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000001 ES7 21.07.10 10:40 Zur Führung bereit oder Eine Nation findet ihre historische Bestimmung. Spanien um 1500 von Mariano Delgado (Fribourg) Mit dem Jahre 1492 setzte die Europäisierung der Welt ein und die Mensch- heitsgeschichte wurde damit zur »Weltgeschichte Europas« »im engeren Sinne von gegenseitiger Abhängigkeit, Durchdringung und Symbiose«, aber auch mit der »Errichtung eines Hegemonialsystems völlig neuer Qualität«. 1 Manfred Kossok spricht von einer Drehung der Achse der Geschichte um 180 Grad, denn die »Zeit des Ostens« wurde von der »Zeit des Westens« abgelöst. Die Tatsache, daß diese erste Globalisierung nicht von China und auch nicht von der islamischen Welt ausging, sondern von Europa, führte den französischen Histo- riker Fernand Braudel in seinen Essays zur Entstehung der modernen Welt zu der Frage »Warum aber Europa und nicht eine andere Zivilisation und Kul- tur?« 2 Im Kontext dieses Beitrags ist zu fragen, warum Spanien zwischen dem Schicksalsjahr 1492 und dem Pyrenäenfrieden von 1659 – also ca. 150 Jahre lang – zum Hegemon der westlichen Welt wurde. Vorerst gilt es aber, Abschied von einfachen Antworten zu nehmen: »Spanien war das einzige Land, das seine mittelalterliche Entscheidung verlängerte und seine eigenen nationalen Ziele mit den universalistischen Zielen der Christenheit identifizierte, indem es seit Fer- dinand dem Katholischen letztere als eigene aufnahm.« 3 Diese Worte des renommierten spanischen Historikers Ramo ´ n Mene ´ndez Pidal sind vielfach so interpretiert worden, als wäre Spanien um 1500 ein Son- derfall in der christlichen Welt gewesen, ein Land, das den ›mittelalterlichen‹ Kreuzfahrer- und Apostelgeist bzw. das Einheitsideal des »Orbis christianus« verlängerte, während die anderen europäischen Länder in der Renaissance dies hinter sich ließen und sich so der Neuzeit, der ›Moderne‹, wie die Franzosen sagen, öffneten. Nichts wäre aber verfehlter als eine solche Sicht, die den Blick für die Modernität Spaniens um 1500 verstellte. Denn die Katholischen Könige haben auf wunderbare Weise das Thema des Kreuzzugs, das überall im Okzi- dent präsent war, aber niemand ernsthaft aufgriff, »zu ihrem eigenen Ruhm genützt«, d.h. ihrem Staatskonzept unterstellt. Sie besaßen »zu viel politisches Gespür, um nicht die unendlichen Vorteile zu sehen, die sie daraus ziehen konn- ten, im Inneren des Landes wie nach Außen«. So wurden sie »die Vorreiter der 1 Vgl. Kossok 1992a; Kossok 1992b, S. 8. 2 Vgl. Braudel 1990; Kossok 1992b, S. 10. 3 Vgl. Mene ´ ndez Pidal 4 1975, S. xxviii.

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Zur Führung bereit oderEine Nation findet ihre historische Bestimmung.

Spanien um 1500

von Mariano Delgado (Fribourg)

Mit dem Jahre 1492 setzte die Europäisierung der Welt ein und die Mensch-heitsgeschichte wurde damit zur »Weltgeschichte Europas« »im engeren Sinnevon gegenseitiger Abhängigkeit, Durchdringung und Symbiose«, aber auch mitder »Errichtung eines Hegemonialsystems völlig neuer Qualität«.1 ManfredKossok spricht von einer Drehung der Achse der Geschichte um 180 Grad,denn die »Zeit des Ostens« wurde von der »Zeit des Westens« abgelöst. DieTatsache, daß diese erste Globalisierung nicht von China und auch nicht von derislamischen Welt ausging, sondern von Europa, führte den französischen Histo-riker Fernand Braudel in seinen Essays zur Entstehung der modernen Welt zuder Frage »Warum aber Europa und nicht eine andere Zivilisation und Kul-tur?«2 Im Kontext dieses Beitrags ist zu fragen, warum Spanien zwischen demSchicksalsjahr 1492 und dem Pyrenäenfrieden von 1659 – also ca. 150 Jahre lang– zum Hegemon der westlichen Welt wurde. Vorerst gilt es aber, Abschied voneinfachen Antworten zu nehmen: »Spanien war das einzige Land, das seinemittelalterliche Entscheidung verlängerte und seine eigenen nationalen Ziele mitden universalistischen Zielen der Christenheit identifizierte, indem es seit Fer-dinand dem Katholischen letztere als eigene aufnahm.«3

Diese Worte des renommierten spanischen Historikers Ramon MenendezPidal sind vielfach so interpretiert worden, als wäre Spanien um 1500 ein Son-derfall in der christlichen Welt gewesen, ein Land, das den ›mittelalterlichen‹Kreuzfahrer- und Apostelgeist bzw. das Einheitsideal des »Orbis christianus«verlängerte, während die anderen europäischen Länder in der Renaissance dieshinter sich ließen und sich so der Neuzeit, der ›Moderne‹, wie die Franzosensagen, öffneten. Nichts wäre aber verfehlter als eine solche Sicht, die den Blickfür die Modernität Spaniens um 1500 verstellte. Denn die Katholischen Königehaben auf wunderbare Weise das Thema des Kreuzzugs, das überall im Okzi-dent präsent war, aber niemand ernsthaft aufgriff, »zu ihrem eigenen Ruhmgenützt«, d.h. ihrem Staatskonzept unterstellt. Sie besaßen »zu viel politischesGespür, um nicht die unendlichen Vorteile zu sehen, die sie daraus ziehen konn-ten, im Inneren des Landes wie nach Außen«. So wurden sie »die Vorreiter der

1 Vgl. Kossok 1992a; Kossok 1992b, S. 8.2 Vgl. Braudel 1990; Kossok 1992b, S. 10.3 Vgl. Menendez Pidal 41975, S. xxviii.

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Christenheit« bei einem Unternehmen, das, wie Bernard Vincent sagt, nicht nurGranada anvisierte, sondern »die Einnahme von Jerusalem zum Ziel hatte«4 –und so Ausdruck eines selbstbewußten Führungsanspruchs in der Christenheitihrer Zeit war.

Ich werde nun diesen Führungsanspruch erläutern sowie die Reformen derKatholischen Könige in verschiedenen Bereichen skizzieren, die aus Spanienden ersten modernen Staat der Frühen Neuzeit machten,5 bevor ich abschlie-ßend den Gründen für Spaniens Dekadenz nachgehe.

1. Zur Führung bereit oder Die »Translatio imperii«

Nicht selten wird das spanische Sendungsbewußtsein mit Habsburgs Univer-salismus in Zusammenhang gebracht. Vergessen wird dabei, daß bereits das Spa-nien der Katholischen Könige sich zur Führung der Christenheit auserwähltfühlte. Im spanischen Sendungsbewußtsein sind zwei Einflußlinien zu unter-scheiden: einerseits die spanische Tradition, andererseits die Reichstradition, dienicht erst mit Karl V. Spanien erreicht. In der spanischen Tradition war seit derBekehrung des Westgotenkönigs Rekkared zum Katholizismus 589 das Be-wußtsein einer besonderen göttlichen Auserwählung Spaniens und seiner Kö-nige vorhanden. Davon zeugt etwa die Geschichtschronik, die unter Alfons X.im 13. Jahrhundert redigiert wurde, und Spanien als Neues Israel preist: »Spa-nien ist wie das Paradies Gottes […] das scharfsinnigste, kühnste und tapferstealler Länder […], dem Herrn treu […] mit allerlei Gütern im Überfluß gesegnet[…] Spanien überragt alle anderen Länder und wird mehr als sie wegen seinerTreue geschätzt. O Spanien, es gibt weder Zunge noch Scharfsinn, um deineGüte zu preisen.«6 Diese genuin spanische Linie konvergierte mit der joachi-mitischen Tradition eines messianischen Endkaisers, die spätestens seit denSchriften des Arnau de Vilanova um 1300 in Spanien präsent ist. Dieser pro-phezeite die Ankunft eines eschatologischen Kaisers, der u.a. die Muslime ausSpanien vertreiben, Nordafrika und Jerusalem zurückerobern und die Univer-salmonarchie errichten sollte, bevor der Antichrist für kurze Zeit kommenwerde. Vilanovas Voraussagen der Ankunft des Antichristen und seine Anwen-dung mancher Prophezeiungen auf den Zustand der römischen Kirche, in derenSittenverfall er ein Zeichen für die nahe Ankunft des Antichristen sah, wurden1316 in Tarragona verurteilt, aber sein zeitlicher Messianismus um den eschato-logischen Kaiser als »vespertilio« oder ›neuer David‹ wird im Spätmittelalterund in der Renaissance in Spanien wirksam bleiben. In der spanischen Fassungder Legende vom endzeitlichen Kaiser oder König »pflegte der Antichrist inSevilla zu erscheinen, um dann von dem messianischen König überwältigt zu

4 Vgl. Vincent 1992, S. 101.5 Vgl. Pietschmann 1980, S. 51; Maravall 1984, S. 83.6 Vgl. Estoria de Espana Nr. 558, Alfonso X rey de Castilla Estoria de Espana, S. 311.

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werden, der die Namen ›der Verborgene‹ oder ›die Fledermaus‹ trug und danachdie Eroberung Granadas, Jerusalems und der restlichen Welt anstreben würde«.7

Die Massenbekehrung von Juden im 15. Jahrhundert wird das spanische Sen-dungsbewußtsein verstärken. Dies wird besonders von Americo Castro ver-treten, für den »das wunderbare Ereignis eines Weltreiches wie des spanischen«weder an die damaligen europäischen Tendenzen anknüpft noch als bloße Ver-längerung des Wiedereroberungsgeistes der Maurenkriege erklärt werden kann;sein geistiger Boden sei vielmehr von kastilischen Judenchristen zu Beginn des15. Jahrhunderts vorbereitet worden, die imperiale Prophezeiungen in die Weltsetzten, indem sie die Sehnsüchte des jüdischen Messianismus zuerst auf diekastilischen Könige und dann auf die Katholischen Könige und deren Nach-folger übertrugen.8 Um 1500 war der Gedanke eines messianischen Charaktersder spanischen Könige sowie die Ausdehnung der Geistesfreiheit eines Chri-stenmenschen auf den politischen und sozialen Bereich »das zentrale Motiv desspanischen Lebens«, vor allem in Kastilien. Das spanische Lebensgefühl dieserZeit kennzeichnet Castro folglich konsequent als eine »messianische Spannung«oder ein »latentes Warten auf irgendeinen Messias«.9

Bereits nach der Eroberung Granadas durch die Katholischen Könige 1492wurde die messianische Sehnsucht auf Ferdinand gerichtet, der aus der Kreuz-fahrertradition den Titel ›König Jerusalems‹ übernahm.

Die schicksalhafte Entdeckung der Neuen Welt im selben Jahr, die bereitsKolumbus mit der Bestimmung der spanischen Könige zur messianischen Auf-gabe der Rückeroberung Jerusalems in Verbindung brachte,10 verstärkte das spa-nische Gefühl, ›das auserwählte Volk‹ der Renaissance zu sein. Der Bezug zurWeltreichelehre aus dem Danielbuch wird nun deutlich. Zwei Zeugnisse mögenhier genügen.

