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Anton Froschauer im Grand Café in Lugano. Im Traditionshaus wird feinste Gastronomie geboten.

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Ja, wir wissen, was Sie gleich sagen werden: „Wenn ich die qualitätsverliebten Kunden vom Herrn Froschauer hätte, die solche Preise bezahlen, könnte ich das auch.“ Mit der Re-

aktion sind Sie nicht allein, wir hören Ähnliches immer wieder von deutschen Bäckern, sobald wir ihnen Konzepte der Schweizer Kollegen vorstellen. Deshalb gleich am Anfang die Mahnung zur Vorsicht: Liest man die Preise (zum Beispiel 4,20 Franken bezie-hungsweise umgerechnet 3,50 Euro für ein 340 Gramm-Kastani-enbrot), wähnt man sich im Bäcker-Schlaraffenland. Anders sieht es freilich aus, wenn wir in die Betrachtung einbeziehen, dass ein Bäcker in der Schweiz 4.500 Franken im Monat oder mehr verdient und der eidgenössische Kunde seine Backwaren auch ganz pro-blemlos für ein Drittel des Preises im allgegenwärtigen LEH kaufen kann. So unterschiedlich ist das Bäckerleben in Deutschland und der Schweiz auf den zweiten Blick also gar nicht. Hier wie dort stehen die Betriebe unter enormem Kostendruck und müssen ihre Kunden überzeugen, das Zwei- bis Dreifache für ein Produkt zu bezahlen, das kaum anders aussieht als beim industriell produzie-renden Wettbewerber – womit wir dann auch den Sinn der langen Vorrede gefunden haben, und uns dem eigentlichen Kern der Ge-schichte, der Confiserie Al Porto in der italienischen Schweiz, und ihrem Chef, dem Österreicher Anton Froschauer, widmen können.

Quereinsteiger. Die Backstube der Confiserie Al Porto liegt in Tenero in der italienischen Schweiz, nahe beim schönen As-cona. Das Unternehmen kann auf eine mehr als 50-jährige Tradi-

tion zurückblicken, geführt wird es allerdings seit bald 20 Jahren von Anton Froschauer. Der Österreicher kam im Jahr 1985 aus der Alpenrepublik in die Schweiz. Der gelernte Koch und Kell-ner arbeitete zunächst in einem renommierten Hotel in Ascona und übernahm dort immer mehr administrative Aufgaben. Er wechselte dann zu einem sehr angesehenen Unternehmen in der Region zu dem ein breites Portfolio von Betrieben gehörte, darunter Hotels, Restaurants, Cafés und eben die Confiserie Al Porto. Froschauer arbeitete in dem Familienunternehmen als Einkäufer, bekam aber schließlich auch den Auftrag, einige Teile der Gruppe zu verkaufen. Zum Verkauf stand auch das Al Porto. Für die damals vielleicht etwas verstaubte Confiserie fand sich freilich kein Investor. Froschauer glaubte aber an die Zukunft des Betriebes, der schon damals ein gutes Qualitätsimage besaß. So ließ er Al Porto bewerten und machte sich dann auf die Su-che nach Partnern, um die Confiserie zu übernehmen. Die Idee, Partner ins Boot zu holen, erweist sich bis heute als goldrichtig. Froschauer achtete bei der Zusammenstellung des Teilhaber-kreises darauf, dass die Partner gleichzeitig Aufgaben für das Unternehmen übernehmen können. Außerdem half es gerade am Anfang sehr, dass die Teilhaber in ihrer Funktion als Auf-sichtsräte auch Verbindungen zur Wirtschaft einbrachten, über die Froschauer als „Zugereister“ noch nicht in demselben Maße verfügte. Zudem sind die Teilhaber bis heute wichtige Ratgeber, wenn es um die Strategie für die Entwicklung des Unternehmens oder die Bewertung der Zahlen geht.

Anton Froschauer führt die Confiserie Al Porto in der italienischen Schweiz – und zeigt, wie sich ein Handwerks­betrieb neben starker Handelskonkurrenz behaupten kann.

