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  • Das Evangelium des Lukas

    Das Evangelium des Lukas

    Wir haben in der Einleitung zu diesem Kapitel schon gesehen, da Lukas mit denWerken seiner Vorgnger nicht zufrieden war, sondern sie als unzureichende Ver-suche betrachtet hat. Seinen eigenen Entwurf hielt er fr wesentlich besser als denseiner Vorgnger. Ein Hauptgrund fr diese Selbsteinschtzung liegt darin, da seinAnsatz ein wesentlich umfassenderer war als der seiner Vorgnger: Lukas hat nicht wie manch ein moderner Autor seinem ersten Bestseller einen zweiten hinterherge-schickt, sondern ein einheitliches Werk konzipiert, das von Luk , bis Apg , (von [epeide. per] bis [akoly. tos]) reicht. Im Neuen Testament sind diebeiden zusammengehrigen Bcher auseinandergerissen, nachdem das vllig anders-artige Johannesevangelium dazwischen geschoben wurde. Diese bedauerliche Tren-nung hat sich nicht nur bis zum heutigen Tag gehalten die Kluft wird durch dieisolierte Auslegung jeweils eines der beiden Bcher in allen Kommentarreihen nochweiter vertieft.1

    Im Unterschied zu allen andern neutestamentlichen Schriften (doch vgl. immer-hin Apk ,) hat das lukanische Doppelwerk ein Promium in Luk , und eineErinnerung an dieses Promium zu Beginn der Apostelgeschichte. In diesem Promi-um legt Lukas darber Rechenschaft ab, wieso er berhaupt zur Feder gegriffen hatund was er mit seinem Werk bezweckt.2

    . Das Promium des Lukas in Luk ,

    Das Promium des Lukasevangliums ist auch auerhalb der Kommentare oft undbreit (neuerdings sogar in einer Monographie) diskutiert worden.3 Der Text lautet:

    Nachdem schon viele den Versuch un-ternommen haben,

    eine Erzhlung zusammenzustellen

    1 Das gilt in hnlicher Weise auch fr die einschlgigen Lehrveranstaltungen: Man findet Vor-lesungen beispielsweise zum Lukasevangelium oder zur Apostelgeschichte da in ein und derselbenVorlesung beide Bcher des Lukas behandelt werden, ist dagegen relativ selten. Ich habe in einer Greifs-walder Vorlesung im Wintersemester / den Versuch gemacht, das lukanische Doppelwerk alsGanzes zu behandeln. Teile aus dieser Vorlesung sind in die folgenden Ausfhrungen eingeflossen.

    2 Es handelt sich bei Luk , um das Promium des gesamten Werkes des Lukas, wie schonSchleiermacher in seiner Einleitung hervorhebt (Friedrich Schleiermacher: Einleitung ins Neue Testa-ment. Aus Schleiermachers handschriftlichem Nachlasse und nachgeschriebenen Vorlesungen, mit ei-ner Vorrede von Dr. Friedrich Lcke, herausgegeben von G. Wolde, Friedrich Schleiermachers smmt-liche Werke I , Berlin , S. ).

    3 Neben den Kommentaren ist zur Interpretation des Promiums des Evangeliums vor allemheranzuziehen:

    Eduard Meyer: Ursprung und Anfnge des Christentums. Bd. I: Die Evangelien, Stuttgart und Berlin, Kapitel I (Das Geschichtswerk des Lukas) und hier insbesondere S. (Die Vorrede).

    Henry J. Cadbury: Commentary on the Preface of Luke = Appendix C in: The Beginnings of Chri-stianity, Part I: The Acts of the Apostles, hg. v. F.J. Foakes Jackson und Kirsopp Lake, vol. II: Prolego-mena II: Criticism, London , S. .

  • Kapitel IX: Das Werk des Lukas

    ber die Dinge, die sich in unsrer Mitte, erfllt haben, wie uns berliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen (waren) , und Diener des Wortes geworden sind, schien es auch mir angebracht - nachdem ich allem von Anfang an genau nachgegangen war , , es dir Stck fr Stck aufzuschreiben, , bester Theophilos, damit du die Zuverlssigkeit der Leh- . ren erkennst, in denen du unterrichtet

    bist.

    Das Promium des Lukasevangeliums besteht aus einem einzigen Satz, der von v. bis v. reicht. Dabei handelt es sich um den sprachlich besten Satz, der Lukas in denvielen Kapiteln seines Werkes berhaupt gelungen ist.4 Dieses Promium unterschei-det das Werk schon rein uerlich von den andern kanonischen Evangelien: DerProlog erweist, da der Verfasser die bliche literarische Bildung der hellenistisch-rmischen Zeit besitzt und fr sein Werk einen Platz in der Literatur beansprucht.5

    Wir gehen dem nun in aller Krze nach. Nachdem schon viele den Versuch un-ternommen haben, eine Erzhlung zusammenzustellen ber die Dinge, die sich inunsrer Mitte erfllt haben . . . (v. ). Viele Vorgnger nennt Lukas, wir aber kennennur zwei oder drei (das Markusevangeliusm; die Spruchquelle; das lukanische Son-dergut, das allerdings seinerseits vielleicht wieder in mehrere Quellen zerfllt). Wertrotz vieler Vorgnger dasselbe noch einmal versucht, kann die Werke der Vorgn-ger nicht fr perfekt halten. Das bedeutet: Schon gleich zu Anfang kndigt sich einevorsichtige Kritik des Lukas an seinen Vorgngern an.

