Aktiv in Kirche und Diakonie | September - November 2016
ForumBEK
ReformationsjubiläumWas 2017 in Bremen alles
geplant ist
KirchenmusikNeues Leitungs-Team
geht an der Start
LighthouseZwischenbilanz für dasmissionarische Zentrum
ImpressumBEK Forum ist das kostenlose Mitarbeitendenmagazin für alle Aktiven
in der Bremischen Evangelischen Kirche und der Diakonie.
Herausgeber: Bremische Evangelische Kirche
Das BEK Forum erscheint viermal jährlich.
Nächste Ausgabe: 10. November 2016.
Titelfoto: Nikolai Wolff, Reformationsbotschafterin Maria Esfandiari und
Reformationsbotschafter Jens Böhrnsen in der Kirche Unser Lieben Frauen.
www.kirche-bremen.de
I n h a lt
startklarAuftakt für 2017 3
Das Reformationsjubiläum in Bremen startet am 31. Oktober
aktuellReformkur? 6
Was die Gutachter zur BEK-Verfassung sagen
Die Umsatzsteuer steht an der Kirchentür 8
Was Gemeinden jetzt ganz schnell tun sollten
Neues Kirchenmusik-Leitungsteam am Start 10
Wechsel im Amt des Landeskirchenmusikdirektors
kompaktHimmlische Klänge mit großer Resonanz 12
Wissenswertes rund um die Kirchenmusik
praktischIn Kontakt 14
Wie sich ein zeitgemäßer Besuchsdienst organisieren lässt
Wenn die Gemeinde erben soll 16
Nachlassspenden erfordern viel Fingerspitzengefühl
geistreichLighthouse 18
Mit neuen Formaten Menschen für den Glauben gewinnen
aktuellMeldungen 20
persönlichPaten für junge Flüchtlinge 21
Insa Bertram unterstützt Ehrenamtliche
Türöffner zwischen Kirche und Schule 22
Das PIKS-Team bringt Kirche in die Schule
Geschlechtergerechtigkeit 23
Theresa Pieper ist die neue BEK-Gleichstellungsbeauftragte
Chef der Lutheraner 24
Friedhelm Blüthner leitet den Lutherischen Gemeindeverband
SAbINe HATSCHeR
Telefon 0421 / 55 97-224
MATTHIAS DeMbSKI
Telefon 0421 / 55 97-221
Redak t ion
Auftakt für 2017Auch wenn der eigentliche Stichtag, der Thesenanschlag des damaligen Augustinermönchs Martin Luther an der Tür der Witten-
berger Schlosskirche noch 365 Tage entfernt ist: Das Jubiläumsjahr „500 Jahre Reformation“ startet am 31. Oktober 2016, damit
ordentlich gefeiert werden kann. Eine Vielzahl von Aktionen und Veranstaltungen ist deutschlandweit, auch in Bremen, geplant.
startklar BEK Forum September 2016 3
text Matthias Dembskiillustration Ulrike Rank
Zum uftakt:Gottesdienst mit den Botschaftern
Am 31. Oktober 2016 eröffnet die Bremische Evange-
lische Kirche das Reformations-Jubiläumsjahr mit ei-
nem zentralen Gottesdienst in der St. Ansgarii-Kirche.
Dort hielt Heinrich von Zütphen 1522 die erste evan-
gelische Predigt an der Weser – auch wenn sich die
St. Ansgarii-Kirche heute, nach Kriegszerstörung neu
errichtet, an einem anderen Ort befindet. Im Gottes-
dienst werden die Reformationsbotschafter eingeführt
– begleitet von Bachs Reformationskantate „Ein feste
Burg ist unser Gott“. Außerdem wird die neu über-
setzte Luther-Bibel an diesem Tag vorgestellt, die einer
sprachlichen Rundumerneuerung auf Basis neuester
wissenschaftlicher Erkenntnisse unterzogen wurde.
Montag, 31. Oktober 2016, 18 Uhr
Kirche St. Ansgarii,
Schwachhauser Heerstraße 40
Bitten um ergebung:Die dunklen Seiten der Reformation
Reformation steht nicht unbedingt für Toleranz. Es gibt
auch die Schattenseiten: Hass, Vertreibungen, Glau-
benskriege. Die Juden, die Bauern, aber auch anders-
gläubige Christen bekamen das zu spüren. Dazu gibt
es unter anderem ein Blechbläseroratorium zu Anne
Frank im Bunker Valentin, das an die Leidensgeschich-
te der Juden erinnert. Evangelische und katholische
Kirche wollen mit dem Themen-Gottesdienst „Healing
of memories“ deutschlandweit um Vergebung für das
Leid bitten, das sie sich gegenseitig zugefügt haben.
Oratorium „Anne - auf dass wir klug werden“
Sonnabend, 11. März 2017, 18 Uhr
im Bunker Valentin
Gottesdienst „Healing of memories“
Sonntag, 12. März 2017
im St. Petri Dom
eformation on tour:Geschichtenmobil rollt nach Bremen
Ein multimediales „Geschichtenmobil“ besucht auf
einem „Europäischen Stationenweg“ 68 Städte und
kommt auch nach Bremen. Vorab predigt Bürgermeis-
ter a.D. Jens Böhrnsen am Sonntag, 19. März, in der St.
Ansgarii-Kirche. Am Dienstag, 21. März, findet in der
Kirche Unser Lieben Frauen das Ökumenische Stadt-
gespräch zum Thema Migrationserfahrungen statt.
Am Freitag, 24. März, erreicht das Geschichtenmo-
bil den Bremer Marktplatz. An Bord: Filme und Infos
sämtlicher Stationen. Um 19 Uhr findet im Festsaal der
Bremischen Bürgerschaft ein Geschichtenabend unter
dem Motto „Deine Geschichte für Europa“ statt.
Tags darauf öffnet das Geschichtenmobil seine Türen.
Dort werden dann auch sechs Hörspiele mit Bremer
Migrationsschicksalen aus sechs Jahrhunderten zu hö-
ren sein.
www.r2017.org
www.bremen2017.de
Weiter zum Thema auf Seite 4 und 5
Für die iakonie:
Filmprojekt „Türen der Gerechtigkeit“
Das Diakonische Werk Bremen beteiligt sich an der
deutschlandweiten Aktion der Diakonie unter dem
Motto „Türen öffnen. Gerechtigkeit leben“. In Krea-
tivworkshops können diakonische Einrichtungen eine
Tür zum Thema „Gerechtigkeit“ selber gestalten, die
später Teil einer großen Ausstellung in der Reforma-
tionsstadt Wittenberg wird. Wie die Aktion genau ab-
läuft, zeigt ein Film:
Weitere Infos:
Regina Gruse, Diakonisches Werk Bremen
Telefon 0421/163 84-17
www.diakonie2017.de
BEK Forum September 2016 startklar 54 startklar BEK Forum September 2016
text Matthias Dembskiillustration Ulrike Rank
Das 500-jährige Reformationsjubiläum wird ab 31. Oktober 2016 gefeiert.
Wir stellen die wichtigsten Vorhaben in Bremen vor.
Für die pädagogische emeindearbeit:
Fortbildungen zum Reformationsjubiläum
Der Beauftragtentag für die diakonisch-pädagogisch
Mitarbeitenden steht im Zeichen des Reformations-
jubiläums 2017: „Bremer Projekte – Impuls für die
Berufsgruppe“. Die Kulturwissenschaftlerin Andrea
Hauser stellt die Planungen und Ideen vor, die für Ju-
gend- und Konfirmandenarbeit interessant sind, unter
anderem die App für einen digitalen Stadtrundgang auf
den Spuren der Reformation in Bremen.
Donnerstag, 20. Oktober 2016, ab 9 Uhr
Haus der Kirche, Raum Lesum
Auch die Jahrestagung für die diakonisch-pädagogi-
sche Berufsgruppe vom 9. bis 12. Januar 2017 in Bad
Bederkesa wird sich anhand der Bibliodrama-Methode
mit dem Reformationsjubiläum beschäftigen.
Infos & Anmeldung: Katharina Kissling
Telefon 0421/55 97 241
ür Kinder & Jugendliche
Schreibnacht & Kinderkathedrale
Jugendkirche und Evangelische Studierendengemein-
de veranstalten Anfang 2017 eine lange Schreibnacht
zum Thema „Deine Geschichte für Europa“. Die dort
entstandenen Texte werden am 24. März in der Bremi-
schen Bürgerschaft präsentiert.
Am 2./3. September bauen vorangemeldete Kita- und
kirchliche Kindergruppen im Garten des forum Kir-
che an der Hollerallee eine Kinderkathedrale, die in
der ersten Septemberhälfte von Kita-Gruppen besucht
werden kann.
Am 30. Oktober 2017, schulfreier Brückentag zum
Reformationstag 2017, steigt in der Martin-Luther-Ge-
meinde Findorff ein bremenweites Jugendevent unter
dem Titel „Ich stehe hier und kann nicht anders“ mit
Themenräumen, Rollenspielen, Aktionen, einem Mu-
sical, einer abendlichen Party und einem mitternächt-
lichen Reformations-Jugendgottesdienst.
Kontakt und weitere Infos:
Uli Ruback
Telefon 0421/346 15-50/51
Pünktlich zum Start des Jubiläumsjahres geht
www.bremen2017.de an den Start.
Dort finden Sie Hintergrundinfos
und Veranstaltungshinweise.
Für wissenschaftlich nteressierte:
Fachtagungen zur Reformation
Vom 8. bis 10. Februar 2017 befasst sich die Tagung
„Die ‚andere Reformation‘ im Nordwesten. Bremen
und Westeuropa“ zu den Besonderheiten der bremi-
schen Reformation. Den Abendvortrag am 8. Februar
im Haus der Bürgerschaft hält der niederländische Re-
ligionshistoriker Fred van Lieburg.
Vom 5. bis 6. Mai findet dann in der Bürgerschaft die Ta-
gung „500 Jahre Reformation und die moderne Staat-
lichkeit im Wandel“ statt, bei der unter anderem auch
der bekannte Münchner Theologe Friedrich-Wihelm
Graf sprechen wird.
Infos & Anmeldungen
zur Tagung im Februar 2017:
Jan van de Kamp
Telefon 0421/218 67933
Infos & Anmeldungen zur Tagung im Mai:
Hans-Gerhard Klatt, Reformationsbeauftragter
Telefon 0421/55 97-326
Für usstellungsfreunde:
Von Schiffen bis zu Schnitzkunst
Von Ende April 2017 an zeigt der St. Petri Dom die
Ausstellung „Mündig werden“ über die Konfirmation
im Wandel der Zeiten. Im Mai 2017 startet im Haus der
Bürgerschaft die Ausstellung „Eingerollte Segel und
volle Fahrt – Bilder von Kirchen- und Staatsschiffen
im Medienkrieg der Reformationszeit“. Das Staatsar-
chiv zeigt vom 22. September 2017 an die Ausstellung
„Glaube und Politik 1500-1580“ mit Bremer Doku-
menten aus der Reformationszeit. Im Focke-Museum
ist 2017 Kunst der Bremer Snitker zu bewundern. Sie
schufen in der Reformationszeit Bilderreliefs, die in
Holzmöbel geschnitzt wurden.
