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Zur Anthropologie und Tiefenpsychologie des Malignen

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Zur Anthropologie undTiefenpsychologie

des Malignen

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Zur Anthropologie und Tiefenpsychologie des Malignen

Credo einer personalen Medizin:

jeder körperliche Zustand jedes Organ / Körperarealjede Krankheit weist beim Menschen ...

neben anatomischen, physiologischen, biochemischen und pathophysiologischen Gegebenheiten auch ...

individuelle (psychosoziale) undkollektive (soziokulturelle) Bedeutungen auf;

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KrankheitErklären:

Verstehen:

Anatomie, Physiologie,Biochemie, Pathologie:

Materie, Bios(Maß und Zahl)

Psyche (Individuum)Logos, Kultur (Kollektiv)

(Sinn, Wert und Bedeutung)

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MalignomErklären:

Verstehen:Proto-Onkogene, Suppressor-Gene,

Immunsystem (z.B. NK-Zellen),

Dysplasie, MetaplasieStaging, Grading usw.

individuelle Bedeutung:Krankheitskonzepte, Coping;soziokulturelle Bedeutung:

Metaphern-Gehalt, Tabus etc.

biperspektivischerZugang zum Patienten

Personale Medizin

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Susan Sontag (1933-2004):

US-amerikanische Intellektuelle und

Schriftstellerin;

1975 Mamma-Karzinom (metastasiert)

2004 Leukämie (72. Lebensjahr)

Krankheit als Metapher (1977):

Krebs wurde (wie früher Tbc) zum Bild

für Todessehnsucht / das Böse /

fehlgeleitete Lebenslust / Schuld;

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psychosozialer / soziokulturellerMetaphern- / Bedeutungsgehalt vonKrebserkrankungen beim Menschen:

das Unheimlichedas Maßlosedas Wucherndedas Unausrechenbaredas Grenzüberschreitendedas Ordnungswidrigedas Chaotischedas Stigmatisierendedas Heimtückischedas Lebensbedrohliche

das Malignom das Bösartige das Böse????

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Was bedeutet das Maligne / das Böse? anthropologisch relevante Frage:

erste Thematisierung –

im übertragenen Sinne bei Adam und Eva(Akt der Erkenntnis = Schuld und Sünde)

sehr direkt bei Kain und Abel(Brudermord – Gott bevorzugt AbelKain ist neidisch, erschlägt Abel –das Böse ist offenkundig in der Welt);

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Animistische Kulturen – Kosmos, Materie und Natur von (un-) heimlichen Kräften und Wesen bewohnt:

DämonenGeisterTeufelHexenGötterDrudenNachtmahr

müssen besänftigt und mit Ritualen / Opfergabengnädig gestimmt werden

Johann Heinrich Füssli (1741-1825)

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Animistische Kulturen – unheimliche Kräfte äußern sich als Naturgewalten und haben Ziele und Absichten:

Naturgewalten:

GewitterSturm / HagelÜberschwemmungenBlitz / DonnerErdbebenFeuersbrünsteHitze / DürreSchnee / Eis

Konzept des Naturbösen

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Kulturen mit (monotheistischen) Religionen –Tendenz zur Dichotomisierung in gut und böse:

gut: böse:

Schöpfergott SatanLogos und Geist Materie und Biosewiges Leben ewige Verdammnisrein, lebendig sündig, totAskese, Sublimierung Triebe, Affekte

das Gute das Böse(Heiligung) (Dämonisierung) Drudenfuß

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Kulturen mit (monotheistischen) Religionen –Tendenz zur Dichotomisierung in gut und böse:

das Böse / Dämonische / Teuflische als eigenständige Macht:

kann dingfest gemacht werden als ...

der böse Blickdas andere Aussehendie falsche Abstammungdie eigentümliche Handlungdie ketzerische Religionszugehörigkeit

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Kulturen mit (monotheistischen) Religionen –Tendenz zur Dichotomisierung in gut und böse:

das Böse / Dämonische / Teuflische als eigenständige Macht:

muss eliminiert werden –

SexualfeindlichkeitNaturfeindlichkeitLeibfeindlichkeitFrauenfeindlichkeitFremdenfeindlichkeit

Goya: Inquisition (1816)

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Jahrhundert der Aufklärung:

Entdämonisierung des Bösen

Loslösung der Themen gut und böse aus animistischem / religiösem Kontext

stattdessen wurde das Irrationale / ungehemmt Triebhafte zumStatthalter und Fokus des Bösen und Schlechten im Menschen(allzu weit von Vernunft, Ordnung und Maß entfernt);

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Jahrhundert der Aufklärung:Immanuel Kant (1724-1804):

Über das radikal Böse in der menschlichen Natur (1792)

Mensch ist Bürger zweier Welten – Natur und Kultur:

als Naturwesen sind wir determiniert (Kausalität) als Kulturwesen haben wir Vernunft und freien Willen (Freiheit)

