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1 Elnführung in die Fertigungstechnik

Einführung in die Fert igungstechnik(l ntroduction to Production

1.1 Aufgabe der Fert igungstechnik(Purpose of Production Engineering)

Aufgabe der Fertigungstechnik ist die Herstellung geometrisch bestimmter fester Kör-per (Werkstücke, Baugruppen, Produkte) mit vorgegebenen Eigenschaften durchAnwendung verschiedener Fertigungsverfahren. Oft besteht die Möglichkeit, das Zielmit unterschiedlichen Fertigungsverfahren zu erreichen.

Dann erfolgt die Auswahl eines Verfahrens aufgrund unterschiedlicher Kriterien. Wirt-schaftlichkeit, Produktivität, Qualität und Prozesssicherheit kommen dabei die größteBedeutung zu. Aber auch Umweltverträglichkeit und humane Arbeitsgestaltung sindin die Entscheidung einzubeziehen. Um dem Trend zur Variantenvielfalt gerecht zuwerden, müssen die Fertigungssysteme eine immer höhere Flexibilität aufweisen.

Typische Aufgaben im Bereich der Fertigungstechnik sind die Erhöhung der Mengen-leistung und der Qualität sowie die Senkung der Fertigungskosten und die Entwick-lung und Einführung neuer Fertigungstechnologien. Die dafür gefundenen Lösungenbeeinflussen den Erfolg eines Unternehmens häufig maßgeblich.

Bereits beim Entwurf und der Konstruktion eines Produktes ist auf eine fertigungsge-rechte Gestaltung zu achten. Der Konstrukteur bestimmt durch seine gestalterischeArbeit den Aufwand, der in Teilefertigung und Montage anfällt. Daher kommt derKenntnis der Fertigungsverfahren im Rahmen der Ingenieurausbildung eine großeBedeutung zu.

1.2 Geschichtl iche Entwicklung(Historical Development)

Um 1790 venvendete Prof. Beckmann in Göttingen erstmals das Wort ,,Technolo-gie" für eine zusammenfassende Beschreibung des Wissens der Herstellverfahren inden verschiedenen Gewerben, den nützlichen Künsten. In den Jahren zwischen1750 und 1850 entstanden viele technische und organisatorische Neuerungen, dieden Übergang von Handarbeit zur Maschinenproduktion kennzeichnen. Der Durch-bruch zur modernen Produktionstechnik erfolgte zuerst in Großbritannien im führen-

Engineering)

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den Zweig der dortigen Wirtschaft, im Textilgewerbe. lm Zuge eines stetigen Wachs-tums kam es hier zu Engpässen in der Rohstoffverarbeitung, die mit der be-stehenden Technik und der Organisationsform der Produktion (Hand- und Hausar-beit) nicht behoben werden konnten. Die Fabrik als neuartige Organisationsform ent-stand. Damit war eine intensive Zerlegung und Kontrolle der Arbeit möglich. Etwagleichzeitig begann die Entwicklung von mechanischen Spinnmaschinen und Ma-schinenwebstühlen.

Die Massenproduktion von Textil ien brachte weitere Veränderungen und Aufschwungin vielen Bereichen der Wirtschaft und Technik mit sich. Es kam zu einer Umwälzung,deren Tempo gemessen an der Menge der bis dahin erfolgten technischen Anderun-gen explosiv war; es kam zu der industriellen Revolution. Kennzeichnend für dieindustrielle Revolution war die zunehmende Substitution von Handarbeit durch Ma-schinenarbeit. Dies führte zu einem gesteigerten Energiebedarf, der durch die Ver-besserung der Dampfmaschine durch James Watt (doppelt wirkende Dampfmaschi-ne, um 1776) befriedigt werden konnte.

Die Verknappung von Holz als Brenn- und Konstruktionsmaterial führte zum Einsatzvon Steinkohle als Energiequelle und Eisen als Werkstoff. Es mussten Verfahren,Maschinen und Werkzeuge entwickelt werden, die der Forderung nach einer wirt-schaftlichen Fertigung und einer größtmöglichen Präzision der Erzeugnisse genüg-ten. Große Bedeutung bekamen neuentwickelte Drehbänke, Bohrwerke, Hobel- undFräsmaschinen mit durch die Maschine geführten Werkzeugen. Auch die Umform-technik profitierte von dem allgemeinen Aufschwung. Es wurden mechanischeSchmiedehämmer und Walzwerke für die Fertigung von Blechen und Profilen (Ei-senbahnschienen) eingeführt. Die Maschinen dieser Zeit hatten allerdings noch keineeigenen Antriebe; sie wurden von einer zentralen Kraftmaschine, meist einerDampfmaschine, angetrieben.

Die meisten Erfindungen dieser Zeit entstanden ohne den direkten Beitrag der Wis-senschaft. Sie beruhten auf der Arbeit von Erfindern und Konstrukteuren, die sich dienotwendigen theoretischen Kenntnisse meist im Selbststudium erarbeitet haben (2.B.Joseph von Fraunhofer vor 200 Jahren auf dem Gebiet der optischen Präzisionsin-strumente). Die akademische Wissenschaft wandte sich nur zögernd der technischenEntwicklungsarbeit zu; es entstanden die Ingenieunryissenschaften.

