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Adlerkrieger

Untersuchung einer aztekischen Tonfigurim Rahmen der Abschlußarbeit der Ausbildung zum autorisierten Seminarleiter fürRituelle Körperhaltungen und Ekstatische Trancenach Dr. Felicitas Goodmanam Felicitas Goodman Institut n.e.V.

Trainerin: Nana Nauwald, Südergellersen Jürgen Ferdinand Schulz, April 2015

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Inhaltsverzeichnis

1 die Ansiedlung der Azteken

2 aus der Mythologie

Templo Mayor Der Sonnenstein Huitzilopochtli Tlaloc Tezcatlipoca Quetzalcoatl

Xipe TotecMictlan

3 Adler- und Jaguarkrieger

„Blumen für die Götter“, Die BlumenkriegeOpferfeste, MenschenopferÜberlieferungen

4 Die Tonfigur des Adlerkriegers

Beschreibung der KörperhaltungErfahrungenFigur eines huaxtekischen KriegersVogelmaske aus AlaskaDas Symbol des Adlers

5 Schlußbemerkungen

6 Anhang

Chronologie des präkolumbischen Mittelamerika

Literaturangaben

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1 Die Ansiedlung der Azteken

....und du, Tenoch, wirst sehen, daß ein Kaktus gesprossen ist, da wo das Herz des Copil liegt.Auf dem Kaktus sitzt ein Adler, der hält eineSchlange in den Klauen, und er zerreißt die Schlange und verschlingt sie. Dieser Kaktus bist du, Tenoch,und ich bin der Adler, und das soll unser Stolzsein, denn solange die Welt besteht, wird der Ruhmund der Reichtum Tenochtitlans unauslöschlich sein.Codex Chimalpahin

Die Legende besagt, dass die Azteken zu Beginn des 14.Jahrhunderts nach zwei Jahrhunderten der Wanderschafteinen Adler auf einem Kaktus sitzend vorfinden. Diesesist das erwartete Zeichen ihres SchutzgottesHuitzilopochtli (verehrt als Kriegs- und Sonnengott),dass der Ort erreicht war, an dem sie sich niederlassenund die Stadt Tenochtitlan ("Stadt des Tenoch")gründensollten, eine sumpfige Insel im Tetzcoco-See im Hoch-land von Mexico (ca. 1325). Bis zu ihrem Untergang imJahre 1521 durch die spanischen Konquistadoren wuchs diese Ansiedlung zur bedeutendsten Stadt und Metropole in Mesoamerika (mesos, griech. in der Mitte, mittig, bezeichnet eine Siedlungslandschaft und ein Kulturareal in Mittelamerika. Das Gebiet Mesoamerikas umfasst großräumige Gebiete der heutigen Staaten Mexiko, Belize, Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica).Dieses Wachstum der Stadt wurde möglich durch die ruhmreichen aztekischen Eroberungszüge der verschiedenen tlatoque, Aztekenkönige, in deren Verlauf sie die umliegenden Provinzen unterwarfen und unermeßliche Reichtümer anhäuften. Anfang des 16. Jahrhunderts schätzt man die Einwohnerzahl von Tenochtitlan auf ca. 250.000 (vgl. London 125.000 Ew.), die Ausdehnung des

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Reiches betrug ca. 128.000qkm mit etwa 5-6 Millionen Menschen, die unterschiedlichen Volksstämmen zugehörten.Die Stadt Tenochtitlan wird in Beschreibungen von spanischen Soldaten mit Venedig verglichen, alsverzaubert oder Stadt wie aus dem Märchen.Nach der Eroberung durch die Spanier, wird sie dem Erdboden gleichgemacht; Pyramiden, Paläste und Gebäude wurden abgerissen, Götterfiguren zerschlagen; der Schutt diente als Fundamente für die Bauten des Nueva Espana.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~"Das sind die Gebote und Rechte, die ihr halten sollt, daß ihr darnach tut in dem Lande, das derHERR, deiner Väter Gott, dir gegeben hat einzunehmen, solange ihr auf Erden lebt.Verstört alle

Orte, da die Heiden, die ihr vertreiben werdet, ihren Göttern gedient haben, es sei auf hohenBergen, auf Hügeln oder unter grünen Bäumen, und reißt um ihre Altäre und zerbrecht ihre Säulen

und verbrennt mit Feuer ihre Haine, und die Bilder ihrer Götter zerschlagt, und vertilgt ihrenNamen aus demselben Ort." (5. Buch Mose, 12. Kapitel)

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~In drei Jahrhunderten spanischer Herrschaft unternahmen Eroberer und Kirche alles, um die Reste der aztekischen Welt zu zerstören. In der mexikanischen Landschaft eroberte sich die Natur ihren Lebenraum zurück und die prachtvollen Monumente verschwanden unter der üppigen Vegetation.Im Laufe der Jahrhunderte gab es zahlreiche Zufallsfunde aztekischer Relikte, insbesondere von Steinmonumenten und Keramikdepots. Zu diesen Funden gehören die monumentale Figur der Göttin Coatlice, das „Teocalli de la Guerra Sagrada“,ein Steinmonument in Gestalt einer Tempelpyramide,auf dessen Rückseite eine Darstellung der Szene mitdem Adler auf dem Kaktus zu sehen ist, und der Sonnenstein. Der Großteil der Kenntnis über Tenochtitlan stammtaus Berichten der Konquistadoren, der Mönche undindianischer Autoren des 16. und 17. Jahrhunderts. Ab dem 19. Jahrhundert werden die Zufallsfundedieser aztekischen Relikte als Kunstwerke dermexikanischen Kultur anerkannt, die bis dahin nur als Götzenbilder von Wilden galten.

2 Auszüge aus der Mythologie Templo MayorDer im heiligen Bezirk der Stadt gelegene Tempelbesaß eine Höhe von rund 45 Metern, eineGrundfläche von ca. 80 x 80 Metern. Auf seinerSpitze trug er zwei Schreine, die den GötternHuitzilopochtli und Tlaloc geweiht waren. DieseSchreine waren über eine Treppe zu erreichen.Zahlreiche kleinere Plattformen und Bauten, die mitdem Tempel verbunden waren, bildeten mit ihmzusammen einen geschlossenen Gebäudekomplex.

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Der gesamte Tempelbezirk soll nach Schätzungen 500 Meter lang gewesen sein und ca. 78 Bauwerke umschließen, etwa 40 sind archäologisch lokalisiert. Eine der zum Tempel hinführenden Plattformen wurde mit einem Stuckrelief geschmückt, das ein Tzomplantli darstellte, eine Art Gestell aus menschlichen Schädeln. Von der ersten bis zur letzten Überbauung war der große Tempel in eine rechte – oder auch südlicheHälfte – geteilt, die dem Sonnenkult von Huitzilopochtli gewidmet war, und eine linke bzw. nördliche Seite, die der Verehrung des Regengottes Tlaloc galt. In den Opferdepos des Regengottes lagen prächtige blau bemalte Tlaloc-Vasen aus Ton und Stein zusammen mit Muscheln, Korallen und anderen von den Küstenregionen eingeführten Gegenständen, während auf dem Boden einer frühen Ausführung des Huitzilopochtli-Tempels immer noch einer der gefürchteten Opfersteine steht. Der große Tempel war der Mittelpunkt des aztekischen Universums, und so überrascht es nicht, dass dieses Bauwerk das uralte Prinzip der Dualität widerspiegelt, die das Leben aller Azteken durchzieht: der Gegensatz zwischen Regen und reichen Ernten auf der einen und Krieg unddem Überleben der Fünften Sonne auf der anderen Seite. Anlässlich der viertägigen Feierlichkeiten seiner erneuten Weihung im Jahre 1487 wurden vermutlich mehrere tausend Menschen geopfert. Seine religiöse Symbolik machte diesen Tempel zum wichtigsten Bauwerk der aztekischen Welt. Auch die Depos sind in ihrer Lage nicht zufällige Kammern, sondern scheinen das Weltbild der Azteken zu repräsentieren. So gibt es Opferkammern, die auf die Ober-, Mittel- und Unterwelt hinweisen und Kammern, die in Richtung Süden auf den Kriegs- und Sonnengott hinweisen. Die meisten Opfergaben sind jedoch in Richtung Westen positioniert, dem Lauf der untergehenden Sonne folgend.