    Nach dem (polloi.) folgt das Prdikat (epechei.resan), sie haben den Versuchunternommen. Was will Lukas damit sagen? Cadbury mchte die Brisanz herunterspielen,indem er behauptet, da in der Verwendung dieses Wortes keinerlei negative Qualifikationmitschwingt: The other writers are mentioned as precedents rather than as failures.6

    Da Cadbury hier auf dem Holzweg ist, zeigt das Sprachgefhl keines geringeren als desOrigenes, der z.St. schreibt, es handle sich um apokryphe Schriften:

    Gnter Klein: Lukas , als theologisches Programm, in: Zeit und Geschichte. Dankesgabe anRudolf Bultmann zum . Geburtstag, Tbingen , S. .

    Loveday Alexander: The preface to Lukes Gospel. Literary convention and social context in Luke. and Acts ., MSSNTS , Cambridge .

    4 Cadbury (s. die vorige Anmerkung), S. , diskutiert das aus v. , das nicht streng at-tisch sei: But Luke, even in his best sentence, was not sensitive to this objection . . . .

    5 Eduard Meyer, a.(Anm. )a.O., S. . Vgl. auch Cadbury, a.a.O., S. : It is the only place inthe synoptic gospels where the consciousness of authorship is expressed . . .

    6 Cadbury, a.a.O., S. .

  • Das Evangelium des Lukas

    , Matthus nmlich hat nicht einen Versuchunternommen,

    , sondern geschrieben, was der Heilige Geistihm eingab,

    , .7

    in gleicher Weise auch Markus und Johannesund hnlich auch Lukas.

    Dagegen trfe die Formulierung des Lukas etwa auf das gypterevangelium und hnlicheMachwerke zu (Z. ff.). Ganz eindeutig versteht Origenes also das Prdikat (epechei.resan) in malam partem!

    Dem Origenes zum Trotz behauptet Theodor Zahn, sein des Origenes Verstndnis lassesich aus dem Sprachgebrauch nicht rechtfertigen er kann eben besser Griechisch als selbstOrigenes!7

    Was freilich den lukanischen Sprachgebrauch speziell angeht, so tuscht sich Zahn. Lukasverwendet dieses Verbum immer nur fr gescheiterte Versuche, was nun doch ein starkes Argu-ment fr das Verstndnis des Origenes ist. Ich fhre die Stellen in aller Krze vor. Es gibt imlukanischen Doppelwerk zwei weitere Vorkommen von (epicheirei.n): () Apg ,.Hier ist davon die Rede, da die Hellenisten den Paulus umbringen wollen. Dieser Versuchscheitert jedoch. Also ist unser Verbum hier von einem Versuch gebraucht, der nicht zum Zielfhrt. () Apg ,. Hier heit es: Es versuchten auch einige der herumziehenden jdischenExorzisten, ber die, welche die bsen Geister hatten, den Namen des Herrn Jesus zu nen-nen, indem sie sprachen: Ich beschwre euch bei Jesus, den Paulus verkndigt. Doch wiereagiert der auszutreibende Geist? Er sagt: Den Jesus zwar kenne ich, und mit Paulus bin ichbekannt aber was seid ihr denn fr welche? Und so endet ihr Versuch in , mit einer tch-tigen Tracht Prgel und einem etwas ungeordneten Rckzug der Herren. Auch hier handelt essich mithin um einen klar gescheiterten Versuch.

    Damit ergibt sich ohne weiteres: Sowohl in Apg , als auch in Apg , bezeichnet - (epicheirei.n) einen fehlgeschlagenen Versuch. So kann Klein im Hinblick auf Luk ,folgern, da [sich] fr unsere Stelle die Mglichkeit eines negativen Einschlages . . . zumin-dest nahelegen drfte.8 Lukas scheint also mit diesem Wort andeuten zu wollen, da er dieschriftstellerischen Versuche der [polloi.] fr unzureichend hlt.

    9

    Wenn diese Auslegung zutrifft, hlt Lukas die Versuche seiner Vorgnger also frunzureichend. Das wirft natrlich sogleich die Frage auf, was er denn besser machenwill, inwiefern er ber ihre Versuche hinauszukommen hofft. Auf diese Frage gibtLukas in v. eine Antwort: . . . schien es auch mir angebracht nachdem ich allemvon Anfang an genau nachgegangen war , es dir Stck fr Stck aufzuschreiben,bester Theophilos. Ich weise Sie zunchst darauf hin, da dies die einzige Stelle inden kanonischen Evangelien ist, an der der Verfasser in der . Person Singular von sich

    7 , ( , , Athen [die Ausgabefolgt dem Text von M. Rauer: Die Homilien zu Lukas in der bersetzung des Hieronymus und diegriechischen Reste der Homilien und des Lukas-Kommentars, GCS, Origenes Werke , Leipzig ],S. , Z. ).