Die Folgen der neuen Technik für Mensch und Umwelt wurden weitgehend ver-drängt. Kinderarbeit war die Regel. Überlange Arbeitszeiten und hohe Arbeitsinten-sität gepaart mit katastrophalen Lebensbedingungen in den lndustriestädten führtenzu einer überdurchschnittl ichen Sterblichkeit unter Fabrikarbeitern, wie eine Volks-zählung im Jahre 1831 ergab. Diese Bedingungen führten zu Auseinandersetzungen,

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die in harten Arbeitskämpfen endeten. Die zunächst noch rechtlosen Arbeiter schlos-sen sich zusammen: es entstanden die Gewerkschaften.

Anfang des 20. Jahrhunderts setzte die Massenproduktion von Gebrauchsgütern(Fahrräder und Nähmaschinen) ein. In den USA begründete Frederic Winslow Tay-lor die ,,wissenschaftliche Betriebsführung". Er wies den Ingenieuren die zentraleRolle im Betrieb zu und eröffnete mit seiner Lehre den Ingenieuren neue Perspekti-ven in den Unternehmen. Taylor erkannte, dass eine hohe Produktivität eine Ausbil-dung der Arbeitskräfte und eine Trennung von geistiger (planender, steuernder) undkörperlicher (ausführender) Arbeit verlangt. Darüber hinaus führte er Arbeits- undZeitstudien ein. Die von Taylor vorgeschlagenen Maßnahmen zur Arbeitsteilung undArbeitsvereinfachung wurden 1913 von Henry Ford in Detroit in Form der Fließ-bandfertigung umgesetzt. Den negativen Folgen (Monotonie, schnelle Ermüdung,Verkümmerung nichtgebrauchter Fähigkeiten und soziale lsolation) und der darausfolgenden Fluktuation begegnete er durch die Schaffung von Lohnanreizen.

Zunehmend beschäftigen sich mehr und mehr Wissenschaftler mit den Folgen derFließbandfertigung und es entstanden Konzepte wie ,,Job Rotation" und ,,Job Enrich-ment". Diese Entwicklung ist heute noch nicht abgeschlossen und führt zu neuen Ar-be itsstru ktu ren (G ru ppe na rbe it, Fe rtig u ngszel len ).

Weitere entscheidende Schritte in der Produktionstechnik bis zur Gegenwart warendie Dezentralisierung der Antriebe durch die Entwicklung des Elektromotors, dieEntwicklungen der Kommunikationstechnik, die Entwicklungen auf dem Gebiet derSteuerungs- und Regelungstechnik sowie die Entwicklung von elektronischen Da-tenverarbeitungsanlagen. Mit der Entwicklung des Mikroprozessors konnte eine De-zentralisierung der,,lntelligenz" erfolgen, die eine weitere Automatisierung von Ferti-g ungsprozessen ermögl icht.

1.3 Eintei lung der Fert igungstechnik(Classification of Production Engineering)

Die industrielle Produktionstechnik lässt sich in die drei Hauptbereiche Energietech-nik, Verfahrenstechnik und Fertigungstechnik unterteilen. Die Energietechnik dientder Energiewandlung und Energieversorgung. Die Verfahrenstechnik beschäftigtsich mit der Produktion von Stoffen und dem Wandel ihrer Eigenschaften im formlo-sen Zustand oder als Halbzeug. Die Aufgabe der Fertigungstechnik besteht darin,Werkstücke aus vorgegebenem Werkstoff nach vorgegebenen geometrischen Be-stimmungsgrößen zu formen und diese zu funktionsfähigen Ezeugnissen zusam-menzusetzen. Hierbei wird eine Wandlung vom Rohzustand in den Fertigzustand

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vollzogen, der durch Einwirken von Werkzeugen oder Wirkmedien auf das Werkstückerreicht wird. Innerhalb dieser drei Bereiche durchlaufen die Produkte von einemAusgangszustand bis zum Endprodukt verschiedene Zustandsformen.

Das Kriterium zur Einteilung der großen Zahl der Fertigungsverfahren ist der Zu-sammenhalt einzelner benachbarter Materialteilchen (Tabelle 1). Dieser muss ersteinmal geschaffen werden (Urformen), er kann beibehalten oder leicht verändertwerden (Umformen, Stoffeigenschaft ändern); er kann vermindert (Trennen) undvermehrt werden (Fügen, Beschichten). Diese Systematik ermöglicht die Aufnahmevon neuen Fertigungsverfahren und dient als Basis für internationale Normung. Sieist in D/N 8580 enthalten. Danach werden alle Fertigungsverfahren in sechs Haupt-gruppen eingeteilt, die in Gruppen und Untergruppen untergliedert werden (Tabelle1 ) .

lm Folgenden werden die einzelnen Hauptgruppen näher erläutert:

Schaffender

FormAndern der Form

Andernder Stoffei-genschaften

Zusammen-halt

schaffen

Zusammen-halt beibe-

halten

Zusammen-halt vermin-

dern

Zusammenhaltvermehren

Haunfrurne flauptgruppe

ttt""

j::::ffTabelle 1.1: Einteilung der Fertigungsverfahren nach DIN BSA0

Hauptqruppe 1 - Urformen (Primary Shaping):Urformen ist das Fertigen eines festen Körpers aus formlosem Stoff durch Schaffendes Zusammenhalts. Hierunter versteht man alle Gießverfahren aber auch das Pres-sen und Sintern von Pulver.

