Ein Service von
für Kinder und Teenager
für Eltern und Lehrer
Die ADHS Wissens-Reihe
www.shire.dewww.shire.com
Shire Deutschland GmbHFriedrichstraße 14910117 Berlin
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ADHS Basiswissen für
Eltern & Lehrer
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ADHS Basiswissen für
Kinder
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ADHS Spezial für
Eltern
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ADHS Spezial für
Kinder
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ADHS Spezial für
Lehrer
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ADHS Spezial für
Teenager
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Unsere Broschüre „ADHS Basiswissen für Eltern & Lehrer“ gibt es auch auf Türkisch und Russisch.
Für weiterführende Informationen zu ADHS besuchen Sie uns auf www.ADHS-Lebenswelt.de.
ADHS Spezial für
Lehrer
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gibt es in Ihrer Schule oder in Ihrer Klasse
ein Kind mit ADHS? Das wäre nicht sehr
ungewöhnlich, denn diese Erkrankung ist
bei Kindern in Deutschland gar nicht so
selten.
Kinder mit ADHS möchten genauso wie
andere Kinder in eine Schulklasse integriert
sein, gute Noten haben und mit Freunden
die Pausen verbringen. Ihre Erkrankung
macht ihnen das manchmal aber gar nicht
so einfach.
Vielleicht stellen Sie sich die Frage, wie
Sie dem Kind dabei helfen können, seinen
„Wünschen“ nachzukommen, dabei aber
gleichzeitig den anderen Kindern der Schul-
klasse und sich selbst gerecht zu werden?
Wir wollen Sie dabei unterstützen. In dieser
Broschüre haben wir für Sie die wichtigsten
Informationen rund um das Thema „Schule
und ADHS“ zusammengestellt. Dabei geht
es u. a. um folgende Themen:
• Wie kann der Unterricht sinnvoll struk-
turiert werden?
• Was ist bei Schulausfl ügen zu beachten?
• Was ist im Umgang mit den Eltern zu
beachten?
• Darf ein Lehrer im Unterricht Medikamente
geben?
Mehr Informationen zur Erkrankung können
Sie in unserer Broschüre „Eltern und Lehrer
Basiswissen“ nachlesen.
Wenn Sie weitere Informationen und Tipps
zum Thema ADHS suchen, lohnt sich ein
Blick auf die letzte Seite. Dort stellen wir
Ihnen weitere Broschüren unserer Reihe vor.
Mehr Informationen zu allen Themen der Reihe
und vieles darüber hinaus erhalten Sie im
Internet unter www.ADHS-Lebenswelt.de.
Kapitel 1:
Defi nition ADHS 4Symptome einer ADHS 5
Kapitel 2:
Schulalltag und 6Hausaufgabenzeit Klassenkameraden 6
Sie sind ein Vorbild 6
ADHS als Unterrichtsthema 7
Konfl ikte neutral besprechen 8
Freundschaften behutsam fördern 8
Elternabende 9
Schulausfl üge 10
Hausaufgaben 12
Kapitel 3:
Lehren 14Sitzplatzwahl 14
Arbeitsaufträge kurz und 15
klar formulieren
Arbeitsmaterialien klar gestalten 15
Konsequenzen und Verstärker 16
Positives Verhalten belohnen 16
Negatives Verhalten bestrafen 17
Konsequenzen festlegen 18
Noten/Leistungsdruck 18
Kapitel 4:
Rechte und 20Pfl ichten Über ADHS reden 20
Medikamente 20
Kapitel 5:
Mit Freude 22Lehrer sein Stressbewältigung 22
Selbsteinschätzung 22
Nobody’s perfect 22
Im Team zusammenarbeiten 23
Liebe Lehrerin, lieber Lehrer,
Einleitung Inhaltsverzeichnis
2 3
Die Aufmerksamkeits-Defi zit-/Hyperaktivi-
täts-Störung (ADHS) ist eine der häufi gsten
psychischen Erkrankungen. Von ihr sind
wahrscheinlich zwischen 2,4 % und 6 %
aller Kinder in Deutschland betroffen.
