Download - Diana Johne: Die Dopplinge

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Papierfresserchens MTM-Verlag

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut-schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titelbild: Serena SchwingeLektorat: Sandy PennerSatz: Alexandra Oswald

1. Auflage 2011ISBN: 978-3-86196-069-0

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

Copyright (©) 2011 by Papierfresserchens MTM-Verlag GbR Heimholzer Straße 2, 88138 Sigmarszell, Deutschland

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Für mich,meine Tochter Linda,meine Omaund meine Freunde

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Kalte Nebelschwaden pfiffen durch die hohen Wiesen und zwi-schen den mit dunkler Baumrinde umhüllten Bäumen hindurch. Der volle Mond zeigte freundlich sein leuchtend rundes Gesicht und die Sterne ringsherum spickten den schwarzen Nachthimmel wie Nelken eine Orange in der Weihnachtszeit.

Es war Ende August. Melosine rannte. Sie rannte über die her-untergefallenen Äste, durch das schwere feuchte Laub und sprang über Efeuranken, die von den Bäumen herunter auf den Waldboden wucherten und hin und wieder kleine Hürden darstellten. Keuchend rannte sie, während sie sich immer wieder umdrehte, als folgte ihr et-was, das Gefahr bedeutete.

Ein viel zu weiter, weißer Schlafanzug mit kleinen blauen Meer-jungfrauen, den sie zum letzten Geburtstag von ihren Eltern geschenkt bekommen hatte, kleidete sie. Melosine war ohne Schuhe unterwegs, nicht einmal Socken hatte sie an ihren zierlichen Füßen, die trotz des Matsches sauber waren. Der unebene Boden machte ihr nichts aus. Es fühlte sich an, als renne sie durch den Wald, ohne den Boden über-haupt zu berühren. Sie spürte rein gar nichts. Je weiter sie lief, umso lichter wurde der Nebel.

Den Wald hatte sie nun hinter sich gelassen, doch sie rannte noch immer und blickte erneut mit weit aufgerissenen Augen hinter sich. Dann wurde sie langsamer. Ihre Schritte wurden kleiner und nach Luft japsend beugte sie sich etwas nach vorn und legte sich ihre Hände auf die Knie, um richtig durchatmen zu können. Sie hob den Kopf und keuchte. Vor ihr lag ein großer See. Sie wusste, dass sie die Stelle dort unten erreichen musste. Die Stelle, die sie schon so oft zu erreichen

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versucht hatte. Also lief sie weiter. Dass die Zeit drängte, war ihr be-wusst, obwohl sie keine Uhr bei sich trug und auch nicht die leises-te Ahnung hatte, wie spät es gerade war. Ihre Schritte wurden wieder schneller und größer und sie spürte, wie ihre Wangen vor Anstrengung glühten. Ihr Herz klopfte so schnell und laut, dass sie glaubte, es würde das Rufen der nachtaktiven Kauze und die gegeneinander schlagenden Äste übertönen.

„Hoffentlich schaffe ich es heute“, murmelte sie trotz ihres schwe-ren Atems leise vor sich hin, als wollte sie sich selbst motivieren, weiter zu laufen. Plötzlich sah Melosine die Stelle am Wasser, die sie zu er-reichen versuchte. Bis hierhin war sie schon öfter gekommen. „Weiter! Ich muss näher herankommen“, dachte sie. Jetzt sah sie wieder die kleine Holzhütte mit dem Steg, der in das Gewässer ragte und inmitten des dort so dichten Nebels endete. Im nächsten Moment bemerkte sie auch die beiden Gestalten, die immer dort waren, wenn sie auf den See zulief.

Die eine Gestalt, ein hochgewachsener Mann, trug einen langen dunklen Umhang, der bis zum Boden reichte und die Grashalme knick-te, wenn er über den Wiesenboden glitt. Er hatte einen dichten, zum Zopf geflochtenen, weißen Bart und langes, grauweißes Haar, jedoch nicht so lang wie sein Bart, der ihm bestimmt bis zum Bauchnabel rei-chen musste.

