Diagnostik der Ruptur des vorderen KreuzbandesDiagnosis of ...
Zur Trainingsmethodik nach Rekonstruktion des vorderen...
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Zur Trainingsmethodik nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes
Dipl. sportwiss. Nico Nitzsche / Prof. Dr. med. H. Schulz
Lehrstuhl fr Sportmedizin / TU ChemnitzRehabilitationszentrum ADMEDIA Chemnitz
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biomechanisches, trainingswissenschaftliches und sportmedizinisches Problem
Trainingswissenschaft und Sportmedizin seit vielen Jahren den Focus der Forschung innerhalb der medizinischen Trainingstherapie
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damit der Trainingsprozess innerhalb der Trainingstherapie auch nachweislich rehabilitiv wirken kann(WASMUND-BODENSTEDT 1982; THORHAUER 1992), muss dort auch aus trainingswissenschaftlicher und sportmedizinischer Sicht eine berprfung der Methoden durchgefhrt werden
Trainingsinhalte innerhalb der Trainingstherapie (=Trainingsprozess) mssen nach dem Prinzip der Zweck-migkeit, der konomie und der Effektivitt ausgewhlt werden (vgl. HARRE 1976; MARTIN 1977; FROBSE 2003)
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Eine Erhhung der Effektivitt der Sporttherapie als Zukunfts-ziel der Sportwissenschaft soll in den nchsten Jahrzehnten weiterhin zentrales Ziel der Erforschung des Therapeutikums Sport sein. (SCHEIBE 1995)
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Trainingsmethodik bei Zustand nach Kreuzbandplastik
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Allgemeine Statistik zur LCA Ruptur
erleiden ca. 2% Mnner und ca. 5% Frauen der Durchschnitts-bevlkerung
jhrlich ca. 100000 primre OP in USA (NOYES 2001); ca. 90000 / Jahr in Deutschland (Kongress Sportorthopde 2001)
Hufigkeit liegt bei 0,5 - 1 VKB pro tausend Einwohner (USA, Mitteleuropa)
geschlechtsspezifische Varianz ist anlagebedingt Rckkehr zum Fuballsport nach operativer Versorgung mindestens 9 Monate
langfristig fhrt vorderer Kreuzbandriss (mit und ohne OP) zum Gelenksverschlei (RENSTRM / KELM 2007)
vordere reit zehnmal hufiger als das hintere properative Beweglichkeit wird bei 38 - 81% der operierten Patienten erreicht (NOYES 2001)
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Situation der Forschung
letzten 10 Jahre ca. 4800 peer-reviewed Arbeiten zu VKB verffentlicht (RENSTRM / KELM 2007)
55% mit OP-Verfahren beschftigt
40% mit Komplikationen
5% mit klinisch verffentlichten Ergebnissen
keine klar strukturierten Vergleiche zu konservativen und operativen Behandlungen (VELTRI 1997)
keine exakte geklrte biomechanische Funktionsweise des VKB (RENSTRM / KELM 2007)
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Fazit: Forschungsstand
Grundlagenwissen zum VKB sehr gering
Pseudowissen konkurriert mit begrenztem wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen (vgl. FROBSE 2003; RENSTRM 2007; SCHMIDT-WIDTHOFF 2007)
defizitre Anzahl von (klinischen) Trainingsstudien mit kontrolliertem Training im Rehabilitationsprozess
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Pathophysiologie
Verletzungsmechanismus (STROBEL 1995 / PETERSEN 2005)
Kombination aus Flexion, Abduktion und Auenrotation bei relativer Fixierung von Fu und Unterschenkel
Hyperextension
Flexion-Varus-Innenrotationstrauma
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Pathomechanik
Kreuzbandinsuffizienz mit kinematischen Vernderungen
Desintegration der Roll-Gleitbewegung zwischen Femur und Tibia
vermehrter Einsatz der Hinterhrner zur Abbremsung der Tibiatranslation
resultiert in chronischer berbeanspruchung dieser Strukturen (SCHMIDT-WIETHOFF / DARGEL 2007)
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a) Aufgefaserter und partiell ab-gerundeter Kreuzbandstumpf bei Komplettruptur.
Arthroskopischer Befund einer frischen vorderen Kreuzbandruptur (AGLIETTI 1997)
b) Assoziierter traumatischer Knorpel-schaden der medialen Femurkondyle.
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Kernspintomografischer Befund einer frischen vorderen Kreuzbandruptur (BARRY et al. 1996)
a) Kontinuittsunterbrechung der vorderen Kreuzbandstruktur(Pfeil)
b) Kontusionsdem lateraler Femur-kondylus und dorsolateralesTibiaplateau (bone bruise, Pfeil)
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Arthroskopischer Befundnach vorderer Kreuzbandrekonstruktion.
