Zur Übertragbarkeit des BID-Ansatzes auf … · ÆEinführung des § 171f BauGB – Private...

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Silja Lockemann 1 Zur Übertragbarkeit des BID-Ansatzes auf Wohnstandorte im Rahmen des Stadtumbaus Dipl.-Ing. Silja Lockemann Vertiefung „Landesplanung und Städtebau“ in Essen

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Silja Lockemann 1

Zur Übertragbarkeit des BID-Ansatzes auf Wohnstandorte im Rahmen des Stadtumbaus

Dipl.-Ing. Silja LockemannVertiefung „Landesplanung und Städtebau“ in Essen

Silja Lockemann 2

Gliederung

I. Anlass der Diplomarbeit

II. Welche Instrumente gibt es in der Stadtentwicklung?

III. Private Initiativen zur Stadtentwicklung

IV. Das erste BID weltweit

V. Entwicklung der BIDs in Deutschland

VI. Übertragbarkeit des BID-Ansatzes auf

Wohnstandorte (HID)

VII. Bewertung und Ausblick

Struktur- & Demographischer Wandel

Umsatzrückgang

Rückzug von Unternehmen

sinkende Steuereinnahmen

sinkende Investitionen im öffentlichen Raum

Attraktivitätsverlust

Umsatzrückgang und Geschäftsschließung

ausgedünnter Branchenmix und Leerstand

was tun ?

Eigene Darstellung in Anlehnung an Wiezorek (2004)

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ökonomischer Wandel demographischer Wandel

AlterungBevölkerungsrückgang

Wirtschaftsstrukturveränderung

Verlust an Arbeitsplätzen

überregionale/regionale Abwanderung

NachfrageänderungVerlust an Kaufkraft

Struktureller LeerstandKonzentration auf günstige Wohnungsbe-stände

Kapazitätsüberhänge• soziale Infrastruktur• technische Infrastruktur• Einzelhandel

Brachenbildung• Industriebrachen• Wohnbrachen• Infrastrukturbra-chen

Heterogenisierung Vereinzelung

I. Anlass der Diplomarbeit

Kötter (2008)

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II. Instrumente

Instrumente

Hoheitlich gesteuerte Verfahren

z.B.: Städtebauliche

Sanierungs- und Entwicklungsmaßn

ahmen

Finanzielle Förderung

z.B.: Bund, Land, Städtebau-förderung

Kooperative Verfahren

z.B.: informelle Kooperationen

zw. Kommune und Privaten/ Privaten

Neues Instrumentarium: Urban Improvement DistrictsEigene Darstellung

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III. Private Initiativen zur Stadtentwicklung

Art Gebietskulisse Hauptakteure

Business Improvement District (BID)

Innenstadt, Einkaufsgebiet

Grundeigentümer, Geschäftsinhaber, Einzelhändler,

Neighbourhood/ Housing Improvement District (NID/ HID)

Wohngebiet Grundeigentümer,Mieter

Working Area Improvement District (WID)

Gewerbe- und Industriegebiet

Grundeigentümer, Gewerbetreibende

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IV. Das erste BID weltweit…

… stammt aus Kanada „Bloor West Village“

Derzeit gibt es mehr als 1000 BIDs in Nordamerika

Weitere BIDs in Europa, Australien, Japan, Südafrika

Seit 2003 erste Schritte auch in Deutschland

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V. Entwicklung der BIDs in Deutschland

V.1 Einführung des § 171 f BauGB

V.2 Übersicht der BID/ HID Gesetze in Deutschland

V.3 Definition „BID“

V.4 Merkmale eines BIDs

V.5 Organisationsstruktur der BIDs

V.6 Beispiel Hamburg

V.7 Merkmale ISG

V.8 Vergleich ISG und BID

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V.1 Einführung des § 171f BauGB