Hauptqruppe 2 - Umformen (Forming):Umformen ist Fertigen durch bildsames (plastisches) Andern der Form eines festenKörpers, wobei sowohl die Masse als auch der Zusammenhalt beibehalten werden.Hierunter versteht man alle Verfahren der Kalt- und Warmumformung, also z.B. dasTiefziehen von Blechen zu Karosserieteilen, das Biegen oder Warmumformverfahrenwie das Schmieden und Strangpressen.

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Hauptsruppe 3 - Trennen (Separating):Trennen ist das Fertigen durch Andern der Form eines festen Körpers. Dabei wirdder Zusammenhalt örtlich aufgehoben, d.h. im Ganzen vermindert. Die Endform isthierbei in der Ausgangsform enthalten.

Untergruppe 1: Zerteilen (2.8. Schneiden, Brechen)Untergruppe 2: Spanen (2.8. Drehen, Bohren, Fräsen, Hobeln)

Hauptqruppe 4 - Füqen (Joining):Fügen ist das Zusammenbringen von zwei oder mehr Werkstücken geometrisch be-stimmter fester Form oder von ebensolchen Werkstücken mit formlosem Stoff wiez.B. Schweißen, Löten, Vernieten und Verschrauben.

Hauptqruppe 5 - Beschichten (Coating):Beschichten ist das Aufbringen einer festhaftenden Schicht aus formlosem Stoff aufein Werkstück wie z.B. Spritzlackieren, Tauchemaillieren und Galvanisieren.

Hauptqruppe 6 - Stoffeiqenschaftsändern (Change of Material Properties):Stoffeigenschaftsändern ist Fertigen eines festen Körpers durch Umlagern, Ausson-dern und Einbringen von Stoffteilchen, wobei eine etwaige unwillküdiche Formände-rung nicht zum Wesen der Vefahren gehört. Verfahrensbeispiele hierfür sind dasNitrieren (Einbringen von Stofteilchen) und das Entkohlen (Aussondern von Stoff-tei lchen).

1.4 Fertigungstechnik im Produktionsprozess(Production Engineering during the ManufacturingProcess)

Produktionsprozesse werden heute zunehmend simultan und unter Einbeziehungaller an der Wertschöpfung beteiligten durchgeführt. Dafür steht der Begriff Simul-taneous Engineering (SE). Mit Hilfe von Projektmanagement koordiniert man die un-terschiedlichen Funktionsbereiche zeitlich und inhaltlich.

Der Produktionsprozess beginnt mit der Produktentwicklung. Diese erfolgt nacheiner Marktstudie, die die Marktsituation analysiert sowie den Bedarf und die Kun-denwünsche erfasst. Die gleichzeitige Ermittlung des Standes der Wissenschaft undTechnik klärt, ob Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erforderlich sind. Die Pro-duktdefinition legt die Funktionen, die Anforderungen, die Qualität, den Preis undsonstige Randbedingungen in einem technisch-wirtschaftlichen Pflichtenheft fest.

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Die Umsetzung der einzelnen Punkte des Pflichtenhefts zu einer für die Fertigunggeeigneten Information (2.8. technische Zeichnung) ist die Aufgabe der Konstruktion.Die Konstruktion umfasst den Entwurf, die Werkstoffauswahl, die funktions- und fer-tigungsgerechte Gestaltung der Werkstücke sowie die Auswahl der Fertigungsver-fahren und die Erstellung fertigungsgerechter Unterlagen. Die Konstruktion hat einenentscheidenden Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des gesamten Produktionsprozes-SES.

Die Produktionsplanung ist für die rechtzeitige Bereitstellung aller für die Produk-tion erforderlichen Einrichtungen verantwortlich. Der Einkauf sorgt für die Bereitstel-lung von Zukaufteilen, Werkstoffen, Betriebsmitteln und -stoffen sowie von Energie.Die Fertigung umfasst die Herstellung der Einzelteile sowie ihre Montage zum ferti-gen Produkt. Der Vertrieb schließlich übernimmt die Auslieferung der Produkte andie Kunden und den Kundenservice. Durch die Kundennähe liefert der Vertrieb wich-tige Informationen für die Produktentwicklung.

Das Controlling liefert die für die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit notwendigenInformationen. Externe und interne Zulieferer für Teile und Baugruppen sowie Aus-rüstungs- und Anlagenhersteller entwickeln und fertigen Subsysteme eines Produk-tes oder einer Anlage in zunehmendem Maße eigenverantwortlich.

Die Entwicklungstendenzen im Bereich der Fertigungstechnik sind durch folgendeZielrichtungen geken nzeich net:

o Sicherung der Qualität im Entwicklungs- und Fertigungsprozess. Senkung der Fertigungskosteno Verkürzung der Durchlaufzeit. Anpassung der Arbeit an den Menschen. Umweltverträglichkeit der Verfahren

Die Ziele werden durch die Entwicklung neuer Fertigungsverfahren und mechatroni-scher Fertigu ngssysteme erreicht.

