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Prof. Dr. Renate Breuninger, Sommersemester 2017 Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 1900) Zwischen Idealismus und Existenzphilosophie: 3. Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben F W N

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Prof. Dr. Renate Breuninger, Sommersemester 2017

Friedrich

Wilhelm

Nietzsche

(1844 – 1900)

Zwischen Idealismus und

Existenzphilosophie:

3. Vom Nutzen und Nachteil

der Historie für das Leben

F

W

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1. Teil, Abschnitt 1 – 3

• Verhältnis Vergangenheitserkenntnis zur Gegenwart

• Verhältnis Geschichtsbewusstsein und Geschichtsvollzug

Abschnitt 1:

• Die anthropologische Grundlage des Geschichtsbewusstseins

unter positiven und negativen Aspekten

Abschnitt 2 und 3:

• Die drei Arten der Historie: fördernd und hemmend

• Der Unterschied der drei Arten, das Prinzip der Unterscheidung

• Die Bedeutung der drei verschiedenen Aspekte

• Der eigene geschichtliche Zusammenhang der drei Arten

untereinander

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Einteilung der Historienschrift

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Einteilung der Historienschrift

2. Teil, Abschnitt 4 – 9

• Moderne Form der Historie

Abschnitt 4 und 5

Wissenschaftskritik

Abschnitt 6 – 9

Zeitkritik

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1. Abschnitt: Tier – Mensch – Kind als drei Daseinsformen,

unhistorisch-historisch = negativer Befund für den Menschen

Pflock des Augenblicks – Kette der Geschichte

„Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet, sie weiß nicht, was gestern, was

heute ist, spring umher, frisst, ruht, verdaut, spring wieder und so von morgen bis

zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden, mit ihrer Lust und Unlust,

nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch

überdrüssig. Dies zu sehen, geht den Menschen hart an, weil er seines

Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke

eifersüchtig hinblickt...Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: Warum redest du mir

nicht von deinem Glücke und siehst mich nicht an? Das Tier will auch antworten

und sagen: Das kommt daher, dass ich immer gleich vergesse, was ich sagen

wollte – da vergaß es aber auch schon diese Antwort und schwieg, so dass der

Mensch sich darob verwunderte.“

(I, 248)

ERSTER TEIL, Abschnitt 1 und 3

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Frage nach seiner Identität: nicht nur Leben in der Gegenwart

Tier ist in jedem Augenblick gegenwärtig, Glück des Tieres und des Kindes,

wir sind keine Tiere und keine Kinder mehr, wir können nicht mehr unhistorisch

empfinden.

„Er wundert sich aber auch über sich selbst, das Vergessen nicht lernen zu können

und immerfort am Vergangenen zu hängen: Mag er noch so weit, noch so schnell

laufen, die Kette läuft mit... Dann sagt der Mensch: Ich erinnere mich und beneidet

das Tier, welches sofort vergisst und jeden Augenblick wirklich sterben, in Nebel

und Nacht zurücksinken und auf immer verlöschen sieht. So lebt das Tier

unhistorisch: Denn es geht auf in der Gegenwart wie eine Zahl, ohne dass ein

wunderlicher Bruch übrig bleibt, es weiß sich nicht zu verstellen, verbirgt nichts und

erscheint in jedem Momente ganz und gar als das, was er ist, kann also gar nicht

anders sein als ehrlich. Der Mensch stemmt sich aber gegen die immer große und

immer größere Last des Vergangenen.“

(I, 248)

Wann ist der Mensch?

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Zeit als „schlechte Vergänglichkeit“

Abschiednehmen, ein „es war“ =

ein nie zu vollendendes Imperfektum (I, 249)=

„ein ununterbrochenes Gewesensein“ (I, 249)

Positiver Befund für den Menschen:

Es gibt eine andere Art des Glückes, nicht nach zeitlicher Dauer

gemessen = erfüllter Augenblick

„wodurch Glück zum Glücke wird“ (I, 250):

das Vergessen-können oder, gelehrter ausgedrückt, das Vermögen,

während einer Dauer unhistorisch zu empfinden.

