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Zum Einfluss der Prozessparameter auf die Bildungvon Kristalldefekten bei der Züchtung von 2“ InPEinkristallen mit dem vertikalen GradientFreeze
Verfahren
Der Technischen Fakultät der
Universität ErlangenNürnberg
zur Erlangung des Grades
DOKTORINGENIEUR
vorgelegt von
Peter Schwesig
Erlangen 2009
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Als Dissertation genehmigt vonder Technischen Fakultät derUniversität ErlangenNürnberg
Tag der Einreichung: 17.01.2008Tag der Promotion: 14.11.2008
Dekan: Prof. Dr. J. Huber
Berichterstatter: Prof. Dr. Dr. h.c. G. MüllerProf. Dr. E. BuhrigProf. Dr. P. Wellmann
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Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung....................................................................... 5
Abstract........................................................................................ 7
1. Einleitung ................................................................................. 91.1 Motivation ...............................................................................................................9
1.2 Stand der Literatur und Technik ........................................................................10
1.3 Aufgabenstellung.................................................................................................13
1.4 Gliederung der Arbeit ..........................................................................................15
2. Modellierung der VGFKristallzüchtung von InP unterBerücksichtigung der Hochdruckbedingungen..........................17
2.1 Beschreibung des numerischen Modells .........................................................18
2.2 Problematik der numerischen Modellierung von Züchtungsprozessen beihohen Drücken...........................................................................................................21
2.3 Prozessentwicklung und Optimierung für unterschiedlicheZüchtungsprozesse...................................................................................................30
2.4 Verifizierung des numerischen Modells............................................................362.4.1 Verifizierung durch Temperaturmessungen.................................................362.4.2 Verifizierung der Ergebnisse der numerischen Simulation durch Markierungder Phasengrenze mittels Dotierstoffstreifenexperimente ....................................37
2.5 Einfluss zeitabhängiger Magnetfelder auf die Züchtung von InP nach demVGFVerfahren............................................................................................................42
2.5.1 Das numerische Model.................................................................................442.5.2. Einfluss rotierender Magnetfelder ...............................................................452.5.3. Einfluss wandernder Magnetfelder..............................................................472.5.4. Vergleich zum Einfluss rotierender und wandernder Magnetfelder auf dieZüchtung von InP nach dem VGFVerfahren........................................................51
2.6 Diskussion............................................................................................................52
3. Anlagenkonzept und Durchführung der Züchtungsprozesse 553.1 Beschreibung charakteristischer Eigenschaften der Züchtungsanlage unddurchgeführter Modifikationen.................................................................................55
3.2 Durchführung der Züchtungsexperimente .......................................................62
4. Charakterisierung der gezüchteten Kristalle ..........................694.1 Strukturelle Charakterisierung und Bestimmung der mittlerenVersetzungsdichte (EPD) ..........................................................................................69
4
4.2 Charakterisierung der elektrischen Eigenschaften .........................................71
4.3 Charakterisierung der Keimkristalle aus eigener Herstellung .......................76
4.4 Diskussion............................................................................................................80
5. Auftreten von Kristalldefekten in InP in Abhängigkeit vonZüchtungsparametern.................................................................82
5.1 Zwillingsbildung und Facettenwachstum.........................................................835.1.1 Einfluss des axialen Temperaturgradienten.................................................895.1.2 Einfluss der Tiegelgeometrie........................................................................935.1.3 Einfluss des Dotierstoffes auf die Facettenbildung und dasZwillingswachstum...............................................................................................1015.1.4 Diskussion ..................................................................................................103
5.2 Versetzungsbildung und polykristallines Wachstum in InP Kristallen .......1145.2.1 Grundlagen der Versetzungstheorie ..........................................................1145.2.2 Versetzungstypen in dem Strukturtyp der Zinkblende ...............................1165.2.3 Experimentelle Befunde zur Versetzungsbildung in InPKristallen............117
5.2.3.1 Verteilung der Versetzungen im Kristall............................................1185.2.3.2 Versetzungsdichte und polykristallines Wachstum...........................1215.2.3.3 Versetzungsbildung an der Ankeimposition......................................1235.2.3.4. Züchtung versetzungsarmer InP Kristalle........................................1255.2.3.5 Versetzungstypen in InPKristallen mit niedriger Versetzungsdichte.......................................................................................................................127
5.2.4 Diskussion ..................................................................................................131
6. Zusammenfassende Diskussion und Ausblick.....................135
8. Literaturverzeichnis...............................................................140
Anhänge ....................................................................................152A.1 Materialdaten zur numerischen Modellierung ...............................................152
A2. Durchgeführte Züchtungsexperimente...........................................................153
A3. Veröffentlichungen............................................................................................154
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Zusammenfassung
Auf Grund der stetig wachsenden Bedeutung der Nachrichten und
Kommunikationstechnik in der modernen Informationsgesellschaft, sowie der ständigen
Forderung nach höheren Datenübertragungsraten, steigt der weltweite Bedarf an
qualitativ hochwertigen InP Substratkristallen kontinuierlich an.
Nach allgemeiner Einschätzung stellen das vertikale Gradient Freeze (VGF) Verfahren
und verwandte Züchtungstechniken die einzige Möglichkeit dar die wachsenden
Anforderungen an qualitativ hochwertige Substrate bei einer weiteren Steigerung des
Kristalldurchmessers zu erfüllen.
Um den Einfluss der Züchtungsbedingungen auf das Auftreten von Defekten
(polykristallines Wachstum, Versetzungen, Zwillinge) zu untersuchen und mit den so
gewonnenen Erkenntnissen die Züchtungsprozesse zu optimieren, wurde unter intensiver
Nutzung der numerischen Simulation ein umfangreiches Züchtungsprogramm
durchgeführt. So wurden folgenden Einflussgrößen in den Züchtungsprozessen variiert:
) strukturelle Qualität (Versetzungsdichte) der Keimkristalle
) Geometrie des Tiegels (Tiegel mit flachem Boden, herkömmliche Tiegel mit einem
Öffnungswinkel von 120° bzw. 160°)
) Art und Konzentration des Dotierstoffes
) axialer Temperaturgradient in Kristall und Schmelze
Bei Untersuchungen zum Einfluss der Qualität der Keimkristalle auf das Auftreten von
polykristallinem Wachstum konnte gezeigt werden, dass bei der Verwendung von
Keimkristallen mit einem Durchmesser von 2“ das polykristalline Wachstum nur
vermieden werden kann, wenn die Versetzungsdichte (Etch Pit Density) einen kritischen
Wert (EPD < 3000 cm2) unterschreitet. Bei der Verwendung von Keimkristallen mit einem
Durchmesser von ca. 9 mm und herkömmlichen Tiegeln mit Keimkanal war die
Abhängigkeit von der Qualität der Keime deutlich geringer. Dennoch wurde ein
Züchtungsprogramm zur Herstellung hochwertiger Keime (EPD < 6000 cm2) für die
Züchtung in herkömmlichen Tiegeln mit Konus durchgeführt.
Bei Untersuchungen zum Facettenwachstum und der Zwillingsbildung in konusförmigen
Tiegeln konnte gezeigt werden, dass die in InP ausgeprägte Neigung zur Zwillingsbildung
auf Facettenflächen stark von der Art und Konzentration des Dotierstoffes abhängt. So
steigt die Länge der Facetten und die Neigung zur Zwillingsbildung in folgender
Reihenfolge an:
undotiert < Fedotiert < Sdotiert.
Für Züchtungsexperimente mit Sdotierter Ausgangsschmelze konnte eine eindeutige
Korrelation zwischen Facettenwachstum im Konus und der verwendeten Geometrie des
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Tiegels festgestellt werden. Für Fedotierte Kristalle lassen sich auf Basis der
gewonnenen Daten keine eindeutigen Aussagen treffen. Zwar konnte die Länge der
kritischen Randfacetten durch eine Erhöhung des axialen Temperaturgradienten
reduziert werden, doch war kein Einfluss auf die Neigung zur Zwillingsbildung
festzustellen. In einer qualitativen Diskussion zu dem Einfluss der Dotierung auf das
Facettenwachstum und die Bildung von Zwillingen konnte gezeigt werden, dass die
Konzentration des Dotierstoffes an der Grenzfläche KristallSchmelze einen
entscheidenden Parameter darstellt der die Grenzflächenenergie beeinflusst.
Unabhängig von der Dotierung, dem axialen Temperaturgradienten oder der
verwendeten Geometrie des Tiegels trat die Zwillingsbildung in dem Übergangsbereich
von Keimkanal zu Konus auf, was mit der gängigen Theorie zur Zwillingsbildung in IIIV
Halbleitern in Einklang steht.
Durch eine geeignete Wahl der Prozessbedingungen konnten Kristalle von Fedotiertem
InP mit einer mittleren EPD < 1800 cm2, einem spezifischen Widerstand von ρ > 10
6 Ωcm und einer homogenen lateralen Dotierstoffverteilung hergestellt werden. Durch
eine weitere Modifizierung des Züchtungsaufbaus gelang auch die Herstellung von
semiisolierendem Material mit einer mittleren EPD < 200 cm2.
Durch den Einsatz der Röntgentopographie (XRT) konnte gezeigt werden, dass in
versetzungsarmem InP spannungsinduzierte 60°Versetzungen nur einen kleinen Anteil
an der Gesamtversetzungsdichte darstellen. Weiterhin konnten in der Literatur für VGF
InP noch nicht beschriebene Versetzungstypen identifiziert werden.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde auch eine numerische Studie zum Einfluss zeitlich
veränderlicher Magnetfelder auf die Züchtung von InP nach dem VGFVerfahren
durchgeführt. Bei dem Vergleich zwischen dem Einfluss rotierender und wandernder
Magnetfelder (RMF und TMF) auf die Form der Phasengrenze und die resultierende von
Mises Spannung an der Phasengrenze konnten klare Vorteile bei der Anwendung
wandernder Magnetfelder festgestellt werden.
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Abstract
Due to a steadily growing importance of telecommunication technique in our modern
information society and a continuous demand on faster data transfer rates, the global
need on InP substrat crystals is continuously increasing.
An established opinion is that only the Vertical Gradient Freeze methode as well as
related techniques offer the possibility to realize the growing demand on substrates of
high quality combined with a further increase in the diameter of the crystals.
To study the influence of the growth conditions on the formation of defects (polycrystalline
growth, dislocations, twins) and to optimize the growth process based on these results,
an extensive experimental programm has been carried out with the intensive aid of
numerical simulations. The following parameters of the growth process has been varied:
) structural quality (dislocation density) of the seed crystal
) geometry of the crucible (seed crystal with a diameter of 2” and a crucible with flat
bottom, crucible with seeding channel and cone angle of 120° or 160°)
) nature and concentration of dopand
) axial temperature gradient in the crystal as well as the melt.
During the investigation on the influence of the quality of the seed crystals on the
occurrence of polycrystalline growth, it could be shown that using a seed crystal with a
diameter of 2” polycrystalline growth only could be avoided if the dislocation density (Etch
Pit Density) of the seed crystal drops below a critical value (EPD < 3000 cm2). The
dependence on the structural quality of the seed crystal was much less developed when
seed crystals with a diameter of 9 mm and crucibles with a seeding channel and a cone
region were used. Never to less a growth programm was carried out to produce seed
crystals of high quality (EPD < 6000 cm2) to be used in growth experiments in crucibles
with a seeding channel and a cone region.
During the investigations on the growth of facets and the formation of twins in crucibles
with a seeding channel and a cone region it could be shown that the high tendency of
twin formation on facets in InP is strongly influenced by the nature and the concentration
of dopands. The length of the facets and the tendency of twin formation is increasing in
the following sequence:
Undoped < Fedoped < Sdoped InP
In growth experiments based on a Sdoped melt a correlation between the growth of
facets in the cone region and the geometry of the crucible could be observed. Based on
the obtained results of the growth experiments such statement can not be given for Fe
doped crystals. The length of the critical edge facets were reduced by an increase of the
axial temperature gradient, but no influence on the tendency of twin formation could be
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observed. In a qualitative discussion based on the equations for nucleation rates it could
be shown that the concentration of the dopand on the interface solidmelt is the critical
parameter which influences the growth of facets and the formation of twins by changing
the interface energy solidmelt. Independent of the dopant, the axial temperature gradient
or the geometry of the crucible twin formation was always observed in the region from the
seeding channel to the cone. This is in good agreement with the well known theory of
twin formation in IIIV compounds.
With a suitable choice of process parameters Fedoped InP crystals can be produced
with an average EPD < 1800 cm2, a specific resistance of ρ > 106 Ωcm and a
homogenous lateral distribution of the dopand. By implying further modifications in the
experimental setup semiinsulating material with an average EPD < 200 cm2 can be
produced.
By using XRay Topography (XRT), it could be shown that in InP crystals with a very low
dislocation density the 60°dislocations, caused by thermal stress, only contribute to a
small amount on the total dislocation density. Further more dislocation types were
identified which are not described in literature so far for InP crystals grown by the VGF
technique.
Within the scope of this thesis also a numerical study was carried out to investigate the
influence of time dependent magnetic fields on the growth of InP crystals by the VGF
technique. Comparing the influence of rotating and traveling magnetic fields (RMF and
TMF) on the shape of the phase boundary and the resulting von Mises stress at the
phase boundary clear advantages were shown using traveling magnetic fields.
9
1. Einleitung
Indiumphosphid stellt nach Galliumarsenid den wichtigsten Vertreter der von Welker
[Wel52, Wel53] entdeckten klassischen IIIV Verbindungshalbleiter dar. Auf Grund seiner
physikalischen Eigenschaften findet es heute vor allem in der Kommunikations und
Nachrichtentechnik Verwendung.
) InP ist das einzige binäre Substratmaterial auf dem gitterangepasste quaternäre IIIV
Mischkristalle (GaInAsP) epitaktisch abgeschieden werden können. Bauteile aus diesem
quaternären System sind in der Lage bei den Dämpfungsminima der Glasfaser
(Lichtwellenlänge 1,3 µm und 1,55 µm) zu arbeiten. Damit stellt InP ein wichtiges
Substratmaterial für die optische Datenübertragung dar.
) InP weist eine hohe Elektronendriftgeschwindigkeit bei hohen Feldstärken auf, und ist
somit interessant im Bereich der Hochfrequenztechnologie.
) Die gute Wärmeleitfähigkeit von InP (0,7 W/(Kcm)) ermöglicht eine hohe
Integrationsdichte an Bauelementen.
Da jedoch die Herstellung qualitativ hochwertiger InPKristalle eine große technische
Herausforderung darstellt, sind InPbasierende Bauelemente vergleichsweise
kostenintensiv. Dementsprechend ist das derzeitige Marktvolumen noch gering.
1.1 Motivation
Auch wenn in einigen Anwendungsbereichen InPbasierende Bauelemente von neuen
Entwicklungen (zB. SiGe, GaN) zukünftig in Bedrängnis geraten, so werden sie, wegen
ihrer einzigartigen physikalischen Eigenschaften in den Bereichen Optoelektronik und
besonders der Hochfrequenztechnik auch in absehbarer Zukunft für Anwendungen mit
höchsten Anforderungen eine entscheidende Rolle spielen [Ben05]. Dafür werden sowohl
semiisolierende als auch halbleitende Substrate benötigt. Damit behält die Forderung
nach kostengünstigen qualitativ hochwertigen InPSubstratkristallen weiterhin
entscheidendes Gewicht. Vor allem für semiisolierendes Material wird die Forderung der
Bauelementehersteller nach einer Vergrößerung des Scheibendurchmessers immer
drängender.
Zu Beginn dieser Arbeit wurden auf dem Weltmarkt fast ausschließlich Substrate
angeboten, die nach dem LECVerfahren gewonnen wurden. So bot die englische Firma
Wafer Technologies Scheiben mit einem Durchmesser von 2“ und 3“ an [Waf02]. Showa
Denko (Japan) produzierte bereits semiisolierende Scheiben mit einem Durchmesser
von 150 mm [Sho01] nach dem LECVerfahren. Von Sumitomo (Japan), dem einzigen
10
Hersteller der nach dem VCz Verfahren produziert, waren Scheiben mit einem
Durchmesser von 100 mm zu erhalten [Sum02]. Der zu dieser Zeit einzige Hersteller der
InP nach dem VGFVerfahren herstellte, die amerikanische Firma American Xtal
Technology (AXT), bot bereits 2002 alle gängigen Durchmesser von 2“ bis 150 mm an
[AXT02]. In jüngster Zeit entwickelte Sumitomo auch einen Vertical Bridgeman (VB)
Prozess für Fedotierte InPKristalle mit einem Durchmesser von 4“ [Has03] bzw. 6“
[Hos05] Durchmesser.
Um die deutsche Firma Freiberger Compound Materials (FCM) bei der Entwicklung eines
Prozesses zur Herstellung von Kristallen mit 100 mm Durchmesser nach dem VGF
Verfahren zu unterstützen, sollte, im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung
und Forschung geförderten Projekts „Grundlagen der InPKristallzüchtung nach dem
VerticalGradientFreeze (VGF)Verfahren“, die langjährige Erfahrung am Erlanger
Kristallabor, sowohl im Bereich des VGFVerfahrens, als auch mit der Kristallzüchtung
von InP, genutzt werden. Dabei sollte am Erlanger Kristallabor besonders der
Zusammenhang zwischen den Züchtungsparametern (Prozessführung, Anlagendesign)
und den auftretenden Defekten (Zwillinge, Versetzungen) untersucht werden.
1.2 Stand der Literatur und Technik
Die in der industriellen Produktion etablierte Technik zur Herstellung von IIIV
Verbindungshalbleitern ist das traditionelle Liquid Encapsulated Czochralski (LEC)
Verfahren [Hur94]. Obwohl dieses Verfahren, das in den 50er Jahren des letzten
Jahrhunderts entwickelt wurde, erfolgreich in der industriellen Fertigung von InP und
GaAs eingesetzt wird, weist es einige entscheidende Nachteile auf. So besitzen GaAs
und InP Kristalle, die nach diesem Verfahren hergestellt wurden, eine hohe mittlere
Versetzungsdichte im Bereich von 104105 cm2 [Rud99]. Verursacht werden diese hohen
Versetzungsdichten durch die Einwirkung von thermischen Spannungen, deren Ursachen
in den relativ hohen Temperaturgradienten und einer nichtlinearen Temperaturverteilung
[Mül01] zu sehen sind, die bei dieser Technik unvermeidbar sind. Durch die Entwicklung
des technisch sehr anspruchsvollen Vapour Controlled LEC (VLEC)Verfahrens [Has97]
konnte eine Verminderung des Temperaturgradienten und damit der thermischen
Spannungen erreicht werden. Auf Grund des hohen technischen Aufwandes und der
damit verbundenen Kosten wird es nur in geringem Maß in der industriellen Fertigung
eingesetzt [Rud97].
Ein großer Schritt auf dem Weg zur Herstellung defektarmer Kristalle der IIIV
Verbindungshalbleiter gelang durch Arbeiten von Gault und Monberg [Gau86, Mon87,
Mon89] die unter Verwendung des Vertical Gradient Freeze (VGF) Verfahrens [Mon94]
11
die Herstellung von 2“ Kristallen der IIIV Verbindungshalbleiter demonstrieren konnten.
Das Erlanger Kristallabor arbeitet seit Anfang der 90er Jahre [Hof92] kontinuierlich
[Zem96, Amo98a, Ste00, Bir03, Sah04] an der Weiterentwicklung dieses Verfahrens
unter massivem Einsatz der numerischen Modellierung [Amo99, Mül02] zur Herstellung
defektarmer InP und GaAs Kristalle. Allerdings fand das VGFVerfahren zum Zeitpunkt
des Beginns dieser Arbeit in der industriellen Herstellung von InP nur geringe Verbreitung
[You99]. Da das VGFVerfahren nach Ansicht der Fachwelt das größte Potenzial zu
Herstellung defektarmer Kristalle mit großem Durchmesser bietet, wurden in jüngster Zeit
die industriellen Forschungsaktivitäten auf diesem Gebiet, vor allem in Japan, intensiviert
[Asa99, Has03, Hos05].
Eine der größten Herausforderungen bei der Kristallzüchtung der IIIV
Verbindungshalbleiter im Allgemeinen, und von InP im Besonderen [Got78], stellt die
Vermeidung der Zwillingsbildung dar, da nach der Zwillingsbildung die
Wachstumsrichtung von [001] häufig nach [221] wechselt und somit die Ausbeute an
nach [001] orientierten Wafern mit homogenen strukturellen und elektrischen
Eigenschaften stark eingeschränkt wird.
Bei der Kristallzüchtung nach dem LECVerfahren, besteht die Möglichkeit den Kristall
während des gesamten Züchtungsprozesses visuell zu beobachten und gegebenenfalls
beim Auftreten von Zwillingsbildung einen Rückschmelzprozess des Kristalls einzuleiten.
Da im VGFVerfahren keine Möglichkeit zur visuellen Beobachtung des wachsenden
Kristalls gegeben ist, ist eine genaue Kenntnis der Parameter nötig die zur
Zwillingsbildung bzw. deren Vermeidung führen.
In der Literatur wird eine Vielzahl von Faktoren angeführt, die die Tendenz zur
Zwillingsbildung in den IIIV Verbindungshalbleitern beeinflussen:
) axiale Temperaturgradienten [Che90]
) Temperaturfluktuationen an der Phasengrenze [Koh95]
) Form der Phasengrenze [Bon81, Ste63, Tow91, Rud96, Fra94]
) Form des Kristallkonus [Che82, Chu98, Hur95]
) fluktuierendes oder ausgeprägtes Facettenwachstum [Ste63, Tow91, Che90, Koh95,
Shi90]
) Reinheit der Ausgangsmaterialien [Alt96, Bon81]
) nichtstöchiometrische Schmelzzusammensetzung [Ste63, Tow91, Che90, Koh95,
Tow91, Sch94]
) Art des Tiegelmaterials [Alt96]
) Konzentration des Dotierstoffes in der Schmelze [Koh95, Has97, Che90]
) Defektdichte im Kristall [Hir01]
Bei den meisten zitierten Literaturstellen handelt es sich um eine rein
phänomenologische Beschreibung experimenteller Befunde an LECKristallen.
12
In den wegweisenden Arbeiten von Hurle [Hur91, Hur95], die Ideen von Voronkov [Vor75]
aufgreifen, wurde erstmals die heute weithin akzeptierte [Hah03] Theorie zur
Zwillingsbildung in Halbleitern, die in der Zinkblendestruktur kristallisieren, entwickelt.
Darin stellen das Auftreten von 111Randfacetten eine notwendige Voraussetzung für
die Zwillingsbildung dar. Experimentell wurden die Ergebnisse dieser Theorie für InP in
der Arbeitsgruppe um Bliss und Dudley bestätigt [Chu98, Dud98] und erweitert. Eine
weitere experimentelle Bestätigung für das VGFVerfahren gelang am Erlanger
Kristallabor in der Dissertation von Amon [Amo98a], der durch systematische Variation
der Tiegelgeometrie den Einfluss des Öffnungswinkels auf das Facettenwachstum und
die Zwillingsbildung in GaAs zeigen konnte [Amo98a, Amo98b].
Allerdings muss bei einer Gesamtsicht festgestellt werden, dass zwar das Auftreten von
Randfacetten eine wichtige Voraussetzung für die Zwillingsbildung darstellt, die Bildung
von Zwillingen jedoch durch ein komplexes Zusammenspiel der genannten Faktoren
verursacht wird.
Matsumoto [Mat93] demonstrierte die Herstellung zwillingsfreier 2“ InPKristalle nach dem
Vertical Bridgemann Verfahren, unter Verwendung von Keimkristallen mit einem
Durchmesser von 2“. Die Verwendung dieses Ansatzes ermöglichte auch am Erlanger
Kristallabor zwillingsfreie 2“ InPKristalle in [001]Orientierung mit einer mittleren
Versetzungsdichte < 300 cm2 nach dem VGFVerfahren herzustellen [Sah04].
Basierend auf diesen Ergebnissen sollte im Rahmen des vom Bundesministerium für
Bildung und Forschung geförderten Projektes „Grundlagen der InPKristallzüchtung nach
dem VerticalGradientFreeze (VGF)Verfahren“ ein Züchtungsprogramm für die
Herstellung defektarmer semiisolierender InPKristalle unter Verwendung von
herkömmlichen Tiegeln erarbeitet werden, wie in Abschnitt 2.3 beschrieben. Allerdings ist
die Herstellung von semiisolierenden Material nur durch besondere Verfahren zu
bewerkstelligen. Prinzipiell bestehen zwei Möglichkeiten [Hof92] InP, dessen intrinsische
Nettoladungsträgerkonzentration selbst in hochreinem undotierten InP ca. n > 1015⋅cm3
beträgt, durch Kompensation der flachen Störstellen in den semiisolierenden Zustand zu
überführen. Zu beiden Möglichkeiten wurden am Erlanger Kristallabor bereits eingehende
Untersuchungen durchgeführt.
) Die Dotierung der Ausgangschmelze mit dem tiefen Akzeptor Fe [Hof92, Mos93]
ermöglicht die Herstellung von semiisolierendem Material während des
Züchtungsprozesses.
) Das am Erlanger Kristallabor entwickelte Verfahren der Temperung von Scheiben
[Hof92, Hir94] gestattet die Herstellung nominell undotierter semiisolierender InP
Wafern.
13
Da die letztgenannte Möglichkeit eine zeit und kostenintensive Variante darstellt, wird
einer reproduzierbaren Verwirklichung der Züchtung von semiisolierenden Kristallen mit
geringer Defektdichte von der Industrie der Vorzug gegeben.
1.3 Aufgabenstellung
Ziel des Projektes war es, durch grundlegende Untersuchungen, die Herstellung von
defektarmen semiisolierenden InP Kristallen nach dem VGFVerfahren zu ermöglichen.
Dabei lag der Schwerpunkt der Untersuchungen auf den Mechanismen die für die
Entstehung von Defekten als entscheidend amgesehen werden (Abschnitt 1.2). Dafür
wurden folgende Arbeitpunkte definiert:
Verbesserung des Kenntnisstandes über die Bildung von Zwillingen bzw. deren
Vermeidung in Abhängigkeit von Dotierstoffen, thermischen Spannungen sowie
anderen wichtigen Wachstumsparametern des VGFProzesses (einschließlich
Konuswinkel). Identifizierung der wichtigsten in Abschnitt 1.2 genannten Parameter
die Bildung von Zwillingen beeinflussen. So sollte im Rahmen dieser Arbeit der
Einfluss der Tiegelgeometrie auf die Zwillingsbildung in InP durch ein analoges
Vorgehen wie für GaAs [Amo98a, Amo98b] überprüft werden. Als weiterer
Schwerpunkt sollte der Einfluss der Dotierstoffe untersucht werden. Denn in
früheren Arbeiten [Hur91, Hur95, Chu98, Dud98] konnte zwar die Bedeutung der
Polarität der 111Randfacetten gezeigt werden, doch liegen bisher keine
systematischen Untersuchungen zum Einfluss der Art und Konzentration von
Dotierstoffen auf die Zwillingsbildung in InP vor.
Entwicklung eines globalen numerischen Prozessmodells für die InPVGF
Züchtung unter Hochdruckbedingungen, das sowohl thermische Spannungen im
wachsenden Kristall, als auch den konvektiven Wärme und Stofftransport in der
Züchtungsanlage quantitativ beschreibt.
Entwicklung und systematische Untersuchungen einer Magnetanlage mit
zeitabhängigem Feld, welches es erlaubt, während des VGFProzesses den
konvektiven Wärme und Stofftransport in der InPSchmelze geeignet zu steuern
(z.B. niedrige thermische Spannungen, homogene Dotierstoffverteilung).
Verbesserung des Kenntnisstandes über die Bildung von Versetzungen beim VGF
Prozess von InP in der Ankeimphase, in der Phase des Konus und
Zylinderwachstums sowie beim Abkühlprozess.
Charakterisierung der dominanten Typen von RestVersetzungen bei VGF
Züchtung unter niedrigen thermischen Spannungen und bei niedriger EPD.
14
Analyse aller Detailergebnisse zur Ermittlung der optimalen VGF
Züchtungsbedingungen für die Herstellung defektarmer homogener Kristalle für
diverse technische Anwendungen.
Um diese Ziele zu erreichen, wurden mittels numerischer Modellierung unterschiedliche
Züchtungsprozesse unter Verwendung herkömmlicher konusförmiger Tiegel mit
Keimkanal entwickelt und optimiert. Die Kristallzüchtungsexperimente konnten an der
bereits am Erlanger Kristallabor bestehenden 2“ Anlage durchgeführt werden.
Da zeitabhängige magnetische Wechselfelder für leitfähige Halbleiterschmelzen eine
Kontrolle über die konvektiven Vorgänge in der Schmelze ermöglichen, sollte erstmals in
dieser Arbeit zunächst das Potenzial verschiedener Wechselfelder für die Züchtung von
InP nach dem VGFVerfahren in einer numerischen Studie geprüft werden. Da der
Einsatz des zu Projektbeginn geplanten rotierenden magnetischen Wechselfeldes in der
numerischen Simulation keine überzeugenden Vorteile versprach, wurde dieser Punkt
aus dem Projektplan gestrichen.
Um detaillierte Kenntnisse über den Einfluss der gewählten Prozessparameter auf den
Defekthaushalt (Versetzungen, Zwillingsbildung) der gewonnenen Kristalle zu erhalten,
erfolgte die Variation folgender Parameter:
• Tiegelgeometrie: Züchtungsexperimente mit einem Durchmesser der Keimkristalle
von 2“ sollte der Einfluss der Keimqualität auf das Züchtungsergebniss aufgezeigt
werden; für Züchtungsexperimente mit einem Durchmesser der Keimkristalle von
ca. 9 mm unter Verwendung von Tiegeln mit Konus sollten Untersuchungen zum
Einfluss des Öffnungswinkels auf das Facettenwachstum und die Zwillingsbildung
durchgeführt werden.
• Für die verschiedenen Durchmesser der Keimkristalle sollten systematische
Untersuchungen zum Einfluss der Dotierung (inklusive isoelektronischer
Dotierstoffe) auf den Defekthaushalt im Allgemeinen und die Bildung von
Facetten/Zwillingen im Besonderen durchgeführt werden.
• Für Züchtungsexperimente mit einem Durchmesser der Keimkristalle von ca. 9 mm
sollte durch den Einsatz verschiedener Suszeptormaterialen sowie durch die
Variation der thermischen Prozessführung ein optimaler Züchtungsprozess für die
Herstellung defektarmer InPKristalle erarbeitet werden.
Die strukturelle Charakterisierung von Kristallen anhand von Testscheiben und
Längsschnitten hinsichtlich der auftretenden Versetzungstypen, der
Versetzungsentwicklung sowie der Versetzungsverteilung, mittels Ätzmethoden und
Röntgentopographie (XRT), sollte zu einem vertieften Verständnis der Mechanismen der
Versetzungsentstehung führen. Damit wäre eine weitere Optimierung der
Züchtungsprozesse möglich.
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Durch die Variation des FeGehaltes und die elektrische Charakterisierung der so
gewonnenen Kristalle sollte bei optimaler lateraler Homogenität der elektrischen
Eigenschaften die Dotierstoffkonzentration minimiert werden.
1.4 Gliederung der Arbeit
Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt. In den vorrangegangenen Kapiteln findet
sich die Zusammenfassung der Arbeit sowie eine Einleitung, in der die Motivation dieser
Arbeit, die Aufgabenstellung und der Stand der Literatur und Technik umrissen werden.
In Kap. 2 wird dann die simulationsgestützte Prozessentwicklung aufgezeigt. Dabei wird
auf die Probleme bei der numerischen Simulation eingegangen, die sich durch die hohen
Drücke ergeben, welche bei der Kristallzüchtung von InP notwendig sind. Nach der
Diskussion des numerischen Modells werden die Ergebnisse für verschiedene
Prozessführungen detailliert diskutiert. In einem weiteren Unterabschnitt sollen die
Möglichkeiten zur Verifizierung der numerischen Resultate durch Temperaturmessungen
und Dotierstoffstreifenexperimente aufgezeigt sowie die beobachteten Abweichungen der
experimentellen Daten von den numerischen Resultaten erörtert werden. In dem
nächsten Unterabschnitt erfolgt die Präsentation der Ergebnisse einer numerischen
Studie in der die Effekte zeitlich veränderlicher magnetischer Wechselfelder (rotierende
und wandernde) auf die Züchtung von InP in der bestehenden Züchtungsanlage
präsentiert werden.
Das darauf folgende Kap. 3 geht zunächst auf die Probleme der bestehenden
Züchtungsanlage sowie auf die durchgeführten Modifikationen ein. Im weiteren findet sich
hier eine detailierte Beschreibung der experimentellen Vorgehensweise bei der
Durchführung der Züchtungsexperimente.
Im Kap. 4 wird die Charakterisierung der gewonnenen Kristalle vorgestellt. Die in diesem
Kapitel diskutierte strukturelle Charakterisierung beschränkt sich auf die Ergebnisse aus
Ätzverfahren (mittlere EPD), da eine detailierte Betrachtung der Defektbildung in Kap. 5
erfolgt. Neben den Daten der elektrischen Eigenschaften aus HallMessungen werden
auch Ergebnisse der PhotolumineszenzTopographie ausgewertet. Der Charakterisierung
von Keimkristallen aus eigener Herstellung sowie deren Einfluss auf die elektrischen
Eigenschaften der damit gezüchteten Kristallen ist ein eigener Unterabschnitt gewidmet.
Abschließend werden diese Ergebnisse diskutiert.
Der Einfluss der Prozessparameter auf die Defektbildung in VGFInP ist Gegenstand von
Kap. 5. Zunächst werden, nach einer kurzen Einführung in die Theorie der
Zwillingsbildung, anhand geätzter Längsschnitte, die Auswirkungen der Tiegelgeometrie,
der Konzentration und Art des Dotierstoffes sowie des axialen Temperaturgradienten auf
16
das Facettenwachstum und die Zwillingsbildung dargestellt. Im Anschluss erfolgt eine
Diskussion der so gewonnen Einsichten.
Der nächste große Unterabschnitt (Abschnitt 5.2) widmet sich der Versetzungsbildung
und dem Auftreten von polykristallinem Wachstum. Nach einer Übersicht über die
Grundlagen der Versetzungstheorie wird die beobachtete axiale und laterale Verteilung
der Versetzungen in Abhängigkeit von der Prozessführung vorgestellt. Für den speziellen
Züchtungsaufbau unter Verwendung eines Tiegels mit flachem Boden konnte ein
Zusammenhang zwischen der Versetzungsdichte des Keimkristalls und dem Auftreten
von polykristallinem Wachstum hergestellt werden. Von besonderem Interesse war dabei
die Entwicklung der Versetzungsdichte an der Ankeimposition, die mit Hilfe der
Röntgentopographie (XRT) untersucht wurde. Einen Überblick über die durchgeführten
Experimente zur Züchtung von versetzungsarmen InPKristallen und deren strukturelle
Charakterisierung (mittlere EPD) gibt der nächste Abschnitt. Mittels Röntgentopographie
(XRT) konnten in versetzungsarmen InPKristallen auch einige, bisher für VGFInP noch
nicht beschriebene Versetzungstypen identifiziert werden. Zusätzlich werden einige
Ergebnisse zur Versetzungsmodellierung für Züchtungsprozesse in der bestehenden
Züchtungsanlage vorgestellt. Abgeschlossen wird das Kapitel durch eine Diskussion der
Möglichkeiten zur Herstellung versetzungsarmer InPKristalle und ihres
Versetzungshaushaltes.
Kap. 6 ist dann einer abschließenden Diskussion und einem Ausblick gewidmet.
17
2. Modellierung der VGFKristallzüchtung von InP unterBerücksichtigung der Hochdruckbedingungen
Bei der Kristallzüchtung in Anlagen, die mehrere Heizzonen aufweisen, stellt das
experimentelle Erstellen eines für die Herstellung qualitativ hochwertiger Kristalle
geeigneten Temperaturfeldes einen sehr hohen Aufwand dar. So erfordern die
Konzeption neuer Anlagen, die Ermittelung der notwendigen Heizleistung sowie die
Ausarbeitung geeigneter Züchtungsprozesse zahlreiche zeit und kostenintensive
Experimente. Als Alternative bietet sich die numerische Modellierung von
Anlagenkonzepten und thermischer Prozessführung an. Ein Überblick über die
Entwicklung der Konzepte zur numerischen Modellierung thermischer Probleme in der
VGFKristallzüchtung findet sich in [Bir03].
Mit fortschreitender Leistungsfähigkeit der Computertechnik werden auch immer weitere,
für die Kristallzüchtung relevante, Fragestellungen [siehe z.B. Fis05, Mül04, Mül02] mit
Hilfe numerischer Verfahren untersucht.
Das im Rahmen dieser Arbeit benutzte Programmpaket CrysVUn wurde am Erlanger
Kristallabor zunächst für die globale thermische Modellierung von Ofenanlagen entwickelt
[Kur98, Amo99, Hai00].
