Zurückdrängung der Naturvoraussetzungen des Wirtschaftens ... · 5. W. Stanley Jevons – The...

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Aufstieg des fossilen Kapitalismus Zurückdrängung der Naturvoraussetzungen des Wirtschaftens in Politischer Ökonomie und Ökonomik Vilm, 19.7.2010 10. Vilmer Sommerakademie Martin Held, Evangelische Akademie Tutzing [email protected] Evangelische Akademie Tutzing

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Aufstieg des fossilen KapitalismusZurückdrängung der Naturvoraussetzungen des Wirtschaftens in Politischer Ökonomie

und ÖkonomikVilm, 19.7.2010

10. Vilmer SommerakademieMartin Held, Evangelische Akademie Tutzing

[email protected]

EvangelischeAkademie Tutzing

Motto

„Fossiles Denken schadet noch mehr als fossile Brennstoffe.“

(aus einer Werbung Bank Sarasin, Neue Zürcher Zeitung Herbst 2009)

1. Einführung – die FragestellungI Verdrängung von Natur: Natur in der

Geschichte des ökonomischen Denkens

Zur Einordnung in Aufriss 10. Vilmer Sommerakademie:• Klingt nach dogmengeschichtlichem Thema:

theoriegeschichtlich interessant, aber so what?• Hinter dieser naheliegenden Frage steht Wissenschaftsver-

ständnis: neue, verbesserte Theorien ersetzen veraltete, weniger erklärungskräftige Theorien – fortlaufende Verbesserung

• Tagungsaufriss legt dagegen nahe: wohl schon interessant und relevant für Tagungsthema „Natur auf der Rechnung – zur politischen Ökonomie des Naturschutzes“

1. Einführung – die Fragestellung(1 ) Ausgangspunkt der Veranstalter: Im Zuge der Entwicklung

des ökonomischen Denkens/der Wissenschaft (PÖ und NK) wurden die Naturvoraussetzungen des Wirtschaftens verdrängt.

Frage 1: Stimmt das? Falls zutreffend folgtFrage 2: Warum wurden die Naturvoraussetzungen des

Wirtschaftens verdrängt?Grundthese 1: Das Fossile an der Industriellen Revolution war dieVoraussetzung der erfolgreichen Form des Kapitalismus, wie wir

ihn kennen.Grundthese 2: Die Zurück-/Verdrängung der Naturvoraussetzun-gen des Wirtschaftens in der Entwicklung der Politischen Ökono-mie und Ökonomik war nur aufgrund der fossilen Prägung deserfolgreichen Aufstiegs des Kapitalismus möglich.

1. Einführung – die FragestellungDas Spezifische / Neue meines Zugangs zur Thematik:• Fokussierung auf die fossile Prägung des Kapitalismus

und Betonung: das dadurch entstehende mentale Modell war grundlegend für die Verdrängung der Naturvoraussetzungen des Wirtschaftens.

• Methodisch zentral: Theoriegeschichte wird nicht von realer Entwicklung abgehoben analysiert, sondern Wechselwirkungen Entwicklung Theoriebildung mit der realgeschichtlichen Wirtschaftsentwicklung für Verständnis Zurückdrängung Natur grundlegend.

1. Einführung – die Fragestellung

Grundthese 3: Fossile Energieträger begünstigten Verschwendung, Raubbau, Nichtbeachtung der Naturvoraussetzungen des Wirtschaftens (Herausbildung „Verschwendungswirtschaft“)

Grundthese 4: Der anstehende Umbruch (Große Transformation) bedeutet das Ende des fossilen Kapitalismus (fK), wie wir ihn kennen.

Einordnung: Deshalb ist Zugang nicht einfach theoriegeschichtlich von Interesse, sondern grundlegend zum Verständnis der heutigen Entwicklungen. Bedeutung fossiler Prägung nicht verstanden (extrem wenige Ausnahmen).