Im Jahre 1499 schrieb z.B. Antonio de Lebrija (1444–1522), auch Nebrijagenannt, Autor der ersten Grammatik einer modernen Sprache (1492), Huma-nist und Reichschronist Ferdinands: »Gemäß der Himmelsbewegung begannenalle Reiche und Monarchien im Osten und wanderten über Indien und dieAssyrer, Griechenland und Italien nach Westen, wo sie zum Stillstand kamen.«11

Nebrija zitierte das nicht von ungefähr, sondern um die Führungsrolle in derChristenheit für die katholischen Könige Spaniens zu reklamieren, dessen wun-

7 Vgl. MacKay 1991, S. 21. Zu Arnau de Vilanova vgl. Guadalajara Medina 1996;Guadalajara Medina 2004.

8 Vgl. Castro 1970, S. 21f.9 Vgl. ebenda, S. 24, 36 und 42.10 Vgl. Cristobal Colon Relacion del cuarto viaje, S. 327f. Kolumbus, dessen Christ-

sein von der franziskanischen Spiritualität die entscheidende Prägung erhielt, beziehtsich auf Joachim von Fiore, um die Auserwählung Spaniens zur Rückeroberung Jeru-salems zu bestätigen.

11 Vgl. Muestra de la historia de las antigüedades de Espana, Prolog, Antonio deNebrija Muestra.

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derbares Reich etwas Neues, noch nie Dagewesenes sei. 1509 betonte er aus-drücklich: Obwohl der Kaisertitel in deutschen Händen liege, sei die imperialeMacht de facto in den Händen der spanischen Könige, die nun, nachdem siebereits Herren weiter Teile Italiens und der Mittelmeerinseln geworden seien,sich anschickten, den Krieg nach Afrika zu tragen und, indem sie ihre Flottengegen Westen gemäß der Himmelsbewegung segeln ließen, bereits die an Indienangrenzenden Inseln, also die sogenannte ›Neue Welt‹ erreicht hätten.12 Die»Translatio imperii« von Osten nach Westen erreichte also in Spanien ihr Ende.

Ein weiterer Humanist, Fernan Perez de Oliva (ca. 1494 – 1531), versuchte1524 den Gemeinderäten von Cordoba das Investieren in den Überseehandelmit folgenden Worten schmackhaft zu machen: »[…] früher lagen wir am Endeder Welt, nun aber sind wir in deren Mitte. Niemals vorher in der Geschichtegab es eine so glückliche Umkehrung des Schicksals. Als Herakles die Weltermessen wollte, bezeichnete er die Straße von Gibraltar als deren Ende [»nonplus ultra«]; […] heute aber zieren seine Säulen das Wappen unserer Fürsten[mit der Inschrift: »plus ultra«]. [Wir haben] Zahllose Völker und Länder [ent-deckt], die von uns die Religion, die Sprache und die Gesetze übernehmenwerden […] So liegen also das Gewicht der Welt und die Verantwortung für dieBekehrung dieser Völker in den Händen Spaniens […] So war es auch in denalten Zeiten: am Anfang der Welt lag die Herrschaft im Osten, später weiterunten in Asien. Danach lag sie in den Händen der Perser und Chaldäer; vondort kam sie nach Ägypten, nach Griechenland und nach Italien, zuletzt auchnach Frankreich. Nun aber, den geographischen Graden westwärts folgend, istdie Herrschaft nach Spanien gekommen; […] und hier wird sie auch für immerbleiben, beschützt durch das Meer und von uns auch so gut verteidigt, daß sienicht mehr wird fliehen können.«13

Diese Zeugnisse mögen hier genügen, um zu zeigen, daß spätestens mit derEntdeckung der Neuen Welt für die Spanier eine faktische »Translatio imperii«stattgefunden hatte. Die sogenannte ›Universalmonarchie der spanischen Habs-burger‹ entspricht einer altspanischen Sehnsucht, die auch ohne das durch dieGunst der Umstände nach Spanien gekommene Haus Habsburg ihre Spuren inder Welt des 16. Jahrhunderts hinterlassen hätte.

Gleichwohl wurde dieses Sendungsbewußtsein mit der Verbindung der spa-nischen und der kaiserlichen Krone in der Person Karls V. potenziert und mitder fränkischen Tradition des »Carolus redivivus«, also des Endzeitkaisers ver-eint. Eine besondere Rolle spielte dabei Karls späterer Großkanzler MercurinoGattinara (1465–1530).14 Nach Gattinara hatte Karl V. nicht nur das Reich Karls

12 Vgl. Exhortatio ad lectorem, Antonius Nebrissensis Exhortatio; vgl. Gil Fernan-dez 1989, S. 238.

13 Vgl. Razonamiento sobre la navegacion del Guadalquivir, Fernan Perez de OlivaRazonamiento, S. 36f.

14 Vgl. Bosbach 1988, S. 54f. Zur spanischen Idee der Universalmonarchie vgl. delArco y Garay 1944; Maravall 1958, S. 41–77; Menendez Pidal 51963.

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des Großen zu restaurieren, das ja lediglich die weströmische Reichshälfte be-traf, sondern auch die Türken aus der oströmischen Reichshälfte zu vertreibenund so die ganze Christenheit unter der Führung eines Hirten, eines messia-nischen Endkaisers zu vereinen. Gleich nach der Wahl Karls zum Kaiser 1519rief Gattinara folgerichtig aus: »Sire, da Euch Gott diese ungeheure Gnadeverliehen hat, Euch über alle Könige und Fürsten der Christenheit zu erhöhenzu einer Macht, die bisher nur Euer Vorgänger Karl der Große besessen hat, soseid Ihr auf dem Wege zur Weltmonarchie, zur Sammlung der Christenheitunter einem Hirten.«15

Wenige Jahre später, nämlich nach dem Sieg bei Pavia 1525 über den Erzriva-len Franz I. von Frankreich, träumte Alfonso de Valdes, ein Freund des Eras-mus, in prophetischen Tönen von der endzeitlichen Eroberung Jerusalems: »Esscheint, daß Gott dem Kaiser diesen Sieg auf wunderbare Weise ermöglicht hat,nicht nur damit er die Christenheit verteidigen und der Macht des Türkenwiderstehen könne, wenn dieser sie anzugreifen wagte, sondern vielmehr damiter, nachdem diese Bürgerkriege (denn so müßten wir sie nennen, da sie unterChristen geschehen) beruhigt worden sind, selbst zum Angriff gegen Türkenund Mauren übergeht; weiter damit er – indem er unseren heiligen katholischenGlauben verherrlicht, wie es seine Vorfahren auch taten – das Reich von Kon-stantinopel sowie die heilige Stätte von Jerusalem zurückerobert, welche jeneaufgrund unserer Sünden in Besitz halten. Dies möge geschehen, damit, wie vonvielen bereits prophezeit wurde, die ganze Welt unseren heiligen katholischenGlauben annehme und die Worte unseres Erlösers in Erfüllung gehen: ›Es sollnur eine Herde geben und einen Hirten‹.«16

1535, nach dem Sieg von Goleta und Tunis, Schlachten also, die Karl V. gegendie Türken bzw. ihre Vasallen geführt hatte, war in Spanien und Italien einSonett von Hernando de Acuna in aller Munde, das im Sieg Karls V. den Auf-takt zu der ersehnten eschatologischen »Monarchia universalis« sieht (dritteStrophe), in der es nur eine Herde und einen Hirten (erste Strophe), einenMonarchen, ein Weltreich und ein Schwert (zweite Strophe) unter spanischerFührung geben werde; denn nach dem Seesieg fehlte nur noch der vernichtendeLandsieg (vierte Strophe).17

Wir könnten noch unzählige Zeugnisse heranziehen, die das potenzierte spa-nische Sendungsbewußtsein unter Karl V. dokumentieren.18 Aber für die mei-sten spanischen Autoren entsprang es mehr dem ›wunderbaren‹ Charakter der

15 Textbeleg in Brandi 1937, S. 37.16 Textbeleg in Bataillon 1966, S. 227. Zu den Erasmisten und Antierasmisten vgl.

ebenda, S. 226–278, ferner del Arco y Garay 1944; Maravall 1958, S. 41–77.17 Vgl. Varias poesıas Nr. XCIV, Hernando de Acuna Varias poesıas, S. 328f.18 Bei den Cortes von Kastilien, die 1520 in Santiago de Compostela stattfanden, wurde

u.a. gesagt: »Spaniens Ruhm, der lange schlummerte, ist nun wieder erwacht. Die-jenigen, die es gepriesen haben, berichten uns, daß Spanien seine Kaiser nach Romschickte, während andere Länder nur ihren Tribut sandten. Jetzt ist das Imperium,

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spanischen Expansion nach Übersee als dem nach Spanien konjunkturell ge-kommenen Kaisertum. Deutlich wird dies etwa von Francisco Lopez de Go-mara im Widmungsschreiben an Karl V. zu seinem Werk Hispania victrix aus-gedrückt: »Sire, die größte Tat seit der Erschaffung der Welt, wenn man dieInkarnation und den Tod ihres Schöpfers [!] ausnimmt, ist die Entdeckung derwestindischen Länder; und so werden sie Neue Welt genannt. […] Niemalsverbreitete eine Nation ihre Sitten, ihre Sprache und ihre Waffen so weit wie diespanische, noch ging sie so weit auf dem See- und dem Landweg, die Waffen aufdem Rücken.«19

Das spanische Sendungsbewußtsein blieb unter Philipp II. (1556–1598), der janicht Kaiser war, ungebrochen. Denn nach Karls Abdankung ging zwar dieKaiserkrone nach Österreich, während die universale Sendung in Spanien blieb.Nach der Personalunion der Kronen von Portugal und Spanien im Jahre 1580wurde es üblich, das spanische Weltreich als das Reich zu bezeichnen, in demdie Sonne nicht unterging. Das bedeutete einerseits, daß es sich um ein Reichhandelte, in dem ständig bei Tageslicht der wahre Gott angebetet und für denkatholischen König gebetet wurde. Damit konnte das spanische Weltreich nachDn 12, 11 (»iuge sacrificium«) die Ankunft des Antichristen und das katastro-phale Ende der Welt aufhalten, eine Aufgabe, die nach II Th 2, 6 üblicherweisedem Römischen Reich in den verschiedenen »translationes« zugesprochenwurde.20 Aber es bedeutete andererseits auch, daß es sich um ein unvergleichlichgrößeres Reich als das alte Römische Imperium handelte, in dem bei all seinerGröße doch die Sonne unterging.21 Das spanische Weltreich erschien somit alsdas letzte Reich auf Erden (manche bezeichneten es nicht mehr als das vierte,sondern gar als das fünfte Reich, das Reich des Messias), welches in der »elften

auf der Suche nach einem Kaiser, nach Spanien gekommen, und unser spanischerKönig ist nun durch Gottes Gnade König der Römer und Kaiser der Welt gewor-den«; vgl. Elliott 1991, S. 42.

19 Francisco Lopez de Gomara Hispania victrix, S. 156. In ähnlich epischen Tönenund mit einem direkten Bezug auf die Römer äußert sich zur selben Zeit der beleseneConquistador Kolumbiens, Gonzalo Jimenez de Quesada; vgl. El Antijovio, Gon-zalo Jimenez de Quesada El Antijovio 1, S. 23–28.