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Dialektik zwischen Vergessen und Erinnern

„Zu allem Handeln gehört Vergessen: wie zum Leben

alles Organischen nicht nur Licht, sondern auch Dunkel

gehört. Davon, dass man ebenso gut zur rechten Zeit zu

vergessen weiß, als man sich zur rechten Zeit erinnert.“

(I, 250)

= Verbindung von Unhistorischem und Historischem

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„Wie groß die plastische Kraft eines Menschen, eines

Volkes, einer Kultur ist; ich meine jene Kraft, aus sich

heraus einzigartig zu wachsen, Vergangenes und

Fremdes umzubilden und einzuverleiben, Wundern

auszuheilen, Verlorenes zu ersetzen, zerbrochene

Formen aus sich nachzuformen.“

(I, 251)

(I, 251) = das Schöpferische, der Horizont (vgl. I, 298)

Die plastische Kraft

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• „Und dies ist eine allgemeines Gesetz: jedes

Lebendige kann nur innerhalb eines Horizontes

gesund, stark und fruchtbar werden; ist er

unvermögend einen Horizont um sich zu ziehen und

zu selbstisch, innerhalb eines Fremden den eigenen

Blick einzuschließen so siecht es matt oder

überhastig zum seitigen Untergang dahin.“ (I, 251)

= Was von vornherein, von einem Punkt aus, sichtbar

wird – wandert immer mit uns mit - Hinaussehen

können - Verhältnis Nähe-Ferne - es gibt niemals

einen geschlossenen Horizont - Verschiebung

Der Horizont

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• Heidegger: Begegnenlassen

• Husserl: Erfahrungsbereich

• Gadamer:

Vorverständnis

Vorgang der Horizontverschmelzung

Der Horizont

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2. ABSCHNITT: Drei Arten der Historie

Monumentalische Geschichtsschreibung

„Die Geschichte gehört vor allem dem Tätigen und

Mächtigen, dem, der einen großen Kampf kämpft, der

Vorbilder, Lehrer, Tröster braucht und sie unter seinen

Genossen und in der Gegenwart nicht zu finden vermag.“

(I, 259)

Anthropologischer Sinn: Nachahmung

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Antiquarische Geschichtsschreibung

„Die Geschichte gehört dem Bewahrenden und

Verehrenden – dem, der mit Treue und Liebe dorthin

zurückblickt, woher er kommt, worin er geworden ist.“

(I, 262)

Anthropologischer Sinn: Verwurzelung

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Kritische Geschichtsschreibung

„Er muss die Kraft haben und von Zeit zu Zeit anwenden, eine

Vergangenheit zu zerbrechen und aufzulösen und leben zu können...

Jede Vergangenheit aber ist wert verurteilt zu werden – denn so steht es

nun einmal mit den menschlichen Dingen: immer ist in ihnen

menschliche Gewalt und Schwäche mächtig gewesen. Es ist nicht die

Gerechtigkeit die hier zu Gericht sitzt; es ist noch weniger die Gnade,

die hier das Urtheil verkündet; sondern das Leben allein jene, dunkle,

treibende, unersättliche sich selbst begehrende Macht.“

(I, 269)

Es gibt keine wahre Natur

= Umschreibung des Lebens

Leben nie als Urtext zu erfassen

Der Künstler hat Vorrang vor dem Geschichtsschreiber

(vgl. I, 296)

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Es kommt auf das jeweilige Verhältnis an:

„Jeder Mensch und jedes Volk braucht je nach seinen Zielen, Kräften und

Nöten, eine gewisse Kenntnis der Vergangenheit als monumentalische,

bald als antiquarische, bald als kritische Historie.“

(I, 271)

Zusammenhang der drei Arten der positiven Geschichtsschreibung:

• Jeweiligkeit, Situationsbezogenheit

• Entscheidend ist das richtige Maß

Der Zusammenhang der drei Arten

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• 3 Arten der Historie = 3 Arten des Horizontes

• Kein zugrundeliegendes Wesen, eine OUSIA

des Menschen = keine Treue zum

vorgegebenen Entwurf

• Sich a posteriori eine neue Vergangenheit

geben

• Das Vergangene ist nie abgeschlossen, offen

auf die Zukunft

• es gibt immer in ihr Unabgegoltenes, neue

Beurteilung

Der Mensch als „Dichter seines Lebens“

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• Das „Erfinden“= Verdichten von