Der Sonnenstein In der Schöpfungsmythologie der Azteken gab es fünf aufeinanderfolgende Welten oder auch "Sonnen" genannt. Der Kampf der Götter führte zur Erschaffung und zur Zerstörung jeder dieser Welten durch eine Katastrophe. Die fünfte Sonne entstand in Teotihuacán, als sich der Gott Nanahuatzin in ein Feuer stürzte und sich dadurch in die aufgehende Sonne verwandelte. Da sie aber bewegungslos am Himmel hing, opferten die anderen Götter ihr Blut, um Energie für die Bewegung am Himmel zu erzeugen. Der Sonnenstein gilt alsEhrung für den Sonnengott und symbolisiert die Notwendigkeitder Menschenopfer für die Sonne, damit sie genug Energie hat,um am nächsten Morgen wieder aufzugehen. In der Mitte desSteines kann man das Gesicht des Sonnengottes Tonatiuh erkennen. Seine Zunge ist als ein schwarzes Obsidianmesserdargestellt als Zeichen dafür, daß er Opfer von Blut undmenschlichen Herzen erwartet. Nach dem aztekischen Glaubenenthielt menschliches Blut eine wertvolle Flüssigkeit, chalchihuatl, die als einzige den Göttern angemessene Nahrunggalt. Der Sonnenstein gibt in seinen Bildern die Folge der Sonnenschöpfungen, den unendlichen Kreislauf von Schöpfung und Zerstörung wieder. Es läßt sich der aztekische Zeitbegriff ablesen, so diente er auch als Grundlage für den aztekischen Kalender.

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Huitzilopochtli, Gott des Krieges und der Sonne (auch: Kolibri des Südens, Kolibri der linken Seite/Hand) Dargestellt wird diese Figur mit einem Jaguarkopf, der durch Hörner oder einem Federbusch geschmückt ist. In der linken Hand hält das Gottwesen einen Schild und einen Lorbeerzweig und in der anderen Hand einen Stab. Die Füße haben gespaltene Klauen, Ziegenfüßen nachempfunden. Auf dem Rücken sind den Fledermausflügeln ähnliche Flügel und bauchseitig ein hässliches Gesicht mit aufgerissenem Rachen, das scharfe Zähne zeigt.Der Legende nach führte er sein Volk an, als sie vom mythischen Aztlan aus eine neue Heimat suchten. Als Sonnengott und Kriegsgott nahm er neben Quetzalcoatl und Tezcatlipoca eine herausragende Stellung ein, wobei er spätestens zur Gründung Tenochtitláns als höchste Gottheit galt. Er war eine rein aztekische Gottheit und hatte keine Vorläufer in anderen mesoamerikanischen Kulturen. Es ist unklar, ob Huitzilopochtli von Anfang an ein Gott war, oder ob er eine Heldengestalt (als Anführer) war, die später vergöttlicht wurde.. Die Azteken betrachteten sich selber als sein auserwähltes Volk, dessen göttlicher Auftrag darin bestand, Kriege zu führen und das Blut der Gefangenen dem Sonnengott Tonatiuh zu opfern, um so die fünfte Sonne in Bewegung zu halten. Um Huitzilopochtli rankt sich dieser Wiedergeburtsmythos: Danach wurde seine Mutter Coatlicue ("Schlangenrock"), die bereits 400 Söhne und eine Tochter ihr eigen nannte, mit Huitzilopochtli schwanger, nachdem eine kleine Federkugel (einem "Kolibri" ähnlich) auf sie herabgefallen war. Die einzige Tochter Coyolxauhqui, eine Mondgöttin, hielt die plötzliche Schwangerschaft für ein Ergebnis von promiskuitivem Lebenswandel und empfahl ihren zahlreichen Brüdern, die Mutter samt Leibesfrucht zu töten. Huitzilopochtli jedoch wurde von einem der Brüder noch im Mutterleib gewarnt, und er wappnete sich entsprechend: Blau bemalt, mit Schild und Feuerschlange kam er in vollendeter Gestalt zur Welt und tötete seine vierhundert Brüder. Sodann durchbohrte er Coyolxauhqui mit der Feuerschlange und schlug ihr den Kopf ab. Durch diese Tat wurde Huitzilopochtli zum höchsten Gott. Seine Mordtat galt zugleich als das erste zu Ehren der Götter dargebrachte Sakralopfer und schuf eine der symbolisch-religiösen Grundlagen für die aztekischen Menschenopfer.

Tlaloc war einer der bedeutendsten Götter des aztekischen Götterkreises.Er wird als Regengottheit bezeichnet, wurde von den Azteken abergenerell mit allen Wetterphänomenen assoziiert: Regen, Hagel, Eis,Schnee, Stürmen, Wolken, Hochwasser, Dürre, Donner und Blitz.Er gilt aber auch als Urheber von Krankheiten, Kindbettfieber unddem plötzlichen Kindstod. Menschen, die durch ihn starben, z.B.vom Blitz erschlagen wurden oder ertranken, kehrten in seineigenes Paradies ein, das Tlalocan genannt wurde. Dort herrschteeine Überfülle an Wasser, Nahrung und Blumen. Aufgrund seinerMachtfülle wurde er sowohl verehrt wie gefürchtet. Er konnte dieFelder mit Regen segnen oder die Menschen mit Dürre strafen, erkonnte Kriegszüge durch gutes Wetter begünstigen oder durch Stürme große Zerstörungen verursachen.

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Schon zur Zeit von Teotihuacan gab es Darstellungen des Regengottes, aber erst in der Aztekenzeit erhielt er seine herausragende Bedeutung. Wie wichtig dieser Gott den Azteken war, sieht man auchdaran, dass auf dem Templo Mayor neben dem Tempel des Kriegsgottes (weiß-rot bemalt) das Heiligtum von Tlaloc stand (weiß-blau bemalt). Er stand an der Spitze einer Reihe von verwandten Fruchtbarkeitsgöttern. Ihnen waren auch die meisten Opferriten gewidmet. So gab es Feste, bei den Kinder auf Berggipfeln geopfert wurden. Weinten die Opfer wurde das als gutes Zeichen gewertet, da die Tränen Regen und Feuchtigkeit repräsentierten.