Damit der Produktionsbetrieb optimal und wettbewerbsfähig funktioniert, sind be-gleitende organisatorische Maßnahmen erforderlich. Wesentliche Ansatzpunkte dazuliegen in der Produktentwicklung, der Zuliefererkette (supply-chain management),dem Fabrikbetrieb und dem Kundenservice. lm Bereich der Produktion wird z.B. kon-sequent darauf hingearbeitet alle Tätigkeiten auf die eigentliche Wertschöpfung zukonzentrieren. Damit ist ein Verzicht auf viele indirekte Funktionen (oder ihre Integra-tion in den Produktionsprozess) verbunden.

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Bisheriges Denken in spezialisierten Bereichen und Abteilungen sowie in hierarchi-schen Strukturen - auch als Taylorismus bezeichnet - wird heute wegen der schlech-ten Informationsverarbeitung und Kommunikation in Frage gestellt. Neue Ansätze aufdiesem Gebiet sind durch Entwicklungen in Japan (lean production: schlanke Pro-duktion) oder in Deutschland (Fraktale Fabrik) angestoßen.

1 .5 Wirtschaftl ichkeitsbetrachtungen(Economical lssues)

Für die Herstellung eines Produkts kommen stets mehrere Fertigungsverfahren inFrage. Abbi ldung 1.3 veranschaul icht dies am Beispiel eines Bolzens.

I durch 6ießen (Urformen) 2 durch Anstoucfren oder Fließpressen(Umformen)refrisreit l1-l l---l---l

fr-l I-il-I f:l:l\.7 -r-i--T7 V--7;-17 r1-r_f \_ff sroßerl i l l i l k r e i n e r l i l A u s g o n g s q u e r s c h 0 i r lI I | | I I AuEongs- | | | (werkstoffrrddurdrI I I L+J querschnitt | | | .,0üs€"gedrücktl

.? durch 0rehen{Trennen )

1. durch Schweißent Fügen)

m^'* ng ffiAbbi ldung 1.3: Fert igungsmögl ichkeiten für einen Bolzen

Die Wahl des für die Herstellung eines Werkstücks anzuwendenden Fertigungsver-fahrens richtet sich nach dem Material, den verlangten Maßtoleranzen, Oberflächen-güten, betrieblichen Gegebenheiten (Fertigungs- und Prüfmittel), geforderten Stück-zahlen und vor allem den Kosten. Abbildung 1.4 zeigt einige Bewertungskriterien beider Verfahrensauswahl.

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g*w€rtungckriled6�ß bsi d*r Vedahrsn$äuiwähl

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. ftdtralo*d* g{lnsurlg,Wgrtslötl'üwlliät. Prü&ddfi$&sr!96

. Rältp&fliral, ll!E6d6s|Eäuf#c''d' Fq&t&odan.ArBtü6a0ü$r*it. ruitlsdlafi ld?*s SkYio, *crhudanä tor*g{jiusrSllal' v$th€fldsns GebiiudE' P6r$:i}!l' T6rn8!&. Fctsnl- uns Lh*.nzrlhlrtbnün. €rfdd*rri*sö f{*rünt!!dcklrng0,.lr nra€f l*hp Wäitüisnlwich!,rn!dürTt4tm{r!0rr

Abbildu ng 1 .4 : E inige Bewertu n gskriterien bei der Verfahrensauswahl

Die Kosten eines Fertigungsverfahrens sind stark von der Stückzahl abhängig (sieheAbbildung 1.5). Je höher die Losgroßen sind, umso weitgehender kann ein Ferti-gungsverfahren automatisiert werden. Die Grenzen der Automatisierbarkeit werdenalso nicht durch die technischen Möglichkeiten bestimmt, sondern durch wirtschaftl i-che Überlegungen.

Fertigungsverfahren 1

Fertigungsverfahren 2

Kritische Produk-t ionsmenge

Produ ktionsmenge [Stück]

Abbi ldung 1.5: Ermit t lung der kr i t ischen Produkt ionsmenge

Die wechselseitige Beeinfl ussung von Fertigungsverfahren, Materialauswahl, Designund Herstellkosten bzw. Verkaufspreis zeigt Abbildung 1.6 am Beispiel von Kraftfahr-zeugfelgen.

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Material: Aluminium

Felge ohne Stern:rotationsgewalzt

Stern:Gegendruckguß

Verbindung:Titanschrauben

Preis: 481 €

Material: Aluminium

Felge:Niederdruckguß

Preis: 313 €

Material: Stahl

Felge ohne Stern:rotationsgewalzt

Stern:tiefgezogen

Verbindung:geschweißt

Preis: ca. 51 €

Quelle: www.bbs-ag.com

Abbildung 1.6: Einfluss von Fertigungsverfahren und Material auf den Verkaufspreis von Kfz-Felgen

1.6 Fabrikbetr ieb(l ndustrial Production)

Für die Fertigung von Bauteilen sind Fabriken notwendig. Welche weiteren Funktio-nen in einem solchen Betrieb notwendig sind und wie dies bei der Planung einer Fab-rik berücksichtigt werden muss, soll in diesem Kapitel grob umrissen werden.

1 .6 .1 U nterne h mens-/Betriebsorga n isati on(Company Organ isation )

Zunächst einmal ist zwischen den Begriffen Unternehmen und Betrieb zu unterschei-den.

Ein Unternehmen ist ein wirtschaftlich-rechtliches Gebilde, das - im Regelfall - aufeine Gewinnmaximierung ausgelegt ist. Neben einem oder mehreren Betrieben um-fasst eine Unternehmung (oder ein Unternehmen) auch die Leitung sowie die Bezie-hungen zur Umwelt.