In der Kulturkirche werden die Bögen wieder ausge-
malt: „Re FORM ation in der christlichen Bilderwelt“
ist der Ideenwettbewerb überschrieben, der in Kürze
startet. Die ausgemalten Bögen sind vom 14. Septem-
ber 2017 an zu sehen.
einen los:
Schiffs-Pilgerweg zum Kirchentag
Beim „Kirchentag auf dem Weg“ in Magdeburg im
Mai 2017 ist wieder ein Treffen für Sportboote aller
Art geplant. An diesem Kirchentag der Schiffe beteili-
gen sich auch die Oldenburgische und die Bremische
Kirche. Am 17. Mai starten private Sportboote und ein
großes Binnenschiff am Martini-Anleger. Auf dem Weg
nach Magdeburg soll es an drei Stationen unterwegs
auch Programm geben. Die Tour wird von Uli Ruback
aus dem Landesjugendpfarramt vorbereitet und beglei-
tet. Kosten: 59 Euro inklusive Kirchentagsdauerkarte
plus Liegegebühren auf den Unterwegsstationen.
Kontakt:
Uli Ruback
Telefon 0421/346 15-50/51
www.r2017.org/schiffstreffen
Für abarettfans:
„Dumm gelaufen – 500 Jahre Reformation“ Okko Herlyn, der bekannte Kirchenkabarettist, ist mit
seinem Reformationsprogramm in Bremen zu Gast.
Sonntag, 16. Oktobern 2016, 17 Uhr
im KITO - Altes Packhaus Vegesack
Vorverkauf 16/11 Euro, Abendkasse 19/14 Euro
www.kulturbuero-bremen-nord.de
www.bremen2017.de
Für usikfreunde:
Marktplatzkonzert & Blechbläser-Oratorium
Auch die Kirchenmusik zündet 2017 wieder ein wah-
res Klangfeuerwerk: Marktplatzaktionen zum Mitsin-
gen, ein Luthermusical für Kinderchöre, das Blechblä-
seroratorium zu Anne Frank am 11. März 2017, eine
Klang- und Lichtinstallation im Dom am 31. Oktober
2017 mit der Möglichkeit, eigene »Thesen« vorzutra-
gen und dabei mit der eigenen Stimme an einem gro-
ßen Ganzen mitzuwirken: Die Beiträge werden auf-
genommen, digital verarbeitet und über Lautsprecher
vielgestaltig wiedergegeben.
Bereits im November 2016 beginnt die Konzertreihe
des Ensembles Weser-Renaissance unter dem Titel
„Ein neues Lied wir heben an“.
www.kirche-bremen.de
www.weser-renaissance.de
Für martphone-Fans
Die Bremer Reformations-App
Ein realer Stadtrundgang im heutigen Bremen führt
Smartphone-User mit virtueller Hilfe zurück in das
Bremen der Reformationszeit.
Mit Unterstützung von Fachleuten der Bremer Univer-
sität wird gerade an einer App gearbeitet, die im März
2017 an den Start gehen soll.
Ab 16. Oktober erscheint als Beilage zu verschiedenen
Tages- und Wochenzeitungen eine Sonderausgabe des
Magazins Chrismon. Darin: Infos zum Reformationsju-
biläum im Nordwesten.
Gerade frisch erschienen ist auch das EKD-Magazin
zum Jubiläumsjahr 2017 unter dem Titel
„Gott neu vertrauen“.
Beide Heft werden an alle Gemeinden verschickt.
www.gott-neu-vertrauen.de
Der Film mit den Reformations-
Botschaftern Maria Esfandiari und
Jens Böhrnsen jetzt neu
im Youtube-Channel der
Bremischen Evangelischen Kirche
BEK Forum September 2016 aktuell 76 aktuell BEK Forum September 2016
Reformkur? text/foto Matthias Dembskigrafik Ulrike Rank
Soll die Kirchenverfassung von 1920 zu ihrem
100-jährigen Jubiläum reformiert werden? Um
diese Frage war es still geworden, nachdem 2013
ein erstes Rechtsgutachten vorlag. Ein zweites
Gutachten verzögerte sich bis zu diesem Jahr.
Jetzt soll die Diskussion über mögliche Eckpunkte
einer Reform aufgenommen werden, die dem
Kirchenparlament im Mai 2017 vorliegen sollen.
Gutachten zur Kirchenverfassung
Beide Gutachten zur Kirchenverfassung
als PDF im Mitarbeitendenportal
Gutachten des
Kirchenrechtlichen Instituts der EKD
(Hans Michael Heinig)
Ergänzungsgutachten des Schweizerischen
Evangelischen Kirchenbundes (Felix Frey)
www.bek-intern.de
Vortrag und Diskussion zum Schweizerischen Ergänzungsgutachten Mit dem Gutachter Felix Frey
Mittwoch, 19. Oktober, 18 Uhr,
Domkapitelsaal, Domsheide 8
www.bek-intern.de
„Der Auftrag der Kirche wird nicht erwähnt. (...) Es
fehlen Normen zur Ökumene. (...) Die Gemeinden
werden lediglich insofern erwähnt, dass ihre her-
kömmliche Selbständigkeit bestehen bleibt, ohne dass
diese näher definiert wird. (...) Es ist zu empfehlen,
den Dienst der Ehrenamtlichen zu würdigen. (...) Der
Dienst am (biblischen) Wort wird nicht erwähnt.“
Der Schweizer Gutachter kritisiert, dass die BEK-Ver-
fassung extrem lückenhaft ist.
Gutachten des Schweizerischen Kirchenbundes
„Der Gemeinde wird hier ein Grundrecht eingeräumt,
ähnlich wie es der Bürger dem Staat gegenüber gel-
tend machen kann. (...) Im Allgemeinen wird eher an-
genommen, dass die Glaubensausbildung einer einzel-
nen natürlichen Person vorbehalten ist.“
Der Gutachter meint, dass diese individuelle Reli-
gionsfreiheit (Grundgesetz Artikel 4) nicht auf eine
Gruppe/Gemeinde übertragbar ist. Die Lehrfreiheit im
geistlichen Bereich sei ebenso zu überdenken wie das
Verbot, dass sich das Kirchenparlament mit theologi-
schen Fragen befasst.
Gutachten des Schweizerischen Kirchenbundes
Aufsicht bedeutet für den EKD-Gutachter nicht Unter-
ordnung, sondern Verbesserung des kirchlichen Han-
delns durch Information, Beratung und Genehmigung.
„Bei der Visitation (Besuch der Kirchenleitung in den
Gemeinden, um deren Arbeit anzuschauen) kann
die Eigenständigkeit der Kirchengemeinden insofern
gewahrt werden, dass Beobachtungen mitgeteilt und
Hinweise für das weitere kirchliche Handeln gegeben
werden, diese aber nicht sanktioniert werden.“ Motto:
Empfehlung ja, Strafe bei Nichteinhaltung der Empfeh-
lung nein!
Gutachten Kirchenrechtliches Institut der EKD
Die Kirche habe sich seit 1920, gerade auch durch
den Kirchenkampf in der NS-Diktatur, verändert, sagt
das EKD-Gutachten. In der BEK-Verfassung fehle aber
der Zusammenhang von geistlicher und rechtlicher
Kirchenleitung. „Zum anderen sind die kirchlichen Ar-
beitsformen erheblich ausdifferenziert worden.“ Heißt:
Kirchliches Leben findet längst nicht mehr nur in Ge-
meinden statt – doch zu gesamtkirchlichen Angeboten
sagt die geltende Verfassung nichts.
Gutachten Kirchenrechtliches Institut der EKD
Bremische Besonderheiten, auf die man in der BEK
stolz ist, sind unter anderem die Selbständigkeit der
Gemeinden, die Vielfalt der theologischen Richtungen
und die starke Beteiligung von theologischen Laien in
der Kirchenleitung.
„Allerdings ist festzustellen, dass sich die BEK mit die-
sen Besonderheiten heute eher graduell als prinzipiell
von anderen Landeskirchen unterscheidet.“
Kurz: So bremisch und besonders ist das nicht mehr.
Gutachten Kirchenrechtliches Institut der EKD
„Die geistliche Leitung fällt in die Zuständigkeit der Ge-
meinden. (...) Dem Kirchentag kommt nur die Leitung
im äußeren Kirchenwesen zu. (...) Demnach ist das
Prinzip der einheitlichen Leitung durchbrochen.“
Der Schweizer Gutachter fragt, ob diese Trennung den
heutigen Anforderungen an Kirche gerecht wird. Er
empfiehlt, über ein Lehrbeanstandungsverfahren bei-
spielsweise für Predigten nachzudenken, die geistliche
Leitung solle nicht allein den Gemeinden überlassen
bleiben. Die BEK-Verfassung sage nichts darüber,
welche gemeinsame Verantwortung Gemeinden und
Gesamtkirche tragen, und welche Verantwortung Ge-
meinden gegenüber der Gesamtkirche haben.
Gutachten des Schweizerischen Kirchenbundes
In der Verfassung sind „die Rechte der landeskirchli-
chen Organe eher dürftig beschrieben, und die Rech-
te der Kirchengemeinden haben eine herausgehobe-
ne Stellung“. Bis 1920 war die Gemeindeautonomie
durch die Rechte des Senats beschränkt. Dessen Rech-
te sind mit der Verfassung von 1920 auf Kirchentag und
Kirchenausschuss übergegangen. Die Aufsichts- und
Genehmigungsbefugnisse des Senats - heute durch
Kirchentag und Kirchenausschuss ausgeübt - gingen
„viel weiter, als die öffentliche Meinung in Bremen
anzunehmen pflegt“. Hier mahnt der Gutachter eine
Klärung an.
Gutachten Kirchenrechtliches Institut der EKD
ttermin
sservice
Die Umsatzsteuer steht an der Kirchentür
BEK Forum September 2016 aktuell 98 aktuell BEK Forum September 2016
Zeitenwende bei der Besteuerung von Kirchengemeinden: Künftig müssen viele Gemeinden Umsatzsteuer zahlen
– wenn sie nicht schnell aktiv werden, um bis 2020 von einer Übergangsregelung zu profitieren.
„Umsatzsteuer für Kirchengemeinden? – Wir sind doch kein Wirtschaftsunterneh-
men, sondern gemeinnützig und brauchen keine Umsatzsteuer zu bezahlen!“
Irrtum: Das europäische Recht und Urteile des Bundesfinanzhofs sehen das anders.
Körperschaften des öffentlichen Rechts, also auch Kirchengemeinden, fallen seit ei-
ner Gesetzesänderung vom 1. Januar 2017 an grundsätzlich immer unter die Um-
satzsteuerpflicht. Veranstaltet eine Kirchengemeinde zum Beispiel ein Konzert und
verkauft Eintrittskarten, erzielt sie Umsätze. Betreibt die Gemeinde ein Café, nimmt
sie auch dort Geld ein, das künftig umsatzsteuerpflichtig sein wird. Vom Eine-Welt-
Laden bis zum Adventsbasar kommt an vielen Stellen Geld in die Gemeindekasse.
Das Finanzamt möchte davon künftig profitieren. Das führt zu einem neuen, großen
Verwaltungsaufwand.
Doch das Problem lässt sich zumindest vertagen. Wenn Gemeinden jetzt reagieren,
können sie von der bisherigen Regelung profitieren und sich bis Ende 2020 von der
Umsatzsteuerpflicht befreien lassen. Dafür müssen die Kirchenvorstände aber mög-
lichst schnell aktiv werden.
