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Page 1: Chinesisch Laute Historie Einfuehrung

Die Chinesische Sprache

Eine kurze Einführung mit Fokus auf die Lautstruktur und ihre diachrone Entwicklung unter besonderer

Berücksichtigung des genauen Klangeindrucks

Fragen, Anmerkungen und Korrekturvorschläge senden an:

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In China selbst und den angrenzenden Ländern werden eine Vielzahl unterschiedlicher Sprachen und Dialekte gesprochen. Einen Großteil dieser Sprachen klassifiziert man als miteinander verwandt – d.h. diese verwandten Sprachen sollen sich über lange Zeiträume hinweg aus einer gemeinsamen Ausgangssprache entwickelt haben, deren „Tochtersprachen“ als eine Familie zusammengefasst werden. Unter Sprachforschern gibt es verschiedene Namen für diese Familie: Am gebräuchlichsten ist Sinotibetisch, daneben kommen auch Tibeto-Burmesisch und Trans-Himalayanisch vor; außerdem ist man verschiedener Ansicht darüber, welche von ihnen jeweils näher zusammengehören, man sagt: Gruppen innerhalb der Familie bilden. Die Sprachen Indiens, das Vietnamesische, Thailändische und viele andere Sprachen in Südostasien gehören aber nicht zu dieser Familie.Van Driem (2001) kommt zu nebenstehender Gliederung der sinotibetischen Familie, die hier sehr vereinfacht dargestellt ist:

Das „Chinesische“ – genauer gesagt: die sinitische Gruppe bzw. die Sprachen des Han-Volkes – ist wiederum in viele Dialekte aufgespalten. Der Dialekt von Peking gilt als offizielle Sprache in China und Singapur; er wird auch Hochchinesisch, Mandarin oder Putonghua („normale Sprache“) genannt. Was die gesprochene Sprache betrifft, so können sich Sprecher des Mandarin nicht mit Sprechern anderer Dialekte (wie z.B. Kantonesisch) verständigen. Als gemeinsames Band gilt stattdessen seit Alters her die einheitliche Chinesische Wortschrift, heutzutage aber auch das an Schulen gelehrte und in den meisten Rundfunksendungen gehörte Hochchinesische.

In älteren Zeiten hatte das Chinesische einen ganz anderen Klang und einen etwas anderen Aufbau, als es heute der Fall ist. Da schon in den ältesten Zeiten eine Wortschrift verwendet wurde, kann man heute noch die alten Texte lesen, sofern man die Schriftzeichen gelernt hat, die mittlerweile nicht mehr benutzt werden. Altchinesisch umfasst den Zeitraum zwischen 1200 und 300 vor Christus, später folgt das Klassisches Chinesisch zwischen ca. 450 v. Chr. und 220 n. Chr., dann das Mittelchinesische, und seit einigen Jahrhunderten spricht man von modernem Chinesisch, das sich aber auch stetig im Wandel befindet.Die Aussprache des Alt- und Mittelchinesischen ist nicht genau bekannt. Forscher versuchen sie zu rekonstruieren. Dabei helfen ihnen 1. allgemeine Regeln der Lautentwicklung, 2. Gemeinsamkeiten innerhalb des Sinotibetischen, 3. Reime in Gedichten (es gibt auch ein Reimlexikon aus dem 7. Jahrhundert), und 4. Ausspracheangaben von Verfassern antiker chinesischer Grammatiken.

Chinesisch ist also mit Burmesisch und Tibetisch verwandt. Die Verwandtschaft sieht man ohne Schwierigkeit, wenn man im Altchinesischen, Alttibetischen und Altburmesischen die folgenden Wörter vergleicht:

Altchinesisch Alttibetisch Altburmesischdrei sum gsum sumHName mjeng mjeng mingGift duk dug tok(Die Aussprache wird weiter unten erklärt.)

Bis heute haben sich diese Sprachen weit auseinander entwickelt, die Wortgestalt verwandter Wörter hat sich stark verändert. Und das sogar innerhalb der sinitischen Gruppe, wie man am Vergleich zwischen Mandarin, Kantonesisch und Taiwanesisch erkennen kann. Im Laufe der Sprachentwicklung kommt es allerdings häufig vor, dass ein Wort seine Bedeutung ändert oder durch ein anderes Wort ersetzt wird. Die Zahlwörter sind jedoch gut vergeichbar:

Altchinesisch Mittelchinesisch Mandarin Tibetisch Burmesisch Kantonesisch Taiwanesischeins #jit qjit i ti# jed (tšh)itzwei nijs nji ŗ njī hni# nji jidrei sum sām san sum ţoun sam samvier (s)lhi(d)s sjih sî śi le sej sufünf ngha# ngo(ħ) u nga nga ng ngoIm Chinesischen ist wortinitiales „ng“ irgendwann im vergangenen Jahrtausend weggefallen, sodass beim heutigen Wort für „5“ nur ein Vokal übrig geblieben ist. Man schreibt für die Entwicklung des Wortes „fünf“ im Chinesischen: ngha# > ngo > u, das heißt: ngha# verändert seine Gestalt zu ngo, das wiederum seine Gestalt in u verwandelt.

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Zur Schreibweise

Das Chinesische wird seit jeher in einer Wortschrift geschrieben: Jeder der tausenden von Buchstaben hat eine bestimmte Bedeutung. Da die Wörter im Chinesischen einsilbig sind, bezeichnet jeder Buchstabe gleichzeitig auch eine ganze Silbe:

木 wird mu gesprochen und bedeutet „Baum“ oder „Holz“.Manche Begriffe werden auch durch eine Kombination aus zwei oder mehr Schriftzeichen bzw. Silben ausgedrückt:

中国 wird tšung kwo gesprochen. Das erste Schriftzeichen bedeutet „Mitte“, das zweite „Land“, zusammengenommen: „Land der Mitte“. Die Kombination bedeutet „China“.

Da es im Chinesischen keine Leerzeichen, also Zwischenräume zwischen zusammengehörigen Wörtern, gibt, muss man eine Kombination wie中国 schon kennen bzw. die Zusammengehörigkeit von中 und 国 aus dem Kontext erschließen:

我在中国住 wo tsaj tšung kwo tšu ist wörtlich: 我 ich 在 in 中Mitte 国 Land 住 lebenÜbersetzt: „Ich wohne in China“. Zur Verdeutlichung kann man schreiben: wo tsaj tšungkwo tšu.

Beim Hören ist das Erkennen von Kombinationen weniger schwierig, weil man beide als eine Einheit spricht, das zweite Wort ist dann gewöhnlich weniger stark betont als das erste, mitunter auch ganz unbetont (das heißt, es wird im „5. Ton“ gesprochen, der weiter unten noch erklärt wird).