Ein Betrieb kann eine Produktionsstätte oder ein Dienstleistungsbetrieb sein. Betrie-be eines Unternehmens können an unterschiedlichen Orten bestehen und unter-

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schiedlichste Größen aufweisen. lm Rahmen dieser Vorlesung werden ausschließlichProduktionsbetriebe, also Fabriken berücksichtigt.

Rechtsformen

Unternehmen lassen sich unterschiedlichen Rechtsformen zuordnen (Vgl. hierzuAbb. 1.7). Die Wahl der Rechtsform hängt von einer Reihe von Umständen ab. Bei-spielsweise spielen die Zahl der Kapitalgeber (und damit in gewissem Maße auch dieUnternehmensgröße), das Haftungsrisiko sowie steuerliche Gesichtspunkte eine Rol-le. Zur Vertiefung sei hier auf entsprechende Vorlesungen bzw. Literatur zum Han-dels- u nd Gesellschaftsrecht venrviesen.

Offentlich-Rechtl icheBetriebe

Einzelunternehmen

OHG AG Verein

GmbH &Co. KG

KGaA

KG GmbH

Abbi ldung 1.7: Rechtsformen

Organisationsformen

Zur Strukturierung eines Unternehmens oder eines Betriebes werden verschiedeneOrganisationsformen unterschieden. Die Unterschiede werden anhand der drei häu-fig anzutreffenden Grundformen Linien-, Sparten- und Matrixorganisation erläutert.

Die Linienorganisation ist die ursprüngliche Form einer hierarchischen Organisation.Charakteristisch ist, dass jeder Stelle genau ein direkter Vorgesetzter zugeordnet ist,was mit einer klaren Kompetenzverteilung verbunden ist. Aufträge durchlaufen dahermehrere Stellen, bis sie an der entsprechenden Position angelangt sind. Gleiches giltfür die Weitergabe von Informationen ,,von unten nach oben". Neben der dadurchverursachten Schwerfälligkeit ist auch die Filterung der Informationen als kritischanzusehen.

Erurerbswi rtschaft | iche U nternehmen

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Technische Geschäftsleitung

Abbi ldung 1.8: Linienorganisat ion

Bei einer Spartenorganisation ergibt sich die Möglichkeit, auf die Anforderungen dereinzelnen Produktgruppen eingehen zu können. Als Nachteil kann die mangelndeNutzung von Synergieeffekten angesehen werden. Werden einzelne Sparten rech-nungsmäßig selbstständig geführt, spricht man auch von Profit Centern.

Abbildung 1 .9: Spartenorganisation

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Eine weitere Variante ist die Anordnung der Produktbereiche und der Funktionen inForm einer Matrix. Vorteilhaft sind die übersichtliche Koordination sowie die Möglich-keit zu schnellen, sachgerechten Entscheidungen. Schwierig können sich jedochKompetenzabgrenzungen gestalten, da es für jede Stelle zwei Vorgesetzte fie einenin jeder Dimension) gibt.

Abbi ldung 1 .1 0: Matr ixorganisat ion

1.6.2 Betriebsfunktionen(Functions)

Wie sich bereits aus den oben genannten Beispielen der Organisationsformen er-kennen lässt, sind in einem Betrieb neben der eigentlichen Fertigung noch eine Rei-he weiterer Funktionen vorhanden. Die wichtigsten Funktionen innerhalb einer Fabriksind im Folgenden noch einmal dargestellt:

o Führung/Leitung

o Produktionsplanung (i.S.v. Entscheidung darüber, welche Produkte hergestelltwerden sollen)

. Forschung,Entwicklung

. Konstruktion

. Beschaffung

. Arbeitsvorbereitung

o Produktionsplanung und -steuerung (d.h. z.B. Ablaufplanung). Teilefertigung

Produktbereiche

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. Montage

o Qualitätssicherung

. Logistik (Eingangs-, innerbetriebliche und Ausgangslogistik)o Marketing

o Instandhaltung, Reparatur, EDV-Administration

. Sonst. Venrualtung (Personal, Controlling, Rechnungswesen, ...)Bereits bei der Planung einer Fabrik müssen die Abhängigkeiten zwischen diesenFunktionen sowie die Anforderungen, die sich durch den Markt bzw. durch Mitbewer-ber ergeben, berücksichtigt werden. Letztere sind bspw. die oftmals kurze Zeitspan-ne zwischen einer Produktidee und der geforderten Markteinführung oder die - ins-besondere im Zulieferbereich - geforderten kurzen Lieferzeiten. Begegnet werdenkann dem durch eine organisatorisch wie technologisch geeignete Gestaltung derFabrik, was im Folgenden erläutert werden soll.