Beratung für Kirchengemeinden
zur Umsatzsteuerpflicht ab 1. Januar 2017
Finanzabteilung
Jörg Rickens
Telefon 0421/55 97-226
www.bek-intern.de
bberatung
text Matthias Dembskiillustration Elke R. Steiner
Umsatzsteuer – was ist das?
Umsatzsteuer ist im Volksmund die Mehrwertsteuer.
Wer eine Ware oder Dienstleistung kauft, zahlt 19 Pro-
zent, für viele Lebensmittel und auch Bücher gilt ein
ermäßigter Steuersatz von sieben Prozent. Ein gutes
Drittel seiner Steuereinnahmen erzielt der Fiskus über
die Mehrwertsteuer.
Umsatzsteuer – wie funktioniert das?
Unternehmen sind zum „Vorsteuerabzug“ berechtigt,
das bedeutet, sie bekommen auf Antrag die Umsatz-
steuer für Waren erstattet, die sie einkaufen. Egal wie
viele Unternehmen an der Herstellung beteiligt wa-
ren und egal wie viele Zwischenhändler es gibt: Die
Mehrwertsteuer wird erst fällig, wenn eine Ware an
den Endverbraucher verkauft wird. Kurz: Unterneh-
men zahlen keine Umsatzsteuer, die Verbraucher am
Ende der Handelskette schon - die Steuerpflicht wird
von den Unternehmen auf die Verbraucher abgewälzt
– ganz legal natürlich. Doch der „Vorsteuerabzug“ für
Unternehmen ist ein bürokratisches Verfahren, das
den Verwaltungsaufwand gerade in einer Kirchenge-
meinde deutlich erhöhen wird.
Was gilt ab 1. Januar 2017 für Kirchengemeinden?
Konkrete Details der neuen Umsatzsteuer-Pflicht für
Kirchengemeinden ab 1. Januar 2017 sind noch un-
klar. Fest steht nur: Was zu den „öffentlich-rechtlichen
Kernaufgaben“ einer Gemeinde gehört, wird auch
künftig erst ab einer Einnahmengrenze von 17.500
Euro besteuert. Was genau zu diesen „Kernaufgaben“
zählt und was nicht, ist noch ungeklärt. Das Bundes-
finanzministerium wird sich erst Ende dieses Jahres
äußern, welche konkreten Regelungen für Kirchenge-
meinden und andere öffentliche Körperschaften gel-
ten. Deshalb: Jetzt Optionserklärung abgeben (siehe
Zeichnung links)!
iinfos
Die Lösung:
Jetzt die Reißleine ziehen!
Gemeinden können sich Zeit verschaffen. Bis 2020 gilt die
bisherige Regelung, das heißt, Gemeinden sind von der Um-
satzsteuer befreit, wenn sie bis 31. Dezember 2016 einen An-
trag beim Finanzamt stellen.
Einfach die „Optionserklärung“ aus dem Mitarbeitenden-
portal ziehen, ausfüllen, unterschreiben und ans Finanzamt
schicken. Damit geht der Kelch zumindest bis 2020 an den
Gemeinden vorüber, und sie haben ausreichend Zeit, sich auf
die Neuregelung vorzubereiten. Die gilt dann erst ab 1. Janu-
ar 2021.
www.bek-intern.de
llösung
Nach wie vor große Publikumsresonanz
Kirchenmusik bindet viele Menschen an die Kirche – als Mitwirkende wie als
Publikum. „Wir haben ein flächendeckendes Angebot in allen Stadtteilen, das sich
hören lassen kann. Wichtig sind gerade auch die ‚kleinen‘ Stellen, die vor Ort eine
unverzichtbare gemeindepädagogische und Nachwuchsarbeit vom Kinderchor bis
zu den Bläsern leisten“, sagt Landesposaunenwart Rüdiger Hille, künftig stellvertre-
tender LKMD mit Schwerpunkt Bläserarbeit.
Das Publikum für Kirchenmusik, rund 60.000 Menschen jährlich, nimmt aber seit
einigen Jahren ab. „Deswegen ist es wichtig, dass wir uns untereinander keine
Konkurrenz machen, denn die machen uns schon die außerkirchlichen Klassik-
Angebote“, betont Tobias Gravenhorst. Was die bremische Kirchenmusik gemein-
sam auf die Beine stellt, ist zum Beispiel bei der Nacht der Chöre alle zwei Jahre
zu erleben. „Unsere Stärke ist unsere große Vielfalt von Gregorianik bis Pop, vom
Volkslied im Seniorenkreis bis zu Neuer Musik oder Jazz. Wir sind eine große
Gemeinschaft, Hauptamtliche, Choristen und selbstverständlich auch Bläser.“
Damit Kirchenmusiker auch morgen ein attraktiver Beruf ist, setzt die BEK
auf Personalentwicklung. „In punkto Fortbildungen sind wir besser als ande-
re Landeskirchen. Doch gerade bei der Musikvermittlung und in der pädago-
gischen Arbeit mit Schulen gibt es Fortbildungsbedarf“, sagt die zuständige
Personalentwicklerin Katharina Kissling, die für ihre Kolleginnen und Kollegen indi-
viduell passende Fortbildungen recherchiert und organisiert. Sie ist künftig als stell-
vertretende Landeskirchenmusikdirektorin unter anderem für die Teamkoordination
zuständig.
Nachwuchs zu finden wird zur Herausforderung
„Die Nachwuchssituation ist problematisch, deshalb ist es wichtig, dass wir uns für
gute Arbeitsbedingungen stark machen. Das tut diese Kirche.“ Dennoch werde es
gerade im nebenamtlichen Bereich (C-Stellen) künftig schwieriger, Kirchenmusiker
zu finden. „Die Studierenden der Hochschule für Künste fallen dafür aus, weil der
Studiengang Kirchenmusik ausläuft“, erklärt Gravenhorst. Deshalb gibt es in Bremen
schon seit längerem eine Ausbildung für nebenamtliche Musiker. „Dafür ist seit
2007 Katja Zerbst verantwortlich, und viele Kollegen wirken dabei aktiv mit – sei
es als Dozentinnen, sei es im Einzel-Orgelunterricht.“ Kollegiale Beratung und
Unterstützung will das neue Team auf allen Gebieten groß schreiben. „Wir möchten
gemeinsam für klare Absprachen und gute Profilbildungen sorgen, damit auch mittel-
fristig die Regionen gut mit einem möglichst breiten Kirchenmusikangebot versorgt
sind. Angesichts der anstehenden Pensionierungswelle wird der Beratungsbedarf der
Gemeinden wachsen, und dafür sind wir jetzt gut aufgestellt.“
BEK Forum September 2016 aktuell 1110 aktuell BEK Forum September 2016
text Matthias Dembskifoto Matthias Dembski
Neues Kirchenmusik-Leitungsteam am Start
„Die Anforderungen an das Amt des Landeskirchenmusikdirektors (LKMD) sind gestie-
gen, so dass es sich auch mit einer Entlastung nicht mehr neben einer Hauptaufgabe
on top erledigen lässt. Deshalb arbeiten wir im Team mit Stellvertretern, die künftig
stärker in Erscheinung treten werden“, erklärt Tobias Gravenhorst.
Nach 19 Jahren gibt Ansgar Müller-Nanninga dieses Leitungsamt ab, den Knabenchor
an der Kirche Unser Lieben Frauen leitet er weiter. Dort ist ein Wechsel zum April
2018 angepeilt. „Die schrittweise Übergabe ermöglicht einen guten Wissens- und
Erfahrungstransfer. Ich bin noch nicht im Ruhestand, sondern arbeite weiter in
Gremien mit“, sagt der scheidende LKMD. Trotz Kürzungen, Gemeinde-Fusionen
und -Kooperationen habe es in seiner Amtszeit so gut wie keine Kündigungen
von Kollegen gegeben. „Ich gehe dankbar und zufrieden. Kirchenmusik-Stellen
in Fusionsgemeinden sind zwar für alle Beteiligten nicht immer einfach zu gestal-
ten, aber wir haben in Bremen mit 30 Hauptamtlichen eine Stellendichte, von
der Flächenkirchen nur träumen können. In der mitteldeutschen Kirche gibt es
teils nur einen Hauptamtlichen pro Kirchenkreis. Was uns glücklich und dank-
bar macht: Kirchenmusik genießt in Bremen einen hohen Stellenwert, eine große
Wertschätzung und Liebe in der Kirchenleitung, die uns in unserer Arbeit hervorra-
gend unterstützt.“
Ein Team übernimmt ab 1. Oktober die Aufgaben des Landeskirchenmusikdirektors:
Tobias Gravenhorst wird Nachfolger von Ansgar Müller-Nanninga, unterstützt wird er von Katharina Kissling
und Rüdiger Hille, die als Stellvertreter eigenständig Aufgaben übernehmen.
Staffelübergabe an das neue LKMD-Team (von links nach rechts):
Rüdiger Hille, Tobias Gravenhorst, Katharina Kissling und der scheidende Landeskirchenmusikdirektor Ansgar Müller-Nanninga.
Landeskirchenmusikdirektor
& Team
Landeskirchenmusikdirektor:Das sind die wichtigsten Aufgaben
Beratung von Gemeinden, Kirchenausschuss und Kolleginnen und Kollegen in
allen kirchenmusikalischen Fragen (Konzepte, Profile, Stellenbesetzungen)
Vorbereitung und Begleitung von Stellenbesetzungen
Konfliktmanagement und Vermittlung bei Meinungsverschiedenheiten
beispielsweise zwischen Kirchenmusikerin und Kirchenvorstand
Förderung bremenweiter Zusammenarbeit im kirchenmusikalischen Bereich
Vertretung der bremischen Kirchenmusik im Kirchenparlament
Mitglied in der Kirchenmusikkommission
(Beratungsgremium für den Kirchenausschuss
in allen kirchenmusikalischen Fragen)
Mitglied im Kirchenmusikausschuss
(leitendes Gremium der herausgehobenen Kirchenmusiker/innen, das z. B. die
Nacht der Chöre plant, den bremenweiten Konzertkalender abstimmt und
berufspolitische Interessen vertritt) und in der AG Kirchenmusik (Gremium
aller haupt- und nebenberuflichen Kirchenmusiker/innen)
Blick über den bremischen Tellerrand: Vertretung auf EKD-Ebene
(Landeskirchenmusikdirektoren-Konferenz)
Vertretung der bremischen Kirchenmusik im Landesmusikrat
Landeskirchenmusikdirektor
Dr. Tobias Gravenhorst, Kantor St. Petri Dom
Schwerpunkt Beratung A-Stellen
Telefon 0421/36 50 471
kkontakt
iinfos
Stellvertretender Landeskirchenmusikdirektor
Rüdiger Hille, Landesposaunenwart
Telefon 0421/20 30 359
Zentrale Ansprechpartnerin für das ganze Team: Stellvertretende Landeskirchenmusikdirektorin
Katharina Kissling, Personalentwicklerin Kirchenmusik
Schwerpunkt Beratung B-Stellen
Telefon 0421/ 55 97-241
www.kirche-bremen.de
Gottesdienst zum AmtswechselVerabschiedung von Ansgar Müller-Nanninga
und Einführung von Tobias Gravenhorst & LKMD-Team
Freitag, 21. Oktober 2016, 12.30 Uhr
in der Kirche Unser Lieben Frauen
Anmeldungen bei Frau Schultz unter Tel. 0421/55 97-257
www.kirche-bremen.de
ttermin
BEK Forum September 2016 kompakt 1312 kompakt BEK Forum September 2016
Von der Flötengruppe über den Gambenkreis, das Kammerorchester,
den Bläserchor bis zum Gröpelinger Glockenchor: Neben Vokal- gibt
es auch zahlreiche Instrumentalgruppen. Die größte Gruppe: 500 Blä-
ser in rund 40 Chören des Evangelischen Posaunenwerks. Die Bläser-
arbeit führt alle Altersgruppen zusammen. Stark: Die engagierte Nach-
wuchsarbeit – vom kostenlosen Unterricht bis zum Leihinstrument.