Bei bis zu zwei Dritteln der als Kinder
betroffenen Patienten (49 % bis 66 %)
bleibt die Erkrankung zumindest in Teilen
im Erwachsenenalter weiter bestehen.
Symptome einer ADHSMan verbindet drei Haupt- oder Kernsymp-
tome mit ADHS:
• Unaufmerksamkeit
• Hyperaktivität
• Impulsivität
Diese Symptome können bei den Kindern
ganz unterschiedlich auftreten. So kann ein
Kind mit ADHS hauptsächlich
• unaufmerksam oder
• hyperaktiv und impulsiv sein, oder
• es kann eine Mischung aller Haupt-
symptome aufweisen.
Kinder mit Hyperaktivität, also mit ADHS,
sind der klassische „Zappelphilipp“: Sie
fallen durch ihre körperliche Unruhe auf.
Kinder ohne Hyperaktivität (das wird auch
ADS genannt) sind die sogenannten „Träu-
merchen“: Sie scheinen oft „mit den Gedan-
ken woanders“, trödelig und vergesslich zu
sein.
Kapitel 1
Defi nition ADHS
4 5
KlassenkameradenKinder mit ADHS haben häufi g durch ihr
Verhalten Schwierigkeiten, Freundschaften
aufzubauen und zu erhalten. Mehr noch als
alle anderen benötigen Kinder mit ADHS
eine Förderung der sozialen und emotiona-
len Kompetenzen. Dabei sollte man nicht
erwarten, dass das Kind zum „Liebling“ der
Klasse wird. Ziel ist es vielmehr, dass die
Kinder sich gegenseitig akzeptieren und
angemessen miteinander umgehen.
Sie sind ein Vorbild Als Lehrer übernehmen Sie in der Klasse
eine besondere Vorbildfunktion. Ihr Umgang
mit der Krankheit und mit dem betroffenen
Kind prägt auch das Verständnis der anderen
Kinder. Anerkennung und Wertschätzung,
ohne das Kind in eine Sonderrolle zu heben,
lassen auch die Mitschüler die positiven
Seiten deutlicher erkennen.
Auf der anderen Seite führen ständige
öffentliche Ermahnungen und Strafen zu
einem deutlich negativeren Bild. Geben Sie
dem Kind die Chance, seine Stärken vor-
zustellen: Lassen Sie es beispielsweise ein
Referat über ein Thema halten, in dem es
sich ganz besonders gut auskennt.
ADHS als Unterrichtsthema Die Frage, ob ADHS in der gesamten Klasse
thematisiert werden sollte, ist häufi g proble-
matisch. Einerseits haben viele Lehrer und
Eltern Angst, das Kind zu stigmatisieren. Oft
will auch das Kind nicht, dass den Klassen-
kameraden von der Krankheit erzählt wird.
Auf der anderen Seite hat sich gezeigt, dass
Mitschüler häufi g besser mit dem betroffe-
nen Kind umgehen können, wenn sie über
die Hintergründe aufgeklärt werden. Die
Entscheidung darüber, wie mit dem Thema
umgegangen wird, sollten Eltern der betrof-
fene Schüler und Lehrer gemeinsam treffen.
Natürlich darf der Schüler mit ADHS auf
keinen Fall „vorgeführt“ werden.
6 7
Kapitel 2
Schulalltag und Hausaufgabenzeit
6
Konfl ikte neutral besprechen Es ist wahrscheinlich, dass ein Kind mit
ADHS häufi ger in Konfl iktsituationen gerät.
