6 Wahrscheinlichkeitsrechnung
6.1 Grundbegriffe
Ziel der Wahrscheinlichkeitsrechnung ist die Analyseeiner stochastischen Situation. Grundlage ist die Mo-dellierung von Zufallsvorgängen.
Zwei Fragen:
• Was kann alles passieren?
• Mit welcher Wahrscheinlichkeit passiert diesoder jenes?�
�
�
�Ein Zufallsvorgang führt zu einem von mehreren,sich gegenseitig ausschließenden Ergebnissen. Es istvor der Durchführung ungewiss, welches Ergebnistatsächlich eintreten wird.��
��
Ein Zufallsexperiment ist ein Zufallsvorgang, derunter kontrollierbaren Bedingungen wiederholbarist.
Idee:Ein „Ergebnis“ ω ∈ S tritt ein, zufallsgesteuert.
Die (nichtleere) Menge S aller möglichen Ergebnisseheißt Ergebnisraum oder Ereignisraum.
Beispiele:Lose ziehen (auf Kirmes)
S = {Niete, Trostpreis, Teddy, Ferrari}
Nächstes Spiel eines Fußballvereins
S = {Gewinn, Niederlage, Unentschieden}
Ein Münzwurf
S = {Kopf,Zahl}={+1,−1}={0, 1}
Würfel
S = {1, 2, 3, 4, 5, 6}
Einarmiger Bandit
S = {(z1, z2, z3)|zi ∈ {Glocke, Krone, Apfel}}
2 Würfel (Monopoly, Backgammon, . . . )
S = {(1, 1), (1, 2), (2, 2), (2, 3), . . . , (6, 6)}
Beispiele (Fortsetzung):
Ziehung der Lottozahlen(vereinfacht, ohne Zusatzzahl)
S = {{z1, . . . , z6}|zi = zj 1 ≤ zi ≤ 49}
n Münzwürfe
S = {ω = (z1, . . . , zn)|zi ∈ {K,Z}}
Anzahl Schadensmeldungen, die bei einer Versiche-rung in einem bestimmten Monat eingehen
S = {0, 1, 2, . . . }
Anzahl Unfälle auf einer bestimmten Kreuzung
S = {0, 1, 2, . . . }
Beispiele (Fortsetzung):
Pfeilwurf auf Zielscheibe (mit Radius 20cm)
S = {alle Punkte in einer Kreisscheibe mit Radius 20cm}
={(x, y)|x2 + y2 ≤ 202} ⊂ R2
Drehen eines Glücksrads/Flaschendrehen
S = {Winkel von 0 bis 360◦}=[0, 360)
„Random-Taste“ auf Ihrem Taschenrechner
S = {Zufallszahlen im Einheitsintervall}=[0, 1]
Aktienkurs
S = {Möglicher Tages-Verlauf der VW-Aktie morgen}
= {Alle „Pfade“ ausgehend von heutigem Schlusskurs}
Die letzten Beispiele zeigen:Oft ist das Eintreten jedes einzelnen Ergebnissessehr, sehr unwahrscheinlich (z.B.: einen festen Punktauf der Zielscheibe treffen).
⇒ Diskussion von Wahrscheinlichkeiten nicht auf derEbene der Ergebnisse, sondern auf der Ebene der Er-eignisse A ⊂ S.�
�
�
�Eine Teilmenge A des Ergebnisraums S heißt Er-eignis.Wir sagen: „A tritt ein“, wenn ein Ergebnis ω ∈ A
eintritt.��
��einzelnes Ergebnis ω ∈ S ⇔ Elementarereignis A =
{ω}
Beispiele:Ein Münzwurf:
A = „Kopf liegt oben“
= {K} ⊂ S = {K,Z}
1 Würfel:
A = „Eine 6 wird gewürfelt“ = {6} ⊂ {1, 2, 3, 4, 5, 6}B = „Eine gerade Zahl wird gewürfelt“ = {2, 4, 6}C = „Mehr als 4 wird gewürfelt“ = {5, 6}
Beispiele (Fortsetzung):2 Würfel:
A = „Pasch gewürfelt“
B = „Doppelsechs“
C = „Keine 4 dabei“
Einarmiger Bandit:
A = „Hauptgewinn“
= {„Automat zeigt 3 Kronen“}= {(Krone,Krone,Krone)}
Glücksrad / Flaschendrehen:
A = „Glücksrad bleibt in bestimmtem Sektor stehen“
= „Flasche zeigt auf bestimmte Person“
= {Winkel ∈ [α, α]}
Zielscheibe:
A = „Pfeil trifft ins Schwarze“
= {(x, y)|x2 + y2 ≤ 1}B = „Pfeil landet im äußeren Ring“
= {(x, y)|182 < x2 + y2 ≤ 202}
Beispiele (Fortsetzung):Schadensmeldungen / Unfälle:
A = „kein Schaden“
= {0} ⊂ N
B = „höchstens 4 Schäden“
C = „Mehr als 100 Schäden“
Aktienkurs:
A = „Schlusskurs ist größer als Ausgangskurs“
B = „mehr als 3% zugelegt“
6.2 Mengen und Ereignisse��
��x ∈ A: „x ist ein Element der Menge A“.