    7 Theodor Zahn: Das Evangelium des Lucas. Erste Hlfte, Leipzig , S. .8 Gnter Klein, a.(Anm. )a.O., S. .9 Gnter Klein, a.a.O., S. f.

  • Kapitel IX: Das Werk des Lukas

    Abbildung IX.: Auch die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung . . .

    spricht (jedenfalls in der deutschen bersetzung erscheint diese; im griechischen Textimmerhin [e. doxe kamoi.]). Nirgendwo sonst in den Evangelien sprichtder Verfasser in dieser Weise ber sich selbst. Manchen Textzeugen erschien dies sounglaublich oder doch ungewhnlich, da sie sich zu der Ergnzung et spiritui sanctoveranlat sahen.10

    Dieser Schriftsteller, der sich da zu Wort meldet, will sich von seinen Vorgn-gern unterscheiden, indem er sie schon rein stofflich bertrifft. Er ist allem genaunachgegangen und schreibt es auf. Wenn Sie das Lukasevangelium mit Markus ver-gleichen, sehen Sie, da dies zutrifft: ber die von uns so genannte Vorgeschichteerfahren wir bei Markus nichts. Er erzhlt weder die Vorgeschichte der Geburt Je-

    10 Vgl. den Apparat zur Stelle (die Zeugen sind b q vgmss) sowie Apg ,: .

    Das wird der Selbsteinschtzung des Lukas jedoch nicht gerecht. Treffend wird diese in der oben ab-gebildeten Karikatur gekennzeichnet: Lukas versteht sich als Autor dem der Lektor in der Karikaturfreilich keine groe Zukunft prophezeit. Es handelt sich dabei um eine Karikatur aus der FrankfurterAllgemeinen Sonntagszeitung Nr. vom . Mrz . Auf S. findet sich der Artikel Die Schat-tenmnner. Keiner kennt ihre Namen, aber ohne sie entsteht kein gutes Buch: Lektorinnen und Lekto-ren sind die Helden der Leipziger Buchmesse, dem diese Karikatur als Aufmacher dient.

    Das Exemplar der Zeitung wurde am . Mrz am Flughafen von Izmir erstanden, bei strmen-dem Regen nach Aphrodisias transportiert und dort in dem unvergelichen Ambiente des AphrodisiasHotel bei klirrender Klte und in feuchter Atmosphre von mir studiert. Trotz sintflutartiger Regenfl-le ber Wochen ist es mir gelungen, die Karikatur trocken bis nach Hause zu befrdern.

  • Das Evangelium des Lukas

    su, noch die Weihnachtsgeschichte, noch die vom Zwlfjhrigen usw. Das bedeutet:Lukas fhrt schon am Anfang seines Evangeliums weit ber Markus hinaus.11 Dasvon Anfang an in unserm Vers erhlt so ein besonderes Gewicht. In bezug auf denAnfang ist Lukas berzeugt, seine Vorgnger weit zu bertreffen.

    Man knnte nun diesen stofflichen Aspekt durch das ganze Evangelium hindurchverfolgen: Der Vergleich mit Markus erweist den Anspruch des Lukas auch im fol-genden als berechtigt. Doch mag das auf sich beruhen. Denn das spektakulrste Plus,das den Lukas nicht nur von allen seinen Vorgngern, sondern auch von allen seinenNachfolgern unterscheidet, ist ja sein zweites Buch, das in der christlichen Literaturohne Parallele ist: Nie hat der Verfasser eines Evangeliums diesem ein zweites Buchhinterhergeschickt. Dies tat nur Lukas. Die Formulierung im Promium hinsicht-lich der Dinge, die sich unter uns erfllt haben, bezieht sich dem entsprechend nichtnur auf das Leben Jesu, sondern auch auf die Zeit der Kirche, die im zweiten Buchgeschildert wird.12

    Verbleibt noch das (kra. tiste Theo. phile) zu erklren. Das luka-nische Doppelwerk ist, dem stndigen Brauch der hellenistischen Literatur entspre-chend, einem befreundeten Gnner gewidmet.13 Die antiken Ausleger haben hu-fig die Person des Theophilos in eine Fiktion auflsen wollen. Jeder Freund ([phi.los]) Gottes ( [theou. ]), also Gott-Freund ( [Theo. philos]) sei hierdurch den Verfasser angesprochen. Dies halte ich fr eine verfehlte Interpretation.14

    Vielmehr bin ich mit Eduard Meyer der Auffassung: Der anderweitig nicht bekann-te Adressat Theophilos ist ein Mann von angesehener sozialer Stellung, und erhltdaher das ehrende Beiwort [kra. tistos].15 Eduard Meyer weist in diesemZusammenhang auf eine Parallele hin, die dem lukanischen Doppelwerk sowohl in

    11 Vgl. dazu Gnter Klein: Schaltet Lukas seinem Evangelium den groen Komplex der Kind-heitsgeschichten vor, so greift er damit auf Material zurck, das nach seiner eigenen Bestimmung desApostolischen dem Augenzeugnis der Apostel gar nicht offenstand (a.a.O., S. ). Die lukanischeDefinition fr Apostel findet sich in Apg ,: Deren Augenzeugenschaft erstreckt sich zurckbis zur Taufe des Johannes; was davor liegt, ist fr Lukas spezifisch.