Ersatzplastik mit Patellarsehnentransplantat
OP - Techniken
Patellasehne Semitendinosussehne Allograft
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eingelenkige Bewegungen
nur Agonistentraining
Isolationstraining
distal gesetzter Widerstand
mehrer Gelenke in Bewegung einbezogen
Agonist und Antagonist werden gleichzeitig mit einbezogen
Offenes SystemGeschlossenes System
Trainingsysteme
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Therapeuten (Physiotherapeuten) bezeichnen geschlossene Systeme als funktionell
offene Systeme werden als knstlich bezeichnet (FROBSE 2003)
VKB Dehnung bei Streckung (ab 170) und Beugung (90)
keine exakte wissenschaftliche Begrndung fr gegenwrtige Trainingsmethodik (vgl. FRBSE 1993,2003 / RENSTRM et al. 2007)
Offene Systeme vs. geschlossene Systeme
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Kinematikberlagerung von Rotations- und Translationsbewegungen aller drei Raumachsen
Modellierung relativ kompliziert - Darstellung einer Ebene (ROEMER 2006)
Bewegung wird durch bandhafte Fhrung bestimmt
Koordinaten der Drehachse verndern sich in Abhngigkeit der Gelenkwinkelstellung
Einfluss auf Hebelarm der Patella
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Gelenkmittelpunkte bei Modellierung
Viergelenkmechanismus als Modell
Treffpunkt der Kreuzbnder ist tatschlicher Gelenkmittelpunkt (OCONNER/ ZAVATSKY 1990)
durchschnittliche Breite fr Kreuzbandansatz (GIRGIS et al. 1975)ACL 2,3 cmPCL 3,2 cm
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mit zunehmender Beugung im Kniegelenk werden vordere Faseranteile der Kreuzbnder gedehnt
hintere Anteile verkrzen sich (WAGNER 1999)
Vergleichsrechnung wandernde Drehachse und Scharniergelenk bei M. Quadrizeps bei 70
Wert vergrert sich bei mehr Flexion
Differenzen knnen 1000N bis 2000N sein (ROEMER 2006)
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Klinische Trainingsstudie
Problem der Trainingstherapie nach dem Zustand der vorderen Kreuzbandplastik
Zeitabschnitt von der 10. 14. Woche postoperativ
Trainingssysteme vergleichen (offenes System vs. geschlossenes System)
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Gezieltes Krafttraining in offenen Systemen hat keinen
negativen Einfluss auf die Laxizitt der vorderen
Kreuzbandplastik nach postoperativ durchgefhrten
Trainingsbelastungen im Bereich der medizinischen
Trainingstherapie und kann zur effizienten Genesung des
Patienten beitragen.
Zentraler Forschungsansatz
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Vorstudie
1. Messung Biometrie
2. Messung Isokinet
Hauptstudie - Prtest
1. Lachmann Test
2. Messung Ober-schenkelumfang
3. Messung Isokinet
4. Fragebogen
Trainingsprogramm
Gruppe 1:Geschlossenes System
Gruppe 2: Offenes System
Hauptstudie - Posttest
1. Lachmann Test
2. Messung Oberschenkel-umfang
3. Messung Isokinet
4. Fragebogen
5. Sportmotorischer Test
Methodik - Studiendesign
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Unterschiede im motorischen Verhalten / SporttauglichkeitSportmotorischer Test
Vernderungen im subjektiven BefindenFragebogen
Vernderungen der KraftfhigkeitenDynamometrie
Vernderungen der BandstabilittLachmann - Test
UmfangvernderungBiometrie
AussageTestverfahren
Testverfahren
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Biometrie - Umfangmessung
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Test auf vordere Schublade Lachmann Test
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203180 / Sek.Kraftaus-dauertest
103120 / Sek.
