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L.Simon, C.Mehner, P.Godau

Krankenhausapotheke

Patienten mit bestehender antithrombotischer Therapie stellen eine

besondere Herausforderung dar, wenn invasive Eingriffe durchgeführt

werden müssen. Unter Abwägung des erhöhten Thromboembolie- und

Blutungsrisikos muss ein geeignetes Konzept für die perioperative

Überbrückungstherapie gewählt werden.

Basierend auf dem Positionspaper1 der kardiologischen Fachgesellschaft

von 2010 wurde im Bergmannsheil Bochum in einem interdisziplinären

Arbeitskreis mit Vertretern aus der Kardiologie, Neurologie, Chirurgie,

Labormedizin und Apotheke eine hausinterne Leitlinie im

Kitteltaschenformat erstellt. Sie soll im klinischen Alltag ein Leitfaden sein

für die Überbrückungstherapie („Bridging“) von Patienten mit erhöhtem

Thromboembolierisiko, bei denen invasive Eingriffe geplant sind.

Aufgrund ihrer Vorerkrankung (z.B. Vorhofflimmern, stattgehabtes

thromboembolisches Ereignis, Apoplex, Klappenersatz, STENT) und des

Alters können die Patienten in verschiedene Gruppen klassifiziert werden.

Zu jeder Gruppe gibt es klare Therapie-Empfehlungen mit der Aufführung

der verfügbaren Präparate und deren Dosierung.

Die erarbeitete hausinterne Leitlinie zur antithrombotischen Prophylaxe

und Therapie stellt eine übersichtliche und leicht zu handhabende

Empfehlung dar. Sie dient dazu, die in diesem Bereich meist

vorherrschende Unsicherheit zu verringern und gleichzeitig die

Patientensicherheit zu erhöhen.

Vitamin-K-Antagonisten – Überbrückungstherapiez.B. Phenprocoumon (Marcumar®), Warfarin (Coumadin®)

Niedriges

Thromboembolierisiko

A Eine Pause der oralen

Antikoagulation kann toleriert

werden, max. 7 Tage

Borale Antikoagulation 1 Woche

vor OP pausieren + NM Heparin in

prophylaktischer Dosis

C INR auf 1,8 – 2,0 senken unter

Fortführung der oralen

Antikoagulation.

Mittleres

Thromboembolierisiko

Aorale Antikoagulation 1 Woche

vor OP pausieren + NM Heparin in

halbtherapeutischer Dosis.

B INR auf 1,8 – 2,0 senken unter

Fortführung der oralen

Antikoagulation.

Hohes

Thromboembolierisiko

Aorale Antikoagulation 1 Woche

vor OP pausieren + NM Heparin in

therapeutischer Dosis.

B INR auf 1,8 – 2,0 senken unter

Fortführung der oralen

Antikoagulation.

Niedriges

Thromboembolierisiko (jährl. Thromboembolierate unbehandelt < 5%)

Nichtvalvuläres VHF (CHADS2-

Score 0 – 2, (keinesfalls eine

frühere zerebrale Ischämie)

Doppelflügel Aortenklappen-

prothese > 3 Monate ohne weitere

Risikofaktoren

TVT > 12 Monaten

Mittleres

Thromboembolierisiko (jährl. Thromboembolierate unbehandelt 5 -10%)

Biolog. Mitralklappenprothese

< 3 Monate

Nichtvalvuläres VHF (CHADS2-

Score 3–4)

Doppelflügel-Aortenklappenpro-

these + ein Risikofaktor (VHF, RR,

DM, Herzinsuff., > 75 Jahre, Z.n.

zerebr. Ischämie)

TVT in den letzten 3 – 12 Monate

Wiederholte Thromboembolie

Z. n. TVT bei aktivem Krebsleiden

(Palliativ Situation od. Behandlung

< 6 Monate zurückliegend)

Hohes

Thromboembolierisiko (jährl. Thromboembolierate unbehandelt > 10%):

Valvuläres Vorhofflimmern

Nichtvalvuläres VHF (CHADS2-

Score 5 – 6, zerebrale Ischämie <

3 Monaten)

Mechan. Mitralklappenersatz

Kippscheiben oder ältere

Herzklappenprothesen

Doppelflügel-Aortenklappenpro-

these mit mehreren Risikofaktoren

(siehe .mittl. Thromboserisiko)