2. Adam Smith & die Ursprünge des fKAm Anfang war die physis

• Genauer gesagt, am Anfang der Politischen Ökonomie stand bei den Physiokraten die physis mit Kreislauf als reproduktionstheo-retische Modellierung als theoret. Fundament

• Adam Smith: kannte die Physiokraten, verwendete ihre Einsichten, hatte aber andere Zielsetzungen: Arbeitsteilung –Allokation in Relation zu Produktionsfaktoren (Arbeit/Lohn –Boden/Rente – Kapital/Gewinn)

• AS im Kontext verstehen / nicht ex post• Literaturtipp: wer sich für Entwicklung ökonomischen

Denkens interessiert, um Behandlung Naturvoraussetzungen des Wirtschaftens zu verstehen sei empfohlen: Heinz D. Kurz Hg. 2008 Klassiker des ökonomischen Denkens. München

2. Adam Smith & die Ursprünge des fKBeispielhaft Zitate aus The Wealth of Nations 1776:• “Both productive and unproductive labourers, and those

who do not labour at all, are equally maintained by the annual produce of the land and labour of the country“(Book 2, III, p 431)

• “the whole annual produce, if we we except the spontaneous productions of the earth, being the effect of productive labour.“ (few sentences later on, p 431)

• Das ganze Werk hindurch in diesem zentralen Punkt schwankend: Arbeitswertlehre – nur Arbeit produktiv; Bodenwertlehre: Arbeit und Boden produktiv

2. Adam Smith & die Ursprünge des fKDiese Spannung durchzieht ganzes Werk:„wertschaffend nur menschliche Arbeit –wertschaffend land and labour“• “The annual labour of every nation is the fund which

originally supplies it with all the necessaries and conveniences of life [...]“ (1. Satz Einleitung, p 103)

• “[...] what have been the effects of those debts upon the real wealth, the annual produce of the land and labour of the society.“ (letzter Satz Einleitung, p 105)

Bis hierher gängige Darstellung ad Begründung Poli-tische Ökonomie – später „Klassik“ genannt.

2. Adam Smith & die Ursprünge des fKEingehendere Analyse Produktionsfaktor land: steht bei AS umfassend für:• Bodenfruchtbarkeit (soil)• Klima / Jahreszeiten• Wasser (Süßwasser)• Minen (Eisenerz, Gold, Silber, Kohle)• Fische • etc. (z.B. Holz)D.h.: land steht umfassend für Naturproduktivität

2. Adam Smith & die Ursprünge des fK• “the whole annual produce, if we we except the

spontaneous productions of the earth, being the effect of productive labour.“ (p 431)

• Methodisch: erklärt seine Doppeldeutigkeit “spontaneous productions of earth“ zusammen mit Klima etc.: Naturproduktivität gibt es –nimmt er als gegeben; kann unterschiedlich sein (Bodenfruchtbarkeit, Erzgehalt Mine etc.)

• entscheidend ist, was durch menschliche Arbeit daraus gemacht wird (Böden „zivilisieren“ etc.)

2. Adam Smith & die Ursprünge des fK

große Bedeutung bei AS Minen: • Gold und Silber = Geld• Auch entstehendes Papiergeld in Wert an Gold

und Silber gebunden• Ausführlich zu „Fruchtbarkeit (fertility) und

Unfruchtbarkeit (barren)“ von mines• Kohle hat ebenfalls sehr hohe Bedeutung: “[...]

for the fossils and minerals contained in the bowels of the earth; the precious metals, and the precious stones.“ (Book One, XI., Part II)

2. Adam Smith & die Ursprünge des fKWealth of Nations – 1776 geschrieben:• “As art and industry advance, the materials of clothing

and lodging, the useful fossils and minerals of the earth, the precious metals and the precious stones [...]“(Book One, XI., Part III)

• Kohle spielt bei AS bereits sehr große Rolle, ganzes Buch hindurch! Entspricht wirtschaftlicher Entwicklung im Verein. Königreich.

• Bisher kaum beachtet. Hat weitreichende Bedeutung: AS skizziert Anfang der Herausbildung des fossil geprägten Kapitalismus (fK).