x ∈ A: „x ist kein Element der Menge A“.�� ��A ⊂ B: A ist Teilmenge von B; x ∈ A ⇒ x ∈ B.��
��
Die Schnittmenge A ∩ B ist die Menge aller Ele-mente, die sowohl in A als auch in B sind;A ∩B = {x : x ∈ A und x ∈ B}��
��
Die Vereinigungsmenge A∪B ist die Menge allerElemente, die in A oder B sind;A ∪B = {x : x ∈ A oder x ∈ B}.��
��
Die Differenzmenge A\B ist die Menge aller Ele-mente, die in A aber nicht in B sind;A\B = {x : x ∈ A und x ∈ B}.��
��
Für A ⊂ S ist die Komplementärmenge A von A
bzgl S die Menge aller Elemente von S, die nicht inA sind. (Andere Notation: Ac, {A.)��
��Die Potenzmenge P(S) ist die Menge aller Teil-
mengen von S; P(S) = {M |M ⊂ S}.��
��Die Mächtigkeit (Kardinalität) von S ist die An-
zahl der Elemente in S; #S = #{x : x ∈ S}.
Rechenregeln für Mengen
(Veranschaulichung im Venn-Diagramm)
• Kommutativgesetz:A ∩B = B ∩A
A ∪B = B ∪A
• Assoziativgesetz:(A ∩B) ∩ C = A ∩ (B ∩ C)
(A ∪B) ∪ C = A ∪ (B ∪ C)
• Distributivgesetz:(A ∪B) ∩ C = (A ∩ C) ∪ (B ∩ C)
(A ∩B) ∪ C = (A ∪ C) ∩ (B ∪ C)
• De Morgansche Regeln:(A ∪B) = A ∩ B
(A ∩B) = A ∪ B
• Aus A ⊂ B folgt B ⊂ A.
• Für die Differenzmenge A\B gilt:A\B = A ∩ B.
Ein Ereignis ist jede beliebige Teilmenge des Er-eignisraumesBeispiel:Zufallsexperiment: einmaliges Werfen eines W�urfelsEreignis A: \Werfen einer geraden Augenzahl") A= f2;4;6gSicheres Ereignis SEreignis, das als Ergebnis des Zufallsexperimentseintreten mu�Unm�ogliches Ereignis ;Ereignis, das im Ergebnis des Zufallsexperimentesauf keinen Fall eintreten kann
[email protected] 6–10
Komplement�arereignisMenge s�amtlicher Elementarereignisse des Ereig-nisraumes S, die nicht im betrachteten Ereignisenthalten sindA Ereignis�A Komplement�arereignis zu A�S = ;Beispiel:Zufallsexperiment: einmaliges Werfen eines W�urfelsEreignis A: \Werfen einer geraden Augenzahl"A= f2;4;6g�A= f1;3;5g
[email protected] 6–11
Venn-Diagramm:
[email protected] 6–12
Relationen und Operationen vonEreignissenA zieht B nach sich: A � BWenn bei der Realisierung gegebener Bedingun-gen, bei der das Ereignis A eintritt, stets auchdas Ereignis B eintritt, so sagt man A zieht Bnach sich. A ist eine Teilmenge von B.
� A und B sind gleichwertig (�aquivalent), wennA � B und B � A: A � [email protected] 6–13
Vereinigung von Ereignissen (logische Summe)Die Vereinigung zweier Ereignisse A und B ist dieMenge aller Elementarereignisse, die zu A oder Bgeh�oren: A [B = C
� A [BVerallgemeinerungEreignisse: A1; A2; : : : ; AnA1[A2[ : : :[An = n[[email protected] 6–14
Durchschnitt von EreignissenDer Durchschnitt von A und B ist die Menge allerElementarereignisse, die sowohl zu A als auch zuB geh�oren: A \B = C
� A \BVerallgemeinerungEreignisse: A1; A2; : : : ; AnA1\A2\ : : :\An = n\[email protected] 6–15
Disjunkte EreignisseZwei Ereignisse A und B hei�en disjunkt, wenn ihrgleichzeitiges Eintreten unm�oglich ist:A \B = ;
Stets disjunkt:� A und �A : A \ �A = ;� A und ; : ; \A= ;
[email protected] 6–16
Logische Di�erenz von EreignissenEreignis C, das darin besteht, da� das EreignisA eintritt, w�ahrend das Ereignis B nicht eintritt:AnB = C = A \ �B
Beispiel:Zufallsexperiment: einmaliges Werfen eines W�urfelsA= f1;2;3g, B = f3;4g) AnB = C = f1;2g, BnA = [email protected] 6–17
Zerlegung des Ereignisraumes SEin System von Ereignissen A1; A2; : : : ; An hei�teine Zerlegung von S, wenn die Relationen� Ai 6= ;, (i = 1;2; : : : ; n)� Ai \ Ak = ;, f�ur i 6= k, disjunkt� A1 [A2 [ : : : [An = Sgelten und eines der Ereignisse bei einem Zufalls-experiment eintreten mu�Beispiel:Zufallsexperiment: Werfen eines W�urfelsS = f1;2;3;4;5;6gA1 = f1g A2 = f3;4g A3 = f1;3;4gA4 = f5;6g A5 = f2;5g A6 = f6gZerlegung von S: A1; A2; A5; A6A1 \A2 = ; A1 \A5 = ; A1 \A6 = ;A2 \A5 = ; A2 \A6 = ; A5 \A6 = ;A1 [A2 [ A5 [A6 = [email protected] 6–18