Doppelklappenersatz

Biolog. Mitraklappenprothese +

VHF

TVT < 3 Monaten

TVT mit Lungenembolie 6 – 12

Monaten oder erhebliche

Thrombophilie

CHADS2-ScoreCHADS2-Risiko-Kriterien Score

Zustand nach Insult/TIA 2

Alter > 75 Jahre 1

Hypertonie 1

Diabetes mellitus 1

Herzinsuffizienz 1

Quellen:

1. „Unterbrechung antithrombotischer Behandlung (Bridging) bei kardialen Erkrankungen“ Positionspaper, H.M. Hoffmeister, C.Bode, H. Darius, K. Huber, K. Rybak, S. Silber, Kardiologe 2010 4:365-374

2. „Perioperative Antikoagulation nach Stentimplantation“, Dr. med. Th. Weiss, 2010

3. Fachinformationen der Präparate: MonoEmbolex®, Clexane®, Heparin Natrium 25000 ratiopharm®, Heparin Natrium 7500 ratiopharm® FS, Orgaran®, Argatra®, Pradaxa ®, Xarelto ®, Eliquis®

4. „Ratgeber für Ärzte zur Verordnung von Pradaxa® zur Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“, 02/2012

Thrombozytenaggregationshemmer-Überbrückungstherapie z.B. ASS (Aspirin®), Clopidogrel (Plavix® , Iscover®), Prasugrel (Efient®), Ticagrelor (Brilique®)

Ballonangioplastie < 2 Wochen

Unbeschichteter Stent vor < 3 Monaten

Medik. beschichteter Stent < 1 Jahr

Ballonangioplastie > 2 Wochen

Unbeschichteter Stent vor > 3 Monaten

Medik. beschichteter Stent > 1 Jahr

Keine elektive Eingriffe durchführen

Wenn möglich duale Plättchenhemmung

beibehalten.

Wenn duale Plättchenhemmung pausiert wird +

hohem koronarem Risiko: Gabe von

kurzwirksamen Glykoprotein-IIb/IIIa-Inhibitoren

(Eptifibatid (Integrilin®)) bis 4 h vor OP.

Vorgehen in Rücksprache mit Kardiologie

Fortführung der ASS 100 Therapie

Bei Herz-Operationen, Eingriffen am Spinalkanal,

plastischen Operationen im Gesicht, intrakraniellen

Operationen, Augen-Operationen, Fortführung der ASS

100 Therapie nach Risikoabwägung mit dem Operateur.

Pause der NOAC‘s vor invasiven EingriffenPradaxa®, Xarelto®, Eliquis®

Pradaxa ®

Dabigatran

Nach Ermessen des behandelnden Arztes kann wie in

Tabelle 1 aufgelistet mit einer Überbrückungstherapie 12

h nach letzter Pradaxa-Einnahme begonnen werden.

Xarelto®

Rivaroxaban

Mindestens 24 h vor dem Eingriff pausieren und zeitnah

Post-OP wieder ansetzen.

HWZ: 11 – 13 h

Absetzregeln vor invasiven Eingriffen4

Nierenfunktion [ml/min]

HWZ[h]

Standard-Eingriff

Großer Eingriff/ hohes Blutungsrisiko

GFR > 80 ca. 13 24 h 48 h

GFR 50 – 80 ca. 15 1 – 2 Tage 2 – 3 Tage

GFR 30 – 50 ca. 18 2 – 3 Tage 4 Tage

Post-OPSoweit möglich orale Antikoagulation innerhalb von 24 h nach OP wieder ansetzen (in Abwägung des

Blutungsrisikos) + NM Heparin weiter geben bis Ziel-INR erreicht ist.

Die Gabe von Vitamin K zur beschleunigten vollständigen Normalisierung der Gerinnung soll

zurückhaltend und bei gleichzeitiger Heparinisierung erfolgen. Die akute Antagonisierung von

Vitamin-K-Antagonisten mit PPSB sollte nur bei schweren Blutungen mit engmaschigen

Laborkontrollen erfolgen.

Bei nachvollziehbarer Indikation der Thrombozytenaggregationshemmung sollte diese nicht pausiert

werden!

Antikoagulantien (Heparin, niedermolekulare Heparine) können Plättchenfunktionshemmer nicht

ersetzen!