Vor allem bei der Entwicklung und Optimierung von Züchtungsprozessen in dieser Arbeit
wurden die Möglichkeiten der numerischen Simulation in großen Umfang genutzt. Das
dafür verwendete numerische Modell der Züchtungsanlage wird in Abschnitt 2.1
beschrieben. Die dabei auftretenden Probleme, welche sich bei der Modellierung von
Hochdruckprozessen ergeben, sind Gegenstand des Abschnitt 2.2. Die in Abschnitt 2.3
beschriebene Entwicklung und Optimierung neuer Kristallzüchtungsprozesse erfolgte
ebenfalls mit Hilfe der numerischen Simulation. Im anschließenden Abschnitt 2.4 werden
Validierungsexperimente vorgestellt. Im Rahmen der Weiterentwicklung des
Programmpaketes CrysVUn konnte auch eine numerische Studie zum Einfluss zeitlich
veränderlicher Magnetfelder auf die Züchtung von InP nach dem VGFVerfahren
durchgeführt werden (Abschnitt 2.5).
18
2.1 Beschreibung des numerischen Modells
Anlagenkonzept und numerisches Modell
Bei der in dieser Arbeit verwendeten Züchtungsanlage, die bereits von Sahr [Sah01,
Sah04] ausführlich beschrieben wurde, wird das Temperaturfeld von neun unabhängig
regelbaren Heizzonen erzeugt.
Um eine Kontamination der Anlage mit aus der Schmelze entweichendem Phosphor zu
vermeiden, wird mit einem „halboffenen“ System gearbeitet, wie in Abb. 2.1.1 gezeigt.
Abbildung 2.1.1: Schematische Darstellung eines Längsschnittes der Züchtungsanlage
wie er zur Beschreibung der Materialbelegung durch das Softwarepaket CrysVUn
verwendet wird.
Bei diesem Konzept ist die eigentliche Kernzone (Tiegel, Suszeptor, Tiegelstütze) von
einer Quarzglasampulle umgeben, deren unteres Ende offen ist um einen Druckausgleich
zu ermöglichen. Die Isolation der Heizkassette besteht aus dem mineralischen
Faserisolationsmaterial Fibrothal. Um eine Zersetzung des InP bei hohen Temperaturen
19
(PPartialdruck pP über einer InPSchmelze bei Schmelztemperatur Tm = 1336 K
pP = 27 bar) zu vermeiden, wird mit einem Inertgas (N2) ein Gegendruck von 38 bar über
den gesamten Prozesszeitraum aufgebaut. In dieser Anlage ist das sogenannte „top
loading“ System realisiert, das heißt die Beschickung der Züchtungsanlage erfolgt von
oben. Als Vorteil dieses Anlagentyps ist zu nennen, dass die Heizkassette für
Wartungsarbeiten und Optimierung leicht zugänglich ist. Allerdings hat sich im Laufe
dieser Arbeit gezeigt, dass die bei diesem Konzept unvermeidlichen offenen Gasräume
bei Züchtungsprozessen unter erhöhtem Druck entscheidende Nachteile haben. Da
sowohl der wassergekühlte Stahlautoklav als auch das Kernzonenmodul für jede
Züchtung bewegt werden müssen, ist ein vollständiges Ausfüllen dieser Gasräume nicht
möglich. Auf Grund der verbleibenden freien Volumina kommt es während der
Züchtungsprozesse zu turbulenter Gaskonvektion, die die thermische Stabilität der
Anlage negativ beeinflussen. Im Unterschied zu Sahr [Sah04] wurde auch der
vorhandene Gasraum unterhalb der Heizkassette (Abb. 2.1.1) in der numerischen
Modellierung berücksichtigt. Auch die baulichen Veränderungen, welche in Abschnitt 3.1
beschrieben werden, wurden in das numerische Modell mit übernommen.
Eine Auflistung der für die numerische Modellierung relevanten Materialdaten findet sich
in Anhang A1.
Da bereits in früheren Arbeiten [Bir03, Sah04] eine detaillierte Diskussion der
Vorgehensweise bei der numerischen Modellierung von Kristallzüchtungsprozessen
dargestellt wurde, sollen hier in nur wenigen Stichpunkten das Programmpaket und seine
Anwendung vorgestellt werden.
Das Programmpaket CrysVUn ist für die thermische Modellierung rotationssymmetrischer
Züchtungsanlagen konzipiert. Dabei können als Wärmetransportmechanismen
Wärmeleitung, Wärmestrahlung und Wärmeübertragung durch Konvektion in laminarer
Strömung berücksichtigt werden.
Bei der Modellierung der Wärmeleitung können neben nichtlinearen auch anisotrope
Wärmeleitfähigkeiten erfasst werden. Allerdings wird in dem Programmcode an den
Kontaktflächen zwischen zwei Bauteilen von einem idealen Wärmeübergang
ausgegangen und der sogenannte Kontaktwiderstand, welcher in Realität zu einer
Verringerung der Wärmeleitfähigkeit zwischen den Bauteilen führt, vernachlässigt. Die
Behandlung der Wärmestrahlung erfolgte mittels Sichtfaktoren (view factors) unter der
Annahme von grauen Strahlern. Weiterhin werden die jeweiligen Materialien entweder als
opak, transparent oder semitransparent (d.h. durchlässig nur für einen definierten
Wellenlängenbereich der Wärmestrahlung) betrachtet. Die Behandlung der konvektiven
Wärmeübertragung im Gasraum bei hohen Drücken ist Gegenstand von Abschnitt 2.2.
Sie wurde jedoch bei der Simulation zur Entwicklung der verschiedenen
Züchtungsprozesse nicht berücksichtigt, d.h. zur Berechnung des Temperaturfeldes
wurde nur die Wärmeübertragung durch Strahlung und durch Wärmeleitung erfasst.
20
Die Simulationen wurden auf dem von CrysVUn erzeugten unstrukturierten Gitter als
quasistationäre Berechnungen bei konstanter Wachstumsrate durchgeführt. Damit
können die thermischen Effekte an der Phasengrenze festflüssig, welche durch das
Auftreten der latenten Wärme entstehen, bei der Berechnung der Form der
Phasengrenze berücksichtigt werden. Um eine Optimierung der thermischen
Bedingungen durchzuführen, wurde das „inverse“ Simulationsverfahren eingesetzt
[Kur00]. Eine Berücksichtigung der Konvektion in der Schmelze erfolgte nur für solche
Züchtungen, bei denen der Einfluss magnetischer Wechselfelder auf den konvektiven
Wärmetransport in der Schmelze untersucht wurde. Da nach den Ergebnissen dieser
Studie der Einfluss der Konvektion auf die Form der Phasengrenze bei Züchtungen ohne
Magnetfeld vernachlässigbar ist, wurde auf dessen Modellierung in diesen Geometrien
verzichtet. Ein wichtiges Kriterium bei der Optimierung von Prozessen zur
Kristallzüchtung sind die auftretenden thermischen Spannungen im Kristall, die zur
Entstehung von Versetzungen führen können. Dazu wird im Programmcode aus dem
modellierten Temperaturfeld und mithilfe von Materialkonstanten die skalare Größe der
von Mises Spannung bestimmt [Kur98]. Alle im Folgenden angegebenen thermischen
Spannungen sind von Mises Spannungen.
Für die Prozessentwicklung und Optimierung mit Hilfe der numerischen Modellierung
wurde im wesentlichen das von Sahr [Sah04] entwickelte numerische Modell verwendet.
Wie in Abschnitt 2.2 beschrieben, ist eine globale Beschreibung der kompletten
Züchtungsanlage unter Prozessbedingungen damit nicht möglich. Doch ermöglicht das
Modell eine hinreichend exakte Beschreibung der thermischen Verhältnisse im Bereich
des Kristalls, was durch Validierungsexperimente in Abschnitt 2.4 bestätigt werden
konnte.
21
2.2 Problematik der numerischen Modellierung von Züchtungsprozessen bei hohenDrücken
Eine ausführliche Diskussion des Einflusses von erhöhten Drücken auf den
Leistungsumsatz in Kaltwandöfen findet sich bereits in der Dissertation von Hofmann
[Hof92]. Da weiterhin eine detaillierte Diskussion über die Auswirkungen des erhöhten
Gasdruckes auf die Leistungsaufnahme der einzelnen Heizzonen in der im Rahmen
dieser Arbeit verwendeten Züchtungsanlage in der Dissertation von Sahr [Sah04] geführt
wurde, sollen im Folgenden nur die wichtigsten Ergebnisse, welche im Rahmen dieser
Arbeit gewonnen wurden, zusammengefasst werden.
Abbildung 2.2.1: Modelliertes Temperaturfeld für Prozesstyp 3a (Tab. 2.3) nach 20 h
Prozessdauer ohne Berücksichtigung der Gaskonvektion.
Berücksichtigt man nur Wärmestrahlung und Wärmeleitung als Mechanismen der
Wärmeübertragung bei der globalen Modellierung des Temperaturfeldes in der
Züchtungsanlage, so lassen sich die lokalen thermischen Verhältnisse im Bereich des
Tiegels mit hinreichender Genauigkeit beschreiben, wie in Abschnitt 2.4 dargestellt. Die
globale Beschreibung des Temperaturfeldes der experimentell verwendeten
22
Hochdruckzüchtungsanlage ist in Abb. 2.2.1 gezeigt. Als Konsequenz der
unzureichenden numerischen Berücksichtigung der Einflüsse der Gaskonvektion ergibt
sich ein unrealistisches Temperaturfeld im Bereich der unteren Heizzonen. Dies zeigt
sich durch das Auftreten von negativen absoluten Temperaturen, was in Abb. 2.2.1 zwar
gezeigt aber physikalisch nicht möglich ist.
Weiterhin ist die numerische Beschreibung der Leistungsaufnahme der einzelnen
Heizzonen problematisch. Dabei treten starke Abweichungen zwischen den
experimentellen Werten und den Werten der numerischen Modellierung auf. So ergeben
sich in der Simulation auch negative Heizleistungen. In Abb. 2.2.2 ist die gemessene
Leistungsaufnahme während eines Züchtungsexperimentes (Prozesstyp 3a aus Tab. 2.3)
über der Prozesszeit aufgetragen. In Abb. 2.2.3 ist die Differenz der Leistungsaufnahme
zwischen numerisch modellierten und während des Züchtungsexperiments gemessenen
Werten über der Prozesszeit aufgetragen.
Abbildung 2.2.2: Gemessene Leistungsaufnahme eines Züchtungsexperiments über
der Prozesszeit (Prozesstyp 3a aus Tab. 2.3).
23
Abbildung 2.2.3: Differenz zwischen den modellierten und während eines
Züchtungsexperiments gemessenen Werten der Leistungsaufnahme über der
Prozesszeit (Prozesstyp 3a aus Tab. 2.3).
Wie aus Abb. 2.2.2 und Abb. 2.2.3 zu entnehmen, finden sich die geringsten
Abweichungen (< 300 W) im Bereich der oberen Heizzonen (Zonen 13), welche auch im
Experiment eine relativ geringe Leistungsaufnahme (< 550 W) aufweisen. An den
Heizzonen im mittleren (Zonen 46) und unteren Bereich (Zonen 78) werden, bei einer
realen Leistungsaufnahme von 5001100 W, Abweichungen von der numerisch
modellierten Leistungsaufnahme in einem Intervall von 200900 W beobachtet. Die
deutlichsten Abweichungen (5501600 W) ergeben sich für die unterste Heizzone
(Zone 9).
Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen bietet die Berücksichtigung der
Gaskonvektion. So kann das kalte Gas, das durch Konvektion in Kontakt mit der
wassergekühlten Innenwand des Autoklaven kommt, durch die Bodenmatte und den
Stahlfuß in den Bereich zwischen Keramikrohr und der Ampulle aus Quarzglas strömen,
wie in Abb. 2.2.4 schematisch angedeutet. Dies erzeugt einen sogenannten
„Kamineffekt“, der zu einer Erhöhung des Leistungsbedarfes führt [Hof92].
Auch die numerische Beschreibung von Faserisolationsmaterialien unter hohem Druck
ist, auf Grund der geringen kinematischen Viskosität des Inertgases, problematisch. So
wurde bereits durch Messungen des Temperaturprofils unter hohem Druck gezeigt
[Mil71], dass eine makroskopisch ausgebildete Gasströmung in diesen Materialien
vorliegt.
24
Abbildung 2.2.4: Mögliche Konvektionsströmungen in der Züchtungsanlage;
Detailausschnitt Abb. 2.2.5 durch Rechteck, Position des Kontrollthermoelements für
Heizzone 9 durch gestrichelten Pfeil markiert.
25
Da in der Simulation weder durch eine Variation der Wärmeleitfähigkeit des
Faserisolationsmaterials noch durch die Berücksichtigung laminarer Strömung in dem
Bereich des Gasraums die Ausbildung einer Zone mit negativen Temperaturen verhindert
werden kann, ohne die thermischen Verhältnisse im Tiegel gravierend zu verändern,
muss ein weiterer Mechanismus der Wärmeübertragung in Betracht gezogen werden.
Eine mögliche Erklärung bietet die Einbeziehung von turbulenter Gaskonvektion. So
könnte beim Einströmen des Gases in den Raum zwischen den unteren Heizzonen und
dem Pythagorasrohr (siehe Abb. 2.2.5) turbulente Strömung entstehen.
Abbildung 2.2.5: Möglicher Strömungsweg des Gases im Bereich der untersten
Heizzone; Ausschnitt in Abb. 2.2.4 als Rechteck markiert.
Da generell der Wärmeübertragungskoeffizient im Fall von turbulenter Strömung größer
wird als bei laminarer Strömung [Sch91], wurde versucht die erhöhte Wärmeübertragung
im Bereich der unteren Heizzonen durch eine erhöhte effektive Wärmeleitfähigkeit λeff in
der numerischen Simulation zu berücksichtigen.
Bei genauer Betrachtung des Temperaturfeldes zeigt sich, dass sich das Auftreten der
negativen Temperaturen auf den Gasraum um das Kontrollthermoelement TE 9 für die
Heizzone 9 (siehe gestrichelter Pfeil in Abb. 2.2.4) sowie auf das Isolationsmaterial um
die Heizzonen 8 und 9 beschränkt. In Übereinstimmung mit den Überlegungen zu
Abb. 2.2.5 treten im Gasraum die negativen Temperaturen besonders im unteren Bereich
auf. Um zu gewährleisten, dass in keinem Prozessschritt in der numerischen Simulation
negative Werte der absoluten Temperatur entstehen, erfolgte eine Variation der
26
effektiven Wärmeleitfähigkeit für das Inertgas in verschiedenen Züchtungsstadien.
Ausgehend von den Ergebnissen für das numerische Modell, die in Abschnitt 2.3
beschrieben sind, wurde die für Stickstoff in Anhang A1 gegebene Formel für λeff = f(T)
unterhalb des Kontrollthermoelementes für Zone 9 zunächst willkürlich mit einem
dimensionslosen Korrekturfaktor Ku (Ku = 30200) multipliziert (λkorrigiert = Ku⋅λeff ). Erst bei
Korrekturfaktoren Ku > 160 traten keine negativen Temperaturen mehr auf. Allerdings
wurde in diesem numerischen Modell ein abrupter Abfall des Temperaturfeldes vom
Bereich unter dem Kontrollthermoelement zu dem Bereich darüber beobachtet. Weiterhin
konnte, bei gleichbleibenden vorgegebenen Temperaturen an allen
Kontrollthermoelementen, eine signifikante Veränderung in der Position und
Durchbiegung der Phasengrenze beobachtet werden. Daher wurde auch für den
Gasraum oberhalb des Kontrollthermoelementes TE 9 ein dimensionsloser
Korrekturfaktor Ko (Ko < 30) eingeführt. Der Wert dieses Korrekturfaktors Ko wurde
möglichst gering gehalten, da sich in diesem Bereich der Einfluss des einströmenden
Gases weniger bemerkbar machen sollte. Anschließend wurden beide Korrekturfaktoren
variiert um folgenden Kriterien zu genügen:
• In allen Prozessstufen sollten keine Temperaturen T < 290 K auftreten
• Die angewendeten Korrekturfaktoren Ku und Ko (Ku > Ko) sollten in allen
Prozessstufen möglichst geringe Werte aufweisen
• Die Verwendung der Korrekturfaktoren dürfen in allen Prozessstufen nur zu
minimalen Veränderungen in den thermischen Verhältnissen (Position und
Durchbiegung der Phasengrenze) im Bereich des Tiegels führen.
Berücksichtigt man als mögliche Mechanismen der Wärmeübertragung nur Wärmeleitung
und Strahlung, wie bei der Entwicklung der verschiedenen Züchtungsprozesse
angenommen, und behält in der inversen Simulation die in Abschnitt 2.3 gegebenen
Temperaturen für die Kontrollthermoelemente bei, so waren diese Kriterien durch die
Anwendung folgender Korrekturfaktoren zu erreichen: Ku = 80 und Ko =10.
27
Abbildung 2.2.6: Modelliertes Temperaturfeld für Prozesstyp 3a (Tab. 2.3) nach 20 h
unter Berücksichtigung der im Text gegebenen Korrekturfaktoren für turbulente
Gaskonvektion.
Das unter Verwendung der Korrekturfaktoren resultierende Temperaturfeld ist
exemplarisch für einen Prozessschritt (Prozesstyp 3a) in Abb. 2.2.6 gegeben.
Der Einfluss auf einige charakteristische Ergebnisse der numerischen Modellierung
(Position und Durchbiegung der Phasengrenze) ist für drei verschiedene Stadien des
Züchtungsprozesses in Tab. 2.1 aufgeführt.
28
Zeit[h]
Position der Phasengrenze*[m]
Durchbiegung der Phasengrenze[mm]
Ohne Korrektur Mit Korrektur Ohne Korrektur Mit Korrektur
0 0,73171 0,732 0,6 0,720 0,77196 0,77184 0,57 1,0240 0,81183 0,81219 3,67 3,69
* gemessen als Entfernung zur Bodenplatte auf der Symmetrieachse der
Züchtungsanlage
Tabelle 2.1: Einfluss der verwendeten Korrekturfaktoren (Ku = 80, Ko = 10) auf die
Position und Durchbiegung der Phasengrenze für drei verschiedene Stadien des
Züchtungsprozesses.
Wie aus Tab. 2.1 hervorgeht liegen die Veränderungen für die Position der
Phasengrenze, bei Anwendung der oben gegebenen Korrekturfaktoren, im Bereich von
< 0,5 mm.
Auch bei einer Auftragung der modellierten Werte für die thermoelastischen Spannungen
an der Phasengrenze lassen sich keine signifikanten Änderungen (< 0,4 MPa) durch die
Verwendung der gewählten Korrekturfaktoren feststellen.
Einen Vergleich der Leistungsaufnahme der einzelnen Heizzonen in der numerischen
Simulation von Prozesstyp 3a für die Ankeimsituation ist in Tab. 2.2 gezeigt.
Heizzone Leistungsaufnahme [W]
Ohne Korrektur Mit Korrektur(Ku = 80, Ko = 10)
Gemessen*
1 229,14 229,06 582 70,58 70,58 703 140,82 140,77 1604 292,37 292,26 4895 146,11 145,58 8236 257,04 256,61 10777 1,74 39,57 9138 96,27 196,62 7079 834,94 386,47 704
*gemessen für Prozesstyp 2a aus Tab. 2.3
Tabelle 2.2: Leistungsaufnahme der einzelnen Heizzonen in der Ankeimsituation für
Prozesstyp 3a.
Wie aus Tab. 2.2 zu entnehmen verändert sich die Leistungsaufnahme der Heizzonen in
dem oberen Bereich der Züchtungsanlage durch die Korrekturfaktoren nur geringfügig.
Die geringen Veränderungen in der modellierten Leistungsaufnahme (< 0,6 W) in den
29
Heizzonen 1 6, deren mögliche Ursache in der erneuten Berechnung des
Temperaturfeldes liegt, können als vernachlässigbar angesehen werden. Allerdings
treten auch bei Verwendung der Korrekturfaktoren weiterhin negative Heizleistungen an
den unteren Heizzonen auf. Bereits in Heizzone 7 ist der Einfluss der erhöhten
Wärmeleitfähigkeiten in den unteren Segmenten deutlich zu erkennen. Obwohl im
Bereich dieser Heizzone kein Korrekturfaktor für die Wärmeleitfähigkeit von N2 eingesetzt
wurde, kann die verminderte Leistungsaufnahme |∆ < 38 W| durch den verstärkten
Wärmetransport von den unteren Heizzonen, der aus der Verwendung der
Korrekturfaktoren herrührt, erklärt werden. Auch für Heizzone 8 kann die verminderte
Leistungsaufnahme |∆ < 200 W| mit einem erhöhten Wärmetransport erklärt werden.
Dieser ist zum einen durch den Einfluss des Korrekturfaktors Ko begründet, der im
unteren Drittel des Gasraumes im Bereich von Heizzone 8 Anwendung findet, zum
anderen aber auch durch den erhöhten Wärmetransport und die erhöhte
Leistungsaufnahme, welche durch die Anwendung des Korrekturfaktors Ku an Heizzone 9
hervorgerufen werden.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass durch die Anwendung der Korrekturfaktoren es
möglich ist ein realistisches Temperaturfeld in der Züchtungsanlage zu erzeugen, was
den starken Einfluss der turbulenten Gaskonvektion in dem Bereich in dem das Inertgas
in den Spalt zwischen den Heizzonen und dem Pythagorasrohr strömt (Abb. 2.2.4 und
Abb. 2.2.5) verdeutlicht. Doch ermöglichen auch diese Korrekturfaktoren die zudem
noch empirisch gefunden werden müssen keine globale Beschreibung der verwendeten
Züchtungsanlage, die zumindest eine qualitative Beschreibung der Leistungsaufnahme
erlaubt.
Dies ist ein deutlicher Hinweis auf das Auftreten weiterer Effekte die in dem vorhandenen
numerischen Model nicht erfasst werden können, wie die Beschreibung der porösen
Isolationsmaterialien oder von turbulenter Gaskonvektion im gesamten Gasraum.
Dennoch ist mit dem vorhandenen numerischen Model, auch ohne die Berücksichtigung
der Korrekturfaktoren, eine hinreichend gute Beschreibung der thermischen Verhältnisse
im Bereich des Tiegels möglich, wie in Abschnitt 2.4 gezeigt.
30
2.3 Prozessentwicklung und Optimierung für unterschiedliche Züchtungsprozesse
Im Rahmen dieser Arbeit sollte der Zusammenhang zwischen der Bildung von
Kristalldefekten und Prozessparametern untersucht und optimale Prozessbedingungen
für die Züchtung von defektarmen InPKristallen gefunden werden. Daher wurden
insgesamt neun verschiedene Kristallzüchtungsprozesse, die sich im Hinblick auf die
Form des Tiegels, die eingesetzte Menge an polykristallinem Ausgangsmaterial, die
thermische Prozessführung oder die eingesetzten Suszeptormaterialien unterscheiden,
für die in Abschnitt 2.1 beschriebene Ofenanlage entwickelt und optimiert.
Allgemeine Vorgehensweise
Für die Beurteilung der Ergebnisse der numerischen Simulation waren folgende Kriterien
maßgebend:
• Minimierung der Durchbiegung der Phasengrenze; diese Forderung ist
gleichbedeutend mit einer Minimierung des radialen Temperaturgradienten an der
Phasengrenze. Dieses Kriterium steht in engem Zusammenhang mit annährend
konstanten axialen Temperaturgradienten über den gesamten Kristall, zur
Minimierung der thermischen Spannungen.
• Eine geringe Überhitzung der Schmelzphase um eine Zersetzung der Schmelze
und damit die Bildung von Kristalldefekten, die durch eine
Stöchiometrieabweichung hervorgerufen werden [Rud03, Sch94], zu vermeiden.
• Eine konstante Wachstumsgeschwindigkeit von 2 mm/h; dieses Kriterium konnte
durch die Anwendung der inversen quasistationären Modellierung erfüllt werden.
• In Tiegeln mit Keimkanal und Konusbereich sollte der Verlauf der
Schmelzisotherme im Bereich des Konus nicht parallel zur Tiegelwandung
verlaufen um eine Unterkühlung der Schmelze in diesem Bereich zu vermeiden.
Durch geringe Unregelmäßigkeiten in dem Temperaturfeld, z.B. durch
unvollständigen Kontakt des Tiegels mit dem umgebenden Suszeptormaterial, kann
in diesem Fall die Schmelzisotherme punktuell auf die Wand des Tiegels treffen,
wie in Abb. 2.3.1 gezeigt. Durch numerische Simulation kann gezeigt werden, dass
die Isothermen im Bereich des Konus durch „unvollständigen“ Kontakt des Tiegels
an den Suszeptor (Abb. 2.3.1) parallel zur Wandung des Tiegels verlaufen. In
diesen Bereichen könnten unterkühlte Schmelzen auftreten, was zu spontaner
Keimbildung und somit zu Fehlwachstum führen kann.
31
Abbildung 2.3.1: Schnitt durch den Tiegel im Bereich des Konus, bei unvollständigem
Kontakt des Tiegels an den Suszeptor in der numerischen Modellierung; auf der rechten
Seite sind die Materialien sowie die Phasengrenze zu sehen; links sind die Isothermen
für den Temperaturbereich zwischen 1320 K und 1330 K eingezeichnet, der Abstand
zwischen den gezeigten Isothermen beträgt 0,5 K.
Treten zusätzliche thermische Fluktuationen auf, herrschen in diesem Bereich
instabile Wachstumsbedingungen und es kann in diesen Bereichen zu spontaner
Kristallisation und polykristallinem Wachstum kommen.
• Da die Leistungsaufnahme der einzelnen Heizzonen auf 1,4 kW beschränkt ist, und
für die notwendigen Heizleistungen deutliche Abweichungen zwischen der
numerischen Modellierung und dem Züchtungsexperiment auftraten (Abschnitt 2.2),
musste auch die begrenzte Leistungsaufnahme der Heizzonen bei der
Prozessentwicklung berücksichtigt werden. Daher wurde für alle
Prozessentwicklungen folgendes Vorgehen gewählt:
Ausgangspunkt war in allen Fällen das Temperaturfeld eines bereits experimentell
durchgeführten Züchtungsprozesses. In dem in dieser Arbeit angewendeten Verfahren
der inversen Simulation werden die Temperaturen an definierten Punkten
„Kontrollpunkte“ vorgegeben. Anschließend werden die benötigten Heizleistungen durch
ein iteratives Verfahren numerisch modelliert. Zunächst wurden die Positionen der
Kontrollthermoelemente für die einzelnen Heizzonen als Kontrollpunkte definiert. Im
nächsten Schritt wurde durch eine mehrmalige Modifizierung des Temperaturfeldes durch
Veränderung aller Kontrolltemperaturen um einen konstanten Betrag die Phasengrenze
auf die Höhe (± 2 cm) der gewünschten Ankeimposition in der Züchtungsanlage
gebracht. Anschließend wurde der Kontrollpunkt derjenigen Heizzone, die der
32
Phasengrenze am nächsten gelegen ist, von der Position des Kontrollthermoelements
auf die gewünschte axiale Position für die Phasengrenze entlang der Symmetrieachse
der Ofenanlage verschoben, wobei die vorgegebene Temperatur dann der
Schmelztemperatur von InP entsprach. In weiteren Simulationsschritten erfolgte dann die
Kontrolle der Schmelzüberhitzung und die Einstellung der axialen Temperaturgradienten
durch Veränderung der Solltemperaturen an den jeweiligen Kontrollthermoelementen.
Abschließend erfolgten in kritischen Fällen Testversuche an der Ofenanlage, ob die
gewünschten Temperaturen trotz der vorhandenen Beschränkungen der
Leistungsaufnahme auch zu erreichen waren.
Beschreibung der einzelnen Prozesstypen
Die in einem früheren Projekt [Sah04] entwickelte thermische Prozessführung unter
Verwendung eines Tiegels mit flachem Boden wurde im Rahmen dieser Arbeit zunächst
bezüglich des Einflusses der Schmelzkonvektion auf die Form der Phasengrenze
untersucht. Die erzielten Ergebnisse stellten die Ausgangsbasis für die Untersuchungen
zu magnetischen Wechselfeldern dar, die in Abschnitt 2.5 beschrieben sind. Im
Folgenden wird diese Prozessführung als Typ 1 bezeichnet.
Bei der Entwicklung von Kristallzüchtungsprozessen, die konusförmige Tiegel
verwenden, wurde als Länge der resultierenden Kristalle zunächst eine Länge von ca.
10 cm eingesetzt („Typ 2“). Das entspricht bei einem Kristalldurchmesser von 2“ einer
Einwaage von ca. 1 kg polykristallinem InP als Ausgangsmaterial.
Dabei wurden zwei unterschiedliche Tiegelgeometrien betrachtet:
• Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 160° „Typ2a“
• Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 120° „Typ2b“.
Alle drei Tiegelformen sind im oberen Bereich von Abb. 2.3.3 Abb. 2.3.4 gezeigt. Als
Folge einer Reduzierung des Schmelzvolumens auf eine Einwaage von 500 g
polykristallinem InP („Typ 3“) als Ausgangsmaterial, erfolgte die Entwicklung der
Prozesstypen „Typ3a“ (für Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 160°) und „Typ3b“ (für
Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 120°). Untersuchungen zum Einfluss einer
Reduzierung der Wachstumsgeschwindigkeit auf 1 mm/h wurden als „Typ3A“
durchgeführt.
Da im Rahmen dieser Arbeit auch eine Variation der Wärmeleitfähigkeit der
Suszeptormaterialien stattfand, wurden weitere Prozessentwicklungen für Typ3a nötig.
Der in Abschnitt 3.1 beschriebene Einsatz eines IsoGraphits mit geringerer
Wärmeleitfähigkeit (EK93) führte zu einer thermischen Prozessführung von „Typ3a1“.
Ebenso erforderte die in Abschnitt 3.1 beschriebene Erprobung zweier Varianten eines
sogenannten Doppelkonus (siehe Abb. 3.1.5) weitere Neuentwicklungen von
Prozesstypen „Typ3a2“ (Doppelkonus 1) und „Typ3a3“ (Doppelkonus 2). Einen
33
tabellarischen Überblick über alle mithilfe numerischer Simulation entwickelten
Prozesstypen gibt Tab. 2.3. Eine weitere Beschreibung der einzelnen Prozesstypen,
sowie der variierten Prozessparameter finden sich in Abschnitt 3.2 und in Tab. 3.3.
Typ Tiegel Einwaage Suszeptor Wachstumsgeschwindigkeit
Sonstiges
1 FB 1000 g EK906 2 mm/h2a 160° 1000 g EK906 2 mm/h2b 120° 1000 g EK906 2 mm/h3a 160° 500 g EK906 2 mm/h3A 160° 500 g EK906 1 mm/h3b 120° 500 g EK906 2 mm/h3a1 160° 500 g EK93 2 mm/h3a2 160° 500 g DK1 2 mm/h Doppelkonus13a3 160° 500 g DK2 2 mm/h Doppelkonus2
Tabelle 2.3: Überblick über alle entwickelten Prozesstypen.
Ergebnisse
Auf Grund der großen Anzahl von Ergebnissen sollen hier nur einige ausgewählte
Aspekte vorgestellt werden.
So zeigt Abb. 2.3.2 den axialen Temperaturverlauf im Bereich des Tiegels auf der
Symmetrieachse der Züchtungsanlage für Prozesstyp 2a.
Abbildung 2.3.2: Axialer Temperaturverlauf im Bereich des Tiegels auf der
Symmetrieachse der Anlage für verschiedene Zeitpunkte (von links 64, 57,5, 52,5, 42,5,
34
32,5, 22,5, 20, 18,75, 17,5, 15, 10 und 0 Stunden nach Beginn des Abkühlprozesses) des
Züchtungsprozesses.
Für den Bereich des Zylinders und im Keimkanal konnten annährend konstante axiale
Temperaturgradienten realisiert werden. Doch findet sich gerade in dem für die
Zwillingsbildung kritischen Bereich des Konus eine deutliche Abweichung von der
Linearität des Temperaturverlaufes im Festkörper. Dieser Effekt konnte auch bei keinem
anderen der entwickelten Züchtungsprozesse eliminiert werden.
Abbildung 2.3.3: Maximale von Mises Spannung an der Phasengrenze für ausgewählte
Züchtungsprozesse.
Wie Abb. 2.3.3 zeigt, findet in diesem Bereich konusförmiger Tiegel auch eine
sprunghafte Änderung der maximalen von Mises Spannung an der Phasengrenze statt.
Weiterhin kann Abb. 2.3.3 entnommen werden, dass bei der Prozessentwicklung für
herkömmliche Tiegel die maximale von Mises Spannung im Vergleich zu Typ1 halbiert
werden konnte. Eine weitere Verringerung konnte für Typ3 erreicht werden.
In Abb. 2.3.4 ist die Durchbiegung der Phasengrenze über der Prozessdauer
aufgetragen.
35
Abbildung 2.3.4: Numerisch berechnete Durchbiegung der Phasengrenze für
ausgewählte Züchtungsprozesse.
Eine Verringerung der Durchbiegung der Phasengrenze im zylindrischen Teil des Tiegels
war nur für Prozesse des Typ 3 zu beobachten. Kritisch anzumerken ist, dass sich in
keinem der entwickelten Züchtungsprozesse für herkömmliche Tiegel die sprunghafte
Änderung der Form der Phasengrenze im Bereich des Konus, wie sie in Abb. 2.3.4 zu
beobachten ist, vermeiden ließ.
36
2.4 Verifizierung des numerischen Modells
Um die Vorhersagen der numerischen Simulation zu überprüfen, bieten sich zwei
Vorgehensweisen an:
• Messung der Temperaturverhältnisse in dem Bereich der Anlage, in dem sich der
Tiegel befindet.
• Markierung der Phasengrenze durch Dotierstoffstreifenexperimente
Die Resultate beider Verfahren sollen in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden.
2.4.1 Verifizierung durch Temperaturmessungen
Die laterale und axiale Temperaturverteilung in einem Probekörper wurde im Bereich des
Tiegels schon bei der Entwicklung der Anlage von Sahr [Sah04] bestimmt. Daher erfolgte
im Rahmen dieser Arbeit eine Verifizierung des numerischen Modells für die
verschiedenen Prozesstypen mittels zeitaufgelöster Temperaturmessung während des
Züchtungsvorgangs. Zur Temperaturerfassung bieten sich die Daten der
Keimthermoelemente an. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass keine neuen
Materialien in den Züchtungsaufbau eingebracht werden müssen und über die gesamte
Prozessdauer ein kontinuierlicher Vergleich zwischen Experiment und Modellierung
möglich ist. Abb. 2.4.1 zeigt das Ergebnis einer derartigen Messung für Prozess Typ3a
(siehe Abschnitt 2.3).
Abbildung 2.4.1: Vergleich zwischen modellierter (calc.) und gemessener (obs.)
Temperatur am oberen Keimthermoelement für Prozesstyp 3a.
37
Der qualitative Verlauf der berechneten und experimentell gemessenen Temperatur
stimmt hervorragend überein. Eine Erklärung für die, über die gesamte Prozessdauer
annährend konstante Temperaturdifferenz von 16 K, die bereits zu Beginn des
Abkühlprozesses vorhanden ist, wird in Abschnitt 3.1 ausführlich diskutiert und kann mit
einigen Besonderheiten der Züchtungsanlage begründet werden.
Sehr ähnliche Ergebnisse wurden auch für die anderen entwickelten Prozesstypen
beobachtet.
2.4.2 Verifizierung der Ergebnisse der numerischen Simulation durch Markierungder Phasengrenze mittels Dotierstoffstreifenexperimente
Um die Vorhersagen der numerischen Modellierung bezüglich der Position und Form der
Phasengrenze durch experimentelle Daten zu verifizieren, wurde die Phasengrenze
durch Dotierstoffstreifenexperimente markiert. Dabei wird die Markierung der
Phasengrenze durch eine abrupte Variation der Wachstumsgeschwindigkeit erreicht.
Inhomogenitäten in der Wachstumsgeschwindigkeit führen auf Grund der Abhängigkeit
des effektiven Verteilungskoeffizienten von der Wachstumsgeschwindigkeit [Mül88] zu
Inhomogenitäten in der Dotierstoffverteilung. Erzeugt werden diese durch eine gezielte
abrupte Absenkung der Heizleistung. Die daraus resultierende Erhöhung der
Wachstumsrate bildet für Dotierstoffe mit einem Verteilungskoeffizenten k < 1 über einen
verstärkten Dotierstoffeinbau die Phasengrenze zu Beginn der Temperaturabsenkung ab.
Mittels geeigneter Nachweisverfahren, die eine hohe Sensitivität auf eine Variation der
Ladungsträgerkonzentration aufweisen, lässt sich dann der genaue Verlauf der
Phasengrenzfläche KristallSchmelze ermitteln. Ist eine eindeutige zeitliche Zuordnung
der induzierten Dotierstoffstreifen zu den eingebrachten Störungen des Temperaturfeldes
möglich, so kann die mittlere Wachstumsgeschwindigkeit zwischen zwei
Dotierstoffstreifen berechnet werden.