1 .6 .3 Planungs- und Umsetzungsphasen(Planning and lmplementation Phases)

Die Erstellung einer Fabrik gliedert sich in folgende projekfstufen:

. Vorbereitung

o planung

o Ausführung

Während der Vorbereitungsphase sind die Ziele, die mit der Errichtung der Fabrikverbunden sind, genau zu definieren. Dabei ist eine ggf. bereits existierende Produk-tionsanlage auf Stärken und Schwächen zu untersuchen. Es ist zu prüfen, ob eineEnrveiterung bestehender Anlagen in Betracht gezogen werden kann oder ob nur einNeubau in Frage kommt. Bei einem Neubau ist ein geeigneter Standort zu suchen.Dabei ist bereits die Supply Chain, also die Verknüpfung der eigenen Produktion mitvor- und nachgelagerten Unternehmen, zu berücksichtigen.

ln der Planungsphase ist folgende Untergliederung hilfreich:

. Funktionsbestimmung

o Dimensionierung

o Strukturierung

. Gestaltung

. Detaill ierung

Technologie der Fertigungsverfahren I 1 3

'1 Einführung in die Fertigungstechnik

Diese Phase wird im Verlaufe dieses Kapitels eingehender betrachtet.

An die Planungsphase schießt sich endlich die Ausführung an. Neben der Beauftra-gung und Durchführung der eigentlichen Baumaßnahmen für den Erweiterungs- oderNeubau sind ggf. auch entsprechende Infrastrukturmaßnahmen (Verkehrsanabin-dung, Strom-, Wasserversorgung u.ä.) zu realisieren.

Planungsphase

Eine Detai l l ierung der Planungsphase ist in Abbi ldung 1.11 dargestel l t .

1. Clustereinheitenund Funktionsschema

Fu nktionsschema

2. Flächenbedarfs-ermittlung

BETRIEBSMITTEL?PERSONAL?FLACHEN?INVESTITIONEN?

Dimensionierungs-größen

3. Anordnungsstruktur

4. Materialflussanalyse

5. Anordnungs-optimierung

6. ldeales Blocklayout

7. Grundrissformen

8. KonventionelleFertigungsformen

9. IntegrierteFertigungsformen

10. Anordnungsformenin der Montage

1 1. Flächenbedarfs-ermittlung auf Detail-layoutebene

lE-I t rE vllotr |

IEE\I E v iI t r t r |

ldeal layout Reallayout Ausführungsprojekl

Abbi ldung 1.1'1: Untergl iederung der Planungsphase (Quel le: WZL, RWTH Aachen)

Funktionsbestimmung:

lm ersten Schritt sind alle für die Produktion nötigen Funktionen zu definieren sowiedie Beziehungen und Reihenfolgen festzulegen.

Dimensionierung:

ln einer ersten Flächenbedarfsermittlung ist der für die einzelnen Funktionen not-wendige Flächenbedart zu ermitteln.

Strukturierung:

Während der Strukturierung ergibt sich das größte Potenzial, bislang bestehendeProzesse zu optimieren. Die Produktionsschritte und -verfahren sind so zu gestalten,

Technologie der Fertigungsverfahren I 1 4

1 Einführung in die Fert igungstechnik

dass ein einheitlicher Materialfluss gegeben ist. Hierbei sind auch die Fertigungsprin-zipien zu überprüfen.

In dieser Phase wird durch die Anordnung der Produktionsbereiche der Materialflussim Groben festgelegt. Die Strukturierung der Fabrik liegt am Ende in Form einesBlocklayouts vor.

Gestaltung:

In der Gestaltungsphase erfolgt die Umsetzung der Fertigungsstrukturen in realePläne. Zunächst muss ein Generalbebauungsplan erstellt werden, der die Gebäude-formen (Mehrgeschossbau, Flachbau, Hallenbau), deren Anordnung auf dem Grund-stück und die Verkehrsflächen enthält. Danach erfolgt die Aufteilung der Grundriss-flächen nach den einzelnen Produktionsbereichen mit entsprechender Flächenzu-weisung. Hierbei sind auch zusätzliche Bereiche wie Lager- oder Bereitstellungsflä-chen oder Venrualtungs- und Sozialräume zu berücksichtigen.

Auch eine zukünftige Erweiterungsmöglichkeit sollte berücksichtigt werden.

Detai l l ierung:

Schließlich werden die einzelnen Maschinen und Anlagen innerhalb derProduktionsbereiche angeordnet. Auch hierbei ist auf eine Optimierung desMaterialflusses zu achten.

1.6.4 Supply GhainDer Materialfluss über die Betriebsgrenze hinweg wird als Supply Chain bezeichnet.Heutzutage ist die Fertigungstiefe in vielen Unternehmen relativ gering. lm Wesentli-chen liegt dies in der Beschränkung auf Kernkompetenzen begründet. Danach kön-nen die meisten Teile, die nicht in den Kernkompetenzbereich fallen, günstiger zuge-kauft werden. Dies hatzur Folge, dass diese Unternehmen sehr stark von den Zulie-ferern (zumindest kurzfristig) abhängig sind, da sie ohne die Zukaufteile ihre Produk-tion einstellen müssten.

Die Vorteile der intensiven Einbeziehung von Zulieferteilen lassen sich nur unter Be-rücksichti gu n g meh rerer Aspekte gewä h rle iste n :

. Gute Abstimmung der Kommunikation zwischen dem Kunden und Lieferanten(sowohl in organisatorischer als auch in technischer Hinsicht)

o Optimierung der Lagerbestände

o Auswahl zuverlässiger Lieferanten (im Hinblick auf Teilequalität und Liefer-treue)

Technologie der Fertigungsverfahren I 1 5

' l Einführung in die Fert igungstechnik

1.6.5 Materialf luss(Flow of Material)

Der innerbetriebliche Materialfluss ist maßgebend für die Betriebsmittelanordnung,die Art und Menge der Fördermittel sowie die Lagereinrichtungen. Es ist zwischenqualitativem und quantitativem Materialfluss zu unterscheiden. Qualitativ beschreibtdie Beziehungen zwischen den Betriebsmitteln (2.B. Reihenfolgen und Abhängigkei-ten), quantitativ die Menge des zu bewegenden Materials.