Zum einen, weil es durch seine Impulsivität
zu starken Reaktionen neigt, zum anderen
aber auch, weil die Mitschüler häufi g sehr
gut die Schwachstellen des betroffenen
Kindes erkennen und diese zum Provozieren
nutzen. Sie sollten aufpassen, dass Sie hier
nicht als Richter eingreifen: Häufi g ist der
Schuldige nicht so einfach auszumachen
und eine gerechte Lösung der Situation
gar nicht möglich. Besser ist es, die Kin-
der zunächst ohne Wertung zu trennen. In
einem späteren Gespräch kann dann geklärt
werden, warum die Kinder streiten, und es
können von allen Beteiligten Lösungsvor-
schläge angehört werden.
Freundschaften behutsam fördernAufkeimende Freundschaften in der Klassen-
gemeinschaft können Sie behutsam fördern,
z. B. indem Sie die Kinder gemeinsam ar-
beiten lassen. Allerdings sollten Sie dabei
vermeiden, dass Kinder ständig mit dem
betroffenen Kind zusammenarbeiten – obwohl
sie das gar nicht wollen, nur weil „es so
gut klappt“. Eine Zusammenarbeit mit dem
betroffenen Kind darf nicht als Strafe für die
anderen Kinder empfunden werden.
ElternabendeEin Kind mit ADHS in der Klasse kostet
viel Ihrer Zeit und Aufmerksamkeit. Die
Mitschüler erzählen mit großer Wahrschein-
lichkeit ihren Eltern von Vorkommnissen und
Schwierigkeiten mit dem ADHS-Kind. Nicht
selten sind diese dann beunruhigt, ob ihr ei-
genes Kind ungestört dem Unterricht folgen
kann und genügend Aufmerksamkeit erhält.
Zusammen mit den Eltern des betroffenen
Kindes kann hier überlegt werden, ob es
sinnvoll ist, die anderen Eltern aufzuklären
und z. B. einen Informationsabend über
ADHS zu veranstalten. Bei einem Konfl ikt
oder sogar einer „Frontenbildung“ zwischen
den Eltern sollten Sie vorsichtig agieren.
Wenn Sie hier zu sehr für einen Teil Partei
ergreifen, könnten Sie sich in eine schwieri-
ge Situation manövrieren: Beide Fraktionen
würden ungehalten reagieren, wenn sie das
Gefühl haben, dass sie auf der „anderen
Seite stehen“.
Grundsätzlich sollte gelten, dass Sie unab-
hängig von allen Elternmeinungen entschei-
den, wie in der Schule mit der Erkrankung
und den daraus entstehenden Problemen
umgegangen wird.
8 9
Klassenfahrt
10 11
Schulausfl üge Eine gemeinsame Klassenfahrt ist ein prä-
gendes Ereignis für alle Schüler: Für viele ist
es die erste Reise ohne die Eltern. Für Sie
als Lehrer bedeutet eine Klassenfahrt aber
auch viel Vorbereitung, Arbeit und Verant-
wortung. Befi ndet sich unter den Schülern
ein Kind mit ADHS, kommen schnell Zweifel
auf, ob man den Betreuungsaufwand für die
gesamte Klasse und das betroffene Kind
noch leisten kann − insbesondere, da Kin-
der mit ADHS durch ihre Impulsivität einem
höheren Risiko für Unfälle und Verletzungen
unterliegen.
Trotzdem sollte ein Ausschluss von der Klas-
senfahrt nur als allerletzte Option in Betracht
gezogen werden. Lässt man das Kind nicht
mitfahren, wird sich das auf Ihr Verhältnis zu
dem Schüler auswirken und seine Außensei-
terrolle in der Klasse verstärken.
Besser ist es, alle Möglichkeiten auszu-
schöpfen:
• Ist es möglich, dass ein Elternteil mitfährt?
• Gibt es andere Möglichkeiten, das
Betreuungspersonal aufzustocken?
• Kann man mit dem Kind feste Abma-
chungen bzw. „Verträge“ schließen?
• Kann man mit den Eltern eine Art Hotline
einrichten, sodass diese ständig für Sie
erreichbar sind?
• Ist es möglich, das Kind zunächst mitzu-
nehmen und mit den Eltern zu verab-
reden, dass es im Krisenfall vorzeitig
nach Hause fährt bzw. abgeholt wird?