2. Adam Smith & die Ursprünge des fK• Realwirtschaftlich: Kohle in England bedeutsam –

insbesondere für Entwicklung London zur Metropole in beginnender Industrialisierung

• England und Wales weitgehend entwaldet; • Steinkohle küstennah Region Newcastle Substitut (sea-

coal genannt /Schifftransport)• “Coals are a less agreeable fuel than wood.“ (p 270)• Zuerst Kohle zur Heizung der Ärmeren / bereits im 17.

Jahrhundert nennenswert; dann immer mehr VerbreitungDazu grundlegend: Peter Sieferle 1982 Der unterirdische Wald. München.

2. Adam Smith & die Ursprünge des fKUm eine lange Geschichte auf den Punkt zubringen:• Übernutzung Zentralressource Holz in England,

dann auch Wales und später Schottland im Ursprungsland Kapitalismus

• Fossiler Energieträger Kohle bedeutende Rolle, um dem entstehenden Flaschenhals zu entkommen. AS ist sich dessen bewusst.

• Datierung: Noch bevor eigentlicher Durchbruch mit Dampfmaschine, -schiff, Eisenbahn etc. erfolgte.

3. Fossile Prägung industrieller Revolution

Um die lange Geschichte der iR wiederum auf den Punktzu bringen:• Dampfmaschine, später Dampfschiff, Eisenbahn etc.:

Kohle Voraussetzung – ohne deren Verfügbarkeit wäre iR anders verlaufen

• Damit Überwindung Engpass Übernutzung vorheriger Zentralressource Holz („unterirdischer Wald“).

• Sprung in Geschwindigkeiten/Erreichbarkeiten/Märkten / mechanische Kräfte etc.

• Neue Zentralressource Kohle: nicht-erneuerbarer, fossiler Energieträger; später plus Erdöl und Erdgas

3. Fossile Prägung industrieller Revolution

Aufstieg des fossil geprägten Kapitalismus: • Form, die erfolgreich war – heute mit Kapitalismus

schlechthin gleichgesetzt; ist aber spezifische Form• In Deutschland zeitgleich zu Verein. Königreich

Probleme mit Übernutzung Wälder: Versuch, Wälder nachhaltig zu bewirtschaften (im Unterschied zu UK noch kaum Kohle genutzt)

• „nachhaltig“ erstmalig bei von Carlowitz 1713; ausführlich Ulrich Grober 2010 Die Entdeckung der Nachhaltigkeit. München.

3. Fossile Prägung industrieller RevolutionPointe ad Nicht/Nachhaltigkeit• In Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen

Herausbildung „geordneter Forstwirtschaft“ / Konzept nachhaltige Holznutzung aus wirtschaftlichen Gründen

• Konzept Nachhaltigkeit aber nicht grundlegend durchgesetzt, da Kohle und später Erdöl und Erdgas Ressourcenengpass Holz vermeiden konnten.

• Erst nach langer zeitlicher Verzögerung nichtnachhaltige Entwicklung Folgen deutlich: Herausbildung modernes Konzept nachhaltiger Entwicklung ab etwa 1960er Jahre

• Einfluss Sonderentwicklung Forst darauf

4. Entwicklung PÖ – John Stuart Mill• Fossile Kohle half, Ressourcengrenze in UK zu

überspringen – später andere Länder in iR folgend.• Damit möglich, Naturproduktivität in Wirtschafts-

wissenschaft (Klassik/PÖ) immer mehr in den Hintergrund zu rücken – der realen wirtschaftlichen Entwicklung entsprechend.

• Aber Geschichte der Behandlung fossiler Energieträger in PÖ und später in Ökonomik („Neoklassik“ genannt; ab 1871) bisher nicht geschrieben

• Grundlegend zum Verständnis der Entwicklung der Wirtschaft

4. Entwicklung PÖ - John Stuart MillBeispiel John Stuart Mill Principles of Political

Economy, 1848 –grundlegendes Werk der PÖ• “The only products of industry, [...] depending

on a material which is not renewed, are either wholly or partially exhaustible; such as coal, and most if not all metals; for even iron, the most abundant as well as most useful of metallic products, which forms an ingredient of most minerals and of almost all rocks, is susceptible of exhaustion so far as regards its richest and most tractable ores.“ (Orig. 1848, Book IV, II. § 2)