20 Aus diesem Grund machten etwa deutsche Reformatoren – von Luther über Melan-chthon bis Flacius Illyricus – den Fortbestand des Reichs zu ihrem Anliegen. Goez1958, S. 261 vermerkt, wie Luther etwa die Fürsten aufrief, das Kaisertum zu stärken,»denn die bibel lehret uns klärlich, daß der jüngste tag bald kommen soll nach zer-störung dieses teutschen reichs.«

21 Der Jurist Juan de Solorzano y Pereyra wird 1648 die große Macht und die Monar-chie loben, welche die spanischen Könige mit der Entdeckung und Eroberung derNeuen Welt erlangt haben, und hinzufügen, daß selbst Autoren fremder Länderzugeben müßten, es habe, was seine Ausdehnung, seinen Reichtum und seine Machtbetreffen, seit der Erschaffung der Welt kein vergleichbares Weltreich gegeben; vgl.Polıtica indiana I 8, 9f., Juan de Solorzano y Pereyra Polıtica indiana 1, S. 81f.

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Stunde der Welt« (Mt 20, 6)22 nicht nur Jerusalem erobern, sondern auch dasEvangelium vom Reich in der ganzen Welt verkünden und beschützen (Mt 24,14) und so die eschatologische Sammlung der Christenheit unter einem Hirtenvorbereiten (Io 10, 16) sollte.

2. Staatliche Organisation oder Der moderne Staat entsteht

Unmittelbar vor der Thronbesteigung Isabellas erlebte Kastilien einen schreck-lichen Bürgerkrieg als Erbfolgekrieg, der die königliche Macht diskreditierte.Auch in Aragon war es am Ausgang des Mittelalters um die Macht des Königsnicht gut bestellt. Nun, die Katholischen Könige waren von Anfang an um dieWiederherstellung und Stärkung der königlichen Autorität sowie um die Schaf-fung einer effizienteren staatlichen Organisation bemüht. Bernard Vincentspricht von der Hartnäckigkeit, mit der die Katholischen Könige ihre Machtfestigten und einen richtigen Staat konstruierten.23 Er hebt drei Aspekte hervor:den finanziellen, den politisch-administrativen und den militärischen.

Im Bewußtsein dessen, daß sie für ihre ehrgeizigen Projekte zunächst dieEinnahmen der Krone verbessern sollten, führten die Katholischen Könige eineReihe von Steuern ein. Allen voran wäre hier die »alcabala« zu nennen, d.h. eineindirekte Steuer, die für alle, auch den Adel galt und der modernen Mehrwert-steuer nahe kommt. Sie machte 70% bis 80% der Einnahmen aus. Dazu kamendie verschiedenen Zölle, die »diezmos« oder »almojarifazgos«, die eine Art Ein-fuhrzoll an der Grenze waren und 10% bis 15% der Steuereinnahmen ausmach-ten; schließlich wären die »tercias reales« zu nennen, wonach der Krone zweiNeuntel des Kirchenzehnten zustanden, sowie »servicio y montazgo«, ein Vieh-zoll auf den auf die Sommerweide ziehenden Herden und auf dem Gebrauchder Weiden und der Salinen. Ebenso griffen die Katholischen Könige auf dasSystem der außerordentlichen Steuern zurück, die aber von den Cortes ad hocbewilligt werden mußten und nur von den Nicht-Adligen bezahlt wurden.

Die Katholischen Könige reformierten auch die Verwaltung durch die Neu-organisation des Kronrates, während alle Reformversuche der vorhergehendenMonarchen ins Wasser fielen. Der Kronrat sollte weiterhin eine gerichtliche undeine politische Funktion haben, aber die Rolle des Adels wurde eingeschränkt:»Die ständigen Mitglieder zählten von nun an ein Dutzend: ein vorsitzenderPrälat, drei Ritter und acht oder neun »letrados«, Juristen, die sich oft dem Adelentgegenstellen.« Man hat dieses Organ ›die Säule der Königreiche‹ genannt, deralle Agenten und Sektionen der Macht unterstellt sind. Die KatholischenKönige sind bemüht, »nichts dem Zufall zu überlassen und ein System strengerKontrolle zu errichten.« Die königlichen Sekretäre sehen ihren Einfluß ver-

22 Zur eschatologischen Bedeutung der Entdeckung der Neuen Welt vgl. Borges 1956;Bataillon 1959; Delgado 1992.

23 Vgl. Vincent 1992, S. 87.

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größert und avancieren dabei zu »Vertrauensleuten der Herrscher.«24 DieKatholischen Könige schufen andere Beratungsgremien, die der Verwaltungs-maschinerie genauso unentbehrlich wurden. Allen voran ist hier der Rat derAllerhöchsten Inquisition, auch »suprema« genannt, der bereits 1483 eingerich-tet wurde und der zweite in der Rangordnung aller Räte war, zudem war er alseinziger Rat für das gesamte Herrschaftsgebiet zuständig. Dazu kommen nochdie Räte für Aragon (1494) und für die Ritterorden (1495). Letzterer ist als»Schlußpunkt eines langen und geduldigen Vorgangs« zu sehen,25 die Macht derRitterorden zu beschneiden und sie der Krone zu unterstellen. Karl V. wirdspäter dieses System zentraler Ratsbehörden durch die Einrichtung des West-indienrates (1524) fortsetzen, der von Elisabeth I. von England zur Verwaltungihrer Kolonien an der amerikanischen Ostküste nachgeahmt werden sollte.

Indem sie den königlichen Machtanspruch gegenüber dem Adel, der Kircheund den Städten zur Geltung brachten, die Zentralverwaltung ausbauten undsich in der Inquisition ein für alle Teilreiche gleichermaßen zuständiges Macht-instrument von hoch einzuschätzender politischer Bedeutung schufen, ermög-lichten die Katholischen Könige ihren Nachfolgern »die Errichtung eines abso-lutistischen Regiments, das nicht nur keine nennenswerte innere Opposition zufürchten hatte, sondern sich auch die politischen Kräfte des Landes effektivnutzbar zu machen verstand.«26 Horst Pietschmann sieht die ÜberlegenheitSpaniens auf der Ebene der staatlichen Organisation in »der effektiven politi-schen Absicherung staatlicher Gewalt« und folgert: »Obwohl die inneren Ent-wicklungen in wichtigen Bereichen nicht den Stand anderer europäischer Län-der erreicht hatten, muß Spanien hinsichtlich seiner politischen Organisation alserster moderner Staat der frühen Neuzeit bezeichnet werden, der über eine denZeitumständen angemessen moderne Verwaltungsstruktur verfügte, gleichzeitigaber auch politisch straff organisiert war und nur aufgrund dieser seiner orga-nisatorischen Überlegenheit zur europäischen Hegemonialmacht aufsteigenkonnte.«27 Im politisch-administrativen Bereich wie im Finanzbereich wird denKatholischen Königen in der Forschung »vollendete Geschicklichkeit«28 be-scheinigt. Ein nicht geringer Wermuthstropfen ist freilich, daß diese Stärkungköniglicher Gewalt auch eine weitgehende Ausschaltung der ständisch-korpo-rativen Tradition des spanischen Mittelalters beinhaltete. Ferdinand und Isabella,die sich »vollständigen Manövrierspielraum«29 wünschten, riefen die Cortes nurzwei Mal ein, und dies zu Beginn ihrer Herrschaft: 1476 in Madrigal de lasTorres und 1480 in Toledo. Die Comuneros, aber auch ein Bartolome de LasCasas sollten vergeblich versuchen, die ständische Tradition zu verstärken.

24 Für alle Belege vgl. Vincent 1992, S. 90.25 Vgl. ebenda, S. 91.26 Vgl. Pietschmann 1980, S. 50.27 Vgl. ebenda, S. 51.28 Vgl. Vincent 1992, S. 92.29 Vgl. ebenda, S. 88.

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Zeichen von Modernität im Sinne der Stärkung der königlichen Autoritätund der Zentralisierung der Staatsgewalt ist auch die Reform der Santa Her-mandad. Bis dahin gab es mehrere Hermandades, die von den Gemeinden finan-ziert wurden und die Sicherheit des offenen Landes gewährleisteten: »Isabellaund Ferdinand nahmen den Gedanken auf ihre Weise wieder auf, indem sie ihnverallgemeinerten. Die hermandad wurde zu einer ständigen Einrichtung (zueiner Art Guardia Civil avant la lettre).«30 Zu deren Finanzierung genügte nachden Cortes von Toledo 1480 ein Beschluß des leitenden Rates, der alle drei Jahregefaßt werden mußte, aber den Vorteil hatte, daß die Könige in dieser Sache vonnun an ohne die Cortes auskommen konnten.

Ebenso gelang den Katholischen Königen eine nachhaltige Militärreform, vonder ihre Nachfolger profitierten. Ihr Heer zwischen 1482 und 1492 entsprichtnoch dem mittelalterlichen Modell, konnte aber auf der Ebene der neuen Feuer-waffen (Artillerie) eine erdrückende Überlegenheit vorweisen. Mit der großenMilitärreform nach 1492 legen die Katholischen Könige den Grundstein für dieTercios, d.h. für die Armee, »die ganz Europa für die nächsten anderthalb Jahr-hunderte bis zur Schlacht von Rocroi (1643) ihr Gesetz auferlegen wird«.31

Zeichen der sich vollziehenden Wandlung sind verstärkte Kontrolle des Militärsdurch die Krone, Einführung der Artillerie und schließlich die bedeutsame Mis-sion der Infanterie.

Neu ist auch in dieser Zeit der Drang nach Abschluß der territorialen EinheitSpaniens auf dem Boden der Iberischen Halbinsel. In diesem Sinne konnte esnicht bei Granada bleiben: es war auch nötig, zu verhindern, daß das alte Kö-nigreich Navarra in die Hände Frankreichs fiele. Durch die Eingliederung Na-varras gelang es Ferdinand dem Katholischen, die Pyrenäengrenze zu schließen.32

Die Katholischen Könige betrieben also eine Politik der Machtakkumulation,die zugleich eine Politik der Vereinigung der alten christlichen Königreiche aufspanischem Boden war. Gleichwohl entstand nicht ein zentralistischer Einheits-staat nach Art der Jakobiner, sondern vielmehr ein pluraler, nicht unitärer Staat,der aus verschiedenen Teilkönigreichen mit eigenen Gesetzen und Traditionenbestand und in Monarchie, Sprache und Kirche die einheitsstiftenden Elementebesaß.33

30 Vgl. ebenda.31 Vgl. ebenda, S. 94.32 Vgl. Maravall 1972, 1, S. 93.33 Vgl. ebenda, S. 113; Elliott 2002.

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3. Religionspolitik oderDie Vorwegnahme des Konfessionalisierungsparadigmas

Die Religionspolitik der Katholischen Könige ist vom Primat der Politik ge-prägt, wie in der Forschung immer wieder betont wird. Die Religion wurde »zueinem Instrument der Innenpolitik«,34 und der Staat verstand es geradezumeisterhaft, »sich die Religion und durch sie auch die Kirche zur Verwirk-lichung seiner Politik dienstbar zu machen.«35 Wir können sogar sagen, daß dieKatholischen Könige die Voraussetzungen für ein spanisches ›Staatskirchen-tum‹ schufen; und die nachfolgenden Könige werden die erlangten Patronats-rechte immer selbstbewußt beanspruchen. Zeichen dieses Staatskirchentumssind u.a. die direkte Oberhoheit über die Inquisition und die Ritterorden, dashartnäckige Streben der Krone nach Einfluß auf die Besetzung der Bischofssitzeund auf die Vergabe der kirchlichen Pfründen, was zu wiederholten Zusam-menstößen mit dem Papsttum führte, die die Könige zumeist zu ihren Gunstenentscheiden konnten.36

Besondere Erwähnung verdient die bereits in den 90er Jahren des 15. Jahr-hunderts ›staatlich betriebene Reform‹ des Welt- und Ordensklerus. Im Rahmendieser Politik wurden zahlreiche Maßnahmen durchgeführt, »die später dasKonzil von Trient für die gesamte Kirche beschloß. So ordnete die Krone etwadie Residenzpflicht für alle Bischöfe und geistlichen Würdenträger an, veran-laßte die Einführung von Pfarrbüchern und damit eine verstärkte Kontrolleüber die Pfarrgemeinden und ließ das klösterliche Leben den jeweiligen Or-densregeln entsprechend reformieren.« Für Pietschmann besteht in diesemZusammenhang Anlaß zu der Vermutung, »daß die Förderung und Orientie-rung dieses innerkirchlichen Erneuerungsstrebens durch den Staat dazu beige-tragen haben, eine Spaltung innerhalb des Klerus zu verhindern und so einerEntwicklung vorzubeugen, wie sie wenige Jahre später durch Luthers Thesen-anschlag ausgelöst wurde«.37 Die »staatlich betriebene Reform« des Welt- undOrdensklerus unter den Katholischen Königen schuf nicht zuletzt die Voraus-setzungen dafür, daß nach der Entdeckung der Neuen Welt die Bettelordenviele »geschulte, geschickte und erfahrene« Männer in die Mission senden konn-ten, wie es in der Konzessionsbulle Inter cetera Papst Alexanders VI. vom4. Mai 1493 den spanischen Königen bei ihrem »heiligen Gehorsam« aufgetra-gen wurde.38

34 Vgl. Pietschmann 1980, S. 39.35 Vgl. ebenda, S. 50.36 Vgl. Delgado 2003a.37 Vgl. Pietschmann 1980, S. 43.38 Vgl. die deutsche Übersetzung der Bulle in Delgado 1996a, S. 71–75, hier S. 74.