Tezcatlipoca war der Gott des Nordens, der Kälte, des Nachthimmels samt Mond und Sterne, der Farbe Schwarz,der Materie, des Krieges, der Helden, der Versuchung. Weitere Attribute waren sein Opfermesser aus Obsidian und sein Jaguar-Gewand. Sein Name wird auch mit "rauchender Spiegel" übersetzt; dieses spielt auf seine Verbindung zu Obsidian an. Aus diesem Material waren Spiegel gefertigt, die für Rituale und Weissagungen verwendet wurden. Tezcatlipoca wird auch beschrieben als Rivale von Quetzalcoatl. Im Kampf dieser Gottheiten wird die erste, die zweite, die dritte und die vierte Sonne (=Welt) zerstört, bzw. wieder neu errichtet. Die Zeit der spanischen Erorberung ist das Zeitalter der fünften Sonne, sie soll nach aztekischen Legenden durch ein Erdbeben zerstört werden.In den Mythen wurden die vier Götter, die die Welt erschaffen haben, Tezcatlipoca, Quetzalcoatl, Huitzilopochtli und Xipe Totec jeweils als das Schwarze, das Weiße, die Blaue und die Rote Tezcatlipoca bezeichnet. Die vier Tezcatlipocas waren die Söhne/Töchter von Ometeotl, männlichesund weibliches Prinzip der Dualität, und waren die Schöpfer aller anderen Götter, aber auch der Welt und der ganzen Menschheit. Die Azteken errichten diesem Gott der Zweiheit, eigentlich der Urschöpferin des Universums keinen eigenenTempel; sie gingen davon aus, dass diese Gottheit keinen Anteil an den alltäglichen Geschehnissen des Lebens hat.Eine der wichtigsten Zeremonien der aztekischen Religion war die Opferung eines Jugendlichen, der Tezcatlipoca symbolisierte. Ein Jugendlicher bot sich zum Opfer an, wurde ein Jahr lang als Gott verehrt und spielte während dieser Zeit auf den Straßen Flöte. Am Ende des Jahres musste er die Stufen zum Tempel besteigen und vier Flöten zerbrechen, welche die Himmelsrichtungen symbolisierten. Schließlich legte er sich auf den Opferstein, wo ihm das Herz herausgeschnitten wurde.

Quetzalcoatl (gefiederte Schlange) ist eine synkretische Gottheit mehrerermesoamerikanischer Kulturen, darunter der Tolteken, der Azteken und der Maya. In der aztekischen Mythologie ist Quetzalcoatl derGott des Windes, des Himmels, der Erde und ein Schöpfergott. Ersymbolisiert den Ozean. In Teotihuacán, eine Tempelanlage ca.70km nörtlich von Tenochtitlan, wurde er früh als Naturgottverehrt (Tempel des Quetzalcoatl). Eine Überlieferung besagt, Quetzalcoatl hätte bei seinerEinschiffung und Abreise nach dem geheimnisvollen Tlapallan verkündet, dereinst über den Atlantischen Ozean mit seinem

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Gefolge zurückzukehren, um sein Reich wieder in Besitz zu nehmen. Dies war einer der Gründe, weshalb im 16. Jahrhundert der Herrscher Moctezuma II. den spanischen Eroberen nur zögerlich Widerstand entgegensetzte: Er konnte nicht ausschließen, es mit den Gesandten des zurückkehrenden Gottes zu tun zu haben; die Azteken sahen Quetzalcoatl als bärtigen und hellhäutigen Mann, also auch in der äußeren Erscheinung fremd und "göttlich". Die Legende verspricht nach seiner Rückkehr ein friedliches Leben, ein Leben ohne Mühen.

Xipe Totec („unser Herr, der Geschundene“) ist der Vegetationsgott undgleichzeitig Gott des Frühlings, der aufkeimenden Saat undder Jahreszeiten. Außerdem personifiziert er das notwendigeLeiden und den Kampf in der Natur. Dargestellt wird XipeTotec mit roter Körperbemalung und mit einer Menschenhaut.Im Frühjahr wurde ihm zu Ehren ein Fest gefeiert, dasTlacaxipenaliztli, welches mit Menschenopfern verbundenwar. Als Symbol für den Kreislauf von Leben und Sterben inder Natur opferte man einen – den Xipe Totec darstellenden –Kriegsgefangenen, dem man die Haut abzog mit der sich derOpferpriester dann bekleidete (enthäuten heißt auch schindenund ist von der Antike bis zum Mittelalter als Folter- und Hinrichtungsmethode bekannt). In der Schöpfungsmythologie ist Xipe Totec einer der Götter, der durch Selbstopferung den Lauf der Sonne unterstützt.

Mictlan ist in der aztekischen Mythologie die Bezeichnung für dieUnterwelt und den Ort des Todes. Herrscher von Mictlan warMictlantecuhtli (Herr des Todes), der meist als furchterregendeGestalt dargestellt wurde. In der Drei-Ebenen-Vorstellung derAzteken war Mictlan unter Topan (der Oberwelt) undCemanahuatl (der von den Menschen bewohnten Mittelwelt) dieunterste Ebene. Nach Mictlan kamen alle Personen, die einesnatürlichen Todes starben. Gefallene Krieger und Frauen, die beider Geburt eines Kindes starben, kamen direkt in eine höhere Stufeund mussten Mictlan nicht durchlaufen. Gleiches galt fürPersonen, die ertranken oder vom Blitz erschlagen wurden. DieUnterwelt Mictlan bestand aus neun Stufen, die man vier Jahrelang durchlief. Man musste während dieser Zeit schwierige Prüfungen absolvieren, um die Stufen überwinden zu können. Am Ende dieser Zeit gelangten die Verstorbenen an einen siebenarmigen Fluss, der nur mit Hilfe des Seelengeleiters Xolotl (dem Wächter der Unterwelt) überwunden werden konnte. Erst nach Überquerung des Flusses gelangte man nach Omeyocan, das das endgültige Ziel im Inneren des Himmels darstellte.

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3 Adler- und JaguarkriegerDer Staat der Azteken war kriegerisch ausgerichtet.In ihrem Eroberungsdrang unterwarfen sie weiteTeile des Landes um Tribute zu fordern und so ihrenMachtbereich zu sichern und auszudehmen, im Jahr1519 sollen die Azteken mit mehr als 300 Städtensolche Tributvereinbahrungen gehabt haben. DieAbgaben wurden nicht nur in Form vonNahrungsmitteln, Mais und Bohnen, sondern auchin Form von (Kunst-)Gegenständen für den täglichenGebrauch, Keramik, Muscheln oder z.B. Federn vonVögeln zur Herstellung von Federschmuck undFedermosaiken, erbracht.An der Spitze der miltärischen Einheiten standen diearistokratischen Jaguar- und Adlerkrieger. Die Azteken betrachteten den Adler als "furchtlos, tapfer und wagemutigen" Vogel, der "schwingenschlagend und schreiend "der Sonne ins Gesicht sehen" konnte.Den Jaguar hielten sie für "vorsichtig, weise und stolz", ein mächtiges Tier, von dem die Pfeile des Jägers abglitten, während er zum Sprung auf seinen Angreifer ansetzte. Der Adlerkrieger ist der Sonne gewidmet, der Jaguarkrieger entsprechend der Nacht.Jeder Orden hatte im Palast sein eigenes Haus, in dem der Kriegsrat tagte. In der sogenannten Halle der Adlerkrieger gab es zwei lebensgroße Statuen von Adlerkriegern aus gebranntem Ton, die mit Stuck überzogen und bemalt waren. Man nimmt an, dass der Komplex für Zeremonien des Ordens, etwa der Anbetung ihres Sonnengottes Tonatiuh, benutzt wurde; seine Nähe zum königlichen Palast läßt vermuten, dass auch der Herrscher zu militärischen Beratungen hierher kam. Am Eingang zum Haus der Adler wachen zwei Statuen des Totengottes Mictlantecuhtli.Jeder Junge wurde schon als Kind in der Kampfkunst unterrichtet, mit etwa 10 Jahren als heiliger Krieger initiiert, mit etwa 15 an den Waffen ausgebildet um in den Schlachten als "Schüler" dabei zu sein. Die kriegerischen Auseinandersetzungen hatten, neben der Unterwerfung der Besiegten, auch das Ziel, Gefangene für die notwendigen Opferungen zu machen. DieZahl der Gefangenen war entscheidend für den Aufstieg in höhere kriegerische und gesellschafliche Ränge. Die verschiedenen Ränge der Krieger waren an den unterschiedlichen Ausschmückungen ihrer Kriegskleidung selbst auf dem Schlachtfeld weithin sichtbar, Federschmuck, Schilde, Standarten... In der Mythologie sind die Adlerkrieger, die in einer Schlacht getötet oder gefangengenommen und bei einem Fest geopfert wurden, die Begleiter der Sonne vonSonnenaufgang bis zum Mittag. Frauen, die im Kindbett gestorben waren,begleiteten die Sonne weiter vom Mittag bis zum Sonnenuntergang.Der Adlerkrieger repräsentiert die aztekische Kultur und erinnert an diemexikanische Tradition (z.B. Staatl. Fluggesellschaft Mexicos).

