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Page 1: 03.05.2015 COMMERZBANK Blessings Schlussspurt-Das … · Yasmin Osman Frankfurt W ütende Aktionäre dürften für Martin Blessing mitt-lerweile ein vertrauter Anblick sein. Auf den

Auszüge aus dem Geschäftsbericht

Handelsblatt | Quellen: Unternehmen, Geschäftsbericht 2014, Umschlagsseite hinten, Seiten 38 & 76 *Beteiligung des Bundes sinkt nach Kapitalerhöhung auf 15,6 Prozent

in Mio. Euro

Ergebnisentwicklung in Mio. Euro

Kennzahlen

2014 2013Ergebnis je Aktie

Dividendensumme

Dividende je Aktie

Operative Eigenkapitalrendite

Eigenkapitalrendite auf das KonzernergebnisAufwandsquote im operativen Geschäft

in €

in Mio. €

in €

in %

in %

in %

0,23

-

-

2,5

1,0

79,1

0,09

-

-

2,7

0,3

73,3

Mittelstandsbank

2014 2013Erträge vor Risikovorsorge

Risikovorsorge im Kreditgeschäft

Operatives Ergebnis

Operative Eigenkapitalrendite in %

2 916

-342

1 217

17,6

2 917

1 110

18,5

Aktionärsstruktur zum 31.12.2014

InstitutionelleInvestoren

Capital Group< 5 %

Blackrock< 5 %

PrivateInvestoren

Bund*

Zufluss in Tsd. Euro

Vergütungsbericht Martin Blessing

2014 2013Festvergütung

Nebenleistungen

Summe

Einjährige variable Vergütung

Mehrjährige variable Vergütung

Versorgungsaufwand

Gesamtvergütung

1 313

73

1 386

0

434

2 056

1 313

68

1 381

0

0

455

1 836

Gewinn- und Verlustrechnung

2014 2013 2012 2011 2010Zinsüberschuss

Risikovorsorge im Kreditgeschäft

Provisionsüberschuss

Verwaltungsaufwendungen

Operatives Ergebnis

Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

Commerzbank-Aktionären zurechenbares Konzernergebnis

5 607

-1 144

3 205

6 926

684

253

264

6 161

-1 747

3 206

6 797

731

66

81

6 487

-1 660

3 249

7 029

1 170

803

-47

6 724

-1 390

3 495

7 992

507

-240

638

7 054

-2 499

3 647

8 786

1 386

-136

1 430

47 %26 %

17 %

264

5 607

-342

1 217

2 2

n Tsd. Euro

g

bnis je Akt

D

6

1

Aktienkurs2.1.2004

94,94 €

29.4.2015

12,27 €

2004

200

150

100

50

0

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

224,94 €Hoch9.5.2007

5,79 €Tief8.7.2013

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Klaus-Peter MüllerVorstandschef2000 bis 2008

Martin BlessingVorstandschefseit 2008

► Ertragsschwäche beeinträchtigt

auch das Kerngeschäft.

► Beim Abbau der Altlasten

kommt die Bank gut voran.

Yasmin OsmanFrankfurt

Wütende Aktionäre dürften für Martin Blessing mitt-lerweile ein vertrauter Anblick sein. Auf den Hauptversammlungen

der Commerzbank hagelt es regelmäßig Kritik. Das ist kein Wunder: Seit seinem Amtsantritt im Mai 2008 hat der Konzern-chef nie eine Dividende gezahlt und durch neun Kapitalerhöhungen den Besitz der Bestandsaktionäre erheblich verwässert. Zudem ist der Aktienkurs zwischen den Hauptversammlungen nur in zwei von sie-ben Jahren nennenswert gestiegen.In diesem Jahr hätte das Aktionärstref-

fen in der Frankfurter Messehalle ver-gleichsweise friedlich verlaufen können. Immerhin hat die Bank das Konzernergeb-nis von nun 264 Millionen Euro im Ver-gleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht. Zwar zahlt das Institut auch dieses Jahr kei-ne Dividende, dafür hat es im ersten Quar-tal 2015 aber zumindest damit begonnen, Geld für eine Ausschüttung im nächsten Jahr zur Seite zu legen. Die Chance auf ein harmonisches Zu-

sammentreffen hat Blessing nun aber wohl platzen lassen: Er hat erstmals, seit er auf dem Chefposten sitzt, einen Bonus akzep-tiert. Von diesem fließen ihm dieses Jahr 236 000 Euro zu. Weitere 1,3 Millionen Eu-ro könnten in den nächsten Jahren folgen, wenn Blessing seine Ziele voll erreicht. Und er hat unmittelbar vor der Hauptver-sammlung überraschend eine Blitz-Kapi-talerhöhung durchgezogen, an der sich Altaktionäre nicht beteiligen konnten. 113,8 Millionen Aktien platzierte die Bank und nahm dabei 1,4 Milliarden Euro ein.

