Zur Geschichte der Aachener Teilchenphysikhkastrup/reprints/HEP at RWTH Aachen 1996 (in...

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aus.geberim Autireg des Rektors:Pressestelle der RWTHTemplergraben 5552056 AachenTel.: 0241/80-4327Fax: 0241/88 [email protected]://www.rwth-aachen.de

Redaktion:Angelika HamacherRenate KinnyThomas von SalzenChristof ZierathToni Wimmer(verantwortlich)

Gestaltunf{/ Layout:Klaus Enctrikat

Druck:Gatzen GmbH & Co. KGVon-Humboldt-Straße 10352511 Geilenkirchen

Gedruckt auf chlorfreigebleichtem Papier

Titelfotos: ... tergrundaufnahme und Uber-

tsaufnahme CERN (kleines Bild)ERN, Genf; Aufnahmen Teilchen-

physiker der RWTH Aachen - Petervvinendv

Das Wissenschaftsmagazin "RWTH-Themen" erscheint einmal pro Se-mester. Nachdruck einzelner Artikelund Beitrtig», auch euszugsweise,nur nach R:ücksprache mit der Re-daktion und mit Quellenangabe.Belegexemplare erbeten.

Einer Teilauflage ist die RWTH-Zeitschrift "Keep in Touch" beige-legt.

Wintersemester 1996/97

Aus dem Inhalt

Wofür eine humane Gesellschaft Raum haben muß

Faszination Teilchenphysik

Physik der Elementarteilchen

Zur Geschichte der Aachener Teilchenphysik

Präzision aus 15 Millionen Z-Zerfällen - Physik bei LEP

Ein Mikroskop für das Proton - HERA und H1

Verletzung von (fast) heiligen Erhaltungssätzen - Ein Experiment am PSI

Das Higgs-Boson - Lösung des Massenproblems oder Phantom der Teilchenphysik?

Die Quantentheorie des Gravitationsfeldes

World Wide Web - Vorreiter der universalen Kommunikation aus dem CERN

Das Standard-Modell auf dem Super-Computer -Monte Carlo-Simulation von Quantenfeldtheorien

Realität aus dem Bildschirm - Computersimulation

Blitzende Kristalle hoher Dichte: ideale Bausteine für elektromagnetische Kalorimeter

CMS - der 11 kleine 11 Detektor für den großen Hadron-Collider (LHC)

Galliumarsenid-Detektoren für die Hochenergiephysik

Mikrostreifen-Gasdetektoren

Myonkammern in der Aachener Instituts-Werkhalle, gestern, heute und morgen

Der gesellschaftliche Nutzen der Teilchenphysik -Ausbildung zwischen Grundlagenforschung und Hochtechnologie

Als Sommerstudentin am CERN

Auf Schicht - Ein Erfahrungsbericht

Aus persönlicher Sicht - Teilchenphysiker im Beruf

Internationale Organisation der Teilchenphysik

Wie geht es weiter? Linearbeschleuniger-Zukunftsplan für höchstenergetische ElektronPositron-Streuung

"Vive la Science"

Namen & Nachrichten

Bücher

Chronik

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InderPhysik der Elementarteil-chen geht es um die kleinstenBausteine der Materie und die

Kräfte zwischen ihnen: Manmöchte die Teilchen identifizie-ren, experimentell finden unduntersuchen, aus denen sich alleandere Materie zusammensetzt,und es sollen die Gesetze mathe-matisch formuliert werden, weI-ehe die Kräfte zwischen diesenkleinsten Teilchen beschreiben.Kennt man nämlich die mathe-matische Formulierung dieserKräfte, so kann man quantitativeVoraussagen über die Wechsel-wirkungen zwischen den Teil-chen machen und - im Prinzip -alle Eigenschaften der beobacht-

en Materie um uns herumschreiben beziehungsweise

sogar voraussagen!Dieses Ziel beschäftigt die

Naturwissenschaften seit Jahr-hunderten und wir haben faszi-nierende Fortschritte auf demWege zu dem genannten Zielerlebt, ohne daß wir uns dortschon angekommen fühlen kön-nen!