Tabelle 2

Dosierungen der Arzneimittel zur ÜberbrückungstherapieArzneimittel

(Handelsname /

Wirkstoff)

Dosierung

Prophylaktische Dosis Halbtherapeut. Dosis

(ursprüngliche Ziel

INR: 2 – 3)

Therapeut. Dosis

(ursprüngliche Ziel

INR: > 3)

Mono Embolex®

(Certoparin)

(GFR > 30 ml/min)

3.000 IE

1 x tgl. s.c.

8.000 IE

1 x tgl. s.c.

8.000 IE

2 x tgl. s.c.

Clexane®

(Enoxaparin)

(GFR > 30 ml/min)

20 mg – 40 mg

1 x tgl. s.c.

1mg/kg KG

1 x tgl. s.c.

1 mg/kg KG

2 x tgl. s.c.

Unfraktioniertes

Heparin

(GFR < 30 ml/min)

7.500 IE

2 x tgl. s.c.

Heparin-Perfusor PTT-Zeit

um das 2 - 3fache verlängert

Heparin-Perfusor PTT-

Zeit um das 2 - 3fache

verlängert

Orgaran®

(Danaparoid)

(HIT II)

HIT II > 3 Monate:

750 Anti-Xa-Einh. 2 x tgl. s.c.

HIT II < 3 Monate:

750 – 1250 Anti-Xa-Einheiten 3 x

tgl. sc. (Letzte Gabe bis 1 – 4 h

vor OP)

3x 750 Anti Xa Einheiten als Bolus, dann 400 Einh. / h

über 4 h, gefolgt von 300 Einh./h über 4 h, dann 150 –

200 Einh. /h über 5-7 Tage.

GFR 60 – 30 ml/min oder KG > 90 kg: Anti-Xa-

Kontrolle!

Tabelle 3

Eliquis®

Apixaban

20 – 30 h vor Entfernung eines epiduralen oder

intrathekalen Katheter Eliquis pausieren und frühestens

nach 5 h wieder geben.

HWZ: 12 h

Tabelle 4

Tabelle 1

Auf diesem Poster wird in tabellarischer Form dargestellt, wie Patienten

mit antithrombotischer Hausmedikation prä- und postoperativ versorgt

werden können. Die Tabelle auf der linken Seite des Posters (Tabelle 1) ist

für Patienten, die aufgrund ihrer Begleiterkrankung (z.B. STENT, Apoplex,

u.a.) eine Thrombozytenaggregationshemmung benötigen. Grundsätzlich

gilt, dass die Acetylsalicylsäure vor einer Operation nicht abgesetzt werden

sollte. Heparin und niedermolekulare Heparine können die

Thrombozytenaggregationshemmer nicht ersetzen! Die Patienten sollten

ASS 100 weiter bekommen und eine prophylaktische Dosis von

niedermolekularen Heparinen oder Heparin.

Die Tabellen auf der rechten Seite des Posters (Tabellen 3 – 4) sind für

Patienten, die Erkrankungen haben, die eine Hemmung des Gerinnungs-

systems erfordern (z.B. Vorhofflimmern, Herzklappenersatz, Thrombo-

embolie, u.a.). Hier werden die Patienten in drei Thromboembolie-Risiken

eingestuft. Es gilt einen Mittelweg zwischen dem Thromboembolie-Risiko

auf der einen und der erhöhten Blutungsgefahr auf der anderen Seite zu

finden. Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion stellen eine

besondere Herausforderung dar. Da niedermolekulare Heparine bei einer

eingeschränkten Nierenfunktion kumulieren können empfehlen wir, dass

Patienten mit einer GFR < 30 ml/min nur mit Heparin behandelt werden

sollten! Auch die neuen oralen Antikoagulantien (NOAC‘s), die bis zu dem

jetzigen Zeitpunkt für die Therapie von thromboembolischen Erkrankungen

zugelassen sind, werden besprochen (Tabelle 3).

Abschließend sind die Dosierungen der gängigsten Präparate zur

Überbrückungstherapie aufgeführt (Tabelle 4).

Da es zur Überbrückungstherapie weder zugelassene Präparate noch Leit-

linien gibt, stellen die oben aufgeführten Vorgehensweisen Empfehlungen

dar.

Übersicht zum Bridging von operativ zu versorgenden

Patienten mit antithrombotischer Hausmedikation

Da es zur Überbrückungstherapie weder zugelassene Präparate noch Leitlinien gibt, stellen die oben aufgeführten Vorgehensweisen nur Empfehlungen dar.