    12 Die Formulierung geht keineswegs allein auf dieGeschichte Christi, sondern auch auf den nach der Himmelfahrt im Kreise der Jnger Geschehene,wie schon Schleiermacher hervorhebt (Friedrich Schleiermacher, a.[Anm. ]a.O., S. ).

    13 Eduard Meyer, a.(Anm. )a.O., S. .14 Vgl. schon Cadbury: In view of the prevalence of the name Theophilus there seems little reason

    to accept the suggestion that Theophilus here is the typical lover of God. The custom of dedicatingbooks to individuals, real persons more or less intimately known by the author, is also against thisexplanation. The early Christian Fathers, who were used to the wordplay on personal names from theOld Testament, with their own delight in allegory, found in this name an irresistable temptation to drawa moral instead of acknowledging their ignorance about the identity of Theophilus. But their exampleis not one for modern students to follow (Cadbury, a.[Anm. ]a.O., S. ).

    15 Eduard Meyer, a.a.O., S. . Diese Anrede ist bekanntlich bei der fortschreitenden Ausbildungder Beamtenhierarchie und des Titelwesens etwa seit Kaiser Marcus das officielle Attribut der ritterli-chen Procuratoren geworden, als bersetzung von vir egregius; in lterer Zeit, wo die Abstufung nochnicht durchgefhrt war, wird es in weit umfassenderer Weise gebraucht, so auch fr Senatoren (ebd.).

  • Kapitel IX: Das Werk des Lukas

    zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht nahesteht. Dabei handelt es sich um einWerk des jdischen Historikers Flavius Josephus, der ein Zeitgenosse des Lukas ge-wesen ist. Dieses Werk trgt den Titel Contra Apionem und ist einem Epaphroditosgewidmet, den Josephus in seinem Promium zum ersten Buch (Contra Apionem be-steht auch dies eine Parallele zum lukanischen Werk aus zwei Bchern) ebenfallsmit (kra. tiste andro. n Epaphro. dite) anredet; zu An-fang des zweiten Buches sagt er vertraulicher [timio. tate.moi Epaphro. dite], und am Schlu einfach , [soi. de. , Epaphro. dite].Ebenso hat Lukas zu Anfang des zweiten Buchs den Titel weggelassen und sich mit [o. Theo. phile] begngt.16

    Die Absicht, die er mit seinem Werk verfolgt, bringt Lukas in dem vierten und letz-ten Vers des Promiums zum Ausdruck: . . . damit du die Zuverlssigkeit der Lehrenerkennst, in denen du unterrichtet bist. Der entscheidende Punkt fr die Interpre-tation dieses Verses liegt darin, da Lukas nicht nur den (polloi.) gegenberkritisch ist, sondern er ist ebenso kritisch gegen das vorauszusetzende Wissen seinesLesers, das noch der [aspha. leia] entbehrt.17

    Wir kommen hier noch einmal auf den in v. erwhnten Theophilos zurck, dain v. ber ihn gesagt wird, er sei in den Lehren unterrichtet ( [kateche. -thes]). Meist versteht man das in dem Sinne, da Theophilos Christ sei.18 TheodorZahn in seinem Lukaskommentar bestreitet dies jedoch. Die Anwendung des Ti-tels (kra. tiste) in v. erlaube vielmehr mit Sicherheit den Schlu, daTheophilus zur Zeit noch kein Glied einer christlichen Gemeinde war. Es fehlt inder christlichen Literatur bis in den Anfang des . Jahrhunderts jedes Beispiel dafr,da Christen untereinander einen auch nur irgend vergleichbaren Titel gebrauchthtten.19

    Diese Debatte ist nicht nur von akademischem Interesse, sondern sie ist von Be-deutung fr die gattungsgeschichtliche Einordnung des lukanischen Doppelwerkes.

    16 Eduard Meyer, ebd. Die Belegstellen bei Josephus sind: Contra Apionem I ; II und II .Gnter Klein, der sonst so akribische, meint dieses Problem mit einigen schwammigen Bemerkungen

    (S. ) erledigen zu knnen. Diese gipfeln in dem Ergebnis: Unter diesem Gesichtspunkt ist esgleichgltig, ob es sich bei Theophilus um eine historische Figur handelt oder nicht. Die auf Origeneszurckgehende symbolische Deutung scheint jeder historisierenden jedenfalls darin berlegen, da siedie Dedikation aus kompositorischer Absicht des Lukas zu verstehen sucht (Klein, S. ). Ich habebei der ersten Lektre des Kleinschen Aufsatzes an dieser Stelle absurd an den Rand geschrieben undkann diese Marginalie nun allenfalls mit einem Ausrufezeichen ergnzen!

    17 Gnter Klein, a.a.O., S. .18 So beispielsweise Eduard Meyer: Natrlich ist er Christ, in den Lehren unterrichtet (a.a.O.,

    S. ).19 Theodor Zahn: Das Evangelium des Lucas. Erste Hlfte, Leipzig , S. . hnlich auch Cad-

    bury, der am Schlu seiner Interpretation des Promiums meint: If so, Theophilus was not a catechu-men but an influential non-Christian (cf. above on ), to whom this work is nominally dedi-cated or addressed with the intention of meeting incriminating reports or impressions by the presenta-tion of exonerating facts (a.a.O., S. ) so ein Bldsinn (sit venia verbo!).