Nachvollziehen lässt sich dieser Schritt beim Blick auf die Ziele, die sich Blessing für 2016 gesetzt hat. „Nach wie vor sind unsere gesamten Anstrengungen darauf ausgerichtet, die genannten Ziele zu errei-chen“, betont er im Jahresbericht. In der Kernbank, die das Geschäft mit Privat- und Firmenkunden sowie in Osteuropa und das Investmentbanking umfasst, will er ei-ne Eigenkapitalrendite von mehr als zehn Prozent nach Steuern erzielen. Die Auf-wandsquote soll auf 60 Prozent sinken. Der Bestand an Schiffs- und Immobilien-krediten in der Abwicklungssparte soll nur noch bei etwa 20 Milliarden Euro liegen. Und die Eigenkapitalquote (Core-Tier-1-Quote) soll über zehn Prozent betragen. Durch die Kapitalerhöhung hat Blessing

immerhin das Eigenkapitalziel mit einer harten Kernkapitalquote von 10,2 Prozent schon vor der Zeit erreicht. Die Sache hat nur einen Haken: Der Bank ist das nicht aus eigener Kraft geglückt, indem sie zum Beispiel Gewinne einbehielt, sie musste stattdessen den Kapitalmarkt anzapfen. Den anderen Zielen hinkt die Bank weit

hinterher. Die Aufwands-Ertrags-Relation lag Ende 2014 in der Kernbank mit 77 Pro-zent noch weit über dem angepeilten Ziel. Auch die Eigenkapitalrendite kommt dem Ziel mit sechs Prozent noch nicht einmal nahe. Gegen die chronische Ertragsschwä-che der Bank hat Blessing also bislang noch kein effektives Mittel gefunden.Dass die Bank 2014 netto mehr als im

Vorjahr verdiente, lag vor allem an Re-strukturierungskosten, die 2013 angefallen waren. Der Zinsüberschuss der Bank sinkt aber seit Jahren, zuletzt auf 5,6 Milliarden Euro. Zum Teil werden die Konzernzahlen aber durch die Abwicklungssparte ver-zerrt, in der die Bank Immobilien- und Schiffsfinanzierungen abwickelt. Je stärker die Sparte schrumpft, desto weniger Kre-dite bleiben übrig, die Zinserträge produ-zieren. Und der Abbau schreitet schnell vo-ran, 2014 schmolzen die Altlasten bei Im-mobilien und Schiffen um über ein Drittel auf 32 Milliarden Euro. Das Abwicklungs-ziel scheint also ungefährdet zu sein.

Der Commerzbank-Chef hat sich bis 2016 vier

ehrgeizige Ziele gesetzt. Zwei davon sind akut

gefährdet. Das gilt vor allem für die Rendite.

Blessings Schlussspurt

Nach wie vor sind

unsere gesamten

Anstrengungen

darauf ausgerichtet,

die für 2016

genannten Ziele

zu erreichen.Martin BlessingVorstandschef der Commerzbank

Stärken und Schwächen „Dax-Konzerne ungeschminkt“ nimmt die Aktionärstreffen deutscher Großunternehmen zum Anlass, deren Jahresabschlüsse kritisch zu durch-leuchten. Die nächsten Serienteile: 4.5.: Volkswagen 5.5.: Allianz

SERIE

Allein daraus lässt sich die Ertrags-schwäche der Bank aber nicht erklären. Die niedrigen Zinsen der Europäischen Zentralbank und der starke Wettbewerb um die Kunden drücken auch die Erträge der Kernbank. Diese sinken schon seit zwei Jahren. Aufgefangen wurde das zum Teil durch eine geringere Risikovorsorge für Kreditausfälle. Nun hatte die Kernbank gerade 2014 auch unter einem teuren Ver-gleich mit den US-Behörden zu leiden: Die Bank zahlte 1,2 Milliarden Euro, weil ihr Praktiken vorgeworfen wurden, die gegen US-Sanktionen verstießen. Für Prozessrisi-ken hat die Bank 2014 neue Rückstellun-gen in Höhe von 955 Millionen Euro gebil-det, ein untypisch hoher Betrag. Doch selbst wenn man diesen Effekt he-