Zerlegung des Ereignisraumes SEin System von Ereignissen A1; A2; : : : ; An hei�teine Zerlegung von S, wenn die Relationen� Ai 6= ;, (i = 1;2; : : : ; n)� Ai \ Ak = ;, f�ur i 6= k, disjunkt� A1 [A2 [ : : : [An = Sgelten und eines der Ereignisse bei einem Zufalls-experiment eintreten mu�Beispiel:Zufallsexperiment: Werfen eines W�urfelsS = f1;2;3;4;5;6gA1 = f1g A2 = f3;4g A3 = f1;3;4gA4 = f5;6g A5 = f2;5g A6 = f6gZerlegung von S: A1; A2; A5; A6A1 \A2 = ; A1 \A5 = ; A1 \A6 = ;A2 \A5 = ; A2 \A6 = ; A5 \A6 = ;A1 [A2 [ A5 [A6 = [email protected] 6–19
ZusammenfassungBeschreibung des zugrunde-liegenden Sachverhaltes Bezeichnung (Sprech-weise) Darstellung� A tritt sicher ein A ist sicheres Ereignis A = S� A tritt sicher nicht ein A ist unm�ogliches Ereig-nis A = ;� wenn A eintritt, tritt B ein A ist Teilmenge von B A � B� genau dann, wenn A eintritt,tritt B ein A und B sind �aquivalen-te Ereignisse A � B� wenn A eintritt, tritt B nichtein A und B sind disjunkteEreignisse A \ B = ;� genau dann, wenn A eintritt,tritt B nicht ein A und B sind komple-ment�are Ereignisse B = �A� genau dann, wenn minde-stens ein Ai eintritt(genau dann, wenn A1 oderA2 oder : : : eintritt), tritt AeinA ist Vereinigung der Ai A =SiAi
� genau dann, wenn alle Aieintreten(genau dann, wenn A1 undA2 und : : : eintreten), tritt AeinA ist Durchschnitt derAi A =TiAi
[email protected] 6–20
6.3 Wahrscheinlichkeiten�
�
�
�
Vor der Durchführung eines Zufallsvorgangs ist esungewiss, welches Ereignis eintritt. In der Wahr-scheinlichkeitsrechnung wird nun die Chance für dasEintreten eines bestimmten Ereignisses A ⊂ S durcheine Zahl, die „Wahrscheinlichkeit“ P [A], bewer-tet.
Problem: Wie kommt man zu Wahrscheinlichkeiten?
1) Klassischer Wahrscheinlichkeitsbegriff(Laplace-Wahrscheinlichkeiten)Bei „fairen“Würfeln, Glücksrädern, Münzen,Lotto-Ziehungsgeräten, etc., gilt
• S = {ω1, . . . , ωN} ist endlich
• Alle Ergebnisse sind gleichwahrscheinlich
⇒ Die Wahrscheinlichkeit von A ⊂ S ergibt sichdurch Abzählen:
P [A] =Anzahl der Elementarereignisse in A
Anzahl der Elementarereignisse in S
Beispiel: Würfel, A =”gerade Augenzahl
⇒ P [A] = 3/6 = 1/2
[email protected] 6–21
2) Objektiver (statistischer) Wahrscheinlichkeits-begriffWahrscheinlichkeiten ergeben sich als Grenzwert derrelativen Häufigkeit eines Ereignisses A ⊂ S
• n-malige Wiederholung des interessierenden Zu-fallsexperiments ⇒ relative Häufigkeit fn(A)
• Feststellung: Für n → ∞ stabilisieren sich die re-lativen Häufigkeiten erfahrungsgemäß um einenfesten Wert. Dieser Wert entspricht der Wahr-scheinlichkeit P [A]
Beispiel: n = 100, 1000, 10000, . . . mal würfeln. Bei ei-nem fairen Würfel stabilisieren sich die relativen Häu-figkeiten von A =„gerade Augenzahl“ um P [A] = 1/2.
3) Subjektive WahrscheinlichkeitenSubjektive Wahrscheinlichkeiten geben persönliche Ein-schätzungen wider.Beispiele: Ihre Einschätzung der Chance, die KlausurStatistik II zu bestehen; Konjunkturprognose durcheinen Sachverständigen
[email protected] 6–22
1. Beispiel:Stabilisierung der relativen Häufigkeiten beim wieder-holten Wurf einer fairen Münze.
n h(„Kopf“) f(„Kopf“)
10 7 0,700
20 11 0.550
40 17 0,425
60 24 0,400
80 34 0,425
100 47 0,470
200 92 0,460
400 204 0,510
600 348 0,580
800 404 0,505
1000 492 0,492
2000 1010 0,505
3000 1530 0,510
4000 2032 0,508
5000 2515 0,503
[email protected] 6–23
2. Beispiel:Stabilisierung der relativen Häufigkeiten beim wieder-holten Wurf eines fairen Würfels.
n = 20 Würfe n = 200 Würfe
1 2 3 4 5 6
0.05
0.1
0.15
0.2
0.25
1 2 3 4 5 6
0.05
0.1
0.15
n = 2.000 Würfe n = 20.000 Würfe
1 2 3 4 5 6
0.025
0.05
0.075
0.1
0.125
0.15
0.175
1 2 3 4 5 6
0.025
0.05
0.075
0.1
0.125
0.15
[email protected] 6–24
3. Beispiel:
Man betrachte ein Land mit N = 82.000.000 Bürge-rinnen und Bürgern.