4. Entwicklung PÖ - John Stuart Mill• Bedeutung fossiler Kohle war J St Mill bewusst.• Ebenso, dass nicht-erneuerbar und unterschiedlicher

Aufwand für Förderung je nach Kohlegehalt der Grube.• Aber: er hat das als gegeben unterstellt – noch nicht als

Schranke des Wirtschaftens thematisiert.• Sowenig wie er Ausführungen zu Naturschutz,

Bedeutung Wildnis für Menschheit in seine ökonomische Theorie integrieren konnte (ausführlich dazu Martin Held 2009 Nachhaltigkeit und Naturschutz unter ökonomischer Perspektive, in: Landschaft in einer Kultur der Nachhaltigkeit, Band III, S. 48-75)

5. W. Stanley Jevons – The Coal Question

Grundlegendes Werk zum Thema• W. Stanley Jevons: The Coal Question. An Inquiry

Concerning the Progress of the Nation, and the Probable Exhaustion of our Coal-mines

• Erstauflage 1865; hat sich Zeit seines Lebens mit Thematik befasst (es gab dazu Royal Commissions); Third Edition Revised, Ausgabe 1965 Ed. A.W. Flux

• Er war Geologe und Ökonom!• Er war einer der 3 Begründer der Neoklassik

5. W. Stanley Jevons – The Coal Question• Ausgangspunkt: Erschöpfbarkeit Kohlegruben• Kohle Voraussetzung für Aufstieg UK als führende

Wirtschaftsmacht• Prognostiziert Peak Coal für UK (der erste zum Thema) und

Überflügelung durch Volkswirtschaften wie USA (haben mehr Kohle + später beginnende Kohleförderung)

• geht Frage Substitutionsmöglichkeiten nach, z.B. taucht Erdöl bereits auf!

• Unterscheidet erneuerbare – nicht erneuerbare Ressourcen und so fort!

• Nicht ökologisch motiviert: sondern Größe und Vorrangstellung von UK; dabei aber zukünftige Generationen UK (duty for posterity) im Blick.

5. W. Stanley Jevons – The Coal Question

Einige wenige ausgewählte Fundstücke:• “DAY by day it becomes more evident that the

Coal we happily possess in excellent quality and abundance is the mainspring of modern material civilization. [...] And as the source especially of steam and iron, coal is all powerful.“(programmatischer Beginn Buch, p 1)

5. W. Stanley Jevons – The Coal Question

Es geht so pointiert weiter:• “But coal alone can command in sufficient

abundance either the iron or the steam; and coal,therefore, commands this age – the Age of Coal.Coal in truth stands not beside, but entirely above, all other commodities. It is the the material source of the energy of the country –the universal aid – the factor in everything we do. With coal almost any feat is possible or easy; without it we are thrown back into the laborious poverty of early times.“ (p 2)

5. W. Stanley Jevons – The Coal QuestionEr ahnte bereits, dass seine Botschaft unbeliebt sein wird:• “Geologists of eminence [...] were long ago painfully struck by the

essentially limited nature of our main wealth. And though others have been found to reassure the public, roundly asserting that all anticipations of exhaustion are groundless and absurd, and ‚may be deferred for an indefinite period.‘ “ (pp 2f)

• “The thoughtless and selfish, indeed, who fear any interference with the enjoyment of the present, will be apt to stigmatise all reasoning about the future as absurd and chimerical. But the opinions of such are closely guided by their wishes. It is true that at the best we see dimly into the future, but those who acknowledge their duty to posterity will feel impelled to use their foresight upon what facts and guiding principles we do possess.“ (p 4)

5. W. Stanley Jevons – The Coal Question

• “It is shown that in all probability there is no precise physical limit of deep mining, but that the growing difficulties of management and extraction of coal in a very deep mine must greatly enhance its price. It is by this rise of price that gradual exhaustion will be manifested, and its deplorable effects.“ (p 7)

5. W. Stanley Jevons – The Coal QuestionAd Peak Coal /exhaustion of our coal-mines• “[...] a vague notion that some day our coal seams will be found

emptied to the bottom, and swept clean like a coal-cellar.“ (pxxix)

• “It is almost needless to say, however, that our mines are literally inexhaustible. [...] I mean the end of the presentprogressive condition of the kingdom. [...] It is simply that we cannot long progress as we are now doing.“ (p xxx)

Vergleichbar heute „der letzte Tropfen Öl“ – nicht das relevant, sondern Zeitpunkt, ab dem Förderung Höhepunkterreicht. Er verwendet Begriff peak coal noch nicht direkt,aber er bringt die Sache präzise auf den Punkt.