rausrechnet, stagnierte das operative Er-gebnis nur. Dieser Trend lässt sich an der Mittelstandsbank illustrieren, dem seit Jah-ren wichtigsten Ertragsmotor. Die Sparte konnte ihr operatives Ergebnis zwar auf 1,2 Milliarden Euro steigern. Doch die Er-träge stagnierten. Zugleich sank die Risiko-vorsorge für notleidende Kredite um 27 Prozent auf ungewöhnlich niedrige 342 Millionen Euro. Die Bank geht nun selbst davon aus, dass die Risikovorsorge sich im Kreditgeschäft in diesem Jahr wieder „nor-malisieren“, also steigen wird. Die Bank will auf verschiedenen Ebenen

gegensteuern. Die Mittelstandsbank sucht ihr Glück vor allem in ausländischen Märk-ten und bei kleineren Mittelständlern, die bislang von den Sparkassen versorgt wer-den. Da die Marktposition der Sparte aber bereits relativ stark ist, ist es für sie schwe-rer, ihre Stellung weiter auszubauen. Den-noch konnte sie ihr Kreditvolumen 2014 um gut zehn Prozent ausbauen. Der für die Mittelstandsbank zuständige Com-merzbank-Vorstand Markus Beumer hat im Dezember in einem Handelsblatt-Ge-spräch angekündigt, dass die Bank die Transaktionspreise im Zahlungsverkehr und bei Handelsfinanzierungen in diesem Jahr heraufsetzen will. Im Privatkundengeschäft will das Insti-

tut Kunden von aufgepeppten Konto- und Depotvarianten überzeugen, die mehr kosten. Kundenwachstum und Gebühren-erhöhungen sind der Sparte in den letzten Jahren bereits gelungen, die Erträge pro Kunde stiegen an. Den Kurs des organi-schen Wachstums dürfte die Bank weiter fortsetzen. Ein Kauf der Postbank, die die Deutsche Bank derzeit losschlagen will,

passt zu dieser Strategie nicht: Mit der Ka-pitalerhöhung der Commerzbank kamen zwar Spekulationen auf, dass diese an ei-nem Erwerb interessiert sein könnte. Doch die Kunden der Postbank gelten im Schnitt als weniger ertragreich, Filialen hat die Commerzbank selbst im Überfluss.Daher versucht die Bank, auch ihre Kos-

ten zu drücken. Geplant ist aber nicht ein großes Sparpaket, sondern viele kleine Einzelschritte. Vor allem bei den Verwal-tungsarbeiten fahndet die Bank nach Auf-gaben, die sie in einer ihrer tariflosen Tochtergesellschaften erledigen kann.

Die Investoren haben die Bemühungen von Blessing und seiner Mannschaft bis-lang kaum honoriert. Der Aktienkurs hat sich seit der letzten Hauptversammlung kaum verändert. Damals wie heute notiert das Papier bei gut zwölf Euro. Seine jüngs-te Kapitalerhöhung hat Blessing im Auf-sichtsrat damit begründet, dass es Investo-ren gibt, die zwar die Strategie der Bank goutieren, bislang aber von deren niedriger Kapitaldecke abgeschreckt wurden. Wenn Blessing recht hat, müsste der Kurs von nun an steigen. Die Hauptversammlung 2016 wird für ihn zur Stunde der Wahrheit.

Mitarbeit: Susanne Schier

COMMERZBANK 3922

WOCHENENDE, 30. APRIL BIS 3. MAI 2015, NR. 8338 DAX-KONZERNE UNGESCHMINKT WOCHENENDE, 30. APRIL BIS 3. MAI 2015, NR. 83

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+2 436

+481

+235

+555

+114

Kennzahlen

Handelsblatt | Quellen: Bloomberg, Unternehmen/HB-Berechnungen

Segmentberichterstattung

Zahl der Mitarbeiter

Konkurrenzvergleich 2014

Wundersame Vermehrung

Santander

Unicredit

Deutsche Bank

BNP Paribas

Commerzbank

Kurs-Buchwert-Verhältnis (aktuell)