• 41.820.000 Frauen ⇒ Anteil = 51%
• 40.180.000 Männer ⇒ Anteil = 49%
• Zufallsexperiment: Ziehen eines zufällig ausgewähl-ten Individuums (⇒ 82.000.000 mögliche Elemen-tarereignisse
Frage: Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A („Frau“)?
P [A] =41.820.000
82.000.000= 0.51
Wiederholtes Ziehen von n = 10, 100, 1000, ... Indi-viduen: Mit wachsendem n nähert sich fn(A) immerstärker der Wahrscheinlichkeit P [A] an.
Vollerhebung: fN (A) = P [A]
[email protected] 6–25
6.4 Wahrscheinlichkeitsverteilungen
Ziel: Unabhängig von der Art des Wahrscheinlich-keitsbegriffs entwickeln wir einen Apparat, mit demwir die Ausgänge eines Zufallsvorgangs quantifizierenkönnen. Wir legen hier nur fest, welche EigenschaftenWahrscheinlichkeiten haben müssen und wie wir mitihnen rechnen dürfen.
Jede „sinnvolle“ Zuordnung von Wahrscheinlichkeitenfür Ereignisse A,B ⊂ S besitzt z.B. folgenden Eigen-schaften:0 ≤ P [A] ≤ 1
P [S] = 1
A ⊂ B ⇒ P [A] ≤ P [B]
P [A] = 1− P [A]
P [A ∪ B] = P [A] + P [B], falls A und B nicht gleich-zeitig eintreten können.
Die von Wahrscheinlichkeiten zu fordernden Eigen-schaften sind in den „Axiomen“ des russischen Ma-thematikers Kolmogoroff zusammengefasst.
Alle zum Umgang mit Wahrscheinlichkeiten wich-tigen Rechenregeln lassen sich aus diesen Axio-men [email protected] 6–26
Gegeben: Diskreter Ereignisraum S = {ω1, ω2, . . .}
Ein Wahrscheinlichkeitsmaß P ist eine Abbildung,die allen Ereignissen A eines Zufallsvorgangs eine ZahlP [A] zuordnet, und die folgenden Bedingungen (Ei-genschaften, Axiome) genügt:�
�
�
�
Axiom 1:Die Wahrscheinlichkeit P [A] eines Ereignisses A isteine eindeutig bestimmte Zahl mit
0 ≤ P [A] ≤ 1 (Nichtnegativität)��
��
Axiom 2:
P [S] = 1 (Normierung)�
�
�
�
Axiom 3: (Additivität)Sind A1, A2, . . . , Ak, . . . paarweise disjunkt, danngilt Für disjunkte Ereignisse (A ∪B = ∅) gilt
P [A1∪A2∪. . .∪Ak . . .] = P [A1]+P [A2]+. . .+P [Ak]+. . .
(S,P[S], P ) heißt dann ein (diskreter) Wahrschein-lichkeitsraum und P heißt (diskrete) Wahrschein-lichkeitsverteilung.
Falls S endlich ist, S = (ω1, . . . , ωN ), sprechen wir voneinem endlichen Wahrscheinlichkeitsraum.
[email protected] 6–27
S : „Was kann alles passieren?“genauer: „Welche Ereignisse sind modelliert?“
P : „Mit welcher Wahrscheinlichkeit treten die Ereig-nisse ein?“
Rechenregeln:
• P [S] = 1, P [∅] = 0
• P [A] ≤ P [B], falls A ⊂ B
• P [A] = 1− P [A] mit A = S\A
• P [A1∪A2∪. . .∪Ak] = P [A1]+P [A2]+. . .+P [Ak],falls A1, A2, . . . , Ak paarweise disjunkt
• P [A\B] = P [A]− P [A ∩B]
• Additionssatz:
P [A ∪B] = P [A] + P [B]− P [A ∩B]
[email protected] 6–28
Beispiele:
1. Fairer Würfel:
• Elementarwahrscheinlichkeiten:
p1 = P [{1}] = 1
6= p2 = · · · = p6
• Wahrscheinlichkeit eine gerade Zahl zu würfeln:
P [„Gerade Zahl“ ] = P [{2, 4, 6}]
= p2 + p4 + p6 =1
6+
1
6+
1
6=
1
2
• Wahrscheinlichkeit eine ungerade Zahl zu würfeln:
P [„Ungerade Zahl“ ] = P [{1, 3, 5}]
= p1 + p3 + p5 =1
2= 1− P [„Gerade Zahl“ ]
• Wahrscheinlichkeit mehr als 4 zu würfeln:
P [„Mehr als 4“ ] = P [{5, 6}]
= p5 + p6 =1
6+
1
6=
1
3
[email protected] 6–29
2. Gefälschter Würfel:
• Elementarwahrscheinlichkeiten:
p1 =1
12, p2 = p3 = p4 = p5 =
1
6, p6 =
1
4
• Wahrscheinlichkeit eine gerade Zahl zu würfeln:
P [„Gerade Zahl“ ] = P [{2, 4, 6}]
= p2 + p4 + p6 =1
6+
1
6+
1
4=
7
12
• Wahrscheinlichkeit eine ungerade Zahl zu würfeln:
P [„Ungerade Zahl“ ] = P [{1, 3, 5}]
= p1 + p3 + p5 =5
12= 1− P [„Gerade Zahl“ ]
• Wahrscheinlichkeit mehr als 4 zu würfeln:
P [„Mehr als 4“ ] = P [{5, 6}]
= p5 + p6 =1
6+
1
4=
5
12
[email protected] 6–30
3. Warten auf die erste Zahl beim wiederholtenWurf einer fairen Münze:
• Elementarwahrscheinlichkeiten:P [„Zahl im 1. Versuch“ ] = 1
2 =: p1
P [„Zahl erst im 2. Versuch“ ] = 14 =: p2
P [„Zahl erst im 3. Versuch“ ] = 12 · 1
2 · 12 = 1
8 =: p3
P [„Zahl erst im kten Versuch“ ] =(12
)k=: pk
Probe:∞∑k=1
pk =∞∑k=1
(1
2
)k
= 1 (Geometr. Reihe)
• Wahrscheinlichkeit für eine gerade Anzahl von Ver-suchen:P [„Gerade Anzahl Versuche“ ]
= p2 + p4 + p6 + · · · =∞∑k=1
(1
2
)2k
=1
4
1
1− 14
=1
3
• Wahrscheinlichkeit für eine ungerade Anzahl vonVersuchen:P [„Ungerade Anzahl Versuche“ ]
= 1− 1
3=
2
3= p1 + p3 + p5 + · · ·
[email protected] 6–31
Allgemeine Wahrscheinlichkeitsräume
Wenn der Grundraum nicht diskret ist, können dieWahrscheinlichkeiten von Ereignissen nicht mehr durchSummieren von Elementarwahrscheinlichkeiten berech-net werden.
