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ZUSAMMEN MEHR ERREICHEN KLEINER RATGEBER FÜR BEZUGSGRUPPEN C O P Y @ L E F T

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ZUSAMMEN MEHR

ERREICHENKLEINER RATGEBER

FÜR BEZUGSGRUPPEN

COPY@LEFT

Hallo allerseits,

hier haltet ihr eine Neuauflage des Bezugsgruppenreaders in derHand.Wir hatten im Jahre 2006, ein Jahr vor dem G8-Gipfel inHeiligendamm, die Idee, eine Broschüre zu machen, in der unsereund die Erfahrungen anderer einfließen sollten. Der Anlass war, dasswir immer wieder das Gefühl hatten, dass bei Demos und Aktionenimmer mehr Menschen alleine unterwegs sind. Sie schienen sowenig informiert zu sein, dass sie z.B. nicht wissen, was der EA(Glossar) ist oder sie liefen und laufen ziellos durch die Gegend undrennen dann häufig schnell weg.

Unser Motto: "Zusammen mehr erreichen - bildet Bezugsgruppen"stieß auf erstaunlich positives Echo und deswegen haben wir unsentschlossen, diese Broschüre nochmals zu überarbeiten und zuergänzen. Sie wird immer noch nicht vollständig sein und deswegenhaben wir uns entschlossen, unser Projekt auf einer neuenHomepage (bezugsgruppenreader.so36.net) weiterzuführen, sodass ihr euch alle beteiligen könnt.

Es ist immer noch so: Wir waren und sind in verschiedenenBezugsgruppen organisiert und sind auch nicht immer einerMeinung, auch nicht bei dem, was genau eine Bezugsgruppe ist undwie sie organisiert sein kann/sollte.

Von uns wurde der Versuch fortgesetzt, vieles von demaufzugreifen, was uns durch den Kopf gegangen ist und was wiruntereinander und mit anderen diskutiert haben: Wir wollen dazuanregen, Bezugsgruppen zu gründen, in Zusammenhängengemeinsam unterwegs zu sein und vieles gemeinsamauszuprobieren. Es sollen keine Rezepte oderHandlungsanweisungen sein und wissen, dass auch diese neueBroschüre nur ein Anfang darstellen kann. Welche Aktion ihr plant,durchführt oder woran ihr euch beteiligt oder nicht beteiligt, solltetihr gemeinsam entscheiden. Wir meinen, Bezugsgruppen sind eineGrundlage, um gemeinsam politisch aktiv zu werden.

Bildet Bezugsgruppen 3

KANN EINE BEZUGSGRUPPE ZIEMLICH VIEL MACHEN, ABHÄNGIG NATÜRLICH VON DER

2 Bildet Bezugsgruppen

4-7 Banden bilden - Versuch einer Einführung

8-11 Ein Rezept für 5-16 Personen oder: "Gibt es einen Baukasten für Bezugsgruppen?"

Verschiedene Formen von Bezugsgruppen:

12-16 NUH

17-18 Samba-Action-Band

19-21 ClownsArmy

21-24 Möglichkeiten einer (schnellen) Entscheidungsfindung oder "Ach du scheiße,

da ist eine Lücke in der Bullenkette"

24-28 Vorbereitung und Nachbereitung von Aktionen

29-30 ---Erfahrungsbericht---

30-32 ...Aber 1000 sind auch kein Pappenstiel

32-34 Den Riot in die Steppe tragen!

34-36 Rechtstipps

36-39 Bezugsgrupppen in großen Gruppen

40-41 Solidarität kann eine Waffel sein

42-44 Leistungsdruck: Der Weg ist das Ziel

45-47 Burn out statt burn down?

48-50 Out of action

51-52 Die Demosanigruppe rät ...

53-57 Technisches

58-60 Medien

60-62 ---Erfahrungsbericht---

63-67 A-Z Glossar

GLIEDERUNG

ANREGUNG FÜR: "WAS MENSCH ALLES SO MIT EINER GRUPPE MACHEN KANN� - ERSTMAL

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kann, euren durchaus ganz individuellen Lieblingstanz zuentwickeln. Pogo oder Tango - diese Frage müsst ihr nämlich -zusammen mit euren Freud_innen und Genoss_innen - selbstentscheiden. (Und nebenbei auch die Frage, ob denn jetzt Tangooder Pogo in der konkreten Situation angemessen ist - die Frage,welcher Tanz am subversivsten und radikalsten ist, lässt sichwahrscheinlich nicht abschließend klären. Das ist immer von derSituation abhängig.)

Aber der Reihe nach. Die Verhältnisse sollen tanzen. Momentantun sie es nicht. Wir sehen das so, dass die gesellschaftlichenVerhältnisse gegenwärtig ein Herrschaftssystem mit einerungeheuren Zerstörungskraft darstellen. Der kapitalistischenMarkt hat, mit in globaler Sicht unterschiedlichen Auswirkungen,Unterdrückung, Ausbeutung und Armut zur Folge. Er führt überkurz oder lang zu ökologischen Katastrophen, er ist die Grundlagefür ein imperiales Kommando, welches für viele Menschen Kriegund die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen bedeutet.

Das alles heißt aber nicht, dass eine Kritik automatisch aufdüstere Katastrophenszenarien hinauslaufen muss. Im Gegenteil:in bestimmter Hinsicht wäre vor einer Überhöhungen diesesHerrschaftssystems zu warnen. Für uns ist das eine Frage derPerspektive. Wir denken, dass wir weniger Theorien darüberbrauchen, wie Herrschaftsstrukturen, wie der Kapitalismus, wiedie rassistische und sexistische "Normalität" funktionieren. Waswir vielmehr brauchen, ist eine Theorie über die Verletzbarkeitdieser Herrschaftsstrukturen. Eine Theorie und eine Praxis, diedavon ausgeht, dass wir das, was wir kritisieren, auch abschaffenbzw. verändern können.

Zurück also zu der Frage, wie die herrschenden Verhältnisse inBewegung kommen und tanzen. Wir leben in einer Gesellschaft,in der die Trennung systematisch verfestigt und institutionalisiertwird. Das kapitalistische Kommando vereinzelt die Menschen,trennt sie von ihrem Arbeitsprodukt, bestimmt darüber, wasproduziert wird und wann für jede_n einzelne_n morgens derWecker klingelt. Die rassistische und sexistische "Normalität"

ABER AUCH DIE KANN MENSCH JA ERWEITERN. DENN WIR WOLLEN UNS JA GEGENSEITIG

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Aber genauso wie wir uns nicht immer einig sind, hoffen wir, dassviele hier Anregungen finden und Kritik üben. Die Broschüre ist zumStöbern, Lesen, darin Blättern ... und kein Lehrbuch zumdurcharbeiten, denn so einfach funktioniert das nicht. DieHomepage bezugsgruppenreader.so36.net soll diesen Readerergänzen, fortsetzen, kritisieren, loben.....

Viel Spaß beim Lesen, Experimentieren und demselbstbestimmteren Alltag. Wir freuen uns auf eine spannendeweitere Auseinandersetzung. Werdet aktiv: Bildet Bezugsgruppen,bildet Banden! Habt Spaß und lasst euch nicht erwischen!

eure "ZUSAMMEN MEHR ERREICHEN" - RedaktionsGruppe

Wir sind zu erreichen unter: [email protected] zu finden unter: bezugsgruppenreader.so36.net

GRUPPENGRÖßE UND WAS MENSCH SO KANN - VON DEN FÄHIGKEITEN AUS GESEHEN.

BANDEN BILDEN

VERSUCH EINERALLGEMEINENEINFÜHRUNG

Was genau bedeutet eseigentlich, die herrschendenVerhältnisse zum Tanzen zubringen? Tanzen können wir alle- aber Verhältnisse, wennmensch darunter hier jetzt malstarre Beziehungen zwischenMenschen bzw. Gruppen vonMenschen versteht - wie sollendie denn tanzen? Nun, wirdenken schon, dass das geht unddenken auch, das euch dieseskleine Heftchen evtl. helfen

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Dieser Prozess, die Diskussionen, in denen wir Beziehungenzueinander aushandeln, kann auch (neben der Tatsache, dass siefür Demos und Aktionen immer wieder ganz praktisch sind) deremanzipatorische Kern von Zusammenschlüssen sein, also vondem, was in dieser Broschüre Bezugsgruppe genannt wird.Einfach ausgedrückt, sind Bezugsgruppen ja das Resultat einesProzesses, in dem Leute zusammenkommen, um die "Realität"nicht zu akzeptieren; um gegen etwas aktiv zu werden - G8-Gipfel, rassistische Gesetze, Nazis, Atomtransporte, was auchimmer. Letztlich landet mensch dann, ausgehend von derEmpörung und der Kritik an einzelnen Schweinereien, wiederbeim "großen Ganzen", bei der starren Welt aus Kategorien wieKapital, Staat, Geschlecht etc. Deren Überwindung, dieÜberwindung von Herrschaft, kann aber nicht im "großenSprung" erfolgen. Sie kann nicht an Technokrat_innen undFunktionär_innen delegiert werden, auch nicht, wie wir immerwieder vor Augen geführt bekommen, an Parteien. In der Frageder gesellschaftlichen Befreiung gilt weiterhin: "Das müssen wirschon selber tun!" Setzen wir der erstens dummen und zweitensfalschen Annahme, die Geschichte sei zu Ende und jede ihresGlückes Schmied, ein munteres "Zusammen sind wirunausstehlich!" entgegen. Banden bilden. Das wäre ein guterAnfang.

SICH MIT ANDEREN BEZUGSGRUPPE ODER ZUSAMMENHÄNGEN ZU KOORDINIEREN. Z.B.

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trennt in deutsch und nicht-deutsch, in Mann und Frau. Esentsteht eine starre Welt, in der Menschen anhand vonZuschreibungen beurteilt werden, in der Menschen Identitätenhaben wie Ohren und Nase, quasi "von Natur aus".

Im Gegensatz zu dieser starren Welt verweist linke Kritik auf dieMöglichkeit, es anders zu machen, sie verweist auf dieMöglichkeit, die Spielregeln nicht zu akzeptieren, den Spieltischzu zertrümmern - theoretisch wie praktisch. Das bedeutet zumBeispiel, das neoliberale t.i.n.a-Prinzip - "There is no alternative -es gibt keine Alternative zum kapitalistischen Markt!" - als billigenund langweiligen Trick, den Sachzwang von Konkurrenz undWettbewerb als schlechten Witz und die starre Welt von Identitätund Trennung als konstruiert und vor allem als dumm undunmenschlich zurückzuweisen.

"Das ist erstmal Kopfrockerei, was bedeutet das denn konkret?"könntet ihr jetzt fragen. "Wie kämpfen wir konkret gegen diesestarre Welt von Herrschaft und Normierung?" Die einzigesinnvolle Antwort, die (auch) uns als Autor_innenkollektiv daraufbisher einfiel, lautet: Wir nehmen unser Leben selbst in die Hand.Wir gestalten unsere Beziehungen untereinander anders, als esuns die gesellschaftliche Normalität nahe legt. Wir bekämpfenKategorien wie "Geschlecht" oder "Nation". Wir entwickeln eigeneMaßstäbe. Naja, wir versuchen es zumindest. Das ist alles andereals einfach. Wir orientieren uns zum Beispiel nicht an derMaßgabe "Leistung". Wir entwickeln einen eigenen Rhythmus,unsere eigene Zeit, Dinge zu tun: Flugblätter schreiben,frühstücken, Kampagnen aushecken, Aktionen vorbereiten,tanzen gehen etc. Wenn Diskussionen dabei manchmal ewiglange dauern, weil alle zu Wort kommen müssen, ist das nichtunproduktiv, sondern notwendig. Trotzdem bleibt das selbst beidiesem kleinen Beispiel ein ständiges Ringen, bleibt diegesellschaftliche Normalität ständig präsent: "Schnell abstimmenjetzt!" heißt es dann. "Dieser Punkt ist doch nebensächlich, zumnächsten Punkt der Diskussion! Wir können auf XY jetzt keineRücksicht nehmen..."

WEITERBRINGEN UND VONEINANDER LERNEN. FÜR EINIGE VORSCHLÄGE IST ES GUT,

Studis, die merken, dass sie ja eh immer auf die gleichenDemos rennen, oder oder oder sein.

sich vorbereiten

Wenn ihr zu dem Punkt gekommen seid "cool, das klingt dochganz gut, lass es uns einfach versuchen", ist es sinnvoll, sichregelmäßig zu treffen. Wie oft, ist natürlich eure Sache. Daskann von Sich-wöchentlich-treffen bis Sich-im-Vorfeld-zweimal-ein-langes-Wochenende-nehmen sein. Das ist auchdavon abhängig, was ihr vorhabt und wie gut ihr euch kennt.Aber lieber etwas zu oft treffen, als dass es nachher dannheißt "Wir hatten gar keine Zeit das zu besprechen"...

Und so sind wir auch beim wichtigsten "Werkzeug"! Was sogesehen auch kein greifbares ist, nämlich reden und zuhören.Das klingt so schön banal, ist es auch, irgendwie. Die meistenGruppen, die wir kennen, fangen ihre Treffen mit einer "wiegeht es mir gerade/ Emorunde" (Glossar) an, einfach einekurze Runde zum Stand der persönlichen Dinge. Es muss nichtjede_r was sagen, aber es kann auch ein Ort während desTreffens sein, um sagen zu können, warum mensch gute oderschlechte Laune hat,was ihr/ ihm vomletzten Mal noch imMagen liegt oder wasmensch gerne einfachallen mitteilenmöchte. Danach kannmensch vielleichtbesser verstehen,warum xy in derDiskussion schnellgereizt ist oder auchalles total leicht sieht,da eh alles gerade beixx gut läuft.

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MIT DER VOKÜ ABZUSPRECHEN. KLAR GEHT SO WAS AUCH VOR ORT, ABER ES IST DOCH

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Ein Rezept für 5-16 Personen

oder: "Gibt es einenBaukasten für

Bezugsgruppen?"

ANREGUNGEN FÜR DAS "GRÜNDEN" EINER BEZUGSGRUPPE

In diesem Kapitel geht es um die Frage: "wie kannst Du /könnt Ihr eine Gruppe finden?" Du kannst Dich erstmal inDeinem Freundeskreis umhören, wer noch hinfahren möchte.Wenn Ihr von einander wisst, ist es gut, sich zu treffen undsich darüber auszutauschen. Ihr solltet klären, was euchbewegt, dorthin zu fahren und was ihr für Ideen habt und wasjede_r von euch dort tun möchte, da ihr erstmal wissenmüsst, ob das zusammenpasst. Wenn bei dem Treffen klarwird, dass Ihr ganz unterschiedliche Ideen habt, z.B. von "ichwill da zur Demo" bis "ich will da Camp-Struktur machen"- istdas nicht die beste Voraussetzung. Aber das bedeutet nichtunbedingt, dass das gar nicht funktionieren kann. Vielleichtkommt ihr doch zusammen und könnt ein Konzept entwickeln,in dem sich alle wiederfinden. Gut ist auch, sich die Frage zustellen: Wieso will ich das und nicht jenes machen? Dabeikann sich evtl. der Blickwinkel ändern und mensch kanndadurch offen werden was anderes auszuprobieren. Vorweggleich mal: es gibt "zum Glück" nicht den einzigen Weg, wieeine Bezugsgruppe entsteht. Mensch kann schon sagen, dassviele Bezugsgruppen aus WG´s oder offenenPolitzusammenhängen entstanden sind. Aber es können aucheinfach Freundeskreise, Schüler_innen die sich kennen,

WENN IHR AUF DEM CAMP KOCHEN WOLLT, KANN ES GUT SEIN DIES SCHON MAL VORHER

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sehr komplex und hat viele Seiten. Aber es ist gut, sichzumindest auf "Basics" zu einigen wie: ausreden lassenund/oder bei kontroversen Diskussionen jede_n zu Wortkommen zu lassen. Auch stummes Kommentieren, z.B. immernicken, wenn es einer passt, immer was in die Hand nehmenund lesen, wenn wer anders was sagt, sind Formen vondominieren und sich immer wieder den Raum nehmen und ihndamit den anderen wegnehmen.

ablauf der treffen

Wie ihr das/die Treffen gestaltet, ist ganz eure Sache. Ihrmüsst einfach sehen, wie strukturiert Ihr es braucht. Ob esohne Redeleitung oder Tagesordnung geht, hängt oft von derGruppengröße ab und davon, was Ihr machen wollt - aber esist gut, auch mal zu experimentieren. In Bezugsgruppen ist esunserer Meinung nach wichtig, im Konsens zu entscheiden,was nicht heißt, das immer alles bis ins letzte diskutiertwerden muss und dass alle alles richtig finden. Innerhalb derBezugsgruppe sollte ein Großteil beschlossen werden und dieanderen sollten damit einverstanden sein. Falls wer sagt "dasgeht nicht" und vom Vetorecht Gebrauch macht, muss das zuGehör kommen und ein Umgang damit gefunden werden.Aber sich innerhalb einer Bezugsgruppe anMehrheitsentscheidung zu orientieren, hat nichts mitgleichberechtigter Beteiligung zu tun. ZuEntscheidungsfindungsprozessen gibt es in dem Heft auchnoch extra Tipps.Kleiner Nachtrag noch: oft wird in Bezugsgruppen überMänner- /Frauenquote geredet. Tja, was sollen wir dazuschreiben? Wie so oft haben wir keine Lösung, aber ein paarFragen können wir aufwerfen: Was macht die Gruppe aus,wenn sie nur aus Männern oder Frauen besteht? Warum solltedann eine Frau bei Männern mitmachen oder ein Mann beieiner Frauengruppe? Wenn es für alle okay ist, warum nicht.Aber trotz großer Ansprüche wissen wir, wie anstrengend undnervenaufreibend das für die jeweilige "Minderheit" ist.