Eigenkapitalrenditenach Steuern

1,0 %

7,7 %

4,2 %

2,6 %

0,2 %

Erträge vor Risikovorsorge in Mio. EuroAufwandsquote in Prozent

Segmente

Privatkunden

Mittelstandsbank

Zentral- und Osteuropa

Investmentbanking

Abbaubank

3 417

2 916

923

1 971

182

3 349

2 917

808

2 079

359

+2,0

±0,0

+14,2

-4,7

+0,7

-5,9-5,2

-49,3+3,1

+75,0

1,04

0,77

0,51

0,87

0,54

Inland Ausland

2010 2011 2012 2013

59 101

45 301 44 474 42 857 41 113

13 800 13 68610 744 11 831

58 16053 601 52 944

2014

39 779

12 324

52 103

*Gutschein für den Bezug einer Aktie, **Optisch nicht berücksichtigt, um zu zeigen, wie sich die Aktienbasis um die Zusammenlegung bereinigt entwickelt hat, ***von Soffin und Allianz

723 Mio.

886 Mio.

1 181 Mio.

1 339 Mio.

2 678 Mio.

5 113 Mio.

5 594 Mio.

5 830 Mio.

583 Mio.

1 138 Mio.

1 252 Mio.

657 Mio.

Mai 2008Amtsantritt Blessing

Aktiensplit 10:1**

Hauptversammlung

Zuwachsin Mio.

GrundSeptember 2008

Januar 2009

Juni 2009

Januar 2011

Mai 2011

Juni 2011

März 2012

Juni 2012

April 2013

Mai 2013

April 2015

Kapitalerhöhung für Kauf Dresdner Bank

Sacheinlage Dresdner Bank durch Allianz

Kapitalerhöhung Sofn

Tausch Hybridanleihen in Aktien und Sofn

Kapitalerhöhung, Ausgabe 1 Comen* je Aktie

Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht

Tausch Hybridanleihen in Aktien und Sofn

Tausch Mitarbeiter-Boni in Aktien

Nach Zusammenlegung der Aktien im Verhältnis 10:1

Kapitalerhöhung zur Rückzahlung stiller Einlagen***

Kapitalerhöhung zur Stärkung der Eigenkapitalquote

Die Zahl der Aktien wächst beständig – Gesamtzahl der Commerzbank-Papiere

2013 Änderung in ProzentÄnderung in Prozentpunkten

2014

85,4

46,5

47,2

68,5

172,5

90,1

45,8

53,1

65,4

97,5

2014 2013

2013 2014 2013 2014 2013 2014 2013 2014 2013 2014

1 217

1 110

420

224

364

260

675

777

-786

-1 073

Ha

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Berliner Commerzbankfiliale | Foto: M. Luedecke Getriebe für Windenergieanlagen | Foto: R. Weisflog/imago Commerzbanktochter mBank | Foto: Alamy/mauritius images Handelssaal der Frankfurter Börse | Foto: F. Rumpenhorst/dpa Containerschiff in Bremerhaven | Foto: I. Wagner/dpa

Mittelstands-bank

Privatkunden Zentral- undOsteuropa

AbbaubankInvestment-banking

OperativesErgebnis

in Mio. Euro

OperativesErgebnis

in Mio. Euro

OperativesErgebnis

in Mio. Euro

OperativesErgebnis

in Mio. Euro

OperativesErgebnis

in Mio. Euro

Die starke Verankerung im Heimatmarkt und die Ausrichtung auf das konservati-ve Privatkunden- und Mittelstandsge-

schäft hat die Commerzbank nach der Finanz-krise zunächst einmal stabiler gemacht. Mo-mentan ist das Geldhaus daher Profiteur der guten Konjunktur in Deutschland. Sie be-schert dem Institut eine sehr niedrige Risiko-vorsorge. Doch dieser positive Trend ist all-mählich ausgereizt. In der Kernbank rechnet die Commerzbank laut Geschäftsbericht mit einer höheren Risikovorsorge. Ausgeglichen wird das den Prognosen zufolge durch eine geringere Risikovorsorge in der Abbausparte.In guten Zeiten ist eine niedrigere Risikovor-sorge im Kreditgeschäft ein zentraler Ergeb-nistreiber. Doch in schlechten Zeiten kehrt sich dieser Vorteil schnell ins Gegenteil um – wie sich am Beispiel der Mittelstandsbank ein-drucksvoll zeigt: 2014 stieg das operative Er-

