiver und passiver Kritikfähigkeit über Frustrationstoleranz bis hin zu Moderations- und Präsentationstechniken. Grundkenntnisse über Führung und damit auch Kooperations-fragen sowie Durchsetzungsvermögen sind von Bedeutung.

Sie haben in Ihrer bisherigen Karriere sicher eine Reihe von Soft Skills Maßnahmen besucht. Können Sie uns von einem Seminar/training erzählen, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

In einem einwöchigen Seminar mit dem Titel Potenzialeinschätzung wurden zwölf Teil-nehmer (ab Hauptabteilungsleiter) von zwei Trainern nicht nur in das im Titel genannte Thema eingeführt, sondern auch intensiv mit der Frage des Konfliktmanagements konfron-tiert. Einer der Konzernvorstände hatte damals im Kamingespräch den Spruch eingebracht: „Bei schönem Wetter kann jeder segeln!“

Prof. Dr.-Ing. Udo Lindemann (Lehrstuhl für Produktentwicklung) im Gespräch mit Duygu Brandstetter, M.A.

Welche Erkenntnisse aus die-ser Veranstaltung können Sie weiterhin einsetzen?

Die mentale Beeinflussbarkeit des eigenen persönlichen Emp-findens in unangenehmen Si-tuationen ist etwas, was mir in diversen Situationen im Berufs-leben wie auch im Privatbereich geholfen hat. Das hat viel mit dem jeweiligen Rollenverständ-nis und auch dem vielschichtigen Zusammenhang von Entschei-dung und Verantwortung zu tun. Enscheidung und Verantwortung zu tun.

Seit dem Wintersemester 2008/2009 müssen die Studierenden der Fakultät für Maschinenwesen credits im Bereich Soft Skills erwer-ben. Welche auswirkunhat die Einführung dieser Studienleistung im hinblick auf die Ingenieurausbildung?

Vorher hatten entsprechend motivierte Studierende „freiwillig“ Angebote genutzt, um sich gezielt weiter zu entwickeln. Wichtig ist, dass die Thematik nicht zu einer „lästigen Pflichtübung“ wird. Bereits in der 1970er Jahren hat die Industrie Soft Skills von dem Ingenieurnach-wuchs verlangt. Seit dieser Zeit hat sich die Notwendigkeit noch deutlich verstärkt durch verstärkte Projektorientierung, Transdisziplinarität, Globalisierung und auch einen Wandel durch neue Kommunikations- und Informationstechnologien. Der hohe Ergebnisdruck verlangt auch, Fragen der Ethik des Handelns mehr ins Bewusstsein zu rücken.

Professor Lindemann (letzte Reihe Mitte) mit Studierenden des Konstruktionswettbewerbs im Wintersemster 2010