Im heutigen Chinesisch werden immer mehr Kombinationen verwendet – besonders in der Alltagssprache –, während alte Wörter und ihre Schriftzeichen verschwinden:

膝 wird śi gesprochen und bedeutet in der Schriftsprache „Knie“. In der Umgangssprache benutzt

man stattdessen die Kombination 弯头 , die wan-thow gesprochen wird und wörtlich übersetzt

„Biegekopf“ bedeutet. Wenn man irgendwann anfängt, auch in der Schriftsprache 弯头 zu benutzen,

wird das Zeichen 膝 nur noch selten Verwendung finden und mag irgendwann aus dem Zeicheninventar gestrichen werden und in Vergessenheit geraten.

Das kommt vor allem daher, dass viele Silben des Chinesischen, die in älteren Zeiten einmal eine differenzierte Aussprache hatten, heute identisch ausgesprochen werden und es daher zu Missverständnissen kommen kann. Deshalb wird z.B. im modernen Chinesisch ein ehemals isoliert verwendetes Wort nur noch zusammen mit einem anderen, es erklärenden Wort gebraucht:

唇 , gesprochen tšhwən, ist das alte Wort für „Lippe“. Die Silbe mit der Aussprache tšwən kann jedoch auch andere Bedeutung haben, die jeweils mit einem anderen Schriftzeichen geschrieben werden: 纯 „rein/keusch“, 淳 „schlicht/einfach“, 醇 „rein“. Um Unklarheiten zu vermeiden, benutzt

man für „Lippe“ heutzutage die Kombination 嘴唇, gesprochen tšwej-tšhwən, die aus den Wörtern

嘴 tšwej „Mund“ und 唇 „Lippe“ zusammengesetzt ist. Statt tšhwən isoliert zu benutzen, drückt man sich heutzutage so aus: „das tšhwən, das etwas mit dem tšwej (dem Mund) zu tun hat“.

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Zur Umschrift

Da die Wortschriftzeichen gewöhnlich keinerlei Hinweise auf ihre Aussprache liefern, muss man eine Umschrift verwenden, wenn man die Aussprache eines Wortes darstellen will. Im Laufe der letzten Jahrhunderte sind mehrere solcher Umschriften entwickelt worden. Die heute offiziell gebrauchte Umschrift mit lateinischen Buchstaben nennt man Pinyin (gesprochen „pin-jin“). Die Unterschiede zu älteren Umschriften sind teilweise erheblich, auch deshalb, weil sich die Sprache im Laufe der Zeit verändert hat:

19. Jahrhundert Wade-Giles Tongyong Pinyin Heutiges Pinyin Schriftzeichenkyan` chien4 jiàn jiàn 件 „sehen“ži, jih rih rī 日 „Sonne“tao, tao1 dao dāo 刀 „Messer“thu´ t’u3 tŭ tŭ 土 „Erde“

Die Akzente auf bzw. die Zahlen hinter einem Wort deuten auf die „Töne“, auf den Melodieverlauf, in dem ein Wort gesprochen wird. Siehe dazu den nächsten Abschnitt.

Der Umschrift in der 1. Spalte zufolge (verwendet in einem Buch von Carl Faulmann, 1880) wurde das Wort für „sehen“ früher einmal kjan oder so ähnlich gesprochen, während man heute tśjän spricht. (Auch gibt er für das Wort „Erde“ einen anderen Ton an, als er heute verwendet wird.) Dadurch, dass im Laufe der Zeit verschiedene Lautschriften in Europa und Amerika gebräuchlich waren, kommt es z.B. vor, dass man Tao Te King oder Tao Te Ching zu lesen gewohnt ist, man im heutigen Pinyin aber Dao De Jing schreiben würde. Das gleiche gilt für Tai Chi, das eigentlich in der Umschrift von Wade-Giles T’ai chi geschrieben werden müsste: Im Pinyin müsste man Taiji schreiben.

Da Pinyin einerseits für den Anfänger nicht so leicht zu lesen ist, und andererseits hier auch ältere chinesische Sprachformen wiedergegeben werden sollen, die nicht im Pinyin wiedergegeben werden können, wird hier eine besondere Umschrift verwendet, die im nächsten Abschnitt beschrieben wird.

Nach dieser Lautschrift würde man die Wörter der obigen Tabelle (die Töne einmal beseite gelassen) so schreiben: tśjän – ŗî – tao – thu. Dao de Jing würde hier tao te tśing geschrieben, Tai Chi wäre thaj-tši, Putonghua wäre phu-thong-ħwa.

Zur Umschrift und lautlichen Variationen

Im Chinesischen kommen einige Laute vor, die im Deutschen nicht oder nur in gewissen Umgebungen existieren. Daher benötigt man unbedingt eine Lautschrift und kann das Chinesische nicht einfach so wiedergeben, als wenn es deutsche Wörter wären. Bei der Erklärung der Umschrift werden folgende Fachausdrücke verwendet:

- stimmlos bedeutet im Folgenden „ohne schwingende Stimmbänder“, stimmhaft das Gegenteil- retroflex „zurückgebeugt“ bedeutet, dass man einen Laut mit zurückgebogener Zungenspitze spricht,

wie es etwa bei der Artikulation des amerikanischen r gebraucht wird- aspiriert „behaucht“ bedeutet, dass man Konsonanten wie p, t, k oder ts ein „h“ folgen lässt

Je nachdem, aus welcher Region Chinas jemand stammt, wird sein Mandarin eine besondere Färbung tragen; daher gibt es leichte Aussprachevariationen. Das r im Pinyin, das hier als ŗ umschrieben wird, sprechen manche am Wortanfang wie ein amerikanisches „r“, andere wie das „j“ im Wort „Journal“ (aber retroflex). Auch können einzelne Laute leicht variieren, je nachdem, welche Laute links oder rechts von ihnen stehen. So wird das h im Pinyin, das hier als ħ umschrieben wird, gewöhnlich wie „ch“ in „auch“ gesprochen, manchmal hört man aber auch ein „h“ wie in „Haut“.Oder das Wort 难 „schwierig“, das hier wie im Pinyin mit nan umschrieben wird, sprechen manche Sprecher wie nän aus. Andere sprechen die Laute š, tš, und tšh so aus, dass sie für unsere Ohren genau wie s, ts und tsh klingen. Wieder andere sprechen die Laute ś, tś, tśh wie s, ts, tsh...