Novellierung des BauGB durch das „Gesetz zur Beschleunigung von

Planvorhaben der Innenentwicklung“

Einführung des § 171f BauGB – Private Initiativen zur Stadtentwicklung

„[…] Gebiete festgelegt werden, in denen in privater Verantwortung

standortbezogene Maßnahmen durchgeführt werden, die auf der Grundlage

eines mit den städtebaulichen Zielen der Gemeinde abgestimmten Konzeptes

der Stärkung oder Entwicklung von Bereichen der Innenstädte, Stadtteilzentren,

Wohnquartieren und Gewerbezentren dienen. Zur Finanzierung der Maßnahmen

[…] können durch Landesrecht Regelungen getroffen werden.“

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V.2 Übersicht BID-Aktivitäten

Stand Juni 2008

www.dhik.de

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V.2 Übersicht BID/ HID Gesetze

Bundesland Gesetz In-Kraft-TretenHamburg Gesetz zur Stärkung von Einzelhandels – und

Dienstleistungszentren (GSED)Gesetz zur Stärkung von Wohnquartieren durch private Initiativen

01.01.2005 01.12.2007

01.12.2007

Hessen Gesetz zur Stärkung von innerstädtischen Geschäftsquartieren (INGE)

01.01.2006

Bremen Bremisches Gesetz zur Stärkung von Einzelhandels- und Dienstleistungszentren

19.07.2006

Schleswig-Holstein Gesetz über die Einrichtung von Partnerschaften zur Attraktivierung von City-, Dienstleistungs-und Tourismusbereichen (PACT)

27.07.2006

Saarland Gesetz zur Schaffung von Bündnissen für Investitionen und Dienstleistungen (BIDG)

07.12.2007

Nordrhein-Westfalen Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISGG NRW)

10.06.2008

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V.3 Definition „BID“

Business Improvement District (BID)…

…beschreibt die Kooperation zwischen Grundeigentümern/ Einzelhändlern, die

gemeinsam ihren Standort – ein abgegrenztes, innerstädtisches, gewachsenes

Geschäftsviertel – in eigener Organisation und Finanzierung durch gezielte

Maßnahmen revitalisieren wollen. Basierend auf einer gesetzlichen Grundlage

erfolgt die Umsetzung der Planungen innerhalb eines definierten Zeitraumes!

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V.4 Merkmale eines „BIDs“

…am Beispiel Hamburgs

Ziel: Steigerung der Attraktivität eines Einzelhandels-, Dienstleistungs- oder

Gewerbegebietes

Eigene Organisation und Finanzierung von definierten Maßnahmen

Einrichtung durch Rechtsverordnung

Zustimmungsquorum von 15% der Eigentümer

Negativquorum von 30% der Eigentümer

Höhe der Abgabe orientiert sich am Einheitswert

Laufzeit max. 5 Jahre

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V.5 Organisationsstruktur der BIDs

Grundeigentümer

Freie und Hansestadt Hamburg

Aufgabenträger

Lenkungs-ausschuss

Business Improvement

District

BID-Abgabe

Öffentlich-rechtlicher Vertrag

Weiterleitung der

Finanzmittel

Einrichtung des BID durch Rechtsverordnung

Umsetzung der Maßnahmen

Beratung, Kontrolle beauftragen

Zust

imm

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15

%

Abl

ehnu

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30

%

Eigene Darstellung in Anlehnung an Friesecke (2007)

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V.6 Bsp. Hamburg

Die Ersten BIDs in Deutschland „Sachsentor“ und „Neuer Wall“in Hamburg

ZieleVerbesserung der Qualität des öffentlichen RaumesBewahrung des BranchenmixWerterhaltung des Grundeigentums

Maßnahmen Finanzielle Anreize für neue Einzelhändler Dekoration leerstehender SchaufensterBepflanzungenVerbesserung des öffentlichen ParkraumesZusätzliche Reinigungsmaßnahmen Organisation von EventsEigene Photographien

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http://www.bid-neuerwall.de

V.6 BID „Neuer Wall“

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V.7 Entwicklung „Immobilien- und Standortgemeinschaften“ in NRW

Initiativen zwischen Gemeinde und Privaten auf freiwilliger Basis, z.B. organisiert als VereinAufgaben und Pflichten in einem Entwicklungsvertrag festgehaltenImpulsgeber sollten Private sein, kann aber auch die Gemeinde seinMaßnahmen zusätzlich zu den Aufgaben der GemeindeFinanzierung erfolgt durch Land (60%), Kommune und Private (zusammen 40%)

Privaten Akteure Kommune Landesinitiative

Zahlen freiwil ligenBeitrag von mind.

