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Drehmomentwandler –Herausforderung in Komfort und Verbrauch

Marc McGrathJeff HemphillGeorge BaileyPhilip GeorgeMike SwankThorsten Krause

Der Drehmomentwandler feierte seinen 100.Geburtstag in 2005. Er wurde 1905 in Stettin durchden Deutschen Dr. Hermann Föttinger auf der Vul-can Schiffswerft erfunden. Der Drehmomentwand-ler war ursprünglich ein Dampfturbinenantrieb füreine Schiffsschraube. Sukzessive fand er in denfolgenden 25 Jahren seinen Weg in die automobi-len Anwendungen. Das Buch Changing Gears [1]zeigt ein Lysholm-Smith-Getriebe mit einem Dreh-momentwandler und Direktantrieb, das 1928 kon-struiert wurde. Hier sind bereits die grundsätzlichenFunktionen des Wandlers von heute enthalten. DieDrehmomentwandler von heute sehen ähnlichaus, aber sie wurden stetig weiterentwickelt, ummit der Entwicklung der Automobile allgemeinSchritt zu halten. Diese Weiterentwicklung hält an.

Seit den ersten Tagen des Automobils gab esschon immer den Trend zu geringerem Kraftstoff-verbrauch, höherer Leistung, leichteren Fahrzeu-gen und einem kompakteren Triebstrang. DieTrends der jüngeren Vergangenheit sind zum Bei-spiel hochaufgeladene Dieselmotoren, Zylinderab-schaltung und Hybridantriebe. Es sind einige Spe-kulationen im Gange, welche dieser Trends auch inZukunft anhalten werden. Bei näherer Betrachtungzeigt sich, dass jeder Trend seine Nische findenwird aufgrund von gesetzlichen Anforderungen,Umweltauflagen oder unterschiedlichen Märkten.

Das „United States Federal Motor Vehicle“-Gesetzvon 1960 schreibt die Forschung bezüglich Abgas-emissionen von Fahrzeugen vor. 1961 erließ Kali-fornien ein Gesetz zur Absaugung der blow-by-

Gase aus dem Kurbelgehäuse des Motors. Seitdieser Zeit haben sich die Emissionsgesetze ver-schärft und die Automobilfirmen haben neue Kon-zepte immer wieder an diesen schärferen Auflagengemessen. Heute bieten die direkteinspritzendenDieselmotoren nicht nur Vorteile beim Kraftstoff-verbrauch, sondern auch bei den Emissionen.Hybridfahrzeuge benutzen ihre Verbrennungsmo-toren weniger und stoßen deshalb weniger Emis-sionen aus. Dieselmotoren machen bereits dieHälfte der Antriebe in Europa aus und gewinnenauch in Nordamerika an Popularität. Verkaufsan-reize in den USA konnten die Verbreitung vonHybridantrieben und Dieselmotoren erhöhen. DerRicardo-Diesel-Report 2005 [2] sagt für den US-Markt im Jahr 2012 bereits eine jährliche Anzahlvon 1 Mio. neu verkauften Dieselfahrzeugen voraus.

Obwohl der Drehmomentwandler schon seit 100Jahren existiert, gab es in den letzten Dekadeneine deutliche Weiterentwicklung. LuK, als einerder Lieferanten für Drehmomentwandler, hateinige dieser Entwicklungen vorangetrieben. DieEntwicklungen, die in diesem Artikel beschriebenwerden, sind das Ergebnis des Systemwissensbei LuK. Durch dieses Wissen ist es möglich, denFluid-Kreislauf, die Überbrückungskupplung undden Dämpfer an die speziellen Anforderungenjeder Applikation anzupassen.

Höhere Momente beiweniger BauraumSeit Dekaden steigen die Motormomente an, wäh-rend der Bauraum in der Getriebeglocke sich ver-kleinert. Die Zusammenstellung der entsprechen-

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1 Drehmomentwandler

Einleitung

Bild 1 Historie von Bauraum und Drehmoment

den Daten für Fahrzeuge mit Vorderradantriebzeigt Bild 1.

1985 konnte der Drehmomentwandler noch 124 mmaxialen Bauraum in Anspruch nehmen, und dasbei ausreichend Freigang. In diesem Bauraumwar es noch möglich, einen runden Torus mitguter Wandlercharakteristik und einen Dämpfermit großer Feder und guter Schwingungsisolati-on unterzubringen. Bezüglich des Drehmomentshat sich bis 1995 nicht viel verändert, aber derBauraum hat sich dramatisch verkleinert. Dergrößte Drehmomentwandler durfte nur noch 94mm Bauraum in Anspruch nehmen. Es wurdenotwendig, die Teile des Wandlers neu zu plat-zieren. In diesem Fall wurde der Wandlertorusverkleinert und die Feder des Dämpfers wander-te radial nach außen. Dadurch wird der Bauraumbesser ausgenutzt. Mit modernen Werkzeugenwie CFD (Computational Fluid Dynamics) undSchwingungsberechnung war es trotzdem mög-lich, die Fahrleistung der Fahrzeuge zu verbes-sern und den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren.