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Der Primat der Politik ist auch an der Art und Weise erkennbar, wie dasProblem der Buchzensur von den Katholischen Königen geregelt wurde.39 Alsum 1500 das gedruckte Buch zum typischen Mittel sozialer Kommunikation inder Renaissance avancierte und Auflagen und Verbreitung neue Dimensionenerreichten, wurde den staatlichen wie kirchlichen Behörden klar, daß sie einegewisse Kontrolle ausüben mußten. Nach Anläufen durch Innozenz VIII.(1484–1492) 1487 und Alexander VI. (1492–1503) 1501 verabschiedete bekannt-lich Leo X. (1513–1521) 1515 während des v. Laterankonzils die Bulle Intersollicitudines, die den Ortsbischöfen das Privileg vorbehielt, die Druckgeneh-migungen zu erteilen. Die Katholischen Könige nahmen sich aber die Freiheit,die Dinge anders zu regeln. Hier reservierte sich der Staat die Kontrolle über dieDruckgenehmigungen, während der Inquisition die Kontrolle des Buchmarktesa posteriori überlassen wurde. Die Katholischen Könige hatten mit der Prag-matischen Sanktion vom 8. Juli 1502 die Buchhändler verpflichtet, um Einfuhr-genehmigungen zu ersuchen sowie die außerhalb des spanischen Machtgebieteserschienenen Bücher zur Prüfung vorzulegen.40 Für die im Inland gedrucktenBücher sollte vorab eine Druckgenehmigung eingeholt werden, die nur nachsorgfältiger Prüfung erteilt werden durfte. Zunächst wurden die oberstenGerichtshöfe (Audiencias) von Valladolid und Granada sowie die Erzbischöfeoder Bischöfe von Toledo, Sevilla, Burgos, Salamanca und Zamora mit demDruckgenehmigungsverfahren betraut. Ab 1554 – und nachdem der Kronratbedauern mußte, daß einige Druckgenehmigungen zu leichtfertig erteilt wordenwaren – wurde das Verfahren zentralisiert und ausschließlich dem Kronratunterstellt.

Auch wenn es manchmal Konflikte zwischen beiden Zensurbehörden gab –nicht zuletzt, weil die Inquisition bestrebt war, ihre Kompetenzen zu erweiternund sich in das Verfahren der Druckgenehmigung einzumischen (so z.B. in denKrisenjahren 1558–1559) –, so kann man sagen, daß diese Aufgabenteilung weit-gehend eingehalten wurde. Sie wurde z.B. durch die Pragmatische SanktionPhilipps II. vom 7. September 1558 bekräftigt.41 Gleichwohl muß man beideAktivitäten als komplementär betrachten, denn das reibungslose Funktionierender staatlichen und der kirchlichen Buchzensur setzt ein gemeinsames Ziel vor-aus: Spanien von allem frei zu halten, was den Interessen von Staat und Kircheentgegen wirken könnte.

Historiker wie Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling haben für das Stu-dium der Frühen Neuzeit das ›Konfessionalisierungsparadigma‹ vorgeschlagen.Demnach entstehen unter dem Absolutismus konfessionell normierte Gesell-schaften, die trotz der Konfessionsverschiedenheit gemeinsame Merkmale auf-weisen, wie etwa: Propaganda, Zensur, Reorganisation und Monopolisierung

39 Vgl. Delgado 2006, S. 461–474.40 Vgl. Fernando V rey de Castilla y Leon e Isabel I reina de Castilla y Leon

Pragmatica-sancion.41 Vgl. Felipe II rey de Espana Pragmatica-sancion.

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der Bildung, Kontrolle im Innern, Entfernung von Dissidenten und Abschlie-ßung, konfessionsspezifische Bildungs-, Kontroll- und Repressionseinrichtun-gen, Symbiose mit der Staatsgewalt.42 Legen wir dieses Modell der Religions-politik der Katholischen Könige zugrunde, so erscheint diese als eine Vorweg-nahme des Konfessionalisierungsparadigmas, d.h. als eine Normierung derGesellschaft nach dem Prinzip des »Cuius regio, eius religio«.

4. Die Vertreibungen oderDas Ende der multikulturellen/multireligiösen Gesellschaft

Es gibt einen Punkt, wo die Kirche die Religionspolitik der KatholischenKönige stark geprägt zu haben scheint, nämlich bei der Option für ein reinkatholisches Spanien als Antwort auf das Conversoproblem. Denn die seit 1474gemeinsam regierenden Katholischen Könige verstehen sich zunächst wie ihreVorgänger auch als Beschützer der Juden und Muslime in ihrem Herrschafts-gebiet. Die Sorge der Kirche um die Glaubensreinheit, die nicht zuletzt vonConversos wie Alfonso de Espina (Fortalitium fidei contra iudaeos, sarracenoset alios christianae fidei inimicos, Straßburg 1462) propagiert wird, konvergiertfreilich mit der Befürchtung der Katholischen Könige, nach der türkischenEroberung Konstantinopels könne der Islam auf spanischem Boden politischerwachen.43 Gemäß dem Slogan »Ein Volk, ein Reich, ein Glaube« – der demGroßinquisitor Tomas de Torquemada zugeschrieben wird,44 aber in Wirklich-keit älteren Ursprungs sein und eine Pervertierung der national-monotheisti-schen Losung des altisraelitischen Exodusmotivs (ein Volk, ein Gott) durch dieVermittlung von Eph 4, 5 (»Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe«) darstellen dürfte– schickten sich die Katholischen Könige nach der Übergabe Granadas an, ausden vielen Völkern Spaniens ein homogenes Staatsvolk auf religiöser Grundlagezu machen. Die Folge davon mußte zwangsläufig die Ausgrenzung derjenigensein, die nicht willens waren, den zum Nationaldogma erhobenen Glaubenanzunehmen: 1492 wurde den Juden das Recht auf Heimat aberkannt, wenn sienicht konvertierten. Die Bekehrungsresistenten wurden vertrieben – ähnlich wiees später im Konfessionszeitalter mit den Religionsflüchtlingen geschah. DerGlaubenseifer richtete sich vorerst nur gegen die Juden, später aber auch gegendie Muslime.

Bernard Vincent hat darauf aufmerksam gemacht, daß im Jahre 1492 einedreifache Diaspora in Spanien ansetzte. Die der Juden war unfreiwillig undwurde im Verlauf von nur vier Monaten unter widrigen Umständen abgewik-kelt. Die Diaspora von Mauren und Morisken, wie die getauften Muslime

42 Vgl. exemplarisch Reinhard 1995, S. 419–452.43 Vgl. Delgado 1996b; Delgado 1996c.44 Vgl. Wiesenthal 1972, S. 59.

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genannt wurden, war teils freiwillig, teils unfreiwillig und spielte sich in einerPhase ab, die von den Tagen der Belagerung Granadas bis zum Jahr 1613 reicht;im Schatten der Vertreibungsedikte von 1502, 1526, 1568 und 1609 sollten sichdie widrigen Umstände der Judenvertreibung wiederholen. Die christliche Dia-spora in die Neue Welt war hingegen gänzlich freiwillig. Vorsichtige Zahlensprechen von 150.000 Menschen, die von der jüdischen Diaspora betroffenwaren, und von jeweils etwa einer halben Million Morisken und Christen, dieSpanien in dieser Zeit verließen. Das sind etwa 17% der damaligen BevölkerungSpaniens, also eine relativ hohe Zahl. Das Jahr 1492, in der die dreifache Dia-spora ansetzte, ist daher ein Fanal. Es steht für den Aufbruch zur Neuen Welt,für den spanischen Impetus zur Welteroberung und Weltmission; aber es stehtauch für das Ende der ›multikulturellen/multireligiösen‹ Gesellschaft der dreiKulturen oder Religionen.

Bevor es zur Vertreibung kam, gab es in Spanien ein eher prekäres Zusam-menleben von Christen, Juden und Muslimen – ich bin kein Anhänger desMythos eines alles in allem geglückten Zusammenlebens.45 Betrachtet man diechristlichen und islamischen Minderheitengesetze des spanischen Mittelalters,so hat man den Eindruck, daß die von Americo Castro so gelobte »convivencia«angesichts der immanenten Eifersucht ›aller drei‹ Monotheismen sich niemalsals eine dauerhafte Wirklichkeit entwickeln konnte. Soziale, wirtschaftlicheoder politische Faktoren konnten zu Ausschreitungen und Vertreibungen nurführen, weil die jeweils dominierende Religion dies zuließ, ja, forderte. DieSorge um die ›Glaubensreinheit‹ ist in der Tat in den drei Religionen allgegen-wärtig. Der religiös-kulturell ›Andere‹ wurde von der herrschenden Religionstets als jemand gesehen, vor dem man sich in Acht nehmen muß, mit dem nurein vorsichtiger Umgang möglich ist. Die Konvivenz war, wie Castro selbstsagt, mehr Ergebnis einer spontanen Lebensart in der engen Nachbarschaftmittelalterlicher Städte als Frucht einer Theologie der Religionen.