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„Blumen für die Götter“ (Gefangene)Eine besondere Form der kriegerischen Auseinandersetzungen waren die Blumenkriege (xochiyaoyotl)Ein Blumenkrieg lief nach festen Regeln und Ritualen ab, ganz im Gegensatz zu den Eroberungskriegen. Die Kämpfe begannen gewöhnlich bei Tagesanbruch mit Rauchsignalen. Die sich gegenüberstehenden Heere schickten nur jeweils eine Reihe Kämpfer gegeneinander. Zu Beginn des Kampfes durften nur die besten Krieger kämpfen. Die anderen warteten dahinter, bis siean der Reihe waren. Gekämpft wurde Mann gegen Mann. Jugendliche durften entweder gar nicht kämpfen und mussten sich mit dem Zuschauen begnügen, oder ihnen wurde ein etwa gleichaltriger Gegner gestellt. Während des Kampfes wurden die Kontrahenten von ihren Kameraden lautstark angefeuert. Wenn ein Krieger müde wurde, zog er sich zurück und wurde ersetzt. Diese Rotation erlaubte einen Kampf über viele Stunden. Selbst bei größtem Risiko für das eigene Leben wurde versucht, den Gegner lebendig zu fangen. Hatten die Kämpfer genügend Gefangene gemacht, verließen sie das Schlachtfeld und führten die unterlegenen Gegner fort. Da sowohl die Azteken als auch ihre Gegner, z.B. unabhängige Enklaven, wie Tlaxcala und Huexotzingo Menschenopfer für ihre religiösen Riten benötigten, verabredeten und trafen sich die Kriegsparteien zu diesen Schlachten regelmäßig. Es galt als ruhmreich, als Gefangener oder auf dem Schlachtfeld zu sterben,denn so kamen die Seelen der Krieger nicht in das Land der Toten der Unterwelt, sondern direkt ins Paradies des Sonnengottes.

Opferfeste, Menschenopfer Die Azteken glaubten wie andere Völker Mesoamerikas, dass das ganze Leben in eine magisch-religiöse Ordnung eingebunden war, h.d. dass alle Erscheinungen durch göttliche Kräfte hervorgerufen und bestimmt wurden. Ihre Religion ist die Verschmelzug aus religiösen Konzepten vorhergehender Kulturen, Olmeken, Tolteken..., deren Götter verschmelzen teilweise mit ihren eigenen und bilden neue Konstellationen oder machen weitere Attribute einer Gottheit deutlich. Die Götter wurden entweder in Tiergestalt, in Tier-Mensch-Gestalt oder als Ritualgegenstand dargestellt. Jeder Gott gehörte einem von drei Bereichen der Götterwelt an:

den Schöpfergottheiten in der Überwelt Topan (= Himmel)den Fruchtbarkeitsgöttern in der Mittelwelt Cemanahuatl (= Erde)den Göttern der Unterwelt Mictlan

Die Hauptstadt Tenochtitlan ist in vier Stadtteile angelegt.Ebenso repräsentiert der zentrale Tempelbezirk in seinemGrundriss die Ordnung des Universums in vierWeltgegenden. Die vier Himmelsrichtungen mit dem Laufder Sonne, sind die markanten Bausteine für die aztekischeMythologie. Auf dieser Grundordnung erhalten dieunterschiedlichen Gottheiten ihren Platz, entsprechendihrer Bedeutung im alltäglichen Kreislauf von Werden undVergehen werden ihnen zu Ehren teils vieltägige Festeveranstaltet. Ausgehend von den Schöpfungsmythen, hat das Blut der sich opfernden Götter die Sonne in Bewegung gesetzt. Die Menschenopfer, ihre Herzen und ihr Blut sind das notwendige

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Mittel um diesen Lauf der Sonne aufrecht zu erhalten. Mit dem Sonnenuntergang im Westen werden die Menschen täglich an dieses notwendige Opfer erinnert. Es entwickelt sich ein Opferkult,der die Opfer verehrt und ihnen den direkten Weg ins Sonnenparadies verspricht. Es gibt mehr als 70 Gottheiten, 13 von ihnen werden in Verbindung zu Menschopfern genannt. Opfer waren vor Allem gefangene Krieger aus den Eroberungsfeldzügen oder verabredeten Blumenkriegen, aber auch Sklaven und Kinder. Vielfältige archäologische Funde zeigen Gegenstände für die Opferritualeund verweisen auf die Unterschiedlichkeiten in den Ritualen. Es gibt Opfersteine, auf denen das Opfer ausgestreckt wurde, um das Herz mit einem Obsidianmesser herauszuschneiden, besonders verzierte Steinbecken, für das Herz und das Blut. Opfer wurden auch durch Pfeile oder im Opferkampf mit Adler- und Jaguarkriegern getötet. Zu Ehren des Fruchbarkeitsgottes Xipe Totec werden die Opfer gehäutet, als Symbol für die Wiedergeburt und Erneuerung, eine Huldigung an die Keimung und das Auftauchen der Sprossen aus scheinbar lebloser Erde. Die Opferungen finden auf dem Opferplatz auf dem Templo Mayor statt, die so Getöteten werden die Steintreppe hinuntergeworfen.

(die Fotos zeigen Opfergefäße in Form von Adler undJaguar, sogenannte Cuauhxicalli, um die Herzen und dasBlut der Opfer aufzunehmen)