Anlage zum Guten (kategorischer Imperativ) versusHang zum Bösen (Selbstliebe, Eigendünkel, Willkür lässt eigene subjektive Antriebe evtl. zur Maxime des Handelns werden – radikal);

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Jahrhundert der Aufklärung:

Revision des Konzepts vom Naturbösen

1755 Erdbeben von Lissabon – Zehntausende ToteVoltaire / Kant / Goethe: weder natürliche noch satanische Tat;

Natur will nichts, verfolgt keine Intentionen, kann nicht böse sein;Sinnlosigkeit von Naturkatastrophen verleitet Menschen dazu, ihnenSinn und Bedeutung unterzuschieben – Kategorien von gut und böse;

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Jahrhundert der Aufklärung –Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)

Abhandlung über Ursprünge und Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen (1755)

Formulierung des Konzepts vom Kulturbösen

Die Menschen sind böse; eine traurige und fortdauernde Erfahrung erübrigt den Beweis; jedoch, der Mensch ist von Natur aus gut, ich glaube, es nachgewiesen zu haben.

Unter dem Einfluss der Kultur wird aus naturgemäßer Selbstliebe(amour de soi) die naturwidrige, bösartige Selbstsucht (amour propre);

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Friedrich Nietzsche (1844-1900):

Jenseits von gut und böse (1886)

Begriffe gut, böse, schlecht sind kultur- und epochenabhängig;

Beispiel Christentum: gut = gottgefällig, demütig, arm,(Sklavenmoral) keusch, gehorsam, schwach;

böse = sündig, stolz, egoistisch;Beispiel Antike: gut = stark, durchsetzungsfähig, stolz;

schlecht = schwach, hinfällig, abhängig;

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Friedrich Nietzsche (1844-1900):

Jenseits von Gut und Böse (1886)

Begriffe gut, böse, schlecht sowie Moralvorstellungen / Ethik sind abhängig von Perspektive – Umwertung ist möglich:

Es gibt gar keine moralischen Phänomene, sondern nur eine moralische Ausdeutung von Phänomenen.

Nietzsche, F.: Jenseits von Gut und Böse (1886), KSA 5, S. 92

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Sigmund Freud (1856-1939):

Jenseits des Lustprinzips (1920)

Konzept zweier antagonistischer Triebe:

Das Ziel des ersten (Eros, Libido) ist, immer größere Einheiten

herzustellen und so zu erhalten, also Bindung, das Ziel des anderen

(Thanatos, Todestrieb, Destrudo) im Gegenteil, Zusammenhänge

aufzulösen und so die Dinge zu zerstören.

Freud, S.: Abriss der Psychoanalyse (1938), in: GW XVII, S. 71

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Sigmund Freud (1856-1939):Jenseits des Lustprinzips (1920)

das Böse (die Aggression) ist in der Natur / Biologie des Menschen als fixe Größe und Energie (Destrudo) angelegt;

Aggression Destruktion

nach innen gewendet:

Auto-Aggression / böse: Masochismus / Krankheit Depression / Suizid / Tod

nach außen gewendet:

Hetero-Aggression / böse: Sadismus / Kritik / Streit

Gewalt / Mord und Totschlag

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Konrad Lorenz (1903-1989):

Das sogenannte Böse –Zur Naturgeschichte der Aggression (1963)

Konzept: Aggression / das Böse = Instinkt

Instinkte müssen ausgelebt werden, sonst Triebstau (Hydraulik) –

bei Triebstau (Tante, Forscherteam, Verbrecher, Kriegsparteien)

Aggressionsausbruch; das Böse / Krieg / Gewalt liegen in

menschlicher Natur; Empfehlung: Aggressionsabbau (Sport);

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Erich Fromm (1900-1980):

Anatomie der menschlichen Destruktivität (1973)

Konzept: das Böse = Sadismus / Nekrophilie

Aggression Destruktivität

gutartige Aggression:

unbeabsichtigte spielerischeSelbstbehauptung(defensive Aggression)

bösartige Aggression:

SadismusNekrophilie

keine Triebphänomene

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Erich Fromm (1900-1980):

Anatomie der menschlichen Destruktivität (1973)

BösartigeAggression

Sadismus:

oral-sadistischer ausbeuterischerhortender Charakterautoritärer Charakterbetet die Starken anverachtet die Schwachen

Nekrophilie:

Leidenschaft für TotesAversion gegen Lebendigeszu wenig / keine Biophiliegefühlsarm, verzweifelt,gelangweilt, sinnentleert –ungelebtes eigenes Leben;

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Hannah Arendt (1906-1975):

Eichmann in Jerusalem – Ein Bericht von der Banalität des Bösen (1963)

Konzeptwandel: von der Radikalität zur Banalität des Bösen

Prozessberichterstattung April bis Juni 1961 in Jerusalem –

Prozess gegen Adolf Eichmann (1906-1962) – Organisator „Endlösung“

millionenfache Aggression als Folge „ungewöhnlicher Beflissenheit“ –

durchdrungen von Ideologie der Sachlichkeit, vom Willen des Führers;

