Zur Frage der Sogenannten Feldnephritis

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ag. 23, Heft 9/i6 FAHR, Zur Frage der sogenannten Feldnephritis. 125 Miirz/A pril I944 & Schiill, Diiren/Rhld.) bieten. Fiir schwierigere Ffille sei auf die Monographien yon ~rERKMEISTER~ und SCHWERDT s verwiesen. Unsere Nomogramme f/:lr die Grundumsatzbestimmung fiihren vor Augen, wie man sjeh eine umstiindliche Rechnung ersparen kann, die sonst nach jedem Stoffwechselversuch n6tig ist. Auch bei mancher anderen Bestimmung, die in medizinischen und chemischen Laboratorien tiiglich anf~illt, k6nnten die Ergebnisse am sichersten und schneUsten aus einem Nomograrnm abgelesen werden. Es wiire zu begrfil3en, wenn neuen Analysenmethoden und Mei3ger~ten dieses Hilfs- mittel gleich mit auf den \u gegeben wtirde. Zusammenfassung: Als Hilfsmittel fiir die gasanalytische Bestimmung des Grundumsatzes werden 2 Nomogramme angegeben. Der Gebrauch yon Tabellen und die gesamte Berechnung des Stoffwechselversuchs liiBt sich ersetzen durch das Ablesen dieser Nomogramme, welehe alle Ver- suchsdaten einschl. Luftdruck und Temperatur berticksich- tigen; sie gelten (mit einer Ungenauigkeit yon h6chstens -T- o,5%) fiir Orte yon Meeresh6he bis zum Hochgebirge und f/ir Raumtemperaturen yon 13 bis 27 ~ Literatur: ~B. KERN, Mtinch. reed. Wschr. x939, 217. -- W. HOLZER, Wien. klin. Wschr. i94o, 9a4. - - B H. HABS, Dtsch. reed. Wschr. x94I, I286. -- ~O. KESTNER u. W. KNIPPING, Die Ern~hrung des Menschen. Berlin: Springer I924. ~ ~Chemiker-Kalender S, 21S, 216 (I927). - - ~ P. LUCKEY, Einftihrung in die Nomographie. LeiDzig: Teubner I939 -- Nomographie. Ebenda 1937. -- 7p. WERKMEISTER, Das Entwerfen yon graphisehen Rechentafeln. Berlin I923. -- H. SCHWERDT, Lehrbuch der Nomographie. Berlin I924. ZUR FRAGE DER SOGENANNTEN FELDNEPHRITIS. Von Tm FAHR, Beratender Pathologe im Wehrkreis X. Aus dent Pathologischen Instltut der Hansischen UniversitiitHamburg (Leiter: Prof. Dr. TH. FAHR). AIs im Winter 1941 die strenge K~ilte in Rul31and ein- setzte, war es for jeden, bei dem die iirztlichen Erinnerungen aus dem vorigen Weltkriege lebendig waren, naheliegend an- zunehmen, dab die Feldnephritis oder Kriegsnephritis, die bis dahin unsere Armeen so gut wie v611ig verschont hatte, ihr Haupt von neuem erheben wiirde. Diese Erwartung hat sich leider sehr bald erfi]llt. Wenn die Verbreitung dieser Krankheit anscheinend auch nicht so ausgedehnt ist wie in den Jahren 1914--1916, so spielt sie offenbar, wie zahlreiche Ver6ffentlichungen aus dem Felde beweisen, bei der kSmpfen- den Truppe auch diesmal wieder eine recht erhebliche Rolle, und wie im vorigen Krieg faBt man auch diesmal wieder die sog. Feldnephritis als diffuse Glomerulonephritis auf. Be- merkenswert ist es nur, dab dieses Mal in viel h6herem Mal3e als im vorigen Krieg yon atypischen FdUen die Rede ist. Die Beobachtung dieser atypischen F~itle hat manche Autoren (GuTZEIT, JACOBI, KREYENBURG, D~3RSCHEL, ARNOLD U. a.) zu der Annahme gefiihrt, dab die Feldnephritis sich yon der im Frieden im Anschlufl an Angina und Scharlach beobachteten Glomeruloriephritis grunds~itzlich unterscheidet. Bezfiglich der ~tiologie wird dabei yon manchen Autoren (s. o.) die An- sieht vertreten, dal3 es sich bei der Feldnephritis um eine Infektionskrankheit sui generis handelt, vietleicht hervorge- rufen dureh ein besonderes Virus. Seither galt es ftir ausgemacht (s. neben den VOLHARD- schen und meinen eigenen Untersuchungen und Angaben, die yon MASUGI, NONNENBRUCHund vielen anderen), dab es sich bei der diffusen Glomerulonephrids um eine Toxinwirkung bei entsprechender Reaktionslage handelt, dad beim Menschen in erster Linie das Toxin der Streptokokken ursiichlich in Betracht kiime -- Nachkrankheit yon Angina, Scharlach usw. -- und dab bei derEntstehung der entsprechenden Reaktions- lage Kiilte und N~isse eine mal~gebende Rolle spielen. Klinisch galt als entscheidend ftir die Diagnose der diffusen