10%

FinanzielleUnterstützung von

mind. 10%

Anschubfinanzie-rung für 2 Jahre

Finanzantei l40%

Finanzantei l60%

100%Finanzierung

Eigene Darstellung

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V.7 Entwicklung „Immobilien- und Standortgemeinschaften“ in NRW

22 Modellprojekte in NRW

Siegen

Oberhausen

Bocholt

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V.7 Merkmale „ISG“

„Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften“ (ISGG NRW)

Private Eigenverantwortung und in Ergänzung zu Aufgaben der Gemeinde

Standortbezogene Maßnahmen

Räumlich abgegrenztes Gebiet durch Satzung erlassen

Ablehnungsquorum > 25% der Eigentümer

öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen ISG und Gemeinde

Abgabenpflichtig sind alle Grundeigentümer

Abgabe orientiert sich an Verteilungsmaßstäben:

Einheitswert, Art und Maß der baulichen/ sonstigen Nutzung,

Grundstücksfläche, Grundstücksseite entlang der Erschließungsanlage

Zweckgebundenheit der Mittel für die geplanten Maßnahmen

Laufzeit max. 5 Jahre

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V.8 GSED vs. ISGG

ISG (NRW)

Kein Zustimmungsquorum

Ablehnungsquorum > 25%

Öffentlich-rechtlicher Vertrag

zwischen ISG und Kommune

Verschiedene Verteilungs-

maßstäbe für Abgabe möglich

BID (Hamburg)

Zustimmungsquorum > 15%

Ablehnungsquorum > 30%

Öffentlich-rechtlicher Vertrag

zwischen Aufgabenträger und

Hansestadt Hamburg

Abgabe orientiert sich am

Einheitswert

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VI. Übertragbarkeit des BIDs-Ansatzes auf Wohnstandorte

„Gesetz zur Stärkung von Wohnquartieren durch private Initiativen“, Hamburg

orientiert an dem GSED wesentliche Unterschiede:a) Hinzunahme von Maßnahmen gegen Lärmschutzb) Zustimmungsquorum < 30 %

MerkmalGebietstyp - Benachteiligte Gebiete mit städtebaulich-räumlichen & funktionalen

Mängeln- stabile Wohngebiete

Akteure - Selbstnutzende Eigentümer- Wohnungsunternehmen

Gebietsabgrenzung -Maßstabsunabhängig

Anwendung - „on top“- funktionale, bauliche oder gestalterische Verbesserung- Prävention oder Nachsorge- investive Maßnahmen oder Management-Aufgaben- Aufwertungsaktivitäten sowie Werterhaltungsmaßnahmen

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VI. Handlungsfelder der Housing Improvement Districts

Gebäude und Wohnumfeld Öffentlicher Raum- Rückbau/ Teilrückbau von Gebäuden- Nutzungsänderung von Gebäuden- Zwischennutzung von brachliegenden

Flächen/ Baulücken- Organisation gemeinschaftlicher

Hausmeisterdienste- Organisation eines Umzugsmanagements

- Aufstellung von Straßenmöblierung- Schaffung von Spiel- und Sportflächen- Gestaltung öffentlicher Grünbereiche- Sicherheitsmaßnahmen- Säuberungsmaßnahmen

Verkehr Soziale Dienste

- Verbesserung der ÖPNV Anbindung- Schaffung zusätzlichen Parkraumes- Lärmschutzmaßnahmen- Straßen- und Gehweggestaltung