Fährt ein ADHS-Kind mit auf die Klassen-
fahrt, sollte man daran denken, dass die
Grundregeln für den Unterricht auch – oder
sogar besonders − in einer fremden Umge-
bung gelten. Am besten unterhalten Sie sich
vorher intensiv mit den Eltern, wo Knack-
punkte bestehen, die Sie vielleicht im Um-
gang mit dem Kind noch nicht kennen.
Das Kind braucht sehr viel Struktur, um
einen geregelten Tagesablauf zu bewältigen.
Das beginnt bei einer intensiven Vorberei-
tung: Jeder Tag sollte feste Abläufe haben,
die immer gleich sind. Bei den wechselnden
Programmpunkten kann ein Klassenfahrts-
plan helfen, der ähnlich wie der Stundenplan
genau den Tag strukturiert. Passen Sie bei
Bedarf den Tagesablauf an: Wenn das Kind
z. B. von zu viel Input überfordert wird, soll-
ten Ruhephasen eingebaut werden.
HausaufgabenHausaufgaben sind für viele Kinder mit
ADHS die schlimmste Strafe. Sie dauern
oft wesentlich länger als bei ihren Klas-
senkameraden und sind dann noch nicht
einmal von Erfolg gekrönt. Die Schwierig-
keiten beginnen schon beim Notieren der
Hausaufgaben in der Schulstunde: Häufi g
wissen die Kinder gar nicht erst, ob und
was sie aufbekommen haben.
Für die Eltern wird die Hausaufgabenzeit
genauso zur Geduldsprobe: Ständiges
Ermahnen, Aufpassen und Überwachen.
Nicht selten führt das gemeinsame „Haus-
aufgaben machen“ zu einem handfesten
Streit oder den gefürchteten Wutausbrü-
chen des Kindes. Diese Problematik kann
sogar dazu führen, dass die Eltern lieber
die Hausaufgaben vernachlässigen, als
sich auf den täglichen Kampf mit dem Kind
einzulassen.
Ratschläge an die Eltern
Wenn die Eltern offen für Ratschläge sind,
können folgende Tipps für die Hausaufga-
benzeit helfen:
• Die Eltern sollten in der Nähe oder dabei
sein, wenn das Kind Hausaufgaben macht.
• Das Kind sollte immer am gleichen
Arbeitsplatz, idealerweise am Schreib-
tisch, sitzen. Der Platz sollte schon vorher,
z. B. am Abend davor, aufgeräumt und
möglichst leer sein.
• Eine regelmäßige Hausaufgabenzeit,
z. B. immer nach dem Essen, hilft, sie als
festen Tagespunkt zur Routine werden zu
lassen. Je später der Tag desto geringer
wird die Konzentration, deshalb sollte der
Zeitrahmen nicht zu spät gelegt werden.
• Ablenkung während der Hausaufgaben
sollten vermieden werden. Dabei ist es
wichtig an alle Sinne zu denken, beson-
ders an Sehen und Hören.
• Klare Regeln festlegen: Kein Spielen, Essen,
Telefonieren oder andere „Ablenkungen“
während der Hausaufgaben.
• Feste Mini-Pausen zur Erholung helfen
dem Kind, z. B. jede halbe Stunde
5 Minuten Pause. Dauern die Hausauf-
gaben länger als eine Stunde, sollte eine
große Pause von 15 Minuten eingeplant
werden.
• Genau wie in der Schule sollten alle
Bemühungen und Anstrengungen des
Kindes anerkannt werden, auch wenn die
Ergebnisse vielleicht noch verbesserungs-
würdig sind.
12 13
HausaufgabenHausaufgabenHausaufgaben
Hausaufgaben
1+1=2
abc
1.
3.
2.