Glomerulo- nephritis die Symptomtrias: I. Blutdrucksteigerung, wenn auch vielfach nut vorfibergehender Natur, 2. Urinbefund in Form von Albuminurie und Hiimaturie, 3. Odem namentlich im Gesicht. Zu diesem Bilde wollen nun viele der jetzt im Felde beobachteten Fiille yon Nierenerkrankung nicht passen. Einmal ist bei vielen Beobachtungen im Feld eine Vor- krankheit der Nephritis vermiBt worden, ferner scheint die Zahl der Fiille, bei denen die Kardinalsymptome der Glome- rulonephritis in wechselnder Verbindung auftreten, bei denen das eine oder andere dieser Symptome vermiBt wird, reeht hiiufig sein. Gegen die Rolle der K~ilte und Nilsse wurde geltend gemacht, dab eine Hiiufung yon Fiillen an manchen Frontabschnitten auch im Sonamer vorgekommen sei und dab man klelne Epidemien auf Schreibstuben z.B. beobachtet babe, wo die Kiilte und Niisse unmSglich eine Rolle babe spielen k6nnen. Ich glaube nun, dab ich zur Frage dieser atypischen Be- funde auf Grund yon F~illen, die mir aus dem Felde zugeschickt worden sind, etwas beitragen kann, wenn ich mir auch nicht zutraue, damit alle noch vorhandenen R~tsel t6sen zu k6nnen. Es kann ftir reich nach diesen gelegentlichen Beobachtungen keinem Zweifet ffnterliegen, dab bei manchen der als atypisch imponierenden Fiille yon Feldnephritis, bei der ja seither immer eine diffuse Glomerulonephritis vermutet worden ist, gar keine Glomerulonephritis, sondern eine seriSse Nephritis vorliegt*, ferner dab in einem gewissen Prozentsatz der FMle ser6se Nephritis und Glomerulonephritis sich kombinieren und iiberschneiden. Nach meinen Erfahrungen darf man in diesem Krieg nicht sagen, die Feldnephritis ist eine diffuse Gtomerulonephritis, man muB diesmal sagen, die leeldnephritis stellt sich dar: einmal als diffuse Glomemdonephritis, einmal als ser6se Nephritis und einmal als Komplikation beider Entziin- dungsformen. Ich habe zur Zeit die Frage der ser6sen Nephritis an der Hand eines im Laufe vieler Jahre gesammelten Mate- rials noch einmal eingehend bearbeitet (die Abhandlung soll in der Frankf. Zeitschr. f. Pathol. erscheinen), und ich konnte dabei zeigen, dab die ser6se Nephritis einmal, wie ich das schon immer vertreten babe, als selbstgndige Erkrankung auf- tritt, dab sie sich aber aueh andern Nierenaffektlonen: der diffusen Glomerulonephritis, der herdf6rmigen Glomerulo- nephritis, der embolischen und interstitiellen Herdnephritis, zugesellen kann, Erkrankungen, die ihrerseits wieder in der Regel ohne jede Beteiligung einer ser6sen Nephritis auftreten. Bemerkenswerter Weise konnte ich dabei auch feststellen, was mehr nehenbei bemerkt sein mag, dab die ser6se Nephritis sich auch mit einer Hiimoglobinurie vergesellschaften und die Erklfirung ffir die bei der Hiimoglobinurie gelegentlich auf- tretende bisher unerkl~irliche Oligurie bzw. Anurie abgeben kann. Mit den vorstehend gemachten Feststellungen erscheint m.E. die Frage der atypisch auftretenden Feldnephritis in einem ganz andern Licht. Bei der Annahme, dab wires heute bei der. sog. Feldnephritis nicht mit einer, sondern mit zwei ineinanderspielenden Affektionen zu tun haben, ist natiirlich mit einer einheitlichen ~tiologie einer ,,Feldnephritis", die zum Sammelbegriff geworden ist, nicht zu rechnen. Gegen die Annahme einer durch ein Virus bedingten iibertragbaren Infektionskrankheit sui generis bei der sog. Feldnephritis babe ich weiterhin schwere Bedenken anderer Art. Wenn es sich hier urn eine tibertragbare Infektions- krankheit handelte, dann mfiBten wir doch unbedingt mit * Auch H. SCHMIDT schreibt neuerdings (1. c. S, 334): ,,Auf Grund meiner Studien fiber die sogenannte Kriegsnephritis ergab sich die Tatsache~ dab dort gelegentlich Bilder beschrieben werden, die mit der ser6sen Nephritis grofle Ahnlichkeit haben oder sogar mit ihr iibereinstimmen." Er zitiert dann F~ille yon LOHLEIN, bei denen diese Vermutung naheliegt. Damals warden diese ,,atypischen" F~illeaber nicht welter beachtet.