Die Situation in 2005 zeigt einen starken Anstiegdes Drehmoments und nochmals eine dramati-sche Reduktion des axialen Bauraums. Um derHerausforderung bzgl. des Bauraums zu entspre-chen, muss man entweder Kompromisse machenoder innovative Lösungen finden. Der Wandlerto-rus wurde nochmals verkleinert und axial zusam-mengedrückt. Die grundlegende Physik zeigtjedoch, dass die Ölströmung in einem rundenQuerschnitt effizienter ist. Der axial verkleinerteWandlerquerschnitt führt zu einem weicherenWandler und zur Verringerung des Wirkungsgradsdes Drehmomentwandlers, alles zusammen alsoeinem Anstieg des Kraftstoffverbrauchs. Speziel-le hochfeste Stähle für die Federn und die Opti-mierung der Federaufnahmen im Dämpfer kön-nen die Dämpferfunktion verbessern, jedoch nurbis zu einem gewissen Punkt, ab dem die Isolati-on einen Kompromiss darstellt. Durch die ver-schlechterte Isolation kann die Wandlerüberbrü-ckungskupplung erst später geschlossen werden,sprich der Kraftstoffverbrauch steigt an.

Viele Ausführungen der o. g. Themen wurdenerfolgreich erprobt und auch weiterentwickelt. Inallen diesen Entwicklungen wurden bisher dasLeitrad und der Freilauf nicht betrachtet. Diesestellen derzeit die Restriktionen beim axialenBauraum dar. Deshalb hat LuK sich diesen bei-den Bauteilen angenommen.

Hydraulischer Kreis-lauf des WandlersDas Leitrad hat die einfache Aufgabe, denÖlstrom im Wandler umzulenken, der Pumpezuzuführen und dadurch die Momentenerhö-hung zu erzeugen. Mit der Einführung von Auto-matikgetrieben mit 4, 5 und 6 Gängen konntendie Anforderungen an das Leitrad reduziert wer-den. Da der axiale Bauraum reduziert werdenmuss, ergeben sich für das Leitrad neue Anforde-rungen. Es kann zum Beispiel die Länge derSchaufeln halbiert werden, während die Anzahlder Schaufeln verdoppelt wird. Da jede derSchaufeln nur das halbe Moment abstützenmuss, kann die Schaufeldicke auch reduziertwerden. Der Vergleich zwischen der bestehen-den und der neuen Konstruktion ist in Bild 2gezeigt.

Das neue Schaufelprofil des Leitrades kann alsBlechumformteil hergestellt werden. Die Blech-schaufeln weisen eine höhere Festigkeit alsSchaufeln aus Aluminium oder Phenolharz auf.Dadurch kann die Dicke weiter reduziert werden.Die Schaufelkränze werden als zwei Teile herge-stellt, die jeweils die Hälfte der Schaufeln bein-halten. Die beiden Schaufelkränze werden dannam Freilauf durch Umformung bzw. Nieten befes-tigt.

Ein hoher und flacher Momentenverlauf beigutem Wirkungsgrad ist mit dieser Konfigurationerreichbar. Mit Anprägungen an den Blechschau-feln kann das Profil optimiert werden, wie es für

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Bild 2 Neue Anforderungen an das Leitrad

Schaufeln von Pumpe und Turbine auch üblichist. Eine gemessene Charakteristik ist in Bild 3 zusehen (MP2000: Pumpenmoment bei 2000/minPumpendrehzahl). Die grundlegende Funktionist bestätigt.

Das Ziel der derzeitigen Untersuchung ist es, denaxialen Bauraum zu reduzieren. Eine entspre-chende Konstruktion mit Blechschaufeln kannjedoch auch dazu verwendet werden, eine Kon-struktion mit längeren Schaufeln zu erhalten.Dies kann günstig sein in Fällen, in denen einegrößere Überhöhung bzw. eine stärkere Ablen-kung des Ölstroms notwendig ist. Ein Beispielfür eine solche Konstruktion ist in Bild 4 zu sehen.

Nachdem der axiale Bauraum für den Ölstromdurch axiale Verkleinerung des Leitrads redu-ziert wurde, kann man sich nun dem Freilaufzuwenden. Dazu wäre es elegant, den Bauraum,den der Freilauf einnimmt, für die Funktion effek-

tiver zu nutzen. Eine Möglichkeit ist, den Freilaufebenfalls als Blechkonstruktion auszuführen,wie sie in Bild 5 zu sehen ist.

Bei dieser Konstruktion ist der äußere Ring mitRampen für die Rollen ausgeführt. Der äußereRing dient gleichzeitig als Käfig für die Rollenund stützt die Rollen federnd ab. Der äußereRing wird zusätzlich gestützt von den Schaufel-ringen und dem Unterstützungsring. Diese Kon-struktion ist gleichzeitig leistungsfähig und kos-tengünstig.

Die Freilauffunktion kann auch mit Blechum-formteilen erzielt werden ohne Verwendung vonRollen. Ein solcher Ratschenfreilauf ist in Bild 6zu sehen.

