Zustand. Pirot - static.nzz.chaus+dem+Tierreich_1... · «nffen dies sehr ftohl, Pa« Blatt Witt...
Transcript of Zustand. Pirot - static.nzz.chaus+dem+Tierreich_1... · «nffen dies sehr ftohl, Pa« Blatt Witt...
«nffen dies sehr ftohl, Pa« Blatt Witt fortanentschieden zur demokratischen Fahne stehen und
?alles vermeidet, was oberflächlicherNeugier, der
Klatschsucht und niedern Leidenschaftenhuldigt".
? (Eingesandt.) Angesichts der jedesmaligen
Tumulte, welche namentlich an einem Sonntag lieiden Heilsarmee-Versammlungen vorkommen, durfteeine öffentliche
Besprechung und eine Vitte an diezuständigen
Oberbehörden vielleicht am Plahe sein.Bei jeder Versammlung der Heilsarmee ist
zuerst eine Rolle Buben von zehn bis slmfzehnJahre», welche den Platz vor dem Lokal stunde»lang belagert, e!wa Slmie wast, dann fortrenntund nachher wieder he^uMeicht. Dann kommenGrößere, meistens Arbeiter in angeheitertem Zustand, die sich dm Eingang erzwinge,! und theilsim Vorplatz, theils im Innern dl.vch Johlen,
Lärmen und wüstes Rüfen die Versammlungzn
stören suchen, Auf sie haben die Urinen Buben
schonlängst gepaßt, indem sie unter dem Schutze
der Größern ihren wüsten Lärm noch zusteigern
suchen. Dietz ist .ne!st.»»s der Verlauf, weil» er
nicht noch schließlich zu Thätlichleiten ausartet.
Ich gehöre weder zur Heilsarmee noch zuirgend
einer andern Sekte, aber ich finde, es sei eine
Schande für Zürich, daß folche Austriae hier in
Zürichgeduldet werden. Jene
jungen Buben
erhalten ihre Instruktion von ihren Eltern, und
diese wissen, daß sie von den Oberbehörden nichts
zu befürchten haben, da diefe von Anfang an einefeindselige Haltung gegen die Heilsarmee
einge-
nommen haben. Der Satz ?die Glaubensfreiheit istin der ganzen Eidgenossenschaft gewährleistet" gilt
also für die Heilsarmee nicht, alle andern Kirchenund Sekten läßt man ruhig gewähren,
diese aber
steht recht- und machtlos da. Ich bin überzeugt,
ein Wink von der Polizeidirektion entweder öffent-lich oder an die untern Polizeibehörden, daß folche
Auftritte mit Gewalt zu verhindern und daß die
Unruhestifter sofort zu verhaften feien, würde ge-
nügen, dem Skandal fofort ein Ende zu machen.
? Die vom Regierungsrat!)? noch Einsicht eines An-irages des
Erziehungsrathes gestütztaus das Resultat bcr
Schulgutsrechnungen für das Jahr 1885 eitheilten Staats-beiträge an Prima»
schulgemeinden »,. an Kassabefizitedürftigerer Gemeinden, d. an Lehrmittel für dürftige
Kinder und o. an Fondsäufnungen dürstigerer Gemeindene, geben
sich aus folgender Uebersicht:
An An AnBezirk Kassa- Lehr- Fonds- Total
defizite mittel I' »fnungen
Fr. Fr. Fr. Fr.Zürich 9850 2155 200 1L2U5
Affoltern 750 120 20 820
Hornen 240 820 - 1060
Meilen 260 665 925
Hinweil 2390 795 3185
Uster 960 350 - 1310
Pfäffikon 1430 480 - 1910
Winterthur 4450 1895 125 8470Andelfingen 560 435 50 1045
Bülach «80 500 ? 1180
Dielsdorf 335 900 60 1 295
Totulfür 1884 21905 9l15 435 '3IL05
? 1883 18.15 8685 285 27385
Differenz -,- 3490 ^430 2(!0 ^-4120Hielei sind
inbegriffenaußer o, deutliche
Staatsbeiträge
an die Kassadefizite der SchulgemeindenAußersihl ^8000
Fr.), Oerlikon ( 1 0 00 Fr.). Töß (800 Fr,),Bellheim
(2000 Fr.), Nllhl-Tmbenthal(200 Fr.)