  • Das Evangelium des Lukas

    Zahn zieht aus seiner Interpretation des Verses nmlich die weitreichende Konse-quenz, die Schrift des Lukas sei lediglich zur persnlichen Belehrung des Theophilosbestimmt gewesen und nur nebenbei, gewissermaen per nefas, an die ffentlichkeitgedrungen eine Anschauung, die B und Z fr die verunglckte Hypotheseeiner doppelten Redaktion des Werks durch Lukas selbst verwerten: die eine stammeaus seiner Kladde (oder nach Z aus einer spteren Durchsicht seines Originalma-nuskripts), die andere aus der Theophilos bersandten Reinschrift.20

    Davon aber kann keine Rede sein, wenn Theophilos, der Widmungsempfnger,schon Christ ist. In diesem Fall zielt das Werk des Lukas auf die christliche Gemeindeund nur auf diese. Da man sich auch an die Heidenwelt wenden knnte, ist denAutoren des Neuen Testaments noch nicht in den Sinn gekommen. Dies ist eineEntwicklung der spteren Zeit, des zweiten Jahrhunderts, wo sich zum ersten MalChristen mit apologetischen Schriften an die Heidenwelt wenden.21

    Da Theophilos schon Christ ist und Lukas auf ein christliches Publikum zielt,kann man nach meinem Urteil sinnvollerweise nicht bestreiten. So kommt auchLoveday Alexander in ihrer Monographie ber das Promium des Lukas zu demErgebnis, da Lukas is not writing for complete outsiders, but for a group in whichhis vague phrases (the matters which have come to fruition in our midst, the thingsin which you have been instructed) would be immediately understood. Theophilusabove all, we must presume, knows what to expect; he had received some kind ofinformation about all this.22

    Beide Tatbestnde sind dann dahingehend miteinander zu verbinden, da der Le-ser sein unzureichendes Wissen eben aus den unzureichenden Werken der Vorgngerhat. Erst auf Grund eines die in V. genannten Bedingungen erfllenden Werkeswird die bisher unerreichbare [aspha. leia] mglich.23

    Hier ergibt sich dann das theologische Problem der lukanischen Konzeption:Greift Lukas hier auf profane Stilmittel zurck, so dient ihm der damit verbun-dene Verzicht auf eine lingua Christiana gerade als Ausdruckselement fr die objek-tive Verifizierbarkeit der Glaubensinhalte. Zugespitzt lt sich sagen: Eben mittelsdes Verzichts auf spezifisch christliche Formulierungen bringt Lukas das spezifische

    20 Eduard Meyer, a.a.O., S. f.21 Vgl. schon Eduard Meyer, a.a.O., S. : Lukas hat . . . nur Leser im Auge, die Christen sind

    oder wenigstens dem Christentum nicht fern stehn und dafr gewonnen werden knnen: es ist einBuch fr die christliche Gemeinde, nicht fr die Heidenwelt, wie die Schriften der Apologeten. Gleichdas Prooemium ist so gefat, da ein nichtorientierter Heide es nicht verstehn kann. Durchweg setzt erBekanntschaft mit der heiligen Schrift und den jdischen Anschauungen und Institutionen voraus, undin seinem Stil hat er die Anlehnung an die Septuaginta nicht nur nicht vermieden, sondern geradezugesucht, und viele seiner Erzhlungen sind nach dem Vorbild der griechischen Bibel gestaltet.

    22 Loveday Alexander, a.(Anm. )a.O., S. . Zu vgl. noch ihre Ausfhrungen aufS. und f.

    23 Gnter Klein, a.a.O., S. .

  • Kapitel IX: Das Werk des Lukas

    Glaubensinteresse wie es sich fr ihn darstellt derart massiert zur Geltung, dader Prolog geradezu die lukanische Theologie in nuce reprsentiert.24

    Die Kritik an den (polloi.) geht dahin, da diese (polloi.) sich mitder (dihe. gesis) der Augenzeugen zufriedengegeben haben. Aufgabe ist aber,zu den Tatsachen selbst vorzustoen: Wer nicht tendenziell zu den Tatsachen selbstvorstt, bleibt grundstzlich der Unsicherheit verhaftet. Darum setzt Lukas seinenVorgngern gegenber noch einmal neu an, indem er in programmatischer Diffe-renzierung zu ihnen (V. ) mittels eigenverantwortlicher historischer Rckfrage dieTatsachen [, pra. gmata] selbst zu erheben trachtet.25

    V. sagt faktisch ja nichts anderes, als da in dieser traditionsgeschichtlichenSituation Heilsgewiheit bis jetzt unerschwinglich war. Demnach kommt dem dieHeilsgewiheit von neuem ermglichende lukanischen Werk ein exzeptioneller theo-logischer Rang zu.26

    . Der Aufbau des Evangeliums

    Man kann leicht die groen Teile voneinander abheben und erhlt dann eine ber-sicht ber den Inhalt des Evangeliums im groben:

    . , Das Promium. ,, Die Kindheitsgeschichten. ,, Die Vorbereitung. ,, Jesu Wirksamkeit in Galila. ,, Jesus auf dem Weg nach Jerusalem. ,, Passion und Ostern

    Was zunchst die Kindheitsgeschichten angeht, so sind diese sowohl nach obenals auch nach unten klar abgegrenzt: Mit , beginnt eine Reihe von Synchronismen,die sich zu Beginn des Kapitels und des Kapitels fortsetzen; sie sind ein Charakte-ristikum des Lukasevangeliums. , wiederum ist ein klarer Neueinsatz.