Die Verteilung der Materialflusskosten auf die unterschiedlichen Kostenarten hängtunter anderem von der Fertigungsart ab. So spielen die Personalkosten und die Kos-ten der Kapitalbindung des Umlaufuermögens bei der Einzelfertigung eine viel größe-re Rolle als die Betriebsmittelkosten. Bei der Massenfertigung kehrt sich dieses Phä-nomen dagegen um.

1.6.6 Fertigungsprinzip(Man ufacturi ng Pri nciple)

Das Fertigungsprinzip wird auch als Organisationstyp der Fertigung bezeichnet. Ab-bildung 1.12 zeigt die Strukturierung der verschiedenen Prinzipien.

Abbildung 1. '1 2: Fert igungsprinzipien

Die Wahl des jeweils geeigneten Fertigungsprinzips hängt unter anderem von derProduktionsstückzahl, der zu fertigenden Varianten sowie von der Komplexität derFertigung ab.

Organisationstypender Produktion

Funktionsprinzip/Verrichtungsprinzip

Fhxibles Firti.gungssystem

Technologie der Fertigungsverfahren I 1 6

1 Einführung in die Fert igungstechnik

In Abbildung 1.12 nicht aufgeführt ist die Baustellenfertigung (Project Job), da dieseim Bereich des Maschinenbaus in der Regel nicht angewendet wird. Bei der Baustel-lenfertigung werden die Rohstoffe und Bauteile sowie die Fertigungs- und Montage-anlagen an den Ort gebracht, an dem das Endprodukt später betrieben werden soll.Es handelt sich dabei um stationäre Produkte wie bspw. Gebäude oder Großanla-gen, deren Transport praktisch unmöglich ist.

Bei der Werkstattfertigung (Job Shop) sind die Betriebsmittel nach dem Verrich-tungsprinzip angeordnet, d.h. es werden gleichartige Maschinen und Arbeitsplätzeorganisatorisch und örtlich zusammengefasst (Dreherei, Fräserei, ...).

f m Gegensalz dazu ist die Fließfertigung (Flow Production) durch einen einheitlichenMaterialfluss mit zeitl icher Kopplung gekennzeichnet. Die Anordnung der Betriebsmit-tel erfolgt in der Reihenfolge der auszuführenden Arbeitsschritte. Außerdem ist derDurchlauf des zu fertigenden Produkts zeitl ich so abgestimmt, dass zwischen deneinzelnen Stationen keine ablaufbedingten Wartezeiten auftreten.

Die jeweiligen Vor- und Nachteile der Werkstatt- und Fließfertigung sind in Abb. 1.13und 1.14 dargestel l t .

Ferti gungsprinzip. Werkstattfu rti g ung

Vorteile Nachteite

hohe Flexibilität bezüglich Anderung desProduktionsprogrammes nach Art und Menge

Auft ragsspitzen weitgehend problemlos

Einzel- und Serienfertigung möglich

gute Anpassungsfähigkeii an neueFabrikationsverfahren u nd qeänderteArbeitsablauffolgen

hoher Nutzungsgrad der Betriebsmittel beiUniversalität des Maschi nenparks

Redundanz bei Störungen

relativ geringe Fixkosten bei geringen bis mittlerenInvestitionskosten

leichte Abteilungsbildu ng

bei nicht anforderungsgerechterFertigungssteueru ng : lange Durchlaufzeiten,hohe Bestände, hohe Kapitalbindung,mangelnde Liefertreue. Gefahr vonKonventionalstrafen

mangelnde Ferti g u ng sira nspa renz

mittlerer bis hoher Flächenbedarf

lange Transportwege

hohe Transportkosten

nersonalintensiv

aufwend ige Fertig u ngs- und Tra nsportste uerung

meist qualifizierles Personal erforderlich

Abbildung 1 . 1 3: Werkstattfertigung

Technologie der Fertigungsverfahren I 1 7

1 Einführung in die Fert igungstechnik

Fertigu ngspriilzi p: Fl ießfertigu ng

Vorteile Nachteile

übersichtl icher Materialf luß

kurze Durchlaufzeiten

keine ba,v. geringe Bestände

Massenfertigung

kurze Transportwege

Personalbedarf mittel bis gering

Personalqualifikation n ied rig

einfache Feft i gungssteuerung

nur bedingt f lexibel gegenüberAnderungen desP roduktionsprogram mes

hohe Umstellkosten

störanfällig: bei Ausfall einer StationBlockade der gesamten Fertigung

i nfolgedessen hoher Instandhaltu ngs-und Wartungsaufwand

oftrnals Spezialmaschi nen

teilweise aufiruendi ge Fördertechnik

Abbi ldung 1.14: Fl ießfert igung

Als Mischform zwischen Werkstatt- und Fließfertigung kann die Zentrenproduktion(Cellular System) angesehen werden. Dabei wird versucht, einen optimalen Kom-promiss zwischen Flexibilität und kurzen Durchlaufzeiten zu erzielen. Die Betriebs-mittel werden dazu zu einer organisatorischen Einheit so zusammengefasst, dassdamit eine oder mehrere Teilefamilien produziert werden können. Die Vermeidungeiner völligen Arbeitsteilung erhöht die Flexibilität sowie Abwechslung der Tätigkei-ten. Wie in Abbildung 1.15 zu erkennen ist, lassen sich hiermit mittlere Losgrößenwirtschaftl ich fertigen.