- Einrichtung und Unterstützung von sozialen Einrichtungen

- Schaffung von zusätzlichen Angeboten für Jugendliche, Senioren,…

Ökonomie Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation

-Förderung von Betrieben/ Existenzgründern - Imagekampagnen, Werbemaßnahmen- Organisation von Events

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VI. Bsp. „Steilshoop“

Großwohnsiedlung in Hamburg

Daten14. 800 Einwohner6.400 Sozialwohnungen84 ha von 1991 bis 2000 Sanierungsgebiet

Projektblatt „HID Steilshoop“

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VI. Bsp. „Steilshoop“

Probleme

Funktionsverluste

Vandalismus und schlechtes Image

Hohe Wohnungsleerstände/ Vermietungsproblematik

Ziele

Stärkere Einbeziehung der privaten Eigentümer

Maßnahmen zur Stabilisierung/ Steigerung der Attraktivität des

Wohnquartiers

Identifikation mit dem Quartier

Finanzierung und Durchführung durch die Privaten

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VII. Vor- und Nachteile von privaten Initiativen zur Stadtentwicklung

Entwicklung von Partnerschaften zwischen den Privaten und der öffentlichen Hand

Zusätzliche Maßnahmen zur Stärkung des Quartiers

Keine finanzielle Belastung der Gemeinde

Langfristige Unterstützung eines abgegrenzten Quartiers

Quartiersbezogener Einsatz der Finanzmittel

langfristige Planung der Maßnahmen

Keine Trittbrettfahrerproblematik

Stärkung des „Wir-Gefühls“

Eigeninitiative der Privaten vor Ort

Fehlende Erfahrung in Deutschland

Keine Beteiligung der Mieter

Großer Mobilisierungsaufwand

Langer Initiierungsprozess (~ 2 Jahre)

Exorbitante Erwartungen der

Grundeigentümer

Stetige Privatisierung öffentlicher

Aufgaben

Nur Finanzstarke Quartiere können

sich die zusätzliche Abgabe leisten

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VII. Zusammenfassung & Ausblick

BIDs/ HIDs sind auf verschiedene Gebietstypen anwendbar

Zusätzliche Maßnahmen zur denen der Gemeinde

Steigerung der Attraktivität des Quartiers

Stärkung/ Entwicklung von Potentialen

Minderung des Leerstandes von Wohnungen/ Geschäften

Finanzierung durch alle (keine Trittbrettfahrer)

Gefahr der Verdrängung von Problemen in Nachbargebiete

Aktuelle BID-, HID- und ISG-Projekte weiter verfolgen

Weitere (gesetzliche) Entwicklungen der (anderen) Bundesländer abwarten

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QuellenverzeichnisGesetz zur Stärkung der Einzelhandels- und Dienstleistungszentren (GSED) vom 28. Dezember 2004, HmbGVBl. 2004Gesetz über Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISGG NRW), Vom 10. Juni 2008, GV. NRW. 2008 S. 474Diplomarbeit „Zur Übertragbarkeit des BID-Ansatzes auf Wohnstandorte“, Jan. 2007Friesecke, Frank: Housing Improvement Districts – Ein Instrument auch für die Innenstadtentwicklung, FuB 6/2007, S. 241-245Friesecke, F., Lockemann, S.: Neighbourhood Improvement Districts in Germany – A new Form of Urban Governance for the Improvement of Residential Areas, FIG Working Week, Juni 2008 Houstoun, L.O. (2003): Business Improvement Districts, Second Edition, Washington D.C., 2003Projektblatt „HID Steilshoop“, Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, 2008Wiezorek, Elena (2004): Business Improvement Districts – Revitalisierung von Geschäftszentren durch Anwendung des nordamerikanischen Modells in Deutschland?, Arbeitsheft Nr. 65 des Institutes für Stadt und Regionalplanung, Technische Universität Berlin, Berlin 2004www.urban-improvement-districts.dewww.dihk.dewww.bid-neuerwall.dewww.bid-1.dewww.bloorwestvillage.com