Die zweite Gestalt konnte Melosine nur von hinten sehen. Es war ein Mädchen, etwa in ihrem Alter. Das Mädchen hatte wie Melosine glattes rötliches Haar, welches ihr bis auf die Schultern fiel, und sie trug ebenfalls einen langen, dunklen Umhang mit einer kleinen Kapuze.

Melosine rannte weiter und ihre Augen hafteten auf den beiden Gestalten, die sie schon oft zusammen an dieser Stelle gesehen hatte, aber noch nie zuvor so nahe. Heute war sie ihnen näher denn je. Eine Windböe trug die gesprochenen Worte der beiden zu Melosine. Ruck-artig blieb sie stehen und zum ersten Mal hörte sie sie sprechen.

„... muss es erfahren. Jeder hat ein Recht darauf. Du kannst mir ver-trauen. Es ist eine Gabe, die nicht vielen gegeben wird, und ihr müsst lernen, sie sinnvoll zu nutzen! Ich werde dich ...“ Plötzlich schwenkte der Wind um und Melosine konnten ihren Worten nicht weiter folgen. Der Mann sprach mit vertrauenerweckender Stimme zu dem Mäd-chen. Melosine war neugierig und wollte noch näher heran, wollte

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wissen, was dort vor sich ging. Anscheinend war sie für die beiden dort unten am See unsichtbar, denn keiner beachtete die kleine barfüßige Person, die ihnen immer näher rückte.

„Es muss einen Grund geben, warum ich immer wieder an diese Stelle gelange“, dachte sie. Heute hatte sie vielleicht endlich die Chan-ce, ganz hinunter an den Steg zu gelangen und zu sehen, wer das Mäd-chen war.

Ihr fiel auf, dass jetzt, wo sie die beruhigende Stimme des bärtigen Umhangträgers gehört hatte, ihre Angst verschwunden war. Und was war mit dem Etwas, das ihr immer auf ihrem Weg hierhin zu folgen schien? Sie hatte sich seit längerer Zeit nicht mehr umgeschaut und vergewissert, dass sie alleine war. Langsam drehte sie den Kopf nach links, um hinter sich zu schauen. Im nächsten Moment wurde alles ganz hell, als würde sie von einem Flutlicht geblendet. Sie sah weder hinter noch vor sich etwas. Ihr Herz pochte. Sie spürte, wie ihre Ober-arme fest umklammert wurden und eine gewaltige Macht ihren Körper gegen ihren Willen durchschüttelte. Sie wehrte sich, doch sie konnte dem starken Halt nicht entkommen. Ihr lauter Schrei hallte durch die Nacht. Plötzlich wurde es still.

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Melosine erwachte völlig desorientiert aus ihrem Traum und sah ihren kleinen Bruder Casi vor sich, der lustig gackernd ihre Arme fest-hielt und sie wachrüttelte.

„Siiiine, aufsteehn! Du musst zur Schule. Ich geh ab heute in den Kindergarten!“, plapperte Casi ganz aufgeregt. Als er bemerkte, dass seine Schwester ihre Augen geöffnet hatte, raste er die knarrende Treppe hinunter in die Küche zu seiner Mutter Sidonie.

Melosine starrte an ihre Zimmerdecke und grinste erleichtert. Der Traum war vorbei. Es war Montag. Sie setzte sich in ihrem Bett auf und schaute sich um. Das Blenden in ihrem Traum musste der zurückgezo-gene Vorhang gewesen sein, der die Sonne direkt auf ihr Kissen schei-nen ließ. Von der Wand gegenüber blickte Zakk sie an. Zakk war der gut aussehende Gitarrist ihrer Lieblingsband Wahwah. Melosine papp-te jedes Poster, das sie von ihm in die Finger bekam, an ihre Wand. Ihre Sammlung hatte mittlerweile fast alle Wände in ihrem Zimmer verein-nahmt.