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Bild 4 Neue Schaufelkonstruktion mit verlängertemBlechleitrad

Bild 5 Rollenfreilauf mit Ringen aus Blechumformteilen

Bild 6 Ratschenfreilauf

Bild 3 Gemessene Charakteristik des Drehmomentwand-lers mit Blechleitrad

Einer der Schaufelringe hat Nuten. Der Rampen-ring greift in diese Nuten ein und ist auf der Nabegelagert. Die Nabe istüber eine Verzahnungan den Leitradstutzendes Getriebes ange-bunden und hat No-cken am Umfang. Dieflachen Seiten derRampenbleche grei-fen in der Blockier-richtung des Freilaufsin die Nocken der Nabeein. In der Freilaufrich-tung gleiten die schrä-gen Seiten der Ram-pen über diese Nockenhinweg. Eine geringeFederlast drückt dieRampen gegen die No-cken der Nabe. Dies istnotwendig, um in derBlockierrichtung dasMoment zu übertragen.Andererseits tretendie klassischen Frei-laufgeräusche auf.

Dieses Geräuschpro-blem wird beseitigt,indem ein Abdeckblecheingebaut wird, wie esin Bild 7 zu sehen ist.

Dieses Abdeckblechist eingebaut zwi-

schen der Nabe und dem Rampenring. In derFreilaufrichtung verdreht sich das Abdeckblechgegenüber der Nabe aufgrund der Reibung zwi-schen Rampenring und Abdeckblech. Die Verdre-hung des Abdeckblechs wird durch Anschlägebegrenzt. Sobald das Abdeckblech diese An-schläge erreicht, deckt es die Fenster in der Nabeab. Das Rampenblech gleitet nun auf dem Ab-deckblech bzw. der Nabe ab, ohne dass die Ram-pen axial in die Fenster eingreifen. Dadurch wirddas Freilaufgeräusch eliminiert, wie Bild 8 zeigt.

Nachdem das Geräuschproblem so beseitigtwurde, kann ein axialer Längenvergleich vorge-nommen werden, wie er in Bild 9 zu sehen ist.

Der Bauraumvorteil des Rollenfreilaufs aus Blech-umformteilen gegenüber einem Freilauf mit Klemm-körpern beträgt axial 5,6 mm. Der Ratschenfreilaufist 11,2 mm und damit um 60 % schmaler als ein

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Bild 8 Geräuschmessung mit Abdeckblech

Bild 9 Längenvergleich verschiedener Freilaufkonstruktionen

Bild 7 Ratschenfreilauf mit Abdeckblech

konventioneller Freilauf mit einem gegossenenLeitrad. Die Bauraumvorteile aufgrund des Ratschen-freilaufs und des Leitrads als Blechumformteil erge-ben ein sehr schmales Leitrad, das die axiale Bau-raumsituation im Inneren des Wandlers entschärft.

Wie Bild 10 zeigt, ergibt sich für die konventio-nelle Konstruktion mit diesem neuen Leitrad einoffener Bauraum, der in vielfältiger Weise ver-wendet werden kann.

Eine sehr effektive Möglichkeit, den Bauraum zunutzen, ist die Vereinfachung des Kolbens für dieÜberbrückungsdämpfung und des Dämpfers. Derfrei werdende Bauraum kann dazu verwendet wer-den, die Topfung des Kolbens zu vergrößern unddamit die Steifigkeit des Kolbens zu erhöhen.Dadurch kann die Materialstärke von 5 mm auf3,5 mm verringert werden. Die Anordnung derDruckfedern kann auch vereinfacht werden, da ausdem dünneren Blech die Fensterflügel zur Führungder Federn einfacher ausgeformt werden können.Dadurch wird ein Bauteil eingespart, was Bauraumfür größere Druckfedern schafft. Durch das dünne-re Blech des Kolbens wird es ferner möglich, dieFederführungen anzunieten anstatt anzuschwei-ßen. Dieses Beispiel zeigt sehr anschaulich, wel-che Folgeschritte möglich werden, wenn mit demBauraum sparsam umgegangen wird.

Eine weitere Möglichkeit, den frei werdendenBauraum zu nutzen, ist, eine Zweischeibenkupp-lung einzusetzen, wodurch die Momentenkapa-zität verdoppelt wird. Außerdem kann der axialeBauraum des gesamten Wandlers verringert wer-den. In diesem Beispiel können dadurch 5 mmGetriebelänge eingespart werden.

Diese Ideen für das Leitrad ergeben eine signifi-kante Verbesserung bei der gegebenen Aus-gangssituation von steigenden Motormomentenund kleiner werdenden Bauräumen. Weitere Vor-teile können erzielt werden, wenn man denhydrodynamischen Kreislauf des Wandlersbetrachtet. Eine grundlegende Analyse derhydrodynamischen Funktion zeigt, dass die Leis-tungsdichte noch vergrößert werden kann, ohneAbstriche beim Wirkungsgrad zu machen. Im ers-ten Schritt werden die numerische Optimierungund CFD für den Torus kombiniert. Die großeAnzahl der Variablen im hydrodynamischenKreislauf, wie zum Beispiel Schaufelwinkel,Schaufelverteilung und Torusform und dieAbhängigkeit dieser Parameter bei Pumpe, Tur-bine und Leitrad machen dies zu einem idealenProblem für die numerische Optimierung. Dienumerische Optimierung wird durchgeführt,indem die Parameter in den einzelnen CFD-Berechnungen variiert werden und der Einflussauf die Parameter des Gesamtsystems Wandlerermittelt wird. Diese Ausgangsdaten werdenzusammengefasst und Kombinationen ausge-wählt nach der Gradientenmethode. Anschlie-ßend werden CFD-Berechnungen für die gewähl-ten Kombinationen durchgeführt und damit dasEndergebnis ermittelt.