Nach dem intensiven Bemü-hen von Generationen von Che-mikern und Physikern war manum 1870 schließlich in der Lage,die - als nicht weiter zerlegbarangesehenen - knapp 100 "Ele-mente" der uns umgebenenMaterie im "Periodensystem"systematisch zu ordnen. Anfangdieses Jahrhunderts stellte sichdann heraus, daß die den Ele-menten zugeordneten "Atome"

. s heißt die "Unteilbaren")'- bst wieder zusammengesetzt

sind, nämlich aus einem nahezupunktförmigen, positiv gelade-nen Kern und einer Hülle vonnegativ geladenen Elektronen,die um den Kern "kreisen", ähn-lich wie die Planeten um dieSonne. Anfang der dreißigerJahre entdeckte man, daß dieAtomkerne aus positiv gelade-nen "Protonen" und elektrischneutralen" Neutronen" (mitetwas größerer Masse als dieProtonen) bestehen, so daß esnun drei" Elementarteilchen"(Proton, Neutron - gemeinsam"Nukleonen", das heißt" Kern-bausteine", genannt - und Elek-tron) zu geben schien. Jedochänderte sich dieses Bild sehr baldganz drastisch: Um 1930 hatteder britische Theoretische Physi-ker Dirac aufgrund der von ihmgefundenen Gleichung zur Be-schreibung der Eigenschaftenvon Elektronen und Protonen

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P ysik der Elementarteilchen -ein fundamentaler Teil der PhysiklWorum geht es?

geschlossen, daß es zu diesenTeilchen Antiteilchen mit derjeweils gleichen Masse aber ent-gegengesetzter Ladung gebenmüsse. 1932 wurde dann dasAntiteilchen des Elektrons, das"Positron" entdeckt, das Anti-proton erst im Jahre 1955 undim Jahre darauf das Antineutron!Heute gehen wir davon aus, daßes zu jedem Teilchen ein Antiteil-chen gibt. Im letzten Jahr ist eszum Beispiel gelungen, auchAntiwasserstoff, das heißt einenBindungszustand aus Antiprotonund Positron, herzustellen! Nochungeklärt ist die Frage, warumes im für uns sichtbaren Teil desKosmos im wesentlichen nurMaterie aber keine Antimateriegibt. Hierüber später mehr.

Die Untersuchung der Eigen-schaften von Atomkernen führtein den dreißiger Jahren dazu,weitere elementare Teilchen zupostulieren: Im Zusammenhangmit den Energiebilanzen beimradioaktiven Zerfall von Kernenführte der Theoretiker Pauli einmasseloses elektrisch neutralesTeilchen, das "Neutrino", ein,das erst 1956 nachgewiesenwerden konnte. Um die Kräftezwischen Nukleonen im Kern zuerklären, forderte der japanischeTheoretiker Yukawa ein neuesTeilchen, dessen Masse zwischender des Elektrons und des Pro-tons liegen sollte. Dieses "Me-son" wurde 1947 experimentellnachgewiesen. Schon 1937 hat-te man ein weiteres Teilchen,das "Myon", entdeckt, das gut200-mal schwerer als das Elek-tron ist, in dieses zerfällt und sichauch sonst wie ein schweresElektron verhält. Als es in denfünfziger Jahren gelang, Be-schleuniger von Protonen mithinreichend großen Energien zubauen, konnte man wegen derEinsteinschen Äquivalenz vonEnergie und Masse viele neue.Elementarvtellchen erzeugen,die zwar instabil sind, jedochansonsten ihre charakteristischeIndividualität wie Nukleonen,Elektronen und Positronen ha-ben.