„Ferienende!“, seufzte sie und schaute auf ihren blauen Wecker, dessen Stundenzeiger den Spitzhut einer Hexe darstellte, und der Mi-nutenzeiger ihren Besen. „Oh mein Gott! Schon Viertel nach sieben!“, ärgerte sie sich laut. Jetzt wo Casi den Kindergarten besuchte, musste sie ihn auf ihrem Schulweg zuerst dort vorbeibringen. Das hieß, dass sie früher als sonst losgehen und demzufolge auch eher aufstehen musste.

Sie setzte sich auf ihre Bettkante und zog die roten Socken, die sie schon am Vortag getragen hatte, unter ihrem Bett hervor und stülp-te sie über ihre Füße. Die restliche Kleidung zum Start in die sechste

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Klasse hatte sie sich schon am Vorabend herausgesucht. Sie ging über den Flur in das kleine Bad, welches ihrem Zimmer gegenüberlag. Ihre Eltern hatten es nach der Geburt ihres Bruders vor viereinhalb Jahren ausgebaut und jetzt teilten es sich die beiden Kinder.

Der Duft von frisch geröstetem Weißbrot und dem Morgenkaffee ihres Vaters verteilte sich im Haus und irgendwie freute Melosine sich nun doch darauf, ihre Freundinnen gleich wiederzusehen. Doch am meisten freute sie sich auf Lilly. Nach dem Zähneputzen schlurfte sie langsam die knarrende Holztreppe hinunter zum Frühstückstisch.

Ihr Vater knickte mit seinem Zeigefinger die Morgenzeitung um, als er sie hereinkommen hörte. „Guten Morgen Sine! Na, schon auf-geregt?“ Mit einem raschen Blick auf seine Uhr und ohne ihre Antwort abzuwarten, stand ihr Vater auf und trank seinen letzten Schluck Kaf-fee aus der Papa-Tasse. Diese hatte Melosine ihm während ihrer Kin-dergartentage bunt verziert und zum Vatertag geschenkt.

Melosine setzte sich an den Tisch zu ihrem Bruder, der vor lau-ter Aufregung mit dem Po auf seinem Stuhl wibbelte und mit seinem Löffel in seiner Müsli-Schale matschte. Melosine rollte die Augen und füllte einige Cornflakes in eine Schüssel. Sie mochte lautes Geklapper am frühen Morgen nicht. Ihre Mutter goss ihr die kalte Milch hinzu, drückte ihr schmatzend einen Kuss auf die Stirn und fragte: „Kennst du die Erfindung, die sich Bürste nennt, mein Kind?“ Dabei wuschelte sie ihr mit der anderen Hand durch das ungekämmte Zottelhaar.

„Ja, ich gehe sofort wieder nach oben“, antwortete sie flapsig. Ihr Vater grinste, zog sich sein Jackett über und drückte seinen bei-

den Kindern ebenfalls einen Kuss auf die Stirn. „Viel Spaß euch beiden! Und dir einen erfolgreichen ersten Kindergartentag, mein Junge! Zeig’s denen!“, sagte er spaßeshalber, ballte seine Faust und stieß Casi sport-lich gegen seine kleine linke Jungenschulter. Er verabschiedete seine Frau mit einem Kuss auf die Wange und den üblichen Worten: „Adios, meine Schöne!“ Dann fiel die Haustür zu und nur Sekunden später er-tönte die Zündung des Wagens.

„Kann Papa mich vom Kindergarten abholen?“, fragte Casi. „Nein!“, raunzte Melosine ihn an. „Kann er nicht. Er geht länger

arbeiten, als du in den Kindergarten gehst. Mama, muss ich Casi nach der Schule abholen?“, wandte sie sich nun ihrer Mutter zu.

„Nein Schatz, ich hole deinen Bruder schon ab. So, und jetzt be-

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eilt euch! Gib diesen Umschlag mit den Medikamenten bitte im Kin-dergarten ab und bestelle dort einen schönen Gruß von mir!“, sagte ihre Mutter und reichte ihr den Umschlag. Melosine steckte ihn in ihre Schultasche und ging hinauf, um sich zu kämmen. Schnell steckte sie noch ihren neuen Ring auf den Finger, den sie sich vor wenigen Tagen von ihrem Taschengeld gekauft hatte, und als sie wieder herunterkam, warteten unten schon ihr aufgeregter Bruder und ihre Mutter mit den beiden Brotdosen in der Hand.