An Stelle des die Wahl ablehnenden Prof. Dr. I. Frcy
als Präsidenten derMatmitälsprüsungskommilfwn sür
den Eintritt in die Hochschule wird ernannt Prof. Dr.Hugo Nlümner.
? Herr Lutz, Verwalter vom Strickhof, fchreibt
uns:?Ihre
Mittheilung in Nr. 365 der N. Z. Z.1885 betreffend landwirtschaftliche Schule im
Strickhof istunrichtig. Neun Tage
nach meinem
Amtsantritt legten mir die Zöglinge des ersten
Kurses durch eine Deputation eine Reihe von Be-
schwerden vor über den Unterricht cines Lehrers,
wie er seit letztenFrühling bis zum Moment der
Beschwerde ertheilt worden war. Hieranknüpften
sich verschiedene Wünsche. Ich verlangteschriftliche
Darlegung dessen, was sie bei mir vorgebracht
hatten, was erfolgte. Der Angelegenheit liegt wohl
mehr ein organisatorischer Mangel und laum einePflichtvernachlässigung des Lehrers zu Grunde.Deßhalb war es meine Pflicht, die Sache derDirektion des Innern zur
Prüfungzu unterstellen.
Die Zöglingeselbst haben sich nicht an die Direktion
des Innern gewendet."
? Mit Bezug auf die Erklärung des HerrnKantonsrat!)
Schneider in Nr. 2 der N. Z. Zfchreibt uns Herr Stadtpräsident Römer, daß am27. v. M. eine Zusammenkunft der stadtzürche-rischen Vertreter des Kantonsrates zur Be-sprechung der Zentralisationsfrage stattgefunden habe,
in welcher beschlossenwurde, eine Versammlung
s ä m m t l i ch e r Kantonsräte von Zürich und Umgebung
zugemeinschaftlicher Berathung der frag-
lichenAngelegenheit
zu veranstalten. Es wurde
hiefürursprünglich der 11. Januar, später, aus
Verhinderungsgründen, der 18. Januar in Aus
ficht genommen.
Glarus.Am Neujahr
starb laut ?N. Gl. Ztg." inGlarus der ehemalige
PustverwalterStäger, 90
Jahre alt. Seit Aufang der Vierziger Jahre warer in der kantonalen Postverwaltung thätig, dannin der eidgenössischen bis zum Jahre 1876. Da-mals wurde er pensionat.
Neuenburg.Am Neujahrstage
-übernahm dieneugebildete
Betriebsgesellschaft den Betrieb des Iura-Neucha-telois. Der erste
Zug wurde mit Artilleriesalvenbegrüßt; die Bahnhofe waren beflaggt und derZudrang der Reisenden sehr
groß.
Zustand.Frankreich. Ein Rundschreiben des Acker-
bauministcrs G o m o t empfiehlt die Anlage großer
Versuchsfelder in jedem Departement oder selbst injedenl Arrondissement.
Großbritannien. In V i r m a führt der
neue Präsident Bernard ein strenges Regiment.
Alle Personen, von denen er Ermutigung der
aufständischen Dacoits fürchtet, werden einfach ein-gepackt uud in's Exil nach
Rangun geschickt. Soerging es jüngst den drei Königswitwen, demjenigen
Prinzen, der als der rechtmäßige Erbe des birma-
nischen Throns betrachtet wird, zweien seiner Brüderund zweien seiner Schwester».
Nutzland. Zwischen dem Zaren und dein
Großfürsten Michael sollen Zerwürfnisse ent-
standen sein. Der letztereentsagt aller Aemtern und
siedelt a uf feinLandgut in Kaukasien über. An
Stelle des Großfürsten foll Graf Tolstoi zum
Präsidenten des Staatsrates ernannt werden. ZumMinister des Innern wäre Fürst Dondukoff
designirt.
? Wie man der ?. 0. aus Warschau meldet,
dürften dem kürzlich zum Abschlussegebrachten
großen S o z i ll l i st e n p r o z e s s e in nicht ferner
Zeit weitere derartige Gerichtsverhandlungennach»
folgen, da von den Individuen, welche in der letzten
Zeit unter dem Verdachte anarchistischer Umtriebe
verhaftet worden waven, ungefähr d.cißig in einer
Weisekom>;i omiüirt erscheinen, welche hinreichende
Anholl'ivlMlie zn einem sivasgrvichtlichen Vorgehen
bietet. Die Verhafteten sind zumeist Nüssen.