ERWEITERBARE LISTE MIT VORSCHLÄGEN: PLAKATE FÜR DIE MOBILISIERUNG ZUM

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miteinander reden - und wie?

Um mit dem Werkzeug "Reden und Zuhören" gut umgehen zukönnen, braucht mensch meistens noch viel Übung. Klar hatjede_r eine Stimme und kann irgendwie zuhören, aber dieeinen können gut reden (manchmal auch ohne wirklich etwaszu sagen) und die anderen hören dass, was sie wollen. Dasklingt ziemlich böse und wollen wir auch erstmal keiner/munterstellen! Oft sind es soziale und gesellschaftliche Rollen,die wir so gelernt haben: in der Schule, als Kind, in derBeziehung zu Freund_innen oder auf der Arbeit. Aber es ist

nicht "nicht veränderbar", es ist Teil unserer Utopie, dass wirals Menschen innerhalb einer Gruppe wachsen und unsgegenseitig weiterbringen. Dafür muss mit dengesellschaftlichen Rollen auch umgegangen werden, dasThema heißt dann hier Redeverhalten. Es ist gut, sich darübereinmal Gedanken zu machen. "Wo fällt yx immer wem andersins Wort/ wie bekommen wir das hin, dass alle was dazusagen/ was steht dahinter, dass ich immer so lange rede oderxy immer sofort auf alles was sagen muss". Das Thema ist

BESSER FÜR ALLE BETEILIGTEN, WENN MENSCH ES PLANEN KANN. ALSO GUT, EINE

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wie dieser Diskussionsprozess gelingt, das finde ich dasallerwichtigste beim Thema Bezugsgruppe.

NUH traf sich alle zwei Wochen, zum Teil öfter. Wir waren,wie gesagt, 25 Leute, kannten uns zum Teil gut, zum Teilgar nicht. Einige machten schon länger Politik und hatteeinige Erfahrungen gemacht, für andere war es mehr oderweniger die erste Aktion. Einerseits muss mensch diesenUnterschied, wie ich finde, anerkennen, er darf allerdingsauf keinen Fall zu einer Trennung in Kader und Fußvolkführen. Es liegt wohl an allen, dass das hinhaut. Beim NUHfand ich den Diskussionsprozess ganz gelungen. Für michwar das eher neu und aufregend, trotzdem waren alledummen Fragen voll OK, es gab nicht dieses Rumgetue,dass du cool sein musst und ganz abgeklärt. Wenn dasanders läuft und einzelne die Diskussion dominieren oderein Teil der Leute sich nicht traut, Kritik zu üben odernachzufragen, dann ist das absolut fatal. Weil es uns dochdarum geht: Rauszukommen aus Verhältnissen, die unsbestimmen, rumkommandieren, uns aussaugen. Die Politikund die Aktionen, die wir machen und gestalten, sollen jagerade Mut und Hoffnung machen und zeigen, dass esanders geht, dass wir nicht nur Räder, sondern auch Sandim Getriebe sein können.

In diesem Sinne war NUH für mich wichtig: Es war unsere,also auch meine Aktion. Wir haben sie ausführlichausgewertet, was zum Einen extrem lustig war, zumAnderen einfach dazugehört, weil das alles eben einzusammenhängender Prozess ist, in dem wir voneinanderlernen, unsere "Arbeit", das, was wir zusammen machen,weiterentwickeln - nach unseren Vorstellungen, nicht mitBlick auf das Strafgesetzbuch oder dumme Kategorien wieKapital oder Geschlecht oder was weiß ich. Naja, und indiesem Sinn ist dieses Zusammenkommen dann auchrevolutionär. Eine Revolution ohne großen Rumms, ganzalltäglich, auf den ersten Blick auch ganz einfach - undwirklich großartig.

CAMP-SCHUTZ, MOBILE FAHRRADWERKSTATT, INFOVERANSTALTUNGEN, PARTYS FÜR DIE

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AUF KEINEN FALL EINE KADER-ORGANISATION

Irgendwann Ende der 90er Jahre war ja die Einsicht weitverbreitet, dass unberechenbare, direkte Aktionen gegenAtomtransporte der beste Weg sei, für die Stilllegung allerAtomanlagen und überhaupt zu streiten. So auch inunserer kleinen Stadt. In dieser Zeit entstand auch der, sonenne ich das jetzt einfach mal, "nette, unkomplizierteHaufen" (NUH => Glossar). Jetzt kann mensch ja wildund entschlossen sein, Atomtransporte zu stoppen, meistfehlt aber irgendwas Entscheidendes: eine gute Idee,andere wild entschlossene Leute, Werkzeug, Autos, Geldund Erfahrung. Und das war das gute am NUH, hier gab esirgendwie alles. Das lag vor allem daran, das der NUH ausca. 25 sehr unterschiedlichen Leuten bestand. Ein paar vondenen hatten eine verwegene Idee gehabt undFreundinnen und Freunde angesprochen, die wiederumFreundinnen und Freunde angesprochen hatten. Für das,was wir vorhatten, war NUH perfekt. Die Aktion warziemlich kompliziert und dadurch, dass Atomtransporte aufder Schiene fahren, auch nicht ungefährlich. Das führtedann dazu, dass es viele unterschiedliche Aufgaben gab:Leute für ein Ablenkmanöver, Leute, die den Überblickbehalten, Leute, die mit der Presse oder den Bullen reden(die ja oft leider auch anwesend sind), Leute, die die Aktionan sich durchführen und welche, die für eben diese da sind,auf sie aufpassen, sie mit Schoki versorgen etc. Das führteaber auch dazu, und dass finde ich im Nachhinein fastgenauso wichtig wie die (gelungene) Aktion, dass es dieMonate davor und danach total viel zu basteln, zurecherchieren und - ganz wichtig - bereden gab. Ob und

VERSCHIEDENE FORMEN VON BEZUGSGRUPPEN

STELLEN SICH VOR

..... , TRANSPARENTE FÜR DIE DEMO MACHEN ODER SELBER EINE ORGANISIEREN,

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können wir doch nicht einfach von vorne anfangen. Zeit ist auchkeine mehr." Die anderen lassen sich überreden, überzeugenaber lassen sie sich nicht. Manch eineR fängt an, sich nachanderen Optionen umzuschauen. Sucht nach einer neuenGruppe. Bezugs- oder Aktionsgruppe? Wir lassen eineKonstruktion anfertigen. Einen Tag vor unserem gemeinsamenAufbruch ins Wendland ist sie fertig. Sie wird mitgenommen. Sogut wie niemand von uns hat sie in ihrer realen Ausfertigunggesehen. Egal, sie kommt mit. Jetzt, wo wir sie doch extragebaut haben, jetzt, wo wir doch nichts anderes geplant haben!Im Wendland: erneut großes Hallo. Zu uns stoßen all dieFreund_innen aus dem Rest der Welt. Von unserer Aktionwissen sie noch nichts, hoffen wohl aber, dass wir was imGepäck haben. Wir feiern unser jährliches Wiedersehen. Amnächsten Tag dann - Plenum. Was wollen wir machen? Was fürOptionen gibt es? Zwanzig Leute, die sich zum Teil nicht einmalkennen, suchen nach der optimalen Castorblockade. Zwei Tagebevor, er rollen soll. Bezugsgruppe? Aktionsgruppe? DasWendland ist groß, wir sind auf Autos angewiesen. DieAutobesetzungen wechseln ständig, damit auch die Menschen,die für die Hälfte des Tages deine "Bezugsgruppe" sind. Dieandere Hälfte: wieder jemand Neues an deiner Seite. Klar, auchein guter Freund, freue mich, neben dir zu laufen. Aber wer istnun in meiner Bezugsgruppe? Wir müssen uns wohl malfestlegen, nur noch eine Nacht schlafen und er rollt. DieAutositzplätze geben die Bezugsgruppengröße vor. Plenum. Wirsortieren uns also. Wer macht welche Aktion? Wer übernimmtwelchen Job?

Unsere Aktion steht, die Konstruktion wartet, wir brauchen nurnoch Leute, die mitmachen. Wo sind die Leute, mit denen ichall das zusammen geplant habe? Der eine sitzt dort drüben inder Ecke und packt seine Sachen, die andere verabschiedet sichgerade. Sie hat Freund_innen getroffen und will jetzt mit denenetwas machen. Was genau? "Ach, wird sich schon zeigen" dieAntwort. Ich werde sie in der Nacht wieder treffen, irgendwo beieiner Blockade. Bei einer Blockade von vielen, die wir in dieserNacht besucht haben. Blockade-hopping. Wie Sylvesterfeiern in

WORKSHOPS ORGANISIEREN, T-SHIRT MIT INHALTEN BEDRUCKEN, DIREKTE AKTIONEN

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BEZUGSGRUPPE ODER AKTIONSGRUPPE? - EIN BERICHT!

Spätsommer. Eine mail in meinem Postfach, die vom nahendenCastor spricht. Und eine, die darauf antwortet und zu einemAktionsplanungstreffen einlädt. Zwei Wochen später dasTreffen. Großes Hallo allerseits. Haben uns in dem Kreis nunschon mehrere Monate nicht mehr getroffen. Freude desWiedersehens. Motivation, diesmal den Castor wirklich zustoppen, genug vorhanden. Letztes Jahr war es ja schon ganzerfolgreich..., aber dieses Jahr erst! Wir zögern nicht lange,unsere Ideen sprudeln zu lassen. Eine nach der anderendurchkreist unsere aktionslüsterne Runde. Es wird viel gelacht,viel gesponnen. Aber so richtig festhalten können wir uns ankeinem der Vorschläge. Immer auch sofort eine Skepsis, sofortein Vorbehalt.

Nichts reißt uns wirklich vom Hocker. Keine Idee findetallgemeine Zustimmung.

Und doch favorisieren wir letztendlich einen Vorschlag undfangen an, uns genauer mit ihm auseinanderzusetzen. Erscheint durchführbar und die erste Delegation wird insWendland geschickt, um "die Lage zu checken". Sie kommtzurück. Wir machen ein spontanes Treffen. Voller Neugierwarten wir auf die Ergebnisse. Sie sind eher ernüchternd. NeuerZweifel, neue Skepsis unter einem Teil der Gruppe. F. steigt aus,er hat Stress mit seinem Job, wünscht uns gutes Gelingen. EinDämpfer. Aber wir wollen was machen. Jetzt sind wir schon soweit, die Zeit drängt, nur wenige Wochen und er rollt. Ihn, denes aufzuhalten gilt. Wir treffen uns noch mal und stellen alles inFrage. Keine Entscheidung. Halbe Woche später noch einTreffen. Zwei, die es unbedingt machen wollen, setzen sichdurch. Bei den anderen Motivationsschwund, aber sie bleibentrotzdem erstmal mit dabei. Zweite Wendlandtour. Ergebnisseähnlich ernüchternd. Wachsende Skepsis in der Runde. Aberwieder eine Stimme, die ruft: "Aber jetzt sind wir doch schon soweit, jetzt haben wir schon soviel in unsere Idee investiert, jetzt

FINANZIERUNG VON PROJEKTEN, VOKÜ, FLUGBLÄTTER SCHREIBEN UND VERTEILEN,

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SAMBA!

Von der Action Samba BandBerlin: Rhythms of Resistanceoder kurz RoR. Sie ist Teil einesNetzwerkes politischerTrommelgruppen, dieDemonstrationen oder direkteAktionen unterstützen und

veranstalten. Die Idee, Musik als Aktionsform zu nutzen, istkeine neue: In den 1970er Jahren gründeten sich in BrasilienAfro Block Trommelgruppen. Diese entwickelten sich aus denärmsten Stadtteilen und wurden zu einer Bewegung desWiderstandes und einer Quelle des Selbstvertrauens, die vonden aus dem Boden sprießenden Sambaschulen weltweitkommerzialisiert wurde. Diese Musik kombiniert mitTänzerInnen und dem Konzept der "tactical frivolity" bildetendie Grundlage für ein Aktionskonzept, das während desIWF/Weltbank-Gipfeltreffens 2000 in Prag zum ersten Malgroße Anwendung fand: Pink & Silver. Dadurch inspirierthaben sich seitdem Bands in ganz Europa und darüberhinaus entwickelt und vernetzt. Der Straßenkarneval ist zueiner weit verbreiteten Aktionsform geworden.

Wir sind eine größere Gruppe mit relativ unverbindlichemEngagement der einzelnen. Je nach dem, wer sich geradeeinbringen kann und Verantwortung übernimmt, verändertsich das Gesicht der Band. Die Sambaband ist also eine Artkreative Protestplattform, die vielfältig genutzt wird. Wichtigist für uns, dass alle Bandmitglieder wichtigeEntscheidungen mittragen. So wenden wir dafür dieKonsensform zur Entscheidungsfindung an. Wir treffen unseinmal in der Woche zur Probe und zum Plenum, so dass einregelmäßiger Austausch und Spielpraxis möglich wird. Wirhaben eine politische Grundbasis, der wir mit unseremeigenen Wirken gerecht werden wollen.

DISKUSSIONEN IM VORFELD BETEILIGEN (INHALTLICH UND PRAKTISCH), ZUSAMMEN AUF

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Berlin. Doch halt: wir waren bei der Bezugsgruppenfindungstehen geblieben! Eine Nacht, bevor der Castor rollt. MeineBezugsgruppe überrascht mich in ihrer Besetzung. Zwei Leutevon fünf kenne ich kaum. Was soll's. Bin traurig, hätte dochauch so gerne M. in meiner Bezugsgruppe gehabt. Und ihn dortdrüben auch. Bin ernüchtert. Aber wir wollen ja die Aktionmachen, die Leute, die jetzt in meiner Bezugsgruppe sind,wollen auch die Aktion machen. Da haben wir unserVerbindungselement, dass schweißt doch zusammen, oder?Aber Zweifel gibt es trotzdem noch. So richtig überzeugt sinddoch nicht alle. Aber irgendwas müssen wir ja machen. "Na gut,ich komme mit... dir zuliebe." Auch Frust, dass all die anderenabgesprungen sind, jetzt was anderes machen. Egal jetzt. Wirwerden ja irgendwann ein Nachbereitungstreffen machen, dakönnen wir es dann besprechen, jetzt nicht. Gefrustet bin ichtrotzdem. Manch eineR bekommt es auch zu spüren. Ach...hätte doch alles so schön sein können. Dann ist es plötzlich klar.Unsere Aktion können wir nicht machen, der Aktionsort istverbrannt. Wie begossene Pudel stehen wir da. Wissen nichtsmit uns anzufangen. Irgendwie sinnentleert unsereAktionsnacht. Was verbindet uns jetzt noch? Wir fahren von Anach B und wieder zurück. Überall treffen wir auf Leute, denenes ähnlich erging. Überall haben wir das Gefühl, zu spät zukommen. Uns fehlt die Motivation, noch richtig was zu "reißen."Erschöpfung. Resignation? Dann zu guter Letzt einstundenlanges Warten im Wald. Warten darauf, dass er vorbeirollt und wir ihm vor die Räder springen können. Als es dann soweit ist, schläft die Hälfte und verpasst das "GO." Die andereHälfte rennt wie wild darauf los. Alle in unterschiedlicheRichtungen, alle sind alleine, niemand traut sich auf die Strasse.Die Bezugsgruppe im Rücken fehlt. Die Bezugsgruppe, die mitlosstürmt. Zu fünft hätten wir es geschafft, aber alleine? Ichhebe mir diesen Gedanken auf für das Nachtreffen. Jetzt falleich erstmal ernüchtert und todmüde auf meine Isomatte.Träume von einer Bezugsgruppe, die weiß was sie will. Die weißwas sie will, auch wenn die eigentlich geplante Aktion nichtklappt. Die weiß, dass sie etwas zusammen machen will.Nächstes Jahr?

PLANEN, ARTIKEL SCHREIBEN (Z.B. FÜR INDYMEDIA ODER STADTTEILZEITUNG), AN

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CLOWNS

Das RebelClowning wurde erstmals anno 2003 anlässlich derAudienz von George W. Bush im UK von einer Gruppe linker,nicht-autoritärer AktivistInnen entwickelt. Sie prägte dasKonzept der Clandestine Insurgent Rebel Clown Army -kurz C.I.R.C.A. (www.clownarmy.org).

Dieses Konzept verbindet die uralten Traditionen der Kunst,ein Clown zu sein ("Clowning") mit den Prinzipien der nichtgewalttätigen Direkten Aktion und richtet sich vornehmlichgegen die kapitalistisch geprägten, ungerechten und tödlichenFormen der so genannten Globalisierung, gegen Krieg,Atomkraft und Atom-Mächte, gegen Militarismus undMilitarisierung, gegen soziale, ökologische, sexistischeAusbeutung oder Ausgrenzung und gegen alle Rassismen. Esreiht sich damit in die Vielfalt kreativen Strassenprotestesebenso ein wie in die Fülle von emanzipatorischenAusdrucksformen des "Theaters der Unterdrückten" nachAugusto Boal.