Wie so oft rief Casi, als er den Ring sah: „Gib mir den Ring auch mal!“, und streckte seinen Arm danach aus.

„Nein, das ist meiner. Das ist ein Zauberring und den dürfen eh nur Mädchen haben“, scherzte Melosine und Casi quengelte, weil Melosi-ne ihn nicht abgab. Es war mittlerweile Viertel vor acht. Sie verstauten die Brote in ihren Taschen, umarmten schnell ihre Mutter und gingen hinaus in die wärmende Morgensonne. Jeder ihrer Schritte war ein Schritt in einen neuen Lebensabschnitt. Eine neue Klasse für Melosine und ein Beginn im Kindergarten für Casi!

„Casi, bleib an meiner Hand und lauf an der Häuserseite. Das hat Mama dir schon so oft gesagt und achte jetzt auf den Weg, den wir zu gehen haben. Ich habe nämlich keine Lust, dich jeden Morgen zu brin-gen!“, befahl Melosine schroff.

„Das musst du aber! Du musst“, sagte Casi völlig entsetzt bei der Vorstellung, den Weg zum Kindergarten jemals alleine gehen zu müs-sen.

„Und was ist, wenn ich mal krank bin?“, zischte Melosine zurück. Casi antwortete nicht darauf und sah sich stattdessen den Weg an, den er mit seiner Mutter in den Ferien schon so oft gegangen war. Der Weg war nicht sehr lang, doch durch die vielen kleinen Gassen, muss-ten sie einige Male die Straße überqueren und in eine weitere, noch kleinere Gasse einbiegen. Sie kamen an verschiedenen Stellen vorbei, die Casi sich schon vorher eingeprägt hatte. Zuerst erkannte er eine Laterne wieder, die älter ausschaute als alle anderen in dieser Straße. Sie leuchtete schwächer und manchmal sah sie aus, als flackere sie im Wind. Ein paar Meter hinter der Laterne war der Vorgarten der Bar-kers, in dem eine rot gestrichene Hundehütte stand. Auf dem Dach war in schwarzen Buchstaben der Name Barker zu lesen.

„Sine, wusstest du, dass der Hund der Barkers Barker heißt?“ Casi

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war sicher, dass sie es nicht wusste, denn seit sie vor einem Jahr hier-her gezogen waren, hatte Melosine nur Interesse an ihren Schulfreun-dinnen, mit denen sie sich sofort gut verstanden hatte. Alles andere war für sie nebensächlich.

„Sehr einfallsreich“, murmelte Melosine.Sie gingen weiter, bogen erneut um eine Ecke und Casi erkannte

den kleinen Laden mit jeder Menge Büchern und staubigen Kartons im Schaufenster. Aus dem Laden schien niemals ein Licht, nie sah er einen Kunden hinein- oder hinausgehen. Das verrostete Ladenschild schwankte sogar bei leichtem Wind quietschend hin und her.

„Was steht da?“, fragte Casi und zeigte auf das Schild, welches an diesem Morgen bewegungslos in der Sonne hing.

„Anti… Antiquari…at Deydeling“, las Melosine mit einigen Schwie-rigkeiten. Ohne das Casi fragte, was ein Antiquariat war, gingen sie wei-ter.

Dann endlich sah Casi den Eingang seines Kindergartens und riss sich von Melosines Hand. Er lief mit seiner kleinen Tasche um den Hals auf das bunt bemalte Gebäude zu, auf dessen Hof abenteuerliche Klet-tergerüste standen, öffnete die Tür und ging hinein. Melosine lief nun auch etwas schneller hinterher.