Inl Verlaufe dcr drn'ch die sozialistischen Um-
triebe in der letzten Zeit veranlagen und in allerStille durchgeführten Hausdurchsuchungen gelang es
der Behörde, auch einer bedeutenden Falsch-münzerbande, welche einen großen Vorrathvon Rubel-Falsifikaten besaß, auf die Spur
zu
kommen.
Italien» Das angekündigte neue BlattS b a r b a r o s ist noch nicht erschienen. Der neueAbgeordnete von Pavia ist nach Savona gereist.
Spanien. Nun haben die Republikanerdie gewünschte politische
Diskussion doch erreicht.S ie kamen nicht dazu, eine Interpellation
zu stellen,
da ihre Partei nicht die nüthigc Zahl von Unter-
schriftenbeibringen kann. Aber sie wnßteu sich
zu helfen. Am 2. Januar wurden die Finanz-pläne Camachos ohne Diskussion angenommen. Alsman aber zur Diskussion über die Verlängerung
der Handelsverträge überging, verlangte Muro,
der republikanische Abgeordnete für Valladolid, das
Wort und zog die Karolinenangelegenheit und allemit dem Tode des Königs zusammenhängenden
Fragen in Diskussion. Canovas replizirte inkurzer Rede; auf eine Anspielung des Vorrednersantwortend erklärte er, die Abdankung der Königin
Isabella seigesetzlich und unbiskutirbar lind bilde
die Grundlage der bestehendenVerfassung.
Unglücklicherweiseließ sich der folgende Redner,
Francisco Silvela, in einer lange» Ver-teidigungsrede für das Kabinet Canovas,
dessen
Justizminister er gewesen war, beifallen, den Zwistnlit Romero Robledo zu berühren. Der Führerder ?Husaren", der seinem
Temperament miß-trauend der Sitzung ferngeblieben war, wurde nunvon feinen Freunden
geholt. Er verlangte als-bald das Wort und erklärte, bleich vor Erregung,
nicht von ihm fei der Waffenstillstand durchbrochenworden, den man sich im Interesse der Dynastieauferlegt
habe. Da ihn aber Silvela heraus-gefordert,
so werde er am Montag antworten undalle Schleier zerreißen.
Es wird neuerdings behauptet, Lopez Do-minguez werde nach dem Schlusse der Kortesden Pariser
Botschafterpostenannehmen.
Serbien. Es ist immer noch viel von eine»!
K o a l i t i o n s t a b i n e t die Rede. Die Königin
hat darüber mit Ristitsch, Ptvo tschan atz, Slojano-
witsch und Mihailowitsch unterhandelt. Ristitfchverlaugt eine allgemeine politische Amnestie, auch
sür die wegen des 83er Ausstandes Verurteilten.Auch müsse das bestehende Ministerium von derSkupfchlina für den Krieg
Absolution erhalten haben,
ehe neue Männer die Leitung des Landes unter dengegenwärtigen
schlimmen Umständen übernehmenkonnten. Die Auswechslung der Gefangenen be-gann am 3. Januar. Im Kreise Pirot wurdedas Staudrecht protlamirt; man will die BewohnerPirols für ihre antiserbische
Gesinnungtreffen.
Griechenland. Die Ortsbehörden und dieMitglieder dcr kreten fischen Nationalver-sammlung
richten an die Vertreter der Großmächtein Konstantinopel ein Memorandum, um dieLösung der kandiotischen
Fragedurch die Vereini-
gung Kretas mit Griechenland zuverlangen.
? Aus Athen wird den, Journal des Debatsgemeldet: Die Vorbereitungen für den Beginn desFeldzugs werden mit demselben Eifer fort-gefetzt und werden in etlichen
Tage» beendigtfein.
Immerhin wird die Aktion kaum vor Ende Januarbeginnen können. Aber der Krieg
ist unvermeidlich,
und er wird kommen, trotz den Befürchtungen, die
er allen denen einflößt, weiche einen Theil der
Verantwortlichkeit .zutragen
haben. Die Aktionzwillgt
sich Allen auf, und der Beweis, daß eine
neue Ordnung der Dinge im Orient bevorsteht,liegt in dem Schritt, den Deutschland und England
iei der Pfortegethan haben, um ihre Ansicht über
eine Grenzberichtigungzu Gunsten Griechenlands
vernehmen.