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& Schiill, Diiren/Rhld.) bieten. Fiir schwierigere Ffille sei auf die Monographien yon ~rERKMEISTER~ und SCHWERDT s verwiesen.

Unsere Nomogramme f/:lr die Grundumsatzbestimmung fiihren vor Augen, wie man sjeh eine umstiindliche Rechnung ersparen kann, die sonst nach jedem Stoffwechselversuch n6tig ist. Auch bei mancher anderen Bestimmung, die in medizinischen und chemischen Laboratorien tiiglich anf~illt, k6nnten die Ergebnisse am sichersten und schneUsten aus einem Nomograrnm abgelesen werden. Es wiire zu begrfil3en, wenn neuen Analysenmethoden und Mei3ger~ten dieses Hilfs- mittel gleich mit auf den \u gegeben wtirde.

Zusammenfassung: Als Hilfsmittel fiir die gasanalytische Bestimmung des Grundumsatzes werden 2 Nomogramme

angegeben. Der Gebrauch yon Tabellen und die gesamte Berechnung des Stoffwechselversuchs liiBt sich ersetzen durch das Ablesen dieser Nomogramme, welehe alle Ver- suchsdaten einschl. Luftdruck und Temperatur berticksich- tigen; sie gelten (mit einer Ungenauigkeit yon h6chstens -T- o,5%) fiir Orte yon Meeresh6he bis zum Hochgebirge und f/ir Raumtemperaturen yon 13 bis 27 ~

Literatur: ~B. KERN, Mtinch. reed. Wschr. x939, 217. - - W. HOLZER, Wien. klin. Wschr. i94o, 9a4. - - B H. HABS, Dtsch. reed.

Wschr. x94I, I286. - - ~ O. KESTNER u. W. KNIPPING, Die Ern~hrung des Menschen. Berlin: Springer I924. ~ ~ Chemiker-Kalender S, 21S, 216 (I927). - - ~ P. LUCKEY, Einftihrung in die Nomographie. LeiDzig: Teubner I939 - - Nomographie. Ebenda 1937. - - 7 p. WERKMEISTER, Das Entwerfen yon graphisehen Rechentafeln. Berlin I923. - -

H. SCHWERDT, Lehrbuch der Nomographie. Berlin I924.

Z U R F R A G E D E R S O G E N A N N T E N F E L D N E P H R I T I S .

Von T m FAHR,

Beratender Pathologe im Wehrkreis X. Aus dent Pathologischen Instltut der Hansischen Universitiit Hamburg (Leiter: Prof. Dr. TH. FAHR).

AIs im Winter 1941 die strenge K~ilte in Rul31and ein- setzte, war es for jeden, bei dem die iirztlichen Erinnerungen aus dem vorigen Weltkriege lebendig waren, naheliegend an- zunehmen, dab die Feldnephritis oder Kriegsnephritis, die bis dahin unsere Armeen so gut wie v611ig verschont hatte, ihr Haupt von neuem erheben wiirde. Diese Erwartung hat sich leider sehr bald erfi]llt. Wenn die Verbreitung dieser Krankheit anscheinend auch nicht so ausgedehnt ist wie in den Jahren 1914--1916, so spielt sie offenbar, wie zahlreiche Ver6ffentlichungen aus dem Felde beweisen, bei der kSmpfen- den Truppe auch diesmal wieder eine recht erhebliche Rolle, und wie im vorigen Krieg faBt man auch diesmal wieder die sog. Feldnephritis als diffuse Glomerulonephritis auf. Be- merkenswert ist es nur, dab dieses Mal in viel h6herem Mal3e als im vorigen Krieg yon atypischen FdUen die Rede ist. Die Beobachtung dieser atypischen F~itle hat manche Autoren (GuTZEIT, JACOBI, KREYENBURG, D~3RSCHEL, ARNOLD U. a.) zu der Annahme gefiihrt, dab die Feldnephritis sich yon der im Frieden im Anschlufl an Angina und Scharlach beobachteten Glomeruloriephritis grunds~itzlich unterscheidet. Bezfiglich der ~tiologie wird dabei yon manchen Autoren (s. o.) die An- sieht vertreten, dal3 es sich bei der Feldnephritis um eine Infektionskrankheit sui generis handelt, vietleicht hervorge- rufen dureh ein besonderes Virus.

Seither galt es ftir ausgemacht (s. neben den VOLHARD- schen und meinen eigenen Untersuchungen und Angaben, die yon MASUGI, NONNENBRUCH und vielen anderen), dab es sich bei der diffusen Glomerulonephrids um eine Toxinwirkung bei entsprechender Reaktionslage handelt, dad beim Menschen in erster Linie das Toxin der Streptokokken ursiichlich in Betracht kiime - - Nachkrankheit yon Angina, Scharlach usw. - - und dab bei derEnts tehung der entsprechenden Reaktions- lage Kiilte und N~isse eine mal~gebende Rolle spielen. Klinisch galt als entscheidend ftir die Diagnose der diffusen Glomerulo- nephritis die Symptomtrias: I. Blutdrucksteigerung, wenn auch vielfach nut vorfibergehender Natur, 2. Urinbefund in Form von Albuminurie und Hiimaturie, 3. Odem namentlich im Gesicht. Zu diesem Bilde wollen nun viele der jetzt im Felde beobachteten Fiille yon Nierenerkrankung nicht passen.