Lebensentwürfen = Freilegen des

Lebensstromes (mitunter Zerbrechen von

Formen)

• Leben als Kunstwerk

• Das Schreiben der eigenen

Lebensgeschichte = Kohärenz des Lebens

Wir sind „Dichter unseres Lebens“

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• Aristoteles:

Übereinstimmung mit sich selbst =

Eudämonia

• Nietzsche:

Integrität des Selbst = „Leben der starken

Persönlichkeit = ohne Ressentiment

• Foucault:

„Technologien des Selbst“

=„Widerständigkeit gegen Vereinnahmung“

Wir sind „Dichter unseres Lebens“

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Kritik an der modernen wissenschaftlichen Historie:

Kernsatz I, 271/272:

„(...) die Konstellation ist wirklich verändert - durch die Wissenschaft,

durch die Forderung, dass die Historie Wissenschaft sein soll.

Jetzt regiert nicht mehr allein das Leben und bändigt

das Wissen um die Vergangenheit: sondern alle Grenzpfähle sind

umgerissen und alles, was einmal war, stürzt auf den Menschen ein.“

2. TEIL: Nietzsches Wissenschaftskritik

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Art der Geschichtsschreibung

Wie sieht diese Art der Geschichtsschreibung aus?

Sie darf nicht „reine Wissenschaft“ (I, 257) sein und muss „im Dienste

des Lebens“ (I, 257) stehen, das richtige Verhältnis ist entscheidend,

Menschliche Aufgabe: zwischen Historie und Unhistorischem zu

vermitteln:

„Ein historisches Phänomen, rein und vollständig erkannt und in ein

Erkenntnisphänomen ausgelöst, ist für den, der es erkannt hat, todt: (...)

Die Geschichte als reine Wissenschaft gedacht und souverän

geworden, wäre eine Art von Lebens-Abschluss und Abrechnung für die

für die Menschheit.….“ (I, 257)

„Die Historie, sofern sie im Dienste des Lebens steht, steht im Dienste

einer unhistorischen Macht und wird deshalb nie, in dieser

Unterordnung, reine Wissenschaft etwa wie die Mathematik es ist,

werden können und sollen.“ (I, 257)Prof. Dr. Renate Breuninger, Sommersemester 2017, Nietzsche 3. Historie, Teil 2

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„Nur aus der höchsten Kraft der Gegenwart dürft ihr das

Vergangene deuten:

Nur in der stärksten Anspannung eurer edelsten Eigenschaften

werdet ihr erraten, was in dem Vergangenen wissens- und

bewahrenswürdig und groß ist. (...) Sonst zieht ihr das Vergangene zu euch

nieder.“ (I, 293/4)

„Die Geschichte wird nur von starken Persönlichkeiten ertragen,

die Schwachen löscht sie vollends aus.“

(I, 283)

Nietzsches Ausweg

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5. ABSCHNITT der Historienschrift

Nietzsches Kulturkritik:

5 negative Arten der Geschichtsbetrachtung = „... scheint mir die

Übersättigung einer Zeit in Historie dem Leben feindlich und gefährlich zu

sein...“ (I, 279) =

Lähmung und schließliche Zerstörung der Lebenskräfte

1. Kontrast Innen-außen – Schwächung der Persönlichkeit

2. Einbildung, Tugend der Gerechtigkeit in besitzen

3. Instinktes des Volkes gestört und Verhinderung des Reifwerdens

4. Glaube an das Alter der Menschheit, Glaube, Spätling zu sein

5. Gefährliche Stimmung der Ironie (I, 279)

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-> folgenlose Wahrheit =

reine Beliebigkeit =

Wille zur Objektivität und Gerechtigkeit

-> Grenzenloses Verstehen =

sich selbst zu verleugnen =

Geschichtsdeuter haben Bewußtsein, ein Produkt der Spätzeit zu sein =

-> Kein Handeln mehr, nur Bezug auf frühere Zeiten, Durchmarsch

durch Geschichte wie durch Kunstkammern =

Überdruss und Ekel an der historischen Kenntnis

Auswirkungen des Historismus

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Auswirkungen des Historismus

• Sieg der Methode über die Wissenschaft (I, 300)

• Historisierung als Neutralisierung: „Geschichte als ein Neutrum“ (I, 294)