Überlieferungen, Aufzeichnungen, Codices

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Die Azteken hatten keine Schriftsprache. Alle Kenntnisse über die Azteken entstammen Steinmonumenten, Wandmalereien, mündlichen Überlieferungen und Codices. Es ist fraglich, ob heute überhaupt ein aztekischer Codex aus vorspanischer Zeit existiert oder ob alle diese Bilderhandschriften von den spanisch christlichen Interpretationen beeinflußt sind. Als sicher gilt, dass die meisten nach der spanischen Eroberung verfasst wurden. Als Quellen gelten christliche Missionare, die sich ein Bild von der aztekischen Kultur machen wollten, auch als Belege für die notwendige Christianisierung dieser "blutsüchtigen" Kultur. Solche Aufzeichnungen sind aus mündlichen Überlieferungen aus der Sprache der Azteken (Nahuatl) entstanden. Dass es überhaupt schriftliche Überlieferungen gibt, ist der Kooperation von Missionaren und der indigenen Elite zu verdanken. Die indigenen Ältesten erklärten sich bereit, den Mönchen ihr Wissenüber ihre Kultur mitzuteilen und sollen ihnen Codices aus amate – Baumrinde, Hirschleder und Baumwolle gezeigt haben. Laut Sahagún hat es bei den Azteken den Berufsstand des Maler-Schreibers gegeben. Fray Bernardino de Sahagún (1499 - 1590) war ein spanisch christlicher Missionar und Ethnologe. Er ist Autor des bedeutendsten zeitgenössischen Werkes über das Leben und die Kultur der Azteken. Sahagún beschreibt wie er bei seinen Feldforschungen vorging. Zunächst versammelteer die Ältesten und den Dorfherrn, der meist über gute Kenntnisse des zivilen, militärischen, politischen und religiösen Umfeldes verfügte. Diesem Personenkreis erläuterte er seinen Plan und ließ sich von ihnen erfahrene Informanten benennen, die ihm seine Fragen beantworten konnten. Am nächsten Tag traf er sich mit den zehn bis zwölf genannten Personen, meist älteren Leuten, die er zusammen mit einigen seiner Lateinschüler befragte, die er zuvor in Tlatelolco unterrichtet hatte. Mit diesen Dolmetschern und Informanten, die jeweils zur führenden Schicht des Landes zählten, brachte er tageweise zwei Jahre lang mit Unterhaltungen und systematischen Befragungen zu, die die fremde Welt von oben (Götter, Schöpfung, Mythen) bis unten (Tiere, Pflanzen) abhandelten. Scholastische Akribie, Sprachkenntnisse und "Unvoreingenommenheit" gegenüber der fremden Kultur vereinigten sich so zu einem Ganzen. In all dieser Arbeit war er somit ein Übersetzer von Schriften aus dem und ins Nahuatl und ein (parteiischer) kultureller Übersetzer. Ähnliche Bestrebungen gab es auch bei überlebenden indigenen Ältesten und Weisen, die an der Erhaltung und Erinnerung ihrer Kultur interessiert waren. Archäologische Untersuchungen lassen vermuten, dass eine 1588 verfasste Legende in Nahuatl sich auf Dokumente und Vorlagen aus vorspanischer Zeit stützt. Als weitere Quellen gelten mündliche Überlieferungen heiliger Hymnen, die bei großen religiösen Zeremonien zu Ehren der Götter angestimmt wurden. Durch den Einzug der lateinischen Sprache indas Alltagsleben der Indigenen, blieben Legenden, Dichtkunst und Berichte erhalten. Nezahualcoyotl (1402- 1472), ein Dichter und Weiser, soll als Beispiel gelten, dass das kulturelle Erbe der Azteken weit größer ist als ein auf Menschenopfer reduziertes, barbarisches Volk. In den Versen dieses Dichters drückt sich auch ein Bewußtsein des Wandels und ein Bewußtsein für "philosophische" Fragen aus.

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Ich, Nezahualcoyotl, frage dies: ist es wahr, daß man auf der Erde lebt? Was ist es, das hier Wurzeln hat? Nicht für immer auf Erden, nur eine kurze Weile hier. Und wäre es aus Jade, es wird zerbrechen; und wäre es aus Türkis, es wird zerspringen, als wäre es nichts als Federn des Quetzal. Nicht für immer auf Erden, nur eine kurze Weile hier.

...................

Eines Tages müssen wir gehen, eines Nachts müssen wir hinabsteigen ins Reich des Mysteriums. Hier erst lernen wir uns wahrhaft kennen; nur im Schwinden sind wir auf Erden.

...........

Verbringen wir unser Leben in Frieden und Freuden. Kommt, laßt es uns wohl ergehen! Zorn ist nichts für uns, die Erde ist ja so groß! Könnte diese für immer leben, bräuchten wir nie zu sterben!

(aus:Cantares Mexicanos, 1994)

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4 Adlerkrieger um 1460-1469, aztekisch, gebrannter Ton, Stuckreste und Farbspuren

170 x 118 x 55cm, Museo del Templo Mayor, Mexico-Stadt

Beschreibung der Körperhaltungstehend, Füße hüftbreit, gerade nach vorn. Knie durchgestreckt ohne zu überspannen. Oberkörper ist in der Hüfte in gerader Linie nach vorn gebeugt. Po bewegt sich nach hinten. Arme seitlich vom Körper abstehend. Unterarme nach vorn gewinkelt. Hände in der Linie der Unterarme nach vorn. Finger so geschlossen als wenn sie einen Stab umfassen. Daumenkuppe liegt auf Zeigefingerkuppe. Die so geschlossenen Hände sind leicht nach innen geneigt. Mund ist leicht geöffnet, die obere Zahnreihe ist sichtbar.

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ErfahrungenDie Erfahrungen zeigen, dass die Körperposition leicht, ohne Schwierigkeiten einzunehmen und zu halten ist. Körperliche Spannungen, erhöhte körperliche Aufmerksamkeiten äußerten sich im unteren Rücken und in den Händen. Von einigen Teilnehmern wurde das Bedürfnis, der Wunsch geäußert, etwas in den Händen halten zu wollen: einen Stab, ein Schwert, eine Fackel ... es gab mehrfache Hinweise, mit dieser Hand-/Armhaltung die Möglichkeit zu haben, etwas zu steuern, sich auszurichten, seine Richtung zu lenken,Einige der Teilnehmer hatten Eindrücke von unendlicher Weite, Flug durch den Raum und durch die Zeiten, in einer Distanz zu den Dingen, die Dinge von außen zu sehen. Es manifestiert sich ein Wissen über die eigenen Möglichkeiten. Dieses Wissen gibt Zuversicht und Vertrauen, macht stabil.Diese Möglichkeiten müssen nicht bewiesen werden, sie sind und sie sind selbstverständlich.Das Erleben in dieser Haltung äußert sich in:

➢ Leichtigkeit – Schönheit – Selbstverständlichkeit – Distanz – Möglichkeit – Beweglichkeit –

➢ Macht (positive Stärke) – Kraft – Fähigkeit – lustvoll kämpferische Energie – kraftvoll kämpferische Bewegungen –

➢ Fliegen – Fliegen über die Welt –

➢ Feuer – Fackeln – warme Energie – Hitze –

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KriegerTon; modelliert, bemalt, 72cmMexiko, Golfküstenregion, Huaxtekisch ca. 800-1200 n.Chr.

Der aufrecht stehende Krieger ist mit dem Balg eines Jaguarsbekleidet (Balg ist die Bezeichnung für eine abgezogeneTierhaut mit Haaren, Fell oder Federn). Das mit dickenNopppen bedeckte, eng anliegende und bis zu denOberschenkeln reichende Fellgewand ist im Rückenverschnürt. Der Kopf der Trophäe bildet den Helm; deraufgerissene Rachen gibt das Gesicht des Kriegers frei. Erträgt ein Stirnband mit schmückender Perle und einen langenNasenpflock, der ihn als Huaxteken kennzeichnet. In seinemgeöffneten Mund wir die obere Zahnreihe sichtbar. DieOberarme sind an den Körper angelegt, die Unterarmewaagerecht angehoben; in jeder Hand hielt der Krieger einestabartige Waffe. Unterhalb der Knie trägt er einSchmuckband aus scheibenförmigen Gliedern. Die Füssestecken in Sandalen, welche mit Bändern verschnürt sind.Rote Bemalung der Hautpartien; der knopfartige Bauchnabel,in Form eines Kiesels, ist mit schwarzem Kautschuk bemalt.Die Statuette stellt einen Jaguarkrieger dar. Seine Sandalenkennzeichnen ihn als Adeligen, denn das Tragen vonSchuhwerk war im alten Mexiko den Mitgliedern höherersozialer Schichten vorbehalten. Mitglieder des Adelsstandeswählten die tapfersten Kämpfer aus, die Krieger-Ordenbildeten und sich unter den Schutz eines Wilden Tieres,vorzugsweise eines Adler, Jaguars oder Koyoten, stellten.Eine wesentliche Aufgabe ihrer Tätigkeit war die Teilnahmean rituellen Zweikämpfen. Das übergezogene Fell war nichtnur eine Schutzausrüstung, sondern diente auch derAbschreckung des Gegners. Wie in der alten Welt dasLöwenfell des griechischen Helden Herakles, bildet auch bei dieser Statuette ein Tierkopf den Helm. Hierin kommt die aus vielen Kulturen bekannte Vorstellung zum Ausdruck, dass die Kraft des Tieres auf den Menschen übergeht. Quelle: Idole Masken Menschen, Ausstellungskatalog, 1992

