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auch ohne Naturschutz wäre esnicht empfehlenswert, das Moorzu betreten, denn was als be -gehba re Oberfläche erscheint, istein trügerischer, schwankenderGrund, in den man rasch bis überdie Knie oder bis zur Hüfte ein-sinkt. Im Moor wachsen bedrohteArten wie der fleischfressendeSonnentau, die Moosbeere, dasSumpfblutauge und die Drachen-wurz. In den mit Wasser gefülltenSchlenken driftet der Wasser-schlauch, in den Seggenriedernam Rande wächst Wollgras undim angrenzenden Moorwaldblüht der Siebenstern. Die ehema-lige Demarkationslinie zwischenDeutschland Ost und DeutschlandWest lief quer durch den unterenTeil des Moors. Zu DDR-Zeitenwurde das abfließende Wasserzunächst durch den Kfz-Sperrgra-ben und dann unter dem Kolon-nenweg her geleitet. Heute läuftes einfach in den Sperrgrabenhinein und sucht sich seinen Weg.Das Rottenbacher Moor machtauf besondere Weise deutlich,dass der Naturschutz am Grünen

Band auch eine Angelegenheitder Alten Bundesländer ist.

Verschwiegene Waldteicheund noch ein Moor

Weiter geht’s auf bayerischer Sei-te durch den Rottenbacher Wald,wo der Rauhfußkauz, die Wald-schnepfe und der Schwarzspechtzu Hause sind. Und dieser Waldbirgt weitere Besonderheiten,kleine, aber kostbare Perlen amGrünen Band: den Röstenteich,den Harrasteich und ein zweites,ebenso schönes Moorgebiet. DerHarrasteich und das Moor gren-zen direkt an Thüringen, die Ver-landungszonen am Harrasteichliegen bereits auf Thüringer Terri-torium. Dort leben acht Libellen-arten mit so bemerkenswertenNamen wie „Torf-Mosaikjungfer“.

Die Mauer von GörsdorfKurz vor dem thüringischen OrtGörsdorf treffe ich wieder auf denDamm der Werratalbahn. Dieschmale Waldstraße am Fuß desBahndamms ist bayerisch, derDamm gehört zu Thüringen.Oben, auf dem „Grenzstreifen“hat sich Ginster ausgebreitet. ImJuni, wenn der Ginster in Blütesteht, bietet sich ein herrlicherAnblick. Botaniker sind allerdingsnicht so begeistert davon: Gin-sterheiden gehörten nicht hier-her, sondern seien eher im atlan-tischen Westen Deutschlands na-türlich. Da ist sicher etwas dran,aber kann man denn erwarten,dass sich ein aufgelassener Bahn-damm und ein ehemaliger Grenz-streifen mit „Urnatur“ überzie-hen? Ein paar Schritte weiterRichtung Görsdorf wächst die Ka-nadische Goldrute. Die Samenwurden sicherlich von durchfah-renden Zügen eingeschleppt.

Durch eine Unterführung gelangeich nach Thüringen, wo ich auf ei-ne blendend weiß gestricheneGrenzmauer stoße. Sie wurde An-fang der achtziger Jahre im Stilder Berliner Mauer als Sichtblen-de errichtet. Was es zu verbergengab, bleibt unklar, zumal dieGrenztruppen den Grenzstreifenvon Truckendorf über Görsdorfhinaus nachts mit einer Lichttras-se illuminierten. Aber man hattemit den Görsdorfern schlechte Er-fahrungen gemacht: Einer von ih-

nen, Helmut Wank, hatte zweijüngeren Leuten zur Flucht ver-holfen. Dafür wurde er zu einerGefängnisstrafe verurteilt und fürimmer und ewig aus Görsdorfverbannt. Fluchthelfer hätten ineinem Grenzdorf nun wirklichnichts zu suchen. Das Rohr aufder Mauerkrone dient heute alsFledermausquartier und die Spal-ten zwischen den zusammenge-setzten Betonteilen bieten Käfernund Schmetterlingen Schutz.

Görsdorf und dieWeihersmühle

Die Jahrzehnte der Kollektivwirt-schaft scheinen an Görsdorf vor-bei gegangen zu sein. Vor Fach-werkhäusern und Scheunen ste-

hen Traktoren, liegen Silageballen.Es gibt noch Misthaufen und freilaufende Hühner. Katzen strei-chen umher, ein Kälbchen schautaus dem Stall heraus. Es riechtnach Heu und man hört das Mu-hen von Kühen. Zwischen denHöfen fließt die Görsdorfer Lau-ter, die unterhalb des DorfsGrenzbach ist. Auf bayerischerSeite liegt ein großer Teich mit ei-nem breiten Band aus Schilfrohr.Jedes Frühjahr findet hier vor derKulisse steil aufragender Höhen-züge ein Amphibienkonzert statt.

Görsdorf, Truckendorf und Em-stadt, drei kleine Orte, liegen indem abgelegenen Hochtal, dasvon Thüringen nur über schmale„Passstraßen“ erreichbar ist. NachBayern hin öffnet sich das Tal da-

gegen. Görsdorfer und Trucken-dorfer Lauter vereinigen sich undfließen hinunter ins CoburgerLand. Am Zusammenfluss der Bä-che stand einst die Weihersmühle.Der Müller und seine Frau, Walterund Lydia Ruske, wurden ver-dächtigt, Menschen beim Über-schreiten der Grenze geholfen zuhaben. Am 2. November 1961wurden die beiden zwangsweisenach Schmalkalden umgesiedelt.Danach brach man das Mühlen-gehöft samt Nebengebäuden ab.Geblieben sind ein paar Gräbenund ein Foto von der Mühle.

Drachenwurz, auch Schlangenkraut genannt, Blüte und Frucht

Junger Rauhfußkauz