Durch die Optimierungsstrategie soll erzielt wer-den, dass sich ein hohes, konstantes Pumpen-moment ergibt, der Kupplungspunkt steigt unddie Wandlung beibehalten wird. Alle diese Ände-rungen führen zu einem geringeren Kraftstoff-verbrauch und zu einer höheren Leistungsdichteim Wandler. Als Startpunkt wurde ein konventio-neller Wandler ausgewählt, wie er heute in Pro-duktion ist. Wenn die Optimierung in der Lage

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Bild 11 Vergleich Wandlercharakteristik

Bild 10 Bauraumvorteil

ist, die Charakteristik dieses Wandlers zu ver-bessern, wäre das ein Beweis für deren Tauglich-keit. Die Ergebnisse sind in Bild 11 zu sehen.

Es zeigt sich klar, dass die Optimierung ihr Zielerreicht. Die daraus resultierende Geometrie derSchaufeln ist in Bild 12 zu sehen.

Diese Geometrie ist recht unkonventionell underinnert an eine bionische Form. Es ist sehrunwahrscheinlich, dass sie entdeckt wordenwäre ohne eine solche Optimierungsstrategie.

Eine andere Methode, die Momentenkapazitätdes hydrodynamischen Kreislaufs zu erhöhen,ist die Betrachtung der grundlegenden Physikdes Wandlers. In der Gleichung für die Pumpen-leistung geht der Radius der Pumpe proportionalzur 5. Potenz ein. Das heißt, jede Vergrößerungim Radius führt zu einer signifikanten Steigerungder Momentenkapazität. Bild 13 zeigt eine Mög-lichkeit, wie dieser Radius im gegebenen Bau-raum vergrößert werden kann.

Hier wurde die Pumpe bis zum maximalen Radi-us vergrößert, den der Bauraum noch zulässt,und die Form der Turbine wurde an der Außen-seite so verändert, dass sie dazu passt. Die Pum-penschaufeln wurden derart im hydrodynami-schen Kreislauf verlängert, dass sie zu denTurbinenschaufeln passen. Die Messergebnissedieser Konstruktion sind in Bild 14 zu sehen.Eine höhere Momentendichte wird erreicht.

Betrachtet man den Ölfluss durch das Leitrad,kann eine weitere Steigerung der Momentenka-pazität erreicht werden. Bild 15 zeigt ein Leitradnach dem Diffusor-Prinzip.

Der Strömungsquerschnitt durch das Leitrad ver-größert sich, wenn das Medium Richtung Pumpefließt. Dadurch wird die axiale Geschwindigkeitdes Fluids reduziert, die Umfangsgeschwindig-keit bleibt unverändert. Dadurch kann sich dasFluid leichter Richtung Pumpe drehen. Diedaraus resultierende Verbesserung der Charak-teristik ist in Bild 16 zu sehen.

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Bild 12 Optimierte Schaufelgeometrie

Bild 13 Wandler mit vergrößertem Radius

Bild 14 Wandlercharakteristik mit vergrößertem Radius

Bild 15 Diffusor-Leitrad

Eine weitere Möglichkeit, den Wandler dem Bau-raum anzupassen, ist die Scherung des Torus.Diese Technik ist in Bild 17 dargestellt.

Der Wandler ist entlang seiner Mittelliniegeschert. Dadurch ergibt sich entweder Bauraumfür einen Dämpfer mit Bogenfedern am Außen-durchmesser oder für einen Dämpfer mit gera-den Federn am Innendurchmesser. Der Außenra-dius des Torus wird so weit wie benötigtverschoben, die Innenseite bleibt unverändert,und die Punkte dazwischen werden proportionalzum steigenden Radius axial verschoben.Dadurch bleibt der Ölfluss im Wandler weitge-hend unverändert und die Charakteristik ver-schlechtert sich nicht, wie Bild 18 zeigt.

Eine Kombination dieser Vorgehensweisen kannje nach Applikation gewählt werden. Dadurchkann LuK den wachsenden Anforderungen nachsteigendem Drehmoment, verkleinerten Bauräu-men, verbessertem Kraftstoffverbrauch und ver-besserter Akustik optimal gerecht werden.

Innovationen fürDämpfer und KupplungEine Verbesserung der Effizienz des gesamtenTriebstrangs wird dadurch erreicht, dass Auto-matikgetriebe mehr Gänge bekommen unddadurch auch eine größere Spreizung. Wirdzusätzlich die Wandlerüberbrückungskupplungfrüher geschlossen, kann der Kraftstoffver-brauch nochmals gesenkt werden. Um dieserAnforderung gerecht zu werden, muss die Wand-lerüberbrückungskupplung fähig sein, häufigereSchaltungen bei höheren Energieeinträgen zuertragen als in der Vergangenheit. Die Motor-drehzahlen bei denen überbrückt wird, könnenjedoch nicht beliebig abgesenkt werden, daansonsten Geräuschprobleme aufgrund derDrehschwingungen auftreten. Das heißt, esmuss auch besonderer Wert auf die Dämpferkon-struktion gelegt werden.