Ein Österreicher in der Schweiz

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Ein Fachgeschäft des Betriebes in Ascona. Al Porto fährt eine klare Premiumstrategie. Die hat viele Vorteile, allerdings auch den Nachteil, dass Froschauer nicht alle Kundengruppen ansprechen kann. So ist dann die Zahl möglicher Filialstandorte begrenzt.

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In der schönen Stadt Ascona besetzt Al Porto gleich drei Standorte. Ein besonderes Schmuckstück ist zweifellos das „Café Lago“ mit einem spektakulären Panorama auf den See und die Berge. Nur einen Steinwurf entfernt liegt übrigens noch ein Al Porto-Café. Ein komplett anderer Auftritt verhindert interne Konkurrenz.

Der Hingucker schlechthin ist das „Grand Café Al Porto“ in Lugano. Als Froschauer das Traditionshaus, gut 40 Kilometer von der Backstube des Unternehmens ent-fernt, übernahm, gaben ihm die eingesessenen Kollegen „keine sechs Monate“. Heute ist das Grand Café wieder eine Institution in Lugano.

Spiel mit Farbe. Zur Strategie gehörte für Froschauer von Anfang an, dass sich Al Porto an die Premiumkunden richtet, weil ein Preiswettbewerb gegen den Lebensmittelhandel von vornherein nicht zu gewinnen war. Wenn man die Kunden heute nach ihrer Bewertung des Betriebes fragen würde, wäre die Antwort nach der Erfahrung von Froschauer oft: „Al Porto ist vielleicht teuer, aber sehr gut.“ Zu den Produkten kommen wir noch später, angesichts der Strategie des Unternehmens war es aber auch wichtig, ein passendes Erscheinungsbild auf-zubauen. Ins Gespräch brachte sich Al Porto gleich zu Anfang mit einer Nacht- und Nebelaktion: Froschauer stellte auf einen Schlag alle Geschäfte und Cafés wieder auf die Traditionsfarbe rot um. Damit war Al Porto nicht nur wieder im Gespräch, den Kunden wurde auch deutlich, dass in dem leicht angestaub-ten Unternehmen frisches Leben war. Wie man auf den Fotos von den verschiedenen Cafés und Geschäften sehen kann, gibt es im Unternehmen keinerlei Bestrebungen, dass jede Filiale gleich aussehen muss. Vielmehr wird auf die Anforderungen des Standortes, die Kundschaft und sogar die Tradition der Ge-bäude Rücksicht genommen. Das heißt freilich nicht, dass Al Porto über kein Corporate Design verfügen würde. Vielmehr hat Froschauer früh das nötige Geld in die Hand genommen, und eine professionelle Agentur mit der Entwicklung beauftragt. Die Investition bereut er bis heute nicht: „Das kostet natür-lich Geld, ist es richtig gemacht, erhalten Sie dann aber auch einen Leitfaden, an dem Sie sich über viele Jahre orientieren

können. Wichtig ist dann nur noch, die Vorgaben diszipliniert einzuhalten.“ Die Linie sieht man bei Al Porto bis heute an den Verpackungen und Werbemitteln, die ganz unaufdringlich eine einheitliche Formensprache besitzen.

Behutsame Expansion. Der Premiumstrategie des Hau-ses legt Froschauer eine sehr behutsame Expansionsstrategie auf. Das Unternehmen besitzt acht Kostenstellen, aber „nur“ sechs Geschäfte oder Cafés. In Ascona und Locarno hat man damit auch fast schon die Grenzen der Ausbreitungsmöglich-keit erreicht. Viele potenzielle Standorte bieten schlicht nicht die Kundschaft, die Al Porto braucht. Deshalb ist es übrigens auch so wichtig, dass sich die Cafés im Auftritt unterscheiden. In Locarno liegen beispielsweise zwei Al Porto Cafés nur einen ver-längerten Steinwurf voneinander entfernt. Der Auftritt ist frei-lich ein gänzlich anderer und so sprechen beide ganz verschie-dene Kundenzielgruppen an. Das erlaubt sogar in Teilen eine andere Preisstruktur. Die Grenzen des lokalen Marktes bewogen Froschauer dann auch vor 14 Jahren zu einem ungewöhnlichen Schritt: Die Confiserie gründete im gut 40 Kilometer entfernten Lugano das Grand Café Al Porto in einer sehr traditionsreichen Liegenschaft. Spannend war der Schritt schon allein deshalb, weil Al Porto in Lugano den Kunden noch fast unbekannt war. Es galt also die interessante Frage zu beantworten, wie das Kon-zept funktioniert, wenn man nicht auf Vorschusslorbeeren bei den Kunden setzen kann. Die eingesessenen Kollegen au s der