Betrachtet man z.B. den Pfeilwurf auf eine Zielschei-be, so ist die Trefferwahrscheinlichkeit für jeden festgewählten, einzelnen Punkt der Scheibe gleich 0. Da-mit kann die Wahrscheinlichkeit für „einen Treffer insSchwarze“ nicht als Summe der Elementarwahrschein-lichkeiten aller Punkte „im Schwarzen“ erhalten wer-den.
Anmerkung: Bei nicht diskreten Räumen ist weiterhin zubeachten, dass es aus mathematischen Gründen nicht mög-lich ist, allen denkbaren Mengen A ⊂ S Wahrscheinlich-keiten zuzuweisen und gleichzeitig zu verlangen, dass dieRechenregeln für Wahrscheinlichkeiten weiter gelten. AlsAusweg betrachtet man eine Kollektion von Mengen, dieabgeschlossen ist unter mengentheoretischen Operationen(„σ-Algebra“). Nur noch den in der Kollektion enthaltenenEreignissen wird eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet. Allein der Praxis relevanten Mengen wie z.B. Intervalle, Qua-drate, Rechtecke, Kreise, Kreissektoren, Kreisringe, usw.,sind i. Allg. in einer solchen Kollektion enthalten.
[email protected] 6–32
6.5 Laplace-Modell��
��
Annahmen im Laplace-Modell:• S endlich, S = {ω1, . . . , ωN}
• Alle Elementarereignisse gleichwahrscheinlich
⇒ Elementarwahrscheinlichkeiten:
pk = P [{ωk}] =1
N=
1
#Sfür alle k = 1, . . . , N
⇒ Berechnung der Wahrscheinlichkeit von A:
P [A] =∑ωk∈A
pk = #{ωk|ωk ∈ A} · 1
N
=#{ωk|ωk ∈ A}
#S
=Anzahl der für A günstigen Fälle
Anzahl aller Fälle
Beispiele: Fairer Würfel, faire Münze.
2 faire Würfel: P [„Pasch“ ] = 636 = 1
6
Kompliziertere Modelle (z.B. Wahrscheinlichkeit fuer3,4,5,6 Richtige beim Lotto)⇒ geschicktes Abzählen: Kombinatorik.
[email protected] 6–33
6.6 Zufallsstichproben und Kombina-torik
Gegeben: Grundgesamtheit bestehend aus N Elemen-ten {e1, . . . , eN}
Beispiele: Urne bestehend aus 49 Kugeln (Lotto-zahlen), Gesamtheit aller Studenten in Bonn,...
Wir betrachten nun Stichproben, die durch zufälli-ge Ziehung von n Elementen der Grundgesamtheitentstehen
Beispiele: Ziehung der Lottozahlen, Erstellung einerZufallsstichprobe von Bonner Sudenten zu statisti-schen Zwecken
In vielen Fällen interessiert man sich dabei für dieWahrscheinlichkeit eine bestimmte Stichprobe zuziehen. Diese hängt ab von der Gesamtzahl dermöglichen Stichproben in Abhängigkeit von der Artund Weise des Ziehungsvorgangs. und erfordert dieAnwendung von kombinatorischen Überlegun-gen.
[email protected] 6–34
Modell mit Zurücklegen
�
�
�
�Grundgesamtheit aus N Elementen; n voneinanderunabhängige Ziehungen jeweils eines zufälligen Ele-ments ( nach jeder Ziehung wird das gezogene Ele-ment wieder in die Grundgesamtheit zurückgelegt).
�� ��Anzahl der möglichen Stichproben: Nn
Grundgesamtheit aus N = 3 Elementen {a, b, c}Stichproben des Umfangs n = 2: {a, a}, {a, b}, {a, c},{b, a}, {b, b}, {b, c}, {c, a}, {c, b}, {c, c}
Jede dieser Stichproben wird mit der gleichen Wahr-scheinlichkeit (1/9) gezogen
��
��
Stichproben, die durch unabhängiges Ziehen mit Zu-rücklegen aus einer Grundgesamtheit entstehen, hei-ßen einfache Zufallsstichproben.