Einmal ist bei vielen Beobachtungen im Feld eine Vor- krankheit der Nephritis vermiBt worden, ferner scheint die Zahl der Fiille, bei denen die Kardinalsymptome der Glome- rulonephritis in wechselnder Verbindung auftreten, bei denen das eine oder andere dieser Symptome vermiBt wird, reeht hiiufig sein. Gegen die Rolle der K~ilte und Nilsse wurde geltend gemacht, dab eine Hiiufung yon Fiillen an manchen Frontabschnitten auch im Sonamer vorgekommen sei und dab man klelne Epidemien auf Schreibstuben z .B. beobachtet babe, wo die Kiilte und Niisse unmSglich eine Rolle babe spielen k6nnen.

Ich glaube nun, dab ich zur Frage dieser atypischen Be- funde auf Grund yon F~illen, die mir aus dem Felde zugeschickt worden sind, etwas beitragen kann, wenn ich mir auch nicht zutraue, damit alle noch vorhandenen R~tsel t6sen zu k6nnen. Es kann ftir reich nach diesen gelegentlichen Beobachtungen keinem Zweifet ffnterliegen, dab bei manchen der als atypisch imponierenden Fiille yon Feldnephritis, bei der ja seither immer eine diffuse Glomerulonephritis vermutet worden ist, gar keine Glomerulonephritis, sondern eine seriSse Nephritis vorliegt*, ferner dab in einem gewissen Prozentsatz der FMle ser6se Nephritis und Glomerulonephritis sich kombinieren und iiberschneiden. Nach meinen Erfahrungen darf man in diesem Krieg nicht sagen, die Feldnephritis ist eine diffuse Gtomerulonephritis, man muB diesmal sagen, die leeldnephritis stellt sich dar: einmal als diffuse Glomemdonephritis, einmal als ser6se Nephritis und einmal als Komplikation beider Entziin- dungsformen. Ich habe zur Zeit die Frage der ser6sen Nephritis an der Hand eines im Laufe vieler Jahre gesammelten Mate- rials noch einmal eingehend bearbeitet (die Abhandlung soll in der Frankf. Zeitschr. f. Pathol. erscheinen), und ich konnte dabei zeigen, dab die ser6se Nephritis einmal, wie ich das schon immer vertreten babe, als selbstgndige Erkrankung auf- tritt, dab sie sich aber aueh andern Nierenaffektlonen: der diffusen Glomerulonephritis, der herdf6rmigen Glomerulo- nephritis, der embolischen und interstitiellen Herdnephritis, zugesellen kann, Erkrankungen, die ihrerseits wieder in der Regel ohne jede Beteiligung einer ser6sen Nephritis auftreten. Bemerkenswerter Weise konnte ich dabei auch feststellen, was mehr nehenbei bemerkt sein mag, dab die ser6se Nephritis sich auch mit einer Hiimoglobinurie vergesellschaften und die Erklfirung ffir die bei der Hiimoglobinurie gelegentlich auf- tretende bisher unerkl~irliche Oligurie bzw. Anurie abgeben kann.

Mit den vorstehend gemachten Feststellungen erscheint m . E . die Frage der atypisch auftretenden Feldnephritis in einem ganz andern Licht. Bei der Annahme, dab wi res heute bei der. sog. Feldnephritis nicht mit einer, sondern mit zwei ineinanderspielenden Affektionen zu tun haben, ist natiirlich mit einer einheitlichen ~tiologie einer ,,Feldnephritis", die zum Sammelbegriff geworden ist, nicht zu rechnen.

Gegen die Annahme einer durch ein Virus bedingten iibertragbaren Infektionskrankheit sui generis bei der sog. Feldnephritis babe ich weiterhin schwere Bedenken anderer Art. Wenn es sich hier urn eine tibertragbare Infektions- krankheit handelte, dann mfiBten wir doch unbedingt mit

* Auch H. SCHMIDT schreibt neuerdings (1. c. S, 334): ,,Auf Grund meiner Studien fiber die sogenannte Kriegsnephritis ergab sich die Tatsache~ dab dort gelegentlich Bilder beschrieben werden, die mit der ser6sen Nephritis grofle Ahnlichkeit haben oder sogar mit ihr iibereinstimmen." Er zitiert dann F~ille yon LOHLEIN, bei denen diese Vermutung naheliegt. Damals warden diese ,,atypischen" F~ille aber nicht welter beachtet.

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I26 FAHR, Zur Frage der sogenannten Fetdnephritis. Kllnische Wochenschrift

einer Verschleppung dieser Krankheit in die Heimat rechnen, denn es ist weder fiber den fraglichen Erreger noch fiber die Form seiner ~bertragung das Geringste bekannt, wir wgren also nieht imstande, uns gegen die Krankheit zu schfitzen, wie gegen das Fleckfieber z. B.