Mehr als 500 kirchenmusikalische Veranstaltungen vom Solokonzert
bis zum großen Chor- und Orchesterkonzert finden jährlich in
Bremens evangelischen Kirchen statt. Der vierteljährlich erscheinende
Kirchenmusikkalender zeigt, wie vielfältig das Angebotsspektrum ist
– nahezu täglich können Besucher einem Kirchenkonzert lauschen,
viele sind kostenfrei. Rund 60.000 Menschen nutzen die Angebote
jedes Jahr. Damit ist Kirchenmusik neben den Heiligabend-
Gottesdiensten das reichweitenstärkste kirchliche Angebot.
Himmlische Klänge
Deutschlandweit sind die Zahlen der Kirchenmusik-Studierenden
angesichts der anstehenden Pensionswelle zu niedrig. 2015 studierten
nach Angaben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 361 junge
Menschen Kirchenmusik. Die Zahlen steigen nach einem Einbruch im
Jahr 2011 wieder leicht an. Doch vor zehn Jahren waren es über 400
Studierende. Die geringeren Studierenden-Zahlen haben nicht nur
mit mangelndem Interesse zu tun, die Zahl der Ausbildungsstätten hat
sich verringert. Auch die Bremer Hochschule für Künste bietet künftig
keinen grundständigen Kirchenmusik-Studiengang mehr an.
Zum Vergleich: Allein in der BEK gehen in den kommenden Jahren
sechs Kirchenmusiker in den Ruhestand, aktuell sind bereits zwei
A- und eine B-Stelle ausgeschrieben. EKD-weit ist die Zahl der
Kirchenmusikstellen unterm Strich nicht gesunken.
In Bremen setzt man zusätzlich zur Nachwuchswerbung für die
hauptamtliche Ausbildung auch auf nebenamtliche C-Musiker: Im
aktuell vierten Kurs werden fünf Musiker ausgebildet.
Kirchenmusik ist mehr als Bachkantaten und Orgelkonzerte: Viele
Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker sind auch im Pop-
Metier unterwegs – von Gospelchören über Bands bis zu Musicals.
An der Jugendkirche gibt es bereits eine Musikerstelle für den
Schwerpunkt Pop und Musicals. Eine weitere Pop-Musikerstelle
wird im Gemeindeverbund Aumund-Vegesack ausgeschrieben.
Immer wichtiger: Musikvermittlung. In Wolfenbüttel können sich
Kirchenmusiker dafür pädagogisch weiterbilden lassen.
Mehr als 70 Orgeln stehen in den evangelischen Kirchen in Bremen
– von der kleinen, historischen Silbermann-Orgel im Dom bis zur
großen Beckerath-Orgel in der Kulturkirche St. Stephani. In der Kirche
Unser Lieben Frauen steht gerade ein Orgel-Neubau an. Bremen
ist damit Teil der reichen nordwestdeutschen Orgellandschaft. Im
Umland finden sich zahlreiche wertvolle Arp-Schnittger-Orgeln,
beispielsweise in Ostfriesland und im Raum Stade.
Mehr als 60 Erwachsenen-Kirchenchöre gibt es in den Gemeinden der
Bremischen Evangelischen Kirche – vom kleinen Kammerchor über
Gospelchöre bis zur großen Kirchenkantorei. Noch umfangreicher ist
das Angebot für den Sänger-Nachwuchs: 100 Kinderchöre singen in
der BEK – die Kirche ist damit der größte Anbieter von kostenfreien
musikalischen Nachwuchsangeboten in Bremen. Chorarbeit leistet
vielerorts einen nicht wegzudenkenden Beitrag zum Gemeindeaufbau,
und sie ist wertvolle kulturelle Basisarbeit mit musikalisch interessierten
Laien.
InstrumentalVon Streichern bis zu Bläsern
NachwuchsDringend gesucht
KonzerteReichweitenstark & vielfältig
Pop-Musikist im Kommen
OrgelnReiche Landschaft
Chörefür Groß und Klein
Donnerstag, 3. November, 9 Uhr
Domkapitelhaus, Domsheide 8
Vorstellung der Studie zur Situation der Kirchenmusiker
in der Hannoverschen Landeskirche
mit Christiane Schwerdtfeger
Die Studie ist in der Landeskirchlichen Bibliothek
im Haus der Kirche und im Buchhandel erhältlich.
Online-Zusammenfassung unter
www.kirchenmusikerverband-hannover.de
Report Kirche und Musik
mit großer Resonanzfotos Ulrike Rank/Archivtext Matthias Dembski t
tipp
Checkliste Besuchsdienst
In Kontakt
BEK Forum September 2016 praktisch 1514 praktisch BEK Forum September 2016
text Matthias Dembskifotos Ulrike Rank/Panthermedia
Zur Geburt, bei Pflegebedürftigen, anlässlich der Ladeneröffnung oder für Neuzugezogene: Die Kirche hat viele Anlässe, Menschen ihr Interesse zu
signalisieren und sie zu besuchen. Damit ein Besuchsdienst gut funktioniert, gilt es aber einiges zu beachten.
Ob an der Haustür oder am Telefon – Besuchsdien-
ste sind eine wichtige Kontaktmöglichkeit für Kirchen-
gemeinden und ein Instrument zur Mitgliederpflege.
Kirche signalisiert durch Begegnungen und Gespräche
gegen Einsamkeit Interesse an Ihren Mitgliedern, und
sie bekommt wertvolle Hinweise, was diese sich von
ihr wünschen.
Auch mal zum 30. Geburtstag gratulieren
Das betrifft nicht nur hochaltrige Menschen, die allein
leben und kaum noch selbständig aus ihren vier Wän-
den herauskommen, weil sie beispielsweise pflegebe-
dürftig oder in ihrer Mobilität eingeschränkt sind. Ein
Überraschungsbesuch zum Geburtstag freut auch 30-
oder 40-Jährige, die damit gar nicht gerechnet haben,
dass plötzlich die Pastorin oder ein Ehrenamtlicher aus
dem Besuchsdienst mit einer Blume und einer Gruß-
karte an der Wohnungstür stehen. Das zeigt ihnen
aber: Ich bin der Kirche wichtig, sie interessiert sich für
mich und mein Leben, meine Interessen und Erwar-
tungen. Vielleicht entsteht auf diese Weise wieder ein
engerer Kontakt zu Menschen, die im Sonntagsgottes-
dienst oder Gemeindegruppen nicht auftauchen, aber
Mitglieder sind. Selbst wenn das Gespräch und der
Besuch nur kurz ist: Mit Sicherheit wird später darü-
ber gesprochen und weitererzählt, dass die Kirchenge-
meinde ganz unerwartet zum Geburtstag gratuliert hat.
Das gilt auch für Besuche anlässlich einer Geschäftser-
öffnung oder bei neu Zugezogenen.
Besuche schaffen wichtige Außenkontakte
Für viele Ältere lockert ein Besuch das Einerlei des
Alltags auf und ist ein Außenkontakt in einer Lebens-
phase, in der es ihnen oft schwer fällt, selber rauszu-
gehen und andere Menschen zu treffen. Manchmal ist
auch ein Telefonat eine gute Möglichkeit, in Kontakt
zu bleiben – ohne die Wohnung aufräumen oder eine
Tasse Kaffee kochen zu müssen. „Am Telefon kommt
man direkt zur Sache, und man hört jedes Seufzen.
Ein direktes Gespräch von Angesicht zu Angesicht ist
nicht unbedingt besser, denn am Telefon bin ich auf
das Hören fokussiert – und erlebe meinen Gesprächs-
partner mitunter sogar intensiver“, sagt Pastorin Frie-
derike Jordt, die den „Besuchsdienst am Telefon im
Bremer Osten“ mit ins Leben gerufen hat. Für andere
sind Augenkontakt und die Möglichkeit, Gestik und
Mimik beim Gespräch zu sehen, wichtig – das ist eine
Typfrage sowohl bei den Ehrenamtlichen als auch bei
den besuchten oder angerufenen Menschen.
Impulse für die Gemeindearbeit
Besuchsdienst ist Teamwork von Haupt- und Ehren-
amtlichen und erfordert ein Konzept, das Ziele, Schu-
lung und Austausch des Teams, Feedback von Wün-
schen und Kritik Richtung Gemeinde und vieles mehr
bedenkt. Den eigenen Besuchsdienst auf den Prüfstand
zu stellen oder neu ins Leben zu rufen, lohnt sich auf
jeden Fall: Kirche kommt in Kontakt, bringt sich ins
Gespräch und bekommt gelegentlich auch wertvolle
Impulse für die eigene Arbeit im Stadtteil.
Besuchsdienst-Beratung
Fachstelle Alter
Gabriele Holdorf
Telefon 0421/346 15 15
Seelsorge in Institutionen
Pastorin Friederike Jordt
Telefon 0421/55 97-327
Besuchsdienst am Telefon im Bremer Osten
Bettina Schürg
Telefon 0421/69 69 81 51
www.kirche-bremen.de
kkontakt
Konzept erstellen
Zusammenarbeit in der Region und mit gesamt-
kirchlichen Seelsorge-Einrichtungen, z.B. Altenheim-
seelsorgern prüfen, Beratung z.B. über Altenbeauf-
tragte nutzen.
Anlässe und Rhythmus: Wen besuchen wir aus
welchem Anlass, angekündigt oder spontan? Gra-
tuliert die Gemeinde z.B. auch Jüngeren oder zur
Geburt eines Kindes?
Vertraulichkeit ist oberstes Gebot, persönliche
Daten werden nicht weitergegeben, Gespräche bei
der Reflexion im Team anonymisiert
Sicherheit für die Besuchten gewährleisten („Ich
lasse niemand Fremdes in meine Wohnung!“): Be-
suchsdienstmitarbeitende mit Foto bekannt machen,
Erstbesuch vereinbaren, ggfs. in Begleitung Hauptamt-
licher, ggfs. Mitarbeitendenausweis der Kirchenge-
meinde mit Foto, Beratung durch die Polizei nutzen.
Besuchsdienst bekannt machen: Hotline für Be-
suchswünsche einrichten, Öffentlichkeitsarbeit z.B.
durch eine Pressemitteilung, über Facebook, im Ge-
meindebrief, über Hausarztpraxen usw.