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Die Töne

Im Chinesischen gibt es auch fünf sogenannte „Töne“. Damit gemeint ist etwas ähnliches wie der Melodieverlauf einer Silbe. Diese Töne sind bedeutungsunterscheidend: Die Silbe ma bedeutet „Pferd“, wenn man sie in tiefer Stimmlage spricht, hingegen „Mutter“, wenn man sie in hoher Tonlage spricht. Die Töne sind Wahrscheinlich im Laufe des Altchinesischen entstanden, indem man je nachdem, mit welchen Konsonanten eine Silbe endete, diese Silbe mit einer bestimmten „Melodie“ gesprochen hat. Altchinesische Silben wie sam, sam#, sams und sap hätte man demnach jeweils unterschiedlich melodisiert. Die vier eigentlichen Töne des heutigen Chinesisch sind die folgenden:

Nummer Akzent Beispiel / Pinyinumschrift Beschreibung1. Ton ¯ 妈mā / ma1 Mutter Der Vokal wird in relativ hoher Stimmlage gesprochen.

Man steht auf dem Dach eines Hauses.2. Ton ´ 麻má / ma2 Hanf Der Vokal wird ansteigend gesprochen, wie wenn

man im Deutschen „ich?“ fragt.Man fährt mit dem Fahrstuhl nach oben.

3. Ton   馬mă / ma3 Pferd Der Vokal wird in relativ tiefer Stimmlage gesprochen.Wenn kein weiteres Wort folgt, geht anschließend dieStimme noch leicht nach oben.Man steht im Keller bzw. steigt aus dem Keller ins Erdgeschoss.

4. Ton ` 骂mà / ma4 schimpfen Der Vokal wird abfallend gesprochen, wie wennman im Deutschen „ich!“ antwortet. Man springt die letzten Stufe der Treppe hinab.

5. Ton /tonloser Ton

吗 ma / ma0 „?“ Der Vokal wird in neutraler Stimmlage gesprochen. DieSilbe ist kurz und unbetont und verschmilzt mit einemvorausgehenden Wort.

→ ma am Satzende verwandelt den Satz in eine Frage, es ist sozusagen ein ausgesprochenes Fragezeichen: ni ħaw „guten Tag“, ni ħaw ma „wie gehts?“.

Im Folgenden ist die Angabe von Tönen meistens nicht nötig, weshalb sie nicht mit angegeben werden. Für den Sprecher einer sinotibetischen Sprache (also für Tibetaner, Burmesen usw.), ja sogar für Sprecher des Vietnamesischen und Thailändischen, gehört der Ton allerdings untrennbar zum jeweiligen Wort. Eine Silbe nan ohne irgendeinen Ton gibt es im Chinesischen nicht, es gibt nur nán „schwierig“ oder nàn „Unglück“. Melodie und Vokal sind untrennbar miteinander verwachsen.

Die „Tonhöhe“ ist jedoch eher eine relative, sodass die Satzmelodie zum Satzende hin gewöhnlich abfällt. Aber wichtig ist die Satzmelodie nicht: Im Deutschen dient ansteigende Satzmelodie am Satzende ja zur Bezeichnung einer Frage: „Kommt er? – Er kommt.“, während man im Chinesischen die eigenständige Silbe ma ans Satzende stellt, um die Bedeutung „dieser Satz ist eine Frage“ auszudrücken.

Der Satz 我在中国住 wo tsaj tšung-kwo tšu „ich wohne in China“ wird folgendermaßen umschrieben, wenn man die Töne mit hinzunimmt: wo3 tsaj4 tšung1-kwo3 tšu4. Oder in Pinyin: wŏ zài zhōng guŏ zhù. Der Melodieverlauf könnte schematisch dargestellt so aussehen, wobei die Satzmelodie kontinuierlich abfallen darf: Die Wörter wo3 und kwo3 müssen beide im dritten, dem „tiefen“ Ton gesprochen werden. Aber bei wo3 am Satzanfang ist die absolute Tonhöhe höher als bei kwo3, das später im Satz kommt.

Phoneme und Varianten

Im Deutschen drückt die Buchstabenkombination ch zwei Laute aus: In ich einen anderen als in auch. Nach einem „au“ kann im Deutschen niemals der Laut folgen, der nach einem „i“ folgt. Man sagt: ch ist ein Phonem, eine „Lauteinheit“, des Deutschen, die man je nach vorausgehendem Laut verschieden ausspricht. Im Chinesischen gibt solche Phänomene auch, allerdings in etwas komplizierterer Form.

Zum Beispiel kommt der Laut k im Hochchinesischen niemals vor einem „i“ vor, sondern hier spricht man tś; andererseits kommt ein tś niemals vor einem „a“ vor.

 

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Die hier verwendete Umschrift

Es folgt nun die Erklärung der Umschrift, die hier verwendet werden soll. Laute, zu denen keine Umschrift in Pinyin gegeben ist, kommen im heutigen Hochchinesischen nicht mehr vor, sie sind aber nötig, um älteres Chinesisch umschreiben zu können.

1. Vokale 

Umschrift Pinyin Erklärunga a Wie a in kann. (Im Mittelchinesischen gewöhnlich lang wie in Kahn).ä a Etwa wie englisches a in bad, also zwischen a und e. Kommt nur als Variante von „a“ in

bestimmter lautlicher Umgebung vor.e e Vor einem j wie e in See.

Sonst wie e in echt (im Hochchinesischen nur vor n vorkommend).i i

ei

Wie i in Vieh, nach phVor ng manchmal mit einem leichten ə-Nachklang: ping „Eis“ wie piəngNach w mit einem ä-Vorklang: wi also wie englisch way

o o Wie o in SonneAm Wortende eher wie or in vor: bo „Welle“ wie boa

u u, o Wie u in duVor ng ähnlich wie in Dung, aber tief in der Kehle

ə e Ähnlich e wie in bitte, eigentlich ein o ohne gerundete Lippen.Vor n und bsd. vor ng klingt es manchmal wie ein dumpfes a: məng wie in englisch among.Am Wortende im 1. bis 4. Ton mit einem leichten a-Nachklang: lə4 wie ləa. Die unbetonte Vergangenheitssilbe lə0 wird meistens la gesprochen: ħaw lə „fertig!“ wie ħaola.

ü ü, u Wie ü in frühî i Ein ganz dumpfes i; klingt fast so, als ob man den vorausgehenden Konsonanten gelängt spricht

und dabei die Stimmbänder schwingen lässt

Ein Strich ¯ über einem Vokal (z.B. ā) deutet in dieser Umschrift darauf hin, dass er lang zu sprechen ist. Im Hochchinesischen gibt nur kurze Vokale, die bei Bedarf ein wenig gelängt werden können, ohne dass sich aber die Bedeutung verändert, wie es im Deutschen kann und Kahn, im und ihm der Fall wäre. 

î kommt nur nach den Konsonanten s, ts, tsh (nicht retroflex) und š, tš, tšh, ŗ (retroflex) vor.

2. Gleitlaute („Halbvokale“) 

Es gibt drei Gleitlaute: j, w und ẅ. Hinter einem Vokal kommen nur j und w vor, wie es auch im Deutschen der Fall ist: „Mai“ muss man nach dieser Schreibweise maj, „lau“ nach dieser Schreibweise law umschreiben. Im Englischen gibt es die Laute j und w auch am Wortanfang: year, wood, pure, twister, sowie auch am Wortende: may, now. Im Französischen gibt es auch das ẅ: puis, huit, nuit, huile usw. 