Die Fülle neuentdeckter Teil-chen legte die Frage nahe, obdiese wirklich so elementar sind,wie sie zunächst zu sein schie-nen. Gell-Mann und Zweig steil-ten 1964 unabhängig voneinan-der die Hypothese auf, daß Nu-kleonen, Mesonen und viele derneu entdeckten Teilchen, ge-meinsam" Hadronen" genannt,

sich aus noch elementarerenTeilchen zusammensetzen, dievon Gell-Mann "Quarks" ge-nannt wurden. Proton und Neu-tron bestehen danach aus je dreiQuarks, Mesonen aus Quark-Antiquark Paaren und so weiterInsgesamt hat man inzwischensechs verschiedene Quarksortennachweisen können, die letzte,das" t-Quark", erst 1995.

Neben der Klasse der Hadro-nen gibt es die der" Leptonen" ,zu denen Elektron, Myon und.Tau'i-Lepton (ein instabilesTeilchen, etwa 3500 mal schwe-rer als das Elektron, mit dem esansonsten viele Ähnlichkeitenhat) sowie die drei zugehörigenNeutrinosorten gehören.

Zwischen den Teilchen gibtes eine Fülle beobachtbarer Kräf-te, die darum auf möglichst we-nige zu reduzieren sind. Einigehistorisch wichtige Beispiele: ErstGalilei und dann insbesondereNewton erkannten, daß dieKraft, die den Apfel vom Baumfallen läßt, die gleiche ist, die dieErde auf ihrer Bahn um die Son-ne zieht, nämlich die Gravitation.Newton fand für sie auch diemathematische Formulierung,mit deren Hilfe man die Bahnenaller bekannten Planeten genauberechnen und insbesondereauch die Existenz noch nichtbeobachteter Planeten richtigvoraussagen konnte. Im 19.Jahrhundert hat man die elektri-schen und magnetischen Kräftezunächst als unabhängig vonein-ander angesehen, bis Maxwellum 1870 dann schließlich dienoch heute gültigen Gleichun-gen fand, durch die elektrischeund magnetische Phänomene als"Elektromagnetismus" gemein-sam beschrieben werden. Ausden Maxwellschen Gleichungenließ sich mathematisch die Exi-stenz elektromagnetischer Wei-len voraussagen, die dann auch1888 von Hertz experimentellnachgewiesen wurden.

Schwerkraft und elektroma-gnetische Kräfte sind die einzi-gen, die eine makroskopischeReichweite haben und die wirdarum im täglichen Leben erfah-ren: Wenn ein Stein unter derWirkung der Schwerkraft auf einAuto fällt und dessen Blech ver-beult, so ist Größe und Art derBeule natürlich einmal durch dasGewicht des Steines und dessenkinetische Energie beim Aufprallbedingt, aber auch durch dieelektromagnetischen Kräfte, die

zwischen den Molekülen undAtomen des Bleches (wie auchdes Steines!) wirksam sind, unddie einer Verformung entgegen-wirken!