= Enthistorisierung = Unverbindlichkeit:

„Nehmen wir an, es beschäftigt sich Einer mit Demokrit, so liegt mir immer die Frage auf den

Lippen: warum nicht Heraklit? Oder Philo? Oder Bacon? Oder Descartes und so beliebig

weiter. Und dann: warum denn ein Philosoph? Warum nicht ein Dichter, ein Redner?“

(I, 283)

• Kalte, folgenlose Wahrheit = „Objektivität“:

„ Es vermag nichts mehr auf sie zu wirken“ (I, 284)

= „Nackte Bewunderung des Erfolgs“ (I, 309) = „Götzendienst am

Thatsächlichen“ (I, 309)

• Vorherrschaft des Erkenntnissubjekt über der zu erkennenden Sache

• Vereinnahmung der Dinge (I, 299)

• Distanz zu Dingen und Charakter der AbgeschlossenheitProf. Dr. Renate Breuninger, Sommersemester 2017, Nietzsche 3. Historie, Teil 2

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Auswirkungen des Historismus

• Keine Anerkennung der Andersartigkeit, der Fremdheit

• Dinge werden in Bekanntes übersetzt – Befremdung verloren, kein Erstaunen, „wie ein

Lauf durch die Kunstkammern“ (I, 299)

• Einzig Maßstab des Erfolgs (I, 301)

• Geschichte ist nicht Entfaltung eines Prinzips (Prozess), sondern immer Interpretation =

Zurechtmachung

• Es fehlt Bereitschaft, das eigenen Denken zu ändern

• Es fehlt Wirkung auf das eigene Handeln und Leben (I, 285) = Lähmung des

Handlungsbewußtsein

• Leben zu Fall gebracht, entwurzelt, wenn es seziert wird

• Heimatlosigkeit des Menschen (I, 299)

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• Hat nicht verstanden, dass er auch immer

schon Fakten deutet, interpretiert-

KONTEXTE-Horizont

1) Alle Fakten sind immer schon Sehhorizonte

2) Zusammenhang der Fakten

= poetische Leistung der Historie

Kritik am Historismus

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FAZIT:

= kritisch

• Was ist noch lebendig, was ist museal, was

ist abzustoßen?

= Bedeutung für unser Leben

= Selbstfindung

= Ort finden, in dem mich Tradition bestimmt

Was ist Geschichtswissenschaft?

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Riss zwischen innen und außen (I, 272)

Unsere Zeit ist gekennzeichnet durch:

„den merkwürdigen Gegensatz eines Inneren, dem

kein Aeusseres, eines Aeusseren, dem kein Inneres

entspricht, einen Gegensatz, den die alten Völker

nicht kennen“.

(I, 272)

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Im Gegensatz zu den Griechen:

„.. das Volk, dem man eine Kultur zuspricht, soll nur in aller

Wirklichkeit etwas lebendig Eines sein und nicht so elend in

Inneres und Äußeres, in Inhalt und Form auseinander zu fallen.“

„... sichtbare Tat ist nicht die Gesammttat und Selbstoffenbarung

dieses Inneren ist (...) die Unfähigkeit, Motive des Daseins

umzusetzen, den Lebensvorstellungen Gestalt zu geben.“

(I, 276)

Riss zwischen innen und außen (I, 278)

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Riss zwischen innen und außen (I, 278)

• Für das Innere kein äußeres Äquivalent mehr

• Prävention, Verlust von Echtheit, von authentischem Sein (I, 273, 275)

• Bezug von Außen und Innen= Gegensatz Wahrheit; Wirklichkeit und Illusion, Schein und

Unwirklichkeit

• Außen =nur noch Konvention, Verkleidung

• Wir sind Schauspieler (I, 275, 277)

• Ästhetisierung, Oberflächenphänomene ohne Inneres, ohne Tiefe

• wandelnder Enzyklopädisten (I, 274) - Informationsbetrieb statt echter Begebenheit

• Sprache nur noch zur Phrase entkerntes Wortgebilde, die „großen Worte“, Floskeln,

Hüllen, Täuschungen

• Sprache zu Gespensterarmen (Wagner in Bayreuth 329)

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Riss zwischen innen und außen (I, 278)

2 Folgen:

1. Das Innere formt sich nicht mehr, keine Verwirklichung des

individuellen Seins. Empfindung ist „gefärbt und gefälscht“.