Sub-maximaler
dynamischer Krafttest
Wieder-holungen
Probewieder-holungen
Winkelge-schwindig-
keitTest
Dynamometrie
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Dauer: 1 Minute
maximale Anzahl der
Umrundungen
verletzte Seite und gesunde
Seite werden tangentialen
Krften ausgesetzt
Reliabilitt (0,91 - 0,97;
p < 0,001) (AGEBERG et al. 1998)
Sportmotorischer Test - Achterlauf
1 2
Start/Ziel
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Beurteilung der Kniefunktion bei Aktionsschnelligkeit, Sicherheitsempfinden
Achterlauf-Anzahl der Umrundungen
Zeit bis zum Erreichen des KraftmaximumsIsokinets
Beschleunigungs-zeit bis zum Kraftmaximum
Kraftmaximum in Abhngigkeit vom WinkelIsokinetGrad ()
Drehmoment-maximum bei Winkel
Bandstabilitt / Risiko der Trainingsmethode
Rolimeter - Test auf vordere Schublademm
Vordere Schublade
Gleichmigkeit in den Wieder-holungen whrend des Tests, Trainingeffekt
Isokinet-Variations-koeffizient
Dynamische KraftIsokinetNmMaximales Drehmoment
HypertrophieeffektMessung der Ober-schenkel 10 cm und 20 cm proximal der Patella
cmUmfang
Aussage/ErgebnisTestEinheitParameter
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Deskriptive Statistik
34 38 18 56 30,03 9,92534 58 50 108 75,97 13,183
34 7 5 12 7,44 1,580
34
Alter (Jahre)Krpergewicht (kg)vordere Schubladeverletztes Bein inmm (Prtest)Gltige Werte(Listenweise)
N Spannweite Minimum Maximum MittelwertStandardabweichung
Probanden
Zustand nach vorderer LCA Plastik keine Re Plastik keine Innenbandverletzungen und schwerem Meniskentrauma keinen Knorpelschaden (II - IV)
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Beinstrecker
Beinbeuger
Hftstrecker / Kniebeuge
Wadenheben
Beinpresse
Wischen am Seilzug
Kniebeuge
Wadenheben
- Vorderen Ober-schenkelstreckr(M.vast.med.,M.vast.lat.M.vast.intermed.,M.rect.fem.)
- hintere Beinbeuger(M.bic.fem.,M.semimembr.)
- Hftstrecker(M.glut.max.,M.glut.min.M.piriform.)
- Wadenmuskulatur (M.gastrocn.med.,M.gastrocn.lat.,M. soleus)
VersuchsgruppeKontrollgruppebungzur Krftigung der:
Gleichmig-dynamische Ausfhrung
45 - 6030 - 45 Minuten60 - 75%3 - 5
AnmerkungPausenDauerIntensittUmfang
Einordnung in Trainingsgruppen und Trainingsmethodik
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Deskriptive Statistik
18 29 19 48 28,78 8,78918 58 50 108 76,22 14,603
18 7 5 12 7,28 1,904
18 5,0 ,5 5,5 2,722 1,5168
18 5,0 ,0 5,0 2,167 1,6450
18 187,00 1,00 188,00 38,0000 40,79792
18 314,00 9,00 323,00 71,5556 77,57897
18
Alter (Jahre)Krpergewicht (kg)vordere Schubladeverletztes Bein in mm(Prtest)Differenz Umfang in cm(10cm Patella;Prtest)Differenz Umfang in cm(20cm Patella;Prtest)Differenz in% der Beugerbei 120 Grad/Sek. PrtestDifferenz in % derStrecker bei 120Grad/Sek. PrtestGltige Werte(Listenweise)
N Spannweite Minimum Maximum MittelwertStandardabweichung
Kontrollgruppe
Versuchsgruppe
Deskriptive Statistik
16 38 18 56 31,44 11,18916 40 60 100 75,69 11,853
16 4 6 10 7,63 1,147
16 5,0 ,0 5,0 2,188 1,6419
16 5,5 ,0 5,5 2,156 1,4913
16 243,00 ,00 243,00 41,6250 67,31803
16 327,00 4,00 331,00 83,4375 102,39334
16
Alter (Jahre)Krpergewicht (kg)vordere Schubladeverletztes Bein in mm(Prtest)Differenz Umfang in cm(10cm Patella;Prtest)Differenz Umfang in cm(20cm Patella;Prtest)Differenz in% der Beugerbei 120 Grad/Sek. PrtestDifferenz in % derStrecker bei 120Grad/Sek. PrtestGltige Werte(Listenweise)
N Spannweite Minimum Maximum MittelwertStandardabweichung
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0,050,70Diff. Strecker 120 / s
0,050,85Diff. Beuger 120 / s
0,050,33Umfangsdifferenz 10 cm prox.
0,050,44Alter
0,050,908KG
0,050,53Lachmann Test (verletzte Seite)
PGSignifikanz
(T-test)Parameter
Homogenitt der beiden Trainingsgruppen
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Exemplarische Ergebnisse (N=29)
Zunahmen (%) der Drehmomente am Isokineten der Beuger und Strecker
Schubladen im Lachmann Test im Pr- und Postvergleich beider Gruppen
Vergleich der Beschleunigungszeiten im Isokineten bis zum Drehmomentmaximum der Beuger und Stecker
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1514 1514N =
Trainingssystem
offenes Systemgeschlossenes System
100
80
60
40
20
0
-20
Zunahme in % der Str
ecker bei 120/Sek.