Seit dem 13. Jahrhundert stellte Spanien einen Sonderfall in der damaligenchristlichen Welt dar. Es hatte nicht nur eine starke jüdische und muslimischeBevölkerung: Juden, Muslime und Christen lebten in enger Nachbarschaft unddie Christen übernahmen vieles von der orientalischen Lebensart. Spanien-Besucher aus der übrigen christlichen Welt kommt dies ›spanisch‹ vor. Diesoziale Ordnung, die in Spanien praktiziert wurde, galt diesseits der Pyrenäenals skandalös. Die »Hispani« wurden an den europäischen Höfen und in Romals schlechte Christen, eine Mischung aus Juden, Christen und Mauren betrach-tet, als eine untere Rasse zweifelhafter Orthodoxie.46 Noch Luther wird dieSpanier 1537–1538 in seinen Tischreden als »ungläubige Juden und getaufte

45 Vgl. Delgado 1996b; Delgado 2004.46 Vgl. Dominguez Reboiras 1998, S. 80–82.

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Mauren« bezeichnen;47 und als Calvin 1553 dem Antitrinitarier Michael Servetin Genf den Prozeß machen ließ, wurde dieser gefragt, ob er von Judenabstamme und warum er den Koran lese.48

Das Zusammenleben scheiterte, wie wir nicht zuletzt den Gesetzen derKönige oder den Inquisitionsprozessen entnehmen können. Die Juden- undMuslimengesetze sind nach heutigem Verständnis so etwas wie ›Ausländer-gesetze‹. Ihre Absicht ist die Regelung der Konvivenz, nicht die Eliminierungoder Vertreibung der kulturellen und religiösen Minderheiten. Bei den Inqui-sitionsprozessen geht es aber um die Wahrung der christlichen Reinheit durchdas Aufspüren der Häresie bzw. der Scheinkonversion.

In den Siete Partidas heißt es, »daß viel Unrecht zwischen Christen undJuden geschieht, weil beide in denselben Städten zusammenleben und weil sichdie einen wie die andern auf die gleiche Weise kleiden« und weil sogar Juden(und Mauren) mit Christinnen schlafen. Demgegenüber werden gegenseitigeHausbesuche oder gar Mischehen, der Inbegriff des »convivium« in einer mul-tikulturellen Gesellschaft, streng untersagt.49

Bekehrungen von Christen zum Judentum oder zum Islam werden mit derTodesstrafe geahndet. Die Bekehrungen aus den anderen Religionen zum Chri-stentum werden begrüßt, sollen aber nur aus Überzeugung und ohne Zwanggeschehen. Die jüdischen und islamischen Führer wachen jedoch streng dar-über, daß solche Übertritte nicht stattfinden. Obwohl der König dies verbietet,werden Fälle einer derartigen Apostasie insgeheim mit dem Tod bestraft, wennsie bekannt werden.

Den Juden, und den Mauren, wird eindringlich in Erinnerung gerufen, daßsie sich in der christlichen Welt wie ›Gäste‹ zu verhalten haben. Sie dürfen ihreReligion ausüben, aber über die Christen und ihre Bräuche keinen Spott treiben.Neue Kulthäuser dürfen sie nicht bauen; die ihnen von den Königen bei derEroberung zugesprochenen dürfen sie renovieren, sie aber nicht erweitern,höher bauen oder die Fassaden neu anstreichen.50 Die Präsenz der anderen Reli-gionen soll also diskret sein und das christliche Stadtbild nicht stören.

Aber trotz dieser milden ›Apartheidsgesetze‹ existiert das offene Zusammen-leben der Religionsgemeinschaften in der Folgezeit weiter. Ein Gesetz vonKönigin Katharina, Regentin Kastiliens während der Minderjährigkeit JohannsII., aus dem Jahr 1412 verbietet erneut den Juden, Christen als Hausdienereinzustellen, »die am Samstag das Feuer anzünden und Wein holen gehen […];auch dürfen sie keine christlichen Ammen halten, keine Pflüger, Gärtner oderHirten; es ist ihnen verboten, an christlichen Begräbnissen oder Hochzeiten

47 Vgl. Delgado 2005, S. 234.48 Vgl. Delgado 2002, S. 47–62.49 Vgl. VII, xxiv, § 11; VII, xxiv, § 8 und VII, xxv, § 10, Las Siete Partidas, f. 76rb,

75vb–76ra und 78rb–78va.50 Vgl. VII, xxiv, § 2 und VII, xxiv, § 4 (Judengesetze), Las Siete Partidas, f. 74vb–75ra

und 75ra/rb; VII, xxv, § 1 (Muslimengesetz), ebenda, f. 76va/vb.

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teilzunehmen, sie sollen weder Paten noch Patinnen von Christen sein, nochChristen zu ihren Paten oder Patinnen machen.«51 Letzteres ist besondersbemerkenswert, deutet es doch daraufhin, daß sich im Volk vielfach eine indif-ferente Haltung gegenüber den religiösen Unterschieden breit machte, demheutigen Umgang vieler Katholiken und Protestanten miteinander nicht unähn-lich. Weder die Kirchenführer noch die orthodoxen Juden und die strenggläu-bigen Muslime waren mit einer solchen Situation zufrieden.

Außerhalb Spaniens sind die Juden einem wachsenden Zwangsbekehrungs-druck ausgesetzt. 1215 verordnet das IV. Laterankonzil die Zwangsbedeckung,1248 verurteilt die Pariser Universität den Talmud. Im Verlauf des 13. Jahrhun-derts wird die antijüdische und antiislamische Polemik durch den christlichenMissions- und Inquisitionseifer neu belebt. Das Konzil von Vienne verlangt1311 die Entfernung der Juden aus den Staatsämtern sowie die strenge Abson-derung von den Christen, um den ›vertraulichen Verkehr‹ zu vermeiden. DieKirche verlangt weiterhin die Aufhebung des Zeugnisrechtes, der Geldleiher-Privilegien und des Rechtes auf Erwerb von Grund und Boden. Das Konzil vonFlorenz betont 1442 in einer dogmatischen Erklärung die exklusive Heilsnot-wendigkeit der Kirche gegenüber Juden, Ketzern und Heiden.52 1290 werdendie Juden aus England vertrieben, 1394 aus Frankreich.

Das christliche Spanien wurde in den Fundamentalisierungsprozeß hineinge-zogen, der seit den Kreuzzügen Europa erfaßte. Polemische Schriften, Zwangs-disputationen, Pogrome und Zwangsbekehrungen waren nun die Folge. Diefranzösischen Kreuzritter, die an der Eroberung Sevillas teilnahmen, warenunangenehm überrascht, als Ferdinand III. 1248 den dort wohnenden Judenund Muslimen Kulthäuser und Stadtrechte gewährte. Im 14. Jahrhundert häuf-ten sich Pogrome, die in der Katastrophe von 1391 in Sevilla ihren Höhepunkterreichten: Nach einer besonders scharfen Hetzpredigt des Archidiakon FerranMartınez, der die Bevölkerung trotz scharfer Interventionen von Bischof PedroGomez jahrelang zu tätlichen Angriffen gegen die Juden und zum gottgefälligen›Judentöten‹ aufgehetzt hatte, verwüstete der Pöbel am 6. Juni die 23 Synagogendes Judenviertels – mit ca. 30.000 Einwohnern damals die größte jüdischeGemeinde Europas. Für die Juden bedeutete dies Tod, Sklaverei, Bekehrungoder Flucht. Das Pogrom zog von Sevilla aus seine Kreise und erfaßte mitAusnahme der Extremadura so gut wie das ganze christliche Spanien. Am Endedes Fundamentalisierungsprozesses des 14. Jahrhunderts nahm in Spanien unterdem Zwang der Ereignisse ein großer Teil der Juden das Christentum an.

51 Vgl. § 4, Catalina Reina de Castilla Ordenamiento, S. 538; vgl. Castro 1957,S. 492.

52 Vgl. Bulla Eugenii IV, S. 468 Nr. 1351.

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Der Massenbekehrungsprozeß setzte sich im 15. Jahrhundert fort, besondersim Anschluß an die berühmte Zwangsdisputation von Tortosa (1413–1414). Wirfinden nun auch in Spanien judenfeindliche Gesetze wie beispielsweise die Auf-hebung der Steuerautonomie und Gerichtsbarkeit, wiederum das Verbot des›vertraulichen Verkehrs‹ sowie des Erwerbs von Grund und Boden.

Bald darauf aber gerieten vor allem in Kastilien die beschlossenen judenfeind-lichen Gesetze wegen ihrer praktischen Undurchführbarkeit in Vergessenheit,und die ›tolerante‹ Judenpolitik früherer Zeiten wurde erneuert.

Zur Zeit der Katholischen Könige gab es ›ein jüdisches Problem‹, so wie eshundert Jahre später ein ›Maurenproblem‹ gab; »und beide entzündeten sichjust am Phänomen der Conversos, die vom Judentum oder vom Islam zumChristentum übergetreten waren und deren Konversion entweder nach undnach angezweifelt wurde oder tatsächlich nur oberflächlich und augenscheinlichunecht war.«53

Viele Conversos waren zwar echt bekehrt und wurden sogar zu ultraortho-doxen Christen und Juden- und Moriskenfeinden, aber andere entwickelteneine für Conversos typische ›Bewußtseinsspaltung‹: Sie lebten zwischen denWelten, wobei der alltägliche Kontakt zu den alten Glaubensgenossen, die sieverachteten und der Apostasie bezichtigten, die ›Zerrissenheit‹ verstärkte; sobedrohte die Anwesenheit der Juden und Muslime die Glaubensreinheit derConversos. Aus diesem Grund ging »die orientalisch geprägte Gesellschaft« zuEnde; und es begann »die europäische Ordnung, eine monolithisch christlicheGesellschaft und in der Folge ein totalitäres Universum: ein Zusammenlebenin Angst und Argwohn, Revanchegelüst und Denunziation, mit wachsamen›Augen und Ohren‹ allenthalben, den Zwischenträgern der Herren Inquisito-ren.«54 Die Morisken wurden zudem von Fatwas der Scheichs aus Marokkoermuntert, das Prinzip der »taqiyya« zu praktizieren, d.h. die Kunst der Ver-stellung, das Tun-als-ob unter Bewahrung des islamischen Glaubens in ihrenHerzen. Bei der Erfüllung der jährlichen Kommunion und Ohrenbeichte prak-tizierten sie das »cumplimiento«, das sie als »cumplo y miento« – ich tu’s undlüge – deuteten, oder sie gingen auf Reisen, um die Osterpflicht nicht erfüllenzu müssen.55

Es fehlt nicht an Stimmen, die das Wirken der Inquisition relativieren odergar von einem Rechtsfortschritt sprechen, weil die Inquisition die Prozessegegen Häresie versachlicht habe. Aus den Quellen geht zuweilen etwas andereshervor. Der Jesuit Juan de Mariana, ein Zeitgenosse des Jesuiten Friedrich vonSpee, der hierzulande das mangelnde Rechtsbewußtsein bei den Hexenprozes-sen kritisierte,56 hat festgehalten, wie für alle neu war, »daß die Kinder für die

53 Vgl. Jimenez Lozano 2005, S. 116.54 Vgl. ebenda, S. 117.55 Vgl. ebenda, S. 130.56 Vgl. Sievernich 2005.

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Vergehen ihrer Eltern zahlen sollten, daß der Ankläger nicht bekannt war, nichtoffen genannt und dem Angeklagten nicht gegenübergestellt wurde, daß dieZeugen nicht öffentlich benannt wurden, ganz im Gegensatz zu dem, was seitalters bei anderen Gerichten Brauch war. Überdies schien ihnen neuartig, daßähnliche Sünden mit der Todesstrafe geahndet werden sollten.«57 So wundert esnicht, daß die Leute voller Furcht waren, »und die Angst, die verächtlichste undverderblichste Leidenschaft, korrumpierte alle.«58

Der Einfluß der Juden auf die spanische Kultur und das Lebensgefühl isthinreichend erforscht worden. Aber auch die Muslime haben tiefe Spuren hin-terlassen, »besonders in der religiösen Einstellung der popularen Schichten:zum Beispiel eine gewisse antiklerikale Neigung wegen der religiösen Kontrolleüber die Gewissen, ein gewisses Widerstreben gegen das Trinitätsdogma, aberauch ein besonderes Gespür für die Herrlichkeit und Größe des einzigen Got-tes: ›die Hand des Allmächtigen‹ und ›die Gerechtigkeit Gottes‹. Und natürlichauch jene Vorliebe für das Weiß der Fassaden und Wände, für den Schatten unddas Wasser, die farbenprächtigen Pflanzen und die Blumen in Töpfen, für dasWehklagen und die Vieldeutigkeit der Volkssprache oder die barocke Fülle inLobreden und Beschimpfungen.«59