Umschrift Pinyin Erklärungw w, -u- Wie englisches w in wood – also wie ein u, das in den nachfolgenden Vokal übergeht.

Nach einem a spricht man es mit rundem Mund wie ein o: ħaw „gut“ also etwa ħao.Nach einem i auch wie ow: miu „falsch“ kann míŏw gesprochen werden.

ẅ u vor e/i Variante von w mit gespitzten Lippen: ein gleitendes ü wie in französisch huit.ẅe von manchen Sprechern mit a-Nachklang: ẅea.

j y, -i- Wie j in ja, Katja, Anja usw., gn wie in Champanger, ille wie in Taille

Im Chinesischen sind w und ẅ ein einziges Phonem, deshalb die ähnliche Darstellung. ẅ spricht man nur vor den Lauten e, än oder ing, sowie nur nach den Lauten n, l, ś, tś, tśh. Es gibt folgende Kombinationen: lẅe, nẅe, śẅe, tśẅe, tśhẅe; śẅing, tśẅing, tśhwing; śẅän, tśẅän, tśhẅän (Pinyin: nüe, lüe, xue, jue, que, xun, jun, qun, xuan, juan, quan).In den Silben ji/jü wird das „j“ oft nicht gesprochen. Im Pinyin schreibt man zwar yi/yu, spricht aber oft einfach i/ü. Dasselbe gilt für die Silbe wu, die oft u gesprochen wird. In dieser Umschrift wird immer i, ü bzw. u geschrieben. 

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3. Konsonanten

Umschriftzeichen Pinyin Erklärungl, m, n l, m, n Wie im Deutschen

· -in wird -ing gesprochen; tshən, nən, šəng ist tshəng, nəng, šəng;· phən, tshən, khən, ħən ist phan, tshan, khan, han mit dumpfen „a“.

ng ng Wie ng [ŋ] in lang, niemals wie „ng+g“ wie in evangelisch· -ing wird -iəng tief in der Kehle gesprochen, phing wird auch phjəng ausgesprochen, nach anderem Anlaut ist -ing wie -îng zu sprechen.· pəng, phəng, fəng, təng, werden auch mit dumpfen „a“ gesprochen, həng wie „hang“, thəng, nəng, ləng, tshəng, tšhəng, kəng, khəng mit hellerem „a“

ngw ng+w, also wie ngu in englisch languageb, d, g Wie in oben, laden, Igelp, t, k b, d, g Nicht aspiriert und stimmlos, etwa wie in ab, Rad, Tagph, th, kh p, t, k Dieselben Laute, aber aspiriert, etwa wie in Post, Tor, Kahnkw gu Etwa wie Guaschkwh ku Dasselbe aspiriert: etwa wie Quadratf f Wie f in Furchev Ähnlich wie englisches v in vulcano (nicht wie deutsches v in voll!)s s Wie stimmloses ß (nicht wie s in Sonne!)z z Wie stimmhaftes s in Sonne (nicht wie s in aus!)dz Wie stimmhaftes ds in englisch friendsts z dz, aber stimmlos, etwa wie tz in Sitztsh c ts, aber aspiriert, etwa wie Z in Zunger r, in welcher Form (deutsch, italienisch, amerikanisch) ist unklarŗ r Wie amerikanisches r wie in red, also retroflex.š sh Etwa wie sh in amerikanisch shrine = sch wie in schon, aber retroflexž r Etwa wie s in amerikanisch pleasure = j wie in Journal, aber retroflex.

Hochchinesisch nur als sprecherbedingte Variante von ŗ am Wortanfang existent.dž Etwa wie dg in amerikanisch lodger = dsch wie in Dschungel, aber retroflextš zh Etwa wie ch in amerikanisch birch = tsch wie in deutsch, aber retroflextšh ch Etwa wie aspiriertes tsch in Tscheche, aber retroflex ś x Ähnlich wie ch in Licht (anders als ħ!)ź ś, aber stimmhaft, wie eine Mischung aus ś und jdź ź, aber mit einem d davortś j ś mit t davor, etwa wie dch in Mädchentśh q Aspiriertes tś, etwa wie tj in tjađ, ŧ, ŧh Wie d, t, th, aber retroflex (diese Laute kommen auch in Indischen Sprachen vor)

ħ h ch wie in auch (anders als ś!)γ Stimmhaftes ħ, ähnlich wie deutsches r; eher wie das „g“ in berlinerisch sagenseq, G Tief in der Kehle gesprochenes k bzw. gh h h wie in Haus. Im Hochchinesischen nur als Varante von ħ vorkommend.H Stimmhaftes „h“, wie es im Tschechischen vorkommt# Kehlkopfverschluss, wie bei deutschen Silben ohne Anlaut: be#enden, #Apfel#w Kehlkopfverschluss, der nachfolgende Vokal setzt wie einem kurzen u einhw h mit nachfolgendem Halbvokal u, wie wh in einigen englischen DialektenIm Deutschen spricht man am Wortanfang vor einem Vokal die Buchstaben p, t, k, z grundsätzlich aspiriert aus (in dieser Umschrift würde man also ph, th, kh, tsh schreiben), am Wortende spricht man sie unbehaucht aus – in dieser Umschrift würde man p, t, k, ts schreiben. Außerdem spricht man b, d, g am Wortanfang vor Vokal stimmlos – ein französischer Muttersprachler würde hier eher p, t, k hören, und in dieser Umschrift muss deshalb ebenfalls p, t, k, ts geschrieben werden. Ein deutscher Muttersprachler spricht also die Laute p, t, k, ts am besten so aus, als ob dort b, d, g, ds stünde, dann macht er es intuitiv richtig. Nach dieser Schreibweise würde man die Wörter Sau, neu, heiß, Jeep, Länge, Tango, Quatsch, Abtei, ich, auch, vor, jetzt, Taille; wood, cave, queen so schreiben: zaw, noj, hajs, džīp, lengə, thanggo, kvhatš, #apthaj, #iś, #awħ, foa, jetst, thaljə; wud, k(h)ejv, kw(h)īn.

ŗ gibt es auch als eigenes Wort ohne einen beistehenden Vokal; im heutigen Chinesisch spricht man es wie aŗ, d.h. wie are im amerikanischen Englisch.

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Zur Silbenstruktur

Die Silbe wird unterteilt man in Anlaut (Onset) · Nukleus · Auslaut (Coda). Der Nukleus ist im Deutschen ein Vokal oder ein Diphthong: H·au·s, h·i·lfst, str·ei·fst.