Zürcher Alder.Kunstwerkstätten.
T Weit draußen i» Hirslanden, am äußersten Ende
der Neptunstraße, wo nur nocheinige wenige
Häuser ver-
einzelt dastehen, befindet sich die Werkstätte des UrsEggenschwyler. Er ist darauf
angewiesen, den
Schauplatz feiner nicht immer ganz wohlriechend,'.. Tätig-
keit weit von menschlichenWohnungen weg zu
verlegen.
Denn seine Siudien sind dem Tierreichegewidmet. Wie
das Kind, das zum ersten Male eine Uhr in die Hand be-
'ommt, nicht eher ruht, als bis das ganze Werk i>;, seine
linzelnen Vestandtheilezerlegt ist, so bemüht sich
Eggen-
chwyler. das Thier, das er im Bild von Stein darstellenwil l, in stiner Anatomie tennen zu lernen. An dieserBeschäftigung
hoben min aber die unglücklichen Nachbarn
des Künstlers, denen der liebe Go>;t normale Geruchs-nerve,! verliehen hat, die allergeringste
Freude. Ja. es
kam so weit, daßjüngst sogar die Polizei intervenir^.
Eggenschwylerhaue für »heures Geld einen Löwen und
einen Königstiger, wclcke in der Menagerie das Zeitlichegesegnet hatten, anaekauit und schwelgte formlich in demVergnügen, die edlen Naubthiere zu scziren und jeden
Muskel, jede F"scr, jede Bildung dcr einzelnenKörper-
heile von dem majestätischen Kopf dcsKönigs der Thiere
bis zu der hinterstengefährlichen ZchenkraUe tennen zu
lernen und in welcher Gipsform nachzubilden. Von frühbis spät in die Nacht stand der schweigsame Künstler anden interessanten Kadavern- Ihn störte nicht der Geruchbcr tobten Bestien. Sein Auge war gierig einzig nurauf die Formen der Muskeln und Sehnen gerichtet, derenkomplizin« Mechanismus den» Anatomen und Zoologengleich viel Mühe mactt wie dem büßenden Künstler. Daerschien die heilige
Hermandad mit großenFlaschen voll
Karbol u nd Chlor; der enge, höhlenartige Raum, in demder Künstler mit dem Sezirmesser arbeitete, wurde dcs-
inflzir! so start, daß sich die Nachbarn nun nicht mehrüber den Verwesungsgeruch,
wohl aber über die stinkendenChlorbiimpfe
zubettagen hallen. Aber Eggenschwyler
blieb standhält bei seiner Arbeit, bis er feineSammlung
von Zeichnungennach der Natur und Gipsabgüssen um
manches werthuolle Stück bereichert hatte.Vor dcr niedrigen, engen Bilde, welche dieser seltsame
Mensch sein Atelier nennt, steht ein großer Bottich, dessen
Deckel durch schwere Sleine belastet ist. Dem Neugie-rigen,
welcher de» Inhalt dieser Tonne zu sehen wünscht,
werden die Skelette der beiden Raubtiere gezeigt. Es istein kleines Heiligtum, das der Künstler sorgsam
bewahrt.Der Verlost einer einzigen Zehe, einer Nippe wilrde ih,l
mehr schmerzen, als wenn ihm eine Banknote gestohlen
würde. Und mit Glücksgüternist dcr Künstler wahrlich
nicht gesegnet.
Das zeigt das Neußere seinessog. Ateliers. Wir ver-
misse» die hohen, nach Nolde» gerichtetenFenster eines
Künstlerateliers, in welches das Licht des Tages i» HellemStrome fluchet. Vor einer »lederen engen Weitstättestehen wir, wie sie vielleicht für einen Tischler oder Schustergenügen würde. Zwei bis dr.i mäßig große
Fenster er-hellen den Naum kümmerlich. Die Stelle dcr Scheibenvertreten an einem der Fenster
einige Bretter. Vines der-selben
zeigt ein Loch, das dmch eine ebenso einfache alssinnreiche automatische
Vorrichtungverschließbar ist und
den einzigen Lieblingen des merlwNrdigen Mannes, denKatzen, als Pforte dient. Wenn ?Fritz" ? fo heißt eincrder Kater auf das Trittbrett springt, dann öffnet sichder Schieber vor dem l'och und schließt sich wieder, wenn dasThier durch die runde Oeffnung hineingeschlüpft
ist. Einesolche
Vorrichtungist in der That nöthia,, denn wenn dic
Katzen miauend vor der verschlossenen Thüre Einlaß be-gehren würden, lo horte sie der Künstler nicht. Die Weltder Laute ist für ihn fast ganz verschlossen, er ist so schwer-hörend, baß eine Unterhaltung mit iiim nicht leicht ge-
lührt wciden kann, und selbst d.»s mit lauter Stimme insei» Ohr gerufene Wort «ersteht er nur mit Mühe.