5. W. Stanley Jevons – The Coal Question

Zusammenfassend:• Jevons wurde berühmter Neoklassiker. Er hat

materielle Grundlage Aufstieg UK gut verstanden.• Sein Werk macht deutlich: Fossile Kohle war

Voraussetzung dafür, dass Naturschranke Produktivität Böden für „einige Zeit“ überspielt werden konnte.

• Er selbst konnte The Coal Question nicht in sein theoretisches Werk von 1871 integrieren! Beide standen unverbunden nebeneinander.

5. W. Stanley Jevons – The Coal QuestionRezeption Ökonomik: • Theory of Political Economy (1871) – Begründung Fundierung

NK, empirische Arbeiten und Methodik sehr starke Wirkung • The Coal Question dagegen wenig beachtet.• Ausnahme: Jevons‘ Paradoxon – heute Rebound-Effekt genannt.• Verständlich: Grenzen des Wachstums aufgrund Erschöpflichkeit

/ Nichterneuerbarkeit fossiler Kohle war „Negativbotschaft“; und man hat es auch theoretisch nicht verstanden.

• Bis heute, Beispiel: „Die Coal Question kann insoweit durchaus als Vorläufer späterer ressourcenpessimistischer Werke gesehen werden, etwa der Studie Grenzen des Wachstums von 1972 [...].“(van Suntum2008 William Stanley Jevons. In D. Kurz)

5. W. Stanley Jevons – The Coal Question

Jevons hat das vorausgesehen und dem Buchdoppelte Widmung vorangestellt:• “Non progredi est regredi.“

• “The progressive state is in reality the cheerful andthe hearty state to all the different orders of society; the stationary is dull; the decling melancholy.“ (Adam Smith)

5. W. Stanley Jevons – The Coal Question

Es hat nicht geholfen:• The Coal Question wurde heftig angegriffen.• Führte aber immerhin zu mehreren Royal Commissions

Prüfung ob Fördermaximum Kohle Uks führende wirtschaftliche Position gefährdet [by the way: natürlich gab es peak Kohleförderung in UK]

• Theoretisch dagegen sein Buch wenig Wirkung – nur sein 2. Hauptwerk grundlegende Wirkung –Begründung Neoklassik: methodologischer Individualismus; weitere Zurückdrängung Faktor „Boden“ als Platzhalter für Naturproduktivität

6. Zusammenfassende EinordnungZusammenfassend:

• Fossile Kohle war Voraussetzung für wirtschaftliche Dynamik und Aufstieg UK – und damit industrielle Revolution.

• Jevons verstand dies und analysierte es im Detail.• Aufstieg des fossilen Kapitalismus ermöglichte es, die

natürlichen Grenzen des Wirtschaftens weit zu verschieben (durch Nutzung fossiler Lagerstätten).

• Dadurch Bodendegradation im großen Stil möglich, hatte immer weitergehende Verdrängung der Naturproduktivität des Wirtschaftens in Ökonomik zur Folge.

• Nur noch Spezialdisziplinen, die Naturproduktivität und Reproduktionszyklen behandeln; dazu ausführlich Vortrag Sabine Hofmeister

6. Zusammenfassende EinordnungEinordnung:

• Dazu mache ich kühnen Sprung in die Gegenwart. • Wir erleben heute den Anfang des Ende des fossilen

Kapitalismus, wie wir ihn kennen.• Um die Bedeutung dieses Einschnitts zu verstehen, ist die

Analyse des Fossilen an der industriellen Revolution und die fossile Prägung des Kapitalismus Voraussetzung; d.h. Jevons The Coal Question ist so bedeutsam wie seine Arbeit von 1871.

• Literaturtipps: Elmar Altvater 2005 Das Ende des Kapitalismus wie wir ihn kennen. 2005 und Jörg Schindler und Martin Held unter Mitarbeit von Gerd Würdemann 2009: Postfossile Mobilität – Wegweiser für die Zeit nach dem Peak Oil. Bad Homburg.

6. Zusammenfassende Einordnung

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Plateau der globalen Ölförderung seit 2005

Source: US EIA, Rembrandt Koppelaar June 2009

6. Zusammenfassende EinordnungPlateau der globalen Ölförderung seit etwa 2005: d.h.das Fördermaximum des konventionellen Erdöls istjetzt – Peak Oil.Jährliche Produktionszahlen nach US-EIA

Crude oil (and lease condensates) in Thousand barrels/day

• 2004: 72.476• 2005: 73.719• 2006: 73.429• 2007: 72.987• 2008: 73.652• 2009: 72.251

6. Zusammenfassende Einordnung• Die Nichtnachhaltigkeit des fossilen Zeitalters kommt

nicht dann an ein Ende, wenn der „letzte Tropfen Öl“verbraucht ist bzw. alle nutzbaren fossilen Energieträger verbraucht sind (siehe oben bereits Jevons vergleichbar zu Kohlekeller).

• Der Anfang vom Ende des fossilen Zeitalters beginnt vielmehr dann, wenn der erste große fossile Energieträger – im tatsächlichen Fall Erdöl –Fördermaximum erreicht.

• Oilspill im Golf von Mexiko vermittelt in aller Deutlichkeit, dass dies jetzt der Fall ist, nicht in unbestimmt ferner Zukunft.

6. Zusammenfassende EinordnungAntwort auf Ausgangsfrage 1:

• Durch die fossilen Energieträger konnten die Naturvoraussetzungen in der Ökonomik immer weiter „entschwinden“, bis sie sich über die Folgen der Degradation mit gehöriger zeitlicher Verzögerung (Maskierung durch time-lag) bemerkbar machten.

• Das ist der Ausgangspunkt der heutigen Debatten um ecological services etc.

• Dabei aber die Fossilität des Geschehens selten genügend beachtet. Hole ich hiermit nach.

• The Coal Question grundlegend – Rebound-Effekt ein Detail daraus, grundlegend ist der Teil zu fossilen Grundlagen des Wirtschaftens, dessen Nichtnachhaltigkeit und Ende wenn Peak kommt.

6. Zusammenfassende EinordnungGrundthese 1: Das Fossile an der Industriellen

Revolution war die Voraussetzung der erfolgreichen Form des Kapitalismus, wie wir ihn kennen.

Grundthese 2: Die Zurück-/Verdrängung der Naturvoraussetzungen des Wirtschaftens in der Entwicklung der Politischen Ökonomie und Ökonomik war nur aufgrund der fossilen Prägungdes erfolgreichen Aufstiegs des Kapitalismus möglich.

Grundthesen sind plausibel. Es gilt, diese genauer zu analysieren und dementsprechend zu spezifizieren.

6. Zusammenfassende EinordnungGrundthese 3: Fossile Energieträger begünstigten Ver-schwendung, Raubbau, Nichtbeachtung der Naturvor-raussetzungen des Wirtschaftens (Herausbildung „Ver-schwendungswirtschaft“) Dazu ausführlicher:Jörg Schindler und Martin Held 2009

Grundthese 4: Der anstehende Umbruch (Große Trans-formation) bedeutet das Ende des fossilen Kapitalismus(fK), wie wir ihn kennen. Dazu ausführlicher:Tutzinger Tagung 23.-25.9.2011: Postfossile Revolution– Abschied vom fossilen Kapitalismus (Mit Peter Siefer-le, Jochen Luhmann, Klaus Kümmerer, Jörg Schindler)

Schlussmotto

It‘s the end of the world, aswe know it and I feel fine.(Rockband R.E.M.)

It‘s the end of the fossilworld, as we know it. And we feel fine. (abgewandelt Jörg Schindler

und Martin Held)