Xipe Totec mit Menschenhaut, die der Haut des Jaguarkriegers sehr ähnlich ist sitzende Figur zeigt eine andere Figur von Xipe Totec und eine Schnürung am Rücken

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Yua-Maske eines Vogelsbemaltes Holz, 28 x 39 cm, um 1880

nachdem der Großrabe die Welt Yup´ik erschaffenhat, waren sich Mensch und Tier über lange Zeithin sehr ähnlich. Sie konnten mit LeichtigkeitTier- oder Menschengestalt annehmen. Das Tierbewahrte sich diese Fähigkeit der>Demaskierung<, es braucht nur seinen Schnabeloder seine Schnauze zurückzuschieben, schonwird sein Zweitwesen, das es mit dem Menschengemein hat, sichtbar: die Yua, seine Seele. Alleinder Schamane ist noch fähig, sie zu sehem; ausseiner Vision entsteht die Maske.Quelle: Eskimo Masken aus Alaska, Amez 1992

Das Symbol des AdlersDer Adler, mhd. adler, adelar (e), eigtl. = Edelaar, ist ein großer Greifvogel mit kräftigem Hakenschnabel, befiederten Läufen und starken Krallen. Der Adler war bereits im Altertum ein Königs-, Götter-, Herrschafts- und Machtsymbol, gilt auch wegen der Spannweite seiner Flügel als König der Vögel. Er wird vor allem wegen der Eigenschaften Kraft, Ausdauer, Leichtigkeit, Schnelligkeit, Freiheit und seinen Flug gegen den Himmel bewundert. Als Besieger von Schlangen und Drachen ist der Adler Symbol des Sieges des Lichtes über die dunklen, chthonischen Mächte. Im germanischen Mythos sitzt oben im Weltenbaum, Yggdrasil, ein Adler. Von hier aus kann er das Weltgeschehen überblicken. Nichts entgeht seinem scharfen Verstand und seinen wachen Augen. Der Adler ist Attribut des zum Himmel aufgefahrenen Propheten Elias, des in den Himmel aufgefahrenen Christus und des Evangelisten Johannes. In sprachlichen Bildern werden positive Eigenschaften des Adlers betont."Einen Adlerblick haben" bedeutet, einen scharfen, durchdringenden, alles in Schnelligkeit erkennenden Blick haben. "Auf Adlerflügeln davonfliegen" meint geistige Höhenflüge, eine geistige Entwicklung zu durchlaufen. Aufgrund der ihm zugeschriebenen Macht- und Herrschaftsaspekte, der Wehrhaftigkeit und als Zeichen der Souveränität ist der Adler Symbol vieler Wappen und Staatsembleme, oft mit zwei Köpfen (Doppeladler). Der Adler ist in den Bergen und dem unbegrenzten Luft- und Lichtbereich des Himmels heimisch, deshalb dem Logos-Prinzip, dem Bereich des großen Väterlich-Männlichen zugeordnet. Da er nach Aristoteles beim Aufsteigen direkt in die Sonne blickt, ist er ein Symbol für Kontemplation und spirituelle Selbsterkenntnis. Auch fliegt der Adler so hoch hinauf in die Sonne wie kein anderer Vogel, er ist Sonnenvogel, steht in der Verbindung zum Licht, zur Sonne, zur lebensspendenden Kraft.

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Bei einigen sibirischen Völkern gilt der Adler als Urschamane, als Helfer des Schamanen bei der Himmelfahrt, oder der Schamane wird von einem Adlerweibchen geboren; auch bei den Finnen galtder erste Schamane, Vainamoinen, als Nachkomme eines Adlers. Alfred Stolz beschreibt Schamanenkostüme im nordasiatischen Ländern. Er nennt Eule, Uhu, Ente, Gans und Tauchervögel.In seiner Aufzählung finden sich auch Adlerfedern und Adlerkrallen zur Ausschmückung. Der Adlergalt dort als heilig, als Herr über Feuer und Sonne, als Ursprung alles natürlichen Gedeihens. Es gibt Legenden, dass der erste Schamne von einem himmlischen Adler mit einer menschlichen Frau gezeugt wurde oder dass ein Adler die werdenden Schamanen auf dem Weltenbaum ausbrüte. Man war überzeugt, dass eine Seelenreise/Jenseitsreise in einem Vogelkostüm leichter falle. Auch die spirituellen Fähigkeiten der Vögel gingen auf den Schamanen über und die Abwehr böser Kräfte war durch das Anlegen eines Tierkleides leichter möglich. Nach Stolz wurden Vogelkostüme auch zusammen mit Kostümen von geweihtragenden Tieren (Cerviden) vermischt. Das sind meist Kopfbedeckungen mit Gehörn- oder Geweihnachbildungen. Teilweise werden diese Kostüme mit weiteren magischen Hilfsmitteln versehen, Eisen, Fell, Stoff, Knochen...). Im Unterschied zu den "leichteren" Vogelkostümen, dienten die "schwereren", versehen mit Metall, Gehörn und Knochen, der Reise in die Unterwelt. An anderer Stelle nennt Alfred Stolz Möwe, Taucher, Schwan, Adler undKranich als Hilfsgeister; Federsymbole in Form von eisernen Anhängern und symbolische Tierfiguren aus Metall am Kostüm, eine geritzte Rabenabbildung auf dem Schamanensitz oder sogar ein vollständiges Vogelskelett aus Eisen. Dies, so meint er, unterstreiche die sakrale und magische Bedeutung des Vogels in der schamanischen Vorstellungswelt. Eliade schreibt, "diese Tracht (das Vogelkostüm) anlegen heißt, den mystischen Zustand wiedergewinnen, der in den langen Initiationserlebnissen und -zeremonien geoffenbart und befestigt worden ist." Auch ist es üblich, während der Initiationszeit, die Stimmen der Tiere, vor allem den Gesang der Vögel nachzuahmen. Ihre Sprache lernen, ihre Stimme nachahmen bedeutet mit dem Jenseits, mit dem Himmel in Verbindung treten zu können, bedeutet, als Vogel oder mit Unterstützung eines Vogels als Hilfsgeist zwischen den drei Zonen Unterwelt, Erde und Himmel freie Bahn zu haben.