Ein etwas vierschrötiger, robuster, kaum mittelgroßer,
unterster Mann steht er da, in einen einfachen braune»Wollanzug gekleidet, an dem die moderne Schneiderkunstsich nicht
versündigthat. Dichtes, struppiges Haupthaar
und ein starter ungezügelter Vollbart vervollkommnen dasBild urwüchsiger Manneskraft. Eggenschwyler verfügt
über eine ungewöhnliche physische Kraft, er gilt als einerder stärksten Menschen der Schweiz und im Steinstoße»würde er es mit den» wuchtigsten Sennen unserer Alpen
aufnehmen. Am Boden liegen einige kleine Turninstlu-mente, mit denen er von A.t zu Zeit Freiübungen
zumachen
pflegt:zwei durch eine kurze
Eisenstange verbun-dene Eisenkugeln von dein Kaliber der größten Kegelkugeln ;
siewiegen hundertundfünfundzwanzig Pfund.Das Innere des kleinen Raumes gibt auf den ersten
Blick ein getreues Bild bis Schaffens dieseseigenartige»
Künzlers ; die Wände sind förmlich anstnpezirt mitSkizze», Sludien, Abdrücken, welche
Eggenschwyler auf d«Leinwand, in Thon od^r Gyps gebildet hat. Da ist mitbreiten kräiligen Strichen ein Löwe mit buschiger Mähnegemalt, der Beute witternd in die endlose Wüste hinaus-blickt. Dort purzeln einige dcr gewandten
Kahmthierespielend über einander, mit den scharfen Zähnen sich zer-
zausend und mit den kralligenPratzen
übermütig umsich
schlagend. Daneben starri uns der Gipsabdruck eines
Feuerländerstraurig entgegen, der auf seiner Reise durch
Europa in Zürich seine Barbarcnseeleausgehaucht
hat.Drüben hängt der Gypskopf eines biedern Ochsen an derWand, daneben hängen Abdrücke eines friedlichen Hirscheseines Rehs, Abdrücke ausgebälgter Katzen, Schenkeltheilevon Löwen und anderen» zahmen und wilden Gethier-Kopf an Kopf liegen die Schädel von Löwen und Katzen
auf einem großenGestell neben einander. Wehmütig er-
zählt uns dcr Künstler die ganze Lebensgeschichte des treuenKater?, dessen
Knochengerüste hieraufgestellt ist.
Die Mitte des Raumes aber nehmen die Modelle ein,
an dene.r Eggenschwyler gegenwärtig arbeitet. Auf festem
Gerüstliegt ein majestäüfcher Löwe hingelagert da. Das
Thier ist in Lebensgröße nachgebildet und mit solcher
Naturwahrheitausgearbeitet, baß wir jeden Augenblick
befürchten, es könnte mit gewaltigem Satzeaufspringen.
Eggenschwyler hält uns einen längern Vortrag über
die Anatomie des edlen Thieres, er we,et uns nacd. weß-
halb jedeeinzelne
Biegung, jeder vordringend: Körper-
teil so und nicht anders gebildet sein mnh ; er erklärtuns, wie die Muskelstränge bei dieser
Lage ks Körpers
laufen, wie sie bei einer andern anders zugestalten wären.
und legte sofort seine Hand an die lchme>;e Thüre, bereit,
siezuzuschlagen. Aber ni seiner
Bestürzungsah er. wie
sein Gefährte an seinem Haken zog und rüttelte, ohne ihnwegbringen
zu können. Jener versuchte zu helfen, allein
der Halen war falschangesetzt und wollte nicht weichen.