Mittlerweile ist das RebelClowning in vielen Städten undLändern bekannt - und so tauchten diese in Camouflage,Olivgrün und dazu kontrastierend schrilles Bunt gekleideten,lauthals durcheinander schreienden und jede Situation zumclownesken Spott und Spiel nutzenden RebellInnen bereits beiAktionen oder Demonstrationen in etwa 25 Ländern auf!Auch wenn die bislang bestehenden ClownsEinheiten oderBataillone für sich je einen eigenwilligen und speziellenAusdruck entwickelt haben, so bestehen doch für alle die"Basics" - oder die Grundausbildung - nach dem Original-CIRCA-Rezept weiter fort - einerseits als Trainings-Einheiten,andererseits aber auch als Pool von Verabredungen fürKampfGenossinnen aus unterschiedlichen Gruppen oderSprachräumen. Deshalb liegt ein Schwerpunkt vielerEinheiten im Durchführen von Workshops und Trainings.Andere Gruppen konzentrieren sich auf gut vorbereitete,selbst entwickelte und spektakuläre bis kunstvolle Aktionen.

VERANSTALTEN, SICH MIT ANDEREN GRUPPEN VERNETZEN, KUCHEN AUF EINE DEMO

18 Bildet Bezugsgruppen

Antisexistisch, antirassistisch, antihierarchisch. DieAtmosphäre in unserer Band ist ziemlich entspannt undangenehm, weil wir einen höheren Frauenanteil alsMänneranteil haben (um es mit Sozialisationsgruppen zubeschreiben). Wichtig für die Durchführung von Aktionen istdie Bildung von kleinen Bezugsgruppen von zwei bis vierLeuten, die aufeinander während der Aktion besser achtenkönnen. Keine soll sich allein mit Bedürfnissen oder zumBeispiel Ängsten fühlen. Bezugsgruppen sind sehr wichtigfür das Gefühl von Geborgenheit und gemeinsamer Sorge.Bezugsgruppen finden sich bei uns unter folgenden dreiHauptkriterien: Freundschaft und Vertrautheitsgrad,Instrumentengruppen ( z.B. die Spieler_innen von kleinenund großen Instrumente zusammen, damit die mit denkleinen denen mit den großen beim Tragen helfen können,falls gerannt werden muss - da sind die mit den großenInstrumenten nämlich stark eingeschränkt inGeschwindigkeit und Mobilität) und als drittes, fastwichtigestes Kriterium steht das Risikolevel, welchesEinzelne in Kauf zu nehmen bereit sind: Wie weit will ichgehen? Wo sind meine Grenzen? Würde ich mich auchverhaften lassen? sind die entscheidenen Fragen, damit sichMenschen mit ähnlichen Interessen finden. Wichtig ist uns,dass niemensch von uns, in keiner Minute allein ist, wenn esbrenzlige Situationen gibt. Denn: - Du bist nicht allein, sonstmachen sie dich ein.

DEMOS GEHEN, ZUM POLITISCHEN CAFEKLATSCH EINLADEN, FILMABENDE

Bildet Bezugsgruppen 21

Appetit wird zum unstillbaren Hunger nach Erlebnis - ihreHerzen wollen alles und schenken pausenlos Liebe... Dasbedeutet: Es passiert bei Einsätzen häufiger, dass sie sichverspielen, an Inspirativem hängenbleiben, im tanzendenTaumel verlustig gehen oder sich im leidenschaftlichenGetümmel selbst vergessen. Sie sind aber dadurch glücklicherweise weder berechenbarnoch diktierbar noch können sie zur strategischen oderideologischen Manövriermasse werden!Vor allem ist das ganze Unternehmen abhängig vonabgrundtiefem HUMOR, gnadenloser ALBERNHEIT undabsolut unverständlicher VERWIRRUNGSTAKTIK!

FÜR FRIEDEN, FREIHEIT und CLOWNESKENWIDERSTAND!

RUN AWAY FROM THE CIRCUS - JOIN THE REBELCLOWN ARMY!

MÖGLICHKEITEN EINER SCHNELLENENTSCHEIDUNGSFINDUNG

oder �ACH DU SCHEIßE, DA IST NE LÜCKE IN DER BULLENKETTE!�

Vielleicht warst Du/ ward Ihr schon mal auf einer Demo oderAktion, Ihr wolltet ein Genfeld besuchen, eineBundeswehrkaserne blockieren oder ein blödesLobbyistentreffen stören? Ihr habt euch was Nettes überlegt,da mensch ja eh vor der Bullenkette herumsteht und dannwenigsten nette Bilder rüberkommen sollen. Und nun dasUnmögliche: die Cops stehen in 15 Meter Abstand gelangweiltbspw. vor dem Nobelhotel rum, die/ der Security ist mit einerandere Gruppe am Seiteneingang beschäftigt, und der Wegzum Lobbyist_innenpodium ist frei!

SPUCKIS KLEBEN, NAZIPLAKATE ENTSORGEN, FÜR DAS FREIE RADIO EINE SENDUNG

20 Bildet Bezugsgruppen

Und es gibt Gruppen mit regelmäßigen Treffen, Plena undTrainings. Im Idealfall bilden jedoch alle ClownArmyUnits fürsich Bezugsgruppen. Für die "Gaggles", die kleinenEinsatzEinheiten von etwa 5 bis 10 RebelClowns, ist dieseForm der Struktur allerdings unerlässlich - und sei es auch nurfür eine spontane Aktion von wenigen Minuten!

Natürlich haben die RebelClowns ihre Sonderbedingungen -sie sollten z.B. nicht in "unauffälligen Klamotten" zum Einsatzerscheinen - oder z.B. kann ihnen die hübsche Maske ausFettfarben bei Tränen- oder Reizgas-Einsätzen zumVerhängnis werden, - aber auch die "water-based" Schminkelässt sie im Falle eines Wasserwerfer-Einsatzes oderRegenschauers gar schauerlich aussehen. Darum meidenauch viele Clowns allzu heiße Kessel, sie treten den Rückzugan und fühlen sich ganz elend, wenn der Spaß vorbei seinsoll... Aber noch was: Da die ClownArmyRebelsselbstverständlich nur die höchsten Dienstgrade undmilitärischen Ränge haben, machen extra gebastelteClownsausweise (neben der Mitführung von Zivil-Pässen) beijeder Kontrolle besonders viel Gaudi...

Prinzipiell sind die Vorbereitungen und konkretenVerabredungen für ein Gaggle sehr bedeutsam. DasRebelClowning ist eine höchst emotionale und energie-

aufge ladeneAngelegenheit!C l o w n smachen, wasihnen geradein den Sinnoder in dieSinne kommt -eine Idee oderein Spiel ist fürsie sofortumzusetzen -ein lustiger

MITBRINGEN, PLAKATIEREN GEHEN, VERANSTALTUNGEN DER GEGNER_INNEN STÖREN,

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wieder auf der Ebene darunter diskutiert werden sollte oder eingrundlegenderes Problem vorliegt.

entscheidungen sind prozesse

Insgesamt ist es uns wichtig, den Weg zu Entscheidungen alseinen Prozess zu betrachten. Es gibt zwar Techniken, die invielen Gruppen funktionieren, aber das heißt ja nicht, dass Ihrdarauf Lust habt. Es heißt nicht umsonst "Bewegung kommtvon bewegen", nicht nur körperlich, sondern auch im Kopf. VielSpaß beim Experimentieren, Diskutieren, Lachen, Kämpfen,Reden....Es gibt natürlich die unterschiedlichsten Entscheidungen, fürdie mensch sich unterschiedlich viel Zeit nehemn sollte. Umkonstruktiv zu einer Entscheidung zu kommen, ist es gut, sicherst einmal klar zu machen, was die Fragestellung ist. Um wassoll es bei der Diskussion gehen und was muss entschiedenwerden? Lieber nochmal einen Schritt zurück und prinzipiellreden, als sich dann im Detail zu zerreden, wobei das Ergebnisoft ist, dass alle genervt sind. Bei "Beschlüssen" auch malnachfragen, ob alle wirklich das gleiche meinen. Zu Themen,die alle betreffen, kann ein "Blitzlicht" gut funktionieren. Dortbekommen alle der Reihe nach den Raum, etwas zu sagen undkönnen hören, wie jede_r zu dem Thema steht. Falls das gutzusammen gefasst wird, kann daraus eine konkrete Frage zumWeiterdiskutieren entwickelt werden.Es ist auch hilfreich, wenn Menschen in der Runde sagen, dassdas Thema von ihnen als nicht so wichtig erachtet wird und esdann auch okay ist, dass nur die es besprechen, denen eswichtig ist.

sich nicht gegenseitig überrennen

Nun zu der "Lücke in der Bullenkette" bzw. zu Entscheidungen,die mensch schnell fällen muss. So richtig können wir da auchkeine Techniken vorstellen. Es geht in solchen Situationen vielum Vertrauen, ein Gefühl füreinander oder ein spontanes "dasversuchen wir jetzt einfach". Gerade in solchen Momenten ist

Demos, VeranstaltungEN ODER KUNDGEBUNGEN SCHREIBEN UND HALTEN, SCHÖNE GUTE

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Tja, was tun? Eine schnelle Entscheidung muss her! Wir wolltendoch mehr als Bilder und eine direkte Aktion ist vielleicht dochsinnvoller. Schön ist es dann, mit Leuten unterwegs zu sein, diesich gut kennen; ein ähnliches Level haben oder spontan dengleichen Gedanken haben - letzteres passiert selten, wenn Ihrzum ersten Mal zusammen unterwegs seid.Hier soll es um den Weg zu Entscheidungen innerhalb derGruppe gehen, ohne Zeitdruck.

entscheidungsfindung im konsens

Eigentlich wollten wir über Techniken der schnellenEntscheidungsfindung was schreiben, aber beim längerdarüber Nachdenken trat dieser Punkt immer mehr in denHintergrund. Viel wichtiger ist ein prozesshaftes Vorgehen.Erstmal vorweg: wir meinen, dass es wichtig ist, innerhalbeiner Bezugsgruppe im Konsens zu entscheiden, sonst kannmensch ja auch einer Partei, einer Politsekte oder einem Vereinbeitreten. Zum Konsens noch ein paar Ergänzungen, da jetztalle an ewig lange Diskussionen denken, bis alle "ja" sagen unddas letzte Komma auf dem Flugblatt eine halbstündigeDiskussion erfordert hat und die Farbe vom Stoff für dasTransparent zum Politikum wird... So muss es nicht sein! Oftstehen andere Gründe hinter diesem Vorgehen, imschlimmsten Fall persönliche Zerwürfnisse, die dann über dieSchriftart auf dem Plakat ausgetragen werden. Konsens heißtfür uns, dass entweder mensch innerhalb der Bezugsgruppeeiner Meinung ist (der Idealfall) oder ein Großteil es will und diekleinere Gruppe sagt, dass es so okay ist, es aber nicht dieIdeallösung ist (die mensch leider nicht gefunden hat, sich aberauch darum bemüht hat). Wichtig ist, dass keine/r ein Vetoausgesprochen hat! Dabei gehen wir davon aus, dass das Vetowirklich der letzte Weg ist, eine längere Diskussion zu beenden,weil mensch da keine Kompromisse eingehen kann. Einerseitssind alle aufgefordert, sensibel zu sein, da sich auch nicht alletrauen, ein Veto auszusprechen. Andererseits solltet ihrbeobachten, was passiert, wenn ständig ein Veto eingelegt wird(in welchen Situationen etc.) und ob der Punkt nicht erstmal

gestalten, Infostände machen, die Stadt verschönern, Redebeiträge für

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oder wollen wir vorher politischen Druck aufbauen, damit siegar nicht erst losgeht?" Es geht darum, die Aktion in einenpolitischen Kontext zu stellen und außerdem klar zu kriegen,was wir wollen.

Wenn es dann eine Idee gibt, gibt es auch noch viel zu bereden:wer besorgt den Transpistoff, wann wollen wir malen, was gabes schon mal für ähnliche Aktionen und was wollen wir bessermachen? Mensch sollte auch überlegen, ob Teile derPerformance geübt werden müssen. Es ist auch gut, sich einenBezugsgruppennamen zu überlegen, da es inunübersichtlichen Situationen praktisch ist, damit wiederzusammen zu kommen, wenn ihr ihn ruft. Ein Teil derÜberlegungen, der gerne vergessen wird: Wie weit will menschgehen und wann wird abgebrochen? Klar kann die Gruppe nichtalle Eventualitäten durchgehen, aber ein paar Szenarien. Wasdas sein kann, ist natürlich davon abhängig, was ihr wovorhabt, das kann von der besagten Lücke in der Polizeikettesein über die Polizei prügelt in die Demo rein, Nazis laufen in derDemo mit oder oder oder.

Es ist auch gut, sich schon vorher zu verabreden, wo menschsich dann als Gruppe im Notfall trifft, falls Ihr nicht mehrzusammen unterwegs sein konntet. Vereinbart also einenTreffpunkt.

Nachbereitung 1:

Direkt nach der Aktion, zurück im Camp, im Café oder wo auchsonst - in einer ruhigen Ecke. Mal treffen, um ein Resümee zuziehen, ein wenig zu reden, was so war und wie es einer/mgerade geht, um einfach runter zu kommen.

Nachbereitung 2:

Wenn Ihr euch regelmäßig trefft, könnt Ihr ja beim nächstenTreffen die Aktion bereden. Wenn es eine einmalige Gruppe ist,ist es gut, sich noch einmal mit etwas Abstand zu treffen, umdas gelaufene zu reflektieren. Mit etwas Ruhe und Abstand istes sinnvoll, nochmal die Aktion aufzuarbeiten: Was war prima,womit ging es mir nicht so gut, was waren einfach cooleErlebnisse, ist es so gelaufen wie mensch sich das gewünscht

INFORMATIONEN / HINTERGRUNDWISSEN ZU EINEN THEMA SAMMELN UND DAMIT DANN

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es wichtig,keine_n inder Gruppe zu"überrennen"o d e rmitzuzerreng e g e nihren/seinenWillen undsensibel zusein für einleises "daswill ich nicht".An solchen

Punkten ist es wichtig, Keine_n alleine stehen zu lassen.Schließlich wollen zusammen weiter kommen, das heißt danneben auch, dass Keine_r allein gelassen wird! Wenn sichspontan zwei Gruppen bilden mit "da durch wollen" und "lieberwas anderes machen" , warum sich nicht trennen? Das ist keinStatement zum "mensch kann sich ja beliebig teilen, undnachher sind dann alle in Zweiergruppen unterwegs". Aberauch das kann durchaus eine Option sein.

VORBEREITEN UND NACHBEREITUNG VON AKTIONEN

Der Schritt der Vorbereitung.

Erstmal inhaltlich. Bevor mensch mit ihrer/seiner Bezugsgruppekonkrete Planungen für eine Aktion startet, ist es gut, sichdarüber zu unterhalten, was das Ganze politisch soll, was wirdamit sagen/zeigen/vermitteln wollen. Das können Fragen seinwie "Ist es sinnvoll, den Verkehr um die Häuserräumung zustören oder besser, das Haus massenhaft zu besetzen?" oder"Machen wir eine Blockade, um eine Abschiebung zu verhindern

PARTY ORGANISIEREN UM AUCH MAL ZUSAMMEN ZU FEIERN, SPRECHCHÖRE üBERLEGEN,

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hören. Das bedeutet, dass viele Geräusche sehr weit gehörtwerden können. Weitere Anwesende können so lokalisiertwerden, es sei denn, sie achten auf ihre eigenenBewegungsgeräusche. Besonders brechende Zweige und Äste,aber auch Geraschel von losem Laub, das Laufen auf Schotteroder gar eine angeregte Unterhaltung verursacht weithinhörbare charakteristische Geräusche. Wenn mensch die Gegendkennt, kann mensch schon anhand solcher Geräusche den Ortund die Anzahl von Personen bestimmen. Ganz ohne Geräuschewird es natürlich nicht gehen, da mensch ja auch in einerangemessenen Geschwindigkeit vorwärts kommen will. Deshalb

sollte mensch sich überlegen, wo es wichtig sein könnte, leiserzu sein und wo ziemlich sicher niemand zuhört. Außerdemkönnen auch andere Geräusche wie von Hubschraubern odervorbeifahrenden Fahrzeugen zum Übertönen der eigenenBewegungsgeräusche genutzt werden. Aufgeschreckte Tierekönnen ein Hinweis auf andere Personen sein - oder auf dieeigene. Gerade in weichen Böden sind Fußabdrücke,Reifenprofile und andere Spuren gut sichtbar. Mit etwas Übunglässt sich auch das Alter einordnen. Mitunter führen solche

ÖFFENTLICHKEIT ZU GEBEN", FILMEN ... * * * * ANREGUNG FÜR

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hat? Was kann mensch das nächste Mal auch einfachanders/besser/effektiver (pfui, was für ein Wort) machen? Oderwill mensch auch das nächste Mal was ganz Anderes machen.Da sollte es nicht nur um Techniken gehen, sondern auch umZusammenarbeit in der Gruppe: Aufeinander achten oder wassoll besser abgesprochen werden. Wenn wir es schaffen, uns zureflektieren und ehrlich miteinander umzugehen, kommen wirunserem Ideal von einem besserem Umgang miteinander näher.

sehen und gesehen werden

Für manche Aktionsformen ist das Folgende relevant: Gesehenwerden möchte mensch dann vor und nach Aktionen nicht sogerne. Neben der situationsangepassten Kleidung haben auchdie Bewegungsschemata einen wichtigen Anteil. LeuchtendeFarben werden eigentlich überall stark wahrgenommen, abermanchmal sticht ein schwarzer Kapuzi auch besonders heraus.Besonders Nachts lassen glatte Oberflächen Konturen klarererkennen und reflektieren mitunter auch besser das Restlicht.Achtet bei Regenklamotten etc. auch auf die Reflexstreifen, dieim normalen Straßenverkehr ja grade für eine bessereSichtbarkeit sorgen sollen. Wenn andere Personen (z.B. Bullen)in der Nähe vermutet werden, sollten Wege und Straßen beiKurven, in Senken oder unter Brücken gekreuzt werden.