Zu Beginn dieses Jahrhun-derts hat man im Zusammen-hang mit der Physik der Atom-kerne zwei neue Arten von Kräf-ten kennengelernt, deren mathe-matische Gesetzmäßigkeiten erstin den letzten 25 Jahren über-zeugend formuliert werdenkonnten: Atomkerne bestehenaus Protonen und Neutronen.Die positiv geladenen Protonenstoßen sich elektrisch ab und esmuß daher Kräfte geben, diestärker sind als die elektroma-gnetischen und die die Kernezusammenhalten. Dies sind diesogenannten "Starken Kräfte(WechselWirkungen)" , derenReichweite in den Kernen vonder Größenordnung 10.15 mist.Diese Kräfte binden drei Quarkszu einem Proton oder Neutron,beziehungsweise Quark undAntiquark zu einem Meson, Pro-tonen und Neutronen zu Kernenund so weiter und sind von derArt, daß die Quarks nur in sol-chen gebundenen Systemen nieaber als freie einzelne Teilchenauftreten können, die man dannim Labor nachweisen könnte.Nur bei immens hohenTempera-turen von mindestens 1012 GradCelsius können nach unseremheutigen Verständnis die Quarksfrei "gekocht" werden! Eine sol-che Phase freier Quarks mußunmittelbar nach dem Urknallvorgelegen haben, als die Tem-peraturen noch höher waren(siehe weiter unten)! Als viertehat man im Bereich der Kernphy-sik schließlich noch die Kraft ge-funden, die für den radioaktivenZerfall von Kernen und anderenTeilchen verantwortlich ist, zumBeispiel für den Zerfall des freienNeutrons in Proton, Elektron undAntineutrino des Elektrons. DieseKraft ist schwächer als die elek-tromagnetische, deshalb wird sieauch als "Schwache Kraft(Wechselwirkung)" bezeichnetund hat eine Reichweite, diekürzer als 10.17 m ist. In den letz-ten 20 Jahren ist es nun gelun-gen, die Theorie der elektroma-gnetischen und schwachen Kräf-te zu einer gemeinsamen Theorieder" Elektroschwachen " Wech-selwirkungen zusammenzufas-sen, ähnlich wie es Maxwell fürdie elektrischen und magneti-schen Erscheinungen gelang.

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Die Gravitation, die für Strukturund Entwicklung des Kosmosvon so großer Bedeutung ist,scheint bei den Vorgängen imatomaren und subatomaren Be-reich nach unserem heutigenWissen keine Rolle zu spielen, dasie dort sehr viel schwächer alsdie Starken und Elektroschwa-chen Wechselwirkungen ist.

Hier ist noch eine Eigentüm-lichkeit der Kräfte zu erwähnen,die von ihren quantenphysikali-schen Eigenschaften herrührt:Nach der Quantentheorie sindWellenvorgängen beziehungs-weise den zugehörigen Wellen-feidern Teilchen ("Quanten")zugeordnet und umgekehrt.

Mathematisch werden dieerwähnten vier Kraftarten durchFelder (Größen, die Funktionenvon Raum- und Zeitpunktensind) beschrieben, denen quan-tentheoretisch elementareQuanten entsprechen: So istdem elektromagnetischen Felddas Teilchen .Photon'lzugeord-net, dessen Teilcheneigenschaf-ten (nahezu punktförmiger Trä-ger von Energie, Impuls undDrehimpuls) in zahllosen Experi-menten nachgewiesen wurden.

Den Kraftfeldern der StarkenWechselwirkungen entsprechendie "Gluonen", die als "Klebe-mittel" c..glue": engl. Klebstoff)zwischen den Quarks wirkenund diese nicht freikommen las-sen, aber auch selbst - im Ge-gensatz zum Photon, aber ganzähnlich wie die Quarks - nichtals freie Teilchen existieren kön-nen. Die zugehörige mathemati-sche Theorie wird als "Quanten-chromodynamik" (QCD), be-zeichnet. Den elektroschwachenKräften entsprechen außer demPhoton noch ein elektrisch neu-trales "Z-Boson" und zwei ent-gegengesetzt geladene "W-Bosonen", die ungefähr 90-beziehungsweise 80-mal schwe-rer als das Proton sind und dieerst vor gut zehn Jahren experi-mentell nachgewiesen wurden.Die Chromodynamik der Starkenund die "Glashow-Salam-Wein-berg" Theorie der Elektroschwa-chen Kräfte werden gemeinsamals "Standardmodell der Elemen-tarteilchenphysik" bezeichnet. Eshat sich als ungewöhnlich erfolg-reich erwiesen und nach vielenJahren der theoretischen undexperimentellen Versuche zueiner systematischen mathemati-schen Theorie der in atomarenBereichen wirksamen Kräfte zwi-

schen Quarks und Leptonengeführt. Ein fundamentaler Bau-stein dieser Theorie ist allerdingsexperimentell noch nicht nach-gewiesen, nämlich das sogenan-nte "Higgs-Boson", das theore-tisch eine besonders wichtigeRolle spielt, weil es für die Größeder Massen von Quarks undLeptonen sowie der Z- und W-Bosonen verantwortlich sein soll.Die Suche nach diesem Teilchengehört derzeit zu den wichtig-sten Zielen der experimentellenElementarteilchenphysik. Einwesentliches Ziel der Theorie derElementarteilchen ist es, die dreizur Zeit unabhängig von einan-der beschriebenen Elektroschwa-chen und Starken Kräfte zusam-men mit der Schwerkraft in einereinheitlichen Theorie ähnlichmathematisch gemeinsam zubeschreiben wie das im Elektro-magnetismus für die magneti-schen und elektrischen Kräftegelungen ist.

Auf eine faszinierende Weisehängt die" Welt" bei kleinstensubatomaren Abständen, die dieElementarteilchenphysik zu be-schreiben versucht, mit der Phy-sik der Welt im ganz Großen,nämlich der des Kosmos zusam-men! Dies hat damit zu tun, daßnach unserem heutigen physika-lischen Verständnis der Kosmosvor gut 10 Milliarden Jahren ineiner gewaltigen Explosion ent-standen ist und daß unmittelbarnach dem Urknall Temperaturenin der unvorstellbaren Höhe von1030 Grad Celsius vorlagen.

Bei diesen immensen Tempe-raturen haben Quarks und Lep-tonen solche Energien, daß diebekannten Kräfte zwischen ih-nen bei weitem nicht ausreichen,um sie aneinander zu binden, siesich also als freie Teilchen bewe-gen und erst bei wesentlich" tie-feren" Temperaturen, nämlichbei den schon früher erwähntenetwa 1012 Grad Celsius zu Ha-dronen gebunden zu werden.Sollten die Quarks und Leptonenihrerseits wieder zusammenge-setzte Teilchen sein - was durch-aus möglich ist - so würden diezugehörigen Bausteine sich un-mittelbar nach dem Urknall alsfreie Teilchen bewegt haben.

Die physikalischen Vorgängeunmittelbar nach dem Urknallhaben entscheidenden Einflußauf die weitere Entwicklung desKosmos gehabt, zum Beispiel aufdie spätere Verteilung der Mate-rie, die Entstehung der Galaxien

und der großen Leerräume zwi-schen diesen, auf das heute vor-liegende starke Übergewicht vonMaterie gegenüber der Antima-terie und so weiter.

Mit anderen Worten: Jedeneue Einsicht in der Physik derElementarteilchen gibt unsgleichzeitig neue Einblicke in dieFrühgeschichte des Kosmos undderen Einfluß auf den heutigenZustand der uns umgebendenmateriellen Welt!

Dies also ist das Ziel der Phy-sik der Elementarteilchen: DieGrundstrukturen und Grundge-setze der Materie bei kleinstenAbständen zu finden und zuanalysieren, um so die materiel-len Vorgänge um uns herumquantitativ beschreiben und vor-aussagen zu können und umgleichzeitig wesentlich zum Ver-ständnis der materiellen Her-kunft und physikalischen Ge-schichte des Kosmos beizutra-gen. •

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Autor.

Univ.-Prot. Jr. rer.nat. Hans A.Kastrup ist '~,aberdes Lehr-stuhls ft1r T-eorEische Physik E.

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Die Q antent eoriedes Gravitationsfeldes

zu den Kräften, die Teile derMaterie auf andere Teileausüben können, gehört

auch die Gravitation. Währenddiese Kraft für die Struktur desWeltalls, der Galaxien, von de-nen unsere Milchstraße nur einevon unvorstellbar vielen ist, undunseres Planetensystems vonausschlaggebender Bedeutungist, scheint sie in subatomarenBereichen keine Rolle zu spielen,da sie dort um mehr als dreißigGrößenordnungen schwächer alsdie der elektrischen Kräfte ist.

Man kann abschätzen, daßdie Quantentheorie der Gravita-tion erst bei Abständen von10.35 m, beziehungsweise bei. nergien von 10'9 GeV ("Giga-lektronenvolt" = 'I Milliarde

Elektronenvolt) eine wesentlicheRolle spielen sollte. Dies sindTeilchenenergien, die man inabsehbarer Zeit im Labor nichterzeugen kann. Jedoch erwartetman solche Energien in minde-stens zwei Zusammenhängen imKosmos, nämlich beim Urknallund im Innern von SchwarzenLöchern.

Grundlage unseres heutigenVerständnisses der Gravitationsind die von Einstein im Novem-ber 1915 aufgestellten Gleichun-gen. Sie stellen eine Verallgemei-nerung der Newtonschen Theo-rie dar und haben mathemati-sche Lösungen, die für die Ent-wicklung des Kosmos einen Ur-knall sowie für Sterne, die min-destens viermal schwerer als dieonne sind, den Kollaps zu ei-

nem "Schwarzen Loch" voraus-sagen. Beim Urknall treten derartgroße Energien auf, daß Quan-teneffekte der Gravitation nichtvernachlässigt werden können,ja man ist heute in der Physikder Ansicht, daß der Urknall inerster Linie als ein Quantenef-fekt der Gravitation interpretiertwerden sollte! Schwarze Löcherkönnen nach der EinsteinschenTheorie dann entstehen, wennSterne der erwähnten Größe amEnde ihrer Entwicklung unterdem Einfluß ihrer eigenenSchwerkraft zu einem Gebildekollabieren, das kein Licht undkeine Materie mehr aus seinemInneren beziehungsweise seinerOberfläche herausläßt, sondernnur noch "aufsaugt"! Handelt essich um ein Schwarzes Loch, dasnicht viel schwerer als die Sonneist, so hat es einen Durchmesservon nur wenigen Kilometern.Seine Massendichte im Innern ist

also unglaublich hoch, und da-mit auch die Energie der Teil-chen im Innern.

In astrophysikalischen Beob-achtungen der letzten Jahre sindObjekte gefunden worden, dieals Schwarze Löcher identifiziertwerden können, und zwar ein-mal als Partner von Doppelster-nen, zirka zehnmal schwerer alsdie Sonne, und ferner im Zen-trum von fernen Galaxien, inderen" aktiven" Zentren sie mitriesigen Massen von etwa einerMilliarde Sonnenmassen beob-achtet wurden.

Auch für die Beschreibungder Physik von SchwarzenLöchern braucht man eineQuantentheorie der Gravitation!

Wegen der speziellen mathe-matischen Struktur der Einstein-schen Gleichungen der Gravitati-on steckt deren quantentheoreti-sche Interpretation noch in denAnfängen und ist zur Zeit ein"heißes Eisen" in der internatio-nalen Forschung.

Im Institut für TheoretischePhysik arbeitet eine Forschungs-gruppe an diesen Problemen,unterstützt durch Forschungs-mittel der Deutschen For-schungsgemeinschaft. •

Autor:

Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Hans A.Kastrup ist Inhaber des Lehr-stuhls für Theoretische Physik E.

"PREIS DER STADT AACHENFÜR INNOVATIONUND T E C H N 0 LOG I E"Kaum eine andere Stadt ist in ihrer Entwicklungso nachdrücklich von ihren Hochschulen ge-prägt wie Aachen. Die Wissenschaftler in denHochschulen, aber auch in Unternehmen undBehörden sind heute bereits Partner der StadtAachen bei der Bewältigung des strukturellenWandels, bei der Modernisierung der Wirtschaftund der Infrastruktur, bei der Bestandspflegeder hiesigen Firmen und bei den Bemühungenum die Ansiedlung technologieorientierter Un-ternehmen.

Mit dem "Preis der Stadt Aachen fürInnovation und Technologie" werdenWissenschaftlerinnen und Wissenschaftler füreine wissenschaftliche Arbeit ausgezeichnet, dievon besonderem Interesse für die Weiterent-wicklung des WirtschaftsstandortesAachen undseiner Region sein kann. Von besonderem Inter-esse sind Arbeiten mit innovativem Ergebnis,Entwicklung neuer Technologien, Vorschlägezur Verbesserung des Umweltschutzes und derEnergieversorgung der Infrastruktur sowie For-schungs- und Entwicklungsarbeiten zu einzel-nen Problemen der Stadtentwicklung.

Der Preis wird von der Stadt Aachen mit einemGeldbetrag in Höhe von 5.000,- DM dotiert.

Wissenschaftliche Arbeiten, die sich auf die Wei-terentwicklung des Wirtschaftsstandortes Aa-chen und seiner Region beziehen, können alsBewerbung unter Beifügung der Ausarbeitungbis zum 28. Februar 1997 eingereicht wer-den. Der Abschluß der eingereichten Arbeit soll-te nicht länger als zwei Jahre zurückliegen.

Bewerbungsunterlagen und Statuten könnenbeim Amt für Wirt sc h a f t s f ö r der u n gund Europäische Angelegenheiten,Haus Löwenstein, Markt 39, 52058 Aachenschriftlich oder telefonisch(0241/432-7600) •angefordert werden.

AACHENEIIROPA IST HIER

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Hans A. Kastrup

Das Standard-Modellauf dem Super-ComputerMonte Carlo-Simulation von Quantenfeldtheorien

Das in diesem Themenheft-vielfach erwähnte Stan-dardmodell der Elemen-

tarteilchen führt zu einer Reihevon Fragestellungen, die sichnicht analytisch sondern nurnumerisch, das heißt mit Com-putern, lösen lassen. Hierzugehören insbesondere Fragender Berechnung der Massen vonElementarteilchen: zum Beispielläßt sich mittels solcher Metho-den die Masse des Protons undanderer Hadronen im Rahmender Quantenchromodynamiknäherungsweise bestimmen,obere Schranken für die Massedes experimentell noch nichtgefundenen Higgs-Bosons imGlashow-Salam-Weinberg Mo-dell finden und die Dynamik derMassenerzeugung in diesemModell studieren. Ferner kannman auch die quantitative Formder Kräfte zwischen Quarks be-ziehungsweise zwischen Quarksund Antiquarks und so weiterauf diese Weise berechnen, ela-stische Streuquerschnitte vonHadronen bestimmen, das Ver-halten von inelastischen Streu-amplituden studieren und soweiter.

Diese computerorientiertenumerische Analyse der Eigen-schaften des Standardmodellesder Elementarteilchen ist in denletzten Jahren zu einem größe-ren Gebiet von internationalenForschungen geworden. Dabeiversucht man die Möglichkeitender leistungsstärksten Supercom-puter mit den intelligentestennumerischen Methoden undAlgorithmen zu kombinieren, umso zuverlässige Voraussagen desStandardmodelles der Elemen-tarteilchen zu machen, die manauf andere Weise nicht bekom-men kann. Die verwandten nu-merischen Methoden ("MonteCarlo Simulationen") haben vieleBerührungspunkte mit denen,die in der Statistischen Physikverwandt werden. So ergibt sichein fruchtbarer Austausch mitForschungsgruppen aus diesemBereich, deren physikalische Fra-gestellungen in der Regel vonganz anderer Art sind.

Im Institut für TheoretischePhysik der RWTH Aachen arbei-ten Forschungsgruppen an sol-chen Problemen. Dabei werdenSuperrechner des Rechenzen-trums der RWTH Aachen sowie

des Höchstleistungsrechenzen-trums (HLRZ) in der KFA Jülicheingesetzt. Diese Arbeiten wer-den im Rahmen eines überregio-nalen bundesweiten "For-schungsschwerpunktes" von derDeutschen Forschungsgemein-schaft gefördert. •

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