Besuchsdienst aufbauen
Öffentlichkeitsarbeit, um Ehrenamtliche für den
Besuchsdienst zu gewinnen
Auswahlkriterien: Offenheit, Lust am Kontakt mit
Menschen, Fähigkeit zum Zuhören, Neugierde, sich
selbst besser kennenzulernen und kritisch zu hinter-
fragen, keine akute eigene Lebenskrise/Einsamkeit.
Kennenlern-/Auswahlgespräche mit interessier-
ten Ehrenamtlichen: Passen Erwartungen, Fähigkei-
ten und zeitliche Möglichkeiten?
Schulung und Austausch in Abendveranstaltun-
gen bzw. als Blockseminar am Wochenende: Einstieg
ins Ehrenamt, Erwartungen und Befürchtungen, Ge-
sprächsführung, Auftreten, Ins-Gespräch-Kommen
und Sich-Abgrenzen, Lebens- und Wohnsituationen,
Krankheitsbilder im Alter und anderes.
Netzwerk pflegen: Besuchsdienstmitarbeiter soll-
ten Infos dabei haben, wer in welchen Fällen weiterhel-
fen kann (vom Pflegestützpunkt, Nachbarschaftshil-
fen bis zum Trauercafé). Ein aktueller Gemeindebrief,
Visitenkarten, ein Kita-Flyer oder die Taufbroschüre
gehören mit ins Gepäck, um auch Fragen von El-
tern und jungen Familien beantworten zu können.
Ehrenamtliche gut begleiten
Austausch: Monatliche Treffen zum Erfahrungs-
austausch entlasten Ehrenamtliche und machen sie
fit für schwierige Situationen (etwa im Umgang mit
einsamen, verzweifelten Menschen)
Laufende Fortbildungen zu Themen wie Leiden,
spirituelle Fragen, Ängste usw.
Supervision: Bei Bedarf Entlastung und Reflexion
über Angebote der Arbeitsstelle für Supervision und
Gemeindeberatung nutzen.
Fortlaufende Überprüfung: Erfahrungen auswer-
ten, Konzept nachjustieren, kritisch überprüfen, wen
die Besuche erreichen und wen nicht.
Wir lernen die Menschen nicht kennen, wenn sie zu uns kommen,
wir müssen zu ihnen gehen, um zu erfahren, wie es ihnen geht.
Johann Wolfgang von Goethe, 1749 - 1832
Wenn die Gemeinde erben soll
BEK Forum September 2016 praktisch 1716 praktisch BEK Forum September 2016
text Matthias Dembskifoto Ulrike Rank, Panthermedia
Nie wurde soviel vererbt wie heute. Was nach dem Tod übrig bleibt, geht längst nicht mehr nur an Familienangehörige.
Immer öfter erben auch Institutionen, die für einen guten Zweck stehen. Für Kirchengemeinden, die älteren Menschen
Seelsorge und Zuwendung bieten, ist das heikel. Da sollten sie unbedingt auf die Feinheiten achten.
Fingerspitzengefühl: Konzept sorgfältig entwickeln
Nachlassspenden sind ein Thema, das Fingerspitzengefühl erfordert, und über das
Gemeinden intensiv nachdenken müssen, denn neben ethischen Fragen hängt daran
manchmal eine Menge Arbeit. Zunächst gilt es die Würde und den freien Willen des-
jenigen zu achten, der die Gemeinde beim Erbe bedenken will.
Wenn Oma Meyer ihr Erbe an Bedingungen zu Lebzeiten (Pflege) oder nach ihrem
Tod (Grabpflege, Erbschaftsabwicklung, Hausvermietung) knüpft, muss sich ein Ver-
antwortlicher darum kümmern. Auch die Abwicklung eines Testaments kostet Zeit
und kann Kosten und Ärger mit sich bringen – beispielsweise mit Verwandten, die
nur mit einem Pflichtteil bedacht wurden. Oft winkt nicht nur ein Erbe, mit dem sich
in der Gemeinde etwas Gutes tun lässt, sondern es drohen auch Konflikte, die image-
schädigend sein können. Beratung und Kommunikation möglichst noch zu Lebzeiten
sind deshalb das A und O. Kommt ein Erbe unverhofft, gilt für Privatleute wie für
Gemeinden: Man hat nach Testamentseröffnung sechs Wochen Zeit, die Situation
gründlich zu prüfen, und man kann ein Erbe natürlich auch ausschlagen.
Fachstelle Fundraising steht zur Beratung bereit
Die Bremische Evangelische Kirche hält umfangreiche Arbeitshilfen und Infomateri-
alien bereit. „Ich komme gern in Gemeinden oder Pfarrkonferenzen und stelle das
Thema vor. Natürlich berate ich gerne, wenn Gemeinden über das Thema Nachlass-
spenden näher nachdenken und ein Konzept dazu erstellen möchten“, sagt Petra
Detken von der Fachstelle Fundraising.
Arbeitshilfe „Ein kostbares Geschenk“ von der
Fachstelle Fundraising im Haus der Kirche besorgen,
Beratung nutzen
Welche ethischen Grundsätze sollen für Fundrai-
sing in der Gemeinde gelten? Grundsatzbeschluss im
Kirchenvorstand
Verantwortlichkeiten klären: Wer ist verantwortli-
cher Ansprechpartner, wie gewährleisten wir die Tren-
nung vom seelsorgerlichen Amt?
Kommunikationswege festlegen: Wie gehen wir
mit dem Thema um? Nur auf Anfrage oder durch akti-
ve Kommunikation, etwa im Gemeindebrief oder auf
der Website? Welche Werbematerialen nutzen wir
(BEK-Material und/oder eigene Werbe- und Informati-
onsmaterialien)? - Beschluss im Kirchenvorstand
Transparente Darstellung der Gemeindefinanzen:
Infos für potenzielle Spender vorbereiten, die Einnah-
men und Ausgaben sowie Vermögenswerte deutlich
machen.
Ziele: Wofür möchten Gemeinden gerne Nach-
lassspenden verwenden – und was möchten Spender
unterstützen? Gibt es attraktive Projekte in der Ge-
meinde, über die man informieren könnte? Was lässt
sich mit einer Spende konkret bewirken?
Kranzspenden: Bieten wir aktiv Möglichkeiten an,
für die Gemeinde „statt Kränzen“ anlässlich einer Bei-
setzung zu spenden? Wie kommunizieren wir diese
Möglichkeit?
Umgang mit Bedingungen des Erblassers: Was
können wir leisten, was nicht? Kann und will sich
die Gemeinde zu Lebzeiten um die Pflege eines Men-
schen kümmern, gibt es nach dem Tod jemanden, der
beispielsweise den Haushalt auflöst und den Nachlass
abwickelt, die Trauerfeier organisiert, eine Immobilie
verkauft, die Grabpflege regelt?
Ablehnung eines Erbes: In welchen Fällen schlägt
die Gemeinde eine Nachlassspende aus (z.B. auf-
grund bestimmter Auflagen). Wie kommunizieren wir
eine Ablehnung?
Nachher: Konzept umsetzen
Klare Abläufe: Wer ist zuständig? Wie laufen die
Kontaktaufnahme und Beratung ab? Mit welchem
Rechtsanwalt/Notar/Steuerberater arbeiten wir bei Be-
darf zusammen?
Umgangsstil: Wie lässt sich moralischer Druck auf
potenzielle Spender vermeiden? Wie gewährleisten
wir Vertraulichkeit? Wie gehen wir mit Konfliktfällen
um („Ich enterbe meine Familie und setze stattdessen
die Gemeinde als Alleinerbin ein!“)?
Wertschätzung für die Spender: Wie wollen wir
Nachlassspenderinnen nach ihrem Tod würdigen?
Regelmäßige Auswertung: Welche Rückmeldun-
gen bekommen wir zu Nachlassspenden? Gibt es Be-
schwerden oder Kritik? Welche Spenden sind einge-
gangen oder wurden uns zugesagt? – Auf dieser Basis
wird das Konzept ständig weiterentwickelt.
Nachlassspenden: Checkliste fürs Erben
kkontakt
Fachstelle FundraisingPetra Detken
Telefon 0421/55 97-307
www.bek-intern.de
Oma Meyer ist schon lange Witwe – und sie hat keine Kinder, die ihr Häus-
chen und ihre Ersparnisse erben könnten. Ihre Nichte kommt gelegentlich
vorbei, aber eng ist der Kontakt nicht. Umso mehr fühlt sich die 83-Jährige
in der Kirchengemeinde zu Hause. Früher war sie immer beim Senioren-
nachmittag, jetzt freut sie sich, wenn der Besuchsdienst regelmäßig vor-
beischaut. Wenn sie es möchte, begleitet sie jemand mit dem Rollator zum
Gottesdienst. Beim Geburtstag ist der Pastor ein gern gesehener Gast. Am
Kaffeetisch beim letzten Geburtstag kommt das Gespräch darauf, was mal
wird, wenn Oma Meyer nicht mehr ist. „Ich habe so eine gute Beratung
durch die Diakonin für Seniorenarbeit gehabt, als ich gestürzt bin, und die
Kirchengemeinde stand mir immer verlässlich zur Seite. Ich möchte mit
dem, was nach meinem Tod bleibt, etwas Gutes tun“, sagt die alte Dame.
Jetzt ist der Pastor gefragt zu reagieren. Doch ist er als Seelsorger der rich-
tige Ansprechpartner? Wenn das bekannt wird, heißt es doch: Der kommt
nur so oft zu Oma Meyer, weil die Kirchengemeinde erben will. Wie wohl
die Nichte reagiert, die sich zwar nicht intensiv kümmert, aber vielleicht
doch darauf hofft, bedacht zu werden? Überhaupt: Wie kann das gehen,
ein Haus zu verkaufen, später auch für die Grabpflege von Oma Meyer
dauerhaft zu sorgen... – da muss jemand anders aus dem Kirchenvorstand
ran. Wie gut, dass es einen Beauftragten für „Nachlassspenden“ gibt, der in
solchen Fällen aktiv wird und Interessierte berät.
„Ich schicke Ihnen Herrn Mustermann aus unserem Kirchenvorstand vor-
bei, der kennt sich damit aus“, sagt der Pastor. Aus seiner Tasche, die an der
Garderobe steht, holt er einen Flyer „Nachlassspenden“ mit Erstinfos, in
dem die Visitenkarte mit Foto von Herrn Mustermann liegt. „Er meldet sich
vorher telefonisch bei Ihnen, dann können Sie einen Termin verabreden.“
Ein Beispiel
Vorher: Konzept erarbeiten
BEK Forum September 2016 geistreich 1918 geistreich BEK Forum September 2016
Um die 160 Leute bei „Lighthouse live“, dem Gottesdienst im Schuppen 2 in der
Überseestadt, manchmal bis zu 200 Gäste – Johannes Müller stellt ein großes Inter-
esse an diesem Gottesdienst-Format am besonderen Ort fest, insbesondere bei den
20- bis 30-Jährigen, die Kirche sonst selten erreicht. „Auch die Begeisterung an der
Kirchenbasis, bei den Kirchenmitgliedern, ist richtig hoch. Ganz oft höre ich: Toll,
dass Kirche so ein Projekt wie Lighthouse gestartet hat und missionarisch präsent
ist.“ Angesichts der oft leicht bedrückenden innerkirchlichen Stimmung wegen sin-
kender Mitgliederzahlen sei der Gottesdienst mit Band, Beamer und Bier ein posi-
tives Highlight. „In der Abstiegszone sind manchmal Antidepressiva nötig“, meint
Müller mit einem Augenzwinkern. Die Arbeit von Lighthouse, dem 2015 an den
Start gegangenen missionarischen Projekt der Bremischen Evangelischen Kirche, sei
ein solches Therapeutikum. „Wir zeigen ein positives Bild von Kirche und gehen mit
einer fröhlichen Grundhaltung auf kirchenferne Menschen zu“, so der Projektleiter.