[email protected] 6–35
Die Antwort auf die Frage des Chevalier de Méré:
Was ist wahrscheinlicher: Aus 4 Würfen mindestenseine „6“ oder aus 24 Würfen mindestens eine „Dop-pelsechs“ zu erhalten?
Fall 1: Mindestens eine 6 aus 4 Würfen
• Gesamtzahl aller möglichen Stichproben (= Er-gebnisse der 4 Würfe): 64
• Gesamtzahl aller möglichen Stichproben (= Er-gebnisse der 4 Würfe), die keine 6 enthalten: 54
⇒ P [„mindestens eine 6 aus 4 Würfen“ ]
= 1− P [„keine 6 aus 4 Würfen“ ]
= 1− 54
64≈ 0, 5177
Analog: P [„mindestens eine Doppelsechs aus 24 Würfen“ ]
= 1− P [„keine Doppelsechs aus 24 Würfen“ ]
= 1− 3524
3624≈ 0, 4914
(An der kleinen Differenz der Wahrscheinlichkeitensieht man, dass der Chevalier de Meré ein äußerst eif-riger Spieler gewesen sein muss, um den Unterschiedam Spieltisch wahrzunehmen.)
[email protected] 6–36
Modell ohne Zurücklegen
�
�
�
�
Grundgesamtheit aus N Elementen; n aufeinan-derfolgende Ziehungen jeweils eines zufälligen Ele-ments. Nach jeder Ziehung wird das gezogene Ele-ment nicht wieder in die Grundgesamtheit zurück-gelegt).
Grundgesamtheit aus N = 3 Elementen {a, b, c}6 Stichproben des Umfangs n = 2 bei Ziehen ohneZurücklegen: {a, b}, {a, c}, {b, a}, {b, c}, {c, a}, {c, b}
Jede dieser Stichproben ist gleichwahrscheinlich (1/6).
Anmerkung: Beim Modell ohne Zurücklegen sinddie einzelnen Ziehungen nicht unabhängig vonein-ander; das Resultat einer Ziehung beeinflusst diemöglichen Ergebnisse jeder weiteren Ziehung
[email protected] 6–37
�
�
�
�
Modell ohne ZurücklegenAnzahl der möglichen Stichproben vom Umfang n:
N · (N − 1) · (N − n+ 1) =N !
(N − n)!
�
�
�
�
FakultätDie Fakultät einer natürlichen Zahl k ist definiertdurch
k! = k · (k − 1) · (k − 2) · . . . · 2 · 1
Es gilt1! = 1, 0! = 1
Beispiele:2! = 2
3! = 6
4! = 24
10! = 3628800
20! = 2432902008176640000
[email protected] 6–38
Permutationen�
�
�
�
Grundgesamtheit aus N Elementen; durch N -maliges zufälliges Ziehen ohne Zurücklegen werdennacheinander alle Elemente der Grundgesamtheitgezogen.Die resultierenden Stichproben (Permutationen) un-terscheiden sich nur in der Reihenfolge der Ele-mente.
Anwendungsbeispiel: Auslosung der Startreihenfol-ge bei einem Sportereignis mit N teilnehmendenSportlern.
N = 3 Elementen {a, b, c} 6 mögliche Permutationen:{a, b, c}, {a, c, b}, {b, a, c}, {b, c, a}, {c, a, b}, {c, b, a}
Jede Permutation ist gleichwahrscheinlich (1/6)
��
��
Anzahl möglicher Permutationen bei N Objekten:
N !
[email protected] 6–39
Modell ohne Zurücklegen und ohne Berück-sichtigung der Reihenfolge�
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Grundgesamtheit aus N Elementen; durch zufälli-ges Ziehen ohne Zurücklegen werden nacheinandern Elemente gezogen.Keine Berücksichtigung der Reihenfolge; zwei Stich-proben sind äquivalent, wenn sie die gleichen Ele-mente entahlten.�
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Anzahl der möglichen Stichproben vom Umfang n
(jeweils gleichwahrscheinlich):(N
n
)�
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BinomialkoeffizientDer Binomialkoeffizient
(Nn
)ist definiert als(
N
n
)=
N !
(N − n)! · n!
Es gilt (N
0
)= 1,
(N
1
)= N,
(N
N
)= 1,(
N
n
)= 0 falls N < n
[email protected] 6–40
Anwendungsbeispiel: Ziehung der Lottozahlen.
Bei der Ziehung der Lottozahlen handelt es sich umein Beispiel für ein Modell ohne Zurücklegen undohne Berücksichtigung der Reihenfolge. Die Stich-probe
4, 7, 11, 13, 26, 28
wird nicht unterschieden von der Ziehung
11, 26, 13, 28, 4, 7
Es gibt also(49
6
)=
49!
(43)! · 6!= 13983816
Möglichkeiten 6 Lottozahlen aus 49 Kugeln zu ziehen
⇒ Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte (getippte)Kombination die richtige ist:
P [”6 Richtige”] =1
13983816= 0, 000000072
[email protected] 6–41
Wahrscheinlichkeit für 3, 4, 5, 6 Richtige?