Folgendes gilt für Feld, Wald und Wiese: Das Betreten vonHügelkämmen und freien Flächen oder breiten Straßen sollteauf jeden Fall vermieden werden, da sich dabei die Silhouettenvorm helleren Himmel/Hintergrund abheben. Pausen undBesprechungen empfehlen sich an Orten, die nach allen Seiten(auch nach oben!) sichtgeschützt sind. Aufrechtes Laufen istzwar bequemer und schneller, aber die Deckung des Unterholzfehlt. An sich werden schnelle Bewegungen eherwahrgenommen, als langsame oder gar keine.

Es kann auch sinnvoll sein, ein kleines Fernglas dabei zu haben,um auch die weitere Entfernung einsehen zu können. Anders alsin Städten sind auf dem Land kaum Hintergrundgeräusche zu

ARBEITEN, VIDEOCLIPS ZUM MOBILISIEREN ODER ZUM "EIN THEMA MEHR

Genua, 20.07.2001:

Etwas Ungewisses lag in der Luft, man konnte die Spannungformlich mit der Luft aufsaugen.Um 10 h trafen wir uns am Piazza Kennedy, um uns noch einmalmit neuesten Infos auszutauschen und letzte Dinge zu besprechen.Wir waren zu zehnt und entschieden uns, dem Black Block, wo sichviele AnarchistInnen und Autonome versammeln würden,anzuschließen. Wir hatten alle die EA-Nummern aufgeschrieben, Stadtpläneverteilt und uns in 5 Zweier-Gruppen unterteilt. Das obligatorischeRufwort durfte natürlich nicht fehlen. Als wir am Treffpunkt CorsoTorino ankamen, ging es zu unserer Verwunderung schon sofortlos. Banken wurden gesmasht und Wurfgeschosse gesammelt.Den heraneilenden Bullen antworteten wir mit Steinen, doch demzunehmenden Tränengas mußten wir schließlich weichen und unsvon der Roten Zone entfernen. In all dem Chaos stetig darumbemüht als Gruppe sich nicht zu verlieren. Wir waren nicht dieEinzigen, die unter ihren Tüchern und Hassis laut ihreGruppennamen riefen. Nach ein paar Blocks teilte sich die Demo.Hier machten wir das erste mal Plenum. Einem Teil von uns war eszu heftig und die Performance erschien ihnen zu unkontrolliert undzuwenig zielgerichtet. Zu siebend zogen wir weiter und schloßenuns der nördlichen Gruppe, an. Schicker aussehende Autosbrannten aus, aber auch weniger moderne Karossen mußten dranglauben. Wir blieben zusammen. Als nördlich der Bahnstation(Stazion Brignole) der Supermarkt geplündert wurde, konnten wirgerade noch den verbliebenen Alkohol zerstören. Zu viele hattensich inzwischen daran berauscht - es wurde ein wenig wild. Hierhielten wir jetzt unser zweites Plenum ab. Drei weitere von unsverabschiedeten sich und zu viert, dezimiert, zogen wir weiter. Wirwaren jetzt zwei Zweiergruppen. Wir überquerten den PiazzaManin und näherten uns schließlich noch einmal der Roten Zone.Danach zogen wir uns zurück wieder in jene Richtung, wo morgensunsere Demo startete und inzwischen die Tute Bianche, die erstsehr viel später losgelaufen waren, mit der Spitze auf die Bullenstieß. Hier vereinigten sich jetzt der zersprengte Black Block mitjenem Teil der Tute Bianche, die den Bullen nicht freiwillig das Feld

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KANN EINE BEZUGSGRUPPE ZIEMLICH VIEL MACHEN, ABHÄNGIG NATÜRLICH VON DER

Spuren andere direkt zu euch. Schuhsohlen- und Reifenprofilelassen sind wegen der unterschiedlichen Abriebe gutwiedererkennen.

hin und weg!

Bei den meisten Aktionsgruppen wird sich über das Hinkommenzum Aktionsort noch einigermaßen Gedanken gemacht. Beieinigen Aktionsformen, z.B. einer Sitzblockade reicht das aucherstmal. Bei vielen Aktionen will mensch aber nicht amAktionsort bleiben, sondern wieder verschwinden - möglichstohne Polizeikontrolle. Mensch sollte sich also frühzeitigGedanken über den Nachhauseweg machen, so dass alle gutweg kommen. Wenn die Aktion eine erhöhte Aufmerksamkeitder Bullen auf sich zieht, dann kann die Planung des Rückwegsdeutlich aufwendiger als der Hinweg sein. Wichtig ist bei allenAktionen auch der richtige Zeitpunkt des Rückweges. Bei vielenGroßaktionen greifen sich die Bullen nach dem Ende der Aktionwillkürlich Leute raus, um ihre Gefangenenquote zu erfüllen.Deshalb sollte sich zur rechten Zeit geschlossen zurückgezogenwerden.

Fahrzeuge sollten sinnvollerweise nicht so abgestellt werden,dass sie sofort gesehen oder mit der Aktion in Zusammenhanggebracht werden. Auch sollten die (parkenden) Fahrzeuge nichtschon von einem Streifenwagen blockiert werden können, derdann seelenruhig auf Verstärkung wartet. Andererseits sinddann manchmal sehr weite Strecken zu Fuß zurückzulegen, wassehr viel Zeit braucht. Manchmal kann es deshalb sinnvoll sein,dass ein Fahrzeug eine Gruppe nur absetzt oder einsammelt,während der Aktion aber nicht in der Nähe ist. Grade dasEinsammeln von Leuten erfordert sehr genaue Absprachen,besonders Nachts. Nachts sind auch Scheinwerfer undBremsleuchten weit zu sehen.

Letztendlich ist eine Aktion erst vorbei, wenn alle von euch (undalle anderen) wieder wohlbehalten zu Hause sind.

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"WAS MENSCH ALLES SO MIT EINER GRUPPE MACHEN KANN" - ERSTMAL

Diskussion in der Gruppe. Meist ist es so, dass dieBezugsgruppen vor oder während einer Aktion/DemoDelegierte aussenden (zum sog. Deli-Treffen) , die allesWichtige durchsprechen, klare Abbruchkriterien festlegen etc..Bei sehr großen Veranstaltungen, bei einem Camp mit 5000Leuten bspw., kann auch ein solches Deli zu groß sein, umsinnvoll zu diskutieren. In einem solchen Fall werden oft Städteund Regionen zu kleineren Deli-Treffen zusammengefasst, esgibt dann sog. Barrios in den Camps(neben Städte-Barros gibtes oft auch solche, die eine Aktionsform oder einen politischenKampf repräsentieren, z.B. Studi-Barrio, Frauen-Lesben-Barrio-> Glossar).

Nötiges Vertrauen vs. Paranoia

Ihr werdet bei großen politischen Veranstaltungen, zumBeispiel bei einem Aktionscamp mit 1000 Leuten,wahrscheinlich nicht alle Leute kennen. Trotzdem wollennatürlich alle ein politisches Ziel erreichen - ihr wollt waszusammen, sonst wärt ihr ja nicht da. Das macht ja auch denReiz von Aktionscamps oder auch großen Demos aus, dassmensch merkt, da sind noch viele andere und wir können auchwas erreichen. In manchen Situationen schlägt, das ist unsereErfahrung, dieser Reiz aber auch in Enttäuschung um, weil sicheinzelne Gruppen oder Aktionszusammenhänge scheinbarabschotten. Der Grund dafür ist oft nicht klar formuliert,mensch fragt sich dann schnell, ob das jetzt die obercoolenChecker sind, mit den "richtigen" Kontakten (oder den "coolen"Klamotten). Der Grund ist oft trivialer, nämlich der, dassAktionen, die sich beispielsweise negativ auf die öffentlicheVerkehrsinfrastuktur auswirken und dadurch kriminalisiertwerden (was wir nicht richtig finden, aber momentan ist dasso), oft nur von Zusammenhängen gemacht werden, die sichschon länger kennen. Lasst euch von dieser Klüngelei nichtabschrecken oder einschüchtern, sie richtet sich nicht gegeneuch. Am besten überlegt ihr euch ja ohnehin vorher, was ihr

ABER AUCH DIE KANN MENSCH JA ERWEITERN. DENN WIR WOLLEN UNS JA GEGENSEITIG

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räumen wollte. Als Carlo erschossen wurde, waren wir in einerNebenstraße, bereits auf dem Weg zurück. Als wir gegen 18 h dasIndymedia-Center erreichten waren wir über 8 Stundenunterwegs. Wir hatten uns nicht verloren. Was uns immer wiedergeholfen hatte, war das wir über unsere Grenzen und Bedürfnissegeredet und diskutiert haben. Dadurch schafften wir Klarheitzumindest unter uns inmitten all dieser Anspannung. Dass wir unstrennten, war nie ein Problem. Wir schlossen uns am Ende immerdem an, von dem wir glaubten, dass es unseren Vorstellungenentsprach. Das wichtigste schien mir Absprache undKommunikation. Genua blieb mir, was die Bezugsgruppendynamikbetrifft, positiv in Erinnerung. Trotz all dem Chaos, den vielenGasgranaten, dem Sprachgewimmel in einer unbekannten Stadt,schafften wir es, zusammen zu bleiben und dem G8-Spektakeldeutlich unsere Note zu geben. Wir waren alle ok - doch Carlo wartot - die Erstürmung der Diaz Schule sollte noch folgen. Nichtsbleibt wie es war.

...ABER 1000 SIND AUCH KEIN PAPPENSTIEL

OK, ihr habt jetzt eure Bezugsgruppe aus sagen wir mal 8Leuten gebildet. Mit 8 Leuten könnt ihr schon einigen Wirbelmachen, Sachen umwerfen, Unruhe stiften etc. Insgesamtkommt ihr dabei natürlich nicht weit, auch wenn das schon einguter Anfang sein kann. Aber mit 1000 Leuten könnt ihrnatürlich deutlich mehr wuppen. Aber wie funktioniert nunwieder eine Organisierung mit 1000 Leuten, zum Beispiel aufeinem Camp, welches einen G8-Gipfel verhindern will.Letztendlich stellt sich die Frage auch bei jeder Nazidemo oderjeder versuchten Häuserräumung, die wir verhindern (wollen),bei jedem beschissenen Bundeswehr-Gelöbnis, das uns auf dieStrasse bringt.

Im Idealfall sind alle anderen 992 Leute auch inBezugsgruppen organisiert und es gibt verschiedeneUnterstrukturen. Am zentralsten ist die ganze Zeit eure

GRUPPENGRÖßE UND WAS MENSCH SO KANN - VON DEN FÄHIGKEITEN AUS GESEHEN.

30 Bildet Bezugsgruppen

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SICH MIT ANDEREN BEZUGSGRUPPE ODER ZUSAMMENHÄNGEN ZU KOORDINIEREN. Z.B.

einem genauen Zeitpunkt an einem bestimmten Punkt seinmüssen und dafür nur wenig Zeit haben. Besonders dasschnelle Fortbewegen auf dem Land ist häufig schwierig. Wenndann die wenigen Wege nicht befahren werden können, ist mit"schnell" erstmal Schluss.

Alles in allem gibt es verschiedenste und vielfältigste positiveErfahrungen mit Aktionen auf dem Land, so bei den Castor-Blockaden im Wendland und anderswo oder einigenGipfelprotesten oder antirassistischen Grenzcamps. Einigedieser Erfahrungen sind hier zusammengefasst. Einige sindnicht aktionsspezifisch, sondern allgemein und auch in derStadt zu beachten, andere etwas spezieller...

Bei allen technischen, taktischen und strategischenÜberlegungen solltet ihr immer das Maß finden, ihr selbst zubleiben mit euren quirligen und lebensbejahenden Gedankenund Ausdrucksformen. Es kann nicht darum gehen, in einemilitärische Logik zu verfallen - auf dem Gebiet ist dieGegenseite, die Bullen, der Staat nicht zu schlagen. Es mussdarum gehen, durch phantasievolle und unberechenbare undmassenhafte Aktionen die politischen Verhältnissedurcheinander zu bringen. Militärisch geplante unddurchgeführte Aktionen sind für sie nachvollziehbar undberechenbar.

Auch wenn im folgenden viele technische Details und Tippsgesammelt sind: bemüht euch nicht, dies zur Perfektion zutreiben. Dann wärt ihr bei paramilitärischen Strukturen, diekeinen Raum für Individualität lassen. Es sollen ein paarAnregungen sein, die nicht den Blick auf überraschend lustige,vielfältige und auch mal banale Aktionen versperren sollen, diemit einer emanzipatorischen Überzeugung verbunden sind.Dabei sollte auch nicht vergessen werden, dass nicht dieeinzelne Aktion zum Erfolg führen wird, sondern der Kontexteiner Vielzahl von Aktionen. Beißt euch also nicht zu sehr an

machen wollt. Bei so einer Planung steht ihr selbst schnell vorder Frage, wieviel Vertrauen innerhalb der Gruppe, die dieAktion macht, nötig ist und was dagegen unnötige Paranoiasind. Kurz: nicht naiv sein gegenüber den Bütteln des Staates,nicht paranoid gegenüber Genoss_innen!

WEITERBRINGEN UND VONEINANDER LERNEN. FÜR EINIGE VORSCHLÄGE IST ES GUT,

DEN RIOT IN DIESTEPPE TRAGEN

Ein großer Punkt, wo somanche Angst vormLand herrühren mag, istder Mythos um dieeingesetzte Technik derPolizei. Natürlicherleichtert diese derGegenseite so Einiges,

aber eben nicht alles. Es gibt Lücken und Schwachpunkte undwenn mensch um diese weiß und etwas geschickt ist, kann somanches gelingen. Außerdem wird gerne übersehen, dassTechnik auch meist teuer ist und somit nicht massenhaft zuVerfügung steht. Und zudem ist die Größe des Areals undVielfältigkeit des Geländes überhaupt nicht mit der Stadt zuvergleichen, denn noch können PolizistInnen nicht geklontwerden (auch wenn die meisten so aussehen) und müssen sichgroßflächig verteilen, also ausdünnen. Dies kann durchgeschicktes Vorgehen noch verstärkt werden. So kann einAblenkungsmanöver an einer Stelle sinnvoll sein und den Erfolgeiner Aktion an anderer Stelle ermöglichen.

Auch die zurückzulegenden Strecken sind für alle Beteiligtenerheblich größer. Das bedarf auf der einen Seite mehrKondition. Auf der anderen Seite sind meist nicht wir es, die zu

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Personenkontrolle

Sie dürfen Dich anhalten, nach deinen Personalien fragen unddeinen Ausweis verlangen. Frag nach dem Grund. BeiBeschlagnahmung von Gegenständen lass Dir ein Verzeichnisgeben. Unterschreibe niX. Lass Dich nicht auf einen Plausch ein!Alles, was Du erzählst, wird später gegen Dich oder andereverwendet, nur deswegen reden sie mit dir.

Festnahme

Sorge dafür, dass Menschen deinen Vor- und Nachnamen und dieStadt erfahren, aus der Du kommst, damit sie dem EA bescheidsagen können.Lass Dich nicht auf Gespräche mit den Bullen ein, auch wenn sienoch so nett erscheinen und Du völlig fertig bist.Wenn Du in der Wanne/ Gefangenentransporter sitzt, sag nix überdie Aktion oder deine Zusammenhänge - es könnte ein Spitzeldabei sein oder eine_r könnte später darüber plappern. (Es gehthier nicht darum, ganz besonders cool zu sein. Ihr könnt natürlichüber das Wetter oder eure Frisuren reden oder Leuten unter euch,die das alles das erste Mal erleben erklären, was jetzt allespassiert...)

Auf der Wache / Gefangenensammelstelle (Gesa)

Nix sagen!! Außer: Name, Geburtsdatum, Meldeadresse,Staatsangehörigkeit und allgemeine Berufsbezeichnung(Schüler_in, Angestellte_r, Auszubildene_r). Falls sie DichErkennungsdienstlich (ED) behandeln wollen, Widersprucheinlegen. Du hast das Recht, zwei Telefongespräche zu führen, rufden EA an und teile nur deinen Namen und deine Stadt mit undsag, was sie Dir vorwerfen - weiter niX!!Falls Du verletzt bist, hast Du das Recht, von einer Ärztin odereinem Arzt behandelt zu werden. Lass Dir deine Verletzungattestieren.Auf der Wache niX unterschreiben. Protokolle geben lassen, aberniX unterschreiben! Es ist Dein Recht, nichts zu unterschreiben,auch wenn sie versuchen, Dich unter Druck zu setzen und Dir z.B.Deinen Hausschlüssel nicht wieder geben wollen.

MIT DER VOKÜ ABZUSPRECHEN. KLAR GEHT SO WAS AUCH VOR ORT, ABER ES IST DOCH

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WENN IHR AUF DEM CAMP KOCHEN WOLLT, KANN ES GUT SEIN DIES SCHON MAL VORHER

einer Aktion fest oder seit total frustriert, wenn diese mal nichtklappt. Vielleicht war es einfach Zufall, dass der Wasserwerfergenau auf eurem Aktionsort stand, vielleicht wurde der Ortschon von einer anderen Gruppe vor euch "benutzt", vielleichtwaren aber auch eure Absprachen nicht ausreichend - in jedemFall solltet ihr eine Nachbereitung machen: Aus Fehlern lerntmensch!