2. Außen ist nicht mehr Äußerung einer kulturellen Einheit, steht

nicht mehr in Korrespondenz mit dem Inneren, nur noch

Funktionalität und Zweckmäßigkeit.

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Riss zwischen innen und außen (I, 278)

• Nietzsches Diagnose erlangt Gültigkeit durch Treffsicherheit, mit

der Erfahrung eines ganzen Jahrhunderts zum Ausdruck kommt.

(Hofmannsthal, Rilke)

• „Die Leute sind es nämlich müde, reden zu hören. Sie haben

einen tiefen Ekel vor den Worten: Denn die Worte haben sich vor

die Dinge gestellt. Das Hörensagen hat die Welt verschluckt.“

Hugo von Hofmannsthal, Prosa 1, S. 228

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Riss zwischen innen und außen (I, 278)

• Sprachkritik als Kulturkritik: Begriffe als

Konventionen, als Schablonen, die nichts mehr

besagen.

• Begriffe stellen sich vor die Dinge.

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Über Wahrheit und Lüge im

außermoralischen Sinne (I, 875 – 890)• Wahrheit nicht als Übereinstimmung mit der Sache

(intellectus adequatio rei)

• Erfindung von Begriffen, als nur Wiedergabe einer „subjektiven

Reizung“ mithilfe der Metaphern (I, 878)

• Metapher

= Reich der Intuition, Gefühlsregung

• Dann aber „Hart- und Starr-Werden“ (I, 883) der Metaphern

= Abstrakter Begriff (Herrschaft der Abstraktionen, I 881)

• Mensch hat vergessen, dass er Urheber dieser Sprache ist (I, 878)

„Wahrheiten sind Illusionen, von denen man vergessen hat, dass sie

welche sind, Metaphern, die abgenutzt und sinnlich kraftlos geworden sind,

Münzen, die ihr Bild verloren haben, und nun als Metall, nicht mehr als

Münzen in Betracht kommen.“ (I, 881)

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Über Wahrheit und Lüge im

außermoralischen Sinne (I, 875 – 890)

• Wissenschaft = „Columbarium der Begriffe, der

Begräbnisstätte der Anschauung“ (I, 886)

• N will Reaktivierung des intuitiven Menschen (I, 89)

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Über Wahrheit und Lüge im

außermoralischen Sinne (I, 875 – 890)• Vergleiche Hofmannsthal-Chandos-Briefs und Briefe eines Zurückgekehrten

als Dokument einer Sprach- und dann Erkenntniskrise

• Es fehlt der vereinfachende Blick der Gewohnheit

• Begriffe versagen beim Benennen wollen

„Ich wusste, dass sie mich an Bäume erinnerten..., keine Bäume waren... Wie ein

Hauch, ein so unbeschreibliches Anwehen des ewigen Nichts, des ewigen

Nirgends, ein Atem, nicht des Todes, sondern des Nicht-Lebens.

Unbeschreiblich.“ (S. 182)

• Worte sind ungeeignet, Individuelles zu erfassen. Dadurch kann Welt nicht

mehr wahrgenommen werden.

• Konsequenz: Verstummen der Sprache

• Epiphanie als Ausweg – außen und innen = Eins (S. 188)

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Lösungsmöglichkeiten:

Das geschichtliche Denken Nietzsches

1. „Der Ursprung der historischen Bildung muss selbst wieder

historisch erkannt werden.“

= Genealogie der Historie

= Erkennen der historischen Verfassung

= jede Geschichtswiss. hat selber ihre Geschichte

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Zusammenfassung

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Zusammenfassung

Was macht das Jeweils Eigene einer Zeit aus?

= Geschichte steht immer schon in einem jeweils eigenen Raum,

das heißt in einem für den Betrachter anderen Raum

= den jeweilige Zeitbezug bedenken

= geschichtliche Differenz mitbedenken

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Zusammenfassung

2. „Das Wissen muss seinen Stachel gegen sich selber kehren“

Das Andere wird nur erkannt, in dem seine Fremdheit angenommen

wird

= Erkennen der Andersartigkeit

= Bereitschaft auch die eigene Denkweise durch das Fremde

ändern zu lassen

= Sich Herausarbeiten aus dem Kategorien seiner Zeit, um in einen

angemessenes Verhältnis zum Vergangenen zu kommen

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Nietzsche als Psychologe (siehe sein späteres

Werk):

= das Aufdeckung und Enthüllung / Entlarvung von

Handlungsmotiven, die dem Handelnden selbst

nicht mehr bewusst sind.