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Bild 18 Wandlercharakteristik im gescherten WandlertorusBild 16 Wandlercharakteristik mit Diffusor-Leitrad

Bild 17 Wandler mit geschertem Torus

LuK betrachtet schonseit über 20 Jahrendas GesamtsystemTriebstrang, um dieDämpferoptimierungvorzunehmen. DieseVorgehensweise hattedazu geführt, dassvielfältige Dämpfer-konzepte wie zumBeispiel das Zweimas-senschwungrad (ZMS)und der Turbinen-dämpfer entwickeltwurden. Diese Erfah-rung und die Werk-zeuge, die in dieserZeit entwickelt wur-den, erlauben es LuK,die Dämpfer immerwieder so anzupas-sen, dass sie genauden sich verändern-den Anforderungendes Marktes entspre-chen. Derzeit nimmtdie Vielfalt an Getrie-betypen am Markt zu.Darunter sind Planetenautomatikgetriebe mit 6und 7 Gängen, Umschlingungs-CVTs mit Ketteoder Band, Toroid-CVTs, Doppelkupplungsge-triebe und vielfältige Formen von parallelen undseriellen Hybriden mit Start/Stopp-Funktion.Ferner ist der Motorentwicklung mit einem stei-genden Anteil an Dieselmotoren bzw. Motorenmit Zylinderabschaltung Rechnung zu tragen.

Die nähere Betrachtung des konventionellen Pla-netenautomatikgetriebes zeigt, dass es prinzi-piell 3 Möglichkeiten gibt, den Dämpfer imWandler anzuordnen (Bild 19).

In Bild 20 sind repräsentative Dämpfer für jededieser Position zu sehen.

LuK stellte das ZMS 1985 vor. Mit ihm lässt sicheine sehr gute Isolation für das Handschaltge-triebe darstellen. Seit dieser Zeit hat sich dasZMS weit verbreitet. Heutzutage ist ca. jedes 4.Auto in Europa mit einem ZMS ausgestattet. Umdas gute Isolationsverhalten des ZMS auch imAntriebsstrang mit Automatikgetriebe zu nutzen,wurde der Zweimassenwandler (ZMW) entwi-ckelt. Links im Bild 20 ist ein ZMW zu sehen, in

dem der Dämpfer zwischen Motor und Pumpedes Wandlers angeordnet ist. Ein konventionel-ler Dämpfer für eine Wandlerüberbrückungs-kupplung ist in der Mitte zu sehen. Hier ist derDämpfer zwischen der Pumpe und der Turbineangeordnet. Nur bei geschlossener Wandler-überbrückungskupplung ist dieser Dämpferaktiv. Rechts im Bild ist ein Turbinendämpfer zusehen, bei dem der Dämpfer zwischen der Turbi-ne und der Eingangswelle des Getriebes ange-ordnet ist. Hierbei geht das Moment auch beioffener Wandlerüberbrückungskupplung überden Dämpfer. Jede Anwendung hat ihre beson-deren Vor- und Nachteile. Der ZMW bietet typi-scherweise eine sehr gute Schwingungsisolati-on, aber genau wie beim ZMS muss man die beiMotorstart und -stopp auftretenden Resonanzenbeachten. Der konventionelle Dämpfer ist sehrvielseitig anwendbar. Er hat seine Schwächenjedoch bei Fahrzeugen mit Heckantrieb. Der Tur-binendämpfer ist eine sehr gute Lösung fürheckgetriebene Fahrzeuge. Er eliminiert eineResonanz, die typisch ist für heckgetriebeneFahrzeuge, die sog. Turbinenresonanz. Dadurch,

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Bild 19 Mögliche Anordnungen des Dämpfers im konventionellen Planetenautomatikgetriebe

dass diese Resonanz vermieden wird, kann dieWandlerüberbrückungskupplung bereits beiniedrigeren Motordrehzahlen geschlossen wer-

den, was den Kraftstoffverbrauch senkt undtrotzdem ein gutes akustisches Verhalten ergibt.Seit Beginn der Serienproduktion in 1996 hat der

Turbinendämpfer anPopularität gewon-nen, wie Bild 21 zeigt.

Der sich schnell ver-ändernde Automobil-markt zusammen mitden Anforderungender Verbraucher undden gesetzlichen Auf-lagen treibt die Auto-mobilhersteller dazu,immer wieder überneue Konzepte desTriebstrangs nachzu-denken. Dadurch ver-ändern sich auch dieAnforderungen an dieDämpfer. Oft ist es so,dass die bisherigen

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Bild 21 Weitweite Verbreitung Turbinendämpfer

Bild 20 Repräsentative Dämpfer für unterschiedliche Positionen im Wandler

Dämpferkonzepte für neue Anwendungen nichtausreichend sind. Neue und noch robustereLösungen werden gesucht.