Die chinesische Silbe besteht maximal aus einem Konsonant, dem ein Gleitlaut folgen kann; dann einem Nukleus und einem Auslaut; eine minimale Silbe besteht nur aus einem Nukleus:

„Maximale“ Silben wären z.B. ljang (also lj·a·ng) oder njaw (also nj·a·w).„Minimale“ Silben wären z.B. ə „hungrig“, o „ach so!“

Zwischen diesen Extremen gibt es alle möglichen Variationen:śja „hinabgehen“, tshuo „Fehler“ (kein Auslaut); aj „Liebe“, ow „Möwe“ (kein Anlaut)nan „schwierig“, bej „Tasse“ (kein Gleitlaut); pa „Vater“, ni „du“ (kein Auslaut und kein Gleitlaut)

Im Auslaut darf nur ein n oder ng als Konsonant, ein j oder w als Gleitlaut stehen, Gleitlaute im Anlaut sind w, j oder ẅ:

na, nan, nang, naj, naw sind chinesische Silben, ebenso šwang (d.i. schu·á·ng), ljang und śẅän.Bei der Beschreibung des Chinesischen fasst man gerne Gleitlaut+Nukleus+Auslaut als Einheit zusammen. Nach dieser Einheit ist die Schreibweise des Pinyin aufgebaut.

Die deutschen Laute [aj, oj, aw] werden als Diphthonge bezeichnet, die im Nukleus stehen sollen:w·ei·ß, f·eu·cht, l·au·t.

Im Chinesischen kann man ebensolche Kombinationen aus Vokal und Gleitlaut hören (nämlich aj, ej, aw, ow) aber man sollte sie eher als Nukleus+Auslaut analysieren: naj = n·a·j statt n·aj··. Zugunsten dieser Analyse spricht die Tatsache, dass Silben wie n·aj·n, n·aw·n usw. im Chinesischen nicht existieren, wohingegen im Deutschen n·ei·n kein Problem darstellt. Daher werden in dieser Umschrift aj statt ai, aw statt au usw. geschrieben.

Im Chinesischen entspricht jedes Schriftzeichen normalerweise einer Silbe. Im modernen Pekingdialekt kann allerdings die Silbe ŗ im 5. Ton, an ein vorausgehendes Wort angelehnt, in dessen Auslaut integriert werden:

na+ŗ → 那儿 naŗ „dort“ – zwei Schriftzeichen, eine Silbe! r bildet den Auslaut von naŗ.Da die chinesische Silbe einen so strengen Aufbau hat, werden dabei meist einfach Laute verschluckt:

1. Der Auslaut des ersten Wortes wird nicht gesprochen:wan+ŗ 玩儿 „spielen“, Pinyin wanr, gesprochen wāŗ; wei+ŗ味儿 „Aroma“, Pinyin weir, gesprochen waŗ

2. Der ŗ wird verschluckt:kou+ŗ扣儿 „Knoten“, Pinyin kour, gesprochen kow; 老头儿 „alter Mann“ laotour = lawtaw

mjän+tjaw+ŗ面条儿 „fritierter Teigstreifen“, Pinyin miantiaor, gesprochen mjäntjawEinige Sprecher sollen auch die angehängte Silbe tsî im 5. Ton integrieren: nü+tsî → 女子 nütsî „Mädchen“, etwa nü ts gesprochen.

Manchmal gibt es eine Verschiebung, sodass ein ursprünglicher Gleitlaut zum Vokal im Nukleus wird, der ursprüngliche Nukleus zu einem Gleitvokal im Auslaut wird:

- Pinyin duo wird tu·ŏ gesprochen: u im Nukleus, in einen o-Laut übergehend; aber Pinyin kuo wird kwh·oa gesprochen.- Pinyin dui/sui wird tu·j/su·j gesprochen; aber Pinyin tui ist regelgemäß thwei.- Pinyin diu, miu, jiu wird eher tiw, miŏw, tśiw gesprochen mit i im Nukleus. Aber xiu usw. sind śjou...

Pinyin ist eine phonemische Umschrift, indem sie Laute mit einem gemeinsamen Ursprung sowie Phoneme durch eine einzige Buchstabenkombination darstellt. Die hier verwendete Umschrift ist jedoch größtenteil so gestaltet, dass man das Wort richtig aussprechen kann.

Die Silbe des modernen Hochchinesisch hat also, vereinfach dargestellt, folgende Struktur:Konsonant Gleitlaut Nukleus Auslaut

p, t, k, ph, th, khf, ħ/hm, n, l, ŗ/žs, ts, tsh und ś, tś, tśhš, tš, tšh

wẅj

a/äə/eiou/ü

nngw(ŗ)jŗ

Beispiele:ljang l j a ngšwi š w einaŗ n a ŗ

Im Chinesischen kommen nun bei Weitem nicht alle hieraus vorstellbaren Kombinationen vor. Die exakte Silbenstruktur wird später noch erarbeitet werden, wenn die Entwicklung des Chinesischen dargestellt worden ist.

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Altchinesische Lautlehre

Das Altchinesische war auch schon eine „einsilbige“ Sprache, die Silben waren jedoch weitaus komplexer als sie es in den heutigen sinitischen Dialekten sind. Bis zu drei Konsonanten konnten im Anlaut stehen, bis zu zwei im Auslaut. So gab es Wörter wie 殺 srjat „töten“ oder 說 hljot, die heute einfach ša und šwo gesprochen werden. Dass Chinesisch einmal derart geklungen hat, ist nicht unwahrscheinlich, wenn man sich das klassische tibetisch ansieht, in welchem die Zahlwörter so klingen: gtśig, gnjis, gsum, bźi, lnga...

Die allgemeine altchinesische Silbenstruktur sieht so aus:

Anlaut Nukleus optionaler Auslaut

( s )

p/t/k/kw/qph/th/kh/kwhb/d/g/gwm/n/ng/ngwr/l, s/z

( j )

a / e / i / o / u / ə

( j / w m /n / ng p / t / k / kw eventuell r )

(s / ’)p/t/k/kwph/th/kh/kwhb/d/g/gw

r

m/n/ng/ngwrjh(w)#(w)

Z.B.: 節 ts-i-k „verbinden“, 二 nj-i-js „zwei“, 殺 srj-a-t „töten“, 參 tsrj-u-m, 瓜 kwr-a Melone, 象 zj-a-ng’ Elephant

Es gibt also drei verschiedene Stoßlaute (wie im Altgriechischen auch): p/t/k unbehaucht, ph/th/kh aspiriert, und b/d/g stimmhaft unbehaucht, außerdem 6 Vokale. Das heutige Tibetisch hat außerdem aspiriertes b, d, g.An den Nukleus kann sich noch ein j oder w dranhängen. Dadurch entstehen uneigentliche Diphthonge wie aj, aw, iw. Die Nuklei des heutigen Chinesisch sind teilweise aus diesen Verbindungen Vokal+Auslaut entstanden. Doppel-Vokale können im Chinesischen also gehört werden, aber eigentlich liegt ihnen Vokal+Auslaut zugrunde.