Bekanntlich war im vorigen Krieg die Feldnephritis im Herbst :9~8 bei dem furchtbaren Rfickzug nach dem infamen Diktat des Waffenstillstandes von neuem m~chtig aufgeflammt; wenn hier eine fibertragbare Infektionskrankheit vorgelegen h~tte, dann mtiBten die vielen Hunderttausende, die damals zurfickstr6mten, die Krankheit in die Heimat eingeschleppt und dort verbreitet haben, davon war aber gar keine Rede. Ich erinnere hier zum Vergleich an die Verh~lmisse im Jahre :87o bezfiglieh der Pocken: hier handelte es sich bestimmt um eine fibertragbare Viruskrankheit, die bei der franz6sischen Zivilbev61kerung und in der franz6sischen Armee welt ver- breitet war*. Sie wurde dann auch prompt dutch die fran- z6sischen Kriegsgefangenen bei unserer damals noch unge- schfitzten Zivilbev61kerung eingeschleppt, und die dadurch entstandene Epidemie wurde so erheblich, dab die erschreckte Regierung sich sehr bald dazu entschloB, die Schutzimpfung auf dem Wege der Gesetzgebung auch bei der Zivilbev61ke- rung einzuffihren. Wenn ich diese Parallele ziehe, so f~llt es mir erst recht schwer, bei den in Betracht kommenden Nieren- erkrankungen eine fibertmgbare Infektionskrankheit anzu- nehmen. Da ich der Meinung bin, dab es sich bei den diesmal in: Felde auftretenden Nierenerkrankungen urn zwei an sich verschiedene Affektionen handelt, so mtissen wir die Atiologie dieser beiden Erkrankungen auch gesondert besprechen.

Was zun~chst die )~tiologie der diffusen Glomerulonephri- tis angeht, so glaube ich nicht, dab wir Grund haben, an der seither vertretenen Auffassung (s. o.), im Prinzip wenigstens, etwas zu ~ndern. Ich m6chte es dabei often lassen, ob und inwieweit neben dem Streptokokken- und Pneumokokkentoxin noeh andere Gifte ~tiologisch in Frage kommen.

Von fiberragender Bedeutung scheint mir naeh wie vor die Reaktionslage, wenn uns auch die Erfahrungen bei der experimentellen Glomerulonephritis gelehrt haben, dab ein geeignetes Toxin auch ohne Sensibilisierung imstande ist, eine diffuse Glomerulonephritis zu erzeugen. Unter den Momen- ten wieder, die eine entsprechende Reaktionslage zu erzeugen imstande sind, m6chte ich nach We vor K~ilte und N~sse an erster Stelle nennen. Die disponlerende RoHe der K~lte und N~sse an sich wird ja wohl von niemand geleugnet, ihre Be- deutung wird nur yon manchen Autoren stark verkleinert. Auch ich kann mir sehr gut denken, dab die Kiilte und N~isse nieht allein es sind, die eine entsprechende Reaktionslage schaffen, denn auch bei den im Frieden beobachteten F~,illen ist es durchaus nicht m6glich, den EinfluB yon K~ilte und Ngsse im Einzelfall immer nachzuweisen, ich m6chte im Gegenteit glauben, dab dieses Hilfsmoment bei den im Frieden beobachteten FNlen in der Regel fehlt. Aber bei der Kriegs- nephritis dr~ngt sieh die Bedeutung dieses Faktors doch so sehr auf, dab v~qr immer wieder auf seine auBerordentlich grol3e Bedeutung hingewiesen werden. V~*ie ich eingangs schon sagte, hat sich die Voraussage, dab :nit dem Einsetzen der Katte beim Krieg in: Osten die Feldnephritis wieder in Er- scheinung treten wfirde, prompt erffillt. Aber es muB hier vor allem aueh auf die Erfahrungen des ~origen Weltkrieges hingewiesen werden.

Es kann doch kein Zufall sein, dab in der Zeit, in der im Westen die Truppen nicht aus den kalten nassen Schfitzen- gr~ben herauskamen, die Kriegsnephritis bei uns sowohl als bei Engl~ndern und Franzosen eine so groBe Ausdehnung gewann, nur die Inder batten sie nlcht, vermutlich d~shatb, weil sie mit Ausbruch der kalten Jahreszeit immer aus der Front herausgezogen trod nach Sfidfrankreicl: gebracht wur- den. Weiterhln kann es doch kein Zufall seln, dab die Feld- nephritis bei den kgmpfenden Truppen im V~:esten merklich abflaute, ats tiberall groBe und relativ warme Unterstgnde geschaffen worden waren und dab sie bei unserem Heer wieder

* Unsere Truppen waren bekanntlich schon schutzgeimpft und bIieben infolge- dessen versehont.

aufflammte, als bei dem schleunigen Rfickzug im Sp~therbst I918 unsere Truppen gezwungen waren, in der K~lte und N~isse im Freien zu biwakieren. Sehr lehrreieh scheint mir auch ein Hinweis auf eine andere Tatsache aus dieser Zeit. Der Rfickzug im Herbst I918 fiel zusammen mit dem Aus- bruch der schweren Grippeepidemie, bei der bekanntlich Streptokokkenmischinfektionen eine au(3erordentlich groi3e Rolle spielten. Bei der Zivilbev61kerung in der Heimat, wo die Patienten i m warmen Bett lagen, ffihrte diese Strepto- kokkenmischinfektion nur in ganz vereinzelten F~illen zu einer diffusen Glomerulonephrifis, w~hrend bei den Soldaten, die auBer der Grippe und den Streptokokken auch der K~lte und N~isse ausgesetzt waren, die Kriegsnephritis wieder erhebliche Ausbreitung erlangte.