gebnis der Sparte allein deshalb, weil die Risi-kovorsorge 27 Prozent geringer ausfiel als im Vorjahr. In der Finanzkrise 2009 hatte es noch ganz anders ausgesehen: Damals hatte die Commerzbank die Risikovorsorge in der Mittelstandsbank um satte 72 Prozent erhöht.Die Ausrichtung auf Privat- und Mittelstands-kunden macht die Bank auch abhängig vom Zinsumfeld. Die Niedrigzinspolitik der Euro-päischen Zentralbank lässt die Verdienstmög-lichkeiten von Banken schrumpfen, die vor al-lem Kredite vergeben und Einlagen einsam-meln. Auffangen lässt sich das in erster Linie durch eine Ausweitung des Geschäfts. Die Commerzbank hofft dabei auf private Wohn-immobilienfinanzierungen und das Mittel-standsgeschäft. Allerdings ist gerade in diesen Geschäftsfeldern der Wettbewerb in Deutsch-land hart. Die Bank setzt daher auf ihr inter-nationales Geschäft mit Firmenkunden. yo

Starke KonjunkturabhängigkeitSCHWÄCHE 2

► Ablehnung betrifft wo-

möglich bis zu 210 Manager.

► Bund stimmt Bonusregeln

für den Vorstand aber zu.

Yasmin Osman, Frank M. DrostFrankfurt, Berlin

Boni sind traditionell ein Reizthema auf Haupt-versammlungen der Commerzbank. Und in diesem Jahr droht der

Bank eine veritable Blamage bei der Abstimmung über einen höhe-ren Bonusdeckel für wichtige Mit-arbeiter der Bank. Der Aufsichtsrat der Bank will sich von den Aktionä-ren genehmigen lassen, hochrangi-gen Mitarbeitern Boni zahlen zu dürfen, die doppelt so hoch sind wie deren Festgehalt.

Doch die Bundesregierung, die auf dieser Hauptversammlung noch über 17 Prozent der Stimm-rechte verfügt, will diesen Vor-schlag ablehnen. Das erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskrei-sen. Für Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller ist das eine Blamage. Die Bank kommentierte das nicht.

Im Extremfall könne die Abstim-mung am Widerstand des Bundes sogar scheitern, hieß es. Da die Hauptversammlungen der Bank oft schlecht besucht sind – häufig

sind weniger als 50 Prozent des Ka-pitals anwesend –, fällt das Abstim-mungsverhalten des Bundes enorm ins Gewicht. Vom Votum der Hauptversammlung betroffen sind aktuell bis zu 210 Manager. Denn ohne Zustimmung der Aktio-näre dürfen die Boni von Bankern deren Festgehalt nicht überstei-gen. Das sehen Gesetze vor, die die Europäische Union eingeführt hat.

Mit der geplanten Anhebung der Bonusgrenze für Vorstände sei die Regierung dagegen einverstanden,

hieß es in Berlin. Unter Punkt acht stimmen die Aktionäre darüber ab, ob bei Vorständen der Bonus bis auf ein Niveau von 140 Prozent des Fixgehalts steigen darf. Im Wesent-lichen konserviert die Bank damit den Status quo, denn schon bisher lag der Bonus von Vorständen, die ihre Ziele vollständig erreichen, in etwa dieser Größenordnung über dem Festgehalt.

Da bei Kleinaktionären aber ge-rade die Vorstandsboni ein Reiz-thema sind, hätten sich Aufsichts-

ratschef Klaus-Peter Müller und Vorstandschef Martin Blessing die Abstimmung darüber am liebsten erspart. Müller hätte lieber das Festgehalt der Vorstandsriege er-höht, ist zu hören. Das kann der Aufsichtsrat im Zweifel allein re-geln. Doch so eine Lösung war im Kontrollgremium ebenso umstrit-ten wie im Berliner Finanzministe-rium.

Deshalb wird nun also auch über höhere Bonusgrenzen für Blessing und seine Mannschaft abgestimmt.

Verweigern sich die Aktionäre, er-höht die Bank die Festgehälter für den Vorstand dann doch. Das sieht eine neue Vergütungsordnung der Bank vor, die seit Januar 2015 gilt. Die Hauptversammlung soll dieses Vergütungssystem unter Tagesord-nungspunkt sieben billigen. Das Abstimmungsergebnis ist aller-dings für die Bank nicht bindend.

Unabhängig von der Höhe des Bonusdeckels will die Commerz-bank auch das System der varia-blen Vergütungen für den Vorstand vereinfachen. Bislang unterteilt sich deren Bonus in einen einjähri-gen und einen vierjährigen Be-standteil.