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Gastronomie gaben dem Neuling auch keine sechs Monate. Mit der Negativprognose lagen sie, wie man heute sehen kann, völlig daneben. Ein ungeheuer forderndes Projekt war das Grand Café allerdings, ging Al Porto doch damit den Weg in die feine Gastro-nomie. Drei Köche und drei Hilfskräfte sind in Lugano beschäf-tigt, um die Speisen frisch vor Ort herzustellen. Fast zeitgleich mit der Übernahme des Grand Café wurde die Schweiz von der Tourismuskrise getroffen, was sich gerade in Lugano bemerkbar machte. So wäre die Prognose der Kollegen vielleicht sogar ein-getroffen, wenn man bei Al Porto nicht gewohnt gewesen wäre, streng nach Controlling und Kalkulation zu arbeiten.

Das Leitprodukt. Die Philosophie des Hauses kann man vielleicht besonders gut an einem Produkt beschreiben, dem Panettone. Die ursprünglich aus Mailand stammende Speziali-tät wird traditionell in der Weihnachtszeit genossen und hat für die Kunden auch eine große emotionale Bedeutung. Inzwischen gibt es natürlich auch viele industrielle Anbieter, bei Al Porto ist man aber natürlich der traditionellen Herstellungsweise mit der „lievito madre“ (Mutterhefe) treu. Die Herstellung ist auf-wändig (siehe Seite 27), sie lohnt aber, weil es gelungen ist, den Saisonartikel zum Ganzjahresprodukt zu machen, indem auf Grundlage der Basisrezeptur verschiedene saisonale Spezialitä-

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Das Grand Café bietet auch feine Abendgastronomie. Das beeindruckende Ambiente im Foto links hat sich freilich kein moderner Ladenbauer ausgedacht, Froschauer hat hier ein traditionsreiches, historisches Ambiente bezogen. Immer wieder fühlt man sich an das Gründungsjahr des Restaurants, 1803, erinnert.

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ten kreiert wurden, beispielsweise La Ciliegia. So lohnen sich dann auch die aufwändigen Marketingaktivitäten, die rund um den Panettone gefahren werden, beispielsweise indem für das Packungsdesign ein großer Wettbewerb mit verschiedenen Künstlern veranstaltet wurde. Ein anderes Mal gab es eine auf 1999 Stück limitierte Auflage des Panettone zu Gunsten der Paraplegikerstiftung, die Querschnittsgelähmte unterstützt. Gegenüber dem Normalpreis von 19 Franken erhöhte sich der Verkaufspreis auf 24. Al Porto spendete dann pro verkauftem Panettone 10 Franken, so dass 19.990 Franken zusammenkamen, was die Confiserie noch auf 21.000 Franken aufrundete.