Zusammenfassend kann ich also sagen: die ~tiologie der diffusen Glomerulonephritis l~iBt sich nach wie vor am besten erkl~iren, wenn man eine I~okkentoxinwirkung bei geeigneter Reaktlonslage anschuldigt. Man muB aber gleich hinzuffigen, dab Streptokokken und Pneumokokken wohl nicht aUein als Lieferanten des fraglichen Toxins in Frage kommen und dab Kfilte und N~isse sicher nicht die einzlgen disponierenden Momente bilden (s. auch RANDERATH).

Die ~tiologie der seriisen Nephritis is.t vielgestaltig, sicher vielseitiger als die der diffusen Glomerulonephritis. Sie kann h~matogen, sie kann aufsteigend entstehen; bei der h~imatogen entstandenen kommen sicher alle m6glichen infekti6s-toxi- schen Einfl/isse in Frage, vor allem aber scheint mir bei der ser6sen Nephritis ein ~tiologisches Moment von Wichtigkeit, das vielleicht geeignet ist, bis zu einem gewissen MaBe Klar- heit in eine neuerdings bei der sog. Feldnephritis diskutierten Frage zu bringen, das ist der Vasomotoreneinflufl. Es ist neuer- dings (s. die Verhandlungen des Kongresses ffir innere Me- dizin I943) die Behauptung aufgestellt worden, die Glome- rulonephritis sei zentral nerv6s bedingt, sle sei eine ,,Dience- phalose", wie das neue Schlagwort heiBt. Wer gleichzeitig die Feldnephritis als fibertragbare Infektionskrankheit ansieht, der muB dann annehmen, dab das fragliche Gift am Zentral- nervensystem angreift. DaB die diffuse Glomerulonephritis in ihrer ktassischen Form nerv6s bedlngt sein k6nne, haIte ich ffir v6Ilig ausgeschlossen*, auch VOLHAI~D hat diese neue Lehre in V(ien strikt abgelehnt, und NONNENBRUCH schreibt mir: ,,Ich habe bisber persgnlich noch keinen Fall beobachtet, in dem das Bild einer diffusen Glomerulonephritis auf eine zentral-vegetative Regulationsst6rung im Sinne einer Dience- pbalose zurflckgeftihrt werden konnte."

Anders aber liegen die Dinge bei der ser6sen Nephritis. Es handelt sich bei der ser6sen Entzandung um eine Kapillar- wandsch~idigung, die bald nur in der Niere, in anderen F~illen abet an allen m6glichen Stellen des K6rpers auftritt (s. EPPINGER U. RC)SSLE, HENRICH sowie meine demn~ichst er- scheinende Arbeit). Ich habe dort z. B. einen Fall yon ser6ser Nephritis nach Verschtittung beschrieben, bei dem vasomoto- rische Einflfisse mit gr613ter Wahrscheinlichkeit anzunehmen waren. Ich stehe also auch auf den: Standpunkt, dab bei den F~llen, die seit :94: unter der Bezeichnung Feldnephritis be- schrieben wurden, nerv6se Einflfisse -cOn Bedeutung sein k6nnen, abet nur insofern, als es sich bei der sog. Feldnephritis um elne ser6se Nephritis handelt, oder wo diese ser6se Nephritis sich mit einer diffusen Gtomerulonephritis kombiniert.

Wie ich in der erwfihnten Arbeit ausffihre, kann die ser6se Nephritis sich auch im Glomerulus selbst abspielen*. RANDERA'rH sagte in seinem Wiener Referat (soweit ich aus den mir bis jetzt zuganglichen Berichten ersehe), dab bei der Kriegsnephritis zwei Betriebsst6rungen im Glomerulus vor- kommen, yon denen die eine in einer Durchblutungsst6rung,

'~ Die Versuchsergebnisse yon REILLY~ COMPAGNON, LAPORTE und DU BUIT, die in ihrem Buch ,,Le Rote du systeme nerveux en pathologic r6nale" niedergelegt sind, haben nichts mit der klassischen Glomerulonephritis des Menschen ztt run, die bis jetzt experimenteLl nut nach tier Methode yon MASUGI in gesetzm~iBiger Weise erzeugt werden konnte (siehe auch die n~ichste Anmerkung). * Auch die Versuche yon REILLY (siehe oben) mOchte ich in dieser Weise deuten, soweit es sich dabei nicht um eine diffuse Thrombosierung der Glomerulus- kapillaren mit ihren Folgen handelt, die yon den Autoren unzutreffenderweise mit der subakuten Glomerulonephritis des Menschen in Beziehung gesetzt worden ist.

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fig'M~rz/Apri123' Heft 19449/'6 ENGEL, T u m o r w a c h s t u m u n d Chagaskrankheit . 12 7

die andere in eiDer Permeabi l i ta tss t6rung zu erbl icken ist. Ich vermute , dab es sich bei der Permeabi l i ta tss t6rung, soweit sie rein u n d nicht mi t eiDer Durchb lu tungss t6 rung vergesell- schaftet auftritt , n icht u m eine klassische Glomerulonephr i t i s , sonde rn u m eine ser6se Nephr i t i s im Glomerulus handelt . Wie ich auch in der e rwahn ten Arbei t auseinandersetze, be- r f ihren sich im Glomerulus die morphotog ischen Veranderun- gen bei der ser6sen Nephr i t i s und bei der Glomerulonephrose. Ich habe davor gewarnt , wegen dieser Grenzbez iehungen den pr inzipiel len Un te r sch led zwischen der ers ten u n d zweiten H a u p t g r u p p e des Morbus Brightii, zwischen den pr imar de- generat iven Veranderungen , den N e p h r o s e n u n d den pr imar entz t indl ichen, den Nephr i t iden , aufzugeben. Es wfirde das be s t im m t nicht zu gr6Berer Klarheit , sondern nur zu neuer Verwi r rung ffihren.