Künftig gibt es nur noch einen Bonus, der sich an Zielen orien-tiert, die zu Jahresbeginn festge-setzt werden. 70 Prozent der varia-blen Vergütung sind an den Kon-zernerfolg gekoppelt, 30 Prozent an die Ergebnisse der Sparte, die ein Vorstand verantwortet. Multi-pliziert wird dieses Ergebnis mit ei-nem Faktor, der zwischen 0,7 und 1,3 liegt und die individuelle Leis-tung des Managers würdigt.

Für Aktionäre erfreulich: Die Re-geln für die Altersvorsorge werden strenger. Eine Anhebung des Fix-gehalts führt künftig nicht mehr automatisch zu höheren Pensions-bezügen. Das muss der Aufsichts-rat jeweils ausdrücklich so ent-scheiden.

Die Bundesregierung will eine Verdoppelung der Boni für Top- Mitarbeiter ablehnen – und düpiert so den Aufsichtsratschef.

Das geplante Bonussystem sorgt für Zoff

Dividenden waren jahrelang für die Com-merzbank kein Thema. Selbst im ver-gangenen Jahr, als das Institut längst

wieder Gewinne schrieb, war eine Ausschüt-tung an die Aktionäre noch nicht möglich. Die Bank unterlag einer Ausschüttungssperre: Das bedeutet konkret, dass die Gewinnrücklagen nicht ausreichten, um bestimmte, schwer zu bewertende Vermögenswerte wie selbst er-stellte Software vollständig abzudecken. Das hat sich in diesem Jahr geändert. Die Bank hätte aufsichtsrechtlich wie ökonomisch eine Dividende zahlen können, hatte Bank-chef Martin Blessing im Februar bereits ge-sagt. Und er stellte den Aktionären in Aus-sicht, mittelfristig 40 Prozent des Nettoge-winns der Bank auszuschütten. Im ersten Quartal dieses Jahres hat er zunächst einmal 57 Millionen Euro für die Aktionäre zurückge-legt. Das entspricht 4,5 Cent je Aktie. Behält

die Commerzbank dieses Tempo bei, wären nächstes Jahr 16 bis 18 Cent je Aktie für die Ak-tionäre drin.An dem vorgelegten Einzelabschluss der Com-merzbank AG, der für die Dividende maßgeb-lich ist, lässt sich das noch nicht erkennen. Im AG-Bericht, der nach dem deutschen Bilanz-recht HGB aufgestellt wird, liegen Gewinn-rücklagen und Bilanzgewinn, die zum Jahres-ende 2014 zusammen 461 Millionen Euro aus-machten, unter dem ausschüttungsgesperrten Betrag von 1,34 Milliarden Euro. Rein formal reicht das nicht für eine Dividen-denzahlung aus. Des Rätsels Lösung sind die stillen Reserven der Bank, also Vermögenswer-te, die unter Wert in der Bilanz der Bank ste-hen. Diese Reserven lassen sich jederzeit bei Bedarf heben. In den sogenannten 340f-Reser-ven habe die Bank mittlerweile hohe Sum-men geparkt, heißt es in Bankkreisen. yo

Mögliche DividendenzahlungenSTÄRKE 2

Die Abwicklungssparte der Commerzbank hat mit einem Portfolio im

Volumen von 78 Milliarden Eu-ro an gesunden und sechs Milli-arden Euro an faulen Krediten noch immer einen stattlichen Umfang. Zwar macht die Bank bemerkenswerte Fortschritte beim Abbau der unerwünsch-ten Schiffs-, Immobilien- und Staatsfinanzierungen – allein im vergangenen Jahr verringer-te sich der Bestand um mehr als ein Viertel. Doch harmlos ist das Restportfolio der soge-nannten Non-Core-Assets-Ein-heit (NCA) noch lange nicht. Das zeigt ein Blick auf die Risi-kovorsorge. Obwohl die Ab-bausparte weniger als ein Fünftel der Bilanzsumme aus-macht, verursachte sie mit 654 Millionen Euro im Jahr 2014 über die Hälfte der Kon-zernrisikovorsorge von 1,14 Milliarden Euro. Vor allem die Schiffskredite, von denen die Bank noch zwölf Milliarden Euro hatte, sind dafür verant-wortlich. Der Anteil der fau-len Kredite macht bei Schiffs-krediten rund ein Viertel aus, ein weiteres Viertel gilt als re-lativ riskant. Anders als die Gewerbeimmobilienfinanzie-rung, die bei Investoren wie-der gefragt ist, macht der Ab-bau der Schiffssparte langsa-mere Fortschritte. Die Schiffe mögen zwar der