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~Die Sonne; als religiöses Symbol verkörpert sie die höchste kosmische Macht, das

Zentrum des Seins und intuitiver Erkenntnis, der Geistfunke im Menschen. "Es gibt nichts Sichtbares auf der ganzen Welt, das es mehr verdiente, als Symbol für Gott zu dienen, als die Sonne, die zuerst sich selbst und danach alle Körper des Himmels und der Welt mit sichtbarem Leben erleuchtet." (Dante)

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Der Adler besucht die Erde, doch säumt nicht,schüttelt vom Flügel den Staub und kehrt zur Sonne

zurück!Matthias Claudius

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5 SchlußbemerkungenDie Azteken, die so heißen weil sie aus einem unbekannten Aztlan auf Geheiß ihres Schutzgottes aufbrechen, verändern auf ihrer Wanderschaft ihren Namen. Unter ihrem Anführer Tenoch werden sie Tenochca genannt. Letzendlich siedeln sie sich auf einer sumpfigen Insel im See Tetzcoco, im mexikanischen Hochland, an. Von da ab nennen sie sich Mexikaner, nach einem geheimen Namen ihres Schutzgottes.Sie ziehen durch ein Land voller Kulturvergangenheit. Vor der Gründung der Stadt Tenochtitlan gibtes große Kulturen in Mesoamerika auf deren Erbe die Azteken ihre eigene entwickeln. Sie nutzen die Kulturgüter vergangener Kulturen als Kultstätten für Opferzeremonien. Teotihuacán liegt nur ca. 70 km nördlich; verschiedene Herrscher sollen regelmäßig in die Stadt der Sonnen- und Mondpyramide "gepilgert" sein um die Götter zu ehren. Gottheiten früherer Volksgruppen werden in ihre Götterwelt teilweise eingebunden und bilden ein komplexes System. Einzelne Götter erhalten neue oder auch zwei Namen, die einen weiteren Aspekt ihrer Qualität repräsentieren. In ihrem Drang zur Vorherrschaft unterwerfen sie viele Volksgruppen, ohne sie zu vernichten; ihr Interesse zielt mehr darauf ab, Tributzahlungen zu erhalten und ihre Macht zu stärken und weiter auszubauen, sprich: Eroberungsfeldzüge durchzuführen. In ihrer stärker werdenden Angst vor dem Untergang der Welt, der fünften Sonne, steigen ihre Anstrengungen, diese endgültige Katatrophe mittels Steigerung der Zahl der Menschenopfer abzuwenden. In Überlieferungen der Konquistadoren werden Zahlen von 20.000 Menschenopfern innerhalb von vier Tagen zur Wiedereinweihung des Tempels in Jahr 1487 genannt. Diese Zahlen werden von "neutralen" Wissenschaftlern und Archäologen als übertrieben bezweifelt. Es wird in Frage gestellt, ob solch eine Anzahl von Menschenopfern logistisch durchführbar gewesen wäre.Die Azteken sind, wie die Maya und Inka, eine der lezten mesoamerikanischen Kulturen, die in direkte Berührung mit der ´zivilisierten´ Kultur des modernen Europa gelangen. Hier treffen Poly- und Monotheismus aufeinander. Das Ausmaß und die Formen der Christianisierung lassen den eroberten Völkern keine Gelegenheit ihre Kultur zu entwickeln und/oder im Austausch mit der westlichen Kultur, ´ein Leben in Frieden und ohne Mühen´ zu leben (laut der Weissagung von Quetzalcoatl)Der Sieg der Spanier, die Unterwerfung der Azteken war auch auf folgende Faktoren zurückzuführen: Zum einen besaßen sie mit ihren Schusswaffen die überlegene Waffentechnik. Weiterhin brachten sie Krankheiten ins Land (Pocken und Masern...), gegen welche die einheimische Bevölkerung keinerlei Immunität besaß und die zu einer großen Sterblichkeit führten. Schätzungen zufolge sank die Einwohnerzahl der mexikanischen Urbevölkerung zwischen 1519 und 1565 von 25 Millionen auf 2,5 Millionen. Die Krankheiten der Europäer rafften nicht nur das einfache Volk hinweg. Sie machten auch nicht Halt vor den Herrschern, Priestern und Geschichtenerzählern. So wurden ganze Völker oft innerhalb kurzer Zeit ihrer kulturellen Identität und ihres Zusammenhalts beraubt. Das machte sie anfällig für den missionarischen Eifer der Konquistadoren. Trotz eigener vieltausendfacher Überlegenheit an verfügbaren Kriegern, war es den Azteken nicht möglich, die Gefährlichkeit der fremden Truppen richtig einzuschätzen. Insgesamt verloren die Spanier in ihrem gesamten Mexikofeldzug ca. 1000 Mann, bei einer Gesamtzahl von ca. 1800 die zwischen 1519 und 1521 ins Land gekommen waren (aus: laconquista.de/mexico). Die fehlende Kenntnis des kulturellen Hintergrunds der spanischen Gegner,ihrer wahren Intentionen und die Fesseln der eigenen Religion machten es den indigenen

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Herrschern schwer, richtig zu reagieren. In jedem Naturereignis sahen die Priester Vorzeichen der Götter, die häufig eine Lähmung der politischen Führung bewirkten. Außerdem gelang es den Spaniern viele Völker die zuvor von den Azteken unterworfen worden waren, als Verbündete zu gewinnen. Diese Völker versprachen sich die Befreiung von der Vorherrschaft der Azteken.

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In den ersten 50 Jahren nach der Entdeckung Amerikas durch die katholischen Spanier waren bereits eine Million Indianer im karibischen Raum zugrunde gegangen - ermordet, durch Zwangsarbeit zu Tode geschunden oder an Infektionen gestorben. Nach 150 Jahren waren in ganz Amerika 100 Millionen Menschen gestorben - über 90 Prozent der Bevölkerung (Südwestpresse, 2.5.92).Der brasilianische Theologe Leonardo Boff nennt die Eroberung Amerikas den »größten Völkermord aller Zeiten« (Publik-Forum, 31.5.91). beide zitiert in: kirchenopfer.de

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~Von dem spanischen Priester Bartolomé de Las Casas (1485-1566), der zu dieser Zeit sowohl auf Hispaniola wie später auf Kuba war und die menschenverachtende Vernichtung der Indios durch die spanischen Eroberer anprangerte, wird Hatuey, Häuptling der Taíno auf Kuba, folgende Rede zugeschrieben, bei der er den Kubanern ein Stück Gold gezeigt haben soll:

„Hier ist der Gott, den die Spanier verehren. Für diesen kämpfen sie und morden. Fürdiesen Gott verfolgen sie uns und darum müssen wir sie ins Meer werfen … Diese

Tyrannen sagen uns, dass sie einen Gott des Friedens und der Gleichheit anbeten undsie nehmen uns unser Land und machen uns zu Sklaven. Sie sprechen zu uns von einer

unsterblichen Seele und rauben unser Hab und Gut, verführen unsere Frauen undvergewaltigen unsere Töchter. Da ihr Mut nicht an unseren heranreicht, verstecken sich

diese Feiglinge unter Eisen, das von unseren Waffen nicht durchdrungen werdenkann…“

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Die Entwicklung der Kulturen steht in Verbindung mit der Versorgung von Lebensmitteln. In Chronologien werden älteste archäologische Funde auf ca. 10.000 – 7000 vor Chr. datiert. Die Domestikation von Mais als Kulturpflanze auf ca. 5000 v. Chr.; ab ca. 1500 v. Chr. bildet der Maisanbau die Lebensgrundlage für viele Völker in Mesoamerika. In den folgenden 3000 Jahren entstehen die Kulturen der Olmeken, Tolteken, Zapoteken, Maya, Azteken .... Sie erleben Aufstiege bis zu ihrer jeweiligen "Blütezeit" und Niedergang. Kulturgegenstände zeugen von den Eigenarten der jeweiligen Volksgruppen und geben "Einblicke" in ihre Götterwelten und Mythologien. Es enstehen Tempelanlagen, die mit der Entwicklung der Kulturen an Größe und Komplexität zunehmen. Diese Tempelanlagen sind auch Zeugen der Entwicklung und der Bedeutung der religiösen Handlungen, die in den jeweiligen Mythologien ihren Ursprung haben. Rituale und Opferhandlungen werden durchgeführt, um den ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens in Bewegung zu halten. Opferhandlungen sind notwendige Handlungen, um die Gottheiten wohlwollend zu stimmen. Der tägliche Lauf der Sonne, die Mondphasen, Geburt und Tod, Naturkatastropfen wie Dürre oder Überschwemmungen und Erscheinungen wie eine Sonnenfinsternis sind ´überwätigende´ Zeichen. Die einzige Möglichkeit, überhaupt irgendeinen "Einfluß" auf diesen Kreislauf zu haben und den vorhergesagten Untergang der Welt aufzuhalten ist, den Göttern das wertvollste Gut des Menschen zu opfern: sein Herz und sein Blut. Opferhandlungen sind in fast allen Kulturkreisen auf der ganzen Welt bekannt. Sie sind elementarer