„Von allein kommt niemand, man muss die Menschen ansprechen und ihre Bedürf-
nisse ernst nehmen. Sie wünschen sich Ermutigung, Trost und Orientierung. Das
Lighthouse ist eine Denkfabrik, ein Erprobungsfeld, um neue Ideen auszuprobieren,
wie Kirche die erreichen kann, die bisher mit dem Glauben wenig am Hut hatten.“
Sportexerzitien und After-Work-Gottesdienste
Die Denkfabrik an der Schlachte produziert viele neue Formate. Jüngste Idee: Sport-
exerzitien – eine Art christlicher Lauftreff am Werdersee entlang bis zum Lighthouse,
zum Abschluss gibt es ein gemeinsames Segensgebet. „Erst sieben, mittlerweile 15
Menschen laufen mit, für ein völlig neues Format ganz gut.“ Ob das Lighthouse tat-
sächlich diejenigen erreicht, die sich sonst von Kirche nicht angesprochen fühlen?
– Natürlich seien es Christen, die andere einfach mal mit zu „Lighthouse Live“ oder
anderen Formaten mitbrächten, sagt Johannes Müller. Niedrigschwellig, einfach zu
verstehen und mit einer klaren, christlichen Botschaft für den Alltag – so will das
Lighthouse kirchenferne Menschen ansprechen. „Als Christ, dem der Glaube schon
vertraut ist, überlegt man natürlich: Wohin kann ich jemanden mitnehmen, der mit
dem Glauben wenig oder keine Berührung hatte? Da ist ein After-Work-Gottesdienst
wie Lighthouse Live ein passendes Angebot. Bei uns ist es anders als in einem klas-
sischen kirchlichen Gottesdienst, wo man Lieder und Liturgie kennen und wissen
muss, wie man sich bewegt.“ Wer als „mitgebrachter“ Gast einmal dabei gewesen
sei, komme oft wieder.
„Toolbox des Lebens“ statt Kirchensprech
Gepredigt wird biblisch. „Das bedeutet, es gibt immer eine Herausforderung zum
Mitdenken. Mir ist es wichtig, den Gottesdienstbesuchern Lebenstipps und Ermu-
tigung aus der Bibel heraus mitzugeben.“ Toolbox des Lebens heißt seine aktuelle
Predigtreihe in salopper Sprache, Kirchendeutsch ist verpönt. Glaube müsse auch
am Montag, nicht nur am Sonntag funktionieren. „Deshalb muss man ihn gut erklä-
ren, und das funktioniert nur über eine Predigt.“
Einen Standpunkt anbieten, das Christsein promoten, darum gehe es. „Es ist leicht,
auf ein solches missionarisches Projekt irgendwelche Etiketten zu kleben. Wir soll-
ten lieber innerkirchlich stärker miteinander in Gespräch kommen, als übereinander
zu reden. Dann stellen wir schnell fest, dass die Schubladen nicht passen, in die wir
Menschen oder auch Projekte stecken.“ Deshalb hat Johannes Müller ein weiteres
neues Format entwickelt, das im Oktober an den Start geht: „Lighthouse.Mission Re-
spekt“ – eine offene Diskussionsrunde für Pastorinnen und Pastoren sowie Kirchen-
vorstände. Skeptiker und Kritiker des Lighthouse sind ausdrücklich willkommen,
wenn über Missionsethik diskutiert wird. Auch um praktische Fragen von Glaubens-
kursen bis zu missionarischen Aktivitäten in der Kirchengemeinde soll es gehen:
„Wie vermitteln wir unseren Glauben, was ist Fundamentalismus, was passiert beim
Beten, und wie halten wir es mit dem interreligiösen Dialog?“
Lighthouse von A bis Z
Die Formate der letzten zwei Jahre im Überblick
Lighthouse.ADVENTAn Dezembernachmittagen bei einer Tasse Kaffee
oder Tee „die Adventsstimmung des „Schlachte-Zau-
bers“ auf sich wirken lassen und hören, wie Weih-
nachten uns 365 Tage im Jahr begleitet.“
Lighthouse.BIBELGemeinsames Lesen der Bibel und Gespräche dar-
über
Lighthouse.BUSINESSMonatliches Treffen christlicher Geschäftsleute mit
Fach-Vortrag und Austausch über Glaube in der Ge-
schäftswelt.
Lighthouse.FAMILYFamilien-Fest rund ums Lighthouse zusammen mit
dem Schlachte Marketing im Juni.
Lighthouse.GEBETZwei- bis dreimal im Jahr eine Woche lang rund um
die Uhr im Lighthouse beten.
Lighthouse.GOSPELDie „Gute Nachricht“ mit Gospel-Chören im Open-
Air Format auf die Straße bringen.
Lighthouse.LIVEDer monatliche City-Gottesdienst in der Übersee-
stadt im Schuppen2. „Laut, offen, fröhlich und ein-
fach anders“
Lighthouse.MISSION RESPEKTAustausch für Pastorinnen und Pastoren mit Kirchen-
vorständen in ungezwungener Feierabendatmosphä-
re zu Missionsethik und Glaubensvermittlung.
Lighthouse.OUTREACHDas Christentum geht auf die Straße: „Von Gottes
Liebe erzählen, Hände und Füße Jesu sein
Lighthouse.PILGERKLAUSE Zu Beginn und zum Ende der Pilgersaison ist im
Lighthouse Gelegenheit zu Austausch und Begeg-
nung für Pilger.
Lighthouse.Sport-ExBewegung und Besinnung für Leib und Seele. Immer
Dienstag um 18.15 Uhr: Sport-Exerzitien ab Roland-
klinik, am Werdersee entlang zum Lighthouse.
Lighthouse.STADTPILGERNEine gute Stunde zum Entdecken christliche Spuren
im Bremer Stadtbild. Spiritualität lässt sich in alltägli-
cher Umgebung erfahren.
Lighthouse.SEMINARUnterschiedliche Themenkomplexe die im Alltag als
Christen eine wichtige Rolle spielen, in loser Folge.
Lighthouse.TRAININGEinmal im Monat per Video-Teaching Theologen zu
„heißen Eisen“ wie Jesus und die Weltreligionen hö-
ren, sich darüber austauschen, diskutieren und ler-
nen.
Lighthouse.WORSHIP„Vor Gott ankommen, Zeit haben, ruhig werden,
aber auch begeistert und gepackt sein von Gottes
Gegenwart“: Ein besondere Abend in einer Bremer-
Kirche mit Band, alten und neuen Liedern, (Bibel-)
Texten zum Zuhören und Gebeten.
LighthouseMissionarisches Zentrum der BEK
an der Schlachte
Johannes Müller, Projektleiter
Telefon 0421/339 80 03
www.lighthouse-bremen.de
LighthouseAustausch für Pastorinnen und
Pastoren sowie Kirchenvorstände zu
Missionsethik und Glaubensvermittlung
18. Oktober, 19 Uhr
& 14. Dezember, 19 Uhr (mit Renke Brahms)
im Lighthouse an der Schlachte
Martinikirchhof 1 (gegenüber von der „Osteria“)
fformate
Vor zwei Jahren ist das Lighthouse an der Schlachte als missionarisches Zentrum der Bremischen
Evangelischen Kirche gestartet: Ein Experimentierfeld für ungewöhnliche kirchliche Formate,
die Menschen neu für den Glauben gewinnen sollen.
text Matthias Dembskifotos Lighthouse
BEK Forum September 2016 persönlich 2120 aktuelle Meldungen BEK Forum September 2016
Einkehrtage auf Langeoog
Zum Jahresanfang auftanken und durchatmen, die
Gedanken sortieren und zur Ruhe kommen – dazu ist
bei den „Einkehrtagen“ der Bremischen Evangelischen
Kirche auf der Nordseeinsel Langeoog im Januar 2017
viel Raum. In der freundlichen Atmosphäre von Haus
Meedland, seiner lichtdurchfluteten Kapelle, bei aus-
gedehnten meditativen Spaziergängen am Strand
und durchs Watt können die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer aus der Stille Kraft für das neue Jahr
schöpfen.
Gemeinsame Gebets- und Mahlzeiten geben der
Meditationswoche für Männer und Frauen ihren
Rahmen. Angeboten werden auch Atem- und
Körperübungen sowie auf Wunsch Einzelgespräche.
Haus Meedland, die Tagungsstätte der Bremischen
Evangelischen Kirche, bietet komfortable Zimmer und
leckere, ökofaire Verpflegung.
Ehrenamtliche sind vom 16. bis 21. Januar 2017 auf
die Insel eingeladen, Hauptamtliche vom 23. bis 28.
Januar 2017. Die Kosten für Ehrenamtliche (mit An- und
Abreise, LangeoogCard, Unterkunft, Essen) betragen
365 Euro (Zuschüsse über die Gemeinden sind mög-
lich), Hauptamtliche können die Kosten (135 Euro)
auch über ihr eigenes Fortbildungskontingent decken.
Anmeldungen und weitere Infos:
Evangelisches Bildungswerk
Telefon 0421/346 15-35
BEK Forum
„Trommel“ für Teilhabeförderung
Zum 13. Mal verleiht der Verein Arbeit und Zukunft
die „Arbeit & Zukunft – Trommel“. Für diesen Preis
können Betriebe, Institutionen oder Personen im Lande
Bremen vorgeschlagen werden, die sich 2015/16 in
besonderer Weise für Menschen eingesetzt haben, die
von Beeinträchtigungen und/oder Benachteiligung auf
dem Arbeitsmarkt betroffenen sind, z.B. Menschen
mit Migrationshintergrund oder Behinderung,
Alleinerziehende oder Langzeitarbeitslose. Der Verein
Arbeit und Zukunft will damit auf die Situation von
erwerbslosen Menschen aufmerksam machen und
sich dafür einsetzen, ihre Teilhabechancen am gesell-
schaftlichen Leben zu verbessern. Zur Jury gehören
Vertreterinnen und Vertreter der Bremer Agentur für
Arbeit, des Amtes für Versorgung und Integration
Bremen (AVIB), des Jobcenters Bremen, des DGB,
der Unternehmensverbände im Lande Bremen,
des Senators für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, der
Stiftung die Schwelle, des Verein Arbeit & Zukunft
und des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt.
Die Verleihung findet am 15. März 2017 um 12
Uhr im Bremer Rathaus statt. Bewerbungen, die das
Engagement und die Wirksamkeit der Projekte und
deren Rahmenbedingungen auf einer DIN A 4-Seite
beschreiben, sollen bis zum 9. Dezember eingereicht
werden.
Weitere Infos & Bewerbungen an:
Vorstand von Arbeit und Zukunft e.V
Inge Danielzick
Telefon 0421/ 346 15-22
BEK Forum
Anmelden zum Kirchentag 2017
Ab sofort können sich Interessierte für den 36.