Baustellenfertigung

Werkstattfertigung

Fertigungsinseln

Fließfertigung

Abbi ldung 1.15: Losgrößen

10.000

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1 Einführung in die Fertigungstechnik

1 .6 .7 Produktionsplanung und -steuerung(Production Planning and Control)

Die Produktionsplanung und -steuerung (PPS) beschäftigt sich mit der operativenzeit l ichen, mengenmäßigen und räumlichen Planung, Steuerung und Kontrol le derProduktion in einem Unternehmen.

Die Bestandteile der Produktionsplanung sind:

. Produktionsprogrammplanung: Hier wird festgelegt, welche Endprodukte inwelchen Stückzahlen und zu welchen Terminen fertig gestellt sein müssen(Primärbedarf).

. Mengenplanung: Ausgehend vom Primärbedarf werden bspw. anhand vonStücklisten der Sekundärbedarf (Zwischenprodukte) und der Tertiärbedarf(Rohstoffe/-materialien) ermittelt.

. Produktionsprozessplanung: Für die einzelnen Prozessschritte, die zur Ferti-gung der Zwischen- und Endprodukte notwendig sind, werden Losgrößen so-wie Termine festgelegt. Anschließend wird überprüft, ob die nötigen Kapazitä-ten zu den jeweiligen Zeitpunkten zur Verfügung stehen. lst dies nicht der Fallsind Anderungen in den vorhergehenden Planungsstufen notwendig . Zur Pro-duktionsprozessplanung gehört auch die Initi ierung von Beschaffungsvorgän-gen.

Unter Produktionssteuerung (oder Fertigungssteuerung) versteht man das Veranlas-sen, Überwachen und Sichern der Durchführung der freigegebenen Aufträge.

Die klassische Produktionsplanung und Steuerung arbeitet nach dem Push-prinzip,bei dem alle planerischen und steuernden Aufgaben durch zentrale Stellen über-nommen werden. Man spricht von Push-Prinzip, weil die zu fertigenden Aufträge indie Produktion geschoben werden. Zur Vermeidung von zu hohen oder zu niedrigenBeständen sowie langen Reaktionszeiten, ist in der Regel der Einsatz einer komple-xen Softwarelösung notwendig. Mitte des letzten Jahrhunderts wurde das MRp-Konzeptl entwickelt, um Bedarfe und Kapazitäten abzustimmen. Nach der Weiter-entwicklung dieses Konzeptes zu einem umfassenden PPS-System integrierte manimmer weitere Bereiche der Unternehmensorganisation in Planungs- und Steue-rungssoftware. Hierfür bildete sich in den 90er Jahren der Begriff ERP (EnterpriseRessource Planning). Ein Beispiel für ein solches softwarepaket ist SAp

' MRP stand zunächst für Material Requirements Planning, später dann Manufacturing ResourcePlanning.

Technologie der Fertigungsverfahren I 1 9

1 Einführung in die Fert igungstechnik

In Tabelle 1.2 sind die Nachteile eines klassischen PPS-Systems dargestellt.

Kennzeichen traditioneller PPS Auswirkungeno Zentralisierung

o Trennung von Planung und Durch-führung

. Kapazitätsorientierung

. Rückmeldeorient ierung(BDE)

o Funktionsorientierung mit großerSchnittstellenzahl

. Hohe Komplexität

. HoherSteuerungsaufwand

. Hohe Bestände (Produktion aufLager)

r Lange Durchlaufzeiten und gro-ße Losgrößen

. Geringe Lieferfähigkeit

. Verschwendung in Produktionund Ablauf

. Mangelnde Kundenorient ierung

o MangelndeFlexibi l i tät

Tabelle 1.2: Nachteile push-orientierter PPS

Zur Vermeidung der bei der klassischen PPS häufig entstehenden großen Lagerbe-stände (vor allem Zwischenlagerbestände) wird seit einiger Zeit vermehrt das in den1950erJahren in Japan entwickelte Jusf in Time-Konzept (JlT) angewendet. Ziel istes, Rohmaterial oder Vorprodukte genau zu dem Zeitpunkt bereitzustellen, d.h. fertigzu stellen bzw. liefern zu lassen, zu dem sie auch gebraucht werden. Um den Koor-dinierungsaufwand nicht weiter ansteigen zu lassen, wird in diesem Zusammenhangoft das Kanban-Prinzip eingesetzt.

Mittels Kanban2 löst der jeweilige Verbraucher einen Auftrag, mit einer meistens vor-definierten Menge und einem bestimmten Bestelltermin, aus. Der Erzeuger bzw. Zu-lieferer bringt diese dann zum geforderten Termin an den Besteller. Da hier eineverbrauchsorientierte Steuerung stattfindet, spricht man vom Pull-PrinzLp. Heutzutagewerden die Kanban-Karten teilweise durch elektronische Kanban-Systeme abgelöst.

' Kanban ist der japanische Begriff für Karte

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