    Dieser Teil des Lukasevangeliums geht vollkommen auf lukanisches Sondergutzurck; wir finden hier also weder Perikopen aus Markus noch solche aus Q.

    Die Gliederung der Kindheitsgeschichten ergibt sich wie folgt:

    I. Vorgeschichte der Geburt des Johannes und der Geburt Jesu

    . Die Geburt des Johannes wird angekndigt (,)

    . Die Geburt Jesu wird angekndigt (,)

    . Der Besuch der Maria bei Elisabeth (,)

    24 Ebd.25 Gnter Klein, a.a.O., S. .26 Ebd.

  • Das Evangelium des Lukas

    II. Geburt und Kindheit des Johannes und Geburt und Kindheit Jesu

    . Die Geburt des Johannes (,)

    . Die Beschneidung des Johannes (,)

    . Die Geburt Jesu (,)

    . Die Beschneidung Jesu (,)

    . Der zwlfjhrige Jesus im Tempel (,)

    Auch die Vorbereitung kann man als klar abgegrenzten Teil des Evangeliums aus-sondern: Da in , ein Neueinsatz vorliegt, haben wir vorhin schon gesehen. Bleibtalso nur die Frage zu klren, wie weit der hier beginnende Abschnitt reicht. Werdie griechische Ausgabe des Textes zur Hand hat, sieht, da Aland einen Einschnittnach , annimmt. Dieser Einschnitt ist wohlbegrndet, da mit v. die Versu-chungsgeschichte beendet ist und in v. die Wirksamkeit Jesu beginnt, nherhindie Wirksamkeit in Galila.27 In v. folgt das erste Beispiel fr diese Wirksamkeit,die sogenannte Antrittspredigt in Nazareth.

    In diesem Teil des Evangeliums finden sich sowohl Perikopen aus Markus, als auchsolche aus Q; daneben auch lukanisches Sondergut wie beispielsweise die Standespre-digt des Tufers. Die Gliederung ergibt sich folgendermaen:

    . Johannes der Tufer (,)

    . Die Predigt des Tufers (,)

    . Die Gefangennahme des Tufers (,)

    . Die Taufe Jesu (,)

    . Der Stammbaum Jesu (,)

    . Die Versuchung in der Wste (,).

    Wer diese Gliederung aufmerksam ins Auge fat, dem fllt auf, da Lukas dieTaufe Jesu (,) nach der Gefangennahme des Tufers einordnet schon von derGliederung her ein bemerkenswertes Phnomen!

    * * *Damit kommen wir zu Jesu Wirksamkeit in Galila. Schon im ersten Vers diesesTeils des Evangeliums, in ,, ist der Schauplatz Galila genannt. Hier begegnetauch das lukanische Lieblingswort (hype. strepsen): Jesus kehrt in der Kraft

    27 Der v. hat auch eine besondere theologische Bedeutung: Hier beginnt die satanslose Zeit,die bis , reicht.

  • Kapitel IX: Das Werk des Lukas

    des Geistes nach Galila zurck. Dort liegt das Bettigungsfeld fr diesen Teil desEvangeliums. Er endet in ,, wo der Blick auf Jerusalem gelenkt wird.28

    ,a Reise nach Galila Mk ,a

    ,b Wirksamkeit in Galila Mk ,b

    , Predigt in Nazareth vgl. Mk ,a

    , Lehrvortrag in der Synagoge zu Kapernaum Mk ,

    , Heilung des Besessenen in der Synagoge Mk ,

    , Heilung der Schwiegermutter des Petrus Mk ,

    , Heilungen am Abend Mk ,

    , Jesus verlt Kapernaum Mk ,

    , Reisettigkeit (in Juda!) Mk ,

    , Der Fischzug des Petrus Lukas-Sondergut

    , Heilung des Ausstzigen Mk ,-

    , Heilung des Gelhmten Mk ,

    , Berufung des Levi, Zllnermahl Mk ,

    , Die Fastenfrage, Gleichnisantworten Mk ,

    , Das hrenraufen am Sabbat Mk ,

    , Heilung der verdorrten Hand am Sabbat Mk ,

    , Auswahl der Zwlf Mk ,

    , Summarium Mk ,

    28 Ein Problem bildet ,, wo von einer Reisettigkeit in Juda (!) die Rede ist. Die Parallelebei Mk (,) hat Galila (so auch Mt ,). Wieso hat also Lukas hier Juda? Man lasse folgendeAusfhrungen auf sich wirken: This can hardly [!] refer to the southern district of Judaea, as distinctfrom Galilee (pace Conzelmann, ); it is improbable [in der Tat] that a ministry in the south shouldbe interpolated here . . . [Mit Schrmann ist vielmehr anzunehmen] that Judaea here means Palestineas a whole including Galilee . . . (I. Howard Marshall: The Gospel of Luke, The New InternationalGreek Testament Commentary, Exeter , S. ).