Deutschen Evangelischen Kirchentag vom 24. bis
28. Mai 2017 in Berlin und Wittenberg anmel-
den. Rund 140.000 Menschen aus Deutschland und
aller Welt werden zu dem Großereignis erwartet.
Kirchentagspräsidentin Christina Aus der Au freut
sich auf viele Gäste und lädt herzlich ein: „Einen
solchen Kirchentag wie in 2017 wird es so schnell
nicht wieder geben. Vier Tage vielfältiges Programm
in der Großstadt Berlin, gleichzeitig sechs weitere
‚Kirchentage auf dem Weg‘ in Mitteldeutschland und
den großen Festgottesdienst zum Abschluss vor den
Toren der Lutherstadt Wittenberg. Da sollten Sie dabei
sein! Wir freuen uns auf Sie!“
Die Dauerkarte für den Kirchentag von Mittwoch
bis Sonntag kostet 98 Euro (ermäßigt 54 Euro, für
Familien 158 Euro). Für 112 Euro (ermäßigt 64 Euro,
Familien 183 Euro) enthält die Karte auch den Eintritt
in die Weltausstellung Reformation, das Panorama
„Luther 1517“ von Yadegar Asisi und die Ausstellung
„Luther und die Avantgarde“ in Wittenberg.
Ambitionierte Besucherinnen und Besucher können
mit der „10-Städte-Karte“ für 149 Euro sowohl den
Kirchentag in Berlin als auch alle Kirchentage auf
dem Weg und die Ausstellungen in Wittenberg besu-
chen. Eine Förderkarte zum Preis von 26 Euro erhal-
ten Menschen, die Grundsicherung beziehen, sowie
Asylbewerberinnen und -bewerber.
www.kirchentag.de
BEK Forum
Paten für junge FlüchtlingeDie Diakonische Jugendhilfe (JUB) unterstützt Ehrenamtliche bei der Arbeit mit minderjährigen Flüchtlingen.
Insa Bertram ist die neue Ansprechpartnerin, die freiwillige Integrationshelfer gewinnen, vernetzen und begleiten soll.
Nachhilfe, Sprachlern-Paten, Vormundschaften, Mu-
sik- oder Sportprojekte, Freizeit-Aktivitäten, vor al-
lem aber Orientierung in einer neuen, fremden Stadt:
Minderjährige Flüchtlinge, die unbegleitet ohne Eltern
oder andere Verwandte nach Bremen kommen (UMF),
sind besonders auf Unterstützung angewiesen. Denn
wer nicht volljährig ist, kann rechtlich nichts allein
entscheiden. Auch bei der Integration brauchen ge-
rade Jugendliche intensive Unterstützung – zumal
sie oft auf Vorbehalte treffen. „Nach den Vorfällen in
Köln ist das Klima gerade für jugendliche Flüchtlinge
spürbar feindseliger geworden“, sagt Insa Bertram.
Sie unterstützt bei der Diakonischen Jugendhilfe Bre-
men (JUB) seit Anfang 2016 Ehrenamtliche, die sich
für diese Jugendlichen als Mentorinnen und Mentoren
engagieren. „Auch Ehrenamtliche zu finden, was zu
meinen Aufgaben gehört, wird schwieriger.“ In der eh-
renamtlichen Flüchtlingsarbeit bröckele nach der ers-
ten Euphorie ohnehin das Engagement. „Oft herrscht
der Eindruck, der Bedarf habe sich aufgrund sinkender
Flüchtlingszahlen erledigt. Andererseits wird deutlich,
dass Integration einen ausdauernden, längerfristigen
Einsatz erfordert.“
Unterstützungsangebote für Freiwillige
Ein monatlicher Newsletter, regelmäßige Austausch-
treffen mit Freiwilligen sowie die Gewinnung und Ver-
mittlung von Ehrenamtlichen gehören zu den Angebo-
ten der neuen Koordinatorin. „Ich berate und beglei-
te die Ehrenamtlichen auch bei Problemen, vermittle
zwischen ihnen und den Hauptamtlichen und baue
aktuell ein Projekt mit jugendlichen Ehrenamtlichen
auf, die sich im Jugendhaus Horn-Lehe für gleichaltri-
ge Flüchtlinge engagieren wollen“, sagt Insa Bertram.
Eigene Schulungen bietet JUB derzeit nicht an. „Ich
recherchiere aber Fortbildungsmöglichkeiten und ver-
mittle den Freiwilligen die passenden Angebote.“
„Rausgehen und Leute kennenlernen“
Gerade jugendliche Flüchtlinge bräuchten regelmä-
ßige Außenkontakte, betont Insa Bertram, die früher
selber in einer Wohngruppe für unbegleitete min-
derjährige Flüchtlinge (UMF) gearbeitet hat. „Wer in
solchen Gruppen lebt, für den sind Begegnungen mit
Ehrenamtlichen ganz besonders wichtig, um andere
Lebenswirklichkeiten und den Alltag in Deutschland
besser kennenzulernen.“ Egal ob sie mit den jugend-
lichen Flüchtlingen Deutsch lernen, sie zum Training
in den Sportverein oder zum Kaffeekränzchen mit der
Oma mitnehmen – wie der Alltag in Deutschland tickt,
können die Flüchtlinge nur über direkte Begegnungen
lernen. Ganz nebenbei baut das auch Vorurteile ab,
weil sich Menschen begegnen, die sonst vermutlich
nicht zusammengetroffen wären. „Rausgehen und
Leute kennenlernen ist das beste, was man in dieser
Situation für minderjährige Flüchtlinge tun kann.“
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
ungefähr 2.600 minderjährige Flüchtlinge (UMF)
leben in Bremen ohne erwachsene Elternteile oder
andere Verwandte, die meisten kamen 2015 neu in
die Stadt, nicht alle haben Flüchtlingsstatus
150 dieser Jugendlichen werden von der JUB,
der St. Petri Kinder- und Jugendhilfe und der Stiftung
Alten Eichen meist in Wohngruppen oder größeren
Einrichtungen wie in Borgfeld betreut
Mittlerweile gibt es speziell für Jugendliche eine
Zentrale Aufnahmestelle in Habenhausen, von dort
aus geht es in Einrichtungen der Jugendhilfe
Nach der Erstaufnahme bekommen Minderjährige
einen Casemanager beim Jugendamt, einen Vormund
und eine Duldung (ein Asylantrag wird oft erst bei
Volljährigkeit gestellt)
Die nächsten Schritte: Gesundheitscheck, psy-
chologische Untersuchung, Clearing (Pass-Check,
Fingerabdrücke, Sicherheitsüberprüfung), Suche
nach einem Schulplatz, Unterbringung in einer
Wohngruppe, später in einer eigenen Wohnung
Weil Bremen seine Aufnahmequote um um 430%
übererfüllt hat, schickt es aktuell nach Einzelfall-
prüfung UMF meist weiter in andere Bundesländer.
Ehrenamtliche betreuen in der Regel Flüchtlinge, die
im Laufe des Jahre 2015 oder früher gekommen sind.
Koordinierungsstelle Ehrenamt für die Arbeit mit minderjährigen Flüchtlingen
Insa Bertram
Telefon 0421/69 66 75-22
www.jub-bremen.de
kkontakt
text & fotoMatthias Dembski
ffakten
Theresa Pieper mag es, die Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrach-
ten. „Unsere Gesellschaft wird immer vielfältiger, und wir stehen gemeinsam vor
wachsenden interkulturellen und interreligiösen Herausforderungen – auch bei der
Geschlechtergerechtigkeit.“ Die neue Gleichstellungsbeauftragte der Bremischen
Evangelischen Kirche (BEK) hat dazu in vielen Fachgebieten Erfahrungen gesammelt:
Islamwissenschaften, Kulturanthropologie, Religionswissenschaften, Politikwissen-
schaften und Theologie hat sie in Kiel und Bamberg studiert, ehe es sie an die Olden-
burger Uni verschlug, wo sie bisher die internationalen Kontakte des theologischen
Instituts koordinierte. „Ich freue mich jetzt, das alles in die kirchliche Praxis einbrin-
gen zu können.“ An der Aufgabe reizt sie, dass die Gleichstellungsbeauftragung bei
der BEK eine politische Stelle ist. „Als Mitglied meiner Kirche möchte ich sie gern auf
dem Weg zu einer geschlechtergerechten Kirche begleiten“, betont Theresa Pieper,
die am 1. Oktober bei der BEK startet.
Vereinbarkeit geht beide Geschlechter etwas an
Die Frage, was Kirche als Arbeitgeber tun kann, damit die Vereinbarkeit besser klappt,
wird Theresa Pieper weiter vorantreiben. „Das betrifft auch Arbeitszeitmodelle und
Strukturen, die oft dazu führen, dass es bei der Vereinbarkeit hakt.“ Die neue Gleich-
stellungsbeauftragte setzt dabei auf viele Gespräche mit Mitarbeitenden: „Ich möch-
te aus dem lernen, was mir Kolleginnen und Kollegen sowie Gemeinden mitteilen.
Lebenswirklichkeiten sind unterschiedlich, deshalb brauche ich ihre Erfahrungen,
wo es klemmt.“ Dass es viel zu tun gibt, beobachtet die 27-Jährige in ihrer eigenen
Generation. „Ich frage mich oft, warum Frauen und Männer sich zunehmend wieder
in reaktionäre Rollenmuster hinein begeben, nicht nur im rechtspopulistischen Mili-
eu. Ist es der Wunsch nach vermeintlicher Sicherheit, der dazu führt, dass sich junge
Menschen wieder zunehmend an überholten Familienstrukturen und Rollenmustern
orientieren?“ Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gebe es jedenfalls noch
viel zu tun. „Die Doppel- und Dreifachbelastung von Job, Kindererziehung und oft
auch noch Pflege tragen nach wie vor Frauen und nur sehr wenige Männer. Das ist
eine Überforderung, die dazu führt, dass Frauen öfter unter Erschöpfung und Burnout
leiden als Männer.“
Geschlechterfragen auch im interreligiösen Dialog diskutieren
„Mein bisheriger Schwerpunkt ist der interreligiöse Dialog, vor allem zwischen
Christentum und Islam, aber auch mit dem Judentum. Dabei haben mich Ge-
schlechterfragen immer besonders interessiert“, berichtet Theresa Pieper. Sie kann
viel erzählen über weibliche Macht im Islam im Mittelalter oder Gottesverständnis
und Geschlechtergerechtigkeit im muslimisch-christlichen Dialog. „Man entdeckt
Parallelen, beispielsweise, dass Jesus wie Muhammad mit patriarchalen Strukturen
gebrochen und traditionelle Rollenmuster hinter sich gelassen haben.“ Andererseits
bedeute Emanzipation in den verschiedenen Religionen nicht das gleiche. „Wir soll-
ten muslimischen Frauen nicht unser christliches Emanzipationsverständnis aufdrän-
gen, sondern über Verschleierung und Kopftuch offen ins Gespräch kommen, auch
wenn das manchmal unangenehm ist. Eine Muslima auf ihr Kopftuch zu reduzieren
greift viel zu kurz.“ Ihre bisherigen interkulturellen und internationalen Erfahrungen
will Pieper in ihrer neuen Stelle einbringen. „Im Dialog kann man viel über die ei-
gene religiöse Tradition lernen. Statt auf andere zu zeigen, sollten wir bei uns selbst
anfangen, über die Vaterrolle und Familienbilder nachzudenken.“
Geschlechterbewusste Kita-Pädagogik voranbringen
Veränderungen bei Rollenbildern beginnen für Theresa Pieper in der frühkindlichen
Bildung. Ähnlich wie der Arbeitskreis Männer in Kitas bewegt die neue Gleichstel-
lungsfrage das Thema geschlechterbewusste Pädagogik. „Ich möchte mit Kitas da-
rüber ins Gespräch kommen und schauen, was wir gemeinsam verändern können.