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Bestandteil einer Religion und bezeichnen die Darbringung von verschiedenen Gegenständen an eine dem Menschen übergeordnete metaphysische Macht; dieses können Ahnen, Geister und Gottheiten sein. Blutopfer in Form von Selbstverletzung oder Selbstverstümmelung sind ebenfalls bekannt; Menschenopfer galten als die höchste Form der Opfergabe. Bei allen Arten von Blutopfern(auch Opfertiere) ist das fließende Blut das eigentlich Bedeutende, das Wesentliche. Blut ist das Symbol von Vitalität und der Träger der Lebenskraft. Inwieweit Menschenopfer für ein kultgebundenes Mahl verwendet wurden, ist auch bei den Azteken nicht zweifelsfrei belegbar, wobei es Hinweise solcher Handlungen gibt. Auch in der Antike gab es Opferpraktiken mit Menschenopfern. Unter dem Einfluß einer sich in Europa entwickelnden Humanphilosophie und des sich ausbreitenden Christentums, verschwinden Menschenopfer oder werden als symbolhafte Handlungen durchgeführt.

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Die Arbeit versucht, sich an die aztekische Kultur anzunähern. Sie soll Zugänge zur komplexen Götterwelt und Mythologie aufzeigen. Gesellschaftstruktur und Priesterschaft sind nicht behandelt. Ebensowenig finden innergesellschaftliche Machtstrukturen zur Aufrechterhaltung der hierarchischen Gesellschaftsordnung Beachtung.Die Kultur der Azteken wird in Ausstellungen, Büchern und Artikeln sehr oft in Verbindung mit denMenschenopfern genannt. Und/oder in Verbindung mit dem Gold der Azteken. Die Suche nach demlegendären El Dorado scheint auch für viele Abenteurer des 16. Jahrhunderts Antrieb gewesen zu sein, sich den Konquistadoren anzuschließen.Für die heutige westliche Kultur sind die genannten Zahlen und Beispiele der Opferpraktiken der Azteken Abschreckung und Faszination zugleich. Im Widerspruch zu den Menschenopfern steht, dass die Kultur der Azteken geschichtwissenschaflich als eine Hochkultur gilt. Die Ausarbeitung will auch darauf aufmerksam machen, dass die Eroberung Amerikas mit sehr hohen Opferzahlen der indigenen Bevölkerung verbunden war. Die Christianisierung mit den Praktiken der Inquisition scheinen den belegten Opferpraktiken der Azteken in ihrer Durchführung in nichts nachzustehen.Die Literatur und die Informationsquellen sind geprägt von Vermutungen und Interpretationen der jeweiligen Verfasser und des jeweiligen Zeitgeistes. Große Teile der Tempelanlage sind unter Neubauten vergraben und machen großflächige archäologische Ausgrabungen unmöglich. Seit Endeder 1970iger Jahre gibt es Abrisse von Gebäuden und Häuserblocks, um weitere Teile des Templo Mayor freizulegen. Die größte und älteste Kathedrale des amerikanischen Kontinents, erbaut ab 1573, liegt in unmittelbarer Nähe der Ausgrabungsstätten.

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6 AnhangChronologie des vorspanischen Mesoamerika (Auszüge)

ca. 10.000 – 7000 v. Chr Älteste Datierung von archäologischen Funden in Zentralmexiko (Tlapacoya) und auf der Halbinsel Yucatán

ca. 5000 v. Chr. erste Domestikation von Mais als Kulturpflanze ca. 1500 v. Chr. Der Maisanbau wird zur Lebensgrundlage für die Völker

Mesoamerikas; Nutzung von Obsidian für Werkzeuge ca. 1200 v. Chr. Beginn des Aufstiegs der Kultur der Olmeken; Tlatilco-Kultur in

Zentralmexiko ca. 850 v. Chr. erste Verarbeitung von Gold; erste Tempelpyramiden in La

Venta und Tres Zapotes ca. 500 v. Chr. Die Zerstörung von La Venta führt zum Untergang der

olmekischen Kultur ca. 125 v. Chr. erste datierbare Stelen im Gebiet der Maya ca. 100 n. Chr. Baubeginn der ersten Stufenpyramide in Teotihuacán in

Zentralmexiko, zwischen 200 und 250 n. Chr. Bau von Sonnen- und Mondpyramide

ca. 300 – 550 Blütezeit von Teotihuacán: Die Stadt war mit vermutlich rund 125.000Einwohnern die größte Ansiedlung des amerikanischen Kontinents.

ca. 500 Beginn der Blütezeit der zapotekischen Kultur ca. 600 – 650 Niedergang und darauffolgende Aufgabe der Stadt Teotihuacán ca. 950 Gründung der toltekischen Hauptstadt Tula 1168 Mit der Zerstörung Tulas durch die Chichimeken beginnt der

Niedergang des Reiches der Tolteken. ca. 1320 – 1350 Gründung der späteren aztekischen Hauptstadt Tenochtitlán 1487 Bei der Einweihung des Templo Mayor in Tenochtitlán werden

innerhalb von vier Tagen mehr als 20.000 Menschen geopfert. 1511 Erstes Auftauchen der Spanier an der Küste der Halbinsel Yucatán

(aus: wikipedia.de)

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Literaturangaben

zu AztekenAzteken, Ausstellungskatalog, Dumont 2003Cotti Burland, Werner Formann, Die Azteken, Menschenherzen für die Götter, Atlantis Verlag 1986Der Spiegel Nr. 22 / 26.5.2003GEO kompakt Nr. 16, 2008Jaguarmensch und Adlerkrieger, Ausstellungskatalog, 1991mexiko-mexico.deMythos Azteken 2002, Readers Digestorbisalia.de Spektrum der Wissenschaft Spezial Nr. 1/13Untergegangene Kulturen, Die Blutige Herrschaft der Azteken, Time-Life Bücher 1993wikipedia.de wikipedia.org

zu Schamanismus und TranceMircea Eliade, Schamanismus, Rascher Verlag 1954Felicitas D. Goodman, Wo die Geister auf den Winden reiten, 2007

Trance, Der uralte Weg zum Religiösen Erleben, 1996 Die andere Wirklichkeit, 1994

Joan Halifax, Schamanen, Insel Verlag 1983Andreas Lommel, Schamanen und Medizinmänner, Verlag Callwey 1965Nana Nauwald, Felicitas D. Goodmann, Das Praxisbuch, AT Verlag 2011Nana Nauwald, Schamanische Rituale der Wahrnehmung, AT Verlag 2010

Feuerfrau und Windgesang, AT Verlag 2010 Bärenkraft und Jaguarmedizin, AT Verlag 2002

Narren Künstler Heilige, Ausstellungskatalog 2012Schamanen Sibiriens, Ausstellungskatalog 2009Alfred Stolz, Schamanen, Dumont 1988Roger N. Walsh, Der Geist des Schamanismus, Patmos 1992

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~Das Fliegen, sagt der Reiseführer, ist eine Kunst oder vielmehr ein Trick.

Der Trick besteht darin, daß man lernt, wie man sich auf den Boden schmeißt, aber daneben.

Such dir einen schönen Tag aus und probier’s. (aus: per Anhalter durch die Galaxis, Teil 3, S. 71)

~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~

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