Bild 22 zeigt einige mögliche Dämpferkonzepte.Die direkteinspritzenden Dieselmotoren habenimmer höhere Momente und größere Ungleich-förmigkeiten. Gleichzeitig haben die Triebsträngeimmer weniger Drehmasse, Reibung und Dämp-fung. Dies ist notwendig, um die Fahrleistung zuerhöhen und den Kraftstoffverbrauch zu senken.Bei solchen Triebsträngen ist es evtl. notwendig,die oben beschriebenen Dämpferkonzepte zukombinieren. Eine kompakte Version des ZMWmit Turbinendämpfer ist auf der linken Seite zusehen. Eine Zusatzmasse auf der Sekundärseitedes Dämpfers verschiebt kritische Eigenformenaußerhalb des Betriebsbereichs. In Bild 23 sinddie Ergebnisse der Triebstrangsimulation für diedargestellten Dämpferkonzepte zu sehen. DieAnsprüche bezüglich Isolation haben sich noch-mals deutlich erhöht. Die vorgestellten Dämpfer-konzepte machen es möglich, diese Ansprüchezu erfüllen.

Fahrzeuge mit Hybridantrieben verbreiten sicham Markt, wobei es unterschiedliche Konfigura-tionen gibt. Einige enthalten Drehmomentwand-ler, andere trockene oder nasse Kupplungen,wiederum andere vermeiden das Anfahrelementgänzlich. Alle Hybridantriebe müssen eine guteIsolation bieten, und in den meisten Fällen wird

ein Dämpfer benötigt. Ein möglicher Dämpfer füreinen Hybridantrieb ohne Anfahrelement ist inBild 24 zu sehen. Der Dämpfer ist zwischen demMotor und dem Getriebe angebracht. Im Ge-triebe enthalten ist ein Elektromotor, der denVerbrennungsmotor startet, nachdem diesergestoppt wurde, wenn das Fahrzeug steht.

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Bild 23 Isolationsziel und Triebstrangverhalten der neuenDämpferkonzepte

Bild 22 Innovative Dämpferkonzepte

Der Dämpfer muss eine möglichst geringe Feder-rate haben, um in allen Betriebszuständen desMotors eine ausreichende Isolation zu bieten.Diese niedrige Feder-rate kann jedoch eineResonanz beim Star-ten des Verbrennungs-motors hervorrufen.Die Eigenfrequenzdes Systems Verbren-nungsmotor, Dämpfer,elektrischer Motorliegt unterhalb derLeerlaufdrehzahl desMotors. Jedes Mal,wenn der Verbren-nungsmotor gestartetoder gestoppt wird,

muss diese Resonanz durchfahren werden, wasProbleme bezüglich Geräusch und Dauerhaltbar-keit verursachen kann. Um dieses Problem zuvermeiden, kann eine Kupplung eingebaut wer-den, die den Dämpfer überbrückt, während derVerbrennungsmotor gestartet oder gestopptwird. Diese Kupplung wird durch eine Federvor-spannung geschlossen und muss aktiv durchÖldruck geöffnet werden, wenn der Verbren-nungsmotor in seinem normalen Betrieb ist. DerVerbrennungsmotor treibt die dafür notwendigeÖlpumpe an, vergleichbar wie es heute auchbeim Wandler erfolgt.

Multifunktions-wandler (MFW)Der Multifunktionswandler (MFW) wurde bereitsim LuK-Kolloquium 2002 präsentiert. Die Ent-wicklung dieses Konzeptes wurde weitergeführt,um den Herausforderungen, die speziell SportsUtility Vehicles (SUVs) und Dieselmotoren stel-len, besser gerecht zu werden. Die Notwendig-keit, den Kraftstoffverbrauch von SUV zu senken,führt dazu, dass die Drehzahlen, bei denen dieWandlerüberbrückungskupplung geschlossenwird, gesenkt werden muss und die Verluste imStillstand reduziert werden müssen. In der Regelmuss die Charakteristik eines Drehmoment-wandlers in Verbindung mit einem Dieselmotorspeziell auf die hohen Drehmomente angepasstwerden. Spezielles Augenmerk muss auch auf denDämpfer gerichtet werden, um mit den höherenUngleichförmigkeiten des Motors umgehen zu können. Wird der MFW mit geschlossener Wand-lerüberbrückungskupplung betrieben, bietet er

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Bild 25 Verteilung der Trägheiten bei ZMS (links) und MFW (rechts) bei betätigter Wandler-überbrückungskupplung

Bild 24 Dämpfer für Hybridantrieb mit Überbrückungs-kupplung zur Vermeidung der Resonanz bei Startund Stopp des Verbrennungsmotors

eine ähnliche Massenverteilung wie das Zweimas-senschwungrad. Bild 25 stellt dies dar. Ferner gibtes eine zweite Kupplung zwischen dem Verbren-nungsmotor und der Pumpe, so dass im Leerlaufdes Verbrennungsmotors zum Beispiel beim Ampel-stopp der Wandler abgekoppelt werden kann.