riskanteste Teil der Abbau-sparte sein, doch versteckte Sprengfallen finden sich auch anderswo. Aktuelles Beispiel sind Anleihen der Bad Bank der österreichischen Skandal-bank Hypo Alpe Adria. Die Commerzbank besitzt 400 Millionen Euro an Anleihen dieser Bad Bank, die Heta ge-nannt wird, und muss nun wohl die Hälfte von deren Wert abschreiben, da die Heta einen Schuldenschnitt plant. Diese Verluste sind einigerma-ßen überraschend, da eine Bürgschaft des Bundeslands Kärnten für sie hätte gelten sollen. Die Heta-Anleihen stammen aus dem Teil des Portfolios, der eigentlich als am risikofreisten gilt: aus dem Staatsanleiheportfolio. yo

Risikobehaftete AbbaubankSCHWÄCHE 1

Ausstehende Forderungen (EaD)*

355 Mrd. €

78 Mrd. €

Erwarteter Verlust

944 Mio. €

553 Mio. €

Risikovorsorge

490 Mio. €

654 Mio. €

AbbaubankKernbank

Kennzahlen zum 31.12.2014

Quelle: Unternehmen

*Exposureat Default

Handelsblatt

Kreditrisiko

Das Privatkundenge-schäft war lange Zeit das Sorgenkind der

Bank. Doch allmählich wen-det sich das Blatt. Im vergan-genen Jahr hat die Bank mit privaten Kunden trotz niedri-ger Zinsen fast doppelt so viel verdient wie im Vorjahr. Sieht man einmal vom boomenden Osteuropa-Geschäft ab, war die Privatkundensparte sogar der einzige Bereich, in dem die Bruttoerträge vor Risiko-vorsorge zumindest ein we-nig gesteigen sind. Allmählich zahlt sich der stete Zustrom an neuen Kunden aus. Allein im vergangenen Jahr waren es netto 288 000. Die Sparte befindet sich aller-dings weiterhin im Umbau: Die Commerzbank hat immer

noch nicht entschieden, wie genau sie ihr Filialnetz um-bauen will. Einen Kahlschlag wie bei manchen Konkurren-ten soll es aber nicht geben. Das hat seinen Preis: Die Auf-wandsquote der Privatkun-densparte liegt bei 85 Pro-zent. Um einen Euro zu ver-dienen, muss die Bank also 85 Cent ausgeben.Auch digitale Angebote spie-len eine immer wichtigere Rolle im Bankgeschäft. Dass das Institut zwei äußerst er-folgreiche Onlinetöchter be-sitzt - den Onlinebroker Com-direct und die polnische Di-rektbank Mbank, ist in dieser Hinsicht ein großer Vorteil, der sich allerdings nicht in Zahlen abbilden lässt. Doch die Spezialisten von Com-merzbank, Mbank und Com-direct tauschen sich regelmä-ßig aus. Ein gemeinsam ent-wickeltes digitales Haushaltsbuch, das die Com-merzbank einführen will, ist in Polen bereits im Einsatz. Auch polnische Neuerungen wie ein schneller Konsumen-tenkredit per Mobiltelefon hat die Commerzbank über-nommen. Zwar lässt sich nicht alles, was es bei Mbank oder Comdirect gibt, übertra-gen, aber vieles. Sie sind die „Schnellboote“ im Konzern, in denen sich neue Angebote testen lassen. yo

Innovative Online-TöchterSTÄRKE 1

OperativeEigenkapital-

rendite

OperativeAufwands-

quote

85,4 %90,1

10,6 %5,6

2013 2014

Ergebnisse im Privatkunden-geschäft in Prozent

Quelle: UnternehmenHandelsblatt

Solide Entwicklung

140 %des Festgehalts sollen Boni von Vorständen bei der Commerzbank künftig betragen dürfen.

Quelle: Commerzbank

COMMERZBANK 4122

WOCHENENDE, 30. APRIL BIS 3. MAI 2015, NR. 8340 DAX-KONZERNE UNGESCHMINKT WOCHENENDE, 30. APRIL BIS 3. MAI 2015, NR. 83

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