    Dagegen Hans Conzelmann (Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas, BHTh , Tbin-gen , S. ): Jesus kann bei Lukas ohne weiteres zwischen Galila und Juda hin- und herwech-seln, ohne da dabei an Jerusalem-Reisen Johanneischen Stils gedacht ist. Die Stelle , wird verstnd-lich, ebenso die Tatsache, da zwischen dem Aufenthalt in Galila, ,ff., und der Ankunft vor Jeru-salem kein bergang markiert ist. Die beliebte, aber nicht zu beweisende Annahme eines doppeltenGebrauchs von Juda (in einem engeren und einem weiteren Sinne) wird einfach berflssig, sobaldbeide Gebiete aneinander grenzen. Sie sind in der Vorstellung des Lukas geographisch-vlkisch-religiseine Einheit; politisch sind sie gegliedert in die rmische Prokuratur und die Herrschaft des Herodes.

  • Das Evangelium des Lukas

    An diesem ersten Teil der Tabelle kann man sehr schn die Arbeitsweise des Lukasbeobachten. Er verwendet seine Quellen blockweise: Hier haben wir einen Block,den Lukas aus dem Markusevangelium bernommen hat (einzige Ausnahme: ,).Hinzu kommt die Beobachtung, da Lukas die Reihenfolge der Stcke, die er ausder Vorlage bernimmt, nicht ndert, sondern durchweg beibehlt. Das ist ein Ph-nomen, das bei der Rekonstruktion der Logienquelle von nicht zu unterschtzenderBedeutung ist.

    * * *Wir knnen diese Aufstellung hier nicht bis zum Ende des Evangeliums fortsetzen(das wrde die Seitenzahl dieses Kapitels ins Unermeliche anschwellen lassen!); ichrate Ihnen aber, einmal selbst fr die folgenden Stcke eine solche Tabelle zu erstellen.Als nchstes begegnet uns die sogenannte kleine Einschaltung ; das ist der Name frdas Stck ,,, in dem Lukas den Markus-Faden verlt, um Stoffe aus Q undaus seinem Sondergut einzufgen. In ,, folgt dann wieder ein Markus-Block(bei Markus handelt es sich um das Stck von , bis ,).

    Darauf folgt die lukanische Lcke: Die Passage Mk ,, fehlt bei Lukas vllig.Von ,, folgt dann wieder Markus-Stoff.

    Wir werfen abschlieend einen Blick auf die Reise nach Jerusalem. Den einlei-tenden Vers , haben wir schon erwhnt. Mit , beginnt die sogenannte groeEinschaltung, einer langen Passage, die bis , reicht und nur aus Q-Stcken undSondergut besteht. Erst in , nimmt Lukas den Markus-Faden dann wieder auf.

    * * *Die brigen Einleitungsfragen, die fr das Lukasevangelium zu diskutieren wren,also die Frage nach dem Verfasser, nach der Zeit und dem Ort der Abfassung desWerks, vertagen wir bis zum nchsten Paragraphen: Wir werden sie im Zusammen-hang mit der Apostelgeschichte errtern. Dieses Vorgehen ist sachgem, weil dieApostelgeschichte fr die Beantwortung dieser Fragen wesentlich mehr konkrete An-haltspunkte bietet als das Evangelium.

    . Literatur29

    Einfhrungen zum Lukasevangelium

    Walter Radl: Lukasevangelium, RGG (), Sp. .

    Peter Pilhofer: Lukasevangelium, http://www.neutestamentliches-repetitorium.de.

    29 Bitte beachten Sie: Hier wird nur die Literatur angefhrt, die sich speziell mit dem Evangeliumdes Lukas beschftigt. bergreifende Titel, die das lukanische Werk als ganzes ins Auge fassen, sind erstim Literaturverzeichnis zur Apostelgeschichte am Ende dieses Kapitels verzeichnet.

  • Kapitel IX: Das Werk des Lukas

    Kommentare in chronologischer Folge

    Julius Wellhausen: Das Evangelium Lucae, bersetzt und erklrt von J. W., Berlin ; wie-der abgedruckt in: ders.: Evangelienkommentare. Mit einer Einleitung von Martin Hengel,Berlin/New York .

    Theodor Zahn: Das Evangelium des Lucas. Erste Hlfte, KNT III , Leipzig .

    Theodor Zahn: Das Evangelium des Lucas. Zweite Hlfte, KNT III , Leipzig /.30

    I. Howard Marshall: The Gospel of Luke. A Commentary on the Greek Text, The New Inter-national Greek Testament Commentary o. Nr., Exeter .

    Joseph A. Fitzmyer: The Gospel According to Luke. Introduction, Translation and Notes, BandI und II, AncB .A, New York und .

    Eduard Schweizer: Das Evangelium nach Lukas, NTD , Gttingen .

    Wolfgang Wiefel: Das Evangelium nach Lukas, ThHK , Berlin .

    Franois Bovon: Das Evangelium nach Lukas, . Teilband. Lk ,,, EKK III , Zrich/Neukirchen-Vluyn .