Um den speziellen Problemen eines Kindes
mit ADHS vorzubeugen oder zu begegnen,
kann es helfen, gewisse Taktiken im Unter-
richt einzusetzen. Auf den ersten Blick wirkt
es oft so, als ob diese Maßnahmen lediglich
zusätzlichen Einsatz und Mehrarbeit für Sie
bedeuten. Bedenkt man jedoch, wie anstren-
gend die ständigen Störungen und Sonder-
aufforderungen den Unterricht machen, kann
sich der Einsatz besonderer Lehrformen
auf lange Sicht lohnen. Durch erfolgreiche
Strategien im Umgang mit dem Kind können
Sie zu einem „entspannteren“ Unterricht
zurückfi nden.
SitzplatzwahlDadurch, dass der Schüler mit ADHS leicht
ablenkbar ist, ist schon die Sitzplatzwahl von
entscheidender Bedeutung. Das Kind sollte
möglichst nah bei Ihnen sitzen, damit Sie
es besser unterstützen und in schwierigen
Situationen eingreifen können.
Es sollten auch mögliche Ablenkungen be-
rücksichtigt werden, z. B. ein Fenster oder
Bücherregal direkt neben dem Sitzplatz. An
Gruppentischen wird das Kind sehr wahr-
scheinlich wesentlich mehr abgelenkt als an
einem Einzelplatz. Häufi ge Sitzplatzwechsel
sind ebenfalls ungünstig für ein Kind mit
ADHS, da eine neue Umgebung auch neue
Eindrücke bedeutet.
Mehr noch als bei Kindern ohne ADHS
sollten auf dem Tisch grundsätzlich nur die
benötigten Arbeitsmaterialien liegen: Spiel-
sachen, Andenken oder Arbeitsmaterialien
anderer Fächer gehören nicht dazu.
Arbeitsaufträge kurz und klar formulieren Viele Kinder mit ADHS haben Schwierig-
keiten, sich verbale Arbeitsanweisungen zu
merken. Lange Aneinanderreihungen von
Aufgaben bleiben einfach nicht hängen.
Besser ist, wenn Sie die unterschiedlichen
Arbeitsschritte einzeln ansagen und abwarten,
bis diese erledigt sind. Eine Anweisung,
einen Text zu lesen, könnte also folgender-
maßen aufgeteilt werden: „Holt das Buch
aus der Schultasche.“ Abwarten, bis alle
Kinder diese Aufgabe erledigt haben. „Öffnet
es auf Seite 20.“ Und so weiter.
Arbeitsmaterialien klar gestalten Jeder Lehrer weiß, dass eine ansprechende
Präsentation des Lehrstoffs die Motivation
der Schüler erhöhen kann. Bei Kindern mit
ADHS sollte jedoch der Fokus darauf ge-
legt werden, dass die Arbeitsblätter knapp,
eindeutig und gut verständlich formuliert
sind. Bunte Bilder oder eine außergewöhn-
liche Gestaltung lenken diese Kinder eher
vom Inhalt ab, anstatt sie für die Aufgabe zu
begeistern. Idealerweise wird immer nur eine
Aufgabe pro Blatt gestellt, alternativ kann
man auch mit gefalteten Blättern arbeiten:
Wenn immer nur eine Aufgabe zu sehen ist,
lenken die Anweisungen für spätere Schritte
nicht ab.
Kapitel 3
Lehren
14 15
Konsequenzen und Verstärker Egal, wie viele Bemühungen man in die Ar-
beit mit Schülern mit ADHS investiert, es
wird immer Rückschläge geben. Bei Fehl-
verhalten des Kindes fühlen sich viele Lehrer
hilfl os, besonders bei Schülern mit ADHS:
Verbale Zurechtweisungen kommen nicht
an, klassische Strafen wie Zusatzaufgaben
oder Nachsitzen haben keinerlei positiven
Effekt. Ein Ansatz, mit dem viele Lehrer gute
Erfahrungen gemacht haben, sind positive
und negative Verstärker.
Positives Verhalten belohnenMehr noch als bei anderen Schülern ist
es bei ADHS-Kindern wichtig, nicht nur
negatives Verhalten zu bestrafen, sondern
insbesondere positives Verhalten zu fördern.