Der MFW mit 3 Anschlusskanälen in Kombinationmit einem Ottomotor für SUV ist in Bild 26 zusehen. In dieser Konstruktion werden eine Mehr-scheibenkupplung mit separatem Kolben, einkonventioneller Dämpfer mit Bogenfedern unddie zusätzliche Kupplung an der Pumpe verwen-det. Der äußere Druckkanal zwischen der Pum-pennabe und dem Leitradstutzen steuert diePumpenkupplung, die die Standabkopplung imLeerlauf bewirkt. Der innere Druckkanal zwi-schen dem Leitradstutzen und der Getriebeein-gangswelle wird immer unter Druck gehalten undversorgt den Torus des Wandlers. Der Kanalin der Mitte der Getriebeeingangswelle führtden Betätigungsdruck für die Wandlerüberbrü-ckungskupplung zu.

Wenn das Fahrzeug sich im Leerlauf befindet,wird Kraftstoff eingespart, indem die Pumpen-kupplung geöffnet wird und damit der Wandlervom Verbrennungsmotor abgekoppelt ist. Dieswird erreicht, indem der äußere Druckkanal mitDruck beaufschlagt wird, wie es in Bild 27 zusehen ist. Der Verbrennungsmotor treibt immernoch die Getriebeölpumpe an, wodurch derÖldruck im Getriebe aufrechterhalten wird.

Sobald sich das Fahrzeug in Bewegung setzt,wird der Druck im äußeren Druckkanal sehrschnell abgesenkt und damit die Pumpenkupp-lung geschlossen, wie es in Bild 28 zu sehen ist.

Dies hat den Vorteil, dass kein Kolben vorbefülltwerden muss. Das heißt, dass das Zuschaltender Pumpenkupplung sehr schnell erfolgt unddamit die Pumpe schnell auf Leerlaufdrehzahlbeschleunigt wird. Dies ist für den Fahrer nicht

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Bild 27 Geöffnete Pumpenkupplung/Wandlerüberbrückungs-kupplung und Massenverteilung im Leerlauf

Bild 28 Zugeschaltete Pumpenkupplung und damitkonventionelle Wandlerfunktion

Bild 26 MFW mit 3 Anschlusskanälen

wahrnehmbar, vergleichbar mit einer sehr gutenSchaltung im Automatikgetriebe. Wenn man dieStandabkopplung durch Öffnen einer Getriebe-kupplung im Automatikgetriebe darstellt, mussdie Drehmasse der Turbine und der mitrotieren-den Getriebekomponenten schlagartig verzögertwerden, was einen Drehmomentenstoß im Trieb-strang bewirkt. Dies ist für den Fahrer unterUmständen wahrnehmbar. Beim MFW hingegenwird die relativ kleine Masse der Pumpe durchden hydraulischen Ölfluss beschleunigt, wassehr „weich“ und komfortabel erfolgt.

Sobald die Wandler-überbrückungskupp-lung zugeschaltetwerden soll, wird derKanal im Zentrum derGetriebeeingangswel-le mit Druck beauf-schlagt, wie es in Bild29 zu sehen ist.Sobald die Kupplungzugeschaltet ist,ergibt sich eine ähnli-che Verteilung derTrägheitsmassen wiebeim ZMS. Ein Vorteildes MFW mit 3 An-

schlusskanälen ist es, dass die Pumpenkupp-lung zu jeder Zeit geschlossen bleibt. Dadurchfühlt sich die Zuschaltung der Überbrückungs-kupplung für den Fahrer wie beim konventionel-len Wandler an.

Durch die Verteilung der Trägheitsmassen ähnlichwie beim ZMS ergibt sich eine sehr gute Isolation.Bild 30 zeigt eine Simulation der Drehungleichför-migkeiten am Differenzial eines SUVs, und zwarvergleichend für den MFW und den in Produktionbefindlichen Drehmomentwandler. Durch denMFW kann die Drehzahl, bei der überbrückt wer-den kann, um 200/min abgesenkt werden. Mes-sungen im Fahrzeug bestätigen dieses verbesser-te Isolationsverhalten, wie Bild 31 zeigt.

Darüber hinaus kann die Pumpenkupplung wäh-rend des Anfahrens auch schlupfend betriebenwerden, wodurch eine „variable“ Wandlercharak-teristik erzielt wird. Dies kann sehr vorteilhaft sein,insbesondere in Kombination mit Dieselmotoren,

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Bild 29 Druckbeaufschlagung des abgeschlossenen Kolbensbetätigt die Wandlerüberbrückungskupplung

Bild 30 Simulation der Verbesserung des Isolationsverhaltensdurch den MFW

Bild 31 Messung der Verbesserung des Isolationsverhaltens durch den MFW

deren Turboloch bzw. der Kaltanfahrschwäche beitiefen Temperaturen. In Bild 32 ist das Drehmo-ment eines Dieselmotors unter voller Last darge-stellt. Die obere Kurve zeigt das maximale Dreh-moment des Dieselmotors bei konstanter Drehzahlund nachdem der Turbolader vollen Druck bringt,da er auf volle Drehzahl beschleunigt ist. Die unte-re Kurve zeigt das Drehmoment des Dieselmotors,wenn zuerst Gas gegeben wird und dann das Dreh-moment aufgezeichnet wird, hingegen der Turbo-lader keine Zeit hatte, auf maximale Drehzahl zukommen. Die Differenz zwischen den beiden Kur-ven kommt also dadurch zustande, dass die Abga-se den Turbolader noch nicht auf volle Drehzahlgebracht haben. Bei hohen Motordrehzahlen gibtes einen höheren Volumenstrom des Abgases, umden Turbolader zu beschleunigen. Das heißt, beihohen Drehzahlen braucht der Verbrennungsmo-tor weniger Zeit, um von der unteren Drehmoment-kurve zur oberen Drehmomentkurve zu gelangen.