Modell ohne Zurücklegen, Reihenfolge irrelevant
⇒ alle Ziehungen gleichwahrscheinlich
⇒ Laplace-Modell
P [„6 Richtige“] =1(496
) =1
13.983.816≈ 0, 000000072
P [„3 Richtige“] =#{„3 Richtige und 3 Falsche“}
#{Alle möglichen Tipps}
=
(63
)(49−66−3
)(496
) = ...
P [„k Richtige“] =#{„k Richtige und 6− k Falsche“}
#{Alle möglichen Tipps}
=
(6k
)(49−66−k
)(496
)
[email protected] 6–42
Anmerkungen:
In der Sprache der Kombinatorik werden Zusam-menstellungen (Ziehungen) von n Elementen, diesich unter Berücksichtigung der Reihenfolge erge-ben, als Variationen bezeichnet
Zusammenstellungen (Ziehungen) von n Elemen-ten, die ohne Berücksichtigung der Reihenfolge er-geben, werden Kombinationen genannt
Anzahl Stichproben beim Modell mit Zurücklegenund ohne Berücksichtigung der Reihenfolge (Kom-bination mit Wiederholung):(
N + n− 1
n
)Vorsicht: Stichproben nicht gleichwahrscheinlich
[email protected] 6–43
6.7 Bedingte Wahrscheinlichkeiten undUnabhängigkeit
Bei manchen Problemen der Wahrscheinlichkeitsrech-nung betrachtet man das Eintreten von Ereignissen inAbhängigkeit von bestimmten anderen Ereignissen.
Beispiel: Ein Unternehmen stellt 2000 Teile auf zweiMaschinen her.
• 1400 Teile werden auf Maschine 1 hergestellt.Davon sind 1162 Teile fehlerfrei.
• 600 Teile werden auf Maschine 2 produziert.Hiervon sind 378 Teile fehlerfrei.
A ={Teil ist fehlerfrei}
B ={Teil auf Maschine 1 hergestellt}
C ={Teil auf Maschine 2 hergestellt}
[email protected] 6–44
fehlerfrei = A mit Fehlern = A
Maschine 1 = B 1162 238 1400
Maschien 2 = C 378 222 600
1540 460 2000
P [A] =1540
2000= 0, 77
P [B] =1400
2000= 0, 7
P [A ∩B] =1162
2000= 0, 581
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufälligentnommenes fehlerfreies Teil auf Maschine 1 herge-stellt wurde?
P [B|A] = P [A ∩B]
P [A]=
0, 581
0, 77= 0.7545
[email protected] 6–45
Bedingte Wahrscheinlichkeit
Wollen definieren: Wahrscheinlichkeit von A, ange-nommen B tritt ein. (B ist „neuer“ Grundraum)
Bezeichnung: P [A|B]
�
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�
Definition: [bedingte Wahrscheinlichkeit]Man betrachte Ereignisse A,B ⊂ S mit P [B] > 0.Die bedingte Wahrscheinlichkeit von A gege-ben B wird definiert durch
P [A|B] :=P [A ∩B]
P [B]
P [·|B] als Funktion der Ereignisse A heisst bedingteWahrscheinlichkeitsverteilung bzgl B.
Bedingte Wahrscheinlichkeiten sind wiederum Wahr-scheinlichkeiten im Sinne der Axiome von Kolmogoroff(alle Rechenregeln für „normale“ Wahrscheinlichkeitensind erfüllt).
[email protected] 6–46
Unabhängigkeit�
�
Definition: [Unabhängige Ereignisse]Ein Ereignis A ist dann von einem Ereignis B sto-chastisch unabhängig, wenn das Eintreten des Er-eignisses A von dem Eintreten oder Nichteintretendes Ereignisses B nicht abhängt.
P [A|B] = P [A] P [B|A] = P [B]
P [A ∩B] = P [A]P [B]
Bemerkung: unabhängig ist nicht gleichbedeutendmit disjunkt
Beispiel:Zwei Ereignisse: A und B mit P [A] > 0, P [B] > 0
P [A ∩B] = ∅ ⇒ P [A ∩B] = 0
aber: P [A ∩B] = 0 = P [A]P [B]
[email protected] 6–47
Beispiel 1:
Zweimaliges Werfen eines Würfels
A = {„Im ersten Wurf eine 6“}B = {„Im zweiten Wurf eine 6“}
P [B|A] = P [B] =1
6, A und B sind unabhängig
Beispiel 2: Augenfarbe und Intelligenz
A = {„Hohe Intelligenz“}, B = {„Blaue Augen“}
Vierfeldertafel der Wahrscheinlichkeiten in einer Po-pulation:
IQ\Augen B (blau) B (nicht blau) Summe
A P [A ∩B] = 0.1 P [A ∩ B] = 0.4 P [A] = 0.5
A P [A ∩B] = 0.1 P [A ∩ B] = 0.4 P [A] = 0.5
Summe P [B] = 0.2 P [B] = 0.8 P [S] = 1
P [A ∩B] = P [A] · P [B] = 0.1,P [A ∩ B] = P [A)] · P [B] = 0.4
⇒ A und B sind unabhängig,
[email protected] 6–48
Verallgemeinerung auf mehr als zwei Er-eignisse�
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Multiplikationssatz:Für Ereignisse A1, . . . , An
P [A1 ∩ . . . ∩An] = P [A1)] · P [A2|A1]
· P [A3|A1 ∩A2] · · ·
· P [An|A1 ∩ . . . ∩An−1]
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Unabhängigkeit:Die Ereignisse A1, . . . , An heißen stochastisch unab-hängig, wenn für jede Auswahl Ai1 , . . . , Aim mitm ≤ n gilt
P [Ai1 ∩ . . . ∩Aim ] = P [Ai1 ] · P [Ai2 ] · · ·P [Aim ]
[email protected] 6–49
6.8 Totale Wahrscheinlichkeit und dasTheorem von Bayes
Beispiel: [Weinkeller]
• Qualitätswein, Kabinett, Spätlese: 5:3:2
• Weißweinanteil: 1/5, 1/3 bzw. 1/4
Wahrscheinlichkeit für Weinsorten
A1 = { Qualitätswein } P [A1] = 0, 5
A2 = { Kabinett } P [A2] = 0, 3
A3 = { Spätlese } P [A3] = 0, 2
⇒ vollständige Zerlegung von S
A1 ∪A2 ∪A3 = S
A1 ∩A2 = ∅, A1 ∩A3 = ∅, A2 ∩A3 = ∅,
Frage: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für EreignisB, eine ausgewählte Flasche ist „Weißwein“?