Deshalb sollte man seinen Blick für alle
Situationen und Aufgaben – ob groß oder
klein – schärfen, die der Schüler gut oder
besser als zuvor löst.
Als Anreiz für die Veränderungen können
ganz unterschiedliche Dinge genutzt wer-
den: von freundlichen Gesten wie einem
bestätigenden Lächeln über verbales Lob
bis hin zu materiellen Belohnungen. Manche
Lehrer führen z. B. „Schatzkisten“ mit klei-
nen Aufmerksamkeiten wie Überraschungs-
eier-Figuren, Aufklebern oder Geduldsspie-
len. Mit positivem Verhalten können Punkte
erarbeitet und ab einer gewissen Punktzahl
gegen einen Gegenstand aus der Schatzkiste
eingelöst werden. Als positive Verstärker
können auch Belohnungen genutzt werden,
nach dem Motto „Wenn du zwei Absätze
gelesen hast, darfst du fünf Minuten das
Lernspiel am Computer spielen.“
Negatives Verhalten bestrafenDie Verstärkung von positivem Verhalten
wird in den meisten Fällen allein leider nicht
ausreichen. Negative Verhaltensweisen, die
sich eingeschlichen haben, müssen verhin-
dert oder verringert werden. Als negative
Konsequenzen können z. B. besondere
Privilegien entzogen werden. Direkt mit dem
Fehlverhalten in Zusammenhang stehende
Konsequenzen eignen sich, um das Fehl-
verhalten wieder gutzumachen. Ein Beispiel
wäre das Fegen des Klassenraumes, nach-
dem mit Papierschnipseln geschmissen
wurde.
Bei den klassischen schriftlichen Strafarbei-
ten sollte man bedenken, dass der Schüler
diese sehr ungern macht und sie vielleicht
gerade deshalb gar nicht löst. In der Folge
eskaliert die Situation lediglich weiter. Eine
andere Möglichkeit, versäumten Stoff nach-
zuholen, ist begleitetes Nachsitzen: Wenn
man sich im Kollegium zusammentut und
bei der Betreuung abwechselt, bleibt der
Arbeitsaufwand hierfür auch realisierbar.
16 17
Ziel
Konsequenzen festlegen Auch bei Fehlverhalten in der Schule ist für
das betroffene Kind eine klare Transparenz
und Konsequenz wichtig. So sollte im Voraus
für typische Verhaltensweisen festgehalten
werden, welche Konsequenzen darauf folgen –
besonders bei negativen Verhaltensweisen,
z. B. dass das Herumlaufen während des
Unterrichts einen Belohnungspunkt kostet.
Noten/Leistungsdruck Häufi g sind Probleme und Konfl ikte zwi-
schen Kindern mit ADHS und ihren Be-
zugspersonen Abwärtsspiralen: Je mehr die
Kinder für Fehlverhalten kritisiert werden,
desto mehr verstecken sie sich hinter einer
Abwehrhaltung, auf die das Gegenüber
wiederum mit Ärger reagiert. So schaukeln
sich Konfl ikte hoch – im schlimmsten Fall bis
zur völligen Leistungsverweigerung.
Verständlicherweise nehmen die ständigen
Misserfolge den Kindern die Motivation: Sie
brauchen, wie jedes Kind, Zuspruch und
Erfolgserlebnisse, um wieder Freude am
Lernen zu haben.
Um den Kindern diese Momente zu ermögli-
chen, gibt es verschiedene Wege: Zunächst
sollten bei Zielvereinbarungen die Fähigkei-
ten und Ressourcen des Kindes realistisch
eingeschätzt und nur erreichbare Ziele fest-
gelegt werden.
Grundsätzlich sollten zunächst die Bemü-
hungen des Kindes beachtet und erst im
zweiten Schritt Fehler bewertet werden,
z. B. das Kind bei einem Diktat zuerst loben,
dass es überhaupt durchgehalten hat, und
dann erst die Fehler betrachten. Die häufi g
sehr guten mündlichen Beiträge der Kinder
sollten lobend anerkannt werden.