Strategie. Zum Premiumkonzept von Al Porto gehört, dass man die Produkte nicht im Detailhandel findet. Dafür beliefert Froschauer gerne Firmenkunden, denen er auch indi-viduell gebrandete Produkte anbietet – eine Möglichkeit, die viele Unternehmen gerne an-nehmen, um ihren Kunden besondere Geschenke machen zu können. Bei den Mitarbeitern setzt Froschauer auf Erfahrung und lange Treue zum Betrieb. Für die Qualität steht hier beispielsweise, dass der Produktionsleiter Paolo Loraschi dann auch mal in der Jury bei der World Chocolate Master s in Paris ist. Welchen Wert ein eingespieltes Team gerade in der Backstube besitzt, kann man bei einem Besuch der Produktion erleben. Hektik scheint hier ein Fremdwort zu sein und dennoch stimmt trotz hohen Anteils von Handarbeit die Perso-naleinsatzquote. Froschauer hat gelernt, dass man hier beständig Feinarbeit leisten muss – natürlich auch beim Controlling der Filialen. Die Filialleiterinnen treffen sich regelmäßig zum Zahlenfrühstück und es wird besprochen, ob sich die Geschäfte noch im Zielkorridor bewegen. Ansonsten verfolgt man bei Al Porto schon lange die Strategie, Umsatzwachstum nicht aus dem Wachstum der Filialzahl zu generieren. Aktuell hat Froschauer zum Beispiel begonnen, in einigen Geschäften auch zugekaufte, hochwertige Lebensmittel anzubieten – von der Marmelade über Sugo di pomodoro bis zum Aceto Balsamico. Auch der Premium-kunde liebt das One-Stop-Shopping. Und da er Backwaren inzwischen überall kaufen kann, soll er bei Al Porto nicht gezwungen werden, woanders einzukaufen, wenn er beispielsweise noch etwas für seinen Frühstückstisch braucht. Das Konzept funktioniert erstaunlich gut, wir sind aber sicher, dass es nie die Kernkompetenz antasten wird. Dirk Waclawek

In Kürze

Confiserie Al Porto SAVia del Sole 1CH - 6598 TeneroSchweizTel. +41 (0)91 756 20 40Fax. +41 (0)91 756 20 50 Internet: www.alporto.chE-Mail: [email protected]

Anzahl der Cafés / Fachgeschäfte: 6

Mitarbeiter: 95davon Lehrlinge: 10Produktion / Küche: 40Verkauf / Service: 45Administration: 5Fahrer / Logistik: 5

Preise ausgesuchter ProduktePanettone Nostrano (500 g): 21 CHF Amaretti Kirsch (2 Stück): 6 CHFBroteRuota Piccola (300 g): 3,50 CHFPane Finlandese (400 g): 4,30 CHFPane alle Castagne (340 g): 4,20 CHFKleingebäckButtergipfel: 1,20 CHFWeizenbrötchen: 1,10 CHFKörnerbrötchen: 1,30 CHFBelegte Snacks: ab 4,50 CHF(1 CHF = 0,81 Euro)

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Bilder links: Blick in die Al Porto-Backstube in Tenero. Die Produktion liegt interessanterweise im ersten Stock eines Gebäudes, das früher einmal eine Druckerei be-herbergte und so auch schwere Öfen und Anlagen verkraftet. Bild rechts: Handarbeit wird hier natürlich groß geschrieben.

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Zelebrierung eines Klassikers

Panettone ist das Leitprodukt für jeden italienischen Bäcker, der etwas auf sich hält. Bei Al Porto hat man es darüber hinaus aber geschafft, den Klassiker vom Saison-produkt zum Ganzjahres-artikel zu machen, indem saisonal angepasste Varianten, beispielsweise mit Kastanien angeboten werden.

Haben Sie auch schon einmal daran gedacht, Panettone in Ihr Sortiment aufzunehmen? Nun, dann sollten Sie die Herstel-

lung nicht unterschätzen. Für die traditionelle Herstellung braucht man einen „Lievito Madre“, der fest in Tücher gewickelt wird, weil

er sonst seine „Ketten“ sprengen würde. Allein die Lagerung dieses „Vorteigs“ ist eine Wissenschaft für sich und dessen Gärzeit liegt bei über 20 Stunden. Da der Panettone zusammenfallen würde, muss er nach dem Backen kopfüber aufgehängt werden.

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Da stimmt nicht nur das Produkt, sondern auch die Verpackung. Um den schönsten Panettone-Karton zu finden, startete Froschauer eine Ausschreibung für die Künst-ler der Region. Die Vorschläge wurden in einer eigenen Ausstellung gezeigt. Das Bild rechts zeigt übrigens den „Kievito Madre“, die Mutterhefe, die seit bald 30 Jahren gepflegt wird. Man muss den Teig festbinden, sonst sprengt er die Fesseln.

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La Castagna

Soffice e dal sapore delicato,

esclusivamente con marron glacé

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Panettone NobileCon pregiati frutti mediterranei

e la deliziosa pasta reale

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La CiliegiaSoffice e dal sapore delicato,esclusivamente con ciliegie

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