Dafür gibt es anderswo gute Modellprojekte, die ich gern auch in Bremen auspro-
bieren würde.“ Dabei geht es um konkrete Alltagsfragen: Welche Bewegungsräume
haben Jungen oder Mädchen in der Kita, wie wird über die jeweiligen Geschlechter
geredet, wer bekommt wieviel Aufmerksamkeit?
BEK Forum September 2016 persönlich 23
GeschlechtergerechtigkeitTheresa Pieper ist die neue Gleichstellungsbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche. Sie interessiert sich für
Geschlechterfragen im interreligiösen Dialog und möchte Rollenbilder in Gemeinden und Kitas ins Gespräch bringen.
22 persönlich BEK Forum September 2016
Gleichstellungsbeauftragte (ab 1. Oktober)Theresa Pieper
Telefon 0421/55 97-242
www.bek-intern.de
kkontakt
text & fotoMatthias Dembski
„Und plötzlich steht die Kirche im Klassenzimmer“ – so
beschreibt Mareike Hinze von PIKS (Projekte in Kirche
und Schule) die Erfahrung, die die drei Mitarbeitenden
des Teams immer wieder machen: „Für Schülerin-
nen und Schüler ist ein solches Angebot wichtig, weil
sie viele Fragen zu Religion und Glauben haben, die
in der Schule kaum eine Rolle spielen. Da wir oft auf
nicht-christliche Jugendliche mit Migrationshintergrund
treffen, stehen immer interkulturelle und interreligiöse
Fragen im Raum, über die sie mit uns nachdenken kön-
nen.“ Egal, ob mit einem Modul zu „Weltreligionen“,
einer Schul-Projektwoche zum Thema „Nachhaltigkeit
und Bewahrung der Schöpfung“ oder den zweieinhalb-
tägigen „Klassentagen“ im Bremer Umland – PIKS greift
die Themen auf, die Jugendliche bewegen und einen
kirchlichen Bezug haben. „Wir unterstützen Gemein-
den dabei, mit Schulen in ihrem Umfeld Kontakt aufzu-
nehmen und gemeinsame Aktionen und Projekte durch-
zuführen.“ Ob kirchenraumpädagogische Angebote,
Stadtteilrallyes oder eine Upcycling-AG für Schüler in
der benachbarten Kirchengemeinde – eine Anfrage bei
PIKS genügt. „Wir bringen Konzepte und Ideen mit und
kümmern uns um die Durchführung.“
20 Klassentags-Termine im Angebot
Mareike Hinze, Anja Stieghorst und Klaus-Peter Nau-
mann gehören zu dem Team, das unter dem Arbeitstitel
„Schulpool“ gestartet ist. Zu PIKS gehören auch die Bre-
mer Klassentage im Blockhaus Alhorn oder auf dem Ju-
gendhof Sachsenhain in Verden, ein Angebot, das sich
an Oberschulen, insbesondere in sozialen Brennpunk-
ten, richtet. „Wir bieten die Klassentage für die Jahrgän-
ge 5 bis 10 an, für manche Teilnehmer ist es die erste
Klassenfahrt überhaupt.“ Dank der kirchlichen Bezu-
schussung zahlen Schüler maximal 55 Euro, das PIKS-
Team führt die Tage mit Unterstützung von FSJlern und
Ehrenamtlichen durch. 20 Termine stehen jedes Jahr zur
Auswahl, die Nachfrage der Schulen ist gut – vor allem
Schulsozialarbeiter freuen sich über das Angebot. Geht
es in Klasse 5 noch um Themen wie „Gemeinschaft“,
steht in Klasse 9 eher Lebens- und Berufsorientierung
auf dem Programm. „Dafür kooperieren wir auch mit
RAZ, dem kirchlichen Beratungsprojekt „Ran an die
Zukunft“ für Jugendliche im Übergang von Schule und
Ausbildung.“ Aber auch Themen wie Zukunft, Freund-
schaft, Toleranz, Liebe oder Sucht stehen zur Auswahl.
„Für 2017 planen wir ein Modul zum Thema Reforma-
tion.“ Worum es auf den Klassentagen gehen soll, ent-
scheiden die Schüler nach einem Vorgespräch mit den
PIKS-Mitarbeitenden.
Vertreterinnen und Vertreter der Kirchengemeinden aus
dem Einzugsgebiet der Schulen können auf die Klassen-
tage „mitfahren“, denn Ziel ist ja auch eine Vernetzung
von Kirchengemeinden und Schulen.
In der Regel betreut aber das PIKS-Team die Schüler
während der Fahrten. „Zum Nachtreffen gehen wir in die
Gemeinden, um deren Angebot bekannt zu machen.“
Türöffner zwischen Kirche und SchuleDas dreiköpfige Team „Projekte in Kirche und Schule“ unterstützt Gemeinden dabei,
mit Schulen gemeinsame Projekte auf die Beine zu stellen.
PIKS
Anja Stieghorst & Mareike Hinze
Klassentage
Mareike Hinze & Klaus Peter Naumann
Telefon 0421/96 03 86 -67
Telefon 0421/96 03 86 -68
Telefon 0421/ 841 391 52
www.kirche-bremen.de
text Matthias Dembskifoto PiKSillustration Ulrike Rank
Konfessionelle Gegensätze sind nicht seine Sache, auch wenn er seit April die lu-
therische Farbe innerhalb der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) vertritt: „Wir
haben in Bremen ein gutes Miteinander von reformierten, lutherischen und einfach
„evangelischen“ Gemeinden, und das ist gut so“, sagt Friedhelm Blüthner, seit Ap-
ril Senior (Ältester) des Lutherischen Gemeindeverbandes. Ein gutes Viertel der Ge-
meinden in Bremen gehört zu diesem Zusammenschluss. „Ich bin gerne Lutheraner,
weil mir die sinnlicheren Gottesdienste und Kirchenräume eher liegen“, sagt der
gebürtige Ostfriese, der in einem reformierten Umfeld aufwuchs. Aber die unter-
schiedlichen Traditionen der evangelischen Gemeinden sind im Zeitalter der Öku-
mene praktisch nicht mehr entscheidend. „Wir haben als Kirche eine gemeinsame
Aufgabe und stehen als lutherische oder reformierte Gemeinden nicht mehr in Kon-
kurrenz zueinander wie früher.“ Die Vielfalt sieht er als Bereicherung. „Wir stehen
gemeinsam vor finanziellen, strukturellen und personellen Veränderungen, die wir
ausgewogen gestalten müssen. Das geht nur, wenn wir gemeinsam strategisch pla-
nen. Dabei kann ich als Senior für die Gemeinden ein Ansprechpartner sein, der
einen hilfreichen Außen- und Überblick einbringt.“
Partnerschaftlicher Ratgeber für Gemeinden
In der BEK ist Blüthner schon lange über die Grenzen seiner Arberger Gemeinde
hinaus unterwegs gewesen, von 2002 bis 2015 als Umweltbeauftragter, und noch
immer als Mitglied der Arbeitsrechtlichen Kommission. Als Senior sieht er seine Auf-
gabe vor allem darin, zu moderieren und Unterstützung zu vermitteln. „Wir ha-
ben in der BEK einen kleinen, professionellen Verwaltungsapparat und kompetente
gesamtkirchliche Einrichtungen, die Gemeinden fachlich unterstützen können. Ich
sehe mich als partnerschaftlicher Ratgeber, der dank der guten Arbeit der Vorgänge-
rin und Vorgänger einen großen Vertrauensvorschuss genießt.“ So können Pastorin-
nen und Pastoren des Gemeindeverbands mit ihm auf freiwilliger Basis Mitarbeiter-
gespräche führen. „Das sind vertrauliche Gespräche in kollegialer Atmosphäre, die
der beruflichen Orientierung und Beratung dienen.“
Im Reformationsjubiläumsjahr möchte Blüthner vor allem eine Botschaft vermitteln:
„In unserer Gesellschaft zählt nicht nur der Mensch, der etwas leistet und sich etwas
leisten kann. Das sagt die Reformation ganz klar: Der Mensch ist gerecht allein aus
dem Glauben – ganz ohne selbst etwas dazu tun zu müssen.“ Lutherisch zu sein
bedeutet für den neuen Senior, frei zu denken, seinen Verstand zu gebrauchen und
damit kirchliche und weltliche Autoritäten zu hinterfragen. Das darf und kann jeder
Christ. „Das Priestertum aller Gläubigen ist bis heute ein wichtiger Gedanken der
Reformation.“ Dennoch plädiert Blüthner für eine qualifizierte theologische Hoch-
schulausbildung: „Zurück zu den biblischen Original-Quellen bedeutet, das man als
Pastor gelernt hat, sie zu übersetzen und damit umzugehen. Der Baumarkt macht
noch nicht den Handwerker – und die Bibel noch nicht den Theologen. Die verant-
wortliche Auslegung, das wissenschaftliche Handwerk muss man lernen, sonst sind
wir schnell beim Fundamentalismus.“
Chef der Lutheraner text & fotoMatthias Dembski
Der Lutherische Gemeindeverband spielt in der Bremischen Evangelischen Kirche eine Sonderrolle.
Seit April 2016 hat der Zusammenschluss ehemaliger Umland-Gemeinden einen neuen Chef, der seine Rolle
ganz bremisch als Moderator und Berater der Gemeinden sieht.
Lutherischer Gemeindeverband
Pastor Friedhelm Blüthner, Senior
Telefon 0421/48 00 48
www.kirche-bremen.de
24 persönlich BEK Forum September 2016
Vom Umweltbeauftragten zum Senior:
Pastor Friedhelm Blüthner (54), seit
1993 Pastor in Arbergen, leitet den
Lutherischen Gemeindeverband.
kkontakt
Lutherischer Gemeindeverband
Mitglieder: 14 Gemeinden der BEK von Blumenthal bis Arbergen: St. Nikolai Mahndorf, St. Johannis Arbergen,
Hemelingen und Guter Hirte, St. Martini Lesum, Söderblom, St. Magni, St. Michael Grohn, Alt-Aumund,
Christophorus, Martin-Luther-Blumenthal, Lüssum, Bockhorn und Paul-Gerhardt.
Geschichte: Durch einen Umgliederungsvertrag mit der Hannoverschen Landeskirche gehören sechs ehemalige
Speckgürtel-Gemeinden seit 1948 zur Bremischen Kirche. Der Gemeindeverband wurde 1949 gegründet.
Struktur: Die Kirchenvorstände der Mitglieds-Gemeinden bilden den „Verbandstag“, der den Senior wählt. Er
vertritt die Interessen der 14 Mitgliedsgemeinden im Kirchenausschuss der BEK und hält Kontakt zur Vereinigten
evangelisch-lutherischen Kirche Deutschlands und zum Lutherischen Weltbund.
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