Mittelchinesische Lautlehre

Es kommen viele neue Laute dazu:1. Retroflexe Stoßlaute (đ, ŧ, ŧh anstelle von dr, tr...) und s-Laute: š, ž, tš, tšh, dž2. Palatale: ś, ź, tś, tśh, dź3. ħ als Variante von h, γ als Variante von H.4. Eventuell uvulare q<#, qw<w, qh(w)<h(w), G(w)<H(w).

In der mittelchinesischen Silbenstruktur ist zu erkennen, dass bestimmte Vokale nur mit bestimmten Auslauten vorkommen. Aus der unabhängigen Zusammenfügung aus beliebigem Nukleus+beliebigem Auslaut des Altchinesischen wird eine Einheit, in die auch konsonantisches w aufgenommen wird.

Anlaut Nukleus + Auslautp/ph/bk/kh/gkw/khw/gw

( r, ? l )

( j )

ə / e p/t/k m/n/ng j / w

ts/dz ( r )

a( p/t/k m/n/ng j )

retroflex đ/ŧ/ŧh, tš

r

tś/tśh/dźm/n/ngl, (?) r

jw a ( t, n, j )

d/t/thh~ħ, H~γ

o ( k / ng)u k / ng

Beispielsilbenenden: -əp, -əm, -əj, -əw; -a, -aw, -aj, -at, -wa, -waj, -wat, -wan; -o, ok, -ong; -uk, -ungUnmöglich sind beispielsweise: -e; -wap, -wak, -wang, -waw; -wo, -oj, -u, -ut usw.

Mittelchinesisch hatte 4 Töne: 平 „ level“, 上 „ rising“, 去 „departing“ und 入 „entering“. Sie könnten sich nach folgendem Schema aus dem Altchinesischen entwickelt haben: 

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Der Ton... 平 上 去 入... hat sich bei Silben entwickelt, die folgende Auslaute hatten:

kein Auslaut /

j/w

m/n/ng #/j#/w#

m#/n#/ng#

sjs/ws

ms/ns/ngs/k(w)s/ts

p/t/k/kw

Einige Anlaut-Entwicklungen Altchinesisch → Mittelchinesisch:1. Retroflexion: tr > ţ usw.2. stimmlose Sonoranten: hm>ħ/ħw/ħj/ħwj, hn>th/thr(j)/sj, hng>ħ/ħj, hl>th/sj/thr(j), hr>ħ?/thrj/th(r)

Beispiele: 脫 hlot > thwat > tuo; 兌 lots > dwajH > dwi, 說 hljot > sjwet > šwo, 悦 ljot > jwet > jüe.

Die Nukleus-Entwicklungen Altchinesisch → Mittelchinesisch:Altchinesisch

MittelchinesischBaxter Li

labialap, am ebenso ap, aməp/op/up, əm/om/um əp, əm əp, əmip/ep, im/em iəp/iap, iəm/iam ep, em

dental

(w)a... | (w)an, (w)at ebenso -a/aj/wa/waj | unveränderte... | ən/en, ət/en ia... | iən/ian, iət/iat -ej | en, eti/ə... | in, it i/iə... | in, it -ej | en, eto... | ot, on wa... | wat, wan -wa/waj | unverändert u... | un, ut ə... | ən, ət -əj | ən, ət

velar

a... | ang, ak ebenso -o | ang, ake... | eng, ek i... | ing, ik -ej | eng, ekə... | əng, ək ebenso -əj | əng, əko... | ong ok u... | ung, uk -əw | uk, ungu... | ung, uk ə...w | əngw, əkw -aw | ong, oka...w | akw ebenso -aw | ak/ok/uki/e...w | ikw/ekw iə/ia...w | ikw/jakw -ew | ek

Lautlehre des modernen Chinesisch

Die Silben des Hochchinesischen können in einer einzigen Tabelle veranschaulicht werden. Die Zeile zeigt den Anlaut, die Spalte den Rest der Silbe:

a/an/ang ing iin

je/jenjung

jajang

jawjow

ü/ẅeẅing/ẅän

(w)o u weiwa/waj

ung wən wanwang

əen/əng

awow

ajej

î

p, ph, m

a/an/ang ing iin

je/jen jawmjow

o u məen/əng

awmowphow

ajej

f a/an/ang o u en/əng ow ejt, th a/an/ang ing je/jen jaw

tjowwo u wi ung wən wan ə

əngawow

ajtej

n, l a/an/ang ing iin

je/jen ljajang

jawjow

ü/ẅe wo u ung lwən wan ənenəng

awlou

ajej

s,ts, tsh

a/an/ang wo u wi ung wan əəng

awow

ajtsej

î

ś,tś, tśh

ing i je/jenjung

jajang

jawjow

ü/ẅeẅing/üän

š, ŗ,tš, tsh, 

ša/tša/tšhaan/ang

wo u wiwa/waj

ung wən wanwang

əen/əng

awow

ajšej/tšej

î

k, g, ħ a/an/ang wo u wiwa/waj

ung wən wanwang

əen/əng

awow

ajej

Beispiel: Im Chinesischen existiert die Silbe fəng, bestehend aus [f]+[əng], aber die Silbe *fung existiert nicht, weil die entsprechende Spalte leer ist. Wenn nicht alle in der 1. Spalte angegebenen Anlaute vor dem Silbenende vorkommen, sind alle existierenden chinesischen Silben fettgedruckt angegeben: bei [n, l] + [ja] existiert nur lja, nicht aber nja.

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Page 11: Chinesisch Laute Historie Einfuehrung

Altchinesische Grammatik

Auch die heutige tibetische Sprache kennt noch fünf Fälle, Plural, Konjugation. In den sinitischen Sprachen sind keine Reste davon vorhanden. Das Altchinesische hatte Reste von Kasus nur bei Personalpronomen:

nga „ich/wir“ gegenüber ngaj’ „mich/uns“; gjə „sein/ihr“ gegenüber tjə „ihn/es/sie“Auch unpersönliche Fürwörter sind durch Suffixe gebildet, also auf eine Art, die so im modernen Chinesisch nicht mehr zu finden ist:

wjə’ es gibt > wək jemand; mja es gibt nicht > mak keiner; kja’ alles > kak jederAn altchinesischen Wortbildungen gab es ferner ein Suffix –s, das bis heute Spuren hinterlassen hat:

納 nup „hineinbringen“ (heute na gesprochen) gegenüber 內 nups „innen“ (heute nej)

Transitive vs. passive/stative Verben durch stimmlosen/stimmhaften Vokal unterschieden:見 kens „sehen“ (heute tśjän) <> 現 gens „erscheinen“ (heute śjän)

Das Chinesische kennt eigentlich keine Adjektive, sondern es handelt sich bei entsprechenden Wörtern eigentlich um stativische Verben: trjang strecken (heute tšang) <> drjang lang (heute tšhang)Statt „die lange Mauer“ sagt der Chinese eigentlich „die Mauer, [die] „langt“ bzw. „die langende Mauer“. Statt „die Mauer ist lang“ sagt er „die Mauer langt (sehr)“.