P [B|A1] =1
5
P [B|A2] =1
3
P [B|A3] =1
4
[email protected] 6–50
A
A B
AA
Qualitätswein
KabinettA SpätleseA
1
1
2
23
3
BB
Vorgehen: A1.A2, A3 bilden eine vollständige Zerle-gung des Grundraums S
⇒ B = (B ∩A1) ∪ (B ∩A2) ∪ (B ∩A3)
P [B] =P [(B ∩A1) ∪ (B ∩A2) ∪ (B ∩A3)]
=P [(B ∩A1)] + P [(B ∩A2)] + P [(B ∩A3)]
=P [B|A1]P [A1] + P [B|A2]P [A2]
+ P [B|A3]P [A3]
=1
5· 12+
1
3· 3
10+
1
4· 2
10
=1
4
[email protected] 6–51
Totale Wahrscheinlichkeit�
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Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit:Seien A1, . . . , Ak Ereignisse, die eine Zerlegungvon S bilden, d.h. es gilt: Ai ∩ Aj = ∅, i = j, undA1 ∪A2 ∪ · · · ∪Ak = S.Dann folgt für ein Ereignis B ⊂ S:
P [B] = P [A1 ∩B] + P [A2 ∩B] + . . .+ P [Ak ∩B]
=k∑
i=1
P [Ai ∩B]
=
k∑i=1
P [B|Ai] · P [Ai].
[email protected] 6–52
Beispiel: [Weinkeller (Fortsetzung)]
Weitere mögliche Fragestellung:Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit P [A1|B] dafür,daß eine zufällig ausgewählte Weißweinflasche Quali-tätswein ist?
Grundlage: Wir kennen die Wahrscheinlichkeiten
P [B|Ai] und P [Ai] i = 1, . . . , 3
Aus der Definition der bedingten Wahrscheinlichkeitfolgt:
P [A1 ∩B] = P [A1|B]P [B] = P [B|A1]P [A1]
⇒
P [A1|B] =P [B|A1]P [A1]
P [B]
=P [B|A1]P [A1]∑3i=1 P [B|Ai]P [Ai]
=15 · 1
214
=2
5
[email protected] 6–53
Satz von Bayes
[Thomas Bayes, englischer Pastor, Mathematiker, (1702-1761)]
Seien die Vorraussetzungen des Satzes von der totalenWahrscheinlichkeit erfüllt. Dann kann auch nach derWahrscheinlichkeit von Ai gefragt werden unter derBedingung, dass B eingetreten ist (Wahrscheinlichkeita posteriori).
�
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Satz von Bayes:
Seien A1, . . . , Ak Ereignisse, die eine Zerlegung vonS bilden Sei B Ereignis, derart daß P [B] > 0. Danngilt:
P [Aj |B] =P [Aj ]P [B|Aj ]∑ki=1 P [Ai]P [B|Ai]
=P [Aj ]P [B|Aj ]
P [B]
Wir nennen die Wahrscheinlichkeiten
• P [Ai] a-priori Wahrscheinlichkeiten
• P [Ai|B] a-posteriori Wahrscheinlichkeiten
[email protected] 6–54
Hilfsmittel bei der Berechnung von Wahrscheinlichkei-ten: Baumdiagramm
Voraussetzung: Vollständige Zerlegung des Ereignis-raums
Beispiel: Ereignisse A, A und B, B
P (A)
P (A)A
A
P (B|A)
P (B|A)
P (B|A)
P (B|A)
B
B
B
B
zur Kontrolle: Die Wahrscheinlichkeiten, der von ei-nem Punkt des Baumdiagramms ausgehenden Äste,haben stets die Summe 1. Die Summe aller Pfadwahr-scheinlichkeiten ist 1.
[email protected] 6–55
Pfadregeln:
1) Wird ein Ergebnis durch einen einzelnen Pfad be-schrieben, so ist die Wahrscheinlichkeit dieses Er-gebnisses (= Pfadwahrscheinlichkeit) gleich demProdukt aller Wahrscheinlichkeiten längs des zu-gehörigen Pfades.
2) Setzt sich ein Ereignis aus mehreren Pfaden zu-sammen, so werden die entsprechenden Pfadwahr-scheinlichkeiten addiert.
[email protected] 6–56
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