Die Juden mußten 1492 bekanntlich im Verlauf von nur vier Monaten dasLand verlassen und die Unkosten dafür selbst tragen. Den Muslimen deseroberten Granada wird zunächst nach altem Brauch das Recht auf die Pflegeder eigenen Kultur und Religion gewährt. Die Könige drängten nur die musli-mischen Eliten zur Auswanderung, und dies auf sanfte Art und Weise, d.h. mitgroßzügigen Kapitulationsverträgen und mit der Übernahme der Unkosten.Kardinal Jimenez de Cisneros, Erzbischof Toledos und spanischer Primas,drängt jedoch auf Zwangsbekehrung. Die darauf folgende Empörung der Mus-lime Granadas hat verheerende Folgen für die Aufständischen wie für alle Mus-lime Spaniens: 1502 wird den Muslimen Kastiliens die Alternative Taufe oderVertreibung angeboten, 1526 den Muslimen Aragons. Die meisten lassen sichtaufen und werden so zu »moriscos« (Morisken). Da ihnen – vielfach nicht zuUnrecht – vorgeworfen wird, sie würden die alte orientalische Lebensart bei-behalten, sich der spanisch-christlichen Kultur verweigern, im Verborgenendem Islam huldigen (vom »taqiyya«-Prinzip war schon die Rede) und sich überdas Christentum lustig machen,60 werden sie im Schatten der Türkengefahr 1568sowie zwischen 1609 und 1613 vertrieben.61

57 Vgl. Jimenez Lozano 2005, S. 117f.58 Vgl. ebenda, S. 118.59 Vgl. ebenda, S. 131.60 Vgl. Cardaillac 1973.61 Vgl. Kamen 2007.

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Von der letzten Moriskenvertreibung wurden u.a. auch 2.500 Personen ausdem Ricote-Tal in der Provinz Murcia betroffen, die auf ihr Christsein beson-ders pochten und als weitgehend integriert galten. Ricote wurde deshalb zumSynonym für die unbarmherzige Strenge, mit der die letzten Morisken vertrie-ben wurden.

Zu dieser Zeit war Miguel de Cervantes dabei, den zweiten Teil seines DonQuijote zu schreiben. Im 54. Kapitel hat er uns eine der menschlichsten Szenender Weltliteratur hinterlassen. Es beschreibt die Begegnung zwischen Sanchound einem Moriskennachbarn aus seinem Dorf, der nicht zufällig »Ricote«heißt. Dieser war nach der Vertreibung nach Augsburg gegangen, weil in dieserStadt aufgrund des Religionsfriedens von 1555 ›Gewissensfreiheit‹ herrschte; erschloß sich aber bei der ersten Gelegenheit einer deutschen Pilgergruppe an, umseine spanische Heimat wieder zu sehen: »Wohin wir gehen, weinen wir umSpanien; denn hier sind wir ja geboren, und es ist unsere angestammte Heimat.Nirgends finden wir die Aufnahme, die unser Glück erheischt; und in der Ber-berei und in allen Gegenden Afrikas, wo wir als Brüder mit offnen Armenempfangen zu werden hofften, bedrückt und mißhandelt man uns gerade ammeisten. Ach! Wir lernten das Gute erst kennen, nachdem wir es verloren hat-ten, und sehnen uns beinahe alle so sehr nach Spanien zurück, daß die meistenvon denen, die wie ich der Sprache kundig sind – und deren sind viele –, ihreWeiber und Kinder im Stich lassen und wieder ins Land hereinkommen, so großist ihre Liebe zu ihm. Und jetzt weiß ich aus eigner Erfahrung, was es heißt:Süß ist die Liebe zum Vaterland.«62

Die religiösen Minderheiten mußten sich im islamischen wie im christlichenSpanien einem Fundamentalisierungsprozeß der herrschenden Religion beugen,der von außen nach Spanien getragen wurde: Im islamischen Spanien zwischen1091 und 1248 durch die fanatischen Moslembruderschaften der Almoravidenund Almohaden Nordafrikas, die den christlichen Ritterorden nicht unähnlichsind; im christlichen Spanien zwischen 1285 und 1492 durch die im Schatten derKreuzzüge fanatisierte europäische Christenheit, die eine Anpassung des exo-tischen südlichen Nachbarn erwartet. In der christlichen wie in der islamischenWelt wird das sich in Spanien vollziehende Experiment multikultureller/multi-religiöser Konvivenz unter islamischer oder christlicher Vorherrschaft skeptischbis feindlich beurteilt. Die Muslime befürchten eine Okzidentalisierung desIslam im Zuge der Aristotelesrezeption und der Ausbildung einer islamischenScholastik (Ibn H

˙azm und Averroes waren spanische Muslime), die Christen

eine Orientalisierung des Christentums durch jüdisch-islamische Einflüsse inMystik und Kunst, Kultur und Lebensart.

62 Vgl. Don Quijote II 54, Miguel de Cervantes Saavedra Don Quijote 3, S. 1177.

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5. Die Neue Welt oder Mit welchem Recht?

Als der Dominikaner Antonio Montesino in seiner Adventspredigt des Jahres1511 in Santo Domingo die spanischen Kolonisten mit der Frage konfrontierte:»Sagt, mit welchem Recht und mit welcher Gerechtigkeit haltet ihr diese Indiosin solch grausamer und entsetzlicher Knechtschaft?«,63 ahnte er noch nicht, daßer damit einen Stein ins Rollen brachte, der Spanien als Kolonialmacht beson-ders prägen würde. Von nun an wurde diese Frage intensiv diskutiert, auch inden öffentlichen Vorlesungen der Theologen von Salamanca. Die Krone setztehierfür Juntas oder Kommissionen von Theologen und Juristen ein, die dieumstrittenen Fragen erörtern und die koloniale Gesetzgebung verbessern soll-ten. Die Amerika und die Philippinen betreffenden Gesetze der spanischenKrone sind vielfach als Antwort auf die von den Missionaren vor Ort ange-prangerten Mißstände zu betrachten.64 Den Höhepunkt dieses in der Kolonial-geschichte einmaligen Prozesses ethischer Selbstvergewisserung bilden zumeinen die neuen Gesetze Karls V. aus dem Jahr 1542, die man »die bemerkens-wertesten Gesetze« genannt hat, die ein Eroberervolk jemals über die Besiegtenverabschiedet habe,65 und zum anderen die Kontroverse von Valladolid zwi-schen dem Humanisten Juan Gines de Sepulveda und dem Bischof Bartolomede Las Casas in den Jahren 1550–1551.66 Bei dieser Kontroverse wurden dieGrundfragen über die Moralität eines Kolonialsystems ernsthaft diskutiert, diesich mutatis mutandis im Windschatten der heutigen Globalisierung auch stel-len.67 In der Forschung wird einhellig festgestellt, daß der spanische Frühko-lonialismus sich von anderen nicht durch das Ausmaß der Unterdrückungunterschied, sondern eher durch die erstaunliche Redefreiheit, mit der die kolo-nialethischen Fragen diskutiert wurden.68 Auch wenn Las Casas nicht alleserreichte, was er sich vornahm, so kann ein zeitgenössischer Philosoph mitgutem Recht folgendermaßen über den spanischen Kolonialismus urteilen: »DieAssyrer haben ihre Opfer nicht bedauert; Spanien hat, mehr als zwei Jahrtau-sende später, immerhin einen Las Casas hervorgebracht, und auf den einen LasCasas kann es unendlich stolzer sein als auf alle seine Eroberer.«69

Unter Philipp II. drehte sich aber der Wind. Seine Kolonialpolitik bekamauch die Folgen der ›schweren Zeiten‹ zu spüren, von denen gleich unten dieRede sein wird. Die verschärften Zensurmaßnahmen Philipps II. betrafen nunauch die Bücher und Schriften über die Kolonialfrage. Am 21. September 1556wurde der Druck und der Verkauf aller Bücher über Westindien, die keine

63 Vgl. Historia de las Indias III 4, Bartolome de Las Casas Werkauswahl 2, S. 226.64 Vgl. Perez Fernandez 2001.65 Vgl. Parish 1993, S. 149.66 Vgl. Delgado 2007, S. 353–372.67 Vgl. Wallerstein 2007, S. 12.68 Vgl. Hanke 1988, S. 78–95.69 Vgl. Hösle 1997, S. 1042.

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ausdrückliche Genehmigung Seiner Majestät hatten, untersagt;70 am 7. August1566 wurde befohlen, alle Bücher, die über Westindien handelten und ohneGenehmigung gedruckt wurden, in Erfahrung zu bringen und zu konfiszieren;1571 ließ Philipp II. alle Manuskripte des Bartolome de Las Casas im KollegSan Gregorio zu Valladolid konfiszieren und an den Indienrat in Madrid über-geben; »damit man sieht, welchen Wert sie haben, und solche gedruckt werden,die zweckmäßig erscheinen«,71 d.h. im Klartext: damit man sie unter Verschlußhält und sie den Feinden Spaniens nicht in die Hände fielen. Am 22. April 1577wurde dem Vizekönig Neuspaniens befohlen, alle Versionen des Manuskriptesdes Franziskaners Bernardino de Sahagun über die Religion und Kultur derAzteken »äußerst behutsam und schnell« zu konfiszieren, »ohne daß davonOriginale oder Kopien übrig bleiben, und gut gesichert bei der ersten Gelegen-heit an Unseren Indienrat zu senden, damit sie darin geprüft werden; und Ihrseid hiermit gewarnt, auf keinen Fall zu erlauben, daß irgendeine Person inirgendeiner Sprache Schriften über den Aberglauben und die Lebensart, diediese Indianer früher hatten, verfaßt, denn so ist es dem Dienst Gottes, UnseresHerrn, sowie Unserem Dienst förderlich.«72

Diese Maßnahmen, die in jenen ›schweren Zeiten‹ mit Berufung auf das Wohlvon Kirche und Krone gerechtfertigt wurden, führten u.a. dazu, daß die großenethnographischen Werke über die indianischen Kulturen Amerikas, die ein posi-tives Licht auf die vorspanische Vergangenheit warfen und so das Eroberungs-argument entkräfteten, bei den Indianern handelte es sich ausnahmslos umunzivilisierte Barbaren, erst im 19. Jahrhundert erscheinen konnten.

6. Schwere Zeiten oder Die Abschottung

In den fünfziger Jahren des 16. Jahrhunderts fand eine Verschärfung der inqui-sitorischen wie der staatlichen Buchzensur in Spanien statt – und dies hat vorallem mit diesen drei Faktoren zu tun: daß der Protestantismus sich immermehr und mehr durch den Buchdruck ausbreitete und auch Spanien davon nichtunberührt blieb, da Bücher und kommentierte Bibelübersetzungen protestan-tischer Autoren in den heimischen Markt gelangt waren, so daß die Entstehungeines Kryptoprotestantismus zu befürchten war; daß der Propagandakrieggegen die »monarchia hispanica« neue Dimensionen erreicht hatte, weil derenFeinde aus der prophetischen Kritik einiger Kirchenleute an den Untaten derSpanier in der Neuen Welt Munition für die eigenen Ziele gewannen, die Spa-nier im Allgemeinen und den Katholischen König im Besonderen als brutaleTyrannen und Feinde des Menschengeschlechts hinzustellen; und schließlichund vor allem, weil eine geistige Wende gegen jene Tendenzen im Schatten des

70 Vgl. Felipe II rey de Espana Cedula 1556.71 Vgl. Delgado 1995, S. 150.72 Vgl. Felipe II rey de Espana Cedula 1577.

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spanischen Katholizismus stattfand, die als ›philoprotestantisch‹ galten, nämlichgegen die Alumbrados, den Erasmianismus, die Bibelübersetzungen in derVolkssprache und die geistlichen Autoren, die ebenso in der Volksspracheschrieben und das innere Gebet befürworteten; zugleich wurde der theologischeAristokratismus der Scholastiker gefestigt, wonach die Bibel und die geistlicheLiteratur nur dem Klerus reserviert sei, nicht den Laien und schon gar nicht denFrauen.