    Franois Bovon: Das Evangelium nach Lukas, . Teilband. Lk ,,, EKK III , Zrich/Dsseldorf/Neukirchen-Vluyn .

    Franois Bovon: Das Evangelium nach Lukas, . Teilband. Lk ,,, EKK III , Zrich/Dsseldorf/Neukirchen-Vluyn .

    Karl Lning: Das Geschichtswerk des Lukas, Band I: Israels Hoffnung und Gottes Geheimnis-se, UB , Stuttgart .

    Karl Lning: Das Geschichtswerk des Lukas, Band II: Der Weg Jesu, UB , Stuttgart .

    Hans Klein: Das Lukasevangelium, KEK I , Gttingen .

    Michael Wolter: Das Lukasevangelium, HNT , Tbingen .

    Sonstige Literatur (alphabetisch)

    Loveday Alexander: The preface to Lukes Gospel. Literary convention and social context inLuke . and Acts ., MSSNTS , Cambridge .

    Reinhard von Bendemann: Zwischen und . Eine exegetische Untersuchung derTexte des sogenannten Reiseberichts im Lukasevangelium, BZNW , Berlin/New York.

    Lukas Bormann: Recht, Gerechtigkeit und Religion im Lukasevangelium, StUNT , Gttin-gen .

    Georg Braumann [Hg.]: Das Lukas-Evangelium. Die redaktions- und kompositionsgeschichtli-che Forschung, WdF , Darmstadt .

    Bernhard Heininger: Metaphorik, Erzhlstruktur und szenisch-dramatische Gestaltung in denSondergutgleichnissen bei Lukas, NTA , Mnster .

    Joachim Jeremias: Die Sprache des Lukasevangeliums. Redaktion und Tradition im Nicht-Mar-kusstoff des dritten Evangeliums, KEK Sonderband, Gttingen .

    30 Beide Bnde des Zahnschen Kommentars sind als Nachdruck in einem Band verfgbar: Theo-dor Zahn: Das Evangelium des Lucas. Mit einem Geleitwort von Martin Hengel, Wuppertal .

  • Die Apostelgeschichte

    Gnter Klein: Lukas , als theologisches Programm, in: Zeit und Geschichte. Dankesgabean Rudolf Bultmann zum . Geburtstag, Tbingen , S. .

    Gerd Petzke: Das Sondergut des Evangeliums nach Lukas, ZBK o. Nr., Zrich .

    Walter Radl: Der Ursprung Jesu. Traditionsgeschichtliche Untersuchungen zu Lukas , Her-ders biblische Studien , Freiburg .

    Martin Rese: Das Lukas-Evangelium. Ein Forschungsbericht, ANRW II , (), S. .

    Tim Schramm: Der Markus-Stoff bei Lukas, MSSNTS , Cambridge .

    Wolfgang Stegemann: Zwischen Synagoge und Obrigkeit. Zur historischen Situation der luka-nischen Christen, FRLANT , Gttingen .

    Die Apostelgeschichte

    Wir haben zu Beginn dieses Kapitels gesehen, da Lukas sich von allen andern Evan-gelisten dadurch unterscheidet, da er seinem Evangelium ein zweites Buch hinzu-fgt. In seinem Promium gibt er zu erkennen, da er mit den Werken seiner Vor-gnger nicht zufrieden ist.1 Was immer er in seinem Evangelium besser macht alsseine Vorgnger das entscheidende Plus ist sein zweites Buch, das den Rahmen derfrheren Evangelien bei weitem sprengt. Behandeln die andern Evangelien das Le-ben Jesu also je nach Chronologie den Verlauf eines oder mehrere Jahre , so reichtdas Werk des Lukas von den Tagen des Herodes (vgl. Luk ,) bis in die Regierungs-zeit des Kaisers Nero, d.h. von v.Chr. bis zur Haft des Paulus in Rom Anfang dersechziger Jahre n.Chr.

    Einfhrende Charakterisierung

    Ohne die Apostelgeschichte des Lukas wre eine Darstellung der Geschichte des fr-hen Christentums so gut wie unmglich. Htten wir dieses Werk des Lukas nicht, sowren die Nebel, die Ursprung und Anfnge des Christentums verbergen, auf weiteStrecken vllig undurchdringlich. Aus dieser Perspektive geurteilt, ist die Apostelge-schichte die wichtigste Einzelschrift im Neuen Testament berhaupt. D.h. wir knn-ten auf jede einzelne Schrift aus dem Neuen Testament eher verzichten als auf dieApostelgeschichte.

    Das Merkwrdigste an der Apostelgeschichte ist die Tatsache, da es sie berhauptgibt. Keiner der Evangelistenkollegen des Lukas ist je auf die Idee gekommen, sei-nem Evangelium ein zweites Buch hinterherzuschicken. Das mit Recht so genanntelukanische Doppelwerk ist daher im Neuen Testament ohne Parallele. Dies ist nichtnur eine bibelkundliche Feststellung, sondern ein Sachverhalt von einer nicht zu un-terschtzenden theologischen Bedeutung, wird hier doch der Zeit Jesu die Zeit der

    1 Zum Promium des Lukas im Evangelium , vgl. die eingehende Diskussion oben in diesemKapitel, Paragraph , S. .