Mit dem hier gezeigten Experiment wurde die thermische Prozessführung des Typ2a aus
Abschnitt 2.2 untersucht. Die Ausgangschmelze enthielt eine SKonzentration von
c[S] = 5×1018 cm3. Der Zeitpunkt der gezielten Störungen des Temperaturfeldes wurde
so gewählt, dass jeder Puls einem Prozessschritt in der numerischen Simulation
entspricht.
Die induzierten Dotierstoffstreifen wurden durch eine kurzzeitige abrupte Absenkung der
Temperatur an dem der Phasengrenze nächstliegenden Regelthermoelement um 10 K
für eine Dauer von ca. 7 min realisiert. Danach wurde die herkömmliche thermische
Prozessführung fortgesetzt, wobei dann für den weiteren Züchtungsverlauf eine
ungestörte Wachstumsrate angenommen wurde.
38
Wie in Abb. 2.4.2 a) zu erkennen, lassen sich die induzierten Dotierstoffstreifen (durch
Pfeile markiert) im unteren Abschnitt des angeschliffenen Kristalls an der Oberfläche
eindeutig identifizieren. Eine exakte Bestimmung der Position und Form der
eingebrachten Dotierstoffstreifen erfolgte an doppelseitig polierten Längsschnitten mit
Hilfe der IRDurchlichtmikroskopie bzw. mittels geeigneter Ätzverfahren (ABÄtze,
Abschnitt 4.1).
Abb. 2.4.2 b) zeigt den Vergleich zwischen der experimentell gefundenen Position und
Form der Phasengrenze für den in Abschnitt 2.3 beschriebenen Züchtungsprozess des
Typ2a mit einer Züchtungsgeschwindigkeit in der numerischen Simulation von 2 mm/h.
Dabei zeigt sich eine gute qualitative Übereinstimmung in der Position und Form der
Phasengrenze zwischen der numerischen Simulation und den experimentell gewonnenen
Daten.
a) b)
Abbildung 2.4.2: Lage und Form der Dotierstoffstreifen a) an der Oberfläche des
Kristalls durch Pfeile markiert, b) durch IRDurchlichtmikroskopie ermittelt (linke Hälfte),
sowie durch numerische Simulation vorhergesagt (rechte Hälfte).
39
Trägt man die Positionen der Phasengrenze auf der Kristallachse über der Prozesszeit
auf und führt eine lineare Regression durch so erhält man die mittlere
Wachstumsgeschwindigkeit. Wie aus Abb. 2.4.3 ersichtlich ergibt sich im Experiment eine
mittlere Wachstumsgeschwindigkeit von 2,15 mm/h, die um ca. 11 % höherer ist als in
der numerischen Simulation.
Abbildung 2.4.3: Position der Phasengrenze auf der Kristallachse über der Prozesszeit
in Experiment und Simulation für Prozess Typ2a und die daraus resultierende mittlere
Wachstumsgeschwindigkeit.
Betrachtet man die Abweichung der experimentell gefundenen Werte der
Wachstumsgeschwindigkeit für die einzelnen Prozessschritte von der in der numerischen
Simulation vorgegebenen Wachstumsgeschwindigkeit mit einem konstanten Wert von
2 mm/h, wie es in Abb. 2.4.4 dargestellt ist, zeigt sich, dass in dem bei der Züchtung von
InP kritischen Bereichen (siehe Abschnitt 5.1) des Übergangs in bzw. aus dem Konus,
sowie im Konus selbst, Fluktuationen der Wachstumsgeschwindigkeit festzustellen sind.
40
Abbildung 2.4.4: Differenz der Wachstumsgeschwindigkeit zwischen Experiment und
Simulation über der Prozessdauer.
Auch bei der quantitativen Auswertung der Durchbiegung der Phasengrenze Kristall –
Schmelze in Abb. 2.4.5 zeigt sich, dass in den kritischen Bereichen der Übergänge in
bzw. aus dem Konus sowie im Konusbereich selbst, im Experiment ein Übergang von
einer streng konkaven Form der Phasengrenze zu einer konvexen Form auftritt.
Diese Effekte wurden auch in einem weiteren Dotierstoffstreifenexperiment für den
Prozess des Typ3A aus Abschnitt 2.3 beobachtet. Allerdings wurde dieses
Züchtungsexperiment mit einer in der numerischen Simulation vorgegebenen
Wachstumsgeschwindigkeit von 1 mm/h durchgeführt.
41
Abbildung 2.4.5 Durchbiegung der Phasengrenze in Experiment und Simulation über
der Prozessdauer.
Weder durch Variation der Wärmeleitfähigkeit des pBNTiegels in den
Übergangsbereichen in bzw. aus dem Konus noch durch die Berücksichtigung eines
Spaltes zwischen Tiegel und Suszeptormaterial [Mül02] konnten diese experimentellen
Befunde in der numerischen Simulation reproduziert werden. Daher war es im Rahmen
dieser Arbeit nicht möglich die sprunghaften Änderungen in der
Wachstumsgeschwindigkeit und der Form der Phasengrenze durch eine gezielte
Variation der Prozessparameter zu unterdrücken. Besonders im Hinblick auf die in
Abschnitt 5.1 ausführlich diskutierten Untersuchungen zur Bildung von Facetten und
Zwillingen wäre eine konstante Wachstumsrate von großem Interesse, um die Einflüsse
der einzelnen Prozessparameter isoliert untersuchen zu können.
42
2.5 Einfluss zeitabhängiger Magnetfelder auf die Züchtung von InP nach dem VGFVerfahren
Die Eigenschaft von Magnetfeldern zur kontaktlosen Übertragung mechanischer Energie
in elektrisch leitende Schmelzen wird in der Metallurgie seit langem ausgenutzt. Dabei
induzieren die magnetischen Felder Wirbelströme in der Schmelze, aus denen eine
LorentzKraft resultiert, die die Strömungsverhältnisse beeinflusst. Da auch Schmelzen
von Halbleitermaterialien eine gute elektrische Leitfähigkeit besitzen, kommt auch im
Bereich der Kristallzüchtung dem Einsatz von Magnetfeldern zur Beeinflussung der
Schmelzkonvektion eine besondere Bedeutung zu.
So sind stationäre Magnetfelder in den verschiedensten Konfigurationen seit langem
Gegenstand der Forschung und werden auch in industriellen Prozessen eingesetzt. Zur
Züchtung von versetzungsfreiem Si [vAm04] sind mittlerweile stationäre Magnetfelder in
der so genannten „cusp“ Konfiguration weit verbreitet.
Als Nachteil der stationären Magnetfelder sind vor allem die hohen benötigten
Feldstärken und damit der hohe apparative Aufwand sowie der hohe Energiebedarf zu
nennen. Daher sind in neuerer Zeit zeitabhängige Magnetfelder, für die deutlich geringere
Feldstärken benötigt werden, in das Zentrum des Interesses gerückt [Fis01]. So konnte
bereits gezeigt werden, dass der Einsatz zeitabhängiger Magnetfelder eine Kontrolle
sowohl über den Einbau von Dotierstoffen und die Temperaturverteilung in der Schmelze,
als auch über die Form der Phasengrenze festflüssig ermöglicht [Fis99, Pät03]. Auf
Grund der engen Korrelation zwischen der Form der Phasengrenze und den daraus
resultierenden von Mises Spannungen, konnte in einer numerischen Studie [Hai02]
gezeigt werden, dass sich bei Anwendung eines rotierenden Magnetfeldes der
resultierende thermische Stress bei der Züchtung von 3“ GaAs reduzieren lässt.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher eine numerische Studie durchgeführt, in der
sowohl der Einfluss rotierender als auch wandernder Magnetfelder auf die Züchtung von
InP nach dem VGFVerfahren untersucht wurde. Dabei wurden die Form der
Phasengrenze sowie der resultierende von Mises Stress als Optimierungskriterien
gewählt.
Ausgangspunkt für diese Berechnungen war ein numerisches Model, mit dem bereits
Züchtungsexperimente vom Prozesstyp 1 (Tab. 2.3) hinreichend genau beschrieben
werden konnten. Zunächst wurden Simulationen zur Schmelzkonvektion ohne
einwirkendes Magnetfeld durchgeführt. Dabei wurden für die InPSchmelze die in
Anhang A1 gegebenen Materialdaten eingesetzt. Die B2O3 Schmelze wurde als starrer
Körper behandelt. Anschließend wurde die Stärke der magnetischen Induktion
sukzessive erhöht, bis der Übergang zu zeitabhängigen instationären
43
Strömungsverhältnissen beobachtet wurde. Die daraus resultierenden sogenannten
TaylorInstabilitäten erzeugen Temperaturfluktuationen [Fis01] die Fehlwachstum und
Inhomogenitäten in der Dotierstoffverteilung während des Züchtungsexperiments
verursachen.
Die geometrischen Anordnungen mit denen die magnetischen Wechselfelder in einer
VGFKonfiguration realisiert werden könnten sind in Abb. 2.5.1 schematisch dargestellt.
a) b)
Abbildung 2.5.1: Geometrische Anordnung zur Erzeugung von magnetischen
Wechselfeldern in einer VGFKonfiguration; a) rotierende magnetische Felder, Blick
entlang der Achse des Schmelzzylinders; b) wandernde magnetische Felder ; angegeben
ist die Phasenfolge Φn in der die Spulen angesteuert werden, sowie die Richtung der
resultierenden LorentzKraft FL (Pfeil).
Zur Erzeugung rotierender Magnetfelder wird der Schmelzzylinder von drei Paaren von
Magnetspulen konzentrisch umgeben, die horizontal in einer Ebene angeordnet sind
(Abb. 2.5.1 a). Durch die Ansteuerung der Spulen mit den einzelnen Phasen ϕn des
Wechselstroms kann so ein mit der Frequenz ω des Wechselstroms rotierendes
Magnetfeld erzeugt werden. Die Richtung der resultierenden LorentzKraft ist in
Abb. 2.5.1 a mit einem Pfeil eingezeichnet. Im Fall der wandernden Magnetfelder wird
der Schmelzzylinder von einzelnen Leiterschleifen umgeben (Abb. 2.5.1 b). Auch hier
werden die Leiterschleifen mit den einzelnen Phasen ϕn eines Wechselstroms
angesteuert. Dadurch bewegt sich das Magnetfeld in vertikaler Richtung durch die
Schmelze. Die Richtung der resultierenden LorentzKraft ist in Abb. 2.5.1 b mit einem
Pfeil gekennzeichnet.
44
2.5.1 Das numerische Model
Details, die die Implementierung der notwendigen Gleichungen zur Berechnung der
Wirkung der rotierenden und wandernden Magnetfelder in dem Programm CrysVUn
behandeln, sind in anderen Arbeiten [Fis01, Iug03] ausführlich beschrieben.
Der Vollständigkeit halber seien hier die Gleichungen für die über der Zeit gemittelten
Dichte der LorentzKraft < zLf > angegeben, wie sie in CysVUn implementiert wurden:
So berechnete sich für das wandernde Magnetfeld die resultierende Dichte der Lorentz
Kraft in zRichtung [Ram00] wie folgt:
)(2
)(2
21
202
120 arI
aB
arIaAf zL
σωσω=>=< (Gl. 2.5.1)
Mit: B0 magnetische Flussdichte, σ elektrische Leitfähigkeit der Schmelze, ω Frequenz,
A0 Amplitude, a = 2π/λ Wellenvektor, λ Wellenlänge und I1(ar) modifizierte Besselfunktion
erster Ordnung.
Im Falle der rotierenden Magnetfelder berechnet sich die Dichte der LorentzKraft < ϕLf >
aus dem elektrischen Potential Φ0 [Fis01] wie folgt:
12200
10
22
−−
+
∂Φ∂
−>=<
pp
L RrR
pB
zRrBf σωσϕ (Gl. 2.5.2)
Mit: p Anzahl der Polpaare des magnetischen Feldes und R Radius des
Schmelzzylinders
Üblicherweise wird die Stärke der zeitabhängigen Magnetfelder durch die dimensionslose
magnetische Taylorzahl Tam beschrieben. Für den Fall rotierender Magnetfelder wird
folgende Definition [Fis01] verwendet:
p
RBTa RMFm 2
42
2ρν
σω= (Gl. 2.5.3)
Dabei ist ρ die Dichte der Schmelze, ν die kinematische Viskosität, σ die elektrische
Leitfähigkeit der Schmelze, ω Frequenz, p Anzahl der Polpaare des magnetischen
Feldes, R Radius des Schmelzylinders, B0 magnetische Flussdichte.
Für wandernde Magnetfelder wurde folgende Definition [Iug03] benutzt:
)(1202
3arIB
a
RTa zTMF
ρν
σω= (Gl. 2.5.4)
45
Mit: B0 magnetische Flussdichte, σ elektrische Leitfähigkeit der Schmelze, ν kinematische
Viskosität, ω Frequenz, A0 Amplitude, a = 2π/λ Wellenvektor, λ Wellenlänge und I1(ar)
modifizierte Besselfunktion erster Ordnung.
In einer isothermen zylindrischen Schmelzkonfiguration bildet sich durch den Einsatz
eines magnetischen Wanderfeldes ein einzelner Strömungswirbel in meridionaler
Richtung aus [Iug03], unabhängig von der Richtung der einwirkenden LorentzKraft.
Rotierende Magnetfelder induzieren hingegen eine azimutale Flussrichtung. In beiden
Fällen führt das Auftreten von Ekmannähnlichen Wirbeln an der Tiegelwandung zu
sekundären Strömungen. Ab einem gewissen Schwellenwert der Stärke der
magnetischen Induktion kommt es auf Grund der Sekundärströmungen zu einem
Übergang zu instationären Strömungsverhältnissen. Da diese durch Inhomogenitäten im
Temperaturfeld zu Inhomogenitäten der Dotierstoffverteilung in den wachsenden
Kristallen führen oder Fehlwachstum verursachen, müssen solche Bedingungen
unbedingt vermieden werden.
Auf Grund der achsensymmetrischen Geometrie der Züchtungskonfiguration wird die
Phasengrenze festflüssig besonders durch die meridionale Strömung beeinflusst. Daher
sollten bei magnetischen Wanderfeldern stärkere Effekte beobachtbar sein als bei
rotierenden Feldern.
2.5.2. Einfluss rotierender Magnetfelder
Als Parameter für die Simulation wurde bei einer Polpaarzahl von 1 eine
Rotationsfrequenz des magnetischen Feldes von 50 Hz gewählt. Abb. 2.5.2 zeigt den
Strömungsverlauf in der Schmelze sowie die Form der Phasengrenze bei einem
Aspektverhältnis (Verhältnis der Höhe des Schmelzzylinders zu deren Durchmesser) von
H/D = 0,5, ohne anliegendes Feld und mit einer magnetischen Induktion von 1,5 mT.
46
Abbildung 2.5.2: numerisch berechnete Strömungsmuster in der rz Ebene einer InP
Schmelze und Form der Phasengrenze aus einer 2D Simulation; links ohne Feld rechts
mit einer magnetischen Induktion von 1,5 mT; angegeben ist neben der maximalen
meridionalen Strömungsgeschwindigkeit vmax auch die maximale
Strömungsgeschwindigkeit in azimutaler Richtung (bei der Einwirkung eines rotierenden
Magnetfeldes).
Die Durchbiegung der schwach konkaven Phasengrenze lässt sich durch den Einsatz
rotierender Magnetfelder, wie in Abb. 2.5.3 gezeigt, nur um ca. 8 % reduzieren. Auch bei
den berechneten von Mises Spannungen ist nur eine maximale Reduzierung um 10 %
möglich.
47
0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
2,0
2,2
2,4
2,6
0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6
0,7
0,8
0,9
1,0
1,1
1,2
1,3
1,4
Konvektion v = 2 mm/h
v = 2 mm/h + RMF v = 4 mm/h v = 4 mm/h + RMFD
urch
bieg
ung
der P
hase
ngre
nze
[mm
]
Aspekt Verhältniss H/D
max
. von
Mis
ess
tress
[MPa
]
Konvektion v = 2 mm/h
v = 2 mm/h + RMF v = 4 mm/h v = 4 mm/h + RMF
Aspekt Verhältniss H/D
Abbildung 2.5.3: Durchbiegung der Phasengrenze (links) und resultierende von Mises
Spannung (rechts) für verschiedene Züchtungsgeschwindigkeiten (2 mm/h und 4 mm/h)
und Aspektverhältnisse unter der Einwirkung eines rotierenden Magnetfeldes
Im Gegensatz zu der Züchtung von 3“ GaAs bei der in einer numerischen Studie [Hai02]
der Einsatz rotierender Magnetfelder eine Verdoppelung der Züchtungsgeschwindigkeit
ermöglicht, ohne dass eine Erhöhung der thermoelastischen Spannungen zu beobachten
wäre, können in der InPZüchtung keine signifikanten Änderungen (> 10%) der kritischen
Parameter (Durchbiegung der Phasengrenze, resultierende von Mises Spannung an der
Phasengrenze) festgestellt werden.
2.5.3. Einfluss wandernder Magnetfelder
Im Rahmen einer Studienarbeit [Obi03] untersuchte G. Obigodi den Einfluss wandernder
Magnetfelder. Wandernde Magnetfelder können in zwei verschiedenen Konfigurationen
betrieben werden, wie in Abb. 2.5.4 gezeigt. In der sogenannten „upward configuration“
zeigt der Vektor der resultierenden Lorentzkraft von der Phasengrenze in Richtung
Schmelze. In der sogenannten „downward configuration“ in die entgegengesetzte
Richtung von der Schmelze zur Phasengrenze.
48
Abbildung 2.5.4: Einfluss der Orientierung der Lorentzkraft auf das Strömungsregime,
Temperaturfeld in der Schmelze und Durchbiegung der Phasengrenze für ein
Aspektverhältnis von 0,5. In der linken Hälfte jeder Zeichnung ist die
Temperaturverteilung in der Schmelze gezeigt, dabei beträgt der Abstand der Iso
Thermen 1 K. In der rechten Hälfte ist die Strömungsfunktion gezeigt.
Die Durchbiegung der konkaven Phasengrenze nimmt, im Fall einer aufwärts gerichteten
Lorentzkraft mit zunehmender magnetischen Induktion zu (siehe Abb. 2.5.5). Da im
selben Maße auch die resultierende von Mises Spannung im Kristall ansteigt, ist diese
Konfiguration nicht geeignet eine Verbesserung der strukturellen Eigenschaften des
Kristalls zu erzielen.
Wirkt eine abwärts gerichtete Lorentzkraft, so nimmt zunächst sowohl die Durchbiegung
der Phasengrenze als auch die maximale Strömungsgeschwindigkeit in der Schmelze ab
(Abb. 2.5.5). Bei weiter steigender magnetischer Induktion bildet sich eine Wförmige
Phasengrenze aus und die maximale Strömungsgeschwindigkeit nimmt wieder zu, wie
aus Abb. 2.5.5 zu entnehmen ist.
49
Abbildung 2.5.5: Einfluss einer abwärts gerichteten Lorentzkraft bei unterschiedlicher
Stärke der magnetischen Induktion auf das Strömungsregime, Durchbiegung und Form
der Phasengrenze, sowie die maximale Strömungsgeschwindigkeit.
Für alle untersuchten Aspektverhältnisse traten ab einer magnetischen Induktion von
8 mT zeitabhängige Strömungen auf und es konnte keine konvergente Lösung berechnet
werden, was als Übergang zu einem instationären Strömungsregime interpretiert werden
kann. Die resultierende von Mises Spannung an der Phasengrenze Kristall/Schmelze fällt
mit steigender magnetischer Induktion (Abb. 2.5.6 und Abb. 2.5.8). Bei einem bestimmten
Wert der magnetischen Induktion kann für alle untersuchten Aspektverhältnisse eine
einheitliche Verteilung der von Mises Spannung an der Phasengrenze beobachtet
werden (Abb. 2.5.6).
50
Abbildung 2.5.6: Verteilung der von Mises Spannung im Kristall für unterschiedliche
Werte der magnetischen Induktion bei einem Aspektverhältnis von 0,5.
Somit ergeben sich für den Einsatz wandernder Magnetfelder mit einer abwärts
gerichteten Lorentzkraft zwei mögliche Optimierungsziele für den untersuchten VGF
Prozess:
• Optimierung auf eine möglichst geringe Durchbiegung der Phasengrenze
• Optimierung auf eine Minimierung der auftretenden von Mises Spannung an
der Phasengrenze
Wird die Minimierung der Durchbiegung der Phasengrenze als Optimierungskriterium
gewählt, so kann bei geeigneter Wahl der magnetischen Induktion eine Reduzierung der
Durchbiegung zwischen 63 % und 93,5% (von 2,01 mm auf 0,75 mm bzw. von 1,96 mm
auf 0,17 mm) erreicht werden. An der schwach konkaven Phasengrenze wird in diesem
Fall eine Minimierung der resultierenden von Mises Spannung zwischen 46 % und 53 %
(von 0,72 MPa auf 0,46 MPa bzw. von 1,17 MPa auf 0,56 MPa) beobachtet. Zwar kann
mit einer weiteren Erhöhung der magnetischen Induktion eine weitere Reduzierung
erreicht werden (Abb. 2.5.8) doch ist dann das Auftreten einer wförmigen Phasengrenze,
wie in Abb. 2.5.5, zu beobachten. Da diese Form der Phasengrenze das Fehlwachstum
stark begünstigt werden die Ergebnisse nicht im Detail diskutiert.
51
2.5.4. Vergleich zum Einfluss rotierender und wandernder Magnetfelder auf dieZüchtung von InP nach dem VGFVerfahren
Vergleicht man die Auswirkungen der zwei verschiedenen Konfigurationen des
magnetischen Feldes, so lassen sich folgende Schlüsse ziehen.
Im Falle rotierender Magnetfelder steigt die kritische magnetische Taylorzahl Tamagkrit mit
abnehmendem Aspektverhältnis (Abb. 2.5.7). So steigt die Stärke der magnetischen
Induktion von 0,1 mT auf 1,5 mT an. Dadurch ist die magnetische Induktion und somit
auch die Kraft, welche zur Beeinflussung der konvektiven Vorgänge in die Schmelze
eingekoppelt werden kann, besonders im Anfangsstadium des Züchtungsprozesses sehr
gering.
Für wandernde Magnetfelder hingegen bleibt die kritische magnetische Taylorzahl
Tamagkrit für alle untersuchten Aspektverhältnisse annährend konstant (Abb. 2.5.7) und die
Stärke der magnetischen Induktion beträgt 8 mT.
0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6
104
105
106
107
Tamag.
crit. RMF Ta
mag.crit. TMF
Tam
agcr
it
Aspektverhältnis H/D
Abbildung 2.5.7: Kritische magnetische Taylorzahl für wandernde (TMF) und rotierende
(RMF) Magnetfelder.
Wie die Betrachtung der Auswirkungen der beiden Feldkonfigurationen auf die Form der
Phasengrenze und der resultierenden von Mises Spannung an der Phasengrenze zeigt
52
(Abb. 2.5.8), scheint nur der Einsatz wandernder Magnetfelder einen signifikanten
Einfluss auf diese Parameter zu haben.
0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6
0,5
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
ohne Feld RMF TMF opt. auf
Durchbiegung TMF opt. auf
von Mises Spannung
norm
ierte
von
Mis
es S
pann
ung
Aspektverhältniss H/D
nor
mie
rte D
urch
bieg
ung
ohne Feld RMF TMF opt auf
Durchbiegung TMF opt. auf
von Mises Spannung
Aspektverhältniss H/D
Abbildung 2.5.8: Durchbiegung der Phasengrenze (rechts) und resultierende von Mises
Spannung an der Phasengrenze (links); normiert auf Werte ohne Feld.
Jedoch bleibt festzustellen, dass weder die rotierenden noch die wandernden
Magnetfelder die Aufbiegung der Phasengrenze direkt an der Tiegelwandung
beeinflussen können, da diese durch die thermischen Eigenschaften des Tiegelmaterials
(pyrolytisches Bornitrit) verursacht wird und unabhängig von den konvektiven Vorgängen
in der Schmelze ist.
2.6 Diskussion
Wie in Abschnitt 2.2 gezeigt werden konnte ist eine globale Beschreibung der
verwendeten Züchtungsanlage mit der zum Zeitpunkt dieser Arbeit zu Verfügung
stehenden Version von CrysVUn nicht möglich. Zwar konnte das Auftreten von negativen
Temperaturen in der Züchtungsanlage durch die Einführung von Korrekturfaktoren für die
Wärmeleitfähigkeit des Inertgases in den kritischen Bereichen (Abb. 2.2.1 und Abb. 2.2.6)
eliminiert werden, doch scheint dieser Lösungsansatz unbefriedigend, da die
Korrekturfaktoren empirisch ermittelt werden müssen und dennoch keine realistische
Beschreibung der Leistungsaufnahme der Heizzonen ermöglichen. Ob eine realistische
53
globale Beschreibung des Temperaturfeldes und der Leistungsaufnahme der einzelnen
Heizzonen der Züchtungsanlage unter Berücksichtigung von turbulenter Gaskonvektion
möglich ist müssen weitere Simulationen mit dem weiterentwickeltem Programmpaket
CrysMAS zeigen. Allerdings kann auch bei Berücksichtigung der turbulenten
Gaskonvektion die makroskopisch ausgebildete Gasströmung in dem
Faserisolationsmaterial sowie dessen Alterung nicht erfasst werden.
Wie in Abschnitt 2.4 gezeigt ist trotz der Mängel bei der globalen Beschreibung der
Züchtungsanlage bei Verwendung von herkömmlichen Tiegeln mit Keimkanal eine
qualitative Beschreibung des lokalen Temperaturfeldes im Bereich des Tiegels
(Abb. 2.4.1) möglich. Mittels Durchführung von Dotierstoffstreifenexperimenten konnte
gezeigt werden, dass über den gesamten Züchtungsverlauf eine lokale Beschreibung der
thermischen Verhältnisse bezüglich der Position und Form der Phasengrenze möglich ist.
So zeigt die experimentell gefundene mittlere Wachstumsgeschwindigkeit eine
Abweichung von der in der Simulation vorgegebenen Wachstumsgeschwindigkeit von
∆ < 10%. Allerdings ist festzustellen, dass signifikante Differenzen zwischen den
Ergebnissen der Simulation und den experimentellen Befunden in den Bereichen
(Übergang vom Keimkanal in den Konus und der eigentliche Konusbereich) auftreten, die
im Hinblick auf die Zwillingsbildung als besonders kritisch anzusehen sind. So zeigt sich,
dass die Wachstumsgeschwindigkeit in dem konischen Bereich des Tiegels auf fast
3,4 mm/h (Abb. 2.4.4) anwächst. Neben der Position der Phasengrenze zeigt auch die
Form der Phasengrenze deutliche Abweichungen von den Vorhersagen der Simulation.
So wechselt die Form der Phasengrenze (Abb. 2.4.5) im Übergangsbereich vom
Keimkanal zum Konus von konkav zu konvex; anschließend wechselt die Form der
Phasengrenze im eigentlichen Konusbereich zu stark konkav. Beide Effekte konnten in
der numerischen Modellierung nicht reproduziert werden. Daher war es nicht möglich im
Rahmen der thermischen Prozessführung gezielte Gegenmaßnahmen zu treffen.
Im Rahmen der in Abschnitt 2.5 vorgestellten numerischen Studie zum Einfluss
zeitabhängiger Magnetfelder konnte gezeigt werden, dass sich durch den Einsatz von
rotierenden magnetischen Feldern bei der Züchtung von InP keine signifikanten
Verbesserungen bezüglich der Form der Phasengrenze und der an der Phasengrenze
auftretenden von Mises Spannungen erreichen lassen (Abb. 2.5.3). Dass die in einer
früheren numerischen Studie [Hai02] beobachtete Reduzierung der von Mises Spannung
an der Phasengrenze bei der Züchtung von 3“ GaAs mit erhöhter
Züchtungsgeschwindigkeit nicht beobachtet werden konnte, ist vermutlich auf die
geringere latente Wärme ∆H bei der Kristallisation von InP zurückzuführen
(∆HInP = 686 J/g, ∆HGaAs = 726 J/g), die für eine zusätzliche Wärmeentwicklung an der
Phasengrenze verantwortlich ist. Als weiterer Punkt muss festgestellt werden, dass
besonders bei hohen Aspektverhältnissen (in der Anfangsphase des
54
Züchtungsprozesses) bereits bei geringer magnetischer Induktion der Übergang zu
instationären Strömungsverhältnissen beobachtet wird (Abb. 2.5.7), die zu
Inhomogenitäten führen und das Risiko von Fehlwachstum erhöhen. Aus diesen Gründen
wurde auf die Realisierung eines rotierenden Magnetfeldes an der bestehenden
Züchtungsanlage verzichtet. Der Einfluss von wandernden magnetischen Feldern auf die
Form der Phasengrenze und den daraus resultierenden von Mises Spannungen hängt
stark von der Orientierung des Vektors der erzeugten Lorentzkraft ab. Nur bei einer
abwärts gerichteten Orientierung des Vektors können signifikante Verbesserungen erzielt
werden (Abb. 2.5.5). Zwar kann mit einer weiteren Erhöhung der magnetischen Induktion
eine weitere Reduzierung der von Mises Spannung an der Phasengrenze erzielt werden,
doch bildet sich dann eine wförmige Phasengrenze aus (Abb. 2.5.5), die das Risiko von
Fehlwachstum während des Züchtungsexperiments erhöht. Vermeidet man die
Ausbildung einer wförmigen Phasengrenze lassen sich dennoch signifikante
Verbesserungen bezüglich der von Mises Spannung an der Phasengrenze und deren
Durchbiegung erzielen. So reduziert sich die Durchbiegung der Phasengrenze je nach
Aspektverhältniss um Werte zwischen 63 % und 93,5%. Für die resultierende von Mises
Spannung an der Phasengrenze kann eine Reduzierung zwischen 46 % und 53 %
beobachtet werden (Abb. 2.5.6 Mitte und Abb. 2.5.8). Im Gegensatz zu rotierenden
magnetischen Feldern zeigte sich, dass bei wandernden magnetischen Feldern die
Stärke der magnetischen Induktion, welche zum Übergang zu unerwünschten
instationären Strömungsverhältnissen führt, unabhängig von dem Aspektverhältnis ist
(Abb. 2.5.7). Demnach zeigen magnetische Wanderfelder ein sehr großes Potenzial bei
der Verbesserung der Qualität von InPKristallen, die nach dem VGFVerfahren
gezüchtet werden.
55
3. Anlagenkonzept und Durchführung der Züchtungsprozesse
In diesem Kapitel sollen zunächst einige charakteristische thermische Eigenschaften der
Züchtungsanlage beschrieben werden. Weiterhin werden die durchgeführten
Modifikationen der Kernzone sowie Maßnahmen zur Reduzierung des freien
Gasvolumens vorgestellt.
In einem weiteren Unterkapitel soll gezeigt werden, wie die Durchführung der
Züchtungsexperimente vonstatten ging. Neben der Präparation der Ausgangsstoffe und
der Realisierung der thermischen Prozessführung wird auch eine Übersicht über die
Variation der Züchtungsparameter vorgestellt.
3.1 Beschreibung charakteristischer Eigenschaften der Züchtungsanlage unddurchgeführter Modifikationen
Die Züchtungsexperimente wurden in der in Abschnitt 2.1 beschriebenen
Hochdruckanlage mit neun unabhängig regelbaren Heizzonen durchgeführt. Eine
detaillierte Beschreibung dieser Züchtungsanlage findet sich bei [Sah04, Sah01]. In
diesem Kapitel soll daher nur kurz auf die thermischen Eigenschaften des
Züchtungsaufbaues sowie die durchgeführten baulichen Modifikationen eingegangen
werden. Ein Ziel der baulichen Veränderungen war es, durch die Reduktion der
Gaskonvektion, in der Züchtungsanlage eine höhere thermische Stabilität zu erreichen.
Da die thermische Stabilität einen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis der
Kristallzüchtungsexperimente hat, sollen im Folgenden einige charakteristische
thermische Eigenschaften dieses Anlagentyps anhand der Prozessdaten des
Züchtungsexperiments InPFe20 beschrieben werden:
Die einzelnen Heizzonen reagieren auf Änderungen der Solltemperatur an den
Kontrollthermoelementen durch das eingegebene Temperaturprogramm mit einer
gewissen Trägheit. Auch die Temperaturschwankungen, die durch turbulente
Gaskonvektion verursacht werden, können nur mit einer gewissen Verzögerung
ausgeglichen werden. Daher kommt es während des gesamten Züchtungsprozess zu
einer Temperaturdifferenz zwischen den realen und den vorgegebenen Werten an den
Kontrollthermoelementen. In Abb. 3.1.1 ist diese Abweichung während des
Abkühlprozesses für das Kontrollthermoelement TC4, das auf Höhe des Tiegels
positioniert ist, über die Prozesszeit aufgetragen.
56
39:43:14 48:03:16 56:23:17 64:43:18 73:03:20
0,4
0,2
0,0
0,2
0,4 Differenz an Thermoelement4Te
mpe
ratu
rabw
eich
ung
∆Tvo
n So
llwer
t [K]
Prozesszeit [h:min:sec]
Abbildung 3.1.1: Abweichung der realen Temperatur an Kontrollthermoelement TC4 von
der Solltemperatur während des Züchtungsexperiments InPFe20, aufgetragen über der
gesamten Prozesszeit.
Daraus ergibt sich eine mittlere Temperaturabweichung von ± 0,07 K, bei einer
maximalen Temperaturabweichung von ± 0,4 K. Dieses Verhalten ist an allen neun
Kontrollthermoelementen der einzelnen Heizzonen zu beobachten. Allerdings konnten
auch während eines Ausheizprozesses, der unter Vakuum durchgeführt wurde,
Temperaturdifferenzen von bis zu 0,2 K festgestellt werden.
Da das Einbringen eines Thermoelements direkt in die Schmelze auf Grund der
Geometrie der Züchtungsanlage sowie des hohen Druckes während eines
Züchtungsexperiments technisch nicht zu realisieren war, war eine direkte Messung der
Temperaturfluktuationen in der Schmelze nicht möglich. Doch können auftretende
Temperaturfluktuationen im Suszeptormaterial im Bereich des Tiegels mithilfe der
Keimthermoelemente TCA und TCB beobachtet werden. In Abb. 3.1.2 ist der
Temperaturverlauf an Keimthermoelement TCB in dem Zeitraum von 1517 h nach
Beginn des Abkühlprozesses gezeigt.
57
47:00:45 47:38:15 48:15:46 48:53:15
1035
1036
1037
1038
1039
1040
1041
1042
1043
TC B Fit linear
Tem
pera
tur a
n Ke
imth
erm
oele
men
tTC
B [°
C]
Prozesszeit [h:min:sec]
Abbildung 3.1.2: Temperaturverlauf an Keimthermoelement TCB, aufgetragen über der
Prozesszeit
Bei der Durchführung einer linearen Regression für diesen Datensatz und der
Berechnung der Abweichung von einer linearen Abkühlrampe, wie in Abb. 3.1.3 gezeigt,
lassen sich Aussagen über die Temperaturfluktuationen treffen. So werden
Temperaturfluktuationen mit einer Periodendauer von ca. 1 h und einer Amplitude von ca.
± 0,3°C beobachtet.
58
47:00:45 47:38:15 48:15:46 48:53:15
0,3
0,2
0,1
0,0
0,1
0,2
0,3ca. 1 h
Abw
eich
ung
von
linea
rer
Abkü
hlra
mpe
[°C
]
Prozesszeit [h:min:sec]
Abbildung 3.1.3: Abweichungen der gemessenen Temperatur an Keimthermoelement
TCB von einer linearen Abkühlrampe in dem Zeitraum von 1517 h nach Beginn des
Abkühlprozesses
Wendet man das oben beschriebene Verfahren für den Bereich eines annährend linearen
Temperaturverlaufes in Abb. 3.1.3 an, lassen sich oszillierende Temperaturfluktuationen
mit einer Amplitude von ca. ± 0,1°C beobachten.
Die langperiodischen Abweichungen des Temperaturverlaufes können mit
Druckschwankungen im verwendeten Kühlwasserkreislauf in Verbindung gebracht
werden und wurden auch an der ebenfalls aufgenommenen Temperatur der
Autoklavenwandung registriert.
Nachdem die wichtigsten thermischen Eigenschaften der Züchtungsanlage skizziert
wurden sollen im folgenden die baulichen Veränderungen des Züchtungsaufbaus, die im
Rahmen dieser Arbeit erfolgten, kurz erläutert werden. Dabei wird die Zielsetzung der
jeweiligen Maßnahme im Text aufgezeigt.
) Maßnahmen zur Verringerung der Gaskonvektion
Als eine der wichtigsten Ursachen für das Auftreten von Fehlwachstum während der
Kristallzüchtung in Hochdruckprozessen sind Temperaturfluktuationen anzusehen, die
durch turbulente Gaskonvektion verursacht werden. Daher ist die Minimierung von
turbulenter Gaskonvektion bzw. Abschirmung des Kernzonenmoduls von den daraus
59
resultierenden Temperaturfluktuationen bei der Züchtung von InP von entscheidender
Bedeutung.
a) b)
Abbildung 3.1.4: Schematischer Längsschnitt des oberen Bereichs der VGFAnlage; a)
vor den baulichen Veränderungen; b) mit Einbauten zur Verringerung der Gaskonvektion,
markiert durch Pfeile.
Um das vorhandene Gasvolumen der Anlage zu verringern, wurde die Heizkassette mit
einem zusätzlichen Deckel aus dem Isolationsmaterial Fibrothal versehen. Diese wurde
passgenau an die Form des Autoklaven angefertigt und füllt somit den gesamten Raum
oberhalb der Heizkassette aus wie in Abb. 3.1.4 b gezeigt. Eine weitere Verringerung des
freien Volumens in der Anlage ließ sich auf Grund des hier realisierten „toploading“
Konzepts nicht erreichen.
Um eine effektivere Abschirmung des Kernzonenmoduls von Temperaturfluktuationen,
die durch turbulente Gaskonvektion verursacht werden, zu erreichen, wurde das offene
Keramikrohr, das die Quarzglasampulle umschließt, durch ein halboffenes
Pythagorasrohr ersetzt (unterer Pfeil in Abb. 3.1.4 b).
) Variation der Tiegelgeometrie
Ausgehend von den Überlegungen zur Vermeidung der Zwillingsbildung, die einen
eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Öffnungswinkel des Tiegels und der Neigung
60
zur Zwillingsbildung nahe legen, wie in Abschnitt 5.1 ausführlich diskutiert, erfolgten
Züchtungsexperimente in Tiegeln mit einem Öffnungswinkel von 160° bzw. 120°.
) Variation der Suszeptormaterialien:
Auf Grund des direkten Zusammenhangs zwischen dem axialen Temperaturgradienten
und der Ausbildung der Facettenflächen, sowie der engen Verknüpfung von
Facettenflächen und Zwillingsbildung wie sie in Abschnitt 5.1 diskutiert wird, wurde
versucht, den axialen Temperaturgradienten über einen weiten Bereich zu variieren.
Die Umstellung des Züchtungsverfahrens von Tiegeln mit flachem Boden auf die
Verwendung von Tiegeln mit Konus erfordert bei der mechanischen Bearbeitung auf
Grund der komplexeren Geometrie des Tiegels eine Zweiteilung des Suszeptormaterials
in „Becher“ und „Zylinder“ für den Bereich des Tiegels, wie sie in Abb. 3.1.5 a gezeigt ist.
a) b)
Abbildung 3.1.5: Schematischer Aufbau der Suszeptormaterialien im Bereich des
Tiegels, a) „herkömmlicher“ Aufbau mit einheitlichem Suszeptormaterial, b) modularer
Aufbau für „Doppelkonus“.
Dabei wurde besondere Aufmerksamkeit auf die Passgenauigkeit des Bechers in dem
Bereich des Öffnungswinkel des Tiegels gelegt. Um eine Variation des axialen
Temperaturgradienten in einem möglichst großen Rahmen zu realisieren, wurde neben
dem Einsatz von IsoGraphiten mit verschiedenen Wärmeleitfähigkeiten auch ein
61
sogenannter Doppelkonus in modularer Bauweise entwickelt. Dabei wird innerhalb des
Bechers ein Konus (siehe Abb. 3.1.5) aus einem Material mit verringerter
Wärmeleitfähigkeit eingebracht. Daraus resultiert ein sogenannter „Doppelkonus“. Der
Vorteil einer modularen Bauweise des Doppelkonus liegt in einer erhöhten Flexibilität bei
der Variation der axialen Temperaturgradienten in den Bereichen des Keimkanals und
des Konus. Bei der Entwicklung des Doppelkonus fanden auch CBCF (Carbon Bound
Carbon Fibre) Materialien der Firma Calcarb Ltd. mit einer geringen Wärmeleitfähigkeit
Verwendung. Tab. 3.1 gibt einen Überblick über die thermischen Leitfähigkeiten der
eingesetzten Suszeptormaterialien und ihrer Verwendung in dem Kernzonenmodul.
Bezeichnung Thermische Leitfähigkeit
bei 1000°C nach
Herstellerangaben
Verwendung
EK906 38 W/(Km) Becher, Konus, Stütze
Zylinder
EK93 26 W/(Km) Becher, Zylinder, Konus
(Doppelkonus 1),
CV100 16 W/(Km) Becher
CV70 10 W/(Km) Konus (Doppelkonus 2)
Tabelle 3.1: Übersicht über Eigenschaften und Verwendung der eingesetzten
Suszeptormaterialen.
Allerdings zeigte sich bei der Auswertung der Ergebnisse der Züchtungsexperimente, die
mit dem in Abb. 3.1.5 b skizzierten Modulaufbau durchgeführt wurden, eine verstärkte
Tendenz zur Zwillingsbildung im Keimkanal. Dies wurde auf ein verstärktes Auftreten von
Temperaturfluktuationen zurückgeführt, die einerseits durch schlechtere Passgenauigkeit
der aus CBCFMaterialen bestehenden Bauteile verursacht wurde und die andererseits
durch Gaskonvektion bedingt sind, die durch zusätzlichen Fugen zwischen den einzelnen
Bauteilen möglich ist.
62
3.2 Durchführung der Züchtungsexperimente
Neben der thermischen Prozessführung stellt auch die Reinheit der verwendeten
Materialien in der Kernzone einer Züchtungsanlage eine wichtige Vorrausetzung für die
Herstellung von hochwertigem einkristallinem Material dar [Alt96]. Daher soll im
Folgenden die Präparation der Einsatzstoffe, die in der Kernzone verwendet wurden, kurz
beschrieben werden.
Präparation der Einsatzstoffe
) Tiegel aus pyrolytischem Bornitrid (pBN): nach einer 24stündigen Reinigung in
Königswasser (HCl : HNO3 = 3 : 1) werden die Tiegel mindestens 48 Stunden in
Reinstwasser unter mehrmaligem Austausch der Flüssigkeit aufbewahrt um alle
Säurereste zu entfernen. Anschließend erfolgt eine Oxidation des Tiegelinneren bei ca.
1100°C. Eine detaillierte Beschreibung findet sich in [Amo98a, Bir03, Sah04]. Die
Standzeit der Tiegel beträgt auf Grund der unvermeidlichen Delaminierung der pBN
Schichten bei der Entnahme des Kristalls maximal ca. 10 Züchtungen.
) B2O3: Zur Einkapselung der Schmelze und des erstarrten Materials wurden B2O3
Tabletten der Firma RASA Industries Ltd. unterschiedlicher Größe mit einem
Wassergehalt von 253 ppm verwendet.
) Die verwendeten Einbauten aus Quarzglas (Kapillaren für Keimthermoelemente,
Ampulle für die Kernzone) wurden mit einer Glasätze einer Zusammensetzung HF:HNO3
geätzt und anschließend mit Reinstwasser gereinigt.
) Dotierstoffe: Als Dotierstoffe kamen In2S3 Pulver und Drähte aus Fe mit einer Reinheit
von mindestens 99,999 % zum Einsatz.
) vorgereinigtes (prepulled) polykristallines InP: Als polykristallines Ausgangsmaterial
kamen InP Zylinder des Hebei Semiconductor Research Institutes mit einer
Ladungsträgerkonzentration von [nD] = 5×1015 cm3 zum Einsatz. Um eventuell
anhaftende organische Verunreinigungen zu entfernen, erfolgte zunächst ein
Reinigungsschritt in Mucasol@Lösung sowie ein anschließendes Abätzen der
Oberfläche in einer 2 %igen Lösung von Br2 in CH3OH.
) Für die Züchtung von InP in Tiegeln mit einem flachen Boden wurden folgende Typen
von Keimkristallen mit einem Durchmesser von 2“ verwendet, die nach dem LEC
Verfahren hergestellt wurden:
• Undotierte Kristalle des Hebei Semiconductor Research Institutes mit einer
Ladungsträgerkonzentration [nD] = 5×1015 cm3 und einer mittleren
EPD < 120 000 cm2
• Sdotierte Kristalle der Firma Wafer Technologies Ltd. mit einer
Dotierstoffkonzentration c[nD] = 8⋅1018 cm3 und einer mittleren EPD < 1000 cm2
63
• Fedotierte semiisolierende Kristalle der Firma Wafer Technologies Ltd. mit einem
spezifischen Widerstand ρ > 107 Ωcm und einer mittleren EPD < 30 000 cm2.
Des weiteren kam ein Sdotierter (c[nD] = 8×1018 cm3) Keimkristall zum Einsatz, der in
einem Vorgängerprojekt am Erlanger Kristallabor mit Hilfe des VGFVerfahrens
hergestellt wurde.
Alle Keimkristalle wurden zuerst mit Hilfe einer Präzisionsschleifmaschine in die
gewünschte leicht konische Form gebracht, mit Schleifpapier poliert und abschließend
mit Mucasol@Lösung sowie durch Abätzen der Oberfläche in einer 2 %igen Lösung von
Br2 in CH3OH gereinigt.
) Für die Züchtung von InP in Tiegeln mit Konusbereich wurden folgende Typen von
Keimkristallen mit einem Durchmesser von ca. 9 mm verwendet:
• Undotierte Kristalle aus dem LECVerfahren des Hebei Semiconductor Research
Institutes mit einer Ladungsträgerkonzentration [nD] = 5×1015 cm3 einer mittleren
EPD < 120 000 cm2.
• Sdotierte Kristalle, die im Rahmen dieser Arbeit nach dem VGFVerfahren unter
Verwendung von Tiegeln mit flachem Boden gewonnen wurden. (siehe
Abschnitt 4.3)
Die Anpassung der Keimkristalle erfolgte in einem ersten Schritt durch Schleifen der
Keime auf einen Durchmesser von ca. 8,4 mm. Ein weiterer Materialabtrag wurde durch
Ätzen der Keimkristalle in einer 5 %igen Lösung von Br2 in CH3OH realisiert, bis der
Kristalldurchmesser einen Durchmesser von ca. 8,2 mm betrug. Dabei wurde der
Keimkristall ständig in der Ätzlösung bewegt, um einen möglichst gleichmäßigen Abtrag
zu gewährleisten.
Thermische Prozessführung
Der Einbau der Komponenten der Kernzone in die Züchtungsanlage sowie die prinzipielle
Durchführung der Züchtung ist im Detail in [Sah04] beschrieben und soll daher im
Folgenden nur kurz umrissen werden.
Nach einem ersten Aufheizschritt während der Evakuierung der Anlage wird die
Ofenanlage, bei einer Temperatur von 100°C an allen Kontrollthermoelementen zunächst
mit N2 befüllt, bis ein Druck von 33 bar erreicht ist. Anschließend erfolgt ein
Temperaturschritt mit einer Aufheizrate von 500°C/h, um eine rasche und vollständige
Einkapselung des InP mit B2O3 zu gewährleisten. Dabei steigt der Gasdruck auf ca.
37 bar. Die weitere Temperaturerhöhung wird nun mit geringeren Heizraten durchgeführt,
bis an den oberen Heizzonen eine Temperatur von ca. 1120°C erreicht ist. Bei diesem
Temperaturprofil schließt sich eine so genannte Homogenisierungsphase an, bei der die
Temperatur für 1214 h konstant gehalten wird, um eine Homogenisierung der Schmelze
zu gewährleisten [Sch94]. Danach erfolgt eine weitere Temperaturerhöhung in kleinen
64
Schritten bis die gewünschte Ankeimtemperatur (siehe unten) erreicht ist. Ist dies der
Fall, wird der eigentliche Züchtungsprozess begonnen.
Die Übertragung der in der numerischen Simulation gefundenen thermischen
Prozessführung auf die in diesem Projekt verwendete Züchtungsanlage birgt wegen der
turbulenten Gaskonvektion bei hohen Drücken einige Probleme, wie in Abschnitt 2.2
dargestellt.
Auf Grund des in der Züchtungsanlage realisierten „toploading“ Prinzips (Beschickung
der Züchtungsanlage von oben) ergab sich folgende Schwierigkeit:
Um die turbulente Gaskonvektion in dem Bereich zwischen Pythagorasrohr und
Heizwendeln zu minimieren, wurde bei jedem Züchtungsexperiment versucht den
obersten Bereich zwischen Pythagorasrohr und Heizkassette mit Bändern aus
Fibrothalmatten möglichst vollständig zu verschließen. Da eine reproduzierbare
Abdichtung nach dieser Methode nicht zu gewährleisten ist, variiert die
Strömungsgeschwindigkeit des Gases von Experiment zu Experiment in einem weiten
Bereich. Daher ist es notwendig einen thermischen Bezugspunkt zu wählen, der
gesicherte Aussagen über die thermischen Verhältnisse im Bereich des Tiegels
ermöglicht. Als am besten geeignet erscheint dazu das Thermoelement in der Nähe des
Keimkristalls, mit dem auch der Ankeimprozess kontrolliert wird. Wie aus den
Erfahrungswerten des Vorgängerprojektes [Sah02] bekannt, kann eine gute
Übereinstimmung der Ankeimposition in der numerischen Simulation und den
Züchtungsexperimenten (siehe auch Abschnitt 2.4) erzielt werden, wenn von der
Temperatur des Keimthermoelementes in der numerischen Simulation ca. 15 K
abgezogen werden. Damit ist ein thermischer Bezugspunkt gegeben, nach dem die
Temperaturen der Regelthermoelemente der einzelnen Heizzonen ausgerichtet werden
können, ohne das numerisch ermittelte Temperaturprofil zu verändern. Dies sei
exemplarisch am Beispiel des Züchtungsexperiments InPFe13 verdeutlicht:
• Numerisch berechnete Temperatur für Ankeimposition TAK(num) = 1354 K;
⇒ TAK(real) = TAK(num) – 15 K = 1339 K
• Um die gewünschte Ankeimtemperatur zu erreichen, müssen alle numerisch
berechneten Temperaturen an den Kontrollthermoelementen der einzelnen
Heizzonen THZ(num) um einen Korrekturfaktor fK, der von Experiment zu
Experiment variiert, verändert werden. Damit ist das reale Temperaturfeld an
den Kontrollthermoelementen THZ(real) gegeben mit dem dann der
Züchtungsprozess begonnen wird (Tab. 3.2):
Welch starken Einfluss das Verschließen es Spaltes zwischen Pythagorasrohr und
Heizwendeln hat, zeigt sich in der Variation des Korrekturfaktors von –19 K bis +12 K.
65
Heizzone THZ(num)[K]
fK THZ(real)[K]
1 1420 14322 1420 14323 1420 14324 1420 14325 1360 13726 1265 12777 1068 10808 798 8109 498
+ 12
510
Tabelle 3.2: Berechnung des realen Temperaturfeldes an den Regelthermoelementen
der einzelnen Heizzonen zu Beginn des Züchtungsexperiments InPFe13.
Im Rahmen dieser Arbeit sollte der Einfluss einer Vielzahl von Parametern auf das
Ergebnis der Kristallzüchtung von InP mit dem VGFVerfahren untersucht werden. Daher
sei hier eine knappe Übersicht über die durchgeführten Züchtungsexperimente sowie die
durchgeführten Parametervariationen gegeben.
Durchgeführte Züchtungsprozesse
In Tab. 3.3 sind die durchgeführten Züchtungsprozesse und die daran durchgeführten
Parametervariationen aufgeführt.
Typ Tiegel ParametervariationZiel des Experiments
Einwaage
1 Flacher Boden Keimqualität Keimgewinnung 1 kg
2mit Keimkanal und
KonusbereichTiegelgeometrie
KeimqualitätDotierstoff
1 kg
3mit Keimkanal und
Konusbereich
TiegelgeometrieDotierstoff
TemperaturgradientAnkeimposition
Wachstumsgeschwindigkeit
0,5 kg
Tabelle 3.3: Tabellarische Übersicht über die in dieser Arbeit durchgeführten
Prozessvariationen.
) Typ 1
Bei dieser Prozessführung (Typ1 in Abschnitt 2.3) kamen Keimkristalle unterschiedlicher
Dotierung (undotiert, Sdotiert und Fedotiert) zum Einsatz. Da sich diese Keimkristalle
auch in ihrer Qualität (Versetzungsdichte) deutlich unterschieden, konnten auch
Aussagen über den Einfluss der Qualität der Keimkristalle auf das Züchtungsergebnis
66
getroffen werden, wie in Abschnitt 5.2 ausgeführt. So wurden zwei Prozesse mit
undotierten Keimkristallen mit einer mittleren Versetzungsdichte EPD > 60 000 cm2 und
einer Fedotierten Ausgangsschmelze, sowie zwei Prozesse mit einem Fedotierten
Keimkristall (mittlere EPD < 30 000 cm2) und einer Fedotierten Ausgangsschmelze
durchgeführt.
Des weiteren wurde diese Prozessführung auch zur Gewinnung von Keimkristallen für
den Einsatz in Züchtungsexperimenten mit herkömmlichen Tiegeln verwendet. Dabei
erfolgten die Züchtungen mit Sdotierten Keimen mit geringer Versetzungsdichte
(EPD < 1000 cm2) und undotiertem polykristallinen Material. Die
Charakterisierungsergebnisse dieser Keimzüchtungen werden in Abschnitt 4.3
vorgestellt.
In allen Züchtungsexperimenten dieses Prozesstyps wurde eine
Wachstumsgeschwindigkeit von 2 mm/h vorgegeben.
) Typ 2
Auch bei dieser Prozessführung (Typ2a bzw. Typ2b in Abschnitt 2.3) kamen Keimkristalle
unterschiedlicher Dotierung (undotiert und Sdotiert) und stark unterschiedlichen
Versetzungsdichten (200 000 cm2 < mittlere EPD < 6 000 cm2) zum Einsatz.
Des weiteren wurde sowohl Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 160° als auch Tiegel
mit einem Öffnungswinkel von 120° verwendet um den Einfluss der Tiegelgeometrie auf
das Fehlwachstum zu untersuchen.
Als Dotierstoffe wurden FeDraht und In2S3Pulver eingesetzt. Ein Experiment (InPFe09)
mit GaAsCodotierung zu Fe wurde durchgeführt um den Einfluss gitterhärtender
Dotierstoffe zu untersuchen.
Zur Verifizierung der Vorhersagen der numerischen Modellierung wurde für diese
Prozessführung ein Dotierstoffstreifenexperiment (InPFe11) durchgeführt, dessen
Ergebnisse in Abschnitt 2.4.2 ausführlich dargestellt sind.
) Typ 3
Bei dieser Prozessführung (Typ3 in Abschnitt 2.3) kamen nur schwach Sdotierte
([nD]max = 1,4×1018 cm3) Keimkristalle aus eigener Herstellung mit einer mittleren
EPD < 6 000 cm2 zum Einsatz.
Die verwendeten Tiegel hatten einen Öffnungswinkel von 160° bzw. 120° (Typ3a bzw
Typ3b in Abschnitt 2.3).
Es wurden zwei Züchtungen mit undotierter Ausgangsschmelze durchgeführt. In allen
andern Züchtungsexperimenten wurden FeDraht oder In2S3Pulver als Dotierstoff
eingesetzt.
Neben der in Abschnitt 3.1 beschriebenen Variation der Suszeptormaterialien (Typ3a1,
Typ3a2, Typ3a3 in Abschnitt 2.3). wurde in zwei Züchtungsexperimenten auch der
67
Einfluss des thermischen Kontaktes zwischen Tiegel und Suszeptormaterial überprüft.
Dabei wurde in einem Fall (InPFe26), um einen vollständigen Kontakt zwischen Tiegel
und Suszeptor zu gewährleisten, zwischen Tiegel und Suszeptor eine dünne Lage
Graphitfilz bzw. Graphitfolie eingebracht. Im anderen Fall (InPFe29) wurde, um die
vollständige Berührungsfreiheit zwischen Tiegel und Suszeptor zu gewährleisten, im
oberen Bereich des Tiegels Graphitfolie zwischen Tiegel und Suszeptor eingebracht, wie
in Abb. 3.2.1 schematisch gezeigt.
Abbildung 3.2.1: Schematische Darstellung für die Entkoppelung der Wärmeleitung
zwischen Suszeptormaterial und Tiegel durch das Einbringen von Graphitfolie im oberen
Bereich des Tiegels in Züchtungsexperiment InPFe29 (Luftspalt nicht maßstabsgetreu).
Da es sich, bedingt durch Schwankungen der Maßgenauigkeit in der Produktion seitens
des Herstellers, um einen Tiegel mit geringerem Durchmesser handelte, sollte damit über
den gesamten Bereich des Tiegels ein schmaler Spalt zwischen Tiegel und Suszeptor
vorhanden gewesen sein.
In zwei Züchtungsexperimenten (InPFe22/23) wurde die numerisch berechnete
Wachstumsgeschwindigkeit von 2 mm/h auf 1 mm/h abgesenkt. Bei einem dieser
Züchtungsexperimente (InPFe22) wurden Dotierstoffstreifen in den Kristall eingebracht,
um den Einfluss der Wachstumsgeschwindigkeit auf die Position und Form der
Phasengrenze zu verifizieren.
68
Eine detaillierte Auflistung aller durchgeführten Züchtungsexperimente findet sich in
Anhang A2.
69
4. Charakterisierung der gezüchteten Kristalle
Die gewonnenen InPKristalle wurden sowohl im Hinblick auf ihre strukturellen als auch
auf ihre elektrischen Eigenschaften charakterisiert. In den folgenden Kapiteln sollen die
eingesetzten Charakterisierungsverfahren kurz beschrieben und die erhaltenen
Ergebnisse vorgestellt werden. Ein eigenes Kapitel ist der Charakterisierung der
Keimkristalle aus eigener Herstellung und der Auswirkung ihrer Dotierung auf die
Gewinnung von semiisolierendem Material gewidmet. Abschließend werden die
Ergebnisse zusammenfassend diskutiert.
4.1 Strukturelle Charakterisierung und Bestimmung der mittlerenVersetzungsdichte (EPD)
Zur Beurteilung der strukturellen Güte von Wafern der IIIV Verbindungshalbleiter wird
üblicherweise die ÄtzgrubenDichte (engl.: Etch Pit Density (EPD)) als Kenngröße für die
in den Kristallen vorhandene Versetzungsdichte angegeben.
Die Ätzgruben bilden sich an den Austrittspunkten der Versetzungslinien an der
Oberfläche der Kristallscheiben.
Die Bestimmung der mittleren EPD erfolgte entsprechend einem modifizierten Verfahren
nach DIN 504542 [DIN94]. Der Vollständigkeit halber seien hier die einzelnen
Präparationsschritte noch einmal kurz erläutert.
Politurätze: Um eine spiegelnde Oberfläche zu erzeugen, die für die Bestimmung der
mittleren EPD erforderlich ist, wurden die Kristallscheiben in einer Mischung aus
Methanol und Brom (CH3OH : Br2 = 95 : 5) ca. 2 Minuten behandelt. Anschließend
erfolgte eine Reinigung in einem Methanolbad sowie in Reinstwasser. Die Trocknung
wurde durch Abblasen mit Druckluft realisiert.
Versetzungsätze: Zur Erzeugung der Ätzgruben wurde die HuberÄtze [Hub75]
eingesetzt. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus 85 %iger Phosphorsäure und
47 %igem Bromwasserstoff in einem Mischungsverhältnis 2 : 1. Die Ätzdauer betrug
90 s. Die Reinigung der Scheiben erfolgte in Reinstwasser mit anschließendem Abblasen
der Oberfläche mit Druckluft.
Bestimmung der EPD: Die Bestimmung der mittleren EPD erfolgte in einem
automatisierten Verfahren an einem Polyvar MET Lichtmikroskop, wie in [Sah04]
beschrieben. Die Größe der Messfelder betrug 500 x 500 µm2. Wie am Erlanger
Kristallabor [Sah04, Kle01] gezeigt werden konnte, lässt sich die Messzeit, ohne
Beeinflussung der Genauigkeit, drastisch reduzieren, wenn nur jedes fünfte Feld
70
ausgezählt wird. Im Rahmen dieser Arbeit wurden, wenn nicht anders erwähnt, 100 %
der Fläche zur Bestimmung der mittleren EPD herangezogen.
Ergebnisse für Fedotierte Kristalle:
Da es im Rahmen dieser Arbeit nicht gelang völlig defektfreie (Zwillingsbildung und
polykristallines Wachstum) Kristalle herzustellen, wurde nur für wenige Kristalle eine
exemplarische Bestimmung der mittleren EPD durchgeführt. Die Ergebnisse sind in
Tab. 4.1 aufgelistet.
Typ/Experiment Mittlere EPD [cm2]Keimnah
Mittlere EPD [cm2]Keimfern
1 / InPFe10 37 600 (1) 12 3003 / InPFe14 (2) 1 660
(3) 900
(3) 1 0304 / InPFe29 (1), (3), (4) 141 (1), (3), (4) 830
Tabelle 4.1: Übersicht über die erzielten Versetzungsdichten; Legende: (1) Scheibe mit
polykristallinem Wachstum, (2) Wert in Scheibenbereich vor Verzwilligung, (3) Wert in
Scheibenbereich nach Verzwilligung, (4) Auswertung von Halbscheiben.
Eine detaillierte Betrachtung über den lateralen und axialen Verlauf der
Versetzungsdichte findet sich in Abschnitt 5.2.3.1 und Abschnitt 5.2.3.4.
Um eine schnelle und eindeutige Aussage über die Orientierung der Wachstumsrichtung
nach dem Auftreten von Zwillingsgrenzen treffen zu können, bietet sich die Untersuchung
der Morphologie einzelner Ätzgruben [Kle90] an.
Als weiteres Ätzverfahren kam die sogenannte ABÄtze [Abr65] als Strukturätze zum
Einsatz. Mit den sogenannten Strukturätzen lassen sich Inhomogenitäten, die durch eine
Variation der Dotierstoffverteilung verursacht werden (Facettenwachstum,
Zwillingsgrenzen oder Dotierstoffstreifen), sichtbar machen. Andere in der Literatur als
Strukturätzen beschriebene Ätzverfahren [Wey94, Wey83a, Wey83b] konnten in
mehreren Versuchsserien für Fedotiertes Material keine befriedigenden Ergebnisse für
die Charakterisierung von Facettenflächen liefern.
Die Herstellung der ABÄtze erfolgte nach folgendem Verfahren:
Es werden 240 mg AgNO3 in 60 ml H2O bei 60°C gelöst, anschließend werden
nacheinander 30 g CrO3 und 30 ml HF hinzugefügt. Der Ätzvorgang wird bei 60°C unter
ständigem Rühren durchgeführt. Die Ätzdauer betrug 3060 min, wobei die Ätzlösung alle
10 min erneuert werden sollte, um befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Die
Untersuchungen der Ätzergebnisse wurden an einem POLYVAR MET Mikroskop der
71
Firma Reichart Jung mithilfe der Technik der Interferenzkontrastmikroskopie
durchgeführt.
Als Proben wurden nach [110] orientierte, einseitig polierte Längsschnitte verwendet. Für
Sdotierte Proben ließen sich alle oben genannten Inhomogenitäten sehr deutlich
beobachten. Dagegen erwies sich die Beobachtung an Fedotiertem oder undotiertem
Material als schwierig, wie in Abb. 5.1.8 gezeigt. Zwar ließen sich die Zwillingsgrenzen
auf Grund des anisotropen Ätzverhaltens eindeutig identifizieren, doch sind die
Facettenflächen auf Grund der deutlich geringeren Dotierstoffkonzentration auf den
Facettenflächen nur schwer zu erkennen. Eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse
findet sich in Abschnitt 5.1.
Als weiteres Verfahren zur strukturellen Charakterisierung kam die Röntgentopographie
(XRT) zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein abbildendes Verfahren, mit dem
Inhomogenitäten in der Kristallstruktur wie Zwillinge, Facetten, Einschlüsse, etc. sichtbar
gemacht [Bar04, Kla98, Roz79] werden können. Dieses Verfahren erlaubt auch eine
eindeutige Bestimmung der in einem Kristall auftretenden Versetzungstypen, wie in
Abschnitt 5.2 ausführlich beschrieben wird. Die Darstellung der auftretenden
Kontrastmechanismen sowie die Vorteile die sich durch die Verwendung einer
Synchrotronquelle ergeben sind ausführlich in der Literatur dargestellt [Bar04, Bow98,
Car90, Kla98, Roz79, Tuo74].
Die einzige präparative Voraussetzung für aussagekräftige Ergebnisse ist eine
beidseitige planparallele Politur der zu untersuchenden Kristallschnitte. Um eventuell
anhaftende Politurrückstände zu entfernen, wurden die Kristallschnitte nach der Politur
mit einer Mischung von Br2/CH3OH in einem Mischungsverhältnis von 2 : 98 behandelt.
Alle Untersuchungen wurden an der Beamline ID19 der European Synchrotron Radiation
Facility (ESRF) in Grenoble unter der Leitung von Dr. Härtwig durchgeführt. Eine
detaillierte Beschreibung des experimentellen Aufbaus findet sich in [Tre04, Esr05].
Neben dem offiziellen ESRFExperiment „Xray Topography of InP Single Crystals with
low Dislocation Density„, für das 24 h Strahlzeit zur Verfügung standen, konnte auch Herr
André Trepper im Rahmen seiner Studienarbeit [Tre04] an Messungen in Grenoble
teilnehmen. Eine ausführliche Darstellung und Diskussion der Ergebnisse findet sich in
Abschnitt 5.2.
4.2 Charakterisierung der elektrischen Eigenschaften
Neben den strukturellen Eigenschaften sind auch die elektrischen Eigenschaften von
herausragender Bedeutung für die Hersteller von Bauelementen auf InPSubstraten. Da
in dieser Arbeit Untersuchungen zur Züchtung von semiisolierenden InPKristallen
durchgeführt werden sollten, ist ein Wert des spezifischen Widerstandes von
72
ρ > 2×107 Ωcm angestrebt. Dafür muss die in hochreinem InP vorhandene Konzentration
an freien Ladungsträgern von ca. [nD] =5⋅1015 cm3 durch die Zugabe des tiefen
Akzeptors Fe als Dotierstoff in geeigneter Konzentration kompensiert werden. Eine
detaillierte Untersuchung zum Kompensationsmechanismus findet sich bei [Hir94].
Neben dem Wert des spezifischen Widerstandes wird auch eine möglichst homogene
laterale Verteilung der elektrischen Eigenschaften angestrebt.
Um quantitative Aussagen über die elektrischen Eigenschaften der Kristalle zu gewinnen,
wurden verschiedene Messverfahren angewandt. Im Folgenden seien zunächst die
einzelnen Messverfahren kurz beschrieben und anschließend die daraus resultierenden
Ergebnisse dargestellt.
) Messverfahren der HallMessung
Die Messungen wurden an quadratischen Proben von einer Kantenlänge 5 mm bis
10 mm nach der Messanordnung von van der Pauw [vdP58] durchgeführt. Das im
Rahmen dieser Arbeit durchgeführte Messverfahren ermöglicht die Bestimmung des
spezifischen Widerstandes ρ, der Ladungsträgermobilität µ und der Konzentration n der
Ladungsträger. Eine ausführliche Diskussion des experimentellen Aufbaus findet sich bei
[Hir94].
) Messverfahren der PhotolumineszenzTopographie (PLT)
Die Untersuchungen zur lateralen Verteilung der elektrischen Eigenschaften wurden mit
Hilfe der PLT am Fraunhofer Institut für Angewandte Festkörperphysik von Dr. M.
Baeumler durchgeführt.
Bei diesem Messverfahren werden durch eingestrahltes Licht ElektronenLochPaare
generiert. Die Anregung erfolgt mit Hilfe von Licht. Dabei wird dessen Wellenlänge so
gewählt, dass die resultierende Anregungsenergie oberhalb der Bandlücke des zu
untersuchenden Halbleitermaterials (1,34 µm bei 300 K für InP) liegt. Als
Anregungsquelle kam im Rahmen dieser Arbeit ein Ar+ Laser mit einer Wellenlänge von
514 nm und einem Strahldurchmesser von 70 µm zum Einsatz. Die strahlende
Rekombination der angeregten Elektronen im Leitungsband mit den generierten Löchern
im Valenzband läßt sich mittels geeigneter Detektoren optisch nachweisen. In den hier
vorgestellten Untersuchungen erfolgte die Detektion der emittierten Strahlung der
Rekombinationsprozesse mit einem GeDetektor. Sollen topographische Untersuchungen
durchgeführt werden ist auf eine sorgfältige Politur der Oberflächen zu achten.
Um eine gute energetische Auflösung zu erhalten, wurden die Messungen bei einer
Temperatur von 2 K durchgeführt.
73
) Ergebnisse der HallMessungen
Die Bestimmung der elektrischen Eigenschaften erfolgte exemplarisch an einigen
Kristallen.
Basierend auf den Herstellerangaben zur Ladungsträgerkonzentration in dem
polykristallinen Ausgangsmaterial von 5,5⋅1015 cm3 und einem effektiven
Verteilungskoeffizienten keff von Fe in InP keff = 0,001 [Mos93], sowie den Ergebnissen
von [Mos93, For98, For96] nach denen, je nach Züchtungsbedingungen maximal ca.
70 % des eingebauten Fe in InP elektrisch aktiv ist, ergibt sich eine minimale Fe
Konzentration c[Fe] > 8,3⋅1018 cm3 in der InPSchmelze, um rein rechnerisch eine
vollständige Kompensation der Ladungsträger zu gewährleisten.
In Abb. 4.2.1 ist der spezifische Widerstand ρ in Abb. 4.2.2 die NettoKonzentration der
Ladungsträger n über dem erstarrten Schmelzvolumen für die Züchtungsexperimente
InPFe10, InPFe14 und InPFe29 aufgetragen. Bei dem Züchtungsexperiment InPFe10,
das in einem Tiegel mit flachen Boden unter Verwendung eines Fedotierten Keimkristalls
durchgeführt wurde, betrug die FeKonzentration in der Ausgangsschmelze
[Fe] = 9×1018 cm3. Bei dem Züchtungsexperiment InPFe14, das in einem konusförmigen
Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 160° unter Verwendung eines Sdotierten
Keimkristalls durchgeführt wurde, betrug die FeKonzentration in der Ausgangsschmelze
[Fe] = 6,9×1018 cm3. Auch das Züchtungsexperiment InPFe29 wurde in einem
herkömmlichen Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 160° unter Verwendung eines S
dotierten Keimkristalls durchgeführt, dabei betrug die FeKonzentration in der
Ausgangsschmelze [Fe] = 1×1019 cm3.
Abbildung 4.2.1: Spezifischer Widerstand ρ aufgetragen über dem erstarrten
Volumenanteil g.
74
Abbildung 4.2.2: Ladungsträgerkonzentration n aufgetragen über dem erstarrten
Volumenanteil g.
Wie aus Abb. 4.2.1 und Abb. 4.2.2 zu erkennen, ist bei der Verwendung schwach S
dotierter Keimkristalle eigener Herstellung in Züchtungsexperiment InPFe14 die
zugegebene FeKonzentration in der Ausgangsschmelze zu gering. So ergibt sich in
Abb. 4.2.1 für den erstarrten Volumenanteil g unter 0,4 ein spezifischer Widerstand
ρ < 2,5 Ωcm. Der Übergang in den semiisolierenden Zustand, als erwünschter Effekt des
Kompensationsmechanismus [Hir94], kann ab g > 0,5 beobachtet werden. Davor handelt
es sich nach der herkömmlichen Nomenklatur noch um leitendes Material ([n] > 1015 cm
3).
Zwar kann in den Proben der Züchtungsexperimente InPFe10 und InPFe29 das
Einsetzen des Kompensationseffektes nicht mehr beobachtet werden (Abb. 4.2.1 und
Abb. 4.2.2), doch werden an kommerziellem semiisolierenden Material von den
Anwendern Werte des spezifischen Widerstandes ρ > 2⋅107 Ωcm erwartet. Diese Werte
werden in beiden Züchtungsexperimenten erst ab einem erstarrten Schmelzvolumen
g > 0,7 erreicht, so dass bei diesen experimentellen Bedingungen eine weitere Erhöhung
der FeKonzentration in der Schmelze auf 3,3⋅1019 cm3 notwendig wäre, um bereits in
der Anfangsphase des Züchtungsexperiments semiisolierendes Material herzustellen.
Diese notwendige Erhöhung der FeKonzentration in der Ausgangsschmelze wird durch
den Eintrag von Schwefel aus den verwendeten Keimkristallen verursacht, wie in
Abschnitt 4.3 beschrieben.
75
) Ergebnisse der PLMessungen:
Ziel der PLMessungen war es die laterale Verteilung des Dotierstoffeinbaus zu
verifizieren. Dazu wurden aus dem Züchtungsexperiment InPFe14 zwei Wafer, einer aus
dem keimnahen Bereich (Wafer 3), einer aus dem keimfernen Bereich (Wafer 36)
untersucht. Nach den Ergebnissen der HallMessungen handelt es sich bei Wafer 3 noch
um leitendes Material, bei Wafer 36 hingegen um semiisolierendes InP. In Abb. 4.2.3 ist
jeweils das komplette aufgenommene Spektrum für beide Wafer gezeigt.
Abbildung 4.2.3: PLSpektrum zweier Fedotierter Wafer aus dem Züchtungsexperiment
InPFe14; aus dem keimnahen Bereich Wafer 3 (rot) und aus dem keimfernen Bereich
Wafer 36 (grün); Zuordnung der einzelnen Maxima im Text.
Die einzelnen Maxima werden in der Literatur [Ins91, Eav82, Hir94] folgenden
Übergängen zugeordnet:
1,41 eV BandBand bzw. BandDonator
1,37 eV DonatorAkzeptor bzw. LeitungsbandAkzeptor
1,10 eV breite Emissionsbande, die Fe zugeordnet wird.
Die durchgeführte PhotolumineszenzTopographie für Wafer 36 aus dem keimfernen
Bereich, die in Abb. 4.2.4 dargestellt ist, wurde bei Energien von 1,37 eV (874 nm) und
1,1 eV (1124 nm) aufgenommen.
76
a) b)
Abbildung 4.2.4: PhotolumineszenzSpektren eines keimfernen Wafers aus dem
Züchtungsexperiment InPFe14 für Anregungsenergien von a) 1,37 eV (874 nm) und b)
1,1 eV (1124 nm)
Für beide Wellenlängen zeigt sich eine hohe laterale Homogenität der
Dotierstoffverteilung über den gesamten Wafer mit einer Standardabweichung von
0,03 % bei einer Wellenlänge von 874 nm bzw. 0,11 % bei einer Wellenlänge von
1124 nm.
4.3 Charakterisierung der Keimkristalle aus eigener Herstellung
Die elektrischen und strukturellen Eigenschaften der Keimkristalle haben einen
entscheidenden Einfluss auf die Qualität der damit gezüchteten Kristalle, wie in
Abschnitt 5.2.3.2 gezeigt wird. Daher wurden die Keimkristalle aus eigener Herstellung
sowohl nach strukturellen als auch nach elektrischen Gesichtspunkten charakterisiert.
Die Keimzüchtungen wurden in Tiegeln mit flachem Boden unter Verwendung eines S
dotierten Keimkristalls und undotierter Ausgangsschmelze (Prozess Typ1 in
Abschnitt 2.3) durchgeführt.
Strukturelle Charakterisierung:
Die resultierenden Versetzungsdichten für Scheiben über und unterhalb der Keime,
sowie die Lage der Scheiben im Kristall, sind für das Züchtungsexperiment InPK1 in
Abb. 4.3.1 gezeigt.
77
Abbildung 4.3.1: Kristall aus dem Züchtungsexperiment InPK1 (links) mit
Zwillingslamellen im oberen Bereich des Kristalls (durch Anschleifen sichtbar gemacht);
resultierende Verteilung der EPD (rechts) für Bereich über und unterhalb der
gewonnenen Keime und Lage der Scheiben im Kristall.
Aus diesem Züchtungsexperiment wurden 14 Keime mit einem Durchmesser von
8,55 mm und einer Länge von 63 mm gewonnen. Diese Arbeiten wurden von dem
Projektpartner FCM durchgeführt.
Aus einem weiteren Keimzüchtungsexperiment InPK2, das mit den gleichen
Prozessparametern durchgeführt wurde, konnten 16 Keime mit einem Durchmesser von
8,55 mm und einer Länge von 49,5 mm gewonnen werden.
Durch eine weitere Bohrung von geringerem Durchmesser, die aus der Mitte des Kristalls
entnommen wurde, wie in Abb. 4.3.2 a gezeigt, konnte ein Zylinder mit der Länge der
gewonnenen Keimkristalle erhalten werden. Untersuchungen zur axialen Entwicklung der
Versetzungsdichte wurden an Scheiben aus diesem Zylinder durchgeführt (Abb. 4.3.2 b).
78
0 10 20 30 40 500
10
20
30
40
50
Mittlere EPD< 4100 cm2
x Position [mm]
yP
ositi
on [m
m]
0
2000
4000
6000
8000
10000
a) b)
Abbildung 4.3.2: a) Laterale Verteilung der Versetzungsdichte aus dem keimnahen
Bereich des Kristalls InPK2 ca. 5 mm über Ankeimposition; b) axialer Verlauf der
Versetzungsdichte über die Länge des Zylinders, ermittelt im Zentrum des Kristalls
(Markierung in Abb. 4.3.2 a).
In den meisten Züchtungsprozessen wurden die Keimkristalle von der unteren Seite
(Wert 0 auf der Abzisse in Abb. 4.3.2 b) aufgeschmolzen. Da je nach Züchtungsprozess
maximal 30 mm des Keimkristalls aufgeschmolzen wurden, konnte eine mittlere
EPD < 1 000 cm2 an der Ankeimposition gewährleistet werden.
Elektrische Charakterisierung
Um die SKonzentration in den gewonnen Keimkristallen zu bestimmen, wurden an den
in Abb. 4.3.1 gezeigten Scheiben HallMessungen durchgeführt. In Sdotiertem InP
beträgt der Abstand des Donatorniveaus zum Leitungsband nur ca. 8 meV [Ins91], so
dass der vorhandene Schwefel bei Raumtemperatur nahezu vollständig ionisiert vorliegt
[Log89]. Da in dem kristallinen undotierten Ausgangsmaterial nur eine geringe
Restverunreinigung an Donatoren ([n] < 5×1015 cm3) vorliegt, erscheint die Annahme
gerechtfertigt, dass die durch HallMessungen ermittelte Netto
Ladungsträgerkonzentration n bei Raumtemperatur der Konzentration des vorhandenen
Schwefels entspricht.
In Abb. 4.3.3 ist neben den, als Doppelbestimmung durchgeführten, Messwerten auch
der nach der Scheil´schen Gleichung berechnete axiale Verlauf der SKonzentration
wiedergegeben.
10 )1(][ −
−⋅⋅= effkeff gkcc (Gl. 4.1)
79
Mit [c]: Konzentration des Dotierstoffes bei g, c0: Ausgangskonzentration in der
Schmelze, keff: effektiver Verteilungskoeffizient, g: erstarrter Volumenanteil
Dabei wurden für die Berechnung von c0 die SKonzentration des Keimkristalles nach
Herstellerangaben herangezogen und für keff ein Wert von 0,53 [Sah04, Zem96]
eingesetzt.
Abbildung 4.3.3: Bestimmung der SKonzentration in den Keimkristallen aus
Züchtungsexperiment InPK1, HallMesswerte und berechneter Konzentrationsverlauf
über dem erstarrten Volumenanteil g.
Um die „Verunreinigung“ der gezüchteten Kristalle durch den SGehalt der Keimkristalle
abzuschätzen, wurde in dem Züchtungsexperiment InPFe15 eine nominell undotierte
Ausgangsschmelze vorgelegt. Dieses Experiment wurde in einem konusförmigen Tiegel
mit einem Öffnungswinkel von 160°, mit einer Einwaage von ca. 500 g und einem
Keimkristall aus dem Züchtungsexperiment InPK1 durchgeführt. Dabei wurden ca. 20 mm
des Keimkristalls aufgeschmolzen.
80
Abbildung 4.3.4: Verlauf der Ladungsträgerkonzentration über dem erstarrten
Volumenanteil g zur Bestimmung der durch den Keimkristall eingebrachten
Ladungsträgerkonzentration für den nominell undotierten Kristall aus dem
Züchtungsexperiment InPFe15.
Löst man mit den erhaltenen Messwerten Gl. 4.1 nach c0 auf, ergibt sich eine S
Konzentration in der Ausgangsschmelze von ca. 1,4×1016 cm3. Wie in Abb. 4.3.4 zu
erkennen, liegt damit die Ladungsträgerkonzentration über die gesamte Länge des
Kristalls unter einem Wert von 2 ×1016 cm3.
4.4 Diskussion
Eine ausführliche Diskussion der strukturellen Eigenschaften der gezüchteten Kristalle
findet sich in Abschnitt 5.2.
Wie in Abschnitt 4.2 gezeigt, war es im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich Kristalle mit
über die gesamte Länge semiisolierenden Eigenschaften herzustellen. Denn die
Verwendung schwach Sdotierter Keimkristalle, wie in dieser Arbeit, erfordert eine
Erhöhung der FeDotierung um semiisolierendes Material zu erhalten. Jedoch ist zum
einen eine möglichst geringe Dotierung der Schmelze vorteilhaft, um die Gefahr der
konstitutionellen Unterkühlung [Til53, Wil88] während des Züchtungsprozesses zu
minimieren. Zum anderen ist seit langem bekannt, dass Fe zur Ausdiffusion in
epitaktische Schichten und zur Anreicherung an inneren und äußeren Grenzflächen neigt
[Che80, Hol81]. Daher sollten Züchtungsexperimente, welche die Herstellung von
81
semiisolierendem Material zum Ziel haben mit undotierten Keimkristallen durchgeführt
werden, um die FeKonzentration möglichst gering zu halten.
Wie die Ergebnisse der PLTopographie zeigen, ist es jedoch mit dem VGFVerfahren
möglich, die geforderte hohe laterale Homogenität der Dotierstoffverteilung zu erreichen.
Die Gewinnung von Keimkristallen mithilfe des VGFVerfahrens bietet die Möglichkeit,
hochwertige Keimkristalle mit einer geringen Versetzungsdichte einzusetzen, wie in
Abschnitt 4.3 beschrieben ist. Dadurch kann auch die Wahrscheinlichkeit für das
Auftreten von polykristallinem Wachstum deutlich reduziert werden.(siehe Abschnitt 5.2
und [Sah04]).
82
5. Auftreten von Kristalldefekten in InP in Abhängigkeit vonZüchtungsparametern
Im diesem Kapitel sollen die wichtigsten Defekte in InPKristallen vorgestellt werden.
Dabei sollen die Natur, die möglichen Charakterisierungsverfahren sowie der
Zusammenhang zwischen Prozessparametern und Defekthaushalt dargestellt werden.
Ziel eines jeden Kristallzüchtungsprozesses ist die Herstellung defektfreier „perfekter“
Kristalle. So ist die Herstellung versetzungsfreier SiKristalle mit einem Durchmesser bis
zu 300 mm nach dem CzochralskiVerfahren in der industriellen Fertigung, durch die
Anwendung der sogenannten Dünnhals Technik nach Dash [Das59], heute ein
etablierter Prozess [vAm04]. Um die Natur der auftretenden Defekte, ihre Entstehung und
Möglichkeiten ihrer Charakterisierung zu verstehen, ist die genaue Kenntnis der
Kristallstruktur des jeweiligen Materials eine notwendige Voraussetzung. Daher sei im
Folgenden kurz die Kristallstruktur von InP beschrieben:
InP kristallisiert in dem kubischen Zinkblendetyp mit der Raumgruppe mF 34 mit
einem Gitterparameter a0 = 5,86875 Å [Gie58]. Die Elementarzelle ist in Abb. 5.1.a
gezeigt.
Die Projektion der Kristallstruktur entlang [110] in Abb. 5.1 b verdeutlicht den
azentrischen Charakter dieses Strukturtyps. Auf Grund des azentrischen Charakters
unterscheiden sich Fläche und Gegenfläche ( [ ] [ ]111111 ≠ ), wie am Beispiel der
Facettenflächen 111 in Abb. 5.1 b zu erkennen. So sind die einen Facettenflächen In
dominiert und ihre Gegenflächen Pdominiert. Da in den kubischen Kristallstrukturen die
Stapelfolge in [111] Richtung APaInBPbInCPcInAP... vorliegt, handelt es sich dabei um die
Flächen der höchsten Packungsdichte, die sogenannten singulären oder atomar glatten
Flächen.
83
a) b)
Abbildung 5.1: a) Elementarzelle von InP, b) Projektion auf (110)Ebene.
Das Kristallwachstum auf diesen 111Flächen erfordert, im Gegensatz zu dem
Kristallwachstum auf atomar rauhen Flächen (zB. 100Flächen), die Bildung eines
Flächenkeims [Wil88]. Diesem Wachstumsmechanismus kommt, wie in Abschnitt 5.1
ausgeführt, eine besondere Bedeutung bei der Bildung von Zwillingen zu.
5.1 Zwillingsbildung und Facettenwachstum
Grundlagen zur Zwillingsbildung und das Modell von Hurle
Nach den International Tables for Crystallography wird ein Zwilling wie folgt definiert: „Die
Verwachsung von zwei oder mehreren makroskopischen, kongruenten oder
enantiomorphen Individuen der gleichen Kristallspezies wird als Zwilling bezeichnet,
wenn die Orientierungsbeziehungen häufig auftreten und „kristallographisch“ sind. ... Ein
Zwilling ist charakterisiert durch das Zwillingsgesetz, d.h. über die Orientierungs und
Chiralitäts Verhältnisse der Zwillingspartner, sowie über ihre Kontaktflächen.“ [Hah03].
Neben dieser morphologischen Klassifizierung können Zwillinge auch nach ihrer
Entstehungsursache unterschieden werden [Bue45].
Bei den für IIIV Verbindungshalbleitern relevanten Zwillingen handelt es sich um einen in
Abb. 5.1.1 gezeigten sogennanten Wachstumszwilling nach dem Spinellgesetz
(zweizählige Zwillingsachse [111]).
84
Abbildung 5.1.1: Projektion entlang [110] eines Zwillings nach dem Spinellgesetz in der
Zinkblendestruktur; Zwillingsebene durch gepunktete Linie markiert.
Der von Hurle vorgeschlagene Mechanismus [Hur95] betrachtet die Zwillingsbildung als
Bildung eines Flächenkeims auf 111 Randfacetten. Dies erfolgt unter der Annahme,
dass die Bildung eines Zwillingskeims bevorzugt an der Dreiphasengrenze Kristall –
Schmelze – Umgebung (Gas oder B2O3) auf einer 111 Facette ihren Ursprung hat.
Allerdings wird die Polarität der 111 Facetten (Unterschied zwischen 111III und 111V),
die in der azentrischen Raumgruppe des Zinkblendestrukturtyps begründet ist, in diesem
Ansatz nicht mit berücksichtigt.
Aus thermodynamischen Überlegungen zur Keimbildung und zum Keimwachstum ergibt
sich, dass die Bildung eines Zwillingskeimes auf einer 111 Facette die freie Energie des
Systems erhöht [Hur95, Sch94, Vor75]. So gilt für die freie Gibbs´sche Enthalpie bei der
Bildung eines 2D Keimes auf einer atomar glatten (singulären) Fläche:
85
hrGhrG StVK σππ 22 +∆−=∆ (Gl. 5.1.1)
Mit: r = Radius des Keims, h = Höhe einer neugebildeten Wachstumsstufe,
St = Grenzflächenenergie der Wachstumsstufe, ∆Gv = Freie Gibbs´sche Energie des
Phasenübergangs festflüssig.
Für einen Keim in Zwillingsorientierung:
ZwZwStZwVZwZw rhrGhrG σπσππ 22 ´2 ++∆−=∆ (Gl. 5.1.2)
Mit: rZw = Radius eines Zwillingskeims, ´St = Grenzflächenenergie einer neugebildeten
Wachstumsstufe in Zwillingsorientierung, Zw = Grenzflächenenergie einer
Zwillingsgrenze (1/2 Stapelfehenergie).
Damit ergibt sich die Wahrscheinlichkeit zur Bildung eines Zwillingskeims:
)´1exp(2
Zw
StThS
hkT
BAdtdN
σπσ
−∆∆⋅−⋅⋅= (Gl. 5.1.3)
Mit: N = Anzahl der gebildeten Keime, A = Fläche, die zur Keimbildung zur Verfügung
steht, B = Koeffizient, der kinetische Größen sowie einen weiteren Expotentialterm
enthält, ∆S = Änderung der Entropie, ∆T = Unterkühlung.
Unter der Annahme, dass die Vorfaktoren der Expotentialfunktion konstant und die
Grenzflächenenergie der neugebildeten Wachstumsstufe für beide Orientierungen der
Keime vergleichbar sind, unterscheiden sich die Wahrscheinlichkeiten zur Keimbildung
nur durch die Stapelfehlenergie einer Zwillingsebene Zw im Expotentialterm [Sch94].
Bei ausreichend starker Unterkühlung kann die Bildung und das Wachstum von
Zwillingskeimen auf 111 Randfacetten thermodynamisch sogar begünstigt sein, da die
Erniedrigung der freien Gibbs´schen Energie (über ´St) durch die Ausbildung einer 111
Fläche an der Dreiphasengrenze (wie in Abb. 5.1.3) ihrer Erhöhung durch das
Vorhandensein einer Zwillingsebene ( Zw) überwiegt. Wie aus Abb. 5.1.3 ersichtlich, wird
die Ausbildung einer 111 Fläche an der Dreiphasengrenze maßgeblich durch die
geometrischen Verhältnisse, insbesondere durch den Winkel zwischen
Wachstumsrichtung und Kristalloberfläche, den sogenannten Konuswinkel, bestimmt.
Unter Berücksichtigung der Grenzflächenenergien lässt sich ein maximaler kritischer
Konuswinkel berechnen. Bei diesem Winkel erreicht die Wahrscheinlichkeit der
86
Zwillingsbildung ein Maximum, d.h. die Wahrscheinlichkeit zur Zwillingsbildung nimmt
sowohl bei kleineren als auch bei größeren Werten für den Konuswinkel ab.
Mit den von Hurle verwendeten Daten berechnet sich der maximale kritische
Konuswinkel νmax zu: νmax = 86,5°.
Die zur Zwillingsbildung notwendige Unterkühlung ∆Tc wird von Hurle mit ∆Tc = 15 °C
angegeben.
Für die Ausbildung der in dieser Theorie [Hur95] notwendigen Randfacetten spielt das
Gleichgewicht der an der Dreiphasengrenze KristallSchmelzeB2O3 auftretenden
Grenzflächenenergien eine entscheidende Rolle [Vor75]. So gilt im Gleichgewichtsfall:
σKB σKS⋅cos(ν) σSB·cos(β ν) = 0 (Gl. 5.1.4)
Mit: ν = Winkel zwischen Kristallaußenfläche und Randfacette, β = Benetzungswinkel, σ =
Grenzflächenenergie,K = Kristall, S = Schmelze, B = B2O3
Wie von Voronkov [Vor75] gezeigt wurde, sollte ab einem bestimmten Winkel ν zwischen
Kristallaußenfläche und Randfacette die Randfacette abreißen und in Stufen zur
Dreiphasengrenze führen.
Allerdings wird schon in der Originalarbeit [Hur95] darauf hingewiesen, dass die
verwendeten materialspezifischen Werte mit großen Unsicherheiten behaftet sind, da für
InP kaum gesicherte Daten zur Verfügung stehen und die Berechnungen daher mit
einigen Schätzwerten durchgeführt werden mussten.
In der experimentellen Arbeit von Chung [Chu98] wird für Sdotiertes InP gezeigt, dass
aus geometrischen Gründen, die sich aus den strukturellen Verhältnissen ergeben, ein
weiterer kritischer Konuswinkel νkrit bei 109,47° auftritt (siehe Abb. 5.1.3).
87
Abbildung 5.1.3: Illustration der kristallographischen Orientierung zwischen Kristall und
Zwillingskeim (aus [Chu98]). Dabei bezeichnet [hkl]M Richtungen des Kristalls und [hkl]T
Richtungen des Zwillingskeims.
Durch eine Reduzierung der Grenzflächenenergie Kristall/Boroxid um ca. 15% ergibt sich
der maximale kritische Konuswinkel νmax zu: νmax = 112°.
Die beobachtete kritische Unterkühlung ∆Tc, die sich aus der Länge der Randfacetten
und dem bei der Züchtung angewendeten Temperaturgradienten berechnen lässt, wird
mit 12 °C angegeben.
Im VGFVerfahren bietet sich die Möglichkeit den kritischen Winkel ν über den
Öffnungswinkel Φ des Tiegels exakt einzustellen, wie in Abb. 5.1.4 gezeigt.
88
Abbildung 5.1.4: Geometrische Verhältnisse an der Dreiphasengrenze für VGF
Züchtung in [001]Richtung im konischen Tiegelbereich. Aus [Amo98a].
Dabei ist der Öffnungswinkel Φ im konischen Teil des Tiegels mit dem Winkel ν über eine
einfache geometrische Beziehung verbunden:
ν = 35,3° + Φ/2 (Gl. 5.1.5)
Am Erlanger Kristallabor wurde für GaAs bereits der Einfluss des axialen
Temperaturgradienten sowie der Tiegelgeometrie auf das Facettenwachstum und die
Zwillingsbildung bei der Züchtung in [001]Richtung nach dem VGFVerfahren von Amon
[Amo98a, Amo98b] untersucht. Dabei konnte u. a. folgendes festgestellt werden:
• Die Länge der 111Facetten nimmt bei identischen thermischen
Randbedingungen mit steigendem Öffnungswinkel stark ab, wobei die
111AsFacetten um ca. 30% länger sind als die 111Ga Facetten.
• Für bestimmte geometrische Anordnungen (ν > νmax) reichen die 111As
Facetten nicht mehr bis zum Kristallrand. Nach Hurle sollte in diesem Fall
keine Zwillingsbildung erfolgen. Parasitär bilden sich jedoch 111Ga Facetten,
die zur Zwillingsbildung führen. Die Zwillingsbildung auf 111Ga Facetten ist
jedoch bedeutend harmloser, da die Kristallorientierung dann nur in einem
kleinen Bereich geändert wird.
89
Eine weitere Möglichkeit zur Beeinflussung der Facettenmorphologie bietet der axiale
Temperaturgradient g [Che73, Vor72, Bri70], da die Länge der Facetten λ umgekehrt
proportional zu diesem ist (siehe Gl. 5.1.6 in Abschnitt 5.1.4):
Facettenmorphologie und Züchtungsbedingungen
Ausgehend von den obigen Überlegungen sollen in diesem Abschnitt der beobachtete
Zusammenhang zwischen der Facettenbildung und den thermischen und geometrischen
Züchtungsbedingungen dargestellt werden.
Die Untersuchungen zur Facettenbildung und des Zwillingswachstums erfolgten an mit
ABÄtze (Abschnitt 4.1) behandelten, nach [110] orientierten Längsschnitten durch den
Keimkanal und den Konusbereich der gewonnenen Kristalle. Eine Verifizierung der
Ergebnisse kann mithilfe der XRT durchgeführt werden. Bei beiden Nachweismethoden
beruht der Mechanismus der Kontrastbildung an den Facettenflächen auf den erhöhten
Einbau von Dotieratomen. Dies führt zu einer Veränderung der Gitterparameter in der
Kristallstruktur und kann damit durch XRT detektiert werden. Allerdings sind diese Effekte
gering und lokal begrenzt. Daher konnten, im Gegensatz zu dem verwendeten
Ätzverfahren, einzelne Facettenflächen auf Grund der relativ schlechten Ortsauflösung
des Röntgenfilms von 13 µm in der XRT nicht beobachtet werden. Bei dem Nachweis
der Zwillingsbildung ist neben der Anreicherung von Dotieratomen an den Grenzflächen
vor allem die Änderung der Orientierung des Kristallgitters für die Kontrastbildung
verantwortlich. So zeigt InP, wie die meisten Kristalle, eine ausgeprägte Ätzanisotropie,
wodurch unterschiedlich orientierte Kristallbereiche ein unterschiedliches
Abtragsverhalten aufweisen. Die resultierenden Höhenunterschiede auf den geätzten
Kristallscheiben lassen sich mithilfe der Interferenzkontrastmikroskopie gut beobachten.
Die Änderung der Orientierung des Kristallgitters nach der Zwillingsbildung führt in XRT
Aufnahmen zu einem scharfen Kontrast. Da durch die unterschiedlichen Orientierungen
die Beugungsbedingungen für die jeweiligen Kristallbereiche nicht mehr simultan erfüllt
sind, wird nur ein Teil des Kristalls abgebildet.
5.1.1 Einfluss des axialen Temperaturgradienten
In dieser Arbeit wurde der Einfluss des axialen Temperaturgradienten auf die
Facettenmorphologie besonders im Bereich des Keimkanals sowie des Konus
untersucht. Die Variation der Temperaturgradienten im konischen Bereich des Tiegels
erfolgte zwischen 12,9 K/cm und 16,8 K/cm. Anzumerken ist, dass es sich bei den
angegebenen axialen Temperaturgradienten um Ergebnisse aus der numerischen
Simulation handelt, die auf der Symetrieachse der Züchtungsanlage ausgelesen wurden.
Um die Effekte der Variation des axialen Temperaturgradienten auf die
90
Facettenmorphologie zu untersuchen, wurden nach [110] orientierte Längsschnitte aus
dem Keimkanal sowie aus dem konischen Bereich der erhaltenen Kristalle entnommen
und mit Strukturätze (Abschnitt 4.1) behandelt.
Unabhängig von den gewählten Züchtungsbedingungen (axialer Temperaturgradient,
Tiegelgeometrie, Ankeimposition, Art und Konzentration des Dotierstoffes, ...) wurden bei
allen Kristallen wenige Milimeter oberhalb der Ankeimposition idiomorph ausgebildete,
einzelne Facettenflächen beobachtet, wie in Abb. 5.1.5 am Beispiel eines Fedotierten
Kristalls aus dem Züchtungsexperiment InPFe33 gezeigt. Da die nach [110] orientierte
Oberfläche des Längsschnittes die Facettenfläche in einem Winkel von 90° schneidet,
kann anhand der in Abb. 5.1.5 markierten Linie die Länge L der Facettenfläche direkt
beobachtet werden.
Abbildung 5.1.5: Facettenflächen (markiert durch Pfeile) oberhalb der Ankeimposition
des Fedotierten Kristalls aus Züchtungsexperiment InPFe33, in der unteren Bildhälfte ist
die Ankeimposition (gepunkteter Pfeil) deutlich zu erkennen.
Im weiteren Verlauf des Kristallwachstums im Keimkanal bilden sich „Facettenbänder“
aus, in denen sich die einzelnen Facettenflächen nicht mehr zurückbilden, bevor eine
erneute Facettenbildung auftritt, wie in Abb. 5.1.6 am Beispiel des Sdotierten Kristalls
aus dem Züchtungsexperiment InPFe22 gezeigt.
91
Abbildung 5.1.6: Facettenband in der Mitte des Keimkanals des Sdotierten Kristalls aus
Züchtungsexperiment InPFe22.
Auf diesen „Facettenbändern“ trat bei allen Züchtungsexperimenten des Typ2 aus
Tab. 2.3 (1 kg Einwaage) Zwillingsbildung bereits im Keimkanal auf, wie in Abb. 5.1.7
exemplarisch gezeigt.
a) b)
Abbildung 5.1.7: Zwillingsbildung im Keimkanal für Prozesstyp 2 (Tab. 2.3) am Beispiel
des Sdotierten Kristalls aus Züchtungsexperiment InPFe11; a) Bruchstück aus dem
Keimkanal, neu gewachsener Bereich aufgerauht, Zwillingslamelle markiert (Pfeil), b)
Facettenband im Keimkanal mit Zwillingsgrenze (Pfeil), IRDurchlichtMikroskopie.
92
In allen untersuchten Längsschnitten verlaufen die „Facettenbänder“ bis in den
Übergangsbereich vom Keimkanal in den Konus, unabhängig von den gewählten
Züchtungsbedingungen. Wie in Abb. 5.1.8 am Beispiel für S und Fedotiertes Material
gezeigt, weitet sich das „Facettenband“ am Übergang auf und die resultierende
Facettenlänge nimmt zu.
a) b)
Abbildung 5.1.8: Facettenbänder und Zwillingsbildung (Pfeile) im Übergang von
Keimkanal zu Konus; a) Sdotierter Kristall aus Züchtungsexperiment InPFe18, b) Fe
dotierter Kristall aus Züchtungsexperiment InPFe20
Auf den langen Facetten im Bereich des Übergangs trat in allen Züchtungsexperimenten
des Typ3 aus Tab. 2.3, die mit hochdotierten Ausgangsschmelzen durchgeführt wurden,
Zwillingsbildung auf. In Abb. 5.1.8 sind die Zwillingslamellen exemplarisch mit Pfeilen
markiert.
Eine gesicherte Erklärung für das Auftreten der Zwillingsbildung im Keimkanal für
Prozesstyp 2 aus Tab 2.3, die für Prozesstyp 3 nur in Ausnahmefällen beobachtet wurde,
kann aus den vorhandenen Daten nicht geliefert werden. Doch ergibt sich aus den Daten
der numerischen Simulationen im Bereich des Keimkanals nur für den axialen
Temperaturgradienten an der Phasengrenze ein geringer Unterschied für die
verschiedenen Arten der Prozessführung in Prozesstyp 2 und Prozesstyp 3. Der Einfluss
des axialen Temperaturgradienten auf die Länge der Facettenflächen, gegeben durch die
Länge der beobachtbaren Linie (z.B. durch Pfeile markiert in Abb. 5.1.5) in nach [110]
orientierten Längsschnitten, wird in Abschnitt 5.1.4 diskutiert.
93
5.1.2 Einfluss der Tiegelgeometrie
Ausgehend von den Ergebnissen von Amon [Amo98a, Amo98b] wurde der Einfluss der
Tiegelgeometrie auf die Züchtung von InP in [001]Richtung nach dem VGFVerfahren für
verschiedene Tiegelgeometrien untersucht.
• ϕ = 120° ν = 95,3°, damit liegt dieser Wert über dem Grenzwert von Hurle
[Hur95] aber noch unter dem von Chung [Chu98] gefundenem Wert (νmax =
109.47°).
• ϕ = 160° ν = 115,3°, damit liegt dieser Wert auch über dem von Chung
[Chu98] angegebenen Grenzwert.
Vergleichende Züchtungsexperimente zum Facettenwachstum im konischen Bereich
wurden für beide Tiegelgeometrien sowohl mit Sdotiertem als auch mit Fedotiertem
Material durchgeführt.
Sdotierte Kristalle
Insgesamt wurden vier Züchtungsexperimente mit Sdotierter Ausgangsschmelze in
herkömmlichen Tiegeln mit Konus durchgeführt. Davon wurden in zwei Experimenten
(InPFe11 und InPFe22) Dotierstoffstreifen eingebracht. Die dazu notwendige kurzzeitige
(Abschnitt 2.4.2) Veränderung der Wachstumsgeschwindigkeit kann zwar das Einsetzen
der Zwillingsbildung beeinflussen, doch sollten Aussagen über die Entwicklung der
Facettenmorphologie in Bereichen ungestörter Wachstumsgeschwindigkeit möglich sein.
In Abb. 5.1.9 ist exemplarisch ein nach [110] orientierter Längsschnitt durch den Bereich
des Konus des Kristalls aus Züchtungsexperiment InPFe22 gezeigt. Bei diesem
Züchtungsexperiment wurde ein Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 160° verwendet.
Abbildung 5.1.9: Längsschnitt aus dem Bereich des Konus des Sdotierten Kristalls aus
Züchtungsexperiment InPFe22, Detailausschnitt Abb. 5.1.10 markiert
Nach der Zwillingsbildung im Übergangsbereich von Keimkanal zu Konus ist über die
gesamte Länge des Konus nur ein dünnes Facettenband zu erkennen. Dabei konnten
keine einzelnen Facettenflächen beobachtet werden. Erst im Bereich des Übergangs von
Konus in den Zylinder (Markierung in Abb. 5.1.9) treten wieder deutlich unterscheidbare
94
Facettenflächen auf, wie in Abb. 5.1.10 gezeigt. Auf Grund ihrer Orientierung zur
Wachstumsrichtung lassen sich diese Facettenflächen den 111In bzw. 111P Facetten
zuordnen. Dabei weisen die 111InFacetten eine Länge von 196392 µm auf.
Das Auftreten von 111InFacetten wurde bei dieser Tiegelgeometrie erwartet, doch
findet sich im Gegensatz zu den Beobachtungen von Amon [Amo98a] in dieser Probe
kein Beispiel für das „Abreissen“ von langen 111PFacetten bei der Bildung der
111InFacetten.
Abbildung 5.1.10: Detailausschnitt aus Abb. 5.1.9 aus dem Übergangsbereich von
Konus zu Zylinder (InPFe22); Auftreten von 111In und 111PFacetten (schwarz bzw.
weiß markiert).
In Abb. 5.1.11 ist der nach [110] orientierte Längsschnitt durch den Bereich des Konus
des Kristalls aus Züchtungsexperiment InPFe18 gezeigt. Bei diesem
Züchtungsexperiment wurde ein Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 120° verwendet.
Auffällig ist die stark asymmetrische Facettenmorphologie im Bereich des Konus. So
findet sich in der rechten Bildhälfte in dem Teil des Konusbereiches, der sich nahe am
Keimkanal befindet, ein keilförmiges Facettenband (schwarzer Pfeil in Abb. 5.1.11), wie
sie auch in der linken Bildhälfte über den gesamten Konus zu finden sind (siehe auch
Abb. 5.1.12).
95
Abbildung 5.1.11: Längsschnitt aus dem Bereich des Konus des Sdotierten Kristalls
aus Züchtungsexperiment InPFe18, Detailausschnitt Abb. 5.1.12 markiert
Im weiteren Verlauf des Kristallwachstums bildet sich dann ein schmales (ca. 270 µm)
Band aus 111PFacetten (weißer Pfeil in Abb. 5.1.11). Generell wurde eine
asymmetrische Facettenmorphologie in den meisten Züchtungsexperimenten beobachtet
was wahrscheinlich durch thermische Inhomogenitäten verursacht ist. Weiterhin ist
festzustellen, dass in diesem Längsschnitt die Zwillingsbildung im Übergang vom
Keimkanal zum Konus mittels des angewendeten Ätzverfahrens nur in der rechten
Bildhälfte deutlich sichtbar gemacht werden konnte. In den Untersuchungen mithilfe der
XRT (Abb.5.2.12) sind diese Zwillingslamellen hingegen deutlich sichtbar. Dagegen
handelt es sich bei der in Abb. 5.1.11 mit einem gepunkteten Pfeil markierten Struktur
wahrscheinlich nicht um eine Zwillingslamelle, wie ein Vergleich mit den XRT nahe legt.
Abbildung 5.1.12: Detailausschnitt aus Abb. 5.1.11 aus dem Konus (InPFe18); Auftreten
von 111In und 111PFacetten (schwarz bzw. weiß markiert); Dotierstoffstreifen mit
gepunktetem Pfeil markiert.
96
Entgegen den Erwartungen werden auch bei dieser Tiegelgeometrie mit einem
Öffnungswinkel von 120° im Konusbereich 111InFacetten beobachtet, die in
Abb. 5.1.12 mit schwarzen Pfeilen gekennzeichnet sind. Die Länge dieser Facetten
beträgt ca. 2701020 µm. In diesem Züchtungsexperiment werden sie zum
Kristallvolumen von kurzen 111PFacetten mit einer Länge von 80720 µm begrenzt
(weiße Pfeile in Abb. 5.1.12). In den untersuchten Proben konnte keine Ursache für das
Auftreten bzw. das Verschwinden der 111InFacetten gefunden werden. Die
Rückbildung der weiter oben beschriebenen keilförmigen Facettenbänder kann, wie im
Übergangsbereich von Keimkanal zu Konus, mit dem Auftreten von schwachen
Dotierstoffstreifen in Verbindung gebracht werden, von denen eines in Abb. 5.1.12 mit
einem gepunkteten Pfeil markiert ist, was auf das Auftreten von Fluktuationen der
Wachstumsgeschwindigkeit schließen lässt.
Fedotierte Kristalle
Generell stellt bei Längsschnitten aus den Züchtungen, die mit Fedotierter oder
undotierter Ausgangsschmelze durchgeführt wurden, das Sichtbarmachen von Facetten
im Bereich des Keimkanals und des Konus eine erhebliche Schwierigkeit dar. Auf Grund
des geringen Verteilungskoeffizienten von Fe wird nur eine sehr geringe Konzentration
des Dotierstoffes in den Kristall eingebaut. Da auch die Anreicherung an den
Facettenflächen entsprechend geringer ist, ist sowohl für die XRTAufnahmen, als auch
bei Verwendung von ABÄtze nur eine geringe Kontrastbildung festzustellen. Trotz
intensiver Nutzung von Bildbearbeitungssoftware konnten die entscheidenden Details oft
nur unzureichend hervorgehoben werden.
Mit Fedotierter Ausgangsschmelze wurden zwei Züchtungsexperimente (InPFe24 und
InPFe28) in einem herkömmlichen Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 120°
durchgeführt. Für die Ergebnisse aus Züchtungsexperimenten unter Verwendung eines
Tiegels mit einem Öffnungswinkel von 160° ist in Abb. 5.1.13 exemplarisch ein nach [110]
orientierter Längsschnitt durch den Bereich des Konus des Kristalls aus
Züchtungsexperiment InPFe14 gezeigt. Untypisch an diesem Längsschnitt ist jedoch,
dass nur auf einer Seite des Übergangbereiches von Keimkanal zu Konus die
Zwillingsbildung auftritt. In den restlichen Züchtungsexperimenten, außer bei InPFe31,
trat auf beiden Seiten dieses Übergangs Zwillingsbildung auf. Eine weitere Besonderheit
ist das Auftreten einer Zwillingslamelle im Kristallvolumen (schwarzer Pfeil in
Abb. 5.1.13), das in keinem erkennbaren Zusammenhang mit Facetten gebracht werden
kann und somit nach einem anderen Bildungsmechanismus entstanden sein muss als
nach der oben diskutierten Theorie von Hurle [Hur95].
97
Abbildung 5.1.13: Längsschnitt aus dem Bereich des Konus des Fedotierten Kristalls
aus Züchtungsexperiment InPFe14, Zwillingslamelle im Kristallvolumen durch schwarzen
Pfeil gekennzeichnet Detailausschnitt von Abb. 5.1.14 und Abb. 5.1.15 markiert
Im Übergangsbereich von Keimkanal zu Konus bilden sich, anstelle der sonst häufig
beobachteten Facettenbänder, in der rechten Bildhälfte von Abb. 5.1.13 einzelne
idiomorphe Facettenflächen mit einer Länge von 9001350 µm aus, wie in Abb. 5.1.14 zu
erkennen.
Abbildung 5.1.14: Idiomorphe Facettenflächen im Übergang Keimkanal zu Konus im
Längsschnitt des Kristalls aus Züchtungsexperiment InPFe14.
Im Bereich des Konus bildet sich ein Facettenband bestehend aus 111PFacetten, mit
einer anfangs annährend konstanten Länge der Facetten von ca. 740 µm. Wie in
Abb. 5.1.15 gezeigt weitet sich das Facettenband im weiteren Verlauf des
Wachstumsprozesses bis zu einer Länge von ca. 1500 µm auf.
98
Nur in lokal sehr begrenzten Bereichen kann in diesem Züchtungsexperiment das
Auftreten von 111InFacetten mit einer Länge < 530 µm (schwarze Pfeile in Abb. 5.1.15)
im Konus beobachtet werden.
Abbildung 5.1.15: Detailausschnitt aus Abb. 5.1.13 aus dem Konus (InPFe14); Auftreten
von 111In und 111PFacetten (schwarz bzw. weiß markiert).
Hingegen konnte in dem Kristall aus dem Züchtungsexperiment InPFe31, das mit einem
um ca. 3 K/cm höheren axialen Temperaturgradienten (numerischen Modellierung) an
der Phasengrenze durchgeführt wurde, im Bereich des Konus ein durchgehendes
Facettenband aus 111InFacetten beobachtet werden wie in Abb. 5.1.16 gezeigt. In
dieser Probe konnte kein gemeinsames Auftreten von 111P und 111InFacetten
festgestellt werden.
99
Abbildung 5.1.16: Facettenband bestehend aus 111InFacetten (Pfeil) im Bereich des
Konus in Kristall Züchtungsexperiment InPFe31.
In Abb. 5.1.17 ist der nach [110] orientierte Längsschnitt durch den Bereich des Konus
des Kristalls aus Züchtungsexperiment InPFe24 gezeigt. Bei diesem
Züchtungsexperiment wurde ein Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 120° verwendet.
Abbildung 5.1.17: Längsschnitt aus dem Bereich des Konus des Fedotierten Kristalls
aus Züchtungsexperiment InPFe24, Detailausschnitt von Abb. 5.1.18 markiert.
100
Wie in dem Züchtungsexperiment InPFe18 (Abb. 5.1.11) ist auch hier eine
asymmetrische Verteilung der Facettenmorphologie im Bereich des Konus festzustellen.
In der linken Bildhälfte von Abb. 5.1.17 findet sich ein schmales Facettenband. In der
rechten Bildhälfte hingegen können keilförmige Facettenbänder, wie in
Züchtungsexperiment InPFe18 (Abb. 5.1.12), mit einer maximalen Länge der Facetten
von 2520 µm beobachtet werden, wie in Abb. 5.1.18 gezeigt.
Abbildung 5.1.18: Keilförmiges Facettenband, bestehend aus 111PFacetten im
Bereich des Konus, Kristall aus Züchtungsexperiment InPFe24.
Im Gegensatz zu dem Längsschnitt des Sdotierten Kristalls aus dem
Züchtungsexperiment InPFe18 konnten an diesem Längsschnitt keine 111InFacetten
beobachtet werden. Allerdings ist anzumerken, dass in diesem Fall auch der Bereich des
Konus vor der Präparation des Längsschnittes angeschliffen wurde, und somit die
eigentliche Kontaktfläche zwischen Kristall und B2O3Einkapselung der mikroskopischen
Untersuchung nicht mehr zur Verfügung stand.
101
5.1.3 Einfluss des Dotierstoffes auf die Facettenbildung und dasZwillingswachstum
Um den Einfluss der Art und Konzentration der Dotierstoffe zu diskutieren, sollen im
folgenden noch die Untersuchungen zur Facettenbildung in nominell undotierten InP
Kristallen dargestellt werden.
Mit nominell undotierter Ausgangsschmelze wurden zwei Züchtungsexperimente
(InPFe15 und InPFe19) in herkömmlichen Tiegeln mit einem Öffnungswinkel von 160°
durchgeführt. Die Verwendung schwach Sdotierter Keimkristalle führt zu einer S
Verunreinigung der Kristalle, wie bereits in Abschnitt 5.3 beschrieben. Bei keiner dieser
Züchtungsexperimente konnte eine Zwillingsbildung im Übergangsbereich von Keimkanal
zu Konus beobachtet werden.
Als problematisch erwiesen sich die mikroskopischen Untersuchungen zur
Facettenbildung, da auf Grund der geringen Dotierstoffkonzentrationen die
Facettenflächen nur einen geringen Kontrast zu der umgebenden Kristallmatrix zeigen.
So ließen sich in den auftretenden Facettenbändern nur in wenigen Fällen einzelne
Facettenflächen nachweisen.
Abb. 6.1.19 zeigt einen Längsschnitt aus dem Kristall des Züchtungsexperiments
InPFe15. Deutlich ist hier die Ankeimposition zu erkennen, die mit einem Pfeil markiert
ist.
Abbildung 5.1.19: Längsschnitt des nominell undotierten Kristalls aus
Züchtungsexperiment InPFe15; Ankeimposition markiert (Pfeil); Detailausschnitte
markiert.
Direkt über der Ankeimposition werden einzelne idiomorphe Facettenflächen beobachtet,
wie sie bereits in Abb. 5.1.5 gezeigt sind. Im weiteren Verlauf des Kristallwachstums
102
durch den Keimkanal bildet sich ein schmales (ca. 250 µm) Facettenband in dem
einzelne Facettenflächen allerdings nicht aufgelöst, und somit die exakte Facettenlänge
nicht bestimmt werden konnten. Dieses Facettenband weitet sich im Übergangsbereich
von Keimkanal zu Konus auf. An dem Längsschnitt aus Züchtungsexperiment InPFe19
konnten einzelne Facettenflächen beobachtet und deren maximale Länge zu 1070 µm
bestimmt werden. Zwillingsbildung konnte in diesem für Züchtungen mit dotierter
Ausgangsschmelze kritischen Bereich nicht beobachtet werden. In dem konischen
Bereich des Tiegels finden sich unregelmäßige Facettenbänder, wie in Abb. 5.1.20
gezeigt. Da auch hier die Auflösung einzelner Facettenflächen nicht möglich war, war
keine Bestimmung des Facettencharakters möglich.
Abbildung 5.1.20: Längsschnitt aus dem Bereich des Konus des nominell undotierten
Kristalls aus Züchtungsexperiment InPFe15, Detailausschnitt Abb.5.1.21 markiert
Der Detailausschnitt in Abb. 5.1.21 zeigt eine starke Ähnlichkeit mit dem in Abb. 5.1.10
gezeigten Verhältnissen. Zwar ließen sich keine einzelnen Facettenflächen nachweisen,
doch sollten es sich dabei sowohl um 111In als auch um 111PFacetten handeln, wie
in Abb. 5.1.21 angedeutet.
Abbildung 5.1.21: Detailausschnitt aus Abb. 5.1.20 aus dem Übergangsbereich von
Konus zu Zylinder (InPFe15); Auftreten von 111In und 111PFacetten (schwarz bzw.
weiß markiert).
103
Im Übergangsbereich von Konus zu Zylinder in der rechten Bildhälfte von Abb. 5.1.19
zeigt sich ein Facettenband aus 111PFacetten mit einer Länge von ca. 500 µm, wie in
Abb. 5.1.22 gezeigt.
Abbildung 5.1.22: Facettenband aus dem Übergangsbereich von Konus zu Zylinder des
Kristalls aus Züchtungsexperiment InPFe15, Detailaufnahme aus Abb. 5.1.19.
5.1.4 Diskussion
Bis auf wenige Ausnahmen wurde die Zwillingsbildung stets in Zusammenhang mit
Randfacetten beobachtet. Daher sollen im Folgenden die Einflussmöglichkeiten auf die
Facettenmorphologie, die durch das Design des Züchtungsaufbaus und der thermischen
Prozessführung beeinflussbar sind, verglichen werden. Dabei konnten die folgenden
Tendenzen, die auch schon in der Literatur [z.B. Chen90] beschrieben sind, festgestellt
werden.
Einfluss des Temperaturgradienten auf das Facettenwachstum und die Bildung von
Zwillingen
104
Zwar bietet das einfache geometrische Modell der BriceVoronkov Theorie [Che73,
Vor72, Bri70] die Möglichkeit die Facettenlänge in Abhängigkeit von dem
Temperaturgradienten, der Unterkühlung sowie dem Krümmungsradius der
Schmelzisotherme zu berechnen, doch ist es im allgemeinen sehr schwierig exakte
experimentell ermittelte Werte für den Krümmungsradius R und die
Temperaturgradienten im Festkörper gs und in der Schmelze gm anzugeben. Diese sind
meist nur aus globalen numerischen Modellen zugänglich und können daher lokale
Effekte, die in den Bereichen auftreten in denen die Facettenbildung eine wichtige Rolle
als Wachstumsmechanismus spielt, nicht berücksichtigen [Liu99].
Daher können die schon früher beschriebenen Beobachtungen [Che73, Amo98a] über
den Zusammenhang zwischen beobachteter Facettenlänge und dem axialen
Temperaturgradienten
gRT /8 0∆=λ (Gl. 5.1.6)
Mit: = Facettenlänge, ∆T0 = Unterkühlung, R = Krümmung der Schmelzisotherme,
g = Temperaturgradient an der Phasengrenze festflüssig.
für den hier verwendeten Züchtungsaufbau nur qualitativ bestätigt werden. Diese wurden
auch durch numerische Modellierung [Liu99] für oxidische Materialien nachgewiesen bei
der auch Facettenbildung berücksichtigt wurde.
Einfluss der Dotierung auf das Facettenwachstum und die Bildung von Zwillingen
Der Einfluss von Dotierung auf die Länge der Facetten wurde in der Literatur schon
häufig qualitativ beschrieben. Jedoch wurde bisher kein detaillierter Vergleich der
Auswirkungen von verschiedenen Arten von Dotierstoffen auf das Facettenwachstum
veröffentlicht. Daher sollen im Folgenden die gefundenen Ergebnisse zusammengefasst
und mögliche Ursachen für die experimentellen Befunde diskutiert werden. Verglichen
werden Züchtungsexperimente mit nominell undotierter Ausgangsschmelze mit solchen
mit einer hohen Konzentration ([c] > 1018 cm3) an Dotierstoffen (Fe oder S) in der
Ausgangsschmelze bei identischer thermischer Prozessführung vom Typ3a
(Abschnitt 2.1). Dabei ist festzuhalten, dass auf Grund des stark unterschiedlichen
effektiven Verteilungskoeffizienten keff sich in Züchtungsexperimenten mit einer hohen
Konzentration an Dotierstoffen in der Ausgangsschmelze die Konzentrationen im
Festkörper in dem betrachteten Bereichen deutlich unterscheiden. So berechnet sich die
Dotierstoffkonzentration im Festkörper für Züchtungsexperimente welche mit einer
hochdotierten Ausgangsschmelze an Fe durchgeführt wurden im Bereich des Konus
nach der Scheil´schen Gleichung (Gl. 4.1) zu c[Fe] ≈ 5⋅1015 cm3. Auf Grund der
105
Verwendung von dotierten Sdotierten Keimkristallen muss auch für
Züchtungsexperimente mit nominell undotierter Ausgangsschmelze in diesem Bereich
des Kristalls von einer Dotierstoffkonzentration von ca. c[S] ≈ 5⋅1015 cm3 ausgegangen
werden, wie in Abschnitt 4.3 gezeigt. Für Sdotierte Kristalle hingegen beträgt die
Dotierstoffkonzentration in diesem Bereich des Kristalls ca. c[S] ≈ 1⋅1018 cm3.
Ausgewertet wurde bei diesen Experimenten die maximale Facettenlängen im
Keimkanal, im Übergang von Keimkanal zu Konus und im Konus, wie in Abb. 5.1.23 a
schematisch angedeutet. In den in dieser Arbeit untersuchten Proben weisen nominell
undotierte Kristalle in allen Bereichen des Tiegels geringere Facettenlängen auf als
Kristalle, die aus hoch dotierten Ausgangschmelzen gezüchtet wurden, wie aus
Abb. 5.1.23 b und Abb. 5.1.24 zu entnehmen.
a) b)
Abbildung 5.1.23: a) Schematische Darstellung zur Auswertung der maximalen
Facettenlänge am Beispiel eines Längsschnittes des Sdotierten Kristalls aus dem
Züchtungsexperiment InPFe 22; b) maximale gefundene Facettenlänge bei identischer
thermischer Prozessführung in Abhängigkeit von der Dotierung.
Abb. 5.1.23 b zeigt einen Vergleich der maximalen gefundenen Facettenlängen bei
identischer thermischer Prozessführung für Tiegel mit einem Öffnungswinkel von 160° in
Abhängigkeit von der Dotierung.
106
Um eine übersichtliche Darstellung zu erhalten, wurden in Abb. 5.1.24 Mittelwerte aus
den Einzelwerten von Abb. 5.1.23 b für die in der Graphik angegebenen
Züchtungsexperimente gebildet.
Neben der maximalen Facettenlänge in den einzelnen Bereichen des Tiegels, ist in
Abb. 5.1.23 b und Abb. 5.1.24 auch die jeweilige Facettenlänge angegeben, bei der das
Einsetzen der Zwillingsbildung beobachtet wurde. Grundlage der folgenden Diskussion
der experimentellen Befunde sind die Daten aus Abb. 5.1.24.
Im Bereich des Keimkanals konnten keine signifikanten Unterschiede in der
beobachteten Facettenlänge bei Züchtungsexperimenten mit Dotierung ([c] > 1018 cm3)
festgestellt werden. Hingegen weisen Kristalle aus Züchtungsexperimenten ohne
Dotierung im Mittelwert eine um ca. 30 % verringerte Facettenlänge auf.
Abbildung 5.1.24: Maximale Facettenlänge (Mittelwert aus mindestens zwei
Einzelwerten die in Abb. 5.1.23 gezeigt sind, Nummerierung der Züchtungsexperimente
in Klammern angegeben, Standardabweichung als Fehlerbalken) in Abhängigkeit des
Dotierstoffes bei identischer thermischer Prozessführung (Typ3a) für Tiegel mit einem
Öffnungswinkel von 160°.
In den Ergebnissen von Züchtungsexperimenten mit Dotierung variiert die Facettenlänge
in Abhängigkeit von der Art des Dotierstoffes besonders im kritischen Bereich des
Übergangs vom Keimkanal in den Konus. So sind die Facetten, die in Sdotierten
Kristallen beobachtet wurden, im Mittel um 80 % länger als in Fedotierten Kristallen.
107
Nominell undotierte Kristalle weisen im Mittel dagegen um ca. 26 % kürzere Facetten auf
als Fedotierte Kristalle.
Wie schon weiter oben beschrieben, konnte Zwillingsbildung nur in
Züchtungsexperimenten mit hochdotierten Ausgangsschmelzen beobachtet werden.
Dabei war eine erhöhte Wahrscheinlichkeit zur Bildung von Zwillingen in Sdotierten
Kristallen zu beobachten, wobei die Zwillingsbildung bei einer größeren Facettenlänge
einsetzte, wie aus Abb. 5.1.24 zu entnehmen.
Im eigentlichen Konusbereich konnte in Züchtungsexperimenten mit Sdotierter
Ausgangsschmelze keine Facettenbildung beobachtet werden. Hingegen traten sowohl in
nominell undotierten Kristallen als auch in Fedotierten Kristallen sowohl 111P als auch
111In Facetten auf, wie in den vorhergehenden Abschnitten beschrieben.
Diese Beobachtungen geben einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Natur und
Konzentration des Dotierstoffes einen signifikanten Einfluss auf die Facettenbildung hat.
Da nur für dotierte Kristalle Zwillingsbildung beobachtet wurde, kann gefolgert werden,
dass die Bildung von Zwillingen in hochdotierten Ausgangsschmelzen begünstigt ist.
Im Folgenden sollen mögliche Einflussgrößen, unter der Voraussetzung identischer
thermischer Randbedingungen, diskutiert werden. Da bei identischer thermischer
Prozessführung sich auch die Strömungsverhältnisse an der Phasengrenze nicht
signifikant unterscheiden sollten, sind signifikante Einflüsse auf die Bildung von Facetten
durch unterschiedliche konvektive Verhältnisse in der Schmelze auszuschließen.
Eine mögliche Erklärung für die Beobachtungen bieten Überlegungen zum Einfluss von
Fremdatomen auf die Wachstumskinetik gerader Stufen [Che73, Vor74]. Da für die
Parameter in den weiter unten diskutierten Gleichungen keine gesicherten Daten für die
untersuchte VGFKonfiguration vorliegen, können nur theoretische Überlegungen zu den
zu Grunde liegenden Mechanismen durchgeführt werden.
Voronkov [Vor74] weist daraufhin, dass Fremdatome neben einer Veränderung der
Kristallisationstemperatur im thermodynamischen Gleichgewicht auch einen
entscheidenden Einfluss auf die kinetischen Prozesse an der Wachstumsfront haben. Da
der Einbau von Fremdatomen, die an der Phasengrenze adsorbiert sind, in das
Kristallgitter einen erhöhten Energieaufwand erfordert, wird dadurch die laterale
Wachstumsgeschwindigkeit der Stufen verringert. Neben dem Verhältnis der
Konzentrationen der Fremdatome in Kristall cs und an der Grenzfläche cGF stellt auch die
Verweilzeit der Fremdatome (Affinität) an der Phasengrenze einen entscheidenden
Parameter dar. Hingegen wird der Einfluss der Konzentration des Dotierstoffes in der
Schmelze als vernachlässigbar betrachtet. Am Beispiel von Si wurde gezeigt [Vor74],
dass, bei geringer Unterkühlung und einer hohen Affinität der Fremdatome, es zu einer
Verhinderung des Stufenwachstums kommt und sich der Stufenbereich zwischen den
Fremdatomen auf Grund der zunehmenden Grenzflächenenergie krümmt. Weiteres
108
Wachstum kann dann nur durch eine verstärkte Triebkraft (H∆T)/(kT2) d.h. eine Erhöhung
der Unterkühlung ∆T (bei H = konst. nach Gl. 5.1.6 gleichbedeutend mit einer Zunahme
der Facettenlänge) erreicht werden. Der Übergang von verlangsamtem zu raschem
Wachstum (Einbau der Verunreinigungen) erfolgt nach Voronkov [Vor74] wenn gilt:
)1(ln 12
−+−≈∆
χχGFckT
TH (Gl. 5.1.7)
Mit: H = latente Wärme, k = Boltzmann Konstante, ∆T = Unterkühlung,
cGF = Konzentration des Dotierstoffes an der Grenzfläche festflüssig, χ = „reziproker
Verteilungskoeffizient“ = cGF/cS.
In der Arbeit von Voronkov sind die Werte für den reziproken Verteilungskoeffizienten von
Al bzw. P bei der Züchtung von Si mit 10 und 3 angegeben. Da der Unterschied in
Verteilungskoeffizienten von Al und P in Si (0,002 und 0,35) in der selben
Größenordnung liegt wie für Fe bzw. S in InP lassen sich für deren reziproken
Verteilungskoeffizienten in grober Näherung ähnliche Werte erwarten.
Schätzt man unter diesen Voraussetzungen (mit konstanten Werten für H und T) mit Hilfe
von Gl. 5.1.7 qualitativ die resultierende Unterkühlung ∆T ab, ergibt sich ∆T(Fe) > ∆T(S).
Da das Wachstum einer ebenen Stufe an dem Punkt der größten Unterkühlung einsetzt,
die in dem hier betrachteten Fall abhängig von der Länge der Facetten ist, ergibt sich für
die Facettenlänge λ nach Gl. 5.1.6: λ(Fe) > λ(S). Dies widerspricht jedoch den im
Rahmen dieser Arbeit gefundenen Beobachtungen. Daher scheint es nicht möglich das
von Voronkov [Vor74] entwickelte Modell, welches den Einfluss von Dotierstoffen auf die
Kinetik beim Wachstum atomar glatter Stufen beschreibt, direkt auf den hier vorliegenden
Sachverhalt zu übertragen. Somit ist eine Hemmung der Wachstumskinetik gerader
Stufen durch die Adsorption von Dotierstoffen an der Phasengrenze nicht für die
beobachteten Unterschiede in den Facettenlängen für unterschiedliche Dotierstoffe
verantwortlich.
Neben Auswirkungen auf die Wachstumskinetik sind, auch im Hinblich auf die
Problematik der Zwillingsbildung, Einflüsse auf die Keimbildung von großem Interesse. In
einem ersten Schritt soll versucht werden die Art des Dotierstoffes mit der beobachteten
Länge der Facetten in Beziehung zu setzen. Im zweiten Schritt soll dann auf die
Auswirkungen auf die Neigung zur Zwillingsbildung näher eingegangen werden.
Da nach [Wil88] die Bildung von Flächenkeimen analog der homogenen Keimbildung
behandelt werden kann, soll im Folgenden zunächst die explizite Form der allgemeinen
109
Gleichung [Che73] für die Keimbildungsrate J bei homogener Keimbildung nach
Hinweisen auf mögliche Einflussgrößen untersucht werden.
∆
Ω−−Ω= 2
32
316exp)/exp()/(2
µ
σπσ
kTkTGhkTNJ ai (Gl. 5.1.9)
Mit: = spezifisches Volumen pro Partikel im Kristall, Ni = Anzahl dieser Partikel in der
Schmelze, k = Boltzmann Konstante, h = Planck Konstante, = spezifische freie
Oberflächenenergie der Grenzfläche festflüssig, ∆Ga = Aktivierungsenergie zur
Anlagerung eines Elementarpartikels an einen Keim, ∆µ = Unterschied der chemischen
Potentiale zwischen der Schmelze und Kristall
Da in dem hier betrachteten Konzentrationsbereichen für die verschiedenen Dotierstoffe
keine signifikanten Unterschiede in dem Betrag des spezifischen Volumens und dem
Unterschied der chemischen Potentiale ∆µ erwartet werden, stellen die
Aktivierungsenergie zur Anlagerung eines Elementarpartikels ∆Ga und die spezifische
freie Oberflächenenergie der wachsenden Stufe mögliche Ansatzpunkt dar.
Wenn die Aktivierungsenergie zur Anlagerung eines Elementarpartikels an einen Keim
durch die Art des Dotierstoffes beeinflussbar ist, so erscheint es angebracht eine
ähnliche Argumentation zu verwenden, wie sie bereits bei der Diskussion zum Einfluss
der Dotierstoffe auf die Wachstumskinetik aufgezeigt wurde. So ist anzunehmen, dass
eine hohe Konzentration von Dotierstoffen an der Oberfläche der gebildeten Keime eine
Anlagerung weiterer Elementarpartikel an den Keim erschwert. Wie weiter oben bereits
diskutiert sollte cGF positiv mit dem Verteilungskoeffizienten k korrelierbar sein. Ist dies
der Fall sollte mit steigender Konzentration von Dotierstoffen an der Oberfläche der
gebildeten Keime auch die Aktivierungsenergie zur Anlagerung weiterer
Elementarpartikel zunehmen. Als Konsequenz daraus müsste die Aktivierungsenergie für
die Anlagerung weiterer Elementarpartikel in Sdotierten Systemen positivere Werte als in
Fedotierten Systemen und somit einen geringeren Wert für die Keimbildungsrate
aufweisen. Um dennoch gleiche Wachstumsgeschwindigkeiten zu beobachten, muss
also eine höhere Übersättigung erreicht werden. Da im Fall der Züchtung aus der
Schmelze die Übersättigung proportional zur Unterkühlung ∆T ist, sollten in Sdotierten
Systemen größere Unterkühlungen und damit wie oben bereits ausgeführt längere
Facettenflächen zu beobachten sein. Nach Gl 5.1.6 erfordert eine Verdoppelung der
Facettenlänge eine Erhöhung der Unterkühlung um den Faktor vier. Um unter diesen
Bedingungen eine konstante Wachstumsgeschwindigkeit zu erhalten ist eine starke
Änderung der Parameterwerte im präexpotentiellen Term notwendig [Bra06]. Daher
erscheint es fraglich ob dieser Effekt eine so ausgeprägte Änderung der
110
Keimbildungsrate hervorrufen kann wie sie für die beobachteten Unterschiede in der
Länge der Facetten notwendig ist.
Um den Einfluss der Grenzflächenenergie auf die Facettenlänge im Fall der heterogenen
Keimbildung, wie sie auch bei Schäfer [Sch94] angegeben wird, zu diskutieren kann
Gl. 5.1.9 analog Gl. 5.1.3 zusammengefasst werden:
∆∆⋅
−⋅⋅=
TSh
kTBAJ St
21expσπ
(Gl. 5.1.10)
Mit: A = Fläche auf der Keime gebildet werden können, B = PräExpotentialterm (siehe
Gl. 5.1.9), h = Höhe einer neugebildeten Wachstumsstufe, St = Grenzflächenenergie der
Wachstumsstufe, ∆S = Änderung der Entropie, ∆T = Unterkühlung.
Unter der Annahme, dass der oben beschriebene Effekt der Aktivierungsenergie auf die
Keimbildungsrate vernachlässigbar ist, soll nun der Einfluss der Dotierung auf die
Grenzflächenenergie diskutiert werden. Quantitative Aussagen über den Einfluss der
Grenzflächenenergien sind nur in Ausnahmefällen möglich, da die Unterkühlung sowohl
im Nenner des Expotentialterms als auch in dem präexpotentiellen Term auftritt. Die
Grenzflächenenergie hingegen steht zum Quadrat im Zähler des Expotentialterms. Die
Annahme 2/∆T = const. ist nur gültig wenn sehr große Faktoren im Expotentialterm
hinzu multipliziert werden [Bra06]. Unter der Annahme, dass außer der
Grenzflächenenergie und der Unterkühlung in Gl. 5.1.10 alle Parameter konstant bleiben,
beobachtet man bei konstanter Wachstumsrate in Systemen mit größerer
Grenzflächenenergie eine stärkere Unterkühlung. Nach Gl. 5.1.6 führt eine stärkere
Unterkühlung auch zu einer Erhöhung der Facettenlängen.
Ein Vergleich der Facettenlängen aus Züchtungsexperimenten mit hochdotierten
Schmelzen zeigt einen Zusammenhang zwischen den beobachteten Facettenlängen und
dem Verteilungskoeffizienten k. So finden sich, bei gleicher Dotierung der
Ausgangsschmelze, bei Sdotierten Kristallen (keff(S) = 0,23) signifikant größere
Facettenlängen als bei Fedotierten Kristallen (keff(Fe) = 0,001). Daraus ergeben sich, wie
weiter oben diskutiert, auch deutlich unterschiedliche Konzentrationen der Dotierstoffe an
der Grenzfläche KristallSchmelze. Berechnet man die im Kristall auftretenden
Dotierstoffkonzentrationen für Fedotierte und nominell undotierte Kristalle nach der
Scheil´schen Gleichung (Gl. 4.1), stellt man in beiden Fällen eine annährend identische
Dotierstoffkonzentration von ca. 5⋅1015 cm3 fest. Betrachtet man weiterhin die Ähnlichkeit
in der Länge und Morphologie der Facetten so scheinen die Mechanismen zur
Facettenbildung maßgeblich durch die Konzentration der Dotierstoffe an der Grenzfläche
KristallSchmelze beeinflusst zu werden. Zwar erscheint ein Zusammenspiel aller
111
diskutierten Effekte für den Einfluss der Dotierstoffe auf die Facettenmorphologie
wahrscheinlich, doch dürfte die Veränderung der Grenzflächenenergie durch die
Gegenwart von Dotierstoffen dazu den wichtigsten Beitrag liefern.
Wie in Abschnitt 5.1.1 bereits ausgeführt, sollten 111PFacetten laut Theorie bei der
Verwendung von Tiegeln mit einem Öffnungswinkel von 160° nicht mehr bis an die
Dreiphasengrenze KristallSchmelzeB2O3 reichen. Zwar kann das Auftreten von „Mikro“
111InFacetten mit extrem kleinen Facettenlängen im Bereich des Konus nicht völlig
ausgeschlossen werden, doch konnten in einigen Fällen auch gut ausgebildete 111In
Facetten beobachtet werden (siehe Abb. 5.1.16). Ob das Auftreten von 111P
Randfacetten in Züchtungsexperimenten mit Fedotierten Ausgangsschmelzen unter
Verwendung von Tiegeln mit einem Öffnungswinkel von 160° durch den Einfluss des
Dotierstoffes (siehe Abb. 5.1.15 und Abb. 5.1.21) durch die oben erwähnten
Einflussgrößen hervorgerufen wird, kann anhand der vorliegenden Daten nicht eindeutig
entschieden werden. Allerdings ist auch hier in denjenigen Züchtungsexperimenten in
welchen bei identischer thermischer Prozessführung das Auftreten von 111In Facetten
beobachtet wurde, nach der Scheil´schen Gleichung (Gl. 4.1) eine annährend identische
Dotierstoffkonzentration von ca. 5⋅1015 cm3 im Festkörper zu beobachten. Hingegen
konnten bei identischer Tiegelgeometrie in Züchtungsexperimenten mit Sdotierter
Ausgangschmelze und einer hohen Konzentration von Dotierstoff im Festkörper
(c[S] ≈ 1⋅1018 cm3) keine Facettenbildung im Bereich des Konus nachgewiesen werden
was gut mit den Vorhersagen der Theorie [Hur95] übereinstimmt. Somit scheint auch in
diesem Fall die Konzentration der Dotierstoffe an der Grenzfläche KristallSchmelze den
entscheidenden Faktor für die Ausbildung der Facetten darzustellen.
Einen Hinweis auf die Bedeutung der Grenzflächenenergie bei der Bildung von
Flächenkeimen in Zwillingsorientierung gibt Schäfer [Sch94] in einer Sensitivitätsanalyse
die er auf Basis der von Hurle [Hur95] verwendeten Daten durchführte. Dabei wurde der
Einfluss verschiedener Größen auf die für die Zwillingsbildung an der Dreiphasengrenze
erforderliche kritische Unterkühlung (Gl. 5.1.8) untersucht.
FHhT
T mZwc ⋅
∆⋅⋅
=∆γ
(Gl. 5.1.11)
Mit ∆Tc = kritische Unterkühlung, h = Stufenhöhe, ∆H = latente Wärme,
Tm = Schmelztemperatur, γZw = Grenzflächenenergie einer Zwillingsgrenze,
F = Proportionalitätsfaktor, abhängig von der Geometrie an der Dreiphasengrenze und
den Grenzflächenenergien.
112
Dabei zeigte sich eine empfindliche Abhängigkeit der kritischen Unterkühlung ∆Tc von der
Grenzflächenenergie σSB (Schmelze – B2O3) und der Grenzflächenenergie σ0KB (singuläre
111 – Fläche – B2O3) (siehe Gl. 5.1.4).
Vergleicht man Gl. 5.1.3 mit Gl. 5.1.10 zur Bildungsrate von Keimen auf einer singulären
Fläche (Facette), findet man den Betrag der Oberflächenenergie als einzigen Unterschied
zwischen Zwillingskeimen und normal orientierten Keimen. Dieser ist begründet in der
Fehlorientierung des Zwillingskeims. Somit kann aus den je nach Dotierung
unterschiedlichen Facettenlängen und der unterschiedlich ausgeprägten Neigung zur
Zwillingsbildung bei identischer thermischer Prozessführung, auf eine Veränderung der
Grenzflächenenergien geschlossen werden.
Die zur Bildung eines Zwillingskeims notwendige Unterkühlung ∆T für hochdotierte InP
Schmelzen lässt sich, unter Vernachlässigung der Krümmung der Isothermen in der
Nähe der Tiegelwand, aus den beobachteten Facettenlängen und dem axialen
Temperaturgradient in der numerischen Simulation für die thermische Prozessführung
des Typ3a abschätzen:
∆T(InP:Fe) > 1,3 K, ∆T(InP:S) > 1,5 K
Mangels ausreichender Datenpunkte erscheint eine analoge Auswertung für andere
thermische Prozessführungen nicht sinnvoll. Nach dieser Betrachtung sollte die Neigung
zur Zwillingsbildung in InP:Fe stärker ausgeprägt sein. Daher ist festzuhalten, dass die
unterschiedlichen Facettenlängen nicht alleine für die unterschiedlich ausgeprägte
Neigung zur Zwillingsbildung verantwortlich sein können. So ist aus der Literatur bekannt,
dass sich die Stapelfehlenergie bei einer Dotierung mit S von 18 mJ/m2 [Got78]
(undotiert) auf 10 mJ/m2 [Azz89] (c°[S] = 5⋅1018 cm3) verringert. Die in dieser Arbeit
festgestellte Neigung zur Zwillingsbildung:
InP:S > InP:Fe >> InP
könnte als Hinweis für eine Stapelfehlenergie von InP:Fe zwischen der des undotierten
und des InP:S interpretiert werden. Dies drückt sich auch in den unterschiedlichen
Konzentrationen des Dotierstoffes an der Grenzfläche KristallSchmelze, wie weiter oben
bereits ausgeführt, aus. Vergleicht man jedoch die annährend gleich große
Dotierstoffkonzentrationen im kristallinen Feststoff von InP und InP:Fe, die nach den
Überlegungen zu der Wachstumskinetik positiv mit der Konzentrationen des Dotierstoffes
an der Grenzfläche KristallSchmelze korreliert sind, so scheint es unwahrscheinlich dass
ausschließlich die Stapelfehlenergie für die starke Neigung zur Zwillingsbildung von
InP:Fe verantwortlich sein soll. Ob ein signifikanter Einfluss der Dotierstoffkonzentration
auf die Grenzflächenenergie σ0KB (singuläre 111 – Fläche – B2O3) vorliegt, erscheint
nach diesen Überlegungen ebenfalls zweifelhaft.
Da für InP:S und InP:Fe in der Schmelze annährend gleiche Dotierstoffkonzentrationen
vorliegen, liegt die Vermutung nahe, dass, wie in der Sensitivitätsanalyse von Schäfer
113
[Sch94] gezeigt, auch der Grenzflächenenergie σSB (Schmelze – B2O3) eine wichtige
Bedeutung zukommt. Weiterhin ist auch ein Einfluss der Dotierstoffkonzentration in der
Schmelze auf den Benetzungswinkel und somit auf das Gleichgewicht der
Grenzflächenenergien an der Dreiphasengrenze (Gl. 5.1.4) denkbar. Doch liegen, auf
Grund des hohen experimentellen Aufwands, in der Literatur keine experimentellen
Daten für die Abhängigkeit der Grenzflächenenergien sowie des Benetzungswinkels von
der Art und Konzentration de Dotierstoffes unter Züchtungsbedingungen vor.
Welchen Einfluss die Art des Dotierstoffes auf die Neigung zur Zwillingsbildung hat kann
aus den vorliegenden Daten nicht geklärt werden. Auffällig jedoch ist die Tatsache, dass
das System in dem der Dotierstoff auf PPositionen in das Kristallgitter eingebaut wird im
Vergleich zu einem Einbau des Dotierstoffes auf InPositionen eine erhöhte Neigung zur
Zwillingsbildung beobachtet wird. Da von Dudley [Dud98] gezeigt werden konnte welch
große Bedeutung die Polarität der Facettenflächen auf die Zwillingsbildung hat, kann ein
Zusammenhang zwischen der Art des Dotierstoffes und der Neigung zur Zwillingsbildung
nicht ausgeschlossen werden.
Auf Grund der obigen Überlegungen scheint die Konzentration des Dotierstoffes an der
Grenzfläche KristallSchmelze einen starken Einfluss auf die Bildung von Facetten und
das Auftreten von Zwillingen zu haben. Damit ist die Tendenz zur Zwillingsbildung bei
identischer thermischer Prozessführung in gegebenen Systemen (nleitendes InP mit S
Dotierung oder semiisolierendes InP mit FeDotierung) bereits durch die Konzentration
und die Art des Dotierstoffen vorgegeben.. Eine begrenzte Einflussmöglichkeit auf die
Neigung zur Zwillingsbildung bietet die Wahl der Tiegelgeometrie. Zwar konnte gezeigt
werden, dass im Bereich des Konus die Bildung von 111PFacetten durch die
Verwendung eines Tiegels mit einem Öffnungswinkel von 160° unterdrückt werden kann,
doch zeigt sich auch, dass besonders der Übergangsbereich von Keimkanal zu Konus, in
dem sich der Öffnungswinkel kontinuierlich ändert, den für die Zwillingsbildung
kritischsten Bereich darstellt. Damit kommt der Forderung nach thermischer Stabilität der
Züchtungsanlage [Sah04, Zem96] eine überragende Bedeutung bei der Vermeidung von
Zwillingsbildung zu.
114
5.2 Versetzungsbildung und polykristallines Wachstum in InP Kristallen
In diesem Kapitel sollen einige Grundlagen zur Bildung von Versetzungen und zu den
Versetzungen in der Zinkblendestruktur im Speziellen vorgestellt werden. Die
auftretenden Versetzungstypen und ihre Nachweisverfahren werden kurz beschrieben.
Außerdem wird der Einfluss der Prozessparameter auf das Auftreten von Fehlwachstum
und die laterale sowie axiale Versetzungsverteilung aufgezeigt. Nach einer kurzen
Beschreibung der Möglichkeiten der numerischen Modellierung zur
Versetzungsverteilung werden die experimentellen Ergebnisse diskutiert.
5.2.1 Grundlagen der Versetzungstheorie
Im Gegensatz zu der Zwillingsbildung, die wie Korngrenzen als flächenhafte Defekte
bezeichnet werden, sind Versetzungen linienhafte Defekte der Kristallstruktur. Die
Auswirkungen auf die Kristallstruktur vom Zinkblendetyp lässt sich am anschaulichsten
durch eine Zeichnung wie in Abb. 5.2.1 verdeutlichen.
Abbildung 5.2.1: a) 60°Versetzung in der Kristallstruktur vom Zinkblendetyp, b) Gleiten
der Versetzung durch umklappen von Bindungen. Aus [Boh95].
In einem Gedankenexperiment werden die „Bindungen“ der Kristallstruktur entlang der
gestrichelten Linie in Abb. 5.2.1 a) getrennt und ein Teil der Struktur oberhalb dieser Linie
um einen Vektor b = ½<110> verschoben. Dieser Verschiebungsvektor, der immer den
kürzest möglichen Vektor des Kristallgitters darstellt, wird Burgersvektor genannt. Die
Linie, an der dadurch ungesättigte Bindungen auftreten, wird als Versetzungslinie mit
dem Linienvektor l bezeichnet. Eine Klassifizierung der Versetzungstypen erfolgt über
den Winkel zwischen dem Linienvektor l und dem Burgersvektor b. Beträgt dieser Winkel
90°, so spricht man von einer reinen Stufenversetzung. Verlaufen Burgersvektor und
Linienvektor parallel, so wird dieser Versetzungstyp als Schraubenversetzung
115
bezeichnet. In dem hier gezeigten Beispiel bildet der Burgersvektor b mit dem
Linienvektor l einen Winkel von 60°, man spricht von einer sogenannten 60°Versetzung,
die den häufigsten Versetzungstyp in IIIV Halbleitern darstellt.
Versetzungen können sich auch über makroskopische Distanzen im Kristall bewegen.
Dabei unterscheidet man zwei Bewegungsmechanismen, das Gleiten und das Klettern.
Durch ein „Umklappen“ von Bindungen, wie es in Abb. 5.2.1 b dargestellt ist, kann sich
die Versetzung bewegen, ohne dass eine Umlagerung von Atomen oder ein
Materialaustausch stattfindet. Man spricht hier von einer „konservativen“ Bewegung.
Beschrieben wird dieser Vorgang durch die Ebene in der sich die Versetzungslinie
bewegt und dem Richtungsvektor der Bewegung, der einem Burgersvektor entspricht.
Zusammen wird dies als Gleitsystem bezeichnet. Im Beispiel in Abb. 5.1 b ist 111 die
Gleitebene und ½ < 011 > der Burgersvektor. Das Gleitsystem wird dann mit
111 ½ < 011 > als Symbol beschrieben. Entgegen dieser Modellvorstellung wird in
realen Systemen eine Rekonstruktion des Kristallgitters sowie ein Aufspalten der
Versetzungen in Partialversetzungen beobachtet [Boh95].
Neben der Form des Gleitens können sich Versetzungen auch aus der Gleitebene hinaus
bewegen. Diese Art der (nichtkonservativen) Bewegung, die man Klettern nennt, erfordert
die Umlagerung von Materie [Boh95].
Durch die Verformung des Kristallgitters baut sich in der Umgebung einer Versetzung ein
Spannungsfeld auf. Dabei nimmt die Verspannung des Kristallgitters mit 1/r ab
(r = Entfernung von der Versetzung). Der Anteil an elastischer Verformungsenergie E, der
in diesem Spannungsfeld enthalten ist, berechnet [Boh95] sich wie folgt:
E/l = αG⋅b2 (Gl. 5.2.1)
Mit E als elastische Energie pro Linienlänge l, G Schubmodul, b dem Burgersvektor der
Versetzung und α einem Proportionalitätsfaktor, abhängig von Versetzungstyp,
Materialsystem und vorherrschender Versetzungsdichte, typischerweise mit Werten 0,5
1,5.
Auf Grund der quadratischen Abhängigkeit von der Länge des Burgersvektors werden
stets Versetzungen mit möglichst kurzem Burgersvektor gebildet um den Energiegehalt
zu minimieren. Im Strukturtyp der Zinkblende ist aus den geometrischen Gegebenheiten
des Kristallgitters der Vektor ½ <110> der kürzeste Gittervektor. Im Gegensatz zu
Punkdefekten liegen aufgrund der hohen Energien Versetzungen nicht im
thermodynamischen Gleichgewichtszustand eines Kristalls [Hur04] und müssen somit
durch NichtGleichgewichtsprozesse entstehen.
116
Für Kristalle, die aus der Schmelze gezüchtet werden kommen die folgenden Prozesse
für die Entstehung von Versetzungen in Betracht:
• Entstehung der Versetzungen durch plastische Deformation des Kristalls,
verursacht durch thermische Spannungen.
• Versetzungen wachsen vom Keim in den Kristall ein.
• Kondensation von Punktdefekten
Allerdings spielen die beiden letztgenannten Mechanismen nur in versetzungsarmen
Kristallen der IIIV Verbindungshalbleiter eine Rolle.
Jordan [Jor89] entwickelte ein einfaches theoretisches Modell um die Entstehung von
Versetzungen mit den auftretenden thermischen Spannungen zu verknüpfen. Darin
postuliert er einen kritischen Spannungswert, den CRSS „Critical Resolved Shear
Stress“. Übersteigen die auftretenden thermischen Spannungen diesen
materialspezifischen Wert, so ist die entstehende Versetzungsdichte proportional zu
dieser Differenz. Sind die auftretenden Spannungen kleiner, reagiert der Kristall mit
elastischer Verformung und die Versetzungsdichte bleibt konstant. Obwohl in diesem
Modell einige unrealistische Annahmen [Bir03, Völ88] eingehen, lässt sich in der Praxis
häufig eine qualitative Übereinstimmung zwischen dem Modell und Experiment
beobachten [Böt99].
Ein realitätsnäheres Modell wurde von Völkel und Müller [Völ89, Völ94] vorgestellt.
Basierend auf dem Modell von Haasen und Alexander wird in diesem Modell die zeitliche
Entwicklung der Versetzungsdichte mit der plastischen Deformation verknüpft und in zwei
gekoppelten Differentialgleichungen beschrieben. Völkel konnte dieses Modell im
Rahmen seiner Dissertation [Völ88] durch den Vergleich zwischen berechneter und
experimentell gefundener Versetzungsdichte für die Züchtung von InP nach dem LEC
Verfahren verifizieren.
5.2.2 Versetzungstypen in dem Strukturtyp der Zinkblende
Wie aus den Betrachtungen zum Energiegehalt von Versetzungen hervorgeht, haben
Versetzungen im Strukturtyp der Zinkblende mit Burgersvektoren von ½ <110> den
geringsten Energiegehalt, da diese den kürzest möglichen Gittervektor in diesem
Strukturtyp darstellen. Aus rein geometrischen Überlegungen [Boh95, Ho58] ergeben
sich eine Vielzahl von Versetzungstypen mit Burgersvektoren ½ <110> in dieser
Kristallstruktur, die sich nicht nur auf das Gleitsystem 111 ½ < 011 > beschränken. In
Tab. 5.2.1 sind alle in diesem System möglichen Versetzungen aufgelistet.
Nicht notwendigerweise existieren alle in Tab. 5.2.1 aufgeführten Versetzungstypen auch
in der Realität. Eine tabellarische Auflistung der bisher in Kristallen der IIIV Halbleiter
beschriebenen und den im Rahmen dieser Arbeit identifizierten Versetzungstypen findet
sich in Tab. 5.2.2.
117
VersetzungsTyp
Linien vektorl
Winkelzwischen
l und bGleitebene
SchraubenVersetzung <110> 0° 60° Versetzung <110> 60° 111
StufenVersetzung <110> 90° 10030° Versetzung <211> 30° 111
StufenVersetzung <211> 90° 11173° Versetzung <211> 73°13´ 31154° Versetzung <211> 54°44´ 110
StufenVersetzung <100> 90° 11045° Versetzung <100> 45° 100
Tabelle 5.2.1: Geometrisch mögliche Versetzungen im Strukturtyp der Zinkblende nach
[Hor58].
Bei höheren Versetzungsdichten dominieren typischerweise 60°Versetzungen, mit deren
Hilfe thermische Spannungen im Kristallgitter abgebaut werden. Für InP konnten bisher
außer 60°Versetzungen in VGFMaterial nur ein weiterer Versetzungstyp zweifelsfrei
identifiziert werden [Sah04]:
• Stufenversetzungen mit Linienvektor parallel zu <211>.
Zwar fanden sich auch Hinweise für das Auftreten von 45°Versetzungen, doch konnte
ihre Existenz nicht eindeutig bewiesen werden.
Auch für GaAs wurden in früheren Arbeiten am Erlanger Kristallabor weitere
Versetzungstypen beschrieben:
• Stufenversetzungen mit Linienvektoren parallel zu <100> bzw. <211> [Bir04]
• 45° Versetzungen [Bir04]
In den Arbeiten wird darauf hingewiesen, dass diese Versetzungstypen erst bei niedrigen
Versetzungsdichten (EPD < 200 cm2) auftreten und bei höheren Versetzungsdichten
60°Versetzungen den dominierenden Versetzungstyp darstellen.
5.2.3 Experimentelle Befunde zur Versetzungsbildung in InPKristallen
Die Charakterisierung von Versetzungen wurde, wie in Abschnitt 3.3.1 beschrieben,
mittels Ätztechniken oder Beugungsverfahren durchgeführt.
Mit Hilfe der mit geringem experimentellem Aufwand durchführbaren Ätzverfahren erfolgt
die Bestimmung der mittleren Versetzungsdichte, doch ist eine Charakterisierung der
Versetzungstypen anhand der Form der Ätzgruben nur unter Vorbehalten möglich
118
[Hir98]. Mit Hilfe der XRT können, wie in Abschnitt 5.2.3.5 ausgeführt, auch die einzelnen
Versetzungstypen eindeutig identifiziert werden.
In diesem Abschnitt soll der Einfluss der Prozessparameter auf die Verteilung und das
Auftreten der einzelnen Versetzungstypen, sowie auf die Entwicklung der mittleren
Versetzungsdichte aufgezeigt werden.
5.2.3.1 Verteilung der Versetzungen im Kristall
Laterale Verteilung der Versetzungen:
Die Kenntnis der lateralen Verteilung von Versetzungen auf den Substratwafern ist für
Hersteller von Epitaxieschichten von entscheidender Bedeutung, da gegebenenfalls
Bauelemente in Gebieten mit hoher Versetzungsdichte vermieden werden können.
Abb. 5.2.2 zeigt die laterale Verteilung der Versetzungen auf Scheiben aus dem
Kristallzüchtungsexperiment InPFe14. Die Züchtung erfolgte aus Fedotierter
Ausgangsschmelze in einem herkömmlichen Tiegel mit Konus nach der Prozessführung
Typ3a in Abschnitt 2.3.
In Abb. 5.2.2 a sind deutliche Zwillingslamellen zu erkennen. Dabei entspricht die rechte
Hälfte der Scheibe der ursprünglich vorgegebenen Wachstumsrichtung <100> mit einer
mittleren EPD ≈ 1700 cm2.
a) b)
Abbildung 5.2.2: Laterale Verteilung der Versetzungsdichte auf Scheiben aus dem Fe
dotierten Kristall InPFe14; a) Scheibe direkt oberhalb des Konus, b) Scheibe aus dem
keimfernen Bereich des Kristalls.
119
Durch Untersuchungen der Symmetrie der Ätzgrübchen konnte gezeigt werden, dass
auch die Bereiche die nach der Entstehung der Zwillingslamelle gewachsen sind, nach
<100> orientiert sind und in diesem Bereich der Scheibe eine mittlere EPD < 1000 cm2
auftritt. So weist die in Abb. 5.2.2 gezeigte Scheibe mit einer mittleren EPD ≈ 1000 cm2
keine Bereiche mit der ursprünglichen Orientierung mehr auf.
Auf beiden Scheiben ist die häufig beschriebene charakteristische Anhäufung der
Versetzungen an den [100]Polen, sowie generell in den Randbereichen zu erkennen.
In Abb. 5.2.3 ist für die Scheibe die direkt oberhalb des Konus entnommen wurde die
beobachtete EPD pro Messfeld für die kristallographische [110] und [100]Richtung
aufgetragen. Dabei lässt sich für die [100]Richtung über den gesamten Durchmesser im
Mittel ein um 20 % höherer Wert der EPD pro Messfeld feststellen.
Abbildung 5.2.3: Beobachtete EPD pro Meßfeld für die zwei kristallographischen
Richtungen <110> und <100> eines Wafers direkt über dem Konus des Kristalls InPFe14
mit einer mittleren EPD ≈ 3000 cm2.
Besonders ausgeprägt konnte dieses Versetzungsmuster auf Scheiben mit einer
EPD > 2000 cm2 beobachtet werden (siehe Abb. 4.3.2).
120
Nach Ono [Ono88] wird das beobachtete Verteilungsmuster durch die Einwirkung
thermischer Spannungen während des Abkühlungsprozesses erzeugt. Wie weiterhin
gezeigt, werden dabei für dieses Verteilungsmuster bevorzugt 60°Versetzungen in dem
Gleitsystem 111 ½ < 011 > gebildet. Dieses Modell das bereits in [Bir03, Sah04]
ausführlich diskutiert wurde, ermöglicht eine gute qualitative Beschreibung der lateralen
Versetzungsverteilung bei hohen Versetzungsdichten.
Zwar lassen sich an allen untersuchten Testscheiben versetzungsfreie Bereiche
erkennen, die in manchen Fällen netzartig von Versetzungen umgeben sind, doch ist die
ausgeprägte zellulare Struktur, die für GaAs häufig beschrieben wird [Nau01], in InP nicht
zu beobachten [Rud04, Rud05].
Die Auswirkungen auf die Verteilung der Versetzungen, die sich durch Art und Menge
von Dotierstoff, Veränderung der Tiegelgeometrie und der Prozessführung ergeben,
betreffen den Wert der mittleren EPD sowie deren axialen Verlauf und sollen in den
nächsten Abschnitten aufgezeigt werden.
Axiale Verteilung der Versetzungen
In Abb. 5.2.4 ist der axiale Verlauf der mittleren EPD einiger Scheiben von Fedotierten
InPKristallen über dem erstarrten Anteil an Schmelzvolumen aufgetragen. Diese
ungewöhnliche Art der Auftragung wurde gewählt um der unterschiedlichen Position des
zylindrischen Bereich des Tiegels in der Züchtungsanlage für die unterschiedlichen
Tiegelformen Rechnung zu tragen (siehe Abb. 2.3.3 und Abb. 2.3.4). Auf Grund der
unterschiedlichen Einwaagen an polykristallinem InP als Ausgangsmaterial (siehe
Anhang A2) in den beiden Züchtungsexperimenten wurde der Anteil des erstarrten
Volumens auf ein Ausgangsvolumen des Prozesstyp 1 normiert um eine Vergleichbarkeit
der Ergebnisse zu gewährleisten.
Wie aus Abb. 5.2.4 zu entnehmen, bewegt sich die mittlere EPD für die in Abschnitt 2.3
beschriebene Prozessführung Typ3a in einem herkömmlichen Tiegel mit einem
Öffnungswinkel von 160° in dem Bereich von ca. 1000 cm2. Dieser Wert scheint
unabhängig von der Position der entnommenen Testscheibe. Dabei ist festzustellen,
dass sich nach der schon beschriebenen Zwillingsbildung in dem Züchtungsexperiment
InPFe14 die mittlere EPD zunächst geringfügig verringert.
Im Falle einer Prozessführung für einen Tiegel mit flachem Boden (InPFe10) sinkt die
mittlere EPD direkt nach der Ankeimposition auf einen Wert im Bereich von 10 000 cm2.
Von einer Auswertung weiterer Scheiben bzgl. der mittleren EPD für diesen
Züchtungsprozess wurde abgesehen, da bereits in der Scheibe bei einem erstarrten
Anteil an Schmelzvolumen g = 0,3 polykristallines Wachstum zu beobachten war, wie in
Abschnitt 5.2.3.2 ausgeführt.
121
Abbildung 5.2.4: Axialer Verlauf der mittleren EPD einzelner Scheiben über dem Anteil
des erstarrten Schmelzvolumen g für Fedotierte InPKristalle; Prozess unter Einsatz
eines Tiegels mit flachem Boden (InPFe10) bzw. eines herkömmlichen Tiegels mit einem
Öffnungswinkel von 160° (InPFe14).
Der deutliche Unterschied in der mittleren EPD zwischen einer Züchtung in einem Tiegel
mit flachem Boden (InPFe10) und einer Prozessführung in einem herkömmlichen Tiegel
mit einem Öffnungswinkel von 160°, der sich in dem Bereich einer Größenordnung
bewegt, kann zum einen auf die unterschiedliche Qualität der Keimkristalle, zum anderen
auf die von der Prozessführung abhängigen thermischen Spannungen an der
Phasengrenze (Abb. 2.3.3) zurückgeführt werden.
Wie schon in Abb. 4.3.1 b und Abb. 4.3.2 an der axialen Versetzungsverteilung in
Keimkristallen eigener Herstellung gezeigt, kann bei Verwendung geeigneter
„gitterhärtender“ Dotierstoffe auch bei Prozessführung von Typ1 eine deutliche Reduktion
der Versetzungsdichte erreicht werden. Auf den Einsatz gitterhärtender Dotierstoffe wird
in Abschnitt 5.2.3.4 noch eingegangen.
5.2.3.2 Versetzungsdichte und polykristallines Wachstum
Abb. 5.2.5 zeigt eine in dieser Arbeit bei der Verwendung von Tiegeln mit flachem Boden
mehrfach beobachtete Entwicklung der Versetzungsverteilung des Fedotierten Kristalls
InPFe10 bis zum ersten Auftreten von polykristallinen Bereichen (Pfeil in Abb. 5.2.5 d).
122
So entwickeln sich im Verlauf des Züchtungsprozesses aus der hohen Versetzungsdichte
im Bereich der Ankeimposition (Abb. 5.2.5 a), auf die in Kap. 5.2.3.3 im Detail
eingegangen wird, zunächst Versetzungsbänder (Abb. 5.2.5 b) die bei weiterem
Fortschreiten des Kristallisationsprozesses zu Versetzungsbündeln agglomerieren
(Abb. 5.2.5 c). Gelangen diese Versetzungsbündel an die Grenzfläche KristallB2O3, so
wurde meist polykristallines Wachstum beobachtet (Abb. 5.2.5 d).
a) b)
c) d)
Abbildung 5.2.5: Verteilung der Versetzungsdichte und Entstehung von polykristallinem
Wachstum in Züchtungsexperiment InPFe10 (Tiegel mit flachem Boden); a) Scheibe aus
dem Bereich der Ankeimposition, b) Scheibe ca. 4 mm über Ankeimposition, c) Scheibe
ca. 9 mm über Ankeimposition, d) Scheibe ca. 15 mm über Ankeimposition mit
polykristallinem Bereich durch Pfeil markiert.
123
Das Auftreten von polykristallinem Wachstum erwies sich vor allem bei der Züchtung von
Fedotierten InPKristallen als Problem. Dieser Zusammenhang von Versetzungsbündeln
und polykristallinem Wachstum an der Grenzfläche KristallB2O3 wurde auch schon für
GaAs [Ste00] beschrieben.
Bereits in früheren Arbeiten [Sah04, Ste00] konnte ein Zusammenhang zwischen hohen
Versetzungsdichten und dem Auftreten von polykristallinem Wachstum beobachtet
werden.
Wie schon von Sahr [Sah04] für Sdotierte InPKristalle aus diesem Prozesstyp (Typ 1
Tab. 2.3) gezeigt, ist bei dieser Art von Prozessführung die Qualität der eingesetzten
Keimkristalle von entscheidender Bedeutung.
Ein weiteres Indiz für den Einfluss der Versetzungsdichte auf die Bildung von
polykristallinen Bereichen liefert auch die Tatsache, dass bei identischen
Prozessparametern die Herstellung von Sdotierten InPKristallen möglich ist die keine
polykristallinen Bereiche aufweisen. Dabei ist neben der Reduktion der resultierenden
Versetzungsdichte durch die gitterhärtende Wirkung der SDotierung auch die Qualität
der Keimkristalle von entscheidender Bedeutung [Sah04].
5.2.3.3 Versetzungsbildung an der Ankeimposition
Auf Grund der entscheidenden Bedeutung der Versetzungsentwicklung an der
Ankeimposition für den Erfolg eines Züchtungsexperiments wurden von einigen
ausgewählten Kristallen orientierte Längsschnitte angefertigt und für die Untersuchung
mittels Röntgentopographie (XRT) präpariert (siehe Kap. 4.1).
Abbildung 5.2.6: Röntgentopogramm eines Längsschnittes durch den Bereich der
Ankeimstelle des Sdotierten InPKristalls aus Züchtungsexperiment InPFe16;
Ankeimposition durch gepunkteten Pfeil, Dotierstoffstreifen des Keimkristalls durch
gestrichelten Pfeil markiert; Beugungsvektor g = ]111[ .
Abb. 5.2.6 zeigt den Längschnitt durch den Bereich der Ankeimposition des Sdotierten
InPKristalls aus Züchtungsexperiment InPFe16. Dabei kam ein Sdotierter LEC
Keimkristall mit einer mittleren EPD < 1000 cm2 in einem Tiegel mit flachem Boden zum
124
Einsatz. Wie aus der Abbildung deutlich zu erkennen, sind im zentralen Bereich des
Keimkristalls neben deutlichen Dotierstoffstreifen (gestrichelter Pfeil) nur vereinzelte
Versetzungen zu beobachten. In dem Randbereich des Keimkristalls finden sich eine
markante Anhäufung von Versetzungen die, wie durch die numerische Simulation gezeigt
werden kann, durch thermische Spannungen induziert werden (Abb.5.2.13 b). An der
Ankeimposition (gepunkteter Pfeil) ist dann ein sprunghafter Anstieg der
Versetzungsdichte festzustellen. Im Volumen des Keimkristalls können nur vereinzelt
Versetzungen beobachtet werden. Dennoch macht die Versetzungsmultiplikation an der
Ankeimposition deutlich, wie wichtig die Keimqualität bei dieser Art der Prozessführung
für das Ergebnis des Züchtungsexperiments ist.
Eine völlig andere Situation zeigt Abb. 5.2.7 für einen Längsschnitt durch die
Ankeimstelle des Züchtungsexperiments InPFe08. Hier beobachtet man im nicht
aufgeschmolzenem Keimkristall eine, im Vergleich zu dem neugewachsenen Bereich,
erhöhte Versetzungsdichte. Die aus dem Keimkristall einwachsenden Versetzungen
annihilieren zum großen Teil innerhalb weniger Millimeter oberhalb der Ankeimposition.
Abbildung 5.2.7: Röntgentopogramm eines Längsschnittes durch den Bereich der
Ankeimstelle des Fedotierten InPKristalls aus Züchtungsexperiment InPFe08;
Ankeimposition ist markiert durch gepunkteten Pfeil, Beugungsvektor g = ]004[ .
125
Allerdings konnte eine Reduzierung der Versetzungsdichte an anderen Längsschnitten
aus Züchtungsexperimenten unter Verwendung herkömmlicher Tiegel nicht in dieser
Ausprägung beobachtet werden. Eine Versetzungsbündelung oberhalb der
Ankeimposition, wie sie für GaAs beschrieben wurde [Amo98a, Bir03, Ste00], konnte im
Rahmen dieser Arbeit nicht beobachtet werden.
Vergleicht man die Situation direkt über der Ankeimposition für die beiden gezeigten
Prozessführungen, so lässt sich auch ein Unterschied in den auftretenden
Versetzungstypen feststellen. So stellen für Prozesstyp I Versetzungen mit gekrümmtem
Linienvektor (60°Versetzungen) den dominierenden Versetzungstyp dar. Für die
Prozessführung bei herkömmlichen Tiegeln finden sich, neben wenigen Versetzungen
mit gekrümmten Linienvektoren, Versetzungen mit geraden Linienvektoren. Eine
eindeutige Identifizierung des Versetzungstyps war auf Basis der vorliegenden
Topogramme allerdings nicht möglich.
5.2.3.4. Züchtung versetzungsarmer InP Kristalle
Für die Gewinnung versetzungsarmer InP Kristalle bieten sich grundsätzlich zwei
mögliche Ansätze an:
• Einsatz gitterhärtender Dotierstoffe [Sek78]
• Reduktion auftretender thermischen Spannungen durch eine weitere
Optimierung des experimentellen Aufbaus
Während der gesamten Arbeit wurde die Optimierung des experimentellen Aufbaus in
den Vordergrund des Interesses gestellt.
Optimierung des experimentellen Aufbaus
Da für die resultierende Versetzungsdichte in den gewonnenen Kristallen in erster Linie
die auftretende thermische Spannung verantwortlich ist, war die Reduzierung der von
Mises Spannung in der numerischen Simulation bei der Auswahl der möglichen
Prozessparameter ein entscheidendes Kriterium, wie in Abschnitt 2.3 beschrieben. Um
den Einfluss des thermischen Kontaktes zwischen Tiegelwandung und Suszeptormaterial
zu untersuchen wurde in einem Züchtungsexperiment (InPFe29), wie in Abschnitt 3.2
beschrieben (Abb. 3.2.1), der Tiegel von dem Suszeptor entkoppelt.
Dadurch sollten Inhomogenitäten in der Wärmeableitung aus dem Tiegel, welche ihre
Ursache in einer Fehlpassung des Suszeptorbechers an den Tiegel haben, eliminiert
werden. Ansonsten wurden, wie auch für das Züchtungsexperiment InPFe14, die
thermische Prozessführung vom Typ3a aus Abschnitt 2.3 angewandt. Dadurch ergaben
sich allerdings in der nachträglich durchgeführten numerischen Simulation deutliche
Abweichungen von der angestrebten konstanten Wachstumsgeschwindigkeit von
126
2 mm/min. Bei diesem Züchtungsexperiment trat im Bereich des Konus polykristallines
Wachstum und im Keimkanal Zwillingsbildung auf. Doch konnten über die gesamte
Kristallänge Halbscheiben mit einer Orientierung nach [001] für eine Bestimmung der
mittleren EPD ausgewertet werden. Um die Messzeit zu verkürzen, wurde dabei nur
jedes 5te Feld (Abschnitt 4.1) ausgewertet.
Wie in Abb. 5.2.8 gezeigt, ist über die gesamte Länge des Kristalls die mittlere
EPD < 1000 cm2. Über den Bereich des erstarrten Schmelzvolumens von 0,350,7 wird
sogar eine mittlere EPD < 500 cm2 beobachtet. Als Vergleich ist in Abb. 5.2.8 auch der
axiale Verlauf der mittleren EPD aus dem Züchtungsexperiment InPFe14, das unter den
Prozessbedingungen vom Typ3a (Abschnitt 2.3) durchgeführt wurde, aufgetragen.
Der Vergleich zwischen diesen zwei Züchtungsexperimenten belegt auch die Effektivität
dieses experimentellen Aufbaues hinsichtlich der Reduktion der Versetzungsdichte, da in
beiden Fällen Zwillingsbildung auftrat und die erzielten Ergebnisse somit vergleichbar
sind.
Abbildung 5.2.8: Axialer Verlauf der mittleren EPD für die Züchtungsexperimente
InPFe14 (Mittelwert aus Abb. 5.2.4) und InPFe29 (Halbscheiben ausgewertet) über dem
erstarrten Anteil.
Das in Züchtungsexperiment InPFe29 auftretende Fehlwachstum lässt sich durch
folgende Mängel in der Realisierung des experimentellen Aufbaus plausibel erklären:
) durch das Einbringen von Graphitfolie, wie in Abb. 3.2.1 gezeigt, kann zwar
größtenteils von einer räumlichen Trennung des zylindrischen Teils des Tiegels vom
127
Suszeptor ausgegangen werden, doch ist damit nicht sichergestellt, dass dies auch für
den Konus bzw. den Keimkanal gewährleistet ist.
) wie in Abb. 3.1.5 gezeigt, ist der Tiegel durch einen (mindestens) dreigeteilten Aufbau
in der Züchtungsanlage positioniert. Damit ist die Möglichkeit einer Gasströmung bei
hohen Drücken entlang der Kontaktflächen der einzelnen Baueinheiten gegeben. Da auf
Grund der Dicke der Graphitfolie es nicht möglich war den oberen Bereich des Tiegels
vollständig zu ummanteln, war das Einbringen der Graphitfolie nur punktuell möglich.
Dadurch könnte die beschriebene Strömung durch einen sogenannten „Kamineffekt“
noch verstärkt worden sein, was zu einer Verstärkung der thermischen Fluktuationen
geführt haben könnte.
5.2.3.5 Versetzungstypen in InPKristallen mit niedriger Versetzungsdichte
Mit Hilfe der XRTTechnik kann durch das sogenannte g × bKriterium der jeweilige
Versetzungstyp identifiziert werden. Für eine reine Schraubenversetzung ist der Kontrast
annähernd proportional zu dem Skalarprodukt aus dem Burgersvektor b und dem
Beugungsvektor g. Stehen diese beiden Vektoren senkrecht aufeinander, so gilt
g × b = 0 und der Kontrast verschwindet. Bei reinen Stufenversetzungen gilt als
zusätzliche Bedingung für ein vollständiges Verschwinden des Kontrastes (g x l) × b = 0.
Für Mischtypen wie 60°Versetzungen kann ein vollständiges Verschwinden des
Kontrastes nicht erreicht werden. Doch wird auch in diesem Fall eine Minimierung des
Kontrastes beobachtet [Bow98]. Damit kann durch die Analyse von Topogrammen, die
mit unterschiedlichen Beugungsvektoren aufgenommen wurden (z.B. Abb. 5.2.12), der
Burgersvektor bestimmt und unter Berücksichtigung des Linienvektors der
Versetzungstyp identifiziert werden.
Versetzungstypen in Kristallen aus Tiegeln mit flachem Boden
Im Rahmen seiner Studienarbeit am Erlanger Kristallabor untersuchte Herr André
Trepper [Tre04] die axiale Verteilung von verschiedenen Versetzungstypen in einem S
dotierten InPKristall, der nach der Prozessführung vom Typ1 aus Abschnitrt 2.3
gewonnen wurde. Abb. 5.2.9 zeigt den gesamten Kristall, sowie in den einzelnen
Längsschnitten auftretende Versetzungstypen.
Direkt über der Ankeimposition steigt die mittlere EPD am Ende des Längsschnittes A auf
EPD ≈ 5500 cm2. In diesem Bereich stellen 60°Versetzungen den dominanten
Versetzungstyp dar. Daneben lassen sich vereinzelt auch 30°Versetzungen beobachten.
In Längsschnitt B verringert sich die Anzahl der 60°Versetzungen deutlich.
128
Abbildung 5.2.9: Röntgentopogramm eines Sdotierten InP Kristalls, der mit der
Prozessführung Typ1 aus Abschnitt 2.3 gewonnen wurde.
Am Anfang von Längsschnitt C beträgt die mittlere EDP ≈ 1800 cm2. In diesem Abschnitt
sind nur noch vereinzelt 60°Versetzungen zu beobachten. Neben 30°Versetzungen, die
hier den dominanten Versetzungstyp darstellen, lassen sich auch
Schraubenversetzungen beobachten. Längsschnitt D ist annährend frei von
Versetzungen. Dies bestätigt den starken gitterhärtenden Effekt von S in hohen
129
Konzentrationen, der für diesen Prozess auch von Sahr [Sah04] schon beschrieben
wurde.
Versetzungstypen in Kristallen aus herkömmlichen konusförmigen Tiegeln
Neben den Kristallen die im Erlanger Kristallabor gezüchtet wurden, waren auch Kristalle
des Industriepartners FCM Gegenstand der XRTUntersuchungen. Dabei handelte es
sich um Längsschnitte von Fedotierten 4“ InPKristallen. Abb. 5.2.10 zeigt ein
Röntgentopogramm einer solchen Probe.
Abbildung 5.2.10: Röntgentopogramm vom versetzungsarmen Bereich des
Längsschnittes der Probe FCM05 (Fedotierter 4“InP Kristall).
Direkt über diesem Längsschnitt wurde (von FCM) eine mittlere EPD ≈ 350 cm2
bestimmt. Anzumerken ist, dass in dieser Probe im Übergangsbereich von Keimkanal zu
Konus Zwillingsbildung auftrat. Dies ist in soweit von Bedeutung, da die
Versetzungsdichte nach einer Zwillingsbildung abnimmt [Han99]. Wie Abb. 5.2.11 zeigt,
ändert sich dabei auch die Natur des dominierenden Versetzungstyps.
Abbildung 5.2.11: Änderung des dominierenden Versetzungstyps nach der
Zwillingsbildung (linke Bildhälfte) in Probe FCM05.
130
In der rechten Bildhälfte (vorgegebene Wachstumsrichtung) finden sich zahlreiche 60°
Versetzungen mit einem gekrümmten Linienvektor. Dagegen dominieren in der linken
Bildhälfte (nach der Zwillingsbildung) 30°Versetzungen. Außerdem konnten in dieser
Probe noch folgende Versetzungstypen eindeutig identifiziert werden:
• 45°Versetzungen mit Linienvektor <100>
• Schraubenversetzungen mit Linienvektor <110>
Abb. 5.2.12 zeigt Röntgentopogramme eines Längsschnittes eines 2“ Sdotierten InP
Kristalls aus dem Züchtungsexperiment InPFe18.
Durch die Variation des Beugungsvektors g lassen sich folgende Versetzungstypen
identifizieren:
• Stufenversetzungen mit Linienvektor l = <001>, ausgelöscht bei einem
Beugungsvektor g = (004)
• 54°Versetzungen mit Linienvektor I = <211>, ausgelöscht bei einem
Beugungsvektor g = < 202 >
• 60°Versetzungen mit gekrümmten Linienvektoren.
Abbildung 5.2.12: Röntgentopogramme eines Längsschnitts aus dem Sdotierten InP
Kristall aus Züchtungsexperiment InPFe18.
Das Auftreten der Schrauben und 54° Versetzungen beschränkt sich in diesem Beispiel
auf den Keimkanal. Da es an diesem Längsschnitt nicht möglich war die Ankeimposition
131
zu untersuchen, kann keine Aussage getroffen werden, ob diese Versetzungen aus dem
Keimkristall eingewachsen sind. 60°Versetzungen treten in diesem Beispiel nur an
flächenhaften Defekten auf. In der rechten Bildhälfte finden sich diese an dem Ursprung
einer (dünnen) Zwillingslamelle, in der Bildmitte in demjenigen Bereich in dem sich zwei
Zwillingslamellen vereinigen und polykristallines Wachstum einsetzt. Die restlichen
Bereiche des Kristalls sind annährend frei von Versetzungen.
VersetzungsTyp
Linien vektorl Gleitebene
Auftreten in VGFKristallen
SchraubenVersetzung <110> InP/GaAs60° Versetzung <110> 111 InP/GaAs
StufenVersetzung <110> 10030° Versetzung <211> 111 InP
StufenVersetzung <211> 111 InP/GaAs73° Versetzung <211> 311 54° Versetzung <211> 110 InP
StufenVersetzung <100> 110 InP/GaAs45° Versetzung <100> 100 InP/GaAs
Tabelle 5.2.2: Auftreten von theoretisch möglichen Versetzungstypen in Kristallen der III
V Halbleiter die nach dem VGFVerfahren gezüchtet wurden. Versetzungstypen die im
Rahmen dieser Arbeit erstmalig für VGFInP beschrieben wurden sind hervorgehoben.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in Kristallen mit einer niedrigen
Versetzungsdichte bisher für VGFInP noch nicht beschriebene Versetzungstypen
identifiziert werden konnten. Dies steht im Gegensatz zu den Beobachtungen von Moore
[Moo99], die mit Hilfe der XRT, in nach dem VGFVerfahren hergestellten Sdotierten
InPKristallen mit EPD < 200 cm2, nur 60°Versetzungen detektieren konnten. Da keine
weiteren Details zu der Durchführung der Kristallzüchtungsexperimente bei Moore
[Moo99] gegeben sind, stellt sich allerdings die Frage ob diese Ergebnisse mit den im
Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Experimenten direkt vergleichbar sind.
5.2.4 Diskussion
Die Untersuchung zu polykristallinem Wachstum, die im Rahmen dieser Arbeit in Tiegeln
mit flachem Boden durchgeführt wurden (siehe Abschnitt 5.2.3), zeigen einen deutlichen
Zusammenhang zwischen der Versetzungsdichte und dem Auftreten von polykristallinem
Wachstum. Die verursachende Wirkung der beschriebenen Versetzungsbündel besteht
hier in der zunehmenden Fehlorientierung des Kristallgitters. Treffen diese Bereiche auf
die Grenzfläche KristallB2O3 so kommt es zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass
polykristallines Wachstum auftritt [Sah04, Ste00]. Eine mangelnde Benetzung des
132
Kristalls mit B2O3Schmelze, wie sie für GaAs beobachtet wurde [Amo98a, Ste00], konnte
in den durchgeführten Züchtungsexperimenten nicht beobachtet werden. Neben der
Akkumulation von Versetzungen könnte nach neueren Überlegungen [Eic05] aber auch
eine Aufbiegung der Phasengrenze an der Tiegelwandung über den GibbsThompson
Effekt eine entscheidende Rolle bei der Bildung von polykristallinem Wachstum spielen.
In diesem Fall wären die beobachteten Versetzungsbündel, die mit dem polykristallinen
Wachstum verknüpft sind, als Sekundärbildungen anzusehen.
Wie wichtig die strukturelle Qualität der Keimkristalle für das Auftreten von
polykristallinem Wachstum ist [Sah04], konnte nicht nur bei den Züchtungsexperimenten
unter Verwendung eines Tiegels mit flachem Boden beobachtet werden. Auch bei der
Verwendung von herkömmlichen Tiegeln und Keimkristallen mit EPD > 100 000 cm2
wurde im Rahmen dieser Arbeit nach wenigen Millimetern polykristallines Wachstum
beobachtet. Allerdings kann in herkömmlichen Tiegeln mit Keimkristallen mit
EPD < 30 000 cm2 das polykristalline Wachstum vermieden werden [Köh05]. Solch hohe
Versetzungsdichten führten in Züchtungsexperimenten mit Tiegeln mit flachem Boden
bereits nach wenigen Zentimetern zu dem Auftreten von polykristallinem Wachstum.
Wie die Untersuchungen zu der Versetzungsentwicklung an der Ankeimposition
(Abschnitt 5.2.3.3) zeigen, weisen diese beiden Typen von Züchtungsprozessen
charakteristische Unterschiede auf, wie Abb. 5.2.6 und 5.2.7 zeigen. Eine plausible
Erklärung hierfür kann durch die numerische Simulation geliefert werden wie in
Abb. 5.2.13 gezeigt.
a) b)
Abbildung 5.2.13: Verteilung der numerisch berechneten von Mises Spannung in der
Ankeimsituation, a) im Keimkanal eines herkömmlichen Tiegels, b) für die
Prozessführung bei Verwendung eines Tiegels mit flachem Boden.
So ist in Abb. 5.2.13 b eine fast um eine Größenordnung erhöhte von Mises Spannung im
Vergleich zu Abb. 5.2.13 a festzustellen. Wie ein weiterer Vergleich mit Abb. 5.2.6 und
133
Abb. 5.2.7 zeigt, finden sich bei der Verwendung eines Tiegels mit flachem Boden auch
deutlich höhere Versetzungsdichten. In Übereinstimmung mit der Theorie von Ono
[Ono88] stellen bei den hohen auftretenden thermischen Spannungen 60°Versetzungen
mit gekrümmten Linienvektoren den dominierenden Versetzungstyp dar. Hingegen finden
sich in der Ankeimsituation unter geringen thermischen Spannungen nur vereinzelt 60°
Versetzungen. Diese Beobachtung wird auch von den Untersuchungen zur Identifizierung
von Versetzungstypen in InPKristallen mit niedriger Versetzungsdichte
(Abschnitt 5.2.3.5) bestätigt.
Da sich dieser Sachverhalt sowohl in Kristallen mit gitterhärtenden Dotierstoffen findet,
als auch in Kristallen die unter verringerten thermischen Spannungen gezüchtet wurden,
scheinen wie in [Mül05] diskutiert, die Möglichkeiten des Einflusses gitterhärtender
Dotierstoffe (Beeinflussung des FermiNiveaus durch Dotierung, Bindungsenergien) nur
von untergeordneter Bedeutung. Auch eine Analyse auf Basis der SchmidFaktoren gibt
keinen Hinweis auf mögliche Ursachen zur Bildung der „exotischen“ Versetzungstypen.
Wie schon von Birkmann [Bir05] für das Gleitsystem 100 diskutiert und durch die im
Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Rechnungen für das Gleitsystem 110 bestätigt,
können die in Kristallen mit niedriger Versetzungsdichte auftretenden Versetzungstypen
nicht mit dem Modell von Ono [Ono88] erklärt werden. Daher sollen im Folgenden
weitere Aspekte zur Entstehung der beobachteten Versetzungsstrukturen diskutiert
werden.
Ein Aufspalten von 60°Versetzungen durch unvollständige Gleitschritte z.B. in
Shockley´sche Teilversetzungen (30° und Schraubenversetzungen) [Boh95] erscheint in
den hier betrachteten Fällen unwahrscheinlich. Neben dem Auftreten von Stapelfehlern,
die zwischen den Teilversetzungen entstehen müssen, stellt sich auch die im Rahmen
dieser Arbeit nicht zu beantwortende Frage welche Triebkraft für die Aufspaltung aller
vorhandenen 60°Versetzungen, wie in Längsschnitt C in Abb. 5.2.9 gezeigt,
verantwortlich sein sollte.
In einer detaillierten quantitativen Untersuchung mittels Transmissions Elektronen
Mikroskopie (TEM) an GaAsWafern mit einer EPD > 104 cm2 [Sch92] wurden neben
60°Versetzungen 30°Versetzungen als die dominanten Versetzungstypen identifiziert.
Daneben konnten untergeordnet auch Stufen, Schrauben und weitere
Versetzungstypen identifiziert werden. Ausdrücklich wird betont, dass keine
Versetzungsdipole, sessile LomerVersetzungen oder Versetzungsschleifen beobachtet
werden konnten, die für ein Aufspalten in Teilversetzungen charakteristisch sind [Boh95].
Wie auch die Beobachtungen in der vorliegenden Arbeit an InP für 30° und 60°
Versetzungen bestätigen, wurde für den größten Teil (7080%) der gefundenen
Versetzungen die 111Ebenen als Gleitebenen identifiziert. Schlossmacher et al.
[Sch92] zeigen, unter der Annahme dass nur die 111Gleitebenen aktiviert sind, in einer
Analyse aller zwischen den einzelnen Gleitsystemen möglichen Reaktionen, dass nicht
134
alle auftretenden Versetzungstypen durch Analyse der SchmidFaktoren erklärt werden
können, sondern auch weiteren Multiplikationsmechanismen Bedeutung zukommt. Dabei
kommen folgende Mechanismen in Betracht: Gleiten und Klettern. Die Entstehung von
30°Versetzungen in 111 durch QuerGleiten von Schraubenversetzungen war in den
untersuchten GaAsWafern [Sch92] häufig zu beobachten. Allerdings kann dieser
Mechanismus nur das vermehrte Auftreten von 30°Versetzungen, nicht jedoch das
Verschwinden der 60°Versetzungen in Abb. 5.2.9 erklären. Auch die von Schlossmacher
et al. [Sch92] beschriebene Auslöschung von Versetzungen mit gegensätzlichen
Burgersvektoren sollte nicht zu einem fast vollständigen Verschwinden der 60°
Versetzungen führen können. Wie in Abschnitt 5.2.1 beschrieben können durch
Kletterprozesse Versetzungen auch von einer Gleitebene in eine anderen wechseln. Für
GaAs [Sch92] wurde der Anteil an Versetzungen, die außerhalb der bevorzugten
Gleitebene 111 liegen, zu 10% bis 20% Prozent bestimmt. Auch bei der Bildung
zellularer Strukturen in GaAs [Rud05] wird für den Teil der Versetzungen, die nicht in der
Gleitebene 111 liegen, ein Bildungsmechanismus der auf Kletterprozesse beruht
diskutiert. Allerdings ist bei Kletterprozessen stets eine Beteiligung von Punkdefekten
(Entstehung oder Verbrauch) notwendig [Boh95]. Da auf Grund der geringen
Phasenbreite des Stabilitätsfeldes von InP [Sch94] die Konzentration von Punktdefekten
relativ gering ist, sollten Klettermechanismen nach Rudolph [Rud05] für InP nur eine
untergeordnete Rolle bei der Entstehung von Versetzungen spielen. Ob die
Spannungsfelder, die einzelne Versetzungen umgeben (Gl. 5.2.1) Einfluss auf die
Bildungsmechanismen neuer Versetzungen haben ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zu
beantworten. Allerdings zeigt das Fehlen von Versetzungen mit gekrümmten
Linienvektoren in Kristallen mit einer niedrigen Versetzungsdichte, dass hier zumindest
eine Wechselwirkung im Bezug auf den Verlauf des Linienvektors stattfindet.
Momentan ist neben der Bildung der zellularen Strukturen in GaAs mit geringer
Versetzungsdichte [Rud04, Rud05] auch das Auftreten von ungewöhnlichen
Versetzungstypen unter dem Einfluss gitterhärtender Dotierstoffe [Birk05, Mül05]
Gegenstand der aktuellen Forschung. Ein vertieftes Verständnis dieser Vorgänge könnte
ein weiterer Schritt auf dem Weg einer weiteren Verringerung der mittleren
Versetzungsdichten in InP darstellen. Zur Zeit zeichnet sich allerdings noch keine
fundierte wissenschaftliche Theorie ab [Rud06].
Wie die Ergebnisse aus Abschnitt 5.2.4 und Abschnitt 4.1 zeigen, ist unter Verwendung
von herkömmlichen Tiegeln mit Konus, auch ohne den Einsatz gitterhärtender
Dotierstoffe, die Züchtung von Fedotierten InP Kristallen mit einer mittleren
EPD <1000 cm2 möglich. In dieser Arbeit konnte der größte Fortschritt hinsichtlich der
Reduzierung der Versetzungsdichte durch die Minimierung des direkten Kontaktes
zwischen Tiegel und Suszeptormaterial erreicht werden.
135
6. Zusammenfassende Diskussion und Ausblick
Im folgenden Kapitel sollen die wichtigsten Ergebnisse noch einmal zusammenfassend
diskutiert und ein Ausblick auf weiterführende Arbeiten zur Herstellung defektarmer InP
Kristalle gegeben werden.
Numerische Modellierung
Zwar konnte mit der vorhandenen Version des Softwarepaketes CrysVUn kein globales
numerisches Modell der Hochdruckzüchtungsanlage erstellt werden, doch hat sich die
numerische Simulation erneut als ein unverzichtbares Werkzeug bei der Entwicklung und
Optimierung von Kristallzüchtungsprozessen erwiesen. Eine realistische Beschreibung
der globalen Temperaturverteilung in der Züchtungsanlage, die mit dem bisherigen
numerischen Modell nur unzulänglich möglich war (Abb. 2.2.1), konnte mit Hilfe
empirischer Korrekturfaktoren erreicht werden (Abb. 2.2.6), wie in Abschnitt 2.2
ausgeführt, doch ist eine auch nur qualitative Beschreibung der benötigten
Heizleistungen mit dem in dieser Arbeit entwickelten Modell nicht möglich (Tab. 2.2).
Durch die stetige Weiterentwicklung der Software, die unter anderem auch eine
Berücksichtigung turbulenter Konvektionsvorgänge auf einem strukturierten Gitter
(CrysMAS [Cgl07]) ermöglicht, sollte sich in der nächsten Zukunft ein numerisches Modell
für Hochdruckanlagen entwickeln lassen, das nicht nur das globale Temperaturfeld
hinreichend gut beschreibt, sondern auch qualitative Aussagen über die benötigten
Heizleistungen in Kristallzüchtungsanlagen unter Hochdruck ermöglicht. Allerdings wird
das im Rahmen dieser Arbeit verwendete Anlagenkonzept mit einem großen Volumen an
offenen Gasräumen und der Verwendung von porösem Isolationsmaterial weiterhin eine
große Herausforderung an eine globale numerische Beschreibung der
Kristallzüchtungsanlage darstellen.
Dennoch können auch mit der in dieser Arbeit verwendeten Version unter bestimmten
Annahmen (Abschnitt 3.2), die thermischen Verhältnisse in unmittelbarer Nähe des
Tiegels recht exakt beschrieben und damit hinreichend genaue Aussagen über die
Position und Form der Phasengrenze für die in Abschnitt 2.3 entwickelten
Züchtungsprozesse getroffen werden.
Weiterhin konnte in einer numerischen Studie zum Einsatz magnetischer Wechselfelder
bei der Züchtung von 2“ InPKristallen (Abschnitt 2.5), die erstmals im Rahmen dieser
Arbeit durchgeführt wurde, eindeutig gezeigt werden, dass eine Reduzierung der
Durchbiegung der Phasengrenze und den resultierenden von Mises Spannungen an der
Phasengrenze durch den Einsatz von rotierenden magnetischen Feldern (RMF) nur
begrenzt möglich ist (Abb. 2.5.3). Dies steht scheinbar im Widerspruch zu einer frühren
136
Studie [Hai02] und experimentellen Befunden [Pät03] für die Züchtung von GaAs
Kristallen, doch dürfte diese Abweichung – insbesondere im Bezug auf die Form der
Phasengrenze – durch die unterschiedliche latente Wärme der beiden Substanzen
begründet sein, die bei der Erstarrung eine Wärmequelle direkt an der Phasengrenze
darstellt. Hingegen lässt sich in der numerischen Simulation durch die Anwendung
magnetischer Wanderfelder (TMF) in der sogenannten „downward configuration“ eine
signifikante Reduzierung sowohl der Durchbiegung an der Phasengrenze als auch der
resultierenden von Mises Spannung an der Phasengrenze erzielen. Wird die Minimierung
der Durchbiegung der Phasengrenze angestrebt, so kann bei geeigneter Wahl der
magnetischen Induktion eine Reduzierung der Durchbiegung zwischen 63 % und 93 %
erreicht werden. An der schwach konkaven Phasengrenze wird in diesem Fall eine
Minimierung der resultierenden von Mises Spannung zwischen 46 % und 53 %
beobachtet. Die auftretende von Mises Spannung an der Phasengrenze kann zwar durch
eine weitere Erhöhung der magnetischen Induktion weiter reduziert werden (Abb. 2.5.8),
doch tritt dann in der numerischen Simulation eine wförmige Phasengrenze auf. Damit
stellen in der numerischen Modellierung magnetische Wanderfelder eine hervorragende
Option dar die Form der Phasengrenze und die daraus resultierenden thermischen
Spannungen an der Phasengrenze zu beeinflussen und somit qualitativ hochwertige InP
Kristalle zu herzustellen. Ob sich diese in dieser Arbeit demonstrierten
vielversprechenden Ergebnisse in der Praxis umsetzen lassen, muss allerdings noch in
realen Kristallzüchtungsexperimenten bewiesen werden.
Bildung von Defekten
Facettenwachstum und Zwillingsbildung
Die Vermeidung der Zwillingsbildung stellt bei der Verwendung herkömmlicher
konusförmiger Tiegel nach wie vor die größte Herausforderung bei der Züchtung von InP
nach dem VGFVerfahren dar. So wurde im Rahmen dieser Arbeit ein signifikanter
Einfluss der Dotierung auf das Facettenwachstum und die Tendenz zur Bildung von
Zwillingen bei ansonsten identischen Prozessbedingungen in herkömmlichen Tiegeln mit
Keimkanal beobachtet (Abschnitt 5.1). Zwar werden in der Literatur übereinstimmend
111Randfacetten als notwendige Voraussetzung zur Bildung von Zwillingen angesehen
(Abschnitte 1.2 und 5.1), doch gab es bisher keine Veröffentlichungen über
systematische Untersuchungen zum den Einfluss von Dotierstoffen auf das
Facettenwachstum und die Bildung von Zwillingen bei der Züchtung von InPKristallen
nach dem VGFVerfahren. Im Rahmen dieser Arbeit konnte ein eindeutiger
Zusammenhang zwischen der Dotierung und der maximalen Länge der Facetten
festgestellt werden. Bei diesen Untersuchungen wurden besonders die für die
Zwillingsbildung kritischen Bereiche (Übergang vom Keimkanal in den Konus und
Konusbereich) berücksichtigt (Abb. 5.1.23 und 6.1.24). Bei identischem Dotierstoffgehalt
137
in der Ausgangsschmelze ([c] > 1018 cm3) weisen Sdotierte Kristalle im Mittel um 80 %
längere Facetten auf als Fedotierte Kristalle. Nominell undotierte Kristalle zeigen
dagegen im Mittel um 26 % kürzere Facettenlängen als Fedotierte Kristalle. Nach der
Scheil´schen Gleichung (Gl. 4.1) ergeben sich in dem hier untersuchten Bereich für
nominell undotierte Kristalle, die Verunreinigungen von S enthalten wie in Abschnitt 5.3
diskutiert, und Fedotierte Kristalle annährend gleiche Konzentrationen an Dotierstoffen
[c] ≈ 1015 cm3 im Festkörper, was darauf hindeutet, dass allein die Konzentration der
Dotierstoffe im Festkörper nicht die entscheidende Rolle bei dem Wachstum von
Facetten spielen kann. Wie durch die in dieser Arbeit durchgeführten qualitativen
Überlegungen in Abschnitt 5.1.4, auf Basis der Theorie von Voronkov [Vor74] zum
Einfluss von Verunreinigungen auf die Wachstumsgeschwindigkeit gerader Stufen,
erstmalig gezeigt werden konnte scheidet eine kinetische Hemmung als Ursache für die
beobachteten Unterschiede in der maximalen Länge der Facettenflächen aus. Im
Rahmen der in Abschnitt 5.1.6 geführten qualitativen Diskussion um den Einfluss der
Dotierung auf die Keimbildungsrate (Gl. 5.1.9 und 5.1.10) ergaben sich deutliche
Hinweise, dass besonders die Konzentration des Dotierstoffes an der Grenzfläche
KristallSchmelze einen wichtigen Beitrag zu den beobachteten Phänomen liefert. Dabei
sollten vor allem die auftretenden Grenzflächenenergien durch die Gegenwart des
Dotierstoffes beeinflusst werden.
Das Auftreten von 111InFacetten in herkömmlichen Tiegeln mit einem Öffnungswinkel
von 160°, was so nach den experimentellen Befunden von Amon [Amo98b] an GaAs
auch für InP erwartete wurde, konnte nur im Falle von nominell undotierten und Fe
dotierten Kristallen beobachtet werden. Auch auf diesen Sachverhalt scheint die
Konzentration des Dotierstoffes an der Grenzfläche einen entscheidenden Einfluss zu
haben.
Bei den Untersuchungen zur Zwillingsbildung zeigten Kristalle, die aus einer
hochdotierten Ausgangsschmelze gewonnen wurden, eine deutlich höhere Tendenz zur
Zwillingsbildung als nominell undotierte Kristalle (Abschnitt 5.1.4). Somit lässt sich für die
Tendenz zur Zwillingsbildung bei identischen Prozessbedingungen für die im Rahmen
dieser Arbeit durchgeführten Züchtungsexperimente folgende Reihenfolge aufstellen:
InP:S > InP:Fe >> InP
Wie die Berechnung der kritischen Unterkühlung T beim Einsetzen der Zwillingsbildung
auf den Facettenflächen zeigt (Abschnitt 5.1.4) korreliert der Wert von T nicht mit der
Tendenz zur Bildung von Zwillingen. Neben der reduzierten Stapelfehlenergien in
dotierten Kristallen [Azz89] kann nach einer Sensitivitätsanalyse von Schäfer [Sch94]
auch eine Veränderung der auftretenden Grenzflächenenergien (Schmelze B2O3,
singuläre 111Fläche – B2O3 siehe Gl. 5.1.4) einen entscheidenden Einfluss auf die
Tendenz zur Zwillingsbildung haben. Wie in Abschnitt 5.1.4 auf Grund des Gehaltes an
Dotierstoff in Schmelze und Festkörper diskutiert, lässt sich somit ein Zusammenhang
138
zwischen dem Gehalt an Dotierstoffen in der Schmelze und der Neigung zur
Zwillingsbildung nicht ausschließen. Damit wäre auch ein Einfluss der Dotierung auf den
Benetzungswinkel an der Dreiphasengrenze möglich. Daher hat nicht nur die in
Abschnitt 1.2 zitierte Konzentration der Dotierstoffe in der Schmelze [Koh95, Has97,
Che90] sondern auch die Art der Dotierstoffe, sowie alle Phänomene welche auf die
Grenzflächenenergien an der Dreiphasengrenze einwirken einen entscheidenden
Einfluss auf das Wachstum von Facetten und die Bildung von Zwillingen.
Allerdings handelt es sich bei allen in dieser Arbeit erstmalig beschriebenen
Phänomenen um Eigenschaften die bei gegebenen Anforderungen (nleitendes InP mit
SDotierung oder semiisolierendes InP mit FeDotierung) bereits durch die Wahl der
Konzentration an Dotierstoffen vorgegeben sind. Da durch die Wahl der Tiegelgeometrie
nur begrenzt Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit zur Bildung von Zwillingen genommen
werden kann (Abschnitt 5.1.2 und 5.1.4), kommt der Forderung nach thermischer
Stabilität der Züchtungsanlage [Sah04, Zem96] eine überragende Bedeutung bei der
Vermeidung von Zwillingsbildung zu und stellt nahezu den einzigen Einflussfaktor dar der
durch die Prozessführung gesteuert werden kann.
Versetzungen und polykristallines Wachstum
Bei der Verwendung von Keimkristallen mit einem Keimdurchmesser von 2“ in einem
Tiegel mit flachem Boden konnte in Abschnitt 5.2.3.2 eine eindeutiger Zusammenhang
zwischen der EPD des Keimkristalls (EPD > 30 000 cm2) und dem Auftreten von
polykristallinem Wachstum aufgezeigt werden. Wie weiterhin gezeigt, ist der Einfluss der
mittleren EPD der Keimkristalle auf das Auftreten von polykristallinem Wachstum bei der
Verwendung von herkömmlichen Tiegeln mit Konusbereich weniger ausgeprägt. So
wurde bei der Verwendung von herkömmlichen Tiegeln mit Konusbereich polykristallines
Wachstum welches in direktem Zusammenhang mit der Versetzungsdichte des
Keimkristalls steht erst bei einer mittleren EPD > 100 000 cm2 beobachtet werden. Eine
mögliche Erklärung für die unterschiedliche Entwicklung der Versetzungsdichten
(Abb. 5.2.6 und 5.2.7) an der Ankeimposition bietet die numerische Modellierung der
auftretenden von Mises Spannung wie sie in Abb. 5.2.13 gezeigt ist. Durch die
Reduzierung der von Mises Spannung bei der Prozessführung für Züchtungsprozesse in
herkömmlichen Tiegeln mit Konus kann die Versetzungsmultiplikation direkt über der
Ankeimposition vermieden werden.
Weiterhin konnte in Abschnitt 5.2.3.5 gezeigt werden, dass in Kristallen mit einer
niedrigen Versetzungsdichte (EPD < 1000 cm2) der vorherrschenden Versetzungstypen
nicht mehr von 60°Versetzungen gebildet werden (Abb. 5.2.9 und 5.2.12) sondern
zunächst 30°Versetzungen den dominierenden Versetzungstyp darstellen (Abb. 5.2.9
und 5.2.11). Bei einer weiteren Reduzierung der mittleren Versetzungsdichte treten
zusätzlich weitere ungewöhnliche Versetzungstypen auf (Abb. 5.2.9, 5.2.10 und 5.2.12),
139
die allein durch die Betrachtung der auftretenden thermischen Spannungen nach dem
Modell von Ono [Ono88] nicht erklärt werden können [Bir05, Mül05]. So konnten im
Rahmen dieser Arbeit das Auftreten der von Sahr [Sah04] beschriebenen 45°
Versetzungen in VGFInP eindeutig bewiesen werden. Weiterhin konnte gezeigt werden,
dass in VGFInP mit einer extrem niedrigen EPD (< 500 cm2) Versetzungstypen
auftreten, die bisher in der Literatur noch nicht beschrieben wurden (Tab. 5.2.2). Der
Bildungsmechanismus dieser Versetzungstypen ist Gegenstand der aktuellen Forschung.
Prozessführung und Konzeption des experimentellen Aufbaus
Durch eine geeignete Wahl der Prozessbedingungen konnten Kristalle von Fedotiertem
InP mit einer mittleren EPD < 1800 cm2, einem spezifischen Widerstand von ρ > 10
6 Ωcm und einer homogenen lateralen Dotierstoffverteilung hergestellt werden. Durch
eine weitere Modifizierung des Züchtungsaufbaus gelang auch die Herstellung von
semiisolierendem Material mit einer mittleren EPD < 200 cm2.
Für die Züchtung von versetzungsarmen InP Kristallen scheint eine Reduzierung des
direkten Kontaktes zwischen Tiegel und Suszeptormaterial auf Bereiche in denen keine
Schmelzphase vorhanden ist, ein vielversprechender Ansatz zu sein. Damit konnte
semiisolierendes Material mit einer mittleren EPD von 150900 cm2 über die gesamte
Kristallänge hergestellt werden.
Generell muss allerdings das Konzept des „toploading“, das eine Beschickung der
Anlage von oben beinhaltet, für die Tauglichkeit zur Züchtung von InP in herkömmlichen
Tiegeln in Frage gestellt werden. Die dadurch vorhandenen Gasräume führen zu einem
verstärkten Auftreten von turbulenter Gaskonvektion, die die notwendige thermische
Stabilität der Züchtungsanlage verschlechtert.
Ein Anlagenkonzept, das die Beschickung von unten vorsieht, wie es auch bei dem
Industriepartner FCM verwendet wird, ermöglicht die Reduzierung der vorhandenen
Gasräume auf ein Minimum.
Eine Prozessführung die auf Tiegel mit flachem Boden ausgelegt ist, dürfte in nächster
Zeit für die Züchtung von Fedotiertem InP kaum noch eine Rolle spielen. Zum einen sind
Keimkristalle mit der für diese Prozesse notwendigen strukturellen Qualität (noch) nicht
verfügbar, zum anderen stellt das „upscaling“ auf größere Durchmesser hier ein ernstes
Problem dar. Für Prozesse, die herkömmliche Tiegel verwenden, ist die Vergrößerung
des Durchmessers auf 4“ bzw. 6“ bereits sowohl für das VerticalBridgmanVerfahren
[Has03, Hos05] als auch für das VGFVerfahren demonstriert [Asa99, Sch05, AXT02].
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[Sah02] Persönliche Mitteilung
[Sah04] U. Sahr:„Prozessentwicklung und Züchtung von versetzungsarmen, Schwefeldotierten IndiumphosphidKristallen mit dem vertikalen GradientFreezeVerfahren“ Dissertationsschrift, Technische Fakultät FAU ErlangenNürnberg, (2004)
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152
Anhänge
A.1 Materialdaten zur numerischen Modellierung
Eigenschaften von InP [Zem96]
Schmelzpunkt [K] 1336Latente Wärme [J/kg] 685994
fest flüssigDichte [kg/m3] exp(1,56593⋅f(T))⋅103
4780(280502,24⋅T
4780(2
Spez. Wärmekapazität [J/(kgK)] 347+2,33⋅102⋅T 424Therm Ausdehnungskoeff.(1
[1/K]8,37692⋅106
Volumetrischer Epansionskoeff.[1/K]
4,44⋅104
Viskosität [kg/(ms)] 0,000819Spannungskoeff.(1
c11=c22=c33 [Pa] 8,9439⋅1010
c12=c13=c23 [Pa] 4,99528⋅1010
c44 [Pa] 3,70845⋅1010
f(T) = 4,869⋅106⋅T2,582⋅109T2+2,016⋅1012⋅T30,0012749
(1 bei T =1336(2 verwendet bei numerischer Simulation der konvektiven
Vorgägen in der Schmelze
Thermische Eigenschaften der verwendeten Materialien [Amo98a]
Material Wärmeleitfähigkeit [W/(Km)] EmissivitätInP T < 1336 K: 9
T > 1336 K: 230,60,5
B2O3 0,237+0,11⋅102⋅T 02,3 µm: 0,8Fibrothal 0,124262,4812⋅104⋅T+3.0255⋅107⋅T2 0,5Graphit EK90s 65,0⋅(1,19278,3541⋅104⋅T+2,4611⋅107⋅T22,5342⋅10
11⋅T3)0,8
Graphit EK93 45⋅(1,19278,3541⋅104⋅T+2,4611⋅107⋅T22,5342⋅10
11⋅T3)0,95
Kanthal APM 16 0,7Keramikrohr 2,15 0,315pBN λ⊥=3,135
λII=62,70,40,4
Quarzglas 0,94308+1,348⋅103⋅T TransparentStahl 30 0,2N2 0,002082+0,1570662°105⋅T+3,60108297⋅10
8⋅T2+1,05714921⋅1011⋅T3Transparent
153
A2. Durchgeführte Züchtungsexperimente
Bezeichnung
Prozesstyp(Tab. 3.1)
KeimDotierung [cm3];
mittlere EPD [103 cm2]
SchmelzeDotierung [cm3]
InPFe01 1 ; <40 cFe= 5⋅1018
InPFe02 1 ; <25 cFe= 5⋅1018
InPFeK1 1 cS <8⋅1018; <1 InPFe03 2a ; <80 cFe= 5⋅1018
InPFe04 2a ; <100 cFe= 7,1⋅1018
InPFe05 2a ; <140 cFe= 7,1⋅1018
InPFe06 2b ; >200 cFe= 7,0⋅1018
InPFe07 1 Fe (ρ>107 Ωcm); <36 cFe= 7,6⋅1018
InPFe08 2a cS <1,5⋅1018; < 6 cFe= 1⋅1019
InPFe09 2b cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 5⋅1018+ cGaAs=5⋅1019
InPFe10 1 Fe (ρ>107 Ωcm); <36 cFe= 9⋅1018
InPFe111) 2a cS <1,5⋅1018; <6 cS= 5⋅1018
InPFe12 3a cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 5⋅1018
InPFe131) 3a cS <1,5⋅1018; <6 cS= 5⋅1018
InPFe14 3a cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 6.9⋅1018
InPFe15 3a cS <1,5⋅1018; <6 InPFeK2 1 cS <8⋅1018; <1 InPFe17 3a cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 5⋅1018
InPFe18 3b cS <1,5⋅1018; <6 cS= 5⋅1018
InPFe19 3a cS <1,5⋅1018; <6 InPFe20 3a cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 5⋅1018
InPFe21 3a1 cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe221) 3A cS <1,5⋅1018; <6 cS= 5⋅1018
InPFe23 3A cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe24 3b cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe25 3a cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe262) 3a cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe273) 3a1 cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe28 3a cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe294) 3a cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe30 3a2 cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe313) 3a1 cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe32 3a3 cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
InPFe33 3a3 cS <1,5⋅1018; <6 cFe= 1⋅1019
1) Dotierstoffstreifenexperiment2) GraphitFilz und Folie zwischen Tiegel und Suszeptor3) Modulaufbau4) Spalt zwischen Tiegel und Suszeptor
154
A3. Veröffentlichungen
P. Schwesig, M. Hainke, J. Friedrich, G. Müller:
„Comparative Numerical Study of the Effects of Rotating and Travelling Magnetic Fieldson the Interface Shape and Thermal Stress in the VGF Growth of InP Crystals“J. Crystal Growth 266 (2004), 224228
B. Fischer, J. Friedrich, T. Jung, M. Hainke, J. Dagner, T. Fühner, P. Schwesig:„Modeling of industrial bulk crystal growth – state of the art and challenges“J. Crystal Growth 275 (2005), 240250
P. Schwesig, U. Sahr, J. Friedrich, G. Müller, A. Köhler, U. Kretzer, S. Eichler, A. Mühe:„Growth and Characterization of 2“ and 4“ low EPD InP substrate crystals by the VerticalGradient Freeze (VGF)Method“Conf. Proc. 17th IPRM, Glasgow (2005)
G. Müller, P. Schwesig, B. Birkmann, J. Härtwig, S. Eichler:„Types and origin of dislocations in large GaAs and InP bulk crystals with very lowdislocation densities“phys. stat. sol. (a) 202 (2005), 2870–2879
155
Danksagung
Meinen besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle aussprechen:
Herrn Prof. Dr G. Müller für die Möglichkeit diese Arbeit durchzuführen, für alleDiskussionen, Motivation und Unterstützung der Arbeiten, sowie die großen Freiräumebei ihrer Durchführung.
Herrn B. Kress, ohne dessen Unterstützung die Arbeit in dieser Form nicht möglichgewesen wäre für die Hilfe und Durchführung zahlreicher Züchtungsexperimente, dieProbenpräparation, die Charakterisierung,.... sowie die zahllosen angeregtenDiskussionen und die freundschaftliche Zusammenarbeit
Herrn Dr. U. Sahr, der mir beim Einstieg in Geheimnisse der VGFZüchtung von InP dieersten Schritte zeigte. Herrn Dr. B. Birkmann für die erhellenden Diskussionen über denEinfluss von Züchtungsparametern auf die Entstehung von Kristalldefekten.
Den Herrn Dr. M. Hainke und Dr. T. Jung, die mir geholfen haben mir einen Weg durchden Dschungel der numerischen Modellierung zu bahnen.
L. Kowalski für stete Hilfsbereitschaft und technische Beratung aus seinem reichenErfahrungsschatz.
Fr. E. Henneberger, Fr. U. Knerr und Fr. M Baumer, die mir einen Großteil derverwaltungstechnischen Aufgaben abgenommen haben.
Herrn A. Trepper und Fr. G. Obigodi, die im Rahmen ihrer Studienarbeiten einigewichtige Beiträge zu dieser Arbeit geleistet haben.
Allen Mitarbeitern des Erlanger Kristallabors für die Kollegialität die das äußerstangenehme Arbeitsklima ermöglicht hat.
A. Köhler und der Firma Freiberger Compound Materials für die unfangreicheUnterstützung und hervorragende Zusammenarbeit.
Dr. J. Härtwig für zahlreiche XRTMessungen, die spannenden Diskussionen sowie dieUnterstützung bei der Durchführung des offiziellen ESRFExperimentes: „XrayTopography of InP Single Crystals with low Dislocation Density„.
Dr. M. Baeumler für die Durchführung der PLMessungen.
Am meisten bin ich jedoch meiner Familie zu Dank verpflichtet die mit ihrer Geduld undUnterstützung es mir ermöglicht haben diese Arbeit durchzuführen.
Das Projekt„Grundlagen der InPKristallzüchtung nach dem VerticalGradientFreeze (VGF)
Verfahren“aus dem diese Arbeit hervorging wurde vom BMBF unter dem Förderkennzeichen
01BM163 gefördert
156
Lebenslauf:
Peter SchwesigPonschabaustr. 29a83512 Wasserburg
Persönliche DatenGeburtsdatum: 10.03.1967Geburtsort: NeuendettelsauFamilienstand: Verheiratet, 2 Kinder
Schulausbildung19741978 Grundschule Windsbach19781987 JohannSebastianBach Gymnasium Windsbach Schulabschluss
mit allgemeiner Hochschulreife
Zivildienst19881989 Zivildienst, Diakonie Neuendettelsau
Studium und Beruf19891992
19922000
Studium der Chemie an der FriedrichAlexanderUniversitätErlangenNürnbergStudium der Mineralogie an der FriedrichAlexanderUniversitätErlangenNürnberg
20012002
20022005
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Mineralogie derFriedrichAlexanderUniversität ErlangenNürnbergWissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut fürWerkstoffwissenschaften (Werkstoffe der Elektrotechnik) derFriedrichAlexanderUniversität ErlangenNürnberg
Seit 2006 Laborleiter bei BASF (ehemals Degussa) Construction Chemicals