Für die meisten Kinder mit ADHS stellen
schriftliche Übungen eine zusätzliche Bar-
riere dar. Überlegen Sie, inwieweit diese
abgebaut werden kann:
• An welchen Stellen können Lernwege
ohne Schreiben genutzt werden?
• Ist es möglich, Hausaufgaben oder auch
Lerneinheiten am Computer zu erlauben?
• Inwieweit ist bei Klassenarbeiten z. B.
eine mündliche Abfrage oder ein Multiple-
Choice-Test möglich?
Es wird dringend davon abgeraten, den Kin-
dern wegen ihrer Schrift einen Notenabzug
zu geben: Durch diese Maßnahme entmutigt
man die Kinder nur, sauberer schreiben
können sie deshalb nicht.
18 19
PsstÜber ADHS reden Was müssen die Eltern mitteilen?
Eltern sind gesetzlich nicht verpfl ichtet,
den Lehrer über die Erkrankung zu infor-
mieren. Haben Sie das Gefühl, die Eltern
teilen etwas nicht mit, sollten Sie die Vorteile
eines offenen Umgangs herausstellen und
Ihre Kooperationsbereitschaft signalisieren.
Machen Sie deutlich, dass Sie nur ange-
messen auf das Kind und seine Probleme
eingehen können, wenn Sie auch um seine
Besonderheit wissen und sich eine Unkennt-
nis negativ auf das Verhältnis zwischen dem
Schüler und Ihnen sowie auf die Benotung
auswirken kann.
Schweigepfl icht
Teilen die Eltern Ihnen als Lehrer die Diag-
nose mit, so sind Sie zur Verschwiegenheit
verpfl ichtet. Auch im Kollegium oder an die
anderen Mitschüler dürfen Sie die Information
nur mit Erlaubnis der Eltern weitergeben.
Deshalb ist es besonders wichtig, dass Sie
solche Abmachungen mit den Eltern – und am
besten auch mit dem Kind – thematisieren.
MedikamenteMedikamenteneinnahme in der Schule
Die Entscheidung, ob oder welche Therapie
bei einer Erkrankung erforderlich ist, ist eine
medizinische, keine pädagogische. Ob es
notwendig ist, dass ein Kind Medikamente
einnimmt oder nicht, kann deshalb nur von
den Sorgeberechtigten in Zusammenarbeit
mit einem Experten, also einem Arzt, getrof-
fen werden.
Lehrer oder Schulleiter dürfen die Einnahme
von ärztlich verschriebenen Medikamenten
in ihrem Klassenverbund oder auf „ihrer
Schule“ nicht grundsätzlich verbieten.
Medikamentengabe
Wenn ein Kind an ADHS erkrankt ist, kann
es sein, dass die Einnahme von Medika-
menten während der Schulzeit erfolgen
muss. Viele Eltern haben dabei Sorgen, dem
Kind ein Medikament in die Hände zu geben,
und würden gerne auf die Hilfe des Lehrers
zurückgreifen. Lehrer sind hier allerdings
häufi g selbst verunsichert, wie die recht-
liche Lage aussieht. Durch die Regelung
auf Länderebene ist eine allgemeingültige
Antwort auf diese Frage nicht möglich.
Generell steht hier die Erfüllung der Schul-
pfl icht der Tatsache gegenüber, dass Lehrer
kein medizinisch ausgebildetes Personal
sind und grundsätzlich keine Medikamente
geben. Im Einzelfall sollten Sie sich deshalb
bei Ihrem Kultusministerium nach der aktu-
ellen Gesetzeslage erkundigen. Eine Mög-
lichkeit wäre es, das Kind an die Einnahme
zu erinnern oder spezielle Tablettendosen
mit Erinnerungsfunktion zu nutzen.