Es gab auch eine feste Kopula: 予惟小子 lja# wjij sjew# tsjə# ich · sein · klein · Kind „ich bin ein kleines Kind“.

Seit der Han-Zeit steht 是„dies“ anstelle von wjij, das heutige Chinesisch kennt also eigentlich kein Verb „sein“ mehr, sondern bildet ist-Sätze ähnlich wie das Russische:

nĭ šî tšung-kwo ŗən du dies China-Mensch ты – китаoец „du [bist ein] Chinese“.

Die Wortstellung ist (wie heute) meistens S-V-O. An den Satzanfang vor das Subjekt kann noch eine Wortgruppe als Satzthema treten. Fragesätze werden bis heute durch eine Partikel am Satzende gebildet, und Relativsätze stehen auch heute noch vor dem Substantiv. Relativsatz und Substantiv wurden durch tjə (heute tə) verbunden:

不忍人之心 pjə njən# njin #tjə sjəm „nicht ertragen Person tjə Herz“ nicht Das ist: nicht {ertragen {[einen] Menschen}} ~ Herz =

das einen [anderen] Menschen nicht ertragen[de] Herz =„das Herz, das die Bedrängnisse von Anderen nicht ertragen kann.“

Anhang 1: Erklärung der Pinyinumschrift

AnlautkonsonantenPinyin b d g p t k sh zh ch r x j q h

Aussprache

p t k ph th kh š tš tšh (retroflex) ŗ/ž (retroflex) ś tś tśh ħš ist etwa „sch“tš ist etwa „dsch“tšh ist etwa „tsch“

ŗ ist etwa r wie im US-Englischen

ś ist etwa ich-Laut oder „sj“tś ist etwa „dch“ oder „dsj“tśh ist etwa „tch“ oder „tsj“

ach-Laut, auch „h“

Allgemeine Regeln:1. er/’er ist aŗ, zher ist tšaŗ, wanr ist war usw.2. -a, -ang, -iang/yang, -uang/wang sind immer a, ang, jang, wang3. -o, -ong, yong ist immer oa, ung, jung4. -ai, -uai/wai ist immer aj, waj5. -ei, -ui/wei ist immer ej, wej (aber dui, sui, cui sind eher duj, suj, tshuj)6. -ou, -iu ist immer ow, jow, you ist jow (aber diu, miu, jiu eher tiw, miou, tśjow, śjow, tśiw)7. –uo/wo ist immer woa (aber duo ist eher tuo statt two)8. -ing ist ing oder îng, ying ist jing oder jiəng9. -eng ist əng/ang, weng ist wəng

Besondere Kombinationen:

AuslautAnlaut

+i +ü +u +an +ian +en +uan +un +ao +iao +e +ie iu +ue/üe

w - - (w)u wan - wən wan wən - - - - - -y (j)i - (j)ü jεn - - (j)ẅεn (j)ẅing jaw - jea - - jẅem (ebenso b, p, f) mi - mu man mjän mən - - maw mjaw məa mje mjow -n (ebenso l)d (ebenso t)

niti

nü-

nu tu

nantan

njäntjän

nəng - -, lwəntwən

nawtaw

njawtjaw

nəa

təanjetje

niwtiw

nẅe-

s (ebenso z, c) sî - su san - sən - swən saw - səa - - -sh (ebenso zh, ch, r) šî - šu šan - šən šwang šwən šaw - šea - - -x (ebenso j, q) śi/

si- śü - śjän - śẅεn śẅing - śjaw - śje śjow śẅe

h (ebenso g, k) - - ħu han - ħən/hən ħwan ħwən ħaw - ħəa - - -Beispiel: si wird sî gesprochen, aber ni wird ni gesprochen; yi ist i oder ji; xun ist śẅing usw.

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Anhang 2: Silbentabelle

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Page 13: Chinesisch Laute Historie Einfuehrung

pph < ph/bh < ph/bm

a (j/w/n/ng)e j/n

ə (ng)*pə*phə

i (n/ing)o (w) *powu

jao

w*pjow*phjow

ä n

f < pj + hinterer Vok.

ə nge j/na n/ngo (w)u

t < tth < th/dh < th/dnl

a (j/w/n/ng)

əiu

(ng)

o w

e j/n*thei*then*len

j

a w

ä (n)

o w *thjou

w

n*nwən

o

ä j*nwej*lwej

nl

a ngüi n

j a *njay e

s < s/zh < s/zts < tstsh < tsh/dzh < tsh/dz

o w

a (j/w/n/ng)

əu

(ng)

e j*sei*tshei

w

o

e j

a n-ə = [əa], î = [i], y = [ẅ], t [d~t]..., aw = [aŏ]ā > a; -m > n; -p/t/k > Ø; -k > teilweise j

 

*: diese Silbe existiert nicht 

 

š < š/žh < ś // štš < tš // ţ < tś // tš // ţtšh < tšh/džh // ţh/d h < tśh/dź // tšh/dž // d

ž (oder ŗ) < nj

uîo wə (ng)

a (j/w/n/ng)*tša*tšaj

e j/n*tšhei*tšhei

w a (j/n/ng) *šwan

gə ne jo

k < kkh < kh/gh < kh/għ < ħ/γh < ħ/γ

o w

ä j/n

a (j/w/n/ng)

əu

(ng)

w

a (j/n)

e j

ə n

o

ś < ħi // si/zhi < ħi/γi // si/zidź < ki // tsi < ki // tsitś < khi/ghi // tshi/dzhi < khi/gi // tshi/dzi

îü

i (ng)

ə ng

j

a (w/ng)

ä (n)

o w

u ng

ye (n)

i ing

Ø < teilweise γh- oder ng-

a(j/w/n/ng/r)

i (n/ng)

u (ng)

e (j/n)

o w

əü

j

a (w/ng)

ä (n)

u ng

o w

ye (n)

i ng

w < teilweise phj/bj + o/u

a (j/n/ng)

e jə no

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Zusammenfassung 1: Lautgruppen des heutigen Chinesisch

Das Chinesische kennt folgende Konsonanten und Gleitvokale, von denen alle außer ng am Silbenanfang stehen können, aber nur n, ng, ŗ am Silbenende (fettgedruckt die hier verwendete Umschrift, kursiv die äquivalente Schreibweise in Pinyin):

LippenlauteZahnlaute

Retroflex Gaumenlauteeinfach doppelt

Aspiriertphp

tht

tsh – tśhc – q

tšhch

khk

Nicht aspiriertpb

td

ts – tśz – j

tšzh

kg

Reibelaut stimmhaftf<phj f

s – śs – x

šsh

ħ oder h

Lateral, Gleitlautw ẅw u/ü

ll

ŗ oder žr

Nasalmm

nn

ng (nur im Auslaut)ng

(NG)*

Phonempaare sind durch Bindestrich getrennt. *Variante von ng nach ə oder dumpfem i.