Die Leiterin der Froschgruppe stand im Flur und half Casi schon beim Schuheausziehen, als Melosine in ihrer Tasche kramend den Flur betrat, der durch die vielen herumliegenden Kinderschuhe etwas wüst wirkte.

„Hallo! Hier, das soll ich Ihnen mit Grüßen von meiner Mutter ge-ben. Wenn er wieder hustet, müssen Sie ihm das hier geben“, sagte Melosine und überreichte der Frau die Medizin und den Umschlag. „Ich muss jetzt zur Schule. Mama holt ihn später selbst ab“, beeilte sie sich zu sagen und strich ihrem Bruder schnell über den blonden Kopf.

„Auf Wiedersehen dann. Viel Spaß Casi und lass deine Hausschuhe an“, verabschiedete sie sich grinsend von den beiden und zwinkerte ihrem Bruder zu.

„Vielen Dank Melosine! Viel Spaß in der Schule und wir sehen uns dann morgen früh wieder!“, sagte die Gruppenleiterin ebenso freund-lich. Beide winkten ihr hinterher. Casi ließ eine spöttische Grimasse al-lerdings nicht aus. Ein Blick auf ihre Uhr sagte ihr, dass sie sich sputen musste, um pünktlich im Klassenraum zu sitzen.

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Sie kam an einem Vorgarten mit einem kleinen Teich vorbei, in dem japanische Kois schwammen. Einige waren orange, andere fast weiß. Als sie auf den Teich blickte, kam ihr wieder ihr Traum in Erinnerung.

„Warum träume ich seit fast einem Jahr immer wieder das Glei-che?“, überlegte sie. „Jedes Mal komme ich weiter an das Wasser her-an, aber ich werde immer zu früh wach“, stellte sie fast verärgert fest.

Vor ihr lag nun die Schule. Sie mochte das große, alte Gebäude mit den vielen Winkeln. Vor der Treppe standen schon einige Mitschü-lerinnen, auf die sie sich die ganzen letzten Ferientage schon gefreut hatte. Die neuen Fünftklässler standen teilweise allein oder in kleinen Grüppchen vor der Schule und warteten auf das Läuten der Schulglo-cke. Melosine wusste noch genau, wie sie sich gefühlt hatte, als sie vor einem Jahr hier alleine gestanden hatte. Ein Lächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus und sie beschleunigte ihre Schritte auf Lilly zu, die sie mit weit geöffneten Armen empfing.

„Motte!“, rief Lilly sie bei ihrem Spitznamen.„Lilly!“ Die beiden Mädchen freuten sich. In selben Moment er-

tönte schon das bekannte Geräusch der alten Schulglocke. Auf dem Weg zum Klassenraum schwatzten alle Schülerinnen und Schüler wild durcheinander. Viele erzählten von ihrem Urlaub, von den Erlebnissen im Ferienlager, von den Neuigkeiten mit dem Jungen von nebenan und wer welche Schularbeiten über die Ferien nicht geschafft hatte.

„Ich muss jetzt jeden Morgen meinen Bruder zum Kindergarten bringen. Hoffentlich kann er den Weg bald alleine gehen“, sagte Me-losine zu Lilly.

„Ist er wieder gesund?“, fragte sie besorgt.„Fast. Nur noch Husten. Danke der Nachfrage. Uah, da ist Herr

Glotz, und er hat seine Nackenhaare schon wieder bis zur Stirn ge-kämmt. Wie doof der schon wieder aussieht“, lästerte Melosine.

„Und wir haben direkt jetzt Mathe“, sagte Lilly. Melosine rollte er-neut mit den Augen.

Sie betraten die Klasse, wo bereits lautes Getratsche zu hören war. Die Stühle wurden hin und her gerückt und die Plätze ganz anders als im letzten Jahr eingenommen. Herr Glotz begann mit träger, sonorer Stimme den trockenen Unterricht. Schnell verfiel Melosine wieder ihren Gedanken an den Traum von letzter Nacht. Er war so real gewe-sen. Ihre Lider wurden schwerer und ihr Kopf neigte sich langsam auf