Gerade dadurch erst gewinnen sie Macht über das

Handeln.

= Das Aufdecken der „Lüge“

Zusammenfassung

Prof. Dr. Renate Breuninger, Sommersemester 2017, Nietzsche 3. Historie

Page 40: Zwischen Idealismus und Existenzphilosophie: der Historie ... · Prof. Dr. Renate Breuninger, Sommersemester 2017 Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 –1900) Zwischen Idealismus und

• Befreiung von unkritisch akzeptierten Vorurteilen der

Zeit

• Herausarbeiten auf den in einer Zeit vorherrschenden

Paradigmen

• Permanente Aufgabe der Philosophie:

Abkehr vom „Strom der Zeit“

- Dogmatisierungen erkennen

- dazu ist Distanz notwendig

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Was ist unzeitgemäß?

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1. Kritik am damals anerkannten Werten

= Abkehr von Zeitgeschehen

2. Nicht außer- und überzeitlich, bleibt auf Zeit

bezogen

3. Gefahr der eignen Zeit erkennen

4. „Die vier Unzeitgemäßen sind durchaus

kriegerisch.“ (Ecce homo)

Wiederholung:

Was ist „unzeitgemäß“ für Nietzsche?

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1) Polemik gegen die Zeit:

„Unzeitgemäß ist auch diese Betrachtung, weil ich

etwas, worauf die Zeit mit Recht stolz ist, ihre

historische Bildung erst einmal als Schaden, Geberste

und Mangel der Zeit zu verstehen versuche, weil ich

sogar glaube, dass wir alle an einem verzehrenden

historischen Fieber leiden, und mindestens erkennen

sollten, dass wir daran leiden.“

(I, 246)

„Unzeitgemäß“ in der Historienschrift

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2) Woher Maßstab nehmen?

Aus der Kenntnis der Antike

„ (...) und, dass ich nur, sofern ich Zögling älterer Zeiten,

zumal der griechischen, bin, über mich als ein Kind dieser

jetzigen Zeit zu so unzeitgemäßen Erfahrungen komme.“

(I, 247)

„Unzeitgemäß“ in der Historienschrift

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3) zugunsten einer kommenden Zeit

****Vorwort in der HS;

Gegen die Zeit, auf die Zeit, zugunsten einer

kommenden Zeit

„Soviel muss ich mir aber selbst on Berufswegen als

klassischer Philologe zugestehen dürfen: denn ich wüsste

nicht, was die klassische Philologie in unserer Zeit für einen

Sinn hätte, wenn ich den in ihr unzeitgemäß – das heißt gegen

die Zeit und dadurch auf die Zeit und hoffentlich zugunsten

einer kommenden Zeit – zu wirken.“

(I, 247)

„Unzeitgemäß“ in der Historienschrift

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• Nietzsche: Diktat der Ökonomisierung

• „Der Wille zum Gewinn“: alles als „courante Münze“

nehmen einschließlich der Bildung

• Jakob Burckhardt: Der Erwerbsinn und das

Sekuritätsbedürfnis

Was ist „unsere Zeitkrankheit“?

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Was ist das Klassische?

• Eine Sache wird mit besonders hohem Rang und

Dignitätsanspruch vor anderem ausgezeichnet

• Zugleich vergangen aber noch nicht vergangen

• Zeitliche Entfernung und aktueller Anspruch

• Keine Erfindung einer späteren Zeit, sondern etwas kommt

durch Zeitenabstand ans Licht

• Grundzug des Diskontinuität

Das Klassische für Nietzsche:

Bändigung / Überwindung / Befreiung

Synthese zweier ursprungsverschiedener Elemente

Augenblick von der Spannung zur Erfüllung

Augenblick der Vollendung = Das Transzendente wird

erfahrbar, kann nicht bewahrt werden

Das Zeitlose in der Verhüllung der Zeit

Das Klassische = zeitlos?

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