Chinesisch kann man mit zwei Vokalen – a und ə – analysieren. Alle anderen Vokalqualitäten und die verschiedenen Phoneme entstehen durch Kombination mit vorausgehenden+nachfolgenden Gleitlauten ableiten.- nichts geht voraus: Es entstehen die Silbenenden a/ə, aw/ow, aj/ej, an/en, ang/əng- j geht voraus: Es entstehen die Silbenenden ja/je, jaw/jow, ___, jän/in, jang/ing- w geht voraus: Es entstehen die Silbenenden wa/(w)o, ___, waj/wej, wan/wən, wang/ung- j+w gehen voraus: Es entstehen die Silbenenden -/ẅe, ___, ___, ẅän/ẅin, -/jung

Folgt dem anlautenden Konsonanten kein Vokal, dann entstehen folgende Qualitäten:- nichts geht voraus: Es entstehen das Silbenende î (nur in sî/tsî/tshî und šî/tšî/tšhî)- j geht voraus: Es entstehen das Silbenende i (nicht nach den vorigen Lauten und k/g/ħ)- w geht voraus: Es entstehen das Silbenende u (nicht nach ś/tś/tśh)- j+w gehen voraus: Es entstehen das Silbenende ü (nur in nü/lü, śjü/tśjü/tśhjü)

Zusammenfassend ergibt sich folgende Tabelle (^ bedeutet dumpf oder kehlig zu sprechen):ohne Gleitlaut mit vorausgehendem j mit vorausgehendem w

Kein Auslaut

a ā –a jā –ia/ya wā –ua/wa

ə əa [ɯ� ʌ] –eje(a) –ie/ye (w)oa –o (in po, pho, fo, mo)

wo / uo –uo/woẅe(a) –ue/yue (in śẅe, tśẅe, tśhẅe, nẅe, lẅe, jẅe)

keinVokal

î –ii –i/yi u –u/wu

(j)ü –u/ü/yu

Gleitlautim Auslaut

a+w aŏ –ao jâŏ, jâw –iao/yao -ə+w ow –ou jow, iw, iow –iou/you -a+j aj –ai - waj –uai/waiə+j ej –ei - wej, wej, uj –ui/wei

-na+n ān –an

jän –ian/yan wān –uan/wanẅän –uan/yuan

ə+nen –en

ən[g] –enin[g] –in/yin wən –un/wen

ün/ẅin[g] –un/yun

-nga+ng âng –ang jâng –iang/yang wâng –uang/wang

ə+ngəng/âng

–eng(j)ing/îng/iəng –ing/ying ung –ong, alleinstehend wəng weng

(j)ung –iong (in jung, śjung, tśjung, tśhjung)

-ŗ ? aŗ erAlle Aussprachevarianten sind mitaufgeführt, die Ausspracheangaben sind so genau wie möglich (also z.B. aŏ statt aw).Merke: an+r → ār, ei+r → ei, ou+r → ou(r), jän+r → jaŗ, ẅän+r → ẅar.

Durch Kombination von Konsonant + j-/w-/ẅ- werden die Konsonanten gefärbt: ph+j ist [pjh] usw.

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Page 16: Chinesisch Laute Historie Einfuehrung

Zusammenfassung 2: Einordnung und Beschreibung der hochchinesischen Laute

m und n entsprechen unserem M und N. Außerdem gibt es ein ng, das von N verschieden sein muss und das nicht durch ein nachfolgendes G bedingt ist, also ein spezielles NG. (Beide kommen auch jeweils um eine Artikulationsposition nach hinten verschoben vor: n wie [ng], ng wie kehliges [NG].)

l entspricht unserem L, ŗ hingegen ist nicht wie unser R, es hat weder rollende noch vibrierende Qualität. Es ist ein Dauerlaut mit zurückgebogener Zunge, und ist entstanden aus einem zum „i“ neigenden N (also nj).

ph/th/kh/tsh sind als aspirierte Varianten von P T K Z zu erkennen. Es ist nun fraglich, ob man unaspiriertes p/t/k mit unserem b/d/g gleichsetzen kann, oder ob Chinesisch ein „hartes“ und ein „weiches“ P T K benötigt. Ein ts / ds? existiert außerdem.

s entspricht unserem S, es ist immer stimmlos („scharf“). Varianten von ts/tsh/s sind die zum „i“ neigenden ś/tś/tśh, die in etwa unserem iCH und TCH entsprechen.

Ähnlich wie diese, aber retroflex sind š/tš/tšh, die unserem SCH und TSCH ähneln.

Von ś zu unterscheiden ist ħ, das eher unserem H entspricht.

Zuletzt existiert f, das wie unser F gesprochen wird und aus zum „i“ tendierenden ph entstanden ist.

An isolierten Vokalqualitäten existieren A, I, U, Ü, außerdem ein zum „a“ tendierendes O, ferner ein Mischlaut zwischen „o“ und „e“, der am Wortende ə gesprochen wird (also nicht wirklich unserem gespreizten E entspricht), und schließlich ein dumpfer i-ähnlicher Laut ähnlich dem russischen Ы.Variante von A ist Ä (in den Silbenenden -jän und -ẅän), Varianten von ə sind oa/ə/û.

Zu den Diphthongen kann man einordnen: AI, AU, EI, OU (wobei den beiden letzteren der Grundvokal ə zugrundeliegt).

Die zwei Grundvokale sowie das neutrale Wortende können i- und u-gefärbt sein:Färbung

Vokalnicht gefärbt i-gefärbt u-gefärbt

a AjAAI

wAAU

wAI, jAU

ə ~EjEEI

(w)OOU

wEI, jOU

unbestimmt ~ЫI U

ÜDurch Verschiebung wird wej auch uj gesprochen, wo auch uo.

Gefolgt von den Auslauten N und NG ergeben sich zusätzlich die folgenden Silbenenden:Färbung

Vokalnicht gefärbt i-gefärbt u-gefärbt

a an/angjän/jang wan/wang

ẅän

ə / unbestimmt en/engin/ing wən/ung

ün/jungəng und (teilweise ing) sind kehlig zu sprechen; əng klingt manchmal wie kehliges ang; ang ist dumpf.ün wird gewöhnlich ẅing gesprochen, ing auch iəng.

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