RECHTSTIPPS

Was muss mit

- Personalausweis, Autopapiere- unauffällige, bequeme Klamotten und feste Schuhe- Ersatzklamotten, (Plastiktüte, falls eure Klamotten z.B. mit

Pfefferspray voll sind) Regenzeug, Sonnenbrille, Cap, Halstuch- Schreibzeug, Stadtplan, Landkarte (Kompass)- Regelmäßig benötigte Medikamente, Binden, Tampons,

Verbandszeug, Augenspülflasche- Infotelefonnummer, Telefonkarte und Groschen, evt. Handy

(Akku raus!)- Trinken und Essen, Schoki- Telefonnummer vom Ermittlungsausschuss (EA)- Wechselklamotten (=> Glossar)

Was bleibt zu Hause

- Kalender, persönliche Aufzeichnungen, Adressbücher, Schlüssel(Haustürschlüssel am besten bei Freund_innen deponieren), Handy

- Drogen, Alk- Schmuck, Fettcreme, Schminke, Kontaktlinsen

In Stresssituationen

Ruhe bewahren! Ketten bilden! An Absprachen halten. Auf die Menschen aus deiner Bezugsgruppe und andere achten.Beruhigend auf Leute einwirken, die in Panik sind.Wenn Rückzug, dann ruhig und entschlossen! WildesDurcheinanderlaufen und aufgelöste Ketten erleichtern BullenPrügelorgien und Festnahmen.

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ERWEITERBARE LISTE MIT VORSCHLÄGEN: PLAKATE FÜR DIE MOBILISIERUNG ZUM .....

Vorbereitungstreffen gegangen, um zu gucken, wie sich eureBezugsgruppe noch einbringen kann. Ihr habt vorher diskutiert, obeure Gruppe eine bestimmte Aufgabe übernimmt, wie denLautischutz (Glossar: Lauti) oder ob Ihr in den ersten Reihenmitlaufen wollt. Ihr habt euch nicht so richtig gemeinsamentschließen können und deswegen nichts zugesagt. Nach demTreffen habt ihr euch noch mal getroffen und euch entschlossen, einTranspi zu malen. Ihr habt euch vor der Demo verabredet und seidgemeinsam zum Treffpunkt gegangen. Eure Verabredungen trefft ihrmöglichst persönlich, denn ihr habt mitbekommen, dass am Telefonund besonders am Handy gerne mitgehört wird und ihr findet esnicht nötig, dass die Bullen gleich wissen, dass ihr als Gruppeunterwegs seid.

Während der DemoSo, nun seid Ihr angekommen, habt Freund_innen getroffen und einwenig den Redebeiträgen gelauscht. Die Demo soll jetzt langsamlosgehen - leider meist später als vorgesehen. In eurer

Bezugsgruppe habt Ihr euch schon mal die Gegend angeguckt undüberlegt, wo Ihr in der Demo gerne mitlaufen wollt. Je nach Demound eurer Stimmung lauft Ihr locker in der Demo mit, guckt, welche

Bildet Bezugsgruppen 3736 Bildet Bezugsgruppen

BESSER FÜR ALLE BETEILIGTEN, WENN MENSCH ES PLANEN KANN.ALSO GUT, EINE

Nach 48 Stunden sollten sie Dich raus lassen oder dem/ derHaftrichter_in vorführen. Hier brauchst Du spätestens aucheine_n Anwält_in.

Wieder draußen

Sag dem EA bescheid, dass Du draußen bist. Schreibe einGedächtnisprotokoll (Glossar), schreib aber niX auf, was Dich oderandere belasten könnte!Dann kannst Du tief durch atmen, einen Kaffee trinken und Dichvon deiner Bezugsgruppe verwöhnen lassen.

Weitere Infos* "Wege durch die Wüste" ist ein Buch, dass sich ausführlich mitRepression und Ermittlungsverfahren usw. befasst - sehrempfehlenswert: UNRAST VERLAG Münster, 3. Auflage 2007* Was tun wenn´s brennt - DemoRatgeber der Roten Hilfe (als pdfbei http://www.rote-hilfe.de/publikationen/rechtshilfetipps )* Ermittlungsausschüsse und Rechtshilfe (Rote Hilfe /SchwarzBunte Hilfe) in vielen Städten

BEZUGSGRUPPEN IN GROßEN GRUPPEN

BEISPIEL DEMO

Deine / Eure Bezugsgruppe hat sich vorgenommen zur nächstenDemo zu gehen.

Vor der DemoNatürlich seid Ihr gut vorbereitet. Ihr seid alle ausgeschlafen undhabt auch noch mal besprochen, wie es euch so geht und was Ihrheute auf der Demo machen wollt; das kann von mitlaufen bisdurchbrechen alles sein....Einige von euch waren auf dem Vorbereitungstreffen der Demo (fallses Euch schon länger gibt) und haben die anderen informiert. Ihrhabt euch zwar nicht in die Organisation der Demo eingebracht, aberein oder zwei von euch sind für eure Bezugsgruppe zu dem

SCHUTZ, MOBILE FAHRRADWERKSTATT, INFOVERANSTALTUNGEN, PARTYS FÜR DIE

WER STEHT DA EIGENTLICH NEBEN MIR...?Verdeckte Ermittler_in, Kripo in Zivil, V-Leute... sie tragen nicht immer denlangen Trenchcoat oder eine Sonnenbrille. Von bieder bis sportlich, vonAutonom bis Punk ist ihr Repertoire unserem Outfit angepasst. D.h. bevorich mich mit Freund_innen oder meiner Gruppe bespreche, schaue ich michmal um, wer da noch so rumsteht und große Ohren bekommt. Aber vergesstdabei nicht, dass auch Menschen dabei sind, die neu sind, wenigerInformationen haben oder sich unsicher sind. Nicht alle, die unmotiviert inder Gegend rum stehen, gehören zum Staatsschutz!

NACH AKTIONENHaben die meisten Menschen das Bedürfnis über ihre Erlebnisse zusprechen, entweder weil sie einen besonders fiesen Polizeieinsatzerlebt haben (siehe auch Traumatisierung) oder weil die Aktion sowunderbar und pfiffig gelaufen ist. Wenn Aktionen gelaufen sind,geht es niemanden mehr etwas an, wer geplant hat oder dabei war.D.h. nicht, dass ihr nicht drüber reden sollt, sondern genau daraufachtet, mit wem ihr wo über was redet, bspw. nicht am Telefon(Glossar: Handy).

kennt und mit denen Ihr vorher was abgesprochen habt. Es gibt keinRezept!!

Fazit:Es gäbe hier noch viel zu sagen. Einige Anmerkungen, die wirerhielten, bezogen sich darauf, dass auf Aktionen auch immerSpitzel unterwegs sind. Dass ist sicherlich so und soll auch nichthinten runterfallen, aber euch auch nicht total hemmen, was zumachen. Bezugsgruppen sollten zusammenwachsen und wenn ihreuch besser kennt, was über den Alltag der anderen mitbekommtund Vertrauen zueinander habt, solltet ihr euch immer noch malGedanken machen, mit wem ihr welche Aktion macht.Wenn ihr euch ausführlich mit dem Thema beschäftigen wollt:Mohr/Viehmann: Spitzel, 2004, Assoziation A oder guckt mal imInfoladen (Glossar).

Bildet Bezugsgruppen 3938 Bildet Bezugsgruppen

Leute noch so in eurer Nähe sind. Vielleicht kennt Ihr ja auch nocheine andere Bezugsgruppe, mit der ihr zusammen eine Reihe bildet.Ihr haltet euer Transpi hoch oder an der Seite. Ihr habt euch auchüberlegt, was Ihr tut, falls es zu Rangeleien kommt oder sie sichandeuten, so dass Ihr evt. euer Transpi neben der tollen Botschaft,die Ihr damit vermittelt, entweder als Schutz einsetzen könnt oderes schnell zusammenrollt und Ihr Ketten bilden könnt.

Achten auf andereAuch ist es nett, wenn eure Bezugsgruppe etwas auf Menschenachtet, die allein unterwegs sind, besonders, wenn es dann dochetwas ungemütlicher auf der Demo wird. Ihr könnt auch überlegen,ob Ihr den Menschen, die wieder mal mit Bierflaschen auf derDemo rumlaufen, sagt, dass Ihr das gar nicht cool findet und dasssie damit sich selbst und andere gefährden. Das Gleiche, wennwieder mal einige sexistische Sprüche klopfen oder mackerigesVerhalten an den Tag legen, eure Bezugsgruppe kann hiereingreifen. Überlegt euch vorher am besten wie.Ihr wisst als Bezugsgruppe ungefähr, wie weit Ihr gehen wollt und,wenn nötig und möglich, sprecht Ihr es kurz ab - auch denZeitpunkt, wann Ihr gehen wollt oder mit nach vorne stürmt. Wennes ungemütlich wird, die Bullen Leute rausgreifen wollen oder euchnicht durchlassen wollen, bildet Ketten und fordert andere auchdazu auf. Das gibt euch Sicherheit und die Demo ist geschlossener.Guckt euch um, dass keine Leute überrannt werden und falls dieBullen versuchen, eine_n festzunehmen, überlegt, ob Ihr dahingeht, rumsteht oder eingreift. Eine entschlossene Gruppe kanneine ganze Menge erreichen, auch wenn es keine Garantie dafürgibt. Genauso wenig gibt es eine Garantie dafür, keine Prügel vonden Bullen abzubekommen oder nicht festgenommen zu werden,ganz egal, wo Ihr euch aufhaltet.

Ruhe bewahrenAber: Panik ist häufig weit verbreitet, da kann helfen, wenn eineBezugsgruppe ruhig und überlegt handelt. Wenn sie Ruhe verbreitet,nicht auch in Panik gerät und hektisch wegrennt - auch wennwegrennen manchmal nötig ist... Das könnt Ihr ausprobieren, Ihrhabt den Vorteil, dass Ihr mit Menschen unterwegs seid, die Ihr

, TRANSPARENTE FÜR DIE DEMO MACHEN ODER SELBER EINE ORGANISIEREN, CAMP-

WORKSHOPS ORGANISIEREN, T-SHIRT MIT INHALTEN BEDRUCKEN, DIREKTE AKTIONEN

Vertrauen in die Gruppe und sich selbst stärken kann. Man fühlt sichstaatlichen Repressionsorganen gegenüber nicht völlig hilflosausgeliefert, sondern hat vieles im Kopf schon mal durchgespieltoder von Leuten gehört hat, wie sie mit solchen Situationenumgegangen sind. Deshalb glauben wir, dass das Thema Repressionim politischen Alltag eine Rolle spielen sollte, dazu gehören auch dieÄngste, Unsicherheiten und Fehler, die wir alle in solchen Momentenkennen.

Es kann Sicherheit geben zu wissen, dass sich Leute um eineNkümmern, wenn er/sie auf einer Demo festgenommen wurde, oderjemand nach einer Hausdurchsuchung zum Reden vorbeikommt, 'neDemo organisiert und eine Soli-Cocktail-Bar auf die Beine stellt, umdie Kosten wieder reinzukriegen. Wir denken, dies ist eine ganzgroße Stärke unserer Bewegung, auf die wir nichts kommen lassensollten. Und das geht am allerbesten, wenn sich alle immer mit dafürverantwortlich fühlenund hin und wiederZeit, Geld, Soliarbeit,Texte, Veranstaltungen,Knastbesuche usw.usw. dazu beitragen.Wenn dies einen ganznormalen Teil despolitischen Alltags vonuns allen darstellt, dannbleibt auch immer nochgenug Zeit, an denT h e m e nweiterzumachen, dieuns und denen wichtigsind, die grade nichtweitermachen können,weil sie sich mit denFolgen ihres politischenE n g a g e m e n t sh e r u m s c h l a g e nmüssen...

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SOLIDARITÄT KANN EINE WAFFEL SEIN

Unserer Meinung nach gehören immer auch Überlegungen dazu,inwiefern einzelne von Euch, Eure gesamte Gruppe oder die Leuteneben Euch vor, während oder nach der Aktion von politischerRepression betroffen sein können. Viele beschäftigen sich lieber nichtdamit oder vertrauen darauf, "dass schon alles gut geht". Andereschrecken möglicherweise auch vor bestimmten Handlungen zurück,wenn sie sich mit den möglichen Folgen näher auseinandersetzen.Beides ist unserer Meinung nach nicht das Gelbe vom Ei. Wir haltendaran fest, dass unser politisches Leben sich nicht rechtlichenRahmenbedingungen, polizeilicher Drohkulisse oder Einschüchterungeinfach unterwerfen sollte. Viele nennen ihr Engagement ZivilenUngehorsam, oder gehen davon aus, dass sich nur durch den Drucksozialer, politischer Bewegungen die Verhältnisse verändern.Wer wann und in welchem Umfang von Repression betroffen ist (z.B.brutale Polizeigewalt auf Demos, Straf- oder Haftbefehle, Auflagenz.B. im Sinne von Reisebeschränkungen, Observationen,Bespitzelungen, Untersuchungshaft, Hausdurchsuchungen usw.usw.), lässt sich bei aller Erfahrung nicht genau vorhersagen. Siekann pazifistische FriedensaktivistInnen und militante Kreise treffen,oder auch mal die überraschte Mitbewohnerin oder den älterenGenossen, der schon seit Jahren nicht mehr aktiv ist. Sie istpolitischen Konjunkturen unterworfen oder hängt auch mal vomJagdeifer eines einzeln Beamten oder einer eifrigen Staatsanwältinab. Manche nennen es Willkür, andere Rechtsstaat. Gemeinsam istallen Situationen, dass sie für die Betroffenen meist äußerstunangenehm und bedrohlich sind.

Auch hier gilt die Parole der Broschüre ganz wunderbar: Zusammenmehr erreichen!Wir finden, niemand darf mit Repression wegen seines oder ihrespolitischen Engagements alleingelassen werden! Deshalb gibt esunter anderem Rechtshilfegruppen, Ermittlungsausschüsse,Solifonds und -kreise, Broschüren zum Umgang und zu Erfahrungenmit Polizei und Justiz, sowie Veranstaltungen zum Thema. Vielehaben die Erfahrung gemacht, dass die Auseinandersetzung mit demThema nicht zu Einschüchterung führen muss, sondern das

FINANZIERUNG VON PROJEKTEN, VOKÜ, FLUGBLÄTTER SCHREIBEN UND VERTEILEN,

eine Aktion, die von einer einzelnen Person vorbereitet wurde,die dann die anderen Mitspieler_innen kommandiert? Vielleichtist sie effektiver, vielleicht sind ihre Erfolgsaussichten größer,aber was genau ist für uns "Erfolg" in diesem Kontext?

Wir wollen etwas erreichen, wollen, dass sich unsereBemühungen nicht im Leeren verlaufen. Doch woran messen wirdas? An der gesprengten Knastmauer? Am gestoppten Castor?Was ist das Ziel? Die Veränderung der Gesellschaft? DesSystems? Bewusstseinswandel überhaupt? Mögliche Antwortenauf diese gigantische Frage gibt es wie Sand am Meer. DieAntworten rieseln uns durch die Hand, wie trockener Sand. Sorichtig greifbar sind sie nicht. Aber sie geben Hinweise darauf, inwelche Richtung wir gehen wollen. Der Weg ist das Ziel. Dochwas ist der Weg? Wo führt er uns lang? Wo führt er uns hin?

Zusammen Druck machen

Der Aushandlungsprozess des gemeinschaftlichen Lebens, inBerücksichtigung all unsere Anti's, scheint ein solcher Weg zusein. Wir sind zum Beispiel antisexistisch oder antikapitalistischund haben ziemlich viele verschiedene Vorstellungen davon, wasdas konkret heißt. Wie stellen wir uns ein "gutes, freies Leben"vor? Mühsam und steinig sind die Auseinandersetzungen undPlena, oft gibt es stundenlange Diskussionen, oft scheinen sie zuallem Überfluss auch noch ergebnislos zu bleiben. Es kanneine_n verrückt machen: Wir wollen doch was erreichen, wollenhandlungsfähig sein!

Gegenseitige Vorwürfe entstehen, die Blockierer_innen sindleicht auszumachen: "Warum blockierst Du uns mit deinenBedenken und Ängsten? Warum weißt Du nicht Bescheid, wasdie G8 für Dreck am Stecken haben? Warum bist Du nicht zumPlenum gekommen? Warum bist du nicht zur Demomitgekommen? Was, du hast die Flyer nicht kopiert? Warumtrittst Du den Bullen nicht gegen's Schienbein? Warum? Warum?Warum?"

Soviel gibt es zu tun, soviel zu machen. Das Leben ist eineriesige Baustelle , überall brennt es, überall sind wir gefragt. Wer

DISKUSSIONEN IM VORFELD BETEILIGEN (INHALTLICH UND PRAKTISCH), ZUSAMMEN AUF

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LEISTUNGSDRUCK:

DER WEG IST DAS ZIEL

+++ Hier liegt begraben: Politgruppe XY. Am eigenen Anspruch zerbrochen. +++

Was bedeutet(en) mir meine Politgruppe(n)? Ein Freundeskreisund Kuschelkasten? Die Rote Zelle auf revolutionärem Weg?Soviel Mitglieder eine Gruppe zählt, soviel Motivationen, Träume,Wünsche und Ansprüche zählt sie potentiell. Wie soll dieserüberindividualisierte Haufen wohl einen gemeinsamen Nennerfinden? Klar, da ist am Anfang wahrscheinlich eine grobepolitische (Stoß)Richtung, vielleicht auch ein Konsens über dieAktionsform. Eben der gemeinsame Wille, etwas zu tun. Andiesem Etwas nicht zu scheitern, ist aber bereits die erste Hürde.Eine gemeinsame Aktion, ein fein ausgetüftelter Plan scheint alsBindeglied fungieren zu können. Das Realisieren eines tollenPlanes, einer fixen Idee schweißt zusammen, die Vorstellungeiner erfolgreichen Aktion gleich noch mal mehr. Aber bleibt da,selbst wenn die Aktion dann tatsächlich erfolgreich war, nichtauch Leere? Ein sich verlassen fühlen? Ohnmacht? "Was könnenwir schon erreichen?" - scheint die immer wieder drängendeFrage!

Und was wurde aus all den "erfolglosen" Aktionen? Die, die denCastor nicht zum Stoppen brachten, die Zufahrtsstraße zumGipfeltreffen nicht stundenlang blockierten, sämtlicheAbschiebeknastmauern nicht zum Einstürzen brachten? All dielange vorbereiteten und gut geplanten Aktionen, die sich dannsamt Material irgendwo im Wald verliefen? Verlief sich mit ihnenauch die Gruppe? Zerstreuten sich die Aktivist_innen in alleWinde? Suchten sie einzeln Zuflucht unterm Deckmantel neuerGruppen? Waren sie erfolglos? War die Aktion, über die nichts inder Zeitung stand, erfolglos?

Jung, schön und erfolgreich?

Wir sollten unseren Erfolg und unsere Stärke nicht nur angelungenen Aktionen messen. Was bedeutet denn zum Beispiel

PLANEN, ARTIKEL SCHREIBEN (Z.B. FÜR INDYMEDIA ODER STADTTEILZEITUNG), AN

VERANSTALTEN, SICH MIT ANDEREN GRUPPEN VERNETZEN, KUCHEN AUF EINE DEMO

Anmerkung: Der nächste Teil zum Thema Burn out soll nicht zuschwer gewichtet werden. Wir fanden es aber wichtig, dieses

Thema zu benennen und darauf aufmerksam zu machen, da esdoch hin und wieder mal vorkommt.

Erfahrungstext kommt noch

BURN OUT STATT BURN DOWN?

AUSGEBRANNT SEIN UND POLITISCHE

ARBEIT IN GRUPPEN

Die meisten kennen das.Immer wieder kommt esin den verschiedenstenGruppen dazu, dass sicheinzelne Personen völligaufreiben - bis hin zumRückzug aus der Gruppeund zur Selbstaufgabe.Oft merkt es diese Person gar nicht (selbst/ sofort). Spätestensdann ist es für das Umfeld sehr wichtig einzugreifen. Gründe, umin diese Situation zu kommen, gibt es viele. Sie finden sich aufverschiedenen Ebenen.

Das "Ausgebrannt sein" oder englisch "Burnout-Syndrom" (engl./to burn out/ -- ausbrennen) bezeichnet einen besonderen Fallchronischer Erschöpfung. Durch ständige Frustration, dasNichterreichen eines Zieles und zu hohe persönlicheErwartungen an seine eigenen Leistungen kann es zu dieserÜberlastung kommen. Dabei sind die Symptome vielfältig undkönnen in Bezug auf Auftreten und Ausmaß individuellunterschiedlich sein. Die Symptome können Depressionen sein,aber auch Beschwerden wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen,Magenkrämpfe oder andere körperliche Beschwerden. TypischeSymptome sind auch Schuldgefühle, bspw. sich nicht genügendeinzubringen. Der oder die "Ausgebrannte" erlebt die Umwelt imallgemeinen als nicht mehr kontrollierbar (was auch nicht falschist, schließlich sind wir in den jetzigen Verhältnissen tatsächlich

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wundert sich da noch über Leistungsdruck, selbst in derkuscheligen Bezugsgruppe, in der politischen WG? Wie viele vonuns sind an ihm schon zerbrochen? Haben sich einsam undunverstanden gefühlt und träumten heimlich von einerEinraumwohnung, in der sie sich verkriechen können? Wo sinddie Zeiten, in denen wir mal einfach nur in den Tag hinein lebenkönnen? Nicht immer noch fünf offene Punkte auf der 'To DoListe' zu haben, wenn wir des Nachts ins Bett gehen. Stress undÜberlastung ruft eine wage Sehnsucht wach. Eine Sehnsucht,nach einem Leben ohne Leistungsdruck. Leistungsdruck, den wiruns auch selber auferlegen. Jede_r von uns.

Großer Sprung? Kleine Schritte?

Wir wollen etwas erreichen, auf die Reihe bekommen. Der Blickauf die kleinen Schritte, auf die schwer fassbaren Erfolge istdabei enorm eingeschränkt. Auch sie rieseln uns durch dieHände, scheinen so selbstverständlich und sind doch sobewundernswert groß. Wir können nur aus diesemLeistungsdruck ausbrechen, wenn wir ihn wahrnehmen, ihnthematisieren und um Hilfe bitten können. Dazu gehört auch einBlick für die Anderen. Ein Sensibel-sein und Zuhören-können.Stress-machen ist in diesem Zusammenhang tödlich. Tödlich imwahrsten Sinne des Wortes. Tod der Politgruppe XY, weil einzelnevon uns nicht Schritt halten können und wollen mit dem Tempodes Erfolgswahns. Ende eines Weges, der zum Ziel führen soll.Wie das Ziel konkret aussehen soll, werden wir noch nächtelangdiskutieren. Auch das ist der Weg. Aber ein Ziel, welchem wirunsere Bedürfnisse und Träumeunterordnen müssen, eineKollektivität, in der Leistungsdruckherrscht - das ist garantiert nichtdas, wofür wir kämpfen. Wenn wirdie Entscheidung gefällt habengemeinsam zu kämpfen, zu leben,lieben, arbeiten, dann werden wirauch mit überzogenen Ansprüchen,Erwartungshaltungen undLeistungsdruck fertig. Nur wirmüssen etwas gemeinsam wollen!

DEMOS GEHEN, ZUM POLITISCHEN CAFEKLATSCH EINLADEN, FILMABENDE

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SPUCKIS KLEBEN, NAZIPLAKATE ENTSORGEN, FÜR DAS FREIE RADIO EINE SENDUNG

c) enttäuschte Suche nach sozialem Netz; d) enttäuschte Suche nach Sinn (im Leben); e) Idealismus und Realität sind mitunter nicht vereinbar; f) eigens auferlegter Zwang, Pflichtbewusstsein; g) enttäuschte Suche nach Bestätigung; h) Helfer_innenkomplex - eigene Traumata verdrängen.

Die gesellschaftliche Ebene

Nicht zu vergessen: Wir leben in einer Gesellschaft, die einzigauf individueller Leistung basiert, in der die oder der Einzelnenichts kriegt und nichts zählt, wenn sie/er nichts leistet. DieserZwang, die unerbittliche Konkurrenz, welcher mensch sichindividuell immer wieder aufs neue stellen muss, macht eine_neben auch "verrückt" und "krank". Daher können diegesellschaftlichen Verhältnisse auch nicht ausgeklammertwerden.

Wie geht es besser?

Zu diesen Ebenen kommen noch die "Probleme", die dasArbeiten in Gruppen an sich oft erschweren. Meistens loben wiruns selber gegenseitig zu wenig oder eben nur bestimmte Leutebzw. nur bestimmte Arbeiten. Die informelle Arbeit wird oftunterbewertet, es gibt festgefahrene Rollenverteilungen in derGruppe, doch keine klaren Zuständigkeiten. Das Private wirdnicht im richtigen Maß zugelassen und persönliche Grenzenwerden nicht wahrgenommen. Und auch die Repressionen vonverschiedenen Seiten - vor allem staatlicherseits - sind eineBelastung für jede_n einzelne_n, wobei es wichtig ist, diese inder Gruppe zu bearbeiten.

Lösungsansätze könnten sein, die interne Strukturen zu klären,die momentanen Ziele zu klären; Sensibilität anderen und unsselbst gegenüber zu entwickeln und vor allem herrschaftsfreieStrukturen zu etablieren. Es ist auch immer wieder sinnvoll,nachzuvollziehen, was denn gerade in einer Gruppe nicht so tollläuft, vor allem diese Punkte zu bedenken (und noch viel mehr),wenn sich die Gruppe mal wieder stresst und kein Mensch weißoder sagt, woran es liegt.

in hohem Maße fremdbestimmt) und zieht sich oft völlig in sichzurück. Hilfe von außen (durch Verwandte oder Freund_innen),wird kaum noch oder gar nicht mehr angenommen. Es gibtverschiedene Ebenen, auf denen die Ursache und der Anlass fürein Ausgebrannt-sein basiert. Daher kann auch neben Hilfe vonFreund_innen fachliche Hilfe vonnöten sein.

Die Ursachen sollen kurz angedeutet werden:

Die Gruppendynamik

Ein Aspekt ist die gruppendynamische Ebene. Diese entstehtunter anderem durch (zufällige Reihenfolge):

a) (Wissens-)Hierarchien und fehlende Transparenz; b) Heterogenität, unterschiedliche Hintergründe, warum wer ineiner Gruppe ist - unterschiedliche Ambitionen in einer Gruppemitzumachen - die Suche nach sozialem Kontakt kollidiertmitunter z.B. mit dem politischen Anspruch; c) offene Gruppen, die deswegen oft als zu unverbindlichaufgefasst werden; d) Subgruppen, Klüngel und Mobbing; e) Politgruppe/aktive Menschen - nicht losgelöst vom Alltag zusehen; f) Gruppenstrukturen/ Dominanzen ("Arschloch", Held_in,Sympathieträger_in); g) unterschiedliche Energiereserven und Kapazitäten werden zuwenig wahrgenommen/respektiert; h) Perfektionszwang.

Die individuelle Ebene

Eine weitere Ebene ist die individuelle Ebene und eigene"persönliche" Struktur, wodurch es dazu kommt, dass bestimmteMenschen besonders gefährdet sind, sich völlig zu verausgaben.Dazu gehört:

a) ein hoher eigener Anspruch / hohe Erwartungen an andere;b) möglicherweise stellt die Politgruppe auch die leider erfolgloseFlucht aus dem beschissenen Alltag dar;

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MITBRINGEN, PLAKATIEREN GEHEN, VERANSTALTUNGEN DER GEGNER_INNEN STÖREN,

2. Vermeidung-/ Verdrängungsverhalten

Erinnerungsverlust, erhöhter Alkohol/ Drogenkonsum,Selbstisolierung, Vermeidung von allem, was mit dem Erlebtenzu tun hat oder einen daran erinnert, Aufbau einer Distanz zudem Geschehenen etc.

3. Übererregbarkeit

Schlaflosigkeit, Gereiztheit, Gefühls- und Wutausbrüche, Angst,Panik, Konzentrationsschwierigkeiten, Schreckhaftigkeit, etc.

WIE DU ANDERE IN DEINERBEZUGSGRUPPE

UNTERSTÜTZEN KANNST

- Warte nicht, bis Du um Hilfegefragt wirst, sondern sei einfachfür sie/ihn da. Gib nicht auf, auchwenn Du vielleicht das Gefühlhast vor einer Mauer zu stehen.

- Die Tage direkt nach derErfahrung sind besonders wichtigzum Reden, danach wird oft"zugemacht".

- Vielleicht fühlst Du Dichunsicher und weißt nicht, wie DuDich verhalten sollst. Informiere Dich über Trauma, um dieReaktionen besser verstehen zu können. Einfach "normal" sein,ohne zu bemitleiden und ohne aufdringlich zu sein, kann vielhelfen. Bemühe Dich gleichzeitig den Reaktionen gegenübertolerant zu sein. Das Wichtigste ist, dass Dein_e Freund_in sichin Deiner Gegenwart wohl und sicher fühlt.

- Traumatisierte Menschen isolieren sich häufig und habenSchwierigkeiten, um Hilfe zu bitten. Sie wollen kein Mitleid,

DEMOS, VERANSTALTUNGEN ODER KUNDGEBUNGEN SCHREIBEN UND HALTEN, SCHÖNE

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Der folgende Text ist von der Gruppe "out of action".

OUT OF ACTION - EMOTIONAL SUPPORT

Wer wir sind.Wir verstehen unsere Gruppe als einen Teil derAntirepressionsstruktur und des internationalen Activist TraumaSupport-Netzwerks. Unser Anliegen ist es, über die vielfältigenund manchmal auch langfristigen psychischen Folgen vonRepression zu informieren und damit vorzubeugen. Gleichzeitigwollen wir vor Ort bei den politischen Protesten "emotionaleErste Hilfe" anbieten (z.B. beim G8-Gipfel in Heiligendamm).Um zu uns zu kommen, musst Du nicht unbedingt die "krasseAction" erlebt haben, sondern es kann ja auch einfach mal sein,dass es Dir (aus welchen Gründen auch immer) schlecht gehtoder Du einfach nur einen ruhigen Ort brauchst. PhysischeWunden erfahren in der Regel viel Aufmerksamkeit, dochpsychische Wunden sind genauso behandlungsbedürftig. Auchdas bloße Mitansehen von Gewalt kann zu einerTraumatisierung führen. Oft werden Menschen mit emotionalenSchwierigkeiten als "zu schwach" stigmatisiert. Doch dieseErfahrungen sind kein privates Problem. Letztendlich ist einefunktionierende Bezugsgruppe, in der es einen bewusstenUmgang mit Gefühlen wie Angst, Ohnmacht, Hilflosigkeit, Panikusw. gibt, die beste Prävention.

MÖGLICHE REAKTIONEN NACH EINEM TRAUMADie folgenden drei 'Phasen' können in beliebiger Reihenfolgenach-, nebeneinander oder auch gleichzeitig auftreten,manchmal tun sie oder einzelne von ihnen es auch überhauptnicht:

1. Wiedererleben des Erlebten

Alpträume, Flashbacks, intrusive (immer wiederkehrende)Erinnerungen, das Gefühl, dass das Erlebte einen nicht mehr loslässt, etc.

GESTALTEN, INFOSTÄNDE MACHEN, DIE STADT VERSCHÖNERN, REDEBEITRÄGE FÜR

Anmerkung der Red.: Die Gruppe re.ACTion hat 2007 dasBüchlein "Antisexismus reloaded - Zum Umgang mitsexualisierter Gewalt - ein Handbuch fuer die antisexistischePraxis" herausgebracht (Unrast Verlag, Muenster 2007). DieserLeitfaden richtet sich sowohl an Menschen, die sich noch nichtmit dem Thema auseinandergesetzt haben als auch an solche,die Erfahrungen im Umgang mit sexualisierter Gewalt gemachthaben. Hier werden die entscheidenden Punkte angesprochen,kontextualisiert und Vorschläge für einen reflektiertes Handelndargestellt, d.h. Grundlagen zu Definitionsmacht, Parteilichkeit,Veröffentlichung, Unterstützer_innengruppe, Umgang inPolitgruppen, Täterumgang, etc.

DIE DEMOSANIGRUPPE RÄT...

Hier soll nur kurz auf die erste Hilfe eingegangen werden.Während vieler Demos sind ÄrztInnen und Demo-SanitäterInnen unterwegs, nicht zu verwechseln mit demoffiziellen Roten Kreuz. Demosanis wollen eineselbstorganisierte medizinische Versorgung (incl. eigenerRettungswägen) sicherstellen und die Anonymität vonVerletzten aus den hinreichend bekannten Gründen wahren. Beivielen Aktionen, gerade in ländlichem Gebiet, sind aber häufigkeine Sanis am Start. Deshalb muss im Ernstfall von euch dieerste Hilfe geleistet werden. Sinnvoll ist es ja sowieso, dass ihreuch wiederkehrend mit erster Hilfe befasst und auchVerbandszeug mitnehmt.

Wenn kein Sani in der Nähe ist: Ausführlich wird in derBroschüre "Ruhig Blut! Selbstschutz und erste Hilfe" auftypische Verletzungen bei Demos und Aktionen eingegangen.Blut hinterlässt immer großen Eindruck. Viele Leute werden vonder roten Signalfarbe geradezu angezogen. Das führt natürlichauch dazu, dass "kleine" Verletzungen eher überschätztwerden. Ihre Versorgung kann meist auch später geschehen.

ÜBERLEGEN, INFORMATIONEN / HINTERGRUNDWISSEN ZU EINEN THEMA SAMMELN UND

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sondern Verständnis, keine aufgedrängte Hilfe, sondernEinfühlungsvermögen.

- Vergiss nicht, dass Menschen nach traumatischen Erlebnissenanfangs oft OK erscheinen und die Reaktionen erst späterauftreten können.

- Sei ein_e gute Zuhörer_in. Vermeide es, zu bald, zu lange undzu viel zu reden. Oft tendieren wir dazu Rat zu geben, anstattwirklich zuzuhören. Durch einen Mangel an Unterstützungkönnen die Reaktionen verstärkt werden, was als so genannte"sekundäre Traumatisierung" bezeichnet wird. (Dass vonTäter_innen keine gute Behandlung zu erwarten ist, ist klar,aber wenn irgendwer hinterher das Gefühl hat, seine/ihreFreund_innen sind nicht für ihn/sie da, bricht die ganze Weltzusammen.) Diese sekundäre Traumatisierung kann oftschwerwiegender sein, als das Erlebte und ist daher äußersternst zu nehmen. Achte darauf, dass Dein_e Freund_in sichnicht allein gelassen fühlt.

- Gute Therapeut_innen können helfen. Mit einem gebrochenenBein gehst Du ja auch zum Arzt... Ein Trauma ist sozusagen einepsychische Wunde. Der/die Therapeut_in sollte Erfahrung mitTrauma-Arbeit haben. Sonst bringt es oft nicht viel - auch fürDich gilt - diese Zeit kann sehr schwer sein, aber sie gehtvorbei. Pass auf Dich auf und sei gut zu Dir. Rede mit wemdarüber, wie es DIR geht.

Es ist an der Zeit, uns darum zu kümmern - nicht alleine, nichtim Privaten, sondern zusammen als solidarische Bewegung!

Genauer informieren könnt Ihr euch unter:

http://wiki.dissentnetwork.org/wiki/Trauma

Persönlich sind wir zu erreichen unter:[email protected]

GUTE PARTY ORGANISIEREN UM AUCH MAL ZUSAMMEN ZU FEIERN, SPRECHCHÖRE

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TECHNISCHES

Es gibt auch schlechtesWetterIn der Stadt kann menschsich, wenn dann doch malnicht so stark aufangemessene Kleidunggeachtet wurde, schnell insAutonome Zentrum, dienächste befreundete WG oder einfach in ein Cafe flüchten.Schon in einer fremden Stadt wird dies komplizierter und erstrecht, wenn gar keine Bebauung vorhanden ist. Wenn dann derAktionstag ein ganzer "Tag" wird, sollte mensch sich imVorfeld Gedanken um die Klamotten machen. Dabei sind dieTemperaturen und das Wetter ein wichtiges Auswahlkriterium.Ein anderes ist die Auffälligkeit auf dem Weg zur Aktion (Stadt,Land, Fluss), auf der Aktion und auch auf dem Weg von derAktion weg. Je länger der Tag wird, desto vielseitiger werden dieAnforderungen und auch die körperlichen Aktivitäten - schnellesgehen, rumstehen beim Plenum, sprinten, etc wechseln sich ab.Dementsprechend wechseln das Wärme- und Kältegefühl. DieKlamotten sollten möglichst in allen Situationen angemessensein. Wetterbericht anschauen hilft auch manchmal.

Das "Zwiebelprinzip"Um bei Outdoor- Aktivitäten, aber auch allen anderenAktivitäten im Freien richtig angezogen zu sein, sollte menschsich am Besten nach dem "Zwiebelprinzip" kleiden. Letztlichheißt das, dass mensch mehrere dünne Lagen Kleidungübereinander trägt..Auch Kopf, Hände und Füße schützenDer Kopf ist ein besonders empfindliches Körperteil, besondersauch, wenn es um Hitze oder Kälte geht. Trotzdem wird er beider Zusammenstellung der Ausrüstung gerne vernachlässigt.

ÖFFENTLICHKEIT ZU GEBEN", FILMEN ... .* * * ANREGUNG FÜR "WAS

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Fast immer aber ist für eine Verletzte Ruhe und Schutz wichtig.Bildet mit Umstehenden Kreise um die Verletzten, damit siegeschützt sind und die Sanis arbeiten können, aber steht nichtim Weg. Helft ggf. mit, Verletzte aus der Gefahrenzone zubringen. Unterschätzt werden manchmal Situationen, in denenkein Blut zu sehen ist. Bauch- oder Brustkorbverletzungen,Atemprobleme, schwere Blutzuckerentgleisungen sind nur einpaar Beispiele. In gängigen Erste-Hilfe-Broschüren und Infosder Demosanis (s.o.) findest du Anleitungen für den Umgangdamit. Versuche immer, Dir schnell ein klares Bild zu machen.Gehe dazu immer nach demselben Schema vor:

- Reagiert die verletzte Person auf Ansprache und Berührung?- Atmet sie angemessen?- Wie ist ihr Kreislauf?- Kannst Du schwerwiegende Blutungen sehen?

Du solltest die Gegenmaßnahmen bei lebensgefährlichenStörungen kennen und können. Bei allen lebensbedrohendenZwischenfällen rufe sofort professionelle Hilfe (112)! Dazu istauch die anwesende Polizei verpflichtet. Falls du verletzt insKrankenhaus musst, bist du nicht verpflichtet, imRettungswagen deinen Namen zu nennen. Solltest du verletztfestgenommen worden sein oder tritt in Polizeigewahrsam einerapide Verschlechterung deines Gesundheitszustandes ein,empfehlen wir, auf die sofortige Behandlung durch eineNniedergelassene/n ÄrztIn zu bestehen (kein PolizeiDoc) Nimmmöglichst immer Verbandzeug und eine Augenspülflasche mitWasser mit! CN/CS und Pfefferspray: Diese Kampfstoffe wirkenauf die Haut und auf die Schleimhäute der Augen und derAtemwege. Menschen mit Vorerkrankungen an diesen Organensind deshalb besonders gefährdet, da schon geringste MengenKampfstoff heftige Reaktionen auslösen können. CN/CS bestehtaus kleinen Kristallen, die bei direkten Augentreffern zuVerletzungen der Hornhaut führen können. Solche Verletzungender Hornhaut sind auch möglich beim Tragen von Kontaktlinsen,denn die Kristalle scheuern zwischen Linse und Hornhaut.Deshalb sollte auf Aktionen möglichst auf Kontaktlinsenverzichtet werden.

DAMIT DANN ARBEITEN, VIDEOCLIPS ZUM MOBILISIEREN ODER ZUM "EIN THEMA MEHR

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ausreichend Mineralien über Lebensmittel aufgenommenwerden können (und eine Apfelschorle ist immer noch das besteGetränk im Sportbereich), dienen Mineraltabletten bzw. -Getränkepulver bei starkem Flüssigkeitsverlust als wichtigeVoraussetzung für anhaltende Leistungsfähigkeit.

Technik und Technix1. Die LandkarteZur Orientierung sollte mensch topographische Kartenbenutzen. Auf ihr sind die Straßen, Häuser, Flüsse, Fußballfelderund Wälder durch Symbole dargestellt. Dadurch ist sie vielübersichtlicher zu lesen als eine Luftaufnahme des betreffendenGebietes. Neben der Karte sind in einer Legende die Symbolemit Erklärungen aufgeführt, dort findet mensch auch Angabenüber die Höhen- und Tiefenlinien. Sie stellen auf der KarteBerge und Täler dar, nach denen mensch sich, mit etwas Übung,in der Landschaft orientieren kann.

2. OrientierungUm nach einer Karte laufen zu können, muss mensch wissen,wo mensch sich auf ihr befindet. Die Orientierungsfähigkeit istvon Punkten abhängig, die so markant sind, dass mensch sieauf der Karte leicht identifizieren kann.Was auch zur besseren Orientierung beiträgt, ist das Einnordender Karte. Das bedeutet, dass der Norden der Karte mit demNorden in der Landschaft in Deckung gebracht wird. Auf derKarte ist (meistens) Norden oben! Die in der Karte dargestelltenObjekte und Geländeformationen liegen dann in der gleichenRichtung, wie ihr sie in Natura seht. Mensch kann sich an vielenDingen in der Landschaft orientieren, um sich einzunorden:

a) SonnenstandFür die BRD gilt etwa:- 6:30 Uhr im Osten,- 12:30 Uhr im Süden,- 18:30 Uhr im Westen

b)Alte KirchenDas Kirchenschiff weist nach Osten (nach Moskau).

EINE BEZUGSGRUPPE ZIEMLICH VIEL MACHEN, ABHÄNGIG NATÜRLICH VON DER

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Wenn es kalt ist, verliert mensch über den Kopf besonders vielWärme. Auch bei Hitze oder hoher Sonneneinstrahlung ist der Kopfbesonders gefärdet. Hier merkt mensch, besonders bei vielSonne in ansonst kühler oder windiger Umgebung, die Schädenoft erst, wenn es zu spät ist. Ein Hitzeschlag oder Sonnenstichkann lebensgefährlich sein.

Ein weiteres Probelm können nasse Füße sein, gerade wenn esregnet und mensch über längere Zeit im Freien ist. Deshalb sindfeste, wasserdichte Schuhe zu empfehlen. Vielleicht diese auchmal Nachfetten. Darüber hinaus müssen die Schuhe passen.Nehmt keine Schuhe, in denen ihr noch nie längere Zeit/Strecke gelaufen seid, sonst gibt es leicht Blasen. Feste Schuhe,möglichst Knöchelhoch, sorgen für viel Halt beim Gehen imWald, beim Sprint, etc. Ein ausgeprägtes Profil schützt vormausrutschen, Stahlkappen vor plattgetretenen Zehen, dochentziehen sie im Winter den Füßen durch die gute Wärmeleitungauch viel Wärme. Z.T. gehen die Bullen aber soweit, dass sieStahlkappen als "passive Bewaffnung" auslegen und deshalbLeute festnehmen. Dazu müssen sie die Stahlkappen aber ersterkennen, was bei vielen Schuhe schwer fällt.

Ein weiterer Vorteil von Zwiebelschichten ist es, dass menschsein äußeres Erscheinungsbild schnell verändern kann.

Essen und TrinkenEnergie ist eine wichtige Sache bei körperlichen Aktivitäten und

wird gerne vergessen.Schwierig ist es manchmalan welche heranzukommen- also denkt vorher dran undnehmt einfache Sachen wieMüsliriegel und Schokolademit. Durst ist ein Indikatorfür verloren gegangeneMineralien. Während imgeregelten Leben

MENSCH ALLES SO MIT EINER GRUPPE MACHEN KANN" - ERSTMAL KANN

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Verstärkungseffekt mehr vorhanden oder ist es nebelig, wirdhäufig eine Infrarot (IR)-Lampe zugeschaltet.

b) RestlichtverstärkerEs gibt je nach Entwicklungsstand verschiedene Arten, die dasSehen bei sehr schwachen Lichtverhältnissen ermöglichen,indem sie das vorhandene schwache Licht verstärken. Der Kernjedes Nachtsichtgerätes ist eine Röhre, bei der auf derEintrittsseite auftreffendes Licht elektrisch vorgespannteElektronen auslöst, die bei der Austrittsseite auf einen meistgrünlichen Leuchtschirm auftreffen und dort ein wesentlichhelleres Bild erzeugen.

c) WärmebildgeräteZusätzlich können zum Beobachten bei Dunkelheit oderschlechter Sicht Wärmebildgeräte genutzt werden. Sie nutzendie Wärmeabstrahlung von Körpern. Die unterschiedlichenTemperaturen werden verschiedenfarbig dargestellt.Wärmebildgeräte haben gegenüber Nachtsichtgeräten denVorteil, dass weder Restlicht vorhanden sein, noch eine (IR-)Lichtquelle eingesetzt werden muss. Weiter können mit ihnenauch tagsüber optisch gut getarnte Objekte in vielen Fällenaufgrund der Wärmesignatur leicht erkannt werden. EinVerstecken von Wärmequellen ist - vor allem bei niedrigenAußentemperaturen - nur mit sehr viel Aufwand möglich.

ABER AUCH DIE KANN MENSCH JA ERWEITERN. DENN WIR WOLLEN UNS JA GEGENSEITIG

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c)Der KompassHinweis: Die Kompassnadel wird durch metallische Objekte inder direkten Nähe abgelenkt. Dies kann z.B. im Auto einProblem sein.

LichthinweiseWer Nachts im Dunkeln unterwegs ist, sollte möglichst eineTaschenlampe dabei haben - klar. Gut wäre es aber, wenn diesenicht weißes, sondern nur rotes Licht ausstrahlt, wie eineFahrradrücklampe. Rotlicht blendet das ans Dunkel angepassteAuge fast nicht, im Gegensatz zu weißem Licht. Deshalb wirdRotlicht bei Nacht bzw. bei Dunkelheit allgemein auf Schiffenund auch in Flugzeugen angeschaltet, damit die Augen derBesatzungen nicht geblendet werden und die Dunkelanpassungdes Auges erhalten bleibt. Zudem ist rotes Licht längst nicht soweit sichtbar, wie weißes Licht. Wenn dann noch versucht wird,das Licht möglichst selten anzumachen und mensch sich sehrleise bewegt, fällt mensch fast nicht mehr auf.Beim Karten lesen mit Rotlicht ist zu beachten, dass die unterschiedlichen Linienfarben nur sehr schwer zu unterscheidensind. Es hat sich nachts im Wald bewährt, sich mit seinerBezugsgruppe an den Händen zu fassen. So geht keineR derGruppe verloren, wenn mensch nichts mehr sieht.

Funktionsweisen technischer Hilfsmittel im DunkelnNachtsichtgeräte sollen die visuelle Wahrnehmung in Dunkelheitoder Dämmerlicht verbessern oder ermöglichen überhaupt ersteine Bilderkennung. Restlichtverstärker und Wärmebildkamerassind im Gegensatz zum Einsatz von Infrarotscheinwerfernpassive Systeme, deren Einsatz kann also nicht von anderenwahrgenommen werden kann, da sie nur Licht empfangen.

Weiterhin gibt es noch verschiedene andere Geräte: Bedenkt,dass diese gerne von der "Gegenseite" eingesetzt werden.

a) InfrarotscheinwerferIst kein ausreichendes sichtbares Licht für einen

GRUPPENGRÖßE UND WAS MENSCH SO KANN - VON DEN FÄHIGKEITEN AUS GESEHEN.

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sind/fühlen sich nicht autorisiert, für andere zu sprechen,sondern wollen Kontakte herstellen. Sie vermittelten also eherzwischen "Mainstreammedien" und den Aktivist_innen. Falls ihrda mitmachen wollt oder falls ihr Kontakt zur"Mainstreampresse" haben möchtet, wäre es sinnvoll sich andiese Pressegruppe zu wenden.

II Diskussionsforen/ -blättera) Nicht abwegig ist es, auch ein "eigenes" Diskussionsblatt zuhaben, sei es in gedruckter Form oder im Internet. Bekanntedarunter sind: die Interim (Berlin), die Zeck (Hamburg),Analyse&Kritik (ak), lotta (NRW), swing (Frankfurt/Main) etc.Hier hat jede_r die Möglichkeit, eigene Beiträge zuveröffentlichen. Sie erreichen aber eben nur einen begrenztenKreis an Leuten.Im Zuge der Vorratsdatenspeicherung ist es jetzt noch einigenmehr klar geworden, dass die anarchistischen Zeiten desInternets vorbei sind. Vieles wird staatlich kontrolliert. U.a. einGrund dafür, warum Diskussionsblätter in gedruckter Formwieder mehr Anklang finden können. Es liegt in "unserer Hand"sie selbst zu gestalten, Inhalte hineinzubringen und Beiträge zuschreiben. Eine Möglichkeit zusammen zu diskutieren, sichaußerhalb der eigenen kleinen Politgruppe miteinanderauszutauschen und dann vielleicht mehr zu erreichen!b) Zu vielen Bereichen für linke Themen gibt es auch einigeBroschüren wie z.B. aranca, iz3w, graswurzelrevolution, ami,fiber, aufbruch, datenschleuder, veganinfo, Anti-Atom-Aktuelletc. Wenn es bei euch einen linken Buchlade, eine Infoladenoder linkes Cafe gibt, dann schaut da doch einfach mal vorbei,vielleicht findet ihr dabei was passendes.

III MainstreammedienHier stellt sich die Frage, ob der entschlossene Ruf"Kameramann - Arschloch" auf einer Demo als Umgang mit denbürgerlichen Medien ausreichend ist. Einen bewussten Umgangmit Mainstreammedien zu finden, kann durchaus sinnvoll sein(auch wenn sich damit besser nicht der weit verbreitete Glaubeverbinden sollte, die herrschenden Verhältnisse könnten

SICH MIT ANDEREN BEZUGSGRUPPE ODER ZUSAMMENHÄNGEN ZU KOORDINIEREN. Z.B.

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MEDIEN

Mit Medien haben wir ständig zu tun und viele überlegen sich oftauch, wie sie ihre Aktion - unterstützt durch Photos oderVideo*1, an die "Öffentlichkeit" bringen können. Uns scheintaber, dass diese Überlegungen nicht ausgereift sind.Die Frage, die sich gestellt werden muss, ist, für wen die (leidermeist symbolische) Aktion denn sein soll. Und somit, welchenVerbreitungsweg sie denn nehmen soll.Geht es um Bilder und Berichte für's "Familienalbum" oder solldie Aktion nur von bestimmten Szenekreisen wahrgenommenwerden und dort Debatten auslösen? Oder sollen vielleicht dochMenschen informiert werden, die "normalerweise" nicht dieparolenbespickten Flugblätter in abgehobener/nichtverständlicher Sprache lesen? Für die verschiedenenBedürfnisse gibt es auch die verschiedenen Medien.

I Die "eigenen Medien"a) Nicht jede Presse ist böse. Es gibt einige Medien, die manche"unsere eigenen" Medien nennen. Dazu gehören z.B.Indymedia, Freie Radios, verschiedene Filmprojekte wie z.B.Cinerebelde oder kanalB. Diese sind wichtig, denn dass "Bild"nicht bildet und "taz lügt" ist nichts neues. "Eigene" Medienbieten die Möglichkeit für Hintergrundberichte und mehr alsNachrichten in drei Zeilen und bieten die Möglichkeit, dieeigenen Inhalte gezielt zu veröffentlichen. Meistens geben sich"unsere eigenen" Medien auf Demos oder Aktionsorten zuerkennen. Diese Gruppen wissen in der Regel, dass sie bewusstdamit umgehen müssen und zum Beispiel in manchenSituationen besser keine Gesichter abfotografieren. (Lieber maldie Handyphotografierenden ansprechen.)b) Bei großen Camps oder Aktionatagen bildet sich meist eineeigene "Pressegruppe". Hier gibt es verschiedene Formen, inden letzten Jahren, zum Beispiel während der G8-Proteste2007, folgte die Pressegruppe der Camps einem Konzept,welches personenfixiertes und intransparentesPressesprechergehabe verhindern sollte. Diese Pressegruppensind also nicht das gleiche wie "Pressesprecher_innen"! Sie

WEITERBRINGEN UND VONEINANDER LERNEN. FÜR EINIGE VORSCHLÄGE IST ES GUT,

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sein oder im Namen des Plenums zu sprechen, dasWeitervermitteln von Menschen, die zum Beispiel für eineAktionsgruppe sprechen oder sich auf ein Thema spezialisierthaben etc.

Im Rahmen der Protesten zum G8-Gipfel in Heiligendamm gabes eine solche Pressegruppe, die sich zur Aufgabe gemacht hat,"linksradikale" Pressearbeit im Vorfeld und während der Tagezu machen. Ich bin relativ spät dazu gestoßen - mit der Idee,mich im Camp um die Presse zu kümmern und der Position "Ichmuss keine Interviews geben, das können andere besser!"Während des Camp-Aufbaus haben wir uns ein Pressezelt imEingangsbereich errichtet - und es ging sofort los. Alle freutensich, dass da welche sind, die mit der Presse reden, ihr waszum Camp erzählen und die Journalist_innen über das Geländeführen. Mit so einem großen Ansturm haben wir nichtgerechnet. Die Idee, keine Interviews zu geben, war relativschnell hops gegangen. Wir sprachendabei nicht alsPressesprecher_innen, sondern als Campteilnehmer_innen. Obdas dann wirklich immer so rübergekommen ist, weiß ich nicht.Ich hoffe es. Wir haben uns auch bemüht, schnell ein Netzwerkvon Menschen aufzubauen, die auch mit der Presse reden undInterviews geben. Wir wollten verhindern, dass immer dieselbePerson zum Thema Camp spricht und so öffentlich doch zurCamp-Pressesprecher_in gemacht wird. Und ich bin heute nocherstaunt, wie sehr ein kleines, offiziell aussehendes Schild miteinen Namen wie "Susi Sonnenschein" und darunter"Pressekontakt" Autorität gegenüber Mitarbeiter_innen derMedien (und leider auch gegenüber einigenCampteilnehmer_innen) herstellt.

Kurz vor dem großen Ansturm bekamen wir Verstärkung voninternationalen Medienaktivist_innen, was sehr cool war. Nungab es auch die Möglichkeit, u.a. in Englisch, Spanisch,Französisch Interviews zu geben. Manchmal wollten dieMedienvertreter_innen aus anderen Ländern auch einfachLeute aus "ihrem" Land interviewen. Wir haben dann versucht,Aktivistinnen z.B. aus Schweden zu finden.

Da wir im Eingangsbereich des Camps standen, hatten viele

MIT DER VOKÜ ABZUSPRECHEN. KLAR GEHT SO WAS AUCH VOR ORT, ABER ES IST DOCH

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dadurch verändert werden, dass "die Wahrheit" in der Zeitungsteht). Es ist vor allem wichtig, dass die Kritik an denherrschenden Verhältnissen sichtbar wird, dass wahrgenommenwird: Da gibt es Widerstand, Widerstand ist möglich! Um dieseBotschaft zu transportieren, kann die "Mainstreampresse" ganznützlich sein. Wir sollten nicht davon ausgehen, dass sie dasschreiben, was wirklich stattfand - oder was wir gerne in derPresse hören/lesen/sehen würden. Darauf haben wir nichtwirklich einen Einfluss, darauf kommt es aber auch nicht immeran. Wir sollten die Relevanz der Medien also nicht überschätzen,Aktionen sollen schließlich keine reinen "Medienereignisse" sein.

*1 - noch was zu handyphotos etc.Bilder für's "Familienalbum" auf der Demo zu machen, störteinige Leute, also lasst es lieber! Wenn es um einen z.B.Indymediaartikel geht, denkt bitte daran, das Gesicht und Formganz unkenntlich zu machen. Genauso bei Filmen und ambesten auch die Metadaten der Bilder/ Filme löschen. Wenn ihrdas nicht könnt, dann lernt es oder lasst es lieber bleiben. Ihrgefährdet sonst euch oder/ und andere damit.link dazu schreiben

--Erfahrungsbericht--Pressearbeit als Linksradikale?????

In den letzten Jahren gab es immer wieder Versuche, einen füralle einigermaßen erträglichen Umgang mit der "bürgerlichen"Mainstream-Presse zu finden. Neben der Meinung "Mit denenarbeiten wir nicht zusammen!", gibt es immer konkretereIdeen, wie ein Umgang mit Journalisten aussehen kann. Auchwenn die Motive dazu sehr unterschiedlich sind und von "Liebereine verkürzte Kapitalismuskritik als gar keine Gegenposition inder Zeitung" über "Es gibt auch Zeitungen wo wir Inhalteplatzieren können!" bis zu "Auch eine schlechte Presse ist gut!"reichen, entwickeln sich im Rahmen von großen EreignissenBezugsgruppen, die sich mit der Pressearbeit beschäftigen. Imgroßen und ganzen gibt es da einige Eckpunkte die alleberücksichtigen. Z.B., nicht Pressesprecher_in für das Camp zu

WENN IHR AUF DEM CAMP KOCHEN WOLLT, KANN ES GUT SEIN DIES SCHON MAL VORHER

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GLOSSAR

Alkohol: A. hat auf Demonstrationen und bei Aktionen nichts zu suchen!Siehe auch Drogen.

Anwaltsvollmacht: Ihr könnt/solltet vor Aktionstagen oder Demos eine Vollmachtfür eine Anwältin unterschreiben und bei Freund_innen oder ineurer WG hinterlegen (unterschrieben, aber ohne Datum - aufder Rückseite Meldeadresse und Geburtsdatum notieren).Wenn ihr festgenommen werden solltet, kann diese ganznützlich sein.

Barrio: Ein B. ist eine Art Bezirk auf einem Aktionscamp. Es gibtregionale B.s (Rhein-Main-B.) oder thematische oder nachVorlieben "sortierte": krasses Anarcho-B., Black-B., queeres B.

EA oder Ermittlungsausschuss: Vertrauenswürdige und erfahrene Leute, die beispielsweisewährend einer Demo am Telefon sitzen, damit keine_r verlorengeht. Leute, die festgenommen wurden, können/sollen den EAanrufen, damit dieser sich z.B. um Anwältinnen kümmernkann. (Meldet euch immer auch ab, wenn ihr wieder draußenseid!) Die Telefonnummer (EA-Nummer) wird vor derDemo/Aktion bekannt gegeben, an machen Orten ist sie immerdie gleiche.

Deli: (auch Delegierten-Treffen, D.-Treffen)Eine oder zwei vertreten die Bezugsgruppe, um sich mit einemgrößeren Zusammenhang (Demo-Block, Aktionsgruppe,Camp) zu koordinieren und abzustimmen. Funktioniert nur,wenn in den Bezugsgruppen auch diskutiert wird.

Drogen: D. haben auf Demonstrationen und bei Aktionen nichts zusuchen! Siehe auch Alkohol.

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BESSER FÜR ALLE BETEILIGTEN, WENN MENSCH ES ..***

Aktivist_innen gesehen, dass es da Menschen gibt, die sich umdie Presse kümmern. Leider gab es wenig Versuche vonBezugsgruppen, Pressebegleitung für ihre Aktionen zu finden.Wir wollten diesen Service anbieten. Im Vorfeld haben wir auchInterviewworkshops angeboten, um die Hemmungengegenüber der Presse abzubauen und Menschen aufunangenehme Fragen vorzubereiten - oder auch aufzuzeigen,dass mensch ein Gespräch mit der Presse auch abbrechenkann, wenn es eher aussichtslos aussieht und der Menschgegenüber auf einer dummen Frage rumreitet.Wir haben uns jeden Abend zu einem Plenum getroffen und unsausgetauscht, was den Tag gut gelaufen ist, welcheJournalisten nervig waren, was es für Fragen gab, was morgendas Thema sein wird, was unsere politische Einschätzung istetc. Da sich kein Mensch von 9 Uhr bis abends um 8 mit derPresse zu beschäftigen will, haben wir geklärt, wer wann da ist- und natürlich eine_n Delegierte überlegt, damit wir auch aufdem Camp-Plenum vertreten sind.

Es gab den Beschluss de Camps, dass ab der großen Demo am2. Juni keine Pressevertreter auf das Campgelände kommen.Das war schon vorher so beschlossen, u.a. mit derBegründung, dass das unser Rückzugsraum ist, unserWohnzimmer sozusagen. Da wollen wir uns wohl fühlen undnicht morgens aus dem Zelt kommen und in eineFernsehkamera schauen. Ich finde es auch eine Frechheit dasvon uns Aktivisten zu verlangen, bei den G8-Vertreter_innenwird sich ja auch nicht beschwert, dass mensch nicht in ihremSchlafzimmer gefilmt werden kann. So weit, so gut.Oder auch nicht. Die nervigsten Diskussionen darum hatte ichmit der BILD-Zeitung, der Typ wollte unbedingt mit mir überPressefreiheit diskutieren. Bilder hat er trotzdem nichtbekommen. Leider kam direkt danach ein Pressefotograf dertaz. Na Danke! Der hat mir dann erzählt, dass ich Schuld bin,dass sie nur Bilder von brennenden Autos machen können -wenn ich noch nicht mal ihn auf das Camp lasse. Ich dachtemir: "Die spinnen doch alle!", und brauchte danach erstmaleine Pause von Journalisten.

sollte, ist seit Jahr und Tag umstritten. Sicher ist, dass in derimmer gern geführten "G.-Diskussion" die strukturelle G. bspw.der Festung Europa oder des kapitalistischen Kommandosneben vorauseilenden Distanzierungen von "Riots" und"Chaot_innen" in der Regel irgendwie unter den Tisch fällt.Halten wir inne: Warum sind z.B. Abschiebungen oderprügelnde Bullen voll OK - keine G. -, entschlossene Aktionengegen Abschiebungen oder verprügelte Bullen dagegen G., alsoüberhaupt nicht OK? Vielleicht kann uns das ja mal wererklären, wir verstehen es nicht.

Handys: (auch Mobiltelefone) Ganz praktisch, aber auch nicht ungefährlich. Das H. lässt sichvon den Bullen orten und als mobile Abhöreinrichtungeinsetzen, auch wenn es ausgeschaltet ist. Überlegt euch, woihr es wirklich braucht und wo es auf keinen Fall was zu suchenhat. Manchmal ist das gute alte Funkgerät ohnehin bessergeeignet.

Heli: (von Helikopter, Hubschrauber) Lästig. Machen z.B. auf einer Demo auch aus großer HöhePortraitaufnahmen von dir. Manchmal sieht oder hört menschden H., die Wärmebildtechnologie funktioniert aber auch ausextremer Höhe, also ohne dass du bspw. bei Wald- undWiesenkämpfen (wie in und um Heiligendamm) automatischwas davon mitbekommst.

Medienprojekte: Linke, selbst verwaltete M. gibt es total viele, totalverschiedene: alte und neue, Hochglanz und Fehldruck,spannend und langweilig. Es gibt Zeitungen und Zeitschriften(legale und illegalisierte), Radioprojekte (legale und eherpiratenartige, spontane), es gibt Internetportale, Fotoarchive,Videoprojekte etc. Ein buntes Allerlei. Siehe z.B.(unvollständig): www.de.indymedia.org; www.freie-radios.net; www.freie-radios.de; www.kanalb.org;www.inforiot.de; www.nadir.org

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Flugi: (auch Flugblatt, Flugschrift) Enthält die gerade aktuelle Analyse, immer wichtig undhochspannend.

Fotos/Filme: Auch wenn es häufig anders aussieht: Der Sinn einerDemonstration/Aktion ist nicht, dass wir uns alle gegenseitigfilmen und/oder fotografieren. F./F. können Leute zudem inganz reelle Gefahr bringen. Wenn ihr dennoch F./F. machenwollt, z.B. auf einem Camp, dann fragt die Leute, die ihraufnehmt, vorher immer um Erlaubnis! (Nebenbei: Wenn ihrdie Dokumentation von Protest und Widerstand spannendfindet, ist euer Engagement in linken => Medienprojektensicher nachhaltiger als die private Fotosammlung.) F./F. machtübrigens auch die Gegenseite, und nicht zu knapp. Manchmalhelfen => Wechselklamotten.

Infoladen: Einen I. gibt es in vielen Städten/Regionen. Weniger einGeschäft, sondern ein selbstverwalteter Ort, an dem du dichmit Informationen jeder Art eindecken kannst, also auch mitZeitungen, Flugblättern, Büchern, aber auch mit Buskarten, T-Shirts etc.; siehe www.infoladen.net

Konsens: Gegenteil vom Dissens und das, was bei einer => Runde imbesten Falle raus kommt: Alle sind mit dem, was geschrieben,der Weltöffentlichkeit verkündet, getan oder nicht getan wird,voll und ganz einverstanden. Alle.

Lauti: (auch Lautsprecherwagen; im Bullen-Jargon LauKW)spielt Musik und Redebeiträge, ist immer wieder Ziel vonAngriffen, deshalb gibt es eine oder zwei Reihen L.-Schutz -wenn nicht, könntet ihr ihn evtl. spontan übernehmen, fragteinfach am L. nach.

Gewalt: Die Frage, ob der Staat das Monopol "legitimer G." innehaben

t.i.n.a.: ("There is no alternative.") Neoliberale Leitmaxime, die die Möglichkeit leugnet, dassgesellschaftliche Verhältnisse gestaltbar sind. Nach demt.i.n.a.-Prinzip muss sich jede Entscheidung demkapitalistischen Markt und der Konkurrenz unterordnen. Merke:Das ist Unsinn.

Transpi: (auch Transparent) ca. 3-6m langes Stück Stoff, bemalt mit politischenForderungen, Parolen oder Rüttelreimen. Oft auch praktisch,um die eigene Gruppe wiederzufinden, als Sichtschutz und umzu verhindern, dass Bullen frech durch die Demo laufen.Manchmal durch dicke Seile oder auch Autoreifenverstärkt/gepolstert.

VoKü: (auch Volxküche, Bevölkerungsküche) Leute, die kochen. Meistens ist aber Hilfe gerne gesehen. Essengibt es gegen Spende.

Wechselklamotten:W. sind immer sinnvoll, falls deine Sachen vom Wasserwerfernass sind oder durch Pfefferspray bzw. Farbmarkierungen derBullen verseucht/verunstaltet. W. oder die zweite SchichtKlamotten am Körper eignen sich auch hervorragend, umgegebenenfalls das eigene Aussehen etwas abzuwandeln, fallsdie Situation das verlangt.

Zivi: (auch Z.-Bulle, Zivfte, Zifte) Polizeikräfte in ziviler, d.h. mehr oder weniger unauffälligerStrassenbekleidung. Mittlerweile z.T. wirklich authentisch. d.h.schwer zu erkennen. Mischen sich unter Demonstrant_innen,verfolgen z.T. gezielt und hartnäckig einzelne "Verdächtige".Hier helfen vor allem Gruppen die sich untereinander kennen,manchmal auch => Wechselklamotten.

Bildet Bezugsgruppen 6766 Bildet Bezugsgruppen

NUH: (netter, unkomplizierter Haufen) Vielfach erprobtes Organisierungsprinzip der undogmatischenLinken, in Abgrenzung zu Partei, NGO und Organisation. Vonletzteren als unverbindlich und "bündnisunfähig" geschmäht,sorgen NUHs doch immer wieder für fetzige Aktionen.

Runde:"Lass uns 'ne R. machen..." Eine R. ist der Kern einer, je nachdem, schnellen oder langsamen Entscheidungsfindung. Egal obdie Diskussion um euer Flugblatt oder darüber, wie ihr an derBullenkette vorbeikommt, das Prinzip ist immer gleich: Jede_rkommt zu Wort. Abwandlungen: die Emo-R. ("Wie geht es dirgerade?") und die Daumen-R., wenn es schnell gehen muss.Ähnlich: Blitzlicht.

Sanis: (auch Demo-S., autonome Sanität)Auf Demos kommt es immer wieder zu Verletzungen. Dabei istden üblichen Rettungsdiensten /Krankenhäusern nur bedingtzu vertrauen, da sie oftmals mit Bullen und Justizzusammenarbeiten. Unsere S. sind in ziviler Kleidung auf derDemo und können Verletzungen versorgen. Wenn ihr Hilfebraucht: rufen! (Trotzdem solltet ihr auch selber nötigeMedikamente, Wasser und Erste Hilfe Zeug mitnehmen,schadet nie.)

Spitzel: Nicht zu verwechseln mit Genossinnen und Genossen, die ältersind als 35 und/oder sich anders kleiden als "die Szene". Alsoseid umsichtig mit Verdächtigungen. Sp. werden vonVerfassungs- und Staatsschutz eingesetzt, um politischeAktivitäten, die sich nicht unbedingt an der herrschendenOrdnung orientieren, auszuleuchten, zu verhindern und, ganzwichtig, juristisch zu verfolgen. Zum Teil sitzen sie "spontan" ineinem offenen Vorbereitungskreis, der eine Aktion plant, sienehmen durchaus auch an Aktionen teil, andererseits begebensie sich gezielt und über Jahre und Jahrzehnte in politischeGruppen. Kein Grund für Paranoia, aber überlegt euch, mitwem ihr welche Aktion macht.