Die zufällige Aufdeckung 1557 und 1558 von kryptoprotestantischen Grup-pierungen in Sevilla und Valladolid, denen es bis dahin gelungen war, Bücherprotestantischer Autoren aus dem Ausland einzuschmuggeln, ließ bei der Kroneund der Inquisition alle Alarmglocken läuten. Von Yuste (Extremadura), wosich Karl V. nach seiner Abdankung 1556 zurückgezogen hatte, schreibt Karl anseine Tochter Johanna nach Valladolid, die in Abwesenheit Philipps II. Regentinwar, und an seinen Sohn, der in Brüssel weilte, man müsse gegen die Dreistig-keit dieser ›Lumpenkerle‹ (»piojosos«) mit aller Strenge (»mucho rigor y reciocastigo«) vorgehen, einen kurzen Prozeß machen (»breve remedio«) und einExempel statuieren (»ejemplar castigo«), denn sie verdienen ›keine Barmherzig-keit‹.73

Großinquisitor Fernando de Valdes, von sich aus sowieso dazu geneigt, mitseinem Terror Spanien in Angst und Schrecken zu versetzen, begrüßt diese harteLinie und geht ans Werk. Die Chronik weiß zu berichten:

Am 21. Mai 1559 wurden in Valladolid in einer großangelegten Zeremonie, nach einerPredigt des Dominikaners Melchior Cano und in Anwesenheit des Infanten Don Carlos,vierzehn Personen zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt und sechzehn ›wieder-versöhnt‹; am 24. September 1559 verbrannte man in Sevilla neunzehn ›Ketzer‹ (einen vonihnen ›in effigie‹), sieben kamen als ›Wiederversöhnte‹ glimpflich davon; im Juli 1559verließ Philipp Brüssel in Richtung Spanien; am 8. Oktober 1559 fand in Valladolid inGegenwart des inzwischen aus Flandern zurückgekehrten Philipp II. ein feierlichesAutodafe mit der Hinrichtung von zwölf Menschen durch das Feuer statt, achtzehnandere wurden öffentlich ›wiederversöhnt‹. Schließlich ist noch das Autodafe vom22. Dezember 1560 in Sevilla zu nennen, wo siebzehn verbrannt (davon drei ›in effigie‹)und 37 ›wiederversöhnt‹ wurden.74

Marcel Bataillon hat treffend bemerkt, in diesen harten Zeiten werden Men-schen verbrannt, die einige Jahre vorher mit einer kleinen Bußstrafe davongekommen wären.75

Am 2. Juni 1558 sandte Generalinquisitor Valdes an Philipp II. eine Denk-schrift über die Buchzensur, die den Versuch darstellt, unter der Gunst derStunde die Kompetenzen des Heiligen Offiziums zu erweitern. Philipp II. wirdauf der Grundlage dieser Denkschrift am 7. September 1558 eine Pragmatische

73 Vgl. Tellechea Idigoras 1968, 2, S. 233f.74 Vgl. Milhou 1992, S. 685f.75 Vgl. Bataillon 1966, S. 709.

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Sanktion über den Buchdruck und die Bücher verabschieden, die als die schwer-wiegendste Zensurmaßnahme in der Geschichte der Spanischen Inquisition zusehen ist. Der König geht darin weitgehend auf die Vorschläge des Generalin-quisitors ein, wenn auch mit zwei wichtigen Ausnahmen: von einer Belohnungfür die Denunziation ist darin nicht die Rede, und von einer Betrauung derInquisition mit der Sichtung der Bücher vor dem Druck auch nicht; vielmehrwird bekräftigt, daß die Druckgenehmigung allein dem Kronrat obliegt – unterAndrohung der Todesstrafe für diejenigen, die Bücher ohne besagte Druckge-nehmigung »drucken oder drucken ließen oder am Druck beteiligt wären.«76

Flankiert wurden diese Maßnahmen von einer königlichen Verordnung vom22. November 1559, wonach alle im Ausland studierenden oder lehrenden Spa-nier innerhalb von vier Monaten zurückkehren sollten; ausgenommen warennur jene, die sich in Bologna, Neapel oder Coimbra eingeschrieben hatten.Diese letzte Maßnahme wurde später teilweise aufgehoben, sie ist jedoch sehrbezeichnend für das geistige Klima jener Zeiten in Spanien. Viel gravierenderwaren jedoch zwei weitere Maßnahmen, die im August 1559 Schlag auf Schlagfolgten: am 17. August veröffentlichte Großinquisitor Valdes – nicht zuletzt aufAnraten des Salmantiner Theologen Melchior Cano (1509–1560) – einen viel-sagenden Index, der zur Konfiszierung und Verbrennung vieler Bücher führte;dazu zählten alle Übersetzungen der Bibel oder deren einzelne Bücher in dieVolkssprache; ferner zahlreiche Werke des Erasmus, die Werke seiner SchülerAlfonso und Juan de Valdes; die damals dem rheinischen Mystiker JohannesTauler zugeschriebenen Institutiones und gar die geistlichen Hauptwerke in derVolkssprache von spanischen Mystikern wie Francisco de Osuna OFM, Juan deAvila, Francisco de Borja SJ und Luis de Granada OP. Als gleich darauf am21. August die Inquisition den Dominikaner Bartolome de Carranza (de Mi-randa, 1503–1576), den ehemaligen Beichtvater Karls V. und Philipps II., denhoch angesehenen Professor der Theologie (in San Gregorio, Valladolid) undTrienter Theologen, den amtierenden Erzbischof von Toledo und Primas vonSpanien nicht zuletzt aufgrund eines Gutachtens von Melchior Cano zu seinemWerk Comentarios al Catechismo christiano (1558) in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verhaften ließ, wußte man, daß die Ereignisse der Jahre 1557 bis 1559nicht nur mit den Ereignissen auf der europäischen Makroebene (zur selbenZeit ging Papst Paul IV. (1555–1559), ehemals römischer Generalinquisitor,unerbitterlich gegen die italienischen Spirituali vor; 1559 veröffentlichte er denersten römischen Index verbotener Bücher) zu tun hatten, sondern vor allemmit einer tiefen geistigen Wende in Spanien selbst, die zwischen der zweiten undder dritten tridentinischen Sitzungsperiode stattfand. Marcel Bataillon hat garvon einer Erschütterung gesprochen, die in der Geschichte des Katholizismusihresgleichen sucht.77

76 Vgl. Felipe II rey de Espana Pragmatica-sancion, S. 801.77 Vgl. Bataillon 1966, S. 712.

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Wie die neue Forschung klargemacht hat, hörte die Zensur mit dem Indexvon 1559 auf, »nur Teil der Strategie im Kampf gegen die Häresie zu sein; sieverwandelte sich in ein Instrument zur Kontrolle der intellektuellen Produktionim Inland«.78 In den wissenschaftlichen Auseinandersetzungen sowie in denKämpfen um Lehrstühle wurde nun die Anklage des Gegners vor der Inquisi-tion zur bevorzugten Waffe: »Das Rationalitätsprinzip machte dem Inquisi-tionsurteil Platz.«79 Teresa von Avila nennt ihre Epoche »tiempos recios« oderüberaus schwere Zeiten.80 Mit ihrem Urteil steht sie nicht alleine da. Zu denMerkwürdigkeiten dieser Epoche gehört, daß sie von Scholastikern und Mysti-kern, Hütern der Orthodoxie und Reformern als überaus schwer und gefährlichempfunden wird. Der Dominikaner Melchior Cano etwa, der führende Kopfhinter der geistigen Wende, zitiert Virgil: »Tempora adeo sunt periculosa utetiam tuta timeamus« (›Diese Zeiten sind derart gefährlich, daß wir alles Mög-liche fürchten müssen‹).81 Und selbst der gemäßigte Domingo de Soto, auchDominikaner, spricht von »diesen so undurchsichtigen und bewölkten Zeiten,in denen die dicken Wolken die Sonnenstrahlen kaum durchlassen, die UnserHerr uns zu senden scheint«.82

Das Spanien der Katholischen Könige und des Goldenen Zeitalters wirkteattraktiv auf die katholische Intelligentsia Europas. Trotz der Vertreibung derJuden und Morisken hatte Spanien bis zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegesnicht nur die politische, sondern auch die geistige Führung Europas inne. Seitder Zeit Philipps II. mehren sich aber auch die Zeichen der Dekadenz – trotzder Machtfülle, die den spanischen Königen durch die Personalunion mit derKrone Portugals ab 1580 zufallen wird. Der »cordon sanitaire«,83 den Philipp II.mit den Maßnahmen der Jahre 1558–1559 errichtete, zeugt eher von Angstangesichts des neuen Europas der Reformation denn von imperialem Selbstbe-wußtsein. Von nun an wird Spanien eher in der Defensive bleiben.

7. Die langsame Dekadenz oderDer Weg von der Exzellenz zur Mittelmässigkeit

Alles in allem lebte man im Spanien der Katholischen Könige und Karls V. mitdem Gefühl, daß man es mit einer dynamischen, zur evolutiven Reform nei-genden Monarchie zu tun hatte. Jose Antonio Maravall sprach von einer »con-ciencia de avance«, von einem Bewußtsein des Vorwärtsganges,84 was natürlichnicht mit dem modernen Fortschrittsoptimismus zu verwechseln ist.

78 Vgl. Pinto Crespo 1983, S. 305.79 Vgl. ebenda, S. 661.80 Vgl. Vida 33, 5, Teresa de Avila Vida, S. 179.81 Vgl. Andres Martin 1994, S. 271.82 Vgl. Tellechea Idigoras 1968, 2, S. 256f.83 Vgl. Bataillon 1966, S. 720.84 Vgl. Maravall 1984, S. 85 und 89.

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Die Niederlage der Tercios bei Rocroi 1643 bzw. der Westfälische Friede von1648, spätestens aber der Pyrenäenfriede von 1659 besiegelten die sich seit denletzten Jahren Philipps II. abzeichnende Schwächung Spaniens mit der »Trans-latio imperii« nach Frankreich. Einem politischen Theologen wie TommasoCampanella war dies nicht entgangen; daher wechselte er bereits 1634 die Fron-ten. Als Hoftheologe Ludwigs XIII. und politischer Propagandist Richelieusbegründete er nun in einer unvollständig gebliebenen Schrift, die man in einermodernen Ausgabe Monarchia di Francia genannt hat,85 die aufkommende fran-zösische Hegemonie. Campanella betont auch hier das hierokratische Prinzipseiner politischen Theorie, wonach der Papst das geistliche Haupt der Univer-salmonarchie sei und die Könige der zeitliche Arm. Die Frage ist nun, welcherchristliche König die ganze Welt zu einer Herde unter Führung eines Hirtenvereinen solle.86 Campanella schickt nun seine frühere These voraus: AllemAnschein nach sei dies die Aufgabe des spanischen Königs.87 Dann aber distan-ziert er sich von seiner früheren These und behauptet kühn: »Das Wesen einersolchen Monarchie gehört eher zu Frankreich als zu Spanien.«88 Die Spanierseien dazu nur die Wegbereiter.