Die Zuschauer schauderten. Das Alaunwch um den Leich-
nam fing an zudampfen und dann zu brennen. Die
Wand« des inneren Raumes wurden mattroth und noch
immer hielt der hartnäckige Haler,. Das Nlauntuch war
soweggerannt, daß schon die Füße zu», Vorschein kamen
und die versammelteMenge
zu fürchtenbegann, die Leiche
langsam vor ihren Augen wegichrumpfenzu sehen. Glück-
lichcrmeilellonnte endlich der Hakengelöst und die THNre
zugeschlagen werden.Der Ofen wurde verriegelt, die Sp,,lten mit weichem
Xhon verstrichen, um ein Entweichen der Gase aus dein
Innern zu verhindern.Ginigen wenigen Personen wurde
gestaltet, in denVorbereitungsraum
zu treten, um durch
ein Stück Mariengla« von der Größe cines Silberthaleisin die Retorte zu s.hen, wo die Leiche in Asche
aufgelöst
wurde.' Doch konnt.'» sie nichts schen, das Gewölbe war
mit imdurckdrinolichtr Glnth crsüllt. Prof. P. I. Eames ton-
stlltirte während der Leichenverbrennung «ine Hitze von
2500° Fahrenheit, und da er den Ofen lonstruirtt hat.
sollte cr sich darauf ue>; stehen. Aber ein anwesender Eisen-schmelzer, der aus Erfahrung sprechen kann, bestritt dieleAngabe ; er versicherte, die Hitze erreiche laum 1000 °.
Professor Games erwiderte, das lasse sich nicht messen,
aberallerdings tonne ein a» die Beobachtung des Schmel-
zensgewöhnter Muni, den Hitzegrad bis auf ungefähr
150 ziemlichrichtig bestimmen. Die Wiege ist nach seiner
Aussage aus eigens dazupiäparirtein schwedischem Schmied-
eisengemacht, waches erst bei
350(1°weich zu «.erben bc-
giünt.Auch der Coke. dcr zum Heizen des Ofens ver-
wendet wird, isteigens präparirt; er wird aus Penn-
sylvanien bezogen und enthält 93 °/« Kohlenstoffoff(ge-
wöhnlicher, aus Gasanstaltenbezogener Coke nur 40 bis
Es werlen zwei Oefen erbaut und man hat berechnet,
daß, wenn Alles klappt, in beiden Oefengleichzeitig
zwei
Leichen binnen einer Stunde verbrannt werden tonnen.
Prof. Eames wollte sichanheischig machen, in c'.,u»
Siundc nicht mir die beiden Leichen zu veibmmtn, son-
dern auch noch die Asctie z» sammeln.Ingenieur Beams-
borfer, der mit der hier beschriebenenVerbrennung
beauf-tragt war, hat in Lancaster in Pennsylvanien schon 52Leichenverbrennungen geleitet. Nach seiner
Aussage warenanfänglich ?'/' Stunden erforderlich, um im Lancaster
Ofen eine Leiche zu verbrennen ; das Minimum der Zeit,
welchejetzt dazu
gebraucht wird, beträgt 5 Stunden. Allepaar Minute» sah Neamsdoiser durch die kleine Oeffnung
von Morienglas»ach der Leiche; er behauv!ct, daß er
nach dem Aussehe» der Gase beurteilen lönne, wie weit
die Verbrennung vorgeschrittensei. Sobald die Gase ganz
verschwunden waren, konnte man an denAblühlungs-
prozeß gehen. Durch einen kalten Luftstrom wird die
Aschegebleicht. Dieser
Vorgang erfordert gewöhnlich un-gefähr lb Minuten, doch
häufigauch mehr, je
nach der
Beschaffenheit des Körpers.
Meist behält das Alaunluch auch nach der Verbren-nung seine Form bei, gleich einem Blatt Papier, dr-3, auf
Kohlengelegt, brennt, aber nicht auseinander fällt. Nach
der vollständigen Veibrennung wird die eiserneWiege aus
dtln Ofen genommen: ein wenig Asche, die immer barinbleibt, wird sorgfältig gesammelt. Dann wirb mit eincm
langen, steifen Besen, ähnlich den Ofenbesen der Bäcker,
die Afche aus der Retorte in eine Urne gemischt.