Das heißt, wenn man den Dieselmotor amAnfang eines Beschleunigungsvorgangs entlas-

ten würde, würde seine Drehzahl schnelleransteigen und damit den Turbolader schnellerauf maximale Drehzahl bringen, wodurch früh-zeitiger das maximale Motordrehmoment an-liegt. Ein Beispiel für dieses Vorgehen für einleichtes Nutzfahrzeug ist in Bild 33 zu sehen. ZuBeginn des Anfahrens wird das gesamte Motor-moment dazu verwendet, den Motor selbstschneller zu beschleunigen. Sobald der Motorein ausreichendes Moment abgibt, wird diePumpenkupplung des MFW geschlossen und dasFahrzeug fährt an. Das Fahrzeug fährt in diesemFall 0,2 s später an als bei der konventionellenStrategie. Aufgrund des sehr schnell ansteigen-den Drehmoments des Verbrennungsmotorserreicht das Fahrzeug mit der neuen Strategie0,2 s früher als mit herkömmlichem Wandler dieGeschwindigkeit von 30 km/h.

Nasse Anfahrkupplungund mechanischerWandlerDer Trend zu immer leistungsfähigeren Dämp-fern und Wandlerüberbrückungskupplungen mithöherer Leistungsfähigkeit führt, konsequent zuEnde gedacht, zur nassen Anfahrkupplung. Dasheißt, der hydrodynamische Kreislauf des Dreh-momentwandlers wird vollständig eliminiert unddadurch die Trägheitsmasse, das Gewicht undder Bauraum reduziert. Dadurch wird ausrei-chend Bauraum frei, um einen aufwändigenDämpfer unterzubringen, so dass die Kupplungin allen Fahrzuständen geschlossen gehaltenwerden kann. Es ergibt sich ein besserer Wir-kungsgrad als beim konventionellen Wandler.

Es gibt zwei mögliche Ansätze, um diese Idee indie Realität umzusetzen:

1. Vollständige Neukonstruktion der nassenAnfahrkupplung und Integration in das Auto-matikgetriebe selbst.

2. Für bestehende Getriebekonstruktionen wird dienasse Anfahrkupplung so konstruiert, dass sieals Ersatz für den Drehmomentwandlerdirekt in die Getriebeglocke eingebaut werdenkann.

Das grundsätzliche Verständnis, das benötigtwird, um ein erfolgreiches Konzept zu erstellen, ist

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Drehmomentwandler 1

Bild 32 Unterschied im Drehmoment eines Dieselmotorsaufgrund des sog. „Turbolochs“

Bild 33 Simulation einer Anfahrt mit schlupfenderPumpenkupplung

für beide Ansätze dasselbe. In diesem Artikel sollder zweite Ansatz näher betrachtet werden. Hier istes das Ziel, ohne Änderungen am Getriebe denWandler zu ersetzen und somit Kosten für dieGetriebekonstruktion und Investitionen in neueProduktionsanlagen zu vermeiden. Dadurch ergibtsich die Herausforderung, dass das neue Konzeptmit den Randbedingungen des existierendenGetriebes zurechtkommen muss. Diese sind insbe-sondere eine ausreichende Kühlleistung der nas-sen Anfahrkupplung und vergleichbare Fahrleis-tung und Anfahrkomfort wie beim Wandler.

Bild 34 verdeutlicht dieses Konzept. Die nasseAnfahrkupplung und der Dämpfer sind umgebenvon einem Gehäuse, das dem des Drehmoment-wandlers sehr ähnlich ist. Die Schnittstellen dieserKonstruktion sind dieselben wie beim hydrodyna-mischen Wandler, der ersetzt werden soll. Es gibtkeine Änderung an der Pilotlagerung, den Befesti-gungspunkten, der Pumpennabe und dem Antriebder Getriebepumpe. Ferner wird der Leitradstutzendes Getriebes für dieses Konzept benötigt, so dassdieser nicht entfernt oder modifiziert werden

muss. Der Momentenfluss bei diesem Konzeptgeht durch das Gehäuse, in den Dämpfer, durchdie nasse Anfahrkupplung und dann in die Getrie-beeingangswelle. Die Anordnung von Federn undTrägheitsmassen ist sehr vorteilhaft bezüglich Iso-lation. Diese ist ähnlich gut wie bei einem ZMS. Die Kupplung wird durch einen abgedichteten Kol-ben betätigt, welcher an den Kanal angeschlossenist, der bisher die Wandlerüberbