Zur Morphologie von Kollagen: Querstruktur, Elementarfibrillen und ...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. MORPHOLOGIE VON KOLLAGEN 225 Zur Morphologie von Kollagen: Querstruktur, Elementarfibrillen und Anordnung im Zellverband Von Th. Nemetschek Institut für Elektronenmikroskopie Düsseldorf (Z. iNaturforschg. 13 b, 225—234 [1958] ; cingegangen am 19. Februar 1958) Das schwach defokussierte Bild einer hochunterteilten Querstreifung wird infolge Phasenkontrast deutlicher und kontrastreicher als das fokussierte. Der Phasenkontrast kann aber nicht allein für die Abbildung der Querstreifung verantwortlich gemacht werden. Relative Intensitätsunterschiede der Einzelstreifen treten unabhängig von der Vorbehandlung der Fibrillen auf. Sie könnten durch gestörte seitliche Ausrichtung infolge relativer Längsverschie bung benachbarter Elementarfibrillen verursacht sein. Die Einwirkung von starken Oxydationsmitteln auf Kollagen führt zu Fibrillen, die das Bild einer unterteilten Querstreifung aufweisen. Nach relativ langen Einwirkungszeiten von KMn04- Lösung zerfallen die Fasern nach der Übertragung in dest. Wasser in feinste Bruchstücke, die schließlich nach einiger Zeit in „Lösung“ gehen. Mit Citratpuffer behandelte Fibrillen besitzen zwischen den c- und d-Streifen die geringste Zugfestigkeit. Nach einer kombinierten Einwirkung von Wärme und verdünnter Säure lassen Kollagenfibrillen eine Längsaufteilung in Elementarfibrillen erkennen. Diese Elementarfibrillen sind bereits Träger einer Querstruktur und nur aus zwei bis drei parallel angeordneten Polypeptidketten aufgebaut. Sie ergeben nach Lateralanordnung zu Bündeln die quergestreiften Fibrillen. Bei der Parallelaggregation von Elementarfibrillen ist eine Anziehung gleicher Strukturelemente nicht auszuschließen. Für das Strukturbild kollagener Fibrillen wurde ein Modell entworfen. Fibrillen aus embryonalem, jugendlichem und erwachsenem Organismus lassen nur unterschied liche Durchmesser, nicht aber eine verschiedene Feinstruktur erkennen. Eine am gleichen Material beobachtete scheinbar intraplasmatische Anordnung von Kollagenfibrillen erweist sich unter gün stigen Bedingungen als extraplasmatisch. Wie kaum einem anderen biologischen Objekt wird dem Kollagen von den verschiedensten Seiten großes Interesse entgegengebracht. Nicht zuletzt liegt der Schwerpunkt vieler elektronenmikroskopi scher Arbeiten auf diesem für den Morphologen und Chemiker in gleichem Maße interessanten Gebietx- 2. Dieses von G rassmann 3 als „Paradepferd“ der Elektronenmikroskopie bezeichnete Objekt kann erst seit kurzer Zeit mit Hilfe der neuen Einbettungs und Schneidetechnik4 auch im jeweiligen Gewebs- verband betrachtet werden. Die meisten elektronen mikroskopischen Untersuchungen wurden jedoch an mechanisch isolierten Fasern durchgeführt, wobei sie entweder aus einem Homogenisat auf befilmte Ob jektträgerblenden in einem Tropfen aufgetragen oder aber durch Zerzupfen direkt auf unbefilmte Blenden aufgezogen werden. Bei diesen Präparatio nen erfahren vor allem die freitragenden auf gebrachten Fibrillen starke mechanische Beeinflus- 1 U. H ofmann , Th. N emetschek u. W. G rassmann , Z. Natur forschg. 7 b. 509 [1952]; Th. N emetschek , W. G rassmann u. U. H ofmann , 10 b, [1955], dort ältere Literatur. 2 K. Kühn, U. H ofmann u. W. G rassmann , Z. Naturforschg. 11b, 581 [1956]. 3 W. G rassmann , Leder 6. 241 [1955], 4 Vgl. in A. F rey -W yssling , Die submikroskopische Struktur des Cytoplasmas, Springer-Verlag 1955, S. 60. sung, so z. B. nicht unerhebliche Dehnung, weshalb an solchen Fibrillen nur selten der normale Perioden abstand anzutreffen ist12. Außerdem kann man an nehmen, daß die runde Form der Fibrillen bei bei den Präparationsarten infolge Auftrocknung weit gehend verloren geht. Zur Frage der Bildentstehung des Querstreifen musters im Elektronenmikroskop sind von verschie denen Seiten Vorstellungen entwickelt worden, auf Grund deren die einzelnen Streifen als Bereiche unterschiedlicher Streuabsorption aufzufassen sind. Offenbar unbefriedigend geklärt blieb noch immer die Frage, ob es sich bei diesen Querstreifen um durchgehende Elemente etwa im Sinne von Schei ben handelt, oder ob diese Streifen nur auf be stimmte Fibrillenregionen beschränkt sind °. H ess , M ahl und G utter 6 glauben, diese Frage (an Quer strukturen jodierter Zellulosefasern, die Ähnlichkeit mit der Kollagenstruktur besitzen) im Sinne eines 5 R. W. G. W yckoff , Connective Tissues, Josiah Macy Jr. Foundation New York 1952, S. 60; J. J. K ennedy , Science [Washington] 121, 673 [1955] ; L. P ötz u . T h . N emetschek , Naturwissenschaften 43, 405 [1956] ; E. K uhnke u . K. E. W ohlfarth -B ottermann , Proc. Electron Micr. Stockholm 1956, S. 223. fi K. H ess , H . M ahl u . E. G ctter , Kolloid-Z. 155. 1 [1957].

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

MORPHOLOGIE VON KOLLAGEN 225

Zur Morphologie von Kollagen: Querstruktur, Elementarfibrillen und Anordnung im Zellverband

Von Th. Nemetschek

Institut für Elektronenmikroskopie Düsseldorf(Z. iNaturforschg. 13 b, 225— 234 [1958] ; cingegangen am 19. Februar 1958)

Das schwach defokussierte Bild einer hochunterteilten Querstreifung wird infolge Phasenkontrast deutlicher und kontrastreicher als das fokussierte. Der Phasenkontrast kann aber nicht allein für die Abbildung der Querstreifung verantwortlich gemacht werden.

Relative Intensitätsunterschiede der Einzelstreifen treten unabhängig von der Vorbehandlung der Fibrillen auf. Sie könnten durch gestörte seitliche Ausrichtung infolge relativer Längsverschie­bung benachbarter Elementarfibrillen verursacht sein.

Die Einwirkung von starken Oxydationsmitteln auf Kollagen führt zu Fibrillen, die das Bild einer unterteilten Querstreifung aufweisen. Nach relativ langen Einwirkungszeiten von KM n04- Lösung zerfallen die Fasern nach der Übertragung in dest. Wasser in feinste Bruchstücke, die schließlich nach einiger Zeit in „Lösung“ gehen.

Mit Citratpuffer behandelte Fibrillen besitzen zwischen den c- und d-Streifen die geringste Zugfestigkeit.

Nach einer kombinierten Einwirkung von Wärme und verdünnter Säure lassen Kollagenfibrillen eine Längsaufteilung in Elementarfibrillen erkennen. Diese Elementarfibrillen sind bereits Träger einer Querstruktur und nur aus zwei bis drei parallel angeordneten Polypeptidketten aufgebaut.Sie ergeben nach Lateralanordnung zu Bündeln die quergestreiften Fibrillen.

Bei der Parallelaggregation von Elementarfibrillen ist eine Anziehung gleicher Strukturelemente nicht auszuschließen.

Für das Strukturbild kollagener Fibrillen wurde ein Modell entworfen.Fibrillen aus embryonalem, jugendlichem und erwachsenem Organismus lassen nur unterschied­

liche Durchmesser, nicht aber eine verschiedene Feinstruktur erkennen. Eine am gleichen Material beobachtete scheinbar intraplasmatische Anordnung von Kollagenfibrillen erweist sich unter gün­stigen Bedingungen als extraplasmatisch.

W ie kaum einem anderen biologischen Objekt w ird dem Kollagen von den verschiedensten Seiten großes Interesse entgegengebracht. Nicht zuletzt liegt der Schwerpunkt vieler elektronenm ikroskopi­scher A rbeiten auf diesem fü r den M orphologen und Chemiker in gleichem M aße interessanten G eb ie tx- 2. Dieses von G r a s s m a n n 3 als „P aradep ferd“ der E lektronenm ikroskopie bezeichnete O bjekt kann erst seit kurzer Zeit m it H ilfe der neuen E inbettungs­und Schneidetechnik4 auch im jeweiligen Gewebs- verband betrachtet werden. Die m eisten elektronen­mikroskopischen U ntersuchungen wurden jedoch an mechanisch isolierten F asern durchgeführt, wobei sie entweder aus einem H om ogenisat auf befilmte Ob­jek tträgerblenden in einem Tropfen aufgetragen oder aber durch Zerzupfen d irekt auf unbefilmte Blenden aufgezogen werden. Bei diesen P räpara tio ­nen erfahren vor allem die freitragenden auf­gebrachten F ibrillen starke mechanische Beeinflus-

1 U. H o f m a n n , Th. N e m e t s c h e k u. W. G r a s s m a n n , Z. Natur­forschg. 7 b. 509 [1952]; Th. N e m e t s c h e k , W. G r a s s m a n n

u. U. H o f m a n n , 10 b, [1955], dort ältere Literatur.2 K . K ühn, U. H o f m a n n u . W. G r a s s m a n n , Z. Naturforschg.

11b, 581 [1956].3 W. G r a s s m a n n , Leder 6. 241 [1955],4 Vgl. in A. F r e y - W y s s l i n g , Die submikroskopische Struktur

des Cytoplasmas, Springer-Verlag 1955, S. 60.

sung, so z. B. nicht unerhebliche Dehnung, weshalb an solchen F ibrillen n u r selten der norm ale P erioden­abstand anzutreffen i s t 12. A ußerdem kann m an an­nehmen, daß die runde Form der F ibrillen bei bei­den P räparationsarten infolge A uftrocknung weit­gehend verloren geht.

Zur F rage der Bildentstehung des Q uerstreifen­musters im Elektronenm ikroskop sind von verschie­denen Seiten V orstellungen entwickelt worden, auf G rund deren die einzelnen Streifen als Bereiche unterschiedlicher S treuabsorption aufzufassen sind. Offenbar unbefriedigend geklärt blieb noch im m er die Frage, ob es sich bei diesen Q uerstreifen um durchgehende Elemente etwa im Sinne von Schei­ben handelt, oder ob diese Streifen nur auf be­stimmte Fibrillenregionen beschränkt sind °. H e s s ,

M a h l und G u t t e r 6 glauben, diese Frage (an Q uer­strukturen jod ierter Zellulosefasern, die Ähnlichkeit mit der K ollagenstruktur besitzen) im Sinne eines

5 R. W . G . W y c k o f f , Connective Tissues, Josiah Macy Jr. Foundation New York 1952, S. 60; J. J. K e n n e d y , Science [Washington] 121, 673 [1955] ; L. P ö tz u . T h . N e m e t s c h e k , Naturwissenschaften 43, 405 [1956] ; E. K u h n k e u . K . E. W o h l f a r t h - B o t t e r m a n n , Proc. Electron Micr. Stockholm 1956, S. 223.

fi K. H e s s , H . M a h l u . E. G c t t e r , Kolloid-Z. 155. 1 [1957].

226 TH. NEMETSCHEK

Scheibenstadiums beantw orten zu können. Beim Kollagen dürfte allerdings die nach heftigem Be­schuß mit E lektronenstrahlen auftretende Längs­streifung 1 m ehr fü r einen A ufbau der F ibrillen aus Längselementen sprechen. Betrachtet man ferner weitgehend unverändert gebliebene F ibrillen von in Plexiglas eingebettetem M aterial, so gewinnt man den Eindruck, als ob die Querschnitte einen 60 bis 80 A breiten dichteren R and besitzen und als ob an längs getroffenen F ibrillen Q uerstreifen nur auf der Fibrillenoberfläche lokalisiert se ien 5. Dagegen wurde geltend gemacht, daß es sich möglicherweise bei diesen Befunden um F ixationsartefakte handelt 7.

Da unser Wissen über Vorgänge bei der Schwer- metallsalz-Behandlung biologischer Objekte noch sehr lückenhaft ist, dürfte es schwierig sein, diese Frage im Augenblick befriedigend zu klären. Die Abbildung eines dichteren Randes eines quergeschnittenen Ob­jektes kann aber nicht ohne weiteres auf eine unvoll­kommen abgelaufene Wechselwirkung zwischen Metall­verbindung und P räparat bezogen werden. Auch wäre nicht einzusehen, weshalb diese Salzlösungen in Kol­lagen nicht mehr als 100 Ä, aber unter den gleichen Bedingungen in andere biologische Präparate einige Millimeter gut eindringen können.

Ebenso problem atisch ist die Rolle, die die jew eili­gen Behandlungsm ittel bei der K ontrastverbesserung bzw. bei der H ervorhebung von S trukturen spielen. W ährend M e n k e 8 bei einigen biologischen Objekten den zusätzlichen K ontrast (durch Erhöhung des Streuverm ögens fü r E lektronenstrahlen) nach Be­handlung mit Schw erm etallverbindungen an H and von Elektronenbeugungs-A ufnahm en auf eine be­vorzugte A blagerung von Osm ium dioxyd bzw. U ran ­dioxyd zurückführt, kommen K ü h n , G r a s s m a n n

und H o f m a n n 9 zu dem Ergebnis, daß die B ehand­lung von Kollagen mit Phosphorw olfram säure (PW S) und Chrom -III-V erbindungen zu keiner we­sentlichen Erhöhung der Massendicke führt, vielmehr soll die bessere D arstellung der dunklen Streifen auf einem „In-Register-Bringen“ der Polypeptidschrau­ben beruhen.

Im folgenden wollen wir versuchen, zu einigen eingangs erw ähnten F ragen neues M aterial beizu­steuern. wobei wir uns auch diesmal vorwiegend auf beschreibende A usführungen beschränken möchten.

7 F. W a s s e r m a n n , Ergebn. Anatomie 35. 241 [1956] : F. W a s ­

s e r m a n n , L. E. R o t h u . O. T. M i n i c h , Exp. Cell Res. 13, 407 [1957] : K . K ü h n , Leder 8. 25 [1957].

8 W . M e n k e . Z. Naturforschg. 12 b . 654 [1957]; 12 b . 659[1957],

9 K . K ü h n . W . G r a s s m a n n u. U. H o f m a n n , Naturwissenschaf­ten 44. 538 [1957].

Kollagenfibrillen aus der Katzenschwanz- und Ratten- schwanz-Sehne wurden sofort nach dem Exitus in phy­siologische Kochsalzlösung gelegt oder der Einwirkung einer Schwermetallsalz-Lösung ausgesetzt. Die so erhal­tenen Präparate wurden dann als Ausgangsproben für weitere Versuche verwendet. Zur Betrachtung im Elek­tronenmikroskop gelangten auf Objektträgerblenden feucht zerzupfte Fasern. Sofern die Problemstellungen es erforderlich machten, wurden auch ultradünne Schnitte von Bindegewebe verschiedener Herkunft unter­sucht.

B e d e u t u n g d e s P h a s e n k o n t r a s t e s b e i d e r A b b i l d u n g e i n e r h o c h u n t e r t e i l t e n

Q u e r s t r e i f u n g

Leicht defokussierte B ilder biologischer Objekte weisen oftmals besseren K ontrast als fokussierte auf W ir konnten zeigen 10, daß es in Ü bereinstim m ung mit einer von L e n z 11 angegebenen Form el einen be­stimmten. von der O bjektstruktur abhängigen W ert der Defokussierung gibt, der zu m axim alem K on­trast führt.

Um in den von uns zur Untersuchung dieses Defokus­sierungs-Kontrastes aufgenommenen Fokussierungs­reihen zu jeder Aufnahme den Grad der Defokussierung zuverlässig angeben zu können, haben wir die Kol­lagenfibrillen auf befilmte Objektträgerblenden auf­gezogen. Die Körnigkeit der Trägerfolie sowie die Beu­gungssäume an eigens zu diesem Zweck aufgebrachten kolloidalen Silberteilchen ermöglichen nämlich einen ge­naueren Schluß auf den Grad der Defokussierung als er an Bildern von freitragend präparierten Kollagen­fibrillen möglich wäre.

In Abb. 1 a *, die wie Abb. 1 b, aus einer um fang­reichen Fokussierungsreihe entnom m en w urde, b rin ­gen w ir das D urchstrahlungsbild einer Kollagen- fibrille sehr nahe am Fokus. Es ist auffällig , daß die Q uerstruktur wie von einem Schleier überzogen er­scheint, und die Einzelstreifen nur verwaschen zui Geltung kommen. Insgesam t kann m an die Q uer­streifen aj und a2 , b t und b2 , c t und c2 , d und e. also 8 pro Periode erm itteln. Ein Ü berfokussieren um etwa 2 u hat in Abb. 1 b eine kontrastreichere Durchzeichnung der Q uerstreifen zur Folge, w äh­rend zugleich das Bild der körnigen S truk tu r der T rägerfolie sowie der Beugungssäum e um die kol-

10 H. G a n s l e r u. Th. N e m e t s c h e k , Z. Naturforschg. 13 b . 190[1958],

11 B . v. B o r r i e s u . F. L e n z , Proc. Electron Micr. Stockholm1956. S . 60: F. L e n z u. W. S c h e f f e l s , Z. Naturforschg.13 a. 226 [1958],

* Abb. 1 - 8 u. 1 0 -1 4 s. Tafel S. 226a u. b. 2 3 0 a - h .

Material und Methoden

T h . N e m e t s c h e k , Zur Morphologie von Kollagen, Querstruktur, Elementarfibrillen und Anordnung im Zellverband (S. 225)

Abb. 1. kollagenfibrille aus Rattenschwanz-Sehne mit 0.5% PWS behandelt, auf befilmte Objektträgerblende präpariert und nachträglich mit koll. Silber belegt. Aufnahmen aus Fokussierungsreihe (bt und b2 im „Hellfeld“), a Fokus ±0 ,3;i u; b um

2,53 /u überfokussiert. Elektronenbilder: 10 360/57 und 10 344/57; el.-opt. 40 000 : 1.

Abb. 2. Kollagenfibrillen mit Querstreifen verschiedener relativer Intensitäten, a) und d) aus Rattenschwanz-Sehne mit PWS behandelt, anschließend 15 Min. Einwirkung von 0,01-n. CH;)COOH bei 60 bis 65° C. b) aus Katzenschwanz-Sehne mit PWS behandelt, anschließend 170 Stdn. Einwirkung von Citratpuffer (p n :3 ,8 ). c) aus Katzenschwanz-Sehne mit PWS behandelt.

El.-Bilder: a) 12 590/57; el.-opt.: 40 000 : 1. b) E 1556/56; el.-opt.: 40 000 : 1. c) D 1523/55; el.-opt.: 38 600 : 1.(I) 12 585'57: el.-opt.: 10 000 : 1.

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Abb.-Unterschriften s. Seite 230 a

5 bZritM-hrift f ’ : ' . 1;::. r- <!:u! ' . IC !:. '2'2(t

MORPHOLOGIE VON KOLLAGEN 227

loidalen Silberteilchen stä rker hervortritt. Das Quer­streifenm uster erscheint höher aufgelöst, und man erkennt deutlich die S treifen a1 , a2 , a3 und a4 , b x und b2 , C j, c2 , c3 und c4 , d sowie ej und e2 . Die Gesam tstreifenzahl ist som it gegenüber 8 in Abb. 1 a auf 12 bis 13 in Abb. 1 b gestiegen. Auf Grund dieser Ergebnisse kommen w ir zu dem Schluß, daß m it Sicherheit 8 bis 9 E inzelstreifen pro Periode auf A m plitudenkontrast, also auf Bereiche m it unter­schiedlicher S treuabsorption zurückzuführen sind, die durch Ü berlagerung eines Phasenkontrastes im defokussierten Bild noch deutlicher hervortreten können. In weit größerem M aße vom Phasenkontrast abhängig erscheinen die S treifen a3 und a4 , c3 und c4 und e2 , ohne aber allein auf Phasenkontrast, also auf Unterschiede im inneren Potential zurückgeführt werden zu können.

Abb. 1 läßt ferner über die gesamte F ibrillen­breite gleichm äßige S treubedingungen erkennen. H ieraus folgt, daß die K ollagenfibrille flach auf der Trägerfolie liegen muß. W ie in Abb. 1 so zeigt auch die F ibrille in Abb. 2 b gleichfalls annähernd gleiche Massendicke auf der gesam ten Länge der Quer­streifen. In der U m gebung der Fibrille ist auch die durch P hasenkontrast hervorgehobene körnige S truk­tu r im Bild der verkohlten T rägerfolie sichtbar. Die Ü berquerungsstelle in der rechten Bildhälfte läßt neben einer noch stärkeren V erbreiterung der von links kom m enden F ibrille auch schön ein überlager­tes Q uerstreifenm uster hervortreten.

K ontrastreiche und hochaufgelöste Kollagenauf- nahm en werden erst nach einer Ü berfokussierung von ca. 2 fx erhalten. Demzufolge wird bei der Ab­bildung dieser S truktur nicht auf einen bestimmten Fibrillenbereich eingestellt, da ja die zum Endbild konjugierte defokussierte Ebene bereits weit außer­halb der Objektdicke liegt. Kollagenfibrillen können unter den üblichen Präparationsbedingungen weit­gehend den runden H abitus einbüßen und als nur wenige 100 A dicke Bänder im D urchstrahlungsbild erscheinen. Die der Q uerstreifung zugrunde liegende S truk tur m uß also, ohne S törung zu erleiden, diese V eränderung mitmachen können.

V e r s c h i e d e n e r e l a t i v e I n t e n s i t ä t e n d e r E i n z e l s t r e i f e n

Neben den sehr oft gleichartigen relativen In ten­sitätsverhältnissen der dunklen Streifen können, wie

12 J. G r o s s , J. Biophys. Biochem. Cytol. 2, 799 [1956], dortAbb. 9.

13 T h . N e m e t s c h e k , Naturwissenschaften 44, 623 [1957].

wir bereits beschrieben haben *, auch einzelne S trei­fen vom „norm alen“ abweichende Intensitäten auf­weisen. So besitzen die S treifen bj und b2 in den Abb. 2 c und 2 d geringeren K ontrast als in Abb. 2 a und 2 b. Dabei handelt es sich h ier um K ollagen­fibrillen, die, wie in Abb. 2 a und 2 d nach der Be­handlung m it PW S der E inw irkung von w arm er Essigsäure ausgesetzt waren und in Abb. 2 b nach der üblichen PW S-Behandlung noch 170 Stdn. in C itratpuffer (p n ’. 3,8) belassen wurden. Auch in Abb. 1 liegen die bi- und b2-Streifen m it geringerer Intensität im sogenannten „H ellteil“ der Periode. Diese relativen Intensitätsunterschiede können also unabhängig von der V orbehandlung des Kollagens auftreten und lassen keine Rückschlüsse auf die V or­geschichte des Faserm aterials zu. Abb. 3 b zeigt eine gewisse Ähnlichkeit zu den von G r o s s 12 beschrie­benen zweidim ensionalen M ustern eines „Kollagen- blattes“ . Wie in Abb. 3 a sind diese strukturellen Besonderheiten auf eine Ü bereinanderprojektion von Querstreifenm ustern verschieden verlaufender F ib ril­len zurückzuführen.

In Abb. 4 c bringen wir Kollagenfibrillen, die zuerst mit gepufferter PWS (p h : 7 ,4 ) behandelt wurden, deren unterteilte Querstreifung aber erst nach zusätz­licher Einwirkung von saurer PWS guten Kontrast zeigte. Bei oberflächlicher Betrachtung weist die obere Fibrille eine symmetrische Querstruktur auf; erst die untere Fibrille läßt eindeutig den c2-Streifen intensiver als Cj hervortreten. Wir sehen also, daß selbst an be­nachbarten Fibrillen relative Intensitätsschwankungen der Querstreifen nichts Ungewöhnliches sind.

Q u e r s t r e i f u n g n a c h B e h a n d l u n g m i t O x y d a t i o n s m i t t e l n

W ie w ir vor kurzem zeigen konnten, füh rt die E inw irkung von einem starken O xydationsm ittel wie K alium perm anganat in basischer und essigsaurer Lösung zu einer unterteilten Q uerstreifung 13.

KM n04 (ph : 7,4 ) wurde bereits bei der Darstellung der Lamellensysteme markhaltiger Nervenfasern ver­wandt 14.

In Abb. 4 a kann m an 7 E inzelstreifen pro Pe­riode erkennen, deren Zeichnung allerdings eine Zu­ordnung zu den geläufigen Bildern einer unterteilten Q uerstreifung nicht ermöglicht. Die braun verfärbten F asern konnten ziemlich leicht durch Zerzupfen auf

14 J. H. L u f t , J. Biophys. Biochem. Cytol. 2, 799 [1956] ;H. F e r n Än d e z - M o r Än u . J. B. F in e a n , J. Biophys. Biochem.Cytol. 3, 725 [1957].

228 TH. NEMETSCHEK

O bjektträgerblenden aufgezogen werden. Besonders nach der Behandlung im basischen M edium zeigten die Fasern eine ganz aufgelockerte Beschaffenheit, derm aßen, daß sie sich fast von selbst in feinste Netzwerke aufteilten; nach relativ längeren E inw ir­kungszeiten (8 und m ehr Stdn.) zerfielen die Fasern unter einfach dest. bzw. bidest. W asser schließlich in feinste m akroskopische Bruchstücke, die besonders nach leichtem Schütteln innerhalb kürzester Zeit ganz „verschw anden“ . Es blieb eine klare, gelb­braune Flüssigkeit zurück, die nach A bzentrifugieren feinste körnige bis „fadenförm ige“ Anteile im Elek­tronenm ikroskop erkennen ließ (die erhaltenen Auf­nahm en ermöglichen aber keine weitere In terp reta­tion) . Es wäre denkbar, daß auch hier ähnlich wie beim P e rjo d a ta b b a u lo durch die Perm anganat­behandlung ein Eingriff in die Polypeptidkette er­folgt ist, der zu Längszerfall des Kollagens führte.

W ährend die E inw irkung von K alium perrhenat im Elektronenm ikroskop keine w ahrnehm baren V er­änderungen hinterläßt, erhielten wir an m it schwefel­saurer Cer-IV-Sulfatlösung vorbehandelten Fibrillen auch Aufnahm en, die, wie in Abb. 4 b, Ü bereinstim ­mung mit den m it K M n04 vorbehandelten Fibrillen zeigen. Bei einer Periodenlänge von nur 560 Ä kann man auch hier 7 Q uerstreifen auszählen. Man wird auf G rund solcher Befunde geneigt sein, fü r das Zustandekom m en einer unterteilten Q uerstreifung neben Am inosäure-Schwerm etallverbindungen auch O xydationsvorgänge in Erw ägung zu ziehen. So haben schon H o f m a n n und K ü h n 16 in anderem Zusam m enhang auf die möglicherweise bedeutungs­volle O xydationsw irkung von PW S hingewiesen; auch ist es hinlänglich bekannt, daß fü r die kontrast­reiche D arstellung von S trukturen biologischer Ob­jekte vor allem die oxydierende W irkung der 0 s 0 4- Lösung verantw ortlich i s t 17.

Q u e r s p a l t u n g k o l l a g e n e r F i b r i l l e n

W ährend norm alerweise K ollagenfasern nicht über 20% gedehnt werden können 18, ist es bekanntlich möglich, unter den Bedingungen im Elektronen­m ikroskop F ibrillen bis auf das Zwei- bis Dreifache ih rer Ausgangslänge zu dehnen 1. D ieser gedehnte Zustand bleibt selbst dann erhalten, wenn die F ib ril­len gerissen sind, eine Erscheinung, die offenbar auf

15 W. G r a ssm a n n u . K . K ü h n , Hoppe-Seyler’s Z . physiol.Chem. 301. 1 [1955]; vgl. H . Z a h n u . L. Z ü r n , Z . Natur­forschg. 12 b. 788 [1957].

16 U. H ofm a nn u . K . K ü h n , Proc. Electron Micr. Stockholm1956, S. 220.

die Verkohlung und somit V erfestigung des Objektes zurückzuführen ist. Nach älteren A uffassungen sollte diese Dehnung im sogenannten „hellen“ Bereich der F ibrillenperiode erfolgen, weshalb m an diese Be­reiche auch für besonders anfällig gegenüber Zug­kräften hielt. Vor kurzem konnten w ir jedoch zeigen, daß sowohl „helle“ wie auch „dunkle“ Bereiche gleich stark dehnbar s in d 1. N euerdings gelang es an mit C itratpuffer behandelten F ibrillen, wie aus Abb. 5 ersichtlich, zwischen den c- und d-Streifen den Bereich geringster Zugfestigkeit zu lokalisieren. In Abb. 5 a bringen wir eine solche Fibrille, die offenbar durch die C itrateinw irkung eine K ontrak­tion im „dunklen“ a-b-Bereich erfahren hat, wo­durch lokal längs der Fibrille Zugkräfte auftraten , die zum A useinanderreißen der c- und d-Streifen führten. (N ur so kann m an verstehen, weshalb die feinere F ibrille diese A ufspaltung nicht aufweist. Auch besitzen die Perioden beider F ibrillen etwa gleiche Länge.) Diese Beobachtung konnten w ir an m ehreren so vorbehandelten F ibrillen anstellen, wo­bei stets die A ufspaltung zwischen den c- und d- S treifen anzutreffen war. Das S tereopaar in Abb. 5 b läßt einen leicht gewölbten V erlauf der S treifen mit einem kaum abfallenden K ontrast zum R and der F ibrille hin erkennen. Bei der am m eisten auseinan­dergerissenen Stelle sieht m an nach links und rechts aus der Papierebene herausragende Streifen, deren m axim aler K ontrast nur in den obersten Bereichen zu liegen scheint. Dieser Befund gibt also keine A n­haltspunkte, die für ganz durchgehende Elemente etwa im Sinne von Scheiben sprechen können. Auch müßte dann vor allem der d-Streifen (rechts) an K ontrast verloren haben, wenn die Intensität des Streifens im norm alen D urchstrahlungsbild als Summe der S treuabsorption über die gesamte F i­brillendicke aufzufassen wäre. S tatt dessen kann man aber so gut wie keinen Intensitätsverlust des d-Streifens feststellen. Diese W ahrnehm ung sowie gelegentlich anzutreffende „B rücken“ über R ißstel­len, die gleichen K ontrast besitzen wie die benach­barten Streifen und somit „R este“ dieser S treifen sein könnten, scheinen auch dafü r zu sprechen, daß nur bestimmte Fibrillenregionen maßgeblich an der deutlichen A usbildung der Q uerstreifung beteiligt sind.

17 Vgl. u. a. G . F. B a h r , Naturwissenschaften 41, 187 [1954] ;Exp. Cell Res. 7, 457 [1954]; W. S t o e c k e n iu s , Exp. CellRes. 13, 410 [1957],

18 O . G e r n g r o ss , K. H erm a nn u . W. A b it z , Biochem. Z. 228.408 [1930].

MORPHOLOGIE VON KOLLAGEN 229

L ä n g s a u f t e i l u n g k o l l a g e n e r F i b r i l l e n

In der elektronenm ikroskopischen L iteratur findet m an oftm als den Hinweis, daß nach Säurequellung oder mechanischer Beeinflussung eine Längsaufspal­tung des Kollagens in sogenannte Subfibrillen er­folge 19. Diese sogenannten Subfibrillen besitzen bei einem meistens unregelm äßigen V erlauf eine Breite von 100 und m ehr Ä ohne in den Aufnahm en eine hochunterteilte Q uerstreifung erkennen zu lassen. Es erschien deshalb reizvoll, dieses sogenannte Bau­element an F ibrillen aufzusuchen, die eine hoch­unterteilte Q uerstreifung aufweisen und somit quer zur Längsachse einen weiten Einblick in die S truk­tu r gewährleisten. Bei einem solchen Auflösungs­verm ögen sollte es dann möglich sein, nach ent­sprechenden V orbehandlungen auch evtl. S truk tur­elemente in Längsrichtung besser darzustellen.

Kollagenfxbrillen aus der Rattenschwanz-Sehne wur­den mit 0 ,5-proz. PWS behandelt, auf befilmte Objekt­trägerblenden aus Platin aufgezogen und in feuchtem Zustand mit einem Tropfen 0,01-n. Essigsäure ver­sehen. Der Tropfen wurde durch Abpipettieren mehr­mals gewechselt, bis die Säurenormalität gewährleistet schien. Anschließend wurde die so präparierte Objekt­trägerblende in einem Druckgefäß mit Druckausgleichs­kapillare so aufgestellt, daß sie sich oberhalb des Flüs­sigkeitsspiegels der Säure gleicher Normalität befand. Das verschlossene Gefäß wurde dann bei jeweils ange­gebener Temperatur und für die angegebene Zeit in einen Trockenschrank gestellt. Vor der Betrachtung im Elektronenmikroskop wurden die Blenden stets mit dest. Wasser ausgewaschen. Alle Objekte, die wir im Verlaufe unserer Untersuchungen einer zusätzlichen Säureeinwirkung aussetzten, also auch die unter Citrat­puffer, wurden in gleicher Weise behandelt.

Von so vorbehandelten F ibrillen wurden die nun folgenden A ufnahm en erhalten. Die obere Fibrille aus Abb. 6 a sowie die Fortsetzung dieser Fibrille in Abb. 6 b zeigt Abschnitte einer unterteilten Quer­streifung, die nach links und rechts bzw. zur Mitte hin eine A ufteilung in Längseinheiten aufweist. Bei annähernd gleichbleibendem Periodenabstand von ca. 730 Ä nim m t die Länge einzelner Querstreifen im m er m ehr zu, bis sie schließlich m ehr und m ehr in körnige Gebilde zerfallen. (Betrachte insbeson­dere die a- und b-Doublette.) Der Zusam m enhang der Q uerstreifen geht dabei im m er m ehr verloren,

19 G. C. N u t t in g u . R . B o r a s k y , J . Amer. Leather ChemistsAssoc. 43, 96 [1948]; G. L e l l i u . U. M a r o t t a , Rend. Ist.super. Sanitä 13, 518 [1950] ; J. T. R a n d a l l , Nature [Lon­don] 169, 1029 [1952]; Nature and Structures of Col­lagen, London 1953; R . B o r a s k y u. J. S. R o g e r s , J. Amer.

je näher man zum F ibrillenrand gelangt. Die Längs­einheiten verlaufen annähernd parallel und zeigen wenigstens an einigen Stellen in Höhe der jeweiligen Querstreifen Verdickungen. Sie enden alle in einem stärker aufgeweiteten Fibrillenbereich, der Ähnlich­keit m it Ausschnitten aus von W o l p e r s 20 gezeigten hitzegeschrumpften Kollagenfibrillen besitzt. Ä hn­lich wie bei der H itzeschrum pfung20 erfolgt auch diese A rt von A ufblähung nicht gleichzeitig über den gesam ten F ibrillenverlauf, sondern nu r herdförm ig. So findet m an neben unveränderten F ibrillen­bereichen auch insgesam t unbeeinflußt gebliebene Fibrillen (Abb. 2 a ) . Ferner konnten oftmals F ibrillen angetroffen werden, die, wie in Abb. 6 a unten, eine nicht ganz durchgehende Längsauftei­lung aufweisen und einen Vergleich m it von uns beschriebenen Zersetzungsstadien an K ollagenfibril­len zulassen, die eine intensive E lektronenbestrah­lung erfahren hatten 1. Abb. 7 zeigt nach der gleichen V orbehandlung eine anders geartete L ängsaufspal­tung. Der F ibrillenverlauf ist aus Abb. 7 a zu entneh­men. Es hat dabei den Anschein, als ob im Verlauf der Säure- und H itzeeinw irkung und der dam it verbun­denen Zug- und Gleitbewegungen der F ibrille A n­teile, die an der Trägerfolie hängen geblieben waren, aus dem „geschwächten“ F ibrillenverband heraus­gerissen wurden und so zu einer noch stärkeren Längsaufteilung führten . Bereits in Abb 7 a, viel deutlicher aber in Abb. 7 b, kann m an bis weit außerhalb des Fibrillenverbandes Q uerstreifen auf­weisende Elemente verfolgen. Auch hier blieb der Periodenabstand annähernd gleich und die Indizie­rung der S treifen konnte m ühelos erfolgen. A ller­dings versagt dieses V orhaben an ganz schmalen Elementen, ca. 30 Ä, da eine etwaige Folge von Bereichen unterschiedlicher M assendicke sich nur noch in Gestalt körn iger Bestandteile kundtut, was in A nbetracht der E igenkörnigkeit der O bjekt­um gebung keine Indizierung ermöglicht. E rst die Parallelanordnung einer ausreichenden Zahl so be­schaffener Längseinheiten hat eine V orzugsorientie­rung solch körniger Bestandteile in Gestalt von Q uer­streifen zur Folge, die dann bei guten B ildqualitäten auch angesprochen werden können. Die ellipsen­artigen Flecken in Abb. 7 b waren an anderen O b­jektbereichen noch zahlreicher anzutreffen und dürf-

Leather Chemists Assoc. 47, 312 [1952]; G. F. B a h r , Exp.Cell Res. 3, 485 [1952]; F. W a s s e r m a n n , Ergehn. Anato­mie 35, 241 [1956],

20 C. W o l p e r s , Biochem. Z. 318, 373 [1948].

230 TH. NEMETSCHEK

ten Spuren von Bläschen darstellen, die bei der W ärm eeinw irkung auftraten . E rhöht m an die E in­wirkungszeit von Essigsäure auf 1 Stde. bei 62 bis 64° C, so findet m an neben F ibrillen, wie in Abb. 6 und 7 auch solche, die eine deutliche L ängsaufspal­tung über den gesam ten F ibrillenverlauf aufweisen. Abb. 8 a und 8 c. Bei gut erhalten gebliebener un ter­teilter Q uerstreifung beobachtet m an parallel ver­laufende Längselem ente von nicht genau bestim m ­barer Länge, m indestens jedoch 1500 Ä, die oftmals weniger als 30 Ä Breite besitzen. Sowohl diese W erte als auch die A bstände voneinander unterliegen aber Schwankungen. Zur besseren Veranschaulichung bringen w ir einen vergrößert skizzierten Ausschnitt in Abb. 8 b. Die Q uerstreifen sind h ier n u r in ih rer Lage angedeutet. D iese Längselem ente müssen als übereinanderliegende Elementar fibrillen aufgefaßt werden, derm aßen, daß bei der D urchstrahlung im Elektronenm ikroskop eine annähernd statistische Verschm ierung aus E lem entarfibrillen vorliegt, die zu Längsstreifen von verschiedenen Breiten und in unterschiedlichen A bständen im Bild führt. Die in den A ufnahm en vorliegenden G rößenordnungen dürften som it hinsichtlich der Breite dieser E in­heiten stets ein Vielfaches der eigentlichen Ele­m entarfibrillen darstellen, wobei das Auflösungs­vermögen des Elektronenm ikroskopes nicht voll aus­genutzt werden kann, da die V oraussetzung hierzu erst beim V orliegen einer „einschichtigen“ An­ordnung aus solchen E lem entarfibrillen gegeben wäre. Diese A ufteilung in Elem entarfibrillen, die ja offenbar dadurch zustande gekommen ist, daß durch äußere Einflüsse anziehende bzw. ausrichtende K räfte im F ibrillenverband z. T. überw unden w ur­den (vgl. hierzu die A uffassung von K ü n t z e l 21

über die Aufw eitung elektrovalenter K räfte bei der Quellung von K ollagen), läßt vermuten, daß zugleich auch V ersetzungen in Längsrichtung eintreten konn­ten; hierbei kann angenom m en werden, daß ein Aus­gleich von M assendicken-Unterschieden längs dieser E lem entarfibrillen und dam it ein K ontrastverlust der Q uerstreifung erfolgt. Die zunächst etwas schwer verständlichen K ontrastverhältnisse längs dieser E in­heiten sowie die Erscheinung, daß keine Q uerstruk­turen (s. besonders die m it Pfeil m arkierten Ele­

21 A. K ü n t z e l , Kolloid-Z. 91, 152 [1940] ; 96. 273 [1941].22 W. G r a s s m a n n , Kolloid-Z. 77, 205 [1936].23 Vgl. R. S . B e a r , O. E. A. B o l d u a n u . T. P. S a l o , J. Amer.

Leather Chemists Assoc. 46, 107 [1951].

mentarfibrillen) zu erkennen sind, finden hierin eine Erklärung. In Abb. 8 c bringen wir noch eine Fi­brille des gleichen Objektes, die neben einer durch­gehenden Längsaufteilung nach links eine immer stärker werdende Fibrillenaufweitung bei gleich­zeitiger Querstreifenverkürzung (Zerfall) erkennen läßt. Am Rand der Fibrille sieht man noch offenbar hängengebliebene, aus dem Gesamtverband heraus­gerissene Elementarfibrillen.

Der Versuch, unter gleichen Bedingungen Objekte zum Anfertigen von ultradünnen Schnitten zu erhalten, mißlang, da nicht auf Blenden präparierte Fibrillen­bündel unter diesen Bedingungen deutliche Schrump­fung erfuhren und zudem nur sehr schlecht geschnitten werden konnten. Bei den besprochenen Versuchen dürfte es somit nicht unwichtig gewesen sein, daß während der jeweiligen Einwirkung die einzelnen Fibrillen mehr oder weniger durch den Blendenrand bzw. durch die Trägerfolie mechanisch festgehalten wurden. Bekannt­lich gelingt es ja, die Hitzeschrumpfung kollagener Fa­sern unter makroskopischen Verhältnissen durch mecha­nische Fixierung bis zu einem gewissen Grade zu unter­binden 22.

Die Abb. 6, 7 und 8 führen insgesamt zu dem Schluß, daß Kollagenfibrillen aus parallel zur Längs­richtung der Fibrillen verlaufenden Elem entar­fibrillen aufgebaut sind 23.

Auf einen Aufbau der Kollagenfibrillen aus Proto­fibrillen (Elementarfibrillen) wurde auch schon an ande­ren Stellen, vor allem von W a s s e r m a n n an Hand unter­schiedlichen Untersuchungsmaterials hingewiesen24. Auch glauben G r o s s , H i g h b e r g e r und S c h m i t t 25 im Tropokollagen die Bildungseinheit des Kollagens mit einer Dicke von ca. 50 Ä und einer Länge von 2000 bis 3000 Ä gefunden zu haben.

Diese Elementarfibrillen sind bereits Träger der Querstruktur (s. besonders Abb. 6) und können durch enge Lateralanordnung die Querstreifen ver­stärken bzw. durch Auseinandergehen die Einzel­streifen zum Zerfall bringen.

Sollten diese Elementarfibrillen von endlicher Länge sein ( > 1500Ä ), so müßte auch noch entsprechend eine Längsanlagerung solcher Elemente stattfinden.

Weit abgesprengte Elementarfibrillen (s. die Pfeile in Abb. 8 a) können aus Gründen, die wir schon weiter oben angeführt haben, nur recht un-

24 Vgl. 1. c .19 u. G . F. B a h r , Arch. Dermatol. Syphilology193, 518 [1951]; M. S e k i , Arch, histol. japon. 3, 465[1952]; 7, 5 [1954]; C. Z a w i s c h , Acta anat. 29, 143[1957]; dort weitere Literatur.

25 J. G r o s s , J. H . H i g h b e r g e r u . F. O. S c h m i t t , Proc. nat.Acad. Sei. USA 40, 679 [1954].

Abb. 3. Kollagenfibrillen mit überkreuztem Querstreifen­muster. a) Fibrillen aus Rattenschwanz-Sehne mit 1% PWS in 70% CoHjOH behandelt41, b) Fibrillen aus Katzen- schwanz-Sehne mit 0,5% PWS behandelt und über 100 Stdn. Einwirkung von Citratpuffer p \ \ : 3,8 auf d. Blende. El.-Bilder:

110/57; el.-opt.: 20 000 : 1. 114/57; el.-opt.: 40 000 : 1 .

Abi). 4. Kollagenfibrillen aus Rattenschwanz-Sehne, a) VsStde. mit essigsaurer 0,l-/i. KM n04-Lösung (pn : 4,7) behandelt. Periode: 780 Ä. b) 21/a Stdn. mit schwefelsaurer 0,1-n. C e(S04)o-Lösung behandelt. Periode: 560 Ä. c) 4*/ä Stdn. mit PWS (ph : 7,4) und 33 Stdn. mit PWS (pn : 2,2) be­handelt. Periode: 680 Ä. Elektronenbilder: a) 10 412/57;

el.-opt.: 38 4 0 0 :1 . b) 13 175/57; el.-opt.: 38 0 0 0 :1 . c) 13 170/57; el.-opt.: 40 000 : 1.

Abb. 5. Kollagenfibrillen aus Katzenschwanz-Sehne mit 0,5% PWS behandelt, auf Objektträgerblende bei 20° C 170 Stdn. Einwirkung von Citratpuffer (pn : 3,8). Queraufspaltung der Fibrille zwischen den c- und d-Streifen. b) Stereopaar; Neigungswinkel ± 5 ° . Elektronenbilder: a) E 1568/56; el.- opt.: 36 000 : 1. b) E 1568 u. 1571/56; el.-opt.: 36 000 : 1,

in Abb. 57 500 : 1.

7 3 0 A

Abb. 6. Kollagenfibrillen aus Rattenschwanz-Sehne mit 0,5% PWS behandelt, auf Objektträgerblende bei 60 bis 65° C 15 Min. Einwirkung von 0.01-«. CH:!COOH. Aufblähung und Längsaufteilung der Fibrillen, b) Fortsetzung der Fibrille aus a. Die

Pfeile zeigen auf gleiche Objektbereiche. Elektronenbilder: 12 588/57 und 12 591/57; el.-opt.: 41 000 : 1.

Zeitschrift für Naturforschung. 13 b. Seite 230 a.

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13 b.

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Abh. 7. Kollagenfibrille aus Rattenschwanz-Sehne mit PWS behandelt auf der Blende 15 Min. Einwirkung von 0,01-«. CH;,COOH bei 60 bis 65° C. b) Objektausschnitt aus a. Die Pfeilezeigen auf gleiche Fibrillenbereiche. Elektronenbilder: 12596/57; el.-opt.: 5000 : 1. 12 595/57; el.-opt. 40 000 : 1.

Zeitschrift

für N

aturforschun<i. 13

b. Sciti

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Abb. 8. Kollagenfibrillen aus Rattenschwanz-Sehne mit 0,5% PWS behandelt, auf Objektträgerblende bei 62 bis 64° C 1 Stde. Einwirkung von 0,01-/1. CH;)COOH. Längsaufteilung der Fibrillen in Elementarfibrillen, b) Vergrößert skizzierter Ausschnitt aus a, c) Fibrille mit nach links breit auslaufender Aufteilung. Die Pfeile

weisen auf Elementarfibrillen. Elektronenbilder: a) 12 918/57; el.-opt.: 40 000 : 1 und c) 12 905/57; el.-opt.: 40 000 : 1.

Abb. 10. Hautkollagen mit PWS behandelt, geschnitten. Die Pfeile zeigen auf einige Fibrillenbereiche ohne Quermusterung.Elektronenbild: 5492/56: el.-opt.: 16 400 : 1.

Zeitschrift für Naturforschung. 13 b. Seite 230 d.

Zeitschrift

für N

aturforschung. 13

b. Seite

230 e.

Abi). 1 I. ß in degew ebsze l le mit anl iegend em k o l lagen . a) mit gepufferter ( ) s ( )4-l ,üsung i>\\ 7.4 behandelt !a. I>) und e) kol- lagenfibiiI len aus gle ichem Objekt nach zusätzlicher Behandlung mit l’WS ". Klektronenbilder: a) 6 6 0 0 /5 7 ; el.-opt.:

H(MM) : 1. Ill 6 6 9 /3 7 ; H.-uiit.; 20 ()()0 ; c) 6 9 8 2 /5 7 ; el.-opt: 38 00 0 : I.

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Abb. 12. In Nischen jugendlicher Bindegewebszellen angeordnetes Kollagen; mit gepufferter 0 s 0 4-Lösung pn 7,4 behandelt Die Pfeile weisen auf Verbindungsgänge. Elektronenbilder: a) 1695/57: el.-opt.: 8000 : 1. b) 1696/57: el.-opt.: 18 000 : 1.

Zeitschrift

für N

aturforschung 13

b. Seite

1

Abi). I.'i. li in dejicwcbszellen aus embryonalem Rattenschwanz; mit gepufferter OsO.,-1 .iisung i>\\ 7 . 1 behandelt.K lektronenbild: 9 4 6 5 /5 7 : el .-opt.: 8000 : 1.

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MORPHOLOGIE VON KOLLAGEN 231

genau auf A nordnung von Verdickungen geprüft werden. W ie w ir gleichfalls bereits festgestellt haben, m uß aus G ründen einer gegenseitigen Überlagerung dam it gerechnet werden, daß die im Bild ausm eß­baren Breiten dieser E lem entarfibrillen in W irklich­keit unter 30 bzw. 25 Ä liegen und somit auf E in­heiten m olekularer Größen bezogen werden können. So fanden nach viskosimetrischen Messungen S c a t c h a r d , O n c l e y , W i l l i a m s und B r o w n 20 in Ge­latinelösung ein „M olekül“ von 17 A Durchmesser und 800 Ä L änge; auf G rund röntgenographischer D aten hat B e a r 27 ein Kollagenmodell vorgeschlagen, welches Polypeptidketten von 12 bis 17 Ä D urch­m esser vorsieht und T o m l i n 28 gibt als F ibrillen­baustein eine lange zylindrische Einheit von 12 A Durchm esser an. Wie ersichtlich, befinden sich diese W erte in rela tiv guter Ü bereinstim m ung mit den von uns angegebenen Breiten fü r die Elem entarfibrillen, die demnach nur aus zwei bis drei parallel angeord­neten Polypeptidketten aufgebaut sind.

Um Unklarheiten beim Studium einschlägiger Lite­ratur vorzubeugen, fassen wir im Zusammenhang mit diesen Befunden die Nomenklatur 29 für Kollageneinhei- ten wie folgt zusammen:

Die Kollagenfaser, lichtmikroskopisch sichtbar, zu mehreren gebündelt, z. B. in einer Sehne, besteht aus einem Bündel Fibrillen.

Die Fibrillen, gewöhnlich erst im Elektronenmikro­skop sichtbar, bestehen aus Bündeln von parallel zur Faserachse verlaufenden Elementarfibrillen.

Die Elementarfibrillen können erst nach besonderer Vorbehandlung der Fibrillen im Elektronenmikroskop sichtbar gemacht werden.

A n z i e h u n g g l e i c h e r S t r u k t u r e l e m e n t e

B e y e r s d o r f e r 30, W o h l f a r t h - B o t t e r m a n n und K r ü g e r 31 und neuerdings H e s s , M a h l und G u t ­

t e r 6 weisen darauf hin, daß beim Kollagen, bei der Q uerstreifung des Trichocystenschaftes und bei quergestreiften, jodierten Zellulosefibrillen gleiche Querstreifen benachbarter Fibrillen sich anziehen. Die genannten Autoren sprechen hierbei von Anzie­hung hom ologer Strukturelem ente. N e m e t s c h e k ,

G r a s s m a n n und H o f m a n n 1 haben bereits darauf h in­gewiesen, daß zwar gelegentlich solche Streifen-

26 G. S c a t c h a r d , J. L. O n c l e y , O. W. W il l ia m s u . A. B r o w n , J. Amer. chem. Soc. 66, 1980 [1944], v g l . auch H. B o e d t - k e r u. P. D o t y , J. Amer. chem. Soc. 77, 248 [1955]; P. D o ty , Proc. nat. Acad. Sei. USA 42, 791 [1956].

27 R. S. B e a r , 120. Tag. Amer. chem. Soc. New York 1951.28 S. G. T o m l i n , Angew. Chem. 68, 215 [1956],29 Vgl. a. E. L i n d n e r , Ärztl. Forsch. 8, 487 [1954].

ausrichtungen bei K ollagenfibrillen beobachtet wer­den konnten, häufig aber an m iteinander „ver­wachsenen“ F ibrillenbündeln keine Anziehung glei­cher S trukturen benachbarter F ibrillen festzustel­len war. Man vergleiche hierzu auch Abb. 8 a, wobei die beiden schmalen F ibrillen sogar eine antiparallele 1 O rientierung des Q uerstreifenm usters erkennen lassen. Auch in Abb. 4 c lassen die F i­brillen keine Anziehung gleicher Querstreifen er­kennen. D arüber h inaus war es uns auch nicht möglich, in u ltradünnen Schnitten von Bindegewebe eine eindeutige Anziehung gleicher Kollagen-Quer- streifen zu beobachten. Bei fertig ausgebildeten Fibrillen w ird man som it kaum in der Lage sein, einen überzeugenden Beweis fü r eine solche A n­ziehung zu erbringen. A nders dürfte es sich aber bei der F ibrillenbildung verhalten. H ier wird m an eine Z uordnung gleicher S trukturelem ente erwarten, denn das Zustandekom m en einer bis in kleinste Details reichenden Q uerstreifung wäre ohne das V orhanden­sein ausrichtender und anziehender K räfte kaum vorstellbar. Diesen K räften käme die Aufgabe zu, E lem entarfibrillen w ährend der Lateralaggrega- tion so zu lenken, daß sich stets zusam m engehörige Strukturelem ente vereinen, etwa im Sinne der von F r i e d r i c h - F r e k s a 32 bei der Chromosom en-Konjuga- tion angenom m enen V orgänge. E rst durch die so er­folgte geordnete A ggregation kom m t es zur elek­tronenm ikroskopisch erfaßbaren Q uerstruktur.

Es dürfte som it als sicher angesehen werden kön­nen, daß eine A nziehung gleicher Strukturelem ente bei der K ollagenbildung von Bedeutung ist, nicht aber bei N ebeneinanderliegenden fertigen Kollagen­fibrillen.

D a s S t r u k t u r b i l d k o l l a g e n e r F i b r i l l e n

F ür die im E lektronenm ikroskop darstellbare Q uerstreifung ergib t sich aus den vorhergehenden A usführungen folgendes Bild: E lem entarfibrillen, die als S truk tu rträger angesehen werden, besitzen Bereiche unterschiedlicher Massendicke, die gün­stigenfalls nur als Körnchen w ahrgenom m en werden könnten, und erst nach la teraler A usrichtung (An-

30 K . B e y e r s d o r f e r , Z. Naturforschg. 6 b, 57 [1951].31 K . E. W o h l f a r t h - B o t t e r m a n n u . F . K r ü g e r , Z. Natur­

forschg. 9 b, 30 [1954].32 H. F r ie d r ic h - F r e k s a , Naturwissenschaften 28, 376 [1940];

vgl. a. W . G r a s s m a n n u . J. T r u p k e in: F l a s c h e n t r ä g e r -L e h n a r t z , Physiol. Chem. 1, 660, 682 (1951).

232 TH. NEMETSCHEK

ziehung gleicher S trukturelem ente) w ährend der Parallelanordnung zu Bündeln solcher E lem entar­fibrillen den Eindruck von Q uerstreifen verm itteln. Das Zustandekom m en der Bereiche unterschiedlicher Massendicke könnte a) auf die bevorzugte Anreiche­rung schwerer A m inosäuren an gestreckt verlaufenden P o lypeptidketten33, b) auf eine Faltung soldier Ketten 34 oder c) auf einen A ufbau aus globulären E inheiten 35 und schließlich d) auf einem Abwechseln g ittergeordneter und ungeordneter B ereiche36 zu­rückgeführt werden. Entsprechend der V orstellung von B ear 36 sollen in den geordneten Bereichen vor allem hydroxylhaltige Seitenketten (z. B. Serin und O xyprolin) vorliegen, w ährend in den ungeordneten Abschnitten wahrscheinlich saure bzw. basische Säuream idseitenketten von g rößerer Länge lokali­siert sein sollen. Der Zusam m enhalt der E lem entar­fibrillen m üßte durch polare K räfte und vor allem in kristallinen Bereichen 36 durch W asserstoffbrücken gewährleistet sein, weshalb nur kleinste Zwischen­räume. die norm alerweise selbst m it H ilfe des Elek- tronenm ikroskopes nicht erfaßt werden können, vor­liegen dürften (diese sind z.B . bei W asserstoff­brücken nicht größer als die Summe der beteiligten A tom radien)3/.

Die in A bhängigkeit von der V orbehandlung im Elektronenm ikroskop sichtbare einfache oder hoch­unterteilte Q uerstreifung könnte ihre D eutung darin finden, daß durch die jeweilige V orbehandlung innerhalb dieses Elem entarfibrillen-V erbandes eine differenziertere Lateralausrichtung begünstigt w ird, etwa im Sinne des „In-R egister-B ringens“ von Poly­peptidschrauben, wie sie K ühn, G r a s s m a n n und H of­m a n n fü r die Bedeutung der E inw irkung von PW S und C hrom -III-V erbindungen fo rm u lie ren 9.

Ein Modell, welches diesen Ergebnissen Rechnung trägt, bringen wir in Abb. 9 a. Dabei sind wir d a ­von ausgegangen, einen etwa 100 Ä dicken struk tu r­tragenden Rand (M antel) vorliegen zu haben; man kann sich jedoch auch ohne weiteres den Gesamt­querschnitt der F ibrille ausgefüllt von solchen Ele­m entarfibrillen (hier etwa 20 A Durchm esser) den­ken. Eine solche A nordnung würde bei der A bbil­dung im Elektronenm ikroskop nur dann alle Einzel­streifen im Bild erkennen lassen, wenn stets die entsprechenden S trukturbereiche genau über-

33 H. R u sk a u . H. Z a h n (1948) in H. Z a h n , Angew. Chem. 64,295 [1952].

34 M. L. H u g g in s , Vortr. 120 Meeting Amer. chem. Soc. NewYork 1951.

3o E. H. M e r c e r , J. Textile Inst., Trans. 40. 640 [1949],

a, a, a, a, b, t\ c, c, d e, e; a,

SCO A

b

Abb. 9. Submikroskopischer Aufbau einer Kollagenfibrille. a) Zustandekommen einer unterteilten Querstreifung durch Parallelbündelung von Elementarfibrillen, die nur nach be­stimmter Vorbehandlung dargestellt werden können (im lin­ken Teil der Skizze angedeutet). Es wurde ein strukturtra­gender Mantel eingezeichnet, b) Abflachung beim Auftrock­

nen einer Fibrille. Hier wurde ein lockeres Elementar- fibrillen-Bündel angedeutet.

einander liegen. Die E rfahrung, daß nicht im m er gleiche F ibrillen die gleiche hochaufgelöste Q uer­streifung aufweisen, könnte für eine gestörte U ber­einanderprojektion sprechen. Demnach käm e der Auftrocknung der Fibrillen w ährend der P räp ara tio n große Bedeutung zu. Da, wie wir weiter gesehen haben, die Kollagenfibrillen bei der A bbildung im Elektronenm ikroskop in stark abgeflachtem Z ustand vorliegen, muß von einem solchen Modell auch noch große seitliche Beweglichkeit gefordert werden, ohne daß eine Längsverschiebung der E lem entar­fibrillen erfolgt. Zur Veranschaulichung dieses V er­flachungsvorganges beim Auftrocknen der F ibrillen bringen wir noch die Zeichnung in Abb. 9 b, in welcher die E lem entarfibrillen in lockerer A nordnung angedeutet sind (vgl. hierzu die von R a m a c h a n -

36 R. S. B e a r , Advances Protein Chem. 7. 69 [1952] ; 1. c. 23; vgl. H. Z a h n , Angew. Chem. 64. 295 [1952].

37 IUPAC-Sympos. über Wasserstoff brücken, Laibach 1957; Angew. Chem. 69. 758 [1957].

MORPHOLOGIE VON KOLLAGEN 233

d r a n 38 vorgeschlagene zylindrische A nordnung von Längseinheiten). Nach dem A uftrocknen behält die F ibrille in der Mitte n u r eine Dicke von etwa 200 Ä. Diese Abflachung kann jedoch noch weiter und vor allem gleichm äßiger ablaufen (s. z .B . Abb. 2 b ) . Die E lem entarfibrillen-Vernetzung m it Hilfe der Q uerbindungskräfte m üßte also so beschaffen sein, daß trotz einer Abflachung keine nennenswerte gegenseitige longitudinale Verschiebung gleicher Strukturbereiche erfolgen kann, aber in Querrichtung genügend Beweglichkeit bleibt. H ierm it stünde im Einklang der Befund von B o l d u a n und B e a r 39, wo­nach die Polypeptidketten des Kollagens frei um ihre Achse drehbar sein sollen, da im Röntgen­diagram m keine Transversal-G roßperioden auf­gefunden wurden. Möglicherweise könnten dennoch zustande gekommene Längsverschiebungen auch da­fü r verantwortlich sein, daß, wie bereits besprochen, gelegentlich Schwankungen der relativen Intensitäten der Einzelstreifen wahrgenom m en werden. Abb. 2 und 1. c . 1.

A n o r d n u n g v o n K o l l a g e n f i b r i l l e n i m Z e l l - u n d G e w e b s v e r b a n d

F ür das Studium von F ragen, die Kollagenbil- dung, etwaige V orstufen zum Kollagen sowie die A nordnung im Gewebe betreffen, reicht das von uns in den vorhergehenden Abschnitten verw andte P rä ­parationsverfahren nicht aus. W ir haben deshalb diese Untersuchungen an ultradünnen Schnitten von Bindegeweben durchgeführt, wobei w ir, um einen möglichst großen Überblick erhalten zu können, auf M aterial unterschiedlicher H erkunft und verschiede­ner Lebensalter zurückgegriffen haben.

Bindegewebe vom menschlichen Operationsmaterial sowie von embryonalen, jugendlichen und ausgewachse­nen Ratten wurde stets so behandelt, daß einmal vom histochemischen Standpunkt aus gesehen eine optimale Fixierung gewährleistet war (gepufferte Osmium- tetroxydlösung40 und weiterhin mit Hilfe einer zusätz­lichen Phosphorwolframsäure-Behandlung41 alle Faser­strukturen mit dem gewünschten Kontrast dargestellt wurden. Kleine Objektstücke wurden in Plexiglas ein­gebettet und mit dem Ultramikrotom nach v. B o r r ie s und H u p p e r t z geschnitten.

38 G. N. R a m a c h a n d r a n u . V. S a s i s e k h a r a n , Arch. Biochem.Biophysics 63, 255 [1956].

39 0 . E. A. B o l d u a n u . R . S. B e a r , J. Polymer. Sei. 5, 159[1950],

40 G. E. P a l a d e , J. exp. M edicine 95, 285 [1952],41 A. J. H o d g e , J. Biophys. Biochem. Cytol. 1, 362 [1955];

K. E. W o h l f a r t h - B o t t e r m a n n , Proc. Electron. Micr. Stock­holm 1956, S. 124.

Kollagenfibrillen aus der H aut in quer- und längsgeschnittenem Zustand bringen wir in Abb. 10. Diese Aufnahme sowie sehr viele ältere und neuere dieser Art lassen an den m ehr oder weniger runden Querschnitten einen dichteren, etwa 60 bis 80 A breiten Rand erkennen, und längs angeschnittene Fibrillen lassen größtenteils (s. Pfeil in Abb. 10) keine Q uerstruktur w ahrnehm en42. In Abb. 1 1 a zeigen wir eine Bindegewebszelle (BZ) aus der Schilddrüse eines erwachsenen Menschen nach 0 s 0 4- B ehandlung40. Die Kollagenfibrillen sind in Gestalt von Quer- und Längsschnitten um die BZ angeord­net, lassen aber selbst bei höherer V ergrößerung nur schwach eine unterteilte Q uerstreifung erkennen. Die zusätzliche Einwirkung von P W S 41 auf das gleiche M aterial bringt, wie aus Abb. 1 1 b und 11c zu e r­sehen, eine unterteilte Q uerstreifung deutlich her­vor. Der Periodenabstand beträgt im Mittel 500 Ä, und unter günstigen Bedingungen kann m an an sol­chen, in Plexiglas eingebetteten intakten K ollagen­fibrillen, 9 bis 10 Einzelstreifen pro Periode beob­achten43 [h ierfür dürfte vielleicht auch wichtig sein, in welcher relativen A nordnung zueinander das poly­m erisierende Plexiglas die Elem entarfibrillen im F i­brillenverband fixiert, denn gerade an Schnittpräpa­raten (m an vgl. Abb. 10 und 11) unterliegt das Q uerstreifenm uster großen Schw ankungen]. U nserer Auffassung nach bieten kollagene F ibrillen g rund ­sätzlich im m er die V oraussetzung fü r die Darstell- barkeit einer Q uerstruktur. Bleibt sie aus, so hängt das u. E. nicht von der Eigenschaft der F ibrille ab. sondern von präparativen bzw. aufnahmetechnisch bedingten Vorgängen (Schnittführung, Lage der F i­brillen im E inbettungsm aterial u sw .). Aus unserem M aterial können w ir fernerhin entnehm en, daß nicht nur grobkalibrige F ibrillen ( > 5 0 0 Ä) sondern auch F ibrillen bis herunter zu 250 Ä Durchm esser un ter günstigen Bedingungen eine unterteilte Q uerstrei­fung erkennen lassen. Besonders bei den dünneren F ibrillen (um 200 A Durchmesser) kann diese Q uerstruktur von der A nordnung „perlschnurarti­g er“ Verdickungen längs der Faserachse bis zu einer unterteilten Q uerstreifung alle Ü bergänge zeigen. A udi bei der Festlegung der A bstände dieser perio-

42 L. P ö t z u. T h . N e m e t s c h e k , Naturwissenschaften 43, 405 [1956]; vgl. auch L. P ö t z , Beitr. pathol. Anatom, allg. Pathol. 118, 1 [1957],

43 Vgl. a. K . E. W o h l f a r t h - B o t t e r m a n n u. E. K u h n k e , Natur­wissenschaften 44, 287 [1957],

23 4 K. STROHMAIER UND TH. ZIMMERMANN

dischen S truk tu r kann m an sehr leicht verschiedene W erte erhalten, vor allem dann, wenn die einzelnen Q uerstreifen in ih rer Schwärzung keine allzu deut­lichen Unterschiede erkennen lassen. W ir sind jedoch überzeugt, daß all diese Abweichungen nur künst­liche V arian ten der „norm alen“ Q uerstreifung sind.

Da es uns auch interessierte, etwaige Zusam men­hänge zwischen Entw icklungsstadien des O rganism us und des Kollagens aufzufinden, haben wir em bryo­nales und jugendliches Bindegewebe untersucht. Es ist im m er wieder behauptet und widerlegt worden, daß die K ollagenfibrillen zum indest im unfertigen O rganism us intrazellu lär gebildet würden. Auch in der neueren L itera tur findet m an elektronenm ikro­skopische A bbildungen, die den Beweis h ierfür lie­fern so llen44. Sieht m an nun Abb. 12a , so könnte m an m einen, daß die F ibrillen inm itten des Zell­plasm as dieser jugendlichen Bindegewebszelle lie­gen. E in höher nachvergrößerter Ausschnitt dieses Bildes (A bb. 12b ) zeigt, daß die F ibrillen in W irk­lichkeit aber in durch Zellm em braneinbuchtungen

44 F. W a s s e r m a n n , Amer. J . Anatomy 94, 399 [1954]; S. F.J a c k s o n , Proc. Roy. Soc. [London] Ser. B 144, 556 [1956].

entstandenen Nischen extrazellulär liegen. Man be­achte dabei vor allem auch die durch Pfeile gekenn­zeichneten V erbindungsgänge. Auch im em bryona­len Gewebe (Abb. 13) ist die Lage der Kollagen- bündel im Zellplasma nur vorgetäuscht. Bei höhe­rer V ergrößerung Abb. 14 a und b sieht man, daß solche Bündel allseitig von M em branen umgeben sind. Auch hier kann m an also nicht von einer intraplasm atischen A nordnung des Kollagens spre­chen.

W ir konnten som it an dem von uns untersuchten Bindegewebe (weder des em bryonalen und jugend­lichen noch des erwachsenen O rganism us) keinen Anhalt dafür finden, daß die Kollagenfibrillen im Cytoplasm a gebildet werden. Auch die F einstruk tur der F ibrillen aus em bryonalem und jugendlichem Gewebe läßt keinen Unterschied zu der des Erwach­senen erkennen2.

Herrn Privatdozent Dr. F. L e n z , Technische Hoch­schule Aachen, danke ich für Diskussionen. Frau Ch. I r l e - L a n g n e r und Fräulein M. W id u c h danke ich für ihre Mitarbeit. Die D e u t s c h e F o r s c h u n g s ­g e m e i n s c h a f t hat ein Elektronenmikroskop zur Verfügung gestellt.

Die Bestimmung der Sedimentationskonstante des Virus der ansteckenden Schweinelähmung (Teschener Krankheit)

Von K. S t r o h m a i e r und T h. Z i m m e r m a n n

Aus der Bundesforschungsanstalt für Viruskrankheiten der Tiere Tübingen a. N.(Z. Naturforsehg. 13 b, 234— 237 [1958] ; eingegangen am 20. Dezember 1957)

Es wird eine Methode der biologischen Bestimmung der Sedimentationskonstante beschrieben. In sektorförmigen Zellen in einem Rotor mit ausschwingenden Bechern wird die Aufwirbelung und die Vermischung des Niederschlages mit dem Überstand durch eine Einlage von Schaumstoff ver­hindert.

Die Sedimentationskonstante des Virus der ansteckenden Schweinelähmung beträgt bei den auf­gezeigten Versuchsbedingungen 136 S. Hieraus folgt eine in der üblichen Weise normierte s20 von 210 Svedberg. Der sich daraus ergebende Durchmesser der Virusteilchen beträgt 31 m/u.

L a r s k i 1 sowie M a y r und S c h w ö b e l 2-5 ist es gelungen, das V irus der ansteckenden Schweine­lähm ung (M eningoencephalom yelitis enzootica suum) in Gewebekultur zu züchten. Die Arbeiten der letzt­genannten A utoren ermöglichten es ferner, den E r­reger un ter U m gehung des Schweines auf G rund des in Gewebekulturen entstehenden cytopathogenen

1 Z. L a r s k i , Med. vet. Varsovic 11, 589 [ 1 9 5 5 ] .2 A. M a y r u . W. S c h w ö b e l , M h . p r a k t i s ch e T i e r h e i l k u n d e 8.

49 [ 1 9 5 6 ] .3 W. S c h w ö b e l , Zbl. Bakteriol. Parasitenkunde Infektions-

krankh. Hyg., I. Abt., Orig. 168, 3 29 [ 1 9 5 7 ] ,

Effektes d irekt nachzuweisen und zu titrieren . Das V irus reicherte sich in den K ulturen beträchtlich an. Dam it waren günstige V oraussetzungen fü r die Untersuchung der chemischen und physikalischen Eigenschaften dieser V irusart geschaffen.

Als ersten Schritt unternahm en wir die M essung der Sedim entationskonstante. Diese erlaubt nicht nur

4 A. M a y r u . W . S c h w ö b e l , Zbl. Bakteriol. Parasitenkunde Infektionskrankh. Hyg., I. Abt., Orig. 168. 336 [1957].

5 A. M a y r , Zbl. Bakteriol. Parasitenkunde Infektions­krankh. Hyg., I. Abt.. Orig. 168. 350 [1957].