Ungefähr 40 Leichen warten nun in New-IM derVerbrennung. Die Kommiision thut ihr Nestes, um dieAusträge schnell ausführen zu lönne»; sie übernimmtjedoch keinerlei
Anordnungen zur Leichenfeier, sonden,
besorgt bloß das Technische; die Leiche wild ihr erst über-geben, wenn sie zur
Verbrennung fertig zugerichtet ist und
in den Ofengebracht »erden kann.
Kitte»«tu«.Faust. Der Tragödie dritter Theil. Treu
im Geiste des zweiten Theils des Goetheschen Faustgebiet von Deulobold SWlbolizetti
Allegoriowitsch
MrMizinZln.(2»e un,g?,'5ei!ctc und vermehrte
Auflage) Tübingen, Laupp 1888.
j Fr. Th, Nische r. der berühmte Aesthetlker, hat zeit-lebens seine
gewichtige Stimme gegen den zweiten Theilvon Goethes ?Fanst" erhoben, den er sür ein poesiearmes
mechanisches P,odukt erklärt, au? laMer »heilweisegeschmack-
losenAllegorien zusa:-,, c!s,e'eht, oder ? um in stiner
drasti'chenSprache
zu -.edei'.. ? sür ein Werl, ?nichtgeworden, sondern
gemacht, fabrizia, geschustert." Vor
mehr als zwanzig Jahre,, hat ihn der Schall Mieden,
diesem zweiten Th^il, dem Minütlich von den zahlreicheElNärern übel mitgespielt worden ist. cine Travestieentgegenzusetzen und den Herodes zu ?üb-rheradisiren".
Jeneslängst vergriffene Büchleu, erscheint nun in neuer
tingierter und hochgearbeitet« Gestalt. Aber der alle
Schartcnmeier ist ernstergeworden, manches von den,
alten lustigen Unsinn u nd genialen Halbunsmn hatpreisgegeben, er wi»d biller schals und sein Tabac! ist mit-
unter so stark, baß ? von Goetze ganz abgesehen ? zubefürchten steht, er habe wieder einmal in ein Wespennest
gestochen. Die Fabel, in welche er seine Fa,ce kleidet, istgut erfunden. Faust, der nach
Mephistos Meinungsich
noch nicht genug strebend bemüht hat, muß zu seinervölligen Läuterung im Vorraum des Himmels
Praeceptor
dcr seligen Knaben werden und denSchlingel.,
?Faust II"eiiläleu. Valentin selig, welcher am Rande dcr HimmelZ-hllllen eine Kneipe hält, ist ihm mit seinen starken Fäustenals Beschützer
beigegeben. Als zweitePlüfung wird ihm
aufgelegt,zu
d,u gebeimnißuollen Müttern hinunter zusteigen und drittens führt man ihn in das moderne Welt-gelril'be ei». Hier erhebt sich die allgemein gehaltene
Satire zuimposanter Großanigkeit. Aller Aerger und
Ingrimm, den der scharfe Beobachter unserer Zuständein sich
hineingefressen, bricht in machtuollcr Emptio«
zuTage. Es ist eine große Rtkapitulirung alles dessen,
was Vischer in seinerlapidaren, göttlich groben Art d«
und dori schongeäußert
hat. Ei» wahrer Hexensabbat!, !
Lilleralur .Goetheforschung, Mode, Tournure, Zola,
Philosophie, Napoleon III., Badcn-Naben, Kult u, kampf.
Unfehlbarkeit, Iefuiten und Hctztapläne: all das undvieles andere mehr wild einer reckenhaften
Abtrumpfung,
cwn wahrhaftblutigen Geisclung unterzögen. Nachdem
auch Uer Faustsieghast aus der Prüfung hervorgegangen
und zu alledem noch eine Doppelkur, Massagesamml
Douche, überstanden hat, ist er hin, eichendgeläutert uo»
jeglichem Erdenrest, urd unter dem erhabenen Chor derbühnelaugen und der bekannten drei Patres sowie unterAufwand des gesummten gothischcn Apparates schwebt
Faulens Unsterbliches dahin empor, ?allwounbeschnipfelt
die Idee sichgipfelt, wo das I sich
tüpfelt, wo der Welt-baum wipselt, wo die Wcltwuist zipselt". ? Man kann
Neue Zürcher Zeitung vom 05.01.1886