Bei der wei teren Er forschung der sog. Fe ldnephr i t i s er- wachsen uns also nach d e m Gesagten folgende Aufgaben: Es mul3 einmal festgestell t werden, inwieweit es sich bei den Fallen von Feldnephr i t i s u m eine diffuse Glomerulonephr i t i s , inwieweit es sich u m eine ser6se Nephri t is , inwieweit es sich u m eine Kombina t ion beider Affektionen handelt . Zu dieser

Fes ts te l lung bedar f es einer m6glichst engen kl inisch-anato- mischen Zusammenarbe i t mi t sachgem~iBer U n t e r s u c h u n g und Beurte i lung des bei anfal lenden Sekt ionen gewonnenen U n t e r - suchungsmater ia ls .

Zwei tens wird man, s tat t nach e inem hypothe t i schen spe- zifischen Erreger der Fe ldnephr i t i s zu suchen - - nach me ine r Oberzeugung ein Versuch am untaugl ichen Objekt - - , versu- chen mfissen, die U m s t a n d e aufzudecken, die auBer Kalte und Nasse noch imstande sind, eine geeignete Reaktionslage ffir die En t s t ehung der diffusen Glomeru lonephr i t i s zu schaffen

Literatur: ARNOLD, Mfinchener med. Wochenschr. i943, 38 und 39. - - F A H R , Th., Handb. d. spez. pathol. Anatomie yon HENKE- LUBARSCH, Band VI/I und 2. - - Ders., Weitere Eeitriige zur Frage der ser6sen Nephritis, im Druck. - - HENKEL, Mfinchener med. Wochenschr. x943, 26, 27. - - HENRICH, Deutsche med. Wochenschr. x94x, I4. - - JACOBI, KREYENBURG u. DORSCHEL, Mfinchener med. Wochenschr. x943, 34, 35. - - MUNK, Deutsche med. Wochenschr. x943, 45, 46. L._. REUTER u . SCH~_FER, Miinchener med. Wochenschr. I943, 3o,3I. - - REILLY, COMPAGNON, LAPORTE u. du BUIT: Le role du system nerveux en pathologie renale. Paris, Masson und Co., x942 . - SCHMIDT, H., Frankf. Zeitschr. f. Pathol., Bd. 56. - - KongreB ffir innere Medizin Wien x943, Verhandl fiber Feldnephritis s. dort ASSMANN, NONNEN- BRUCH, RANDERATH, VOLHARD u. a.

T U M O R W A C H S T U M UND CHAGASKRANKHEIT*. Yon

RUDOLF ENGEL. Aus der I. Medizinischen Klinik der Charit6 (Direktor: Prof. KOCH)

und der Chemischen Abteilung (Vorsteher: Prof. HINSBERG) des Pathologischen Instituts der Universitiit Berlin.

ROSKIN u n d ROMANOWA haben fiber Hei lung exper i - men te l l en Krebses durch die Toxine des Sch izo t rypanum Cruzi ber ichtet .

Die Geschichte der Krebsbehand lung ist auch in neuerer Zei t voll von unkr i t i schs ten Mi t te i lungen u n d ausgefal lensten Versuchen . U n d doch sch ienen die Angaben der genann ten russ ischen Autoren nicht so abwegig, daB sie n icht eiDer Nachpr f i fung wer t waren. U n t e r dem Eindruck der Malaria- therapie der Paralyse und der F iebe rbehand lung allergischer Zustande, insbesondere des Asthmas, ist j ede r analoge Ver- such gerechtfer t igt , u m die Abwehrreakt ion des K6rpers auch gegenfiber dem Krebs zu heben. Der Einflul3 der durch In- fekt ionskrankhei ten verander ten Reaktionslage des K6rpers auf gleichzeitig oder zu e inem spa t e r en Ze i tpunkt sich ent - wickelndes malignes W a c h s t u m ist wiederhol t un te r such t wordeD. RUDOLF SCHMIDT s glaubte auf G r u n d seiner Statistik aussagen zu k6nnen, dab Menschen , die mehre re Infekt ions- krankhei ten durchgemach t haben, mi t ger ingerer Wahrsche in - lichkeit an Krebs erkranken als M e n s c h e n mi t n iede rem In- fektionsindex.

Bei bereits mani fes tem Krebs kann das T u m o r w a c h s t u m durch e inen entzf indl ichen ProzeB g e h e m m t werden . Hierzu liegen einwandfreie Beobachtungen, insbesondere bei Erysipel, vor. Exper imente l le Versuche mi t Bakter ienextrakten und v i ru lenten Bakterien, die in eiDer bakte r iendich ten Porzel lan- pa t rone in den K6rper gebracht wurden , s ind unlangs t yon AULER 1 durchgeff ihr t wordeD.

ROSKIN und ROMANOWA wiihlten zu ihren Versuchen das Schizo- trypanum Cruzi, well die Chagaskrankheit nach einem akuten Beginn einen chronischen Verlauf nimmt, in dem die Trypanosornen aus dem Blut verschwinden und als Leishmaniaformen sich in den inneren Organen, insbesondere Herz und Nervensystem, ansiedeln. Dieser Organotropismus sch|ielDt die Krebsgeschwulst ein. Innerhalb der Carcinomzellen des Miiusekrebses wurden yon den genannten Autoren oftmals 1--3 Trypa- nosomerl gefunden.

Wenn Tumorimpfung und Infektion mit dem Erreger der Chagas- krankheit gleichzeitig vorgenommen werden, so gewinnt nach ROSKIN und ROMANOWA die Infektion in der Regel die l~berhand und die Geschwulst verkleinert sich oder verschwindet ganz. Andere Trypano- somen (z. B. Trypanosoma equiperdum) ]ieBen diese gtinstige Wirkung verrnissen.

ROSKIN und ROMANOWA gingen einen Schritt welter und ver- wandten Endotoxine des Sehizotrypanum Cruzi, gewonnen aus dem Zentrifugat yon Citratblut, das entweder unterkfihlt und erhitzt wurde, urn die Trypanosomen zu t6ten. Es wurde dabei beobachtet, dab das Tumorwachstum durch steigende Dosen dieses die Endotoxine enthal-

* Herrn Prof. G, v. BERGMANN zum 65. Geburtstag.

tendeD Substrates verz6gert und gehemmt wurde, ohne dab die anderen Gewebe und Organe Schiiden aufwiesen.'

l~ber die Anwendung und Beobachtungen an krehskranken Menschen ist mir bisher nur bekannt, dab CHAGAS z selbst einen schwerkranken Carcinomtriiger experimentell infizierte, urn die Infektionsm6glichkeit zu beobaehten. Eine Weiterfibertragung auf einen zweiten Menschen nliBlang damals.

Das Ziel der vor l iegenden Arbei t war : i . Die T ie rversuche yon ROSKIN u n d ROMANOWA nach-

zuprfifen. 2. Bei Bestat igung die A n w e n d u n g am krebskranken

M e n s c h e n zu versuchen en tweder mi t Endo tox inen oder, wenn ein spezifisches Chemothe rapeu t i cum zu Gebote steht, die Infekt ion mi t l ebenden T r y p a n o s o m e n durchzuff ihren, die dann wie bei Malaria im r ich t igen Augenbl ick heher r sch t werden mtiBte.

Le ider ist das Sch izo t rypanum Cruzi res is tent gegen German in und Atehrin . Doch ist in jf ingster Zei t ein anderes Bayer-Praparat (Nr. 76o2 Ac), ein Chinol inderivat , angegehen wordeD, das nach MAZZA ~ einen gfinstigen Erfolg haben soll. Es galt daher, dieses Praparat zunachs t im Tie rve rsuch zu prfifen.

Die kfinstliche Infektion des Menschen mit Sehizotrypanum Cruzi ist bereits 1924 durchgeffihrt wordeD, und zwar waren es DIOS und WERNGREN und mit DIOS dann M~HLENS 5, die Blut aus dem Herzen frisch erkrankter M/iuse Paralytikern unter die Haut spritzten, und 16 Tage sp~iter Trypanosomen im str6menden Blut nachweisen und welter fibertragen konnten. Dabei trat Fieber auf. Die von CHAGAS angegebenen schweren 6rtlichen Krankheitszeichen blieben iedoch aus. ~Tberhaupt nimmt die Krankheit bei Erwaehsenen einen sehr viel milderen Verlauf. Das gilt ffir alle in Argentinien beobachteten Seuchenherde. Nach CHAGAS' eigenem Zugestiindnis ist es m6glieh, dab die schweren myx6demat6sen Zustandsbilder der Kinder in ]]rasilien, an denen er das neue Krankheitsbild entdeckte, nicht Folgeerseheinungen der Infektion mit Schizotrypanum Cruzi sind, sondern es ist vielleicht der Zusammen- hang der, dab Kinder mit endemischem Myx6dem (wohl infolge ihrer Unsauberkeit und Indolenz gegenfiber den fibertragenden Wanzen) be- sonders massive Krankheitszeichen boten. REICHENOW *' glaubt auf Grund eingehender StudieD an einen in der Regel sehr gutartigen Ver- lauf, h~iufig ganz ohne Krankheitszeichen. Er land dasselbe bei Hunden, RatteD. Meerschweinehen und Kaninchen. _~ltere Tiere lassen sich oft gar nicht infizieren.

Es mul3 also nach d e m Kriege die Schi lderung der Chagas- krankheit , wie sie in unsere Lehrb t icher Eingang ge funden hat, ~berprf i f t werden .

Fiir Mduse ist der Erreger ie'doch auBerordentlieh pathogen. Auch bei diesen TiereD zeigen die brasilianisehen Stiimme eine grSBere Virulenz als die argentinischen. REICHENOW beobachtete am hiiufigsten eine Inkubationszeit yon Io--x4 Tagen und t6dlichen Ausgang nach 2--4