Zunahme in % der Beu
ger verletzt. Bein b
Ergebnisse Zunahmen in % in Beugern und Streckern beider Trainingsysteme
Statistik fr Testb
55,000 93,000160,000 213,000
-2,183 -,524
,029 ,600
,029a
,621a
Mann-Whitney-UWilcoxon-WZAsymptotischeSignifikanz (2-seitig)Exakte Signifikanz[2*(1-seitig Sig.)]
Zunahme in% der Beugerverletzt. Bein
bei 120Grad/Sek.
Zunahme in% der
Strecker bei120/Sek.
Nicht fr Bindungen korrigiert.a.
Gruppenvariable: Trainingssystemb.
-
Statistik fr Testb
87,000 90,000207,000 210,000
-,801 -,664
,423 ,507
,451a
,533a
Mann-Whitney-UWilcoxon-WZAsymptotischeSignifikanz (2-seitig)Exakte Signifikanz[2*(1-seitig Sig.)]
vordereSchubladeverletztes
Bein in mm(Prtest)
vord.Schublade
verletzt. Beinin mm
(Posttest)
Nicht fr Bindungen korrigiert.a.
Gruppenvariable: Trainingssystemb. 1514 1514N =
Trainingssystem
offenes Systemgeschlossenes System
14
12
10
8
6
4
2
vordere Schublade ve
rletztes Bein in mm
vord. Schublade verl
etzt. Bein in mm (Po
Ergebnisse Schublade beider T. Systeme im Pr und Posttest
-
1111 1111N =
Trainingssystem
offenes Systemgeschlossenes System
,05
,04
,03
,02
,01
0,00
Beschleunigung Exten
sion 120/Sek.(Post.
Beschleunigung Flexi
on 120/Sek.(Post.)
1
Statistik fr Testb
37,000 55,500103,000 121,500
-1,549 -,329
,121 ,742
,133a
,748a
Mann-Whitney-UWilcoxon-WZAsymptotischeSignifikanz (2-seitig)Exakte Signifikanz[2*(1-seitig Sig.)]
Beschleunigung Extension
120/Sek.(Post.)
Beschleunigung Flexion
120/Sek.(Post.)
Nicht fr Bindungen korrigiert.a.
Gruppenvariable: Trainingssystemb.
Ergebnisse Beschleunigungszeiten bis max. DM beider Systeme
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Zusammenfassung exemplarischer Ergebnisse
keine signifikanten Unterschiede in den Zunahmen der Strecker beider Trainingsysteme
signifikanter Unterschied in den Zunahmen der Beuger im Vergleich der Trainingsysteme (offene Ketten mehr Zunahme)
keine signifikanten Unterschiede der Schubladen im Lachmann-test im Pr Postvergleich und zwischen den Trainingsgruppen
keine signifikanten Unterschiede in Beugern und Streckern beider Systeme bei der Beschleunigung
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Schlussfolgerung
bisherige Annahmen sind unbegrndet
Einsatz von offenen Systemen im Trainingsprozess nach Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes nach Semidentinosusplastik ist nach der 10. Woche p.o. legitim
beide Trainingsysteme sind zur Trainingstherapie geeignet
Erweiterung der Trainingsmittel und Trainingsmethoden fr den Sporttherapeuten
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Vielen Dank fr Ihre Aufmerksamkeit!
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Training in der TherapieUllstein Mosby 2003
FROBSE, I.
Lsung inverser Problemstellungen in der Biomechanik am Beispiel von BeinstreckbewegungenBeitrge zur Lehre und Forschung im Sport 155 Hofmann 2006
ROEMER, K.
Sport als Therapie-Konzepte fr die stationre und ambulante Heilbehandlung.S.19 - 43 Berlin: Ullstein Mosby 1994 ISBN 3-86126-037-9
SCHEIBE, J.
Zur Entstehung, zum Stand und zur weiteren Entwicklung der TrainingswissenschaftIn MARTIN/ WEIGELT: Trainingswissenschaft-Selbstverstndnis und Forschungsanstze, 1. Symposium der dvs Sektion Trainingswissenschaft 1992
HARRE, D. / SCHNABEL G.
Stabilometry and one-leg hoptest have high-retest reliability. In: Scand J Med Sci Sports, 8 (1998), 198 - 202
AGEBERG,E. / ZTTERSTRM, R. / MORITZ, U.
Vorderes Kreuzband Operation und RehabilitationDZfSM Jg. 58, Nr.11 (2007)
RENSTRM,P./ KELM, J.
Aktuelle Konzepte zur Diagnose und Therapie der KreuzbandrupturDZfSM Jg. 58, Nr. 11 (2007)
SCHMIDT-WIETHOFF, R.
Literaturangaben