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Hannah Arendt (1906-1975):

Eichmann in Jerusalem – Ein Bericht von der Banalität des Bösen (1963)

Konzept: Banalität des Bösen –

das Böse wird entdämonisiert / handhabbar

Eichmann war nicht Jago und nicht Macbeth ... Außer einer ganz gewöhnlichen

Beflissenheit, alles zu tun, was seinem Fortkommen dienlich sein konnte, hatte er

überhaupt keine Motive ... Es war gewissermaßen schiere Gedankenlosigkeit, ...

die ihn dazu prädestinierte, zu einem der größten Verbrecher jener Zeit zu

werden. Und wenn dies „banal“ ist und sogar komisch, wenn man ihm nämlich

beim besten Willen keine teuflisch-dämonische Tiefe abgewinnen kann, so ist es

doch darum noch lange nicht alltäglich. Arendt, H.: München 1992, S. 16f.

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Arno Plack (1930-2012):

Die Gesellschaft und das Böse (1967)Wie oft wird Hitler noch besiegt? (1982)

weitverbreitete Tendenz zur Personifizierung / Projektion des Bösen

Beispiele: Hitler, Stalin, Franco, Pol Pot, „Reich / Achse des Bösen“ –

Scheinlösung: deren Eliminierung!

stattdessen Fragen nach gesellschaftlichen / kulturellen / politischen

Bedingungen des Bösen (massive Frustrationen wie Hunger, Armut,

Krieg, Unterdrückung, Obdachlosigkeit, Vertreibung etc.);

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Albert Camus (1913-1960):

Die Pest (1947)Der Mensch in der Revolte (1951)Der Mythos des Sisyphos (1942)

Konzept: das Böse = das Absurde / Kontingente

Antwort auf das Absurde (Krieg / Krankheit / Totalitarismus / Tod):

Revolte (solidarisches Dennoch) – „Ich empöre mich, also sind wir!“

Empörung und Revolte gegen das Absurde / Sinnwidrige bewegt sich

dauernd zwischen Gelingen, Misslingen und Neuanfang (Sisyphos) –

Camus: „Wir müssen uns Sisyphos als glücklichen Menschen vorstellen!“

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das Maligne/ das Böse

I. Kant: das radikal Böse Aufklärungszeit: böse = irrational

monotheistische Religionen:Dichotomisierung gut / böse

J.J. Rousseau:das Kulturböse

Animismus: das Naturböse

A. Camus:das Böse =

das Absurde

Sigmund Freud:Böses = Thanatos

F. Nietzsche:das Böse alsAusdeutung

Arno Plack:Personifikationdes Bösen

H. Arendt:Banalitätdes Bösen

Erich Fromm: Böse = Sadismus

/ Nekrophilie

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rationale Haltung zu Krebserkrankungen:

Krebs ist zwar die häufigste medizinische Metapher für das Böse –

aber Krebserkrankungen sind häufig nicht bösartiger als andere Krankheitsbilder;

Konsequenzen für Pflegende in der Onkologie:

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Wissen um den Metaphern-Gehalt von Krebs:

Krebs wird von Patienten / Laien / Medizinern oftmals zum Fokus des Bösen funktionalisiert –

die in der Onkologie Tätigen geraten bisweilen dann in die Rolle von Exorzisten des Bösen;

Konsequenzen für Pflegende in der Onkologie:

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Charakterisierung von Krebskrankheiten:

selbst wenn Krebs nicht Ausbund des Bösen ist –ist er in der Regel doch (wie das Böse)

alltäglich (banal)sinnwidrig (absurd)destruktiv (thanatisch)

Konsequenzen für Pflegende in der Onkologie:

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Umgang mit Krebs und krebserkrankten Patienten:

enger Kontakt mit Banalem / Absurdem / Thanatischeminduziert häufig Affekte wie Schuld, Scham, Angst, Wut, Ekel, Resignation, Hilflosigkeit;

Einordnung der Affekte – führt meist zu Entlastung im Hinblick auf ihre affektive Tönung;

Konsequenzen für Pflegende in der Onkologie:

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Umgang mit Krebs und krebserkrankten Patienten:

Aufspüren und Akzeptanz von Abwehrbedürfnissenund Ängsten bei Pflegenden / Therapeuten / Ärzten;

Aufspüren und Akzeptanz von Ohnmachtsgefühlenund Erlösungsphantasien bei Pflegenden und Ärzten;

Konsequenzen für Pflegende in der Onkologie:

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Einordnung des eigenen Selbstwerts (Goethe):

Jahrzehnte des Umgangs mit Krebs und Krebserkrankten, mit Siegen, Niederlagen und Limitierungen bedeuten:

Banales AußergewöhnlichesAbsurdes Wert- und SinnvollesThanatos Eros / Konstruktives

Konsequenzen für Pflegende in der Onkologie:

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Ich bedanke mich für IhreAufmerksamkeitund wünsche Ihnen ein glückliches Leben.