Nun folgt eine Apologie Frankreichs. Denn der Titel »Katholischer König«,den der König von Spanien führe, sei nicht hochrangiger als der Titel »Aller-christlichster König«, der dem König Frankreichs zustehe.89 Spanien (in der Zeitder Personalunion war damit auch Portugal gemeint) sei zwar das westlichsteLand der Christenheit, aber wenn die Spanier ihrer Bestimmung nicht gerechtwürden, so werde Gott Menschen anderer Länder, etwa aus Frankreich, aus-wählen und in Spanien ansiedeln90 usw.

Es folgen zwölf z.T. sehr kuriose Argumente, die den nahenden Untergangder spanischen Monarchie durch den Aufstieg Frankreichs erwarten lassen. DasWerk endet mit Ratschlägen zur »Renovatio imperii« durch die Franzosen,obwohl im früheren Werk behauptet wurde, ihre Stunde sei schon mit Karl demGroßen gekommen und sie hätten ihre Früchte bereits getragen. Dazu sei eszuallererst nötig, den Hispanismus zu bekämpfen und die Propagandaschlachtgegen die Spanier mittels der Feder und der Gelehrtenargumente zu gewinnen.Dabei müsse man predigen, Gott wolle nicht, daß die Spanier in der Alten Weltblieben, wo sie nur Böses tun könnten; vielmehr wolle er, daß sie in die NeueWelt auswanderten,91 wo er für sie nur Gutes vorgesehen habe. Campanella

85 Vgl. Tommaso Campanella Monarchia di Francia.86 Vgl. II, ebenda, S. 380.87 Vgl. III, ebenda, S. 382–386.88 Vgl. IV, ebenda, S. 388.89 Vgl. ebenda, S. 390.90 Vgl. ebenda, S. 394–396.91 Vgl. Ernst 1991, S. 62–72. Zu Campanella vgl. auch Delgado 2003b, S. 260, 263,

266–274 und 300–304.

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träumte nun also von einer doppelten Universalmonarchie, d.h. von einer»bipolaren Weltordnung«: den Franzosen die Alte Welt, den Spaniern die Neue.Gefragt war nun ein französisch dominiertes Europa, ohne Spanier.

Der Ausgang des Westfälischen Friedens 1648, vor allem aber der Pyrenäen-friede 1659 gab Campanella Recht: die Spanier mußten zwar nicht physisch indie Neue Welt auswandern und ihr Land den Franzosen überlassen, aber auf derpolitischen Ebene wurde die spanische Hegemonie in Europa durch die fran-zösische abgelöst. Spanien gewann fortan seine Größe nur noch aus Übersee,wo es bis Ende des 18. Jahrhunderts expandierte und große missionarischeErfolge feierte.

Warum Weltreiche vergehen und so auch die »Translatio imperii« ihren Wegdurch die Geschichte bis zum Abschluß der Zeiten macht, ist bekanntlich ausverschiedenen Perspektiven untersucht worden. Oswald Spengler und ArnoldToynbee haben uns mit verschiedenen Nuancen auf die Vergänglichkeit derImperien als immanentes Gesetz der Weltgeschichte aufmerksam gemacht.92

Wie das Menschenleben, so erleben die Weltreiche auch Genese, Aufstieg, Apo-theose, Verfall und Untergang. Die jüdisch-christliche Überlieferung hat hierfürdie Weltreichelehre theologisch begründet: Gott ist derjenige, der die »Trans-latio imperii« bewirkt, und er tut dies nicht zuletzt wegen der Sünden, d.h. derUntreue der bisherigen Führungsnation93 – so dachten auch im imperialen Spa-nien Propheten wie Bartolome de Las Casas.94

Die Dekadenz einer imperialen Nation kann aber auch dadurch erklärt wer-den, daß der wichtigste ›menschliche‹ Grund für ihren Führungsanspruch, näm-lich die konsequente Durchsetzung des (aristotelischen) Selektionsprinzips inReligion, Politik und Gesellschaft nicht mehr beachtet wurde, sondern Klien-telismus, Nepotismus, Favoritismus, Pikareske und Korruption die Oberhandgewannen. Die spanische Literatur des 17. Jahrhunderts ist voll von einer sol-chen Klage. Wir finden sie im Quijote des Miguel de Cervantes und im Buscondes Francisco de Quevedo, vor allem aber, wie mir scheint, im Criticon des

92 Vgl. Spengler 1918–1922; Toynbee 1934–1961.93 Vgl. Sir 10, 8: »Die Herrschaft geht von einem Volk auf ein anderes über wegen

Ungerechtigkeit, Gewalttaten, Schmähungen und allerlei Arglist.« Zur biblischenTranslationslehre vgl. Delgado/Koch/Marsch 2003.

94 In seinem letzten Gesuch an den Indienrat von 1564–1566, das auch als sein ›Testa-ment‹ zu verstehen ist, schreibt Las Casas: »Und ich glaube, Gott wird wegen dieserfrevelhaften, schlimmen und schändlichen Werke, die so ungerecht, verbrecherischund barbarisch gegen sie [sc. »die indianischen Völker«] begangen worden sind, überSpanien seine Wut und seinen Zorn ausgießen, weil ganz Spanien in mehr oder weni-ger großem Ausmaß beteiligt war und von den blutigen geraubten Reichtümern pro-fitiert, die so verbrecherisch und übel und mit soviel Zerstörung und unter Auslö-schung dieser Völker gewonnen worden sind«, Bartolome de Las Casas Werkaus-wahl 3, 1, S. 518.

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Jesuiten Baltasar Gracian, der uns schonungslos und selbstkritisch die Gründefür die spanische Dekadenz vor Augen führt. Ich möchte ihm zum Schluß dasWort erteilen.

In der sechsten Krisis beschreibt Gracian bekanntlich den Zustand des Säcu-lums. Es ist dies »doch kein Jahrhundert für Menschen; ich meine, für solcheberühmten wie zu früheren Zeiten.« In Spanien ist z.B. kein »Gran Capitan«mehr in Sicht.95 Der Grund ist, daß die Menschen »verkommen sind«. Spanien,das einst Stolz war, gerade in den Waffen und den Wissenschaften zu glänzen,hat jetzt »weder in ›armis‹ noch in ›litteris‹« »hervorragende Männer.«96

Andrenio und Critilo, die Protagonisten des Criticon beschreiben nun, wassie auf der Plaza Mayor sehen, »wo sie eine Unmenge wilder Tiere auf und abspazieren fanden, allesamt frei laufend und das heißt ungezügelt, für dieUnachtsamen eine erhebliche Gefahr: Gab es doch Löwen, Tiger, Leoparden,Wölfe, Stiere, Panther und etliche Füchse; auch an Schlangen, Drachen undBasilisken war kein Mangel.

›Was ist das?‹, stieß Andrenio verwirrt hervor. ›Wo sind wir? Ist dies eineMenschensiedlung oder eine Raubtierwildnis?‹ […]

Soeben erschienen an einem Ende des Platzes gewisse Persönlichkeiten, diegingen kopfunter am Boden dahin, mitten im Schmutz, die Beine aber recktensie nach oben, ganz hoch hinaus, und so warfen sie sich in die Brust, ohne docheinen Schritt voranzukommen; vielmehr fielen sie jeden Augenblick hin, undobwohl sie sich rechtschaffen abquälten, beharrten sie auf dieser ebenso lach-haften wie gefahrvollen Bewegungsart. Andrenio begann zu staunen und Critilozu lachen.

›Beherzigt‹, sagte Chiron, ›daß ihr im Wachen träumt. Oh, wie hat dochBosch so gut gemalt! Jetzt verstehe ich erst sein ›capricho‹, seinen wunderlichenUlk. Dinge werdet ihr sehen, unglaublich. Macht euch klar: Die, die ihrer Klug-heit und ihrem Wissen nach Köpfe sein sollten, die kriechen am Boden dahin,missachtet, gedemütigt, vergessen; die dagegen, die eigentlich Füße sein müss-ten, weil sie nichts können und von keiner Materie etwas verstehen, unfähigeLeute, ohne Bildung und Erfahrung, die führen das große Wort. Und das ist derLauf der Welt […] Nichts stimmt zu nichts. Und eine Welt, die weder Fuß hatnoch Kopf, die kommt noch gut weg, wenn man sie nur ›kopflos‹ nennt‹.«97

Seine Zeit ist für Gracian eine kopflose, ja eine verkehrte Welt, weil dasSelektionsprinzip, die Werteordnung auf den Kopf gestellt wurde: »alle Gutensind am Boden, und die Üblen sind ganz oben.«98

95 Vgl. I 6, Baltasar Gracian y Morales Kritikon, S. 89.96 Vgl. ebenda, S. 90.97 Vgl. ebenda, S. 92 und 95.98 Vgl. ebenda, S. 100.

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Am Schlimmsten ist es aber, wie Gracian mit einer sinnigen Metapher zuverstehen gibt, daß sich in dieser verkehrten Welt nicht nur die Blinden anma-ßen, die Sehenden zu führen, sondern daß diese sich von jenen widerstandslosführen zu lassen scheinen:

»›Dass ein Blinder einen anderen führt, ist zwar eine große Torheit, aber dashat man schon gesehen, und sie sind dann alle beide in die Grube gefallen; dassaber ein Blinder auf jede Weise danach trachtet, die Sehenden zu führen, vonsolchem Unsinn hat man noch nie gehört.‹

›Dass ein Blinder die andern zu führen beansprucht‹, erwiderte Andrenio,›wundert mich nicht so sehr, denn da er ja nicht sehen kann, denkt er, es seienauch alle anderen blind und bewegten sich auf die gleiche Weise tastend undtappend; dass jedoch die Sehenden, die die gemeinsame Gefahr erkennen, ihmdennoch zu folgen gewillt sind, dabei jeden Augenblick straucheln und beijedem Blick aus ihren Augen aufs Auge zu fallen drohen, bis sie in einenAbgrund voller Unheil stürzen, das ist eine unglaubliche Dummheit, ja einungeheuerlicher Wahn.‹

›So macht euch nur klar‹, sagte Chiron daraufhin, ›dass dieser Wahn sehrverbreitet ist, verzweifelt übertragungsfreudig, eine Blödheit, wie sie alle Tagevorkommt und heute mehr denn je. Die Minderbemittelten sind darauf aus, dieandern zu lehren; ein paar Trunkenbolde schicken sich an, die Wahrheit vomKatheder zu verkünden‹.«99

Man braucht wohl Gracians Scharfsinn nichts mehr hinzuzufügen.Nach einem grausamen Bürgerkrieg in Kastilien stieg Spanien unter den

Katholischen Königen zur Hegemonialmacht Europas auf, und seine Hege-monie währte ca. 150 Jahre. Ich habe in meinem Beitrag versucht, die Gründefür Spaniens Aufstieg wie für seinen Abschied von der Weltbühne zu nennen.Ich bin davon überzeugt, daß sie nicht nur für den spanischen Fall gelten,sondern auch mutatis mutandis als Erklärungsmuster für Aufstieg und Fallanderer Hegemonialmächte herangezogen werden können. Seit dem Untergangdes Römischen Reiches währte die Hegemonie einer Führungs- und Ordnungs-macht selten länger als 150 Jahre.

99 Vgl. ebenda, S. 101.