20 21
Kapitel 4
Rechte und Pfl ichten
StressbewältigungLehrer ist schon an sich ein anstrengender
Beruf. Ein Kind mit ADHS in der Klasse zu
haben, kann die Belastung und den Druck
noch erhöhen. Deshalb ist es wichtig, dass
Sie auch an sich denken.
SelbsteinschätzungIm Sinne Ihres Energiehaushalts ist es
wichtig, dass Sie Ihre eigenen Kräfte und
Grenzen kennen. So vermeiden Sie, dass
Sie sich selbst überfordern.
Haben Sie eine realistische Einschätzung
von sich selbst, fällt es Ihnen leichter, erreich-
bare Ziele zu stecken und auch entspre-
chende Grenzen zu setzen. So vermeiden
Sie die Frustration, wenn Vorhaben nicht
durchsetzbar sind. Stecken Sie sich dabei
kleine Ziele, priorisieren Sie diese und genie-
ßen Sie auch kleine Fortschritte.
Einige grundlegende Fragen zur Selbst-
einschätzung sind dabei:
• Was wollen Sie leisten?
• Was können Sie leisten?
• Welche Rolle möchten Sie für das
Kind erfüllen?
Haben Sie diese Fragen beantwortet,
kann es hilfreich sein, die eigenen Res-
sourcen zu überprüfen:
• Wo liegen meine Stärken?
• Welche Stärken kann ich wie nutzen?
• Wo liegen meine Schwächen?
Nobody’s perfect Nicht jedes Vorhaben wird Ihnen gelingen.
An manchen Tagen können Sie sich viel-
leicht nicht beherrschen und werden unge-
duldig und wütend auf das Kind. Denken
Sie daran: Sie sind auch nur ein Mensch. Es
ist völlig normal, dass auch Sie manchmal
einen schlechten Tag haben. Starten Sie am
nächsten Morgen einen neuen Versuch,
ohne nachtragend zu sein: So kann der
neue Tag für beide frisch beginnen.
Im Team zusammenarbeiten Durch die ADHS können vielfältige Probleme
im Umfeld des Kindes entstehen. Als „Einzel-
kämpfer“ an diesen Problemen zu arbeiten,
ist häufi g sehr schwierig oder gar nicht mög-
lich. Je mehr Beteiligte als Team gemeinsam
die Problematiken angehen, desto größer
ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie effektiv
etwas verbessern können.
Deshalb sollten Sie sich im Kollegium regel-
mäßig darüber austauschen und abstim-
men, welche Ansätze die einzelnen Lehrer
verfolgen und wie erfolgreich sie dabei sind.
Neben Konferenzen kann dafür auch das
Klassenbuch genutzt werden.
Wenden alle Lehrer über den gesamten
Tagesablauf die gleichen Taktiken an, ergibt
sich für das Kind mit ADHS die wichtige
wiederkehrende Struktur. Der Dialog mit
den Kollegen dient auch dem Austausch
von Erfahrungen: Welche Strategien sind
erfolgreich? Welche Problematiken beste-
hen weiter? Welche Schwierigkeiten sollen
angegangen werden?
Zu guter Letzt kann bei den Kollegen auch
einfach Emotionalität abgebaut bzw. Luft
gemacht werden, was beim Kind aus päda-
gogischen Gründen unterdrückt wird. Um
alle Kollegen auf den gleichen Stand zu
bringen, kann es hilfreich sein, Fortbildungen
oder Supervisionen zum Thema ADHS
anzubieten.
Wir hoffen, wir konnten mit dieser Broschüre
einige Ihrer Fragen zum Thema ADHS beant-
worten.
Weitere umfangreiche Informationen bietet
die Internetseite www.ADHS-Lebenswelt.de
mit dem ADHS Schul- und Lernkit. Dort
können Sie hilfreiche Materialien herunter-
laden, z. B. Leitfäden für Elterngespräche
und Vorlagen, die Ihnen helfen, die Kinder zu
motivieren und einzubinden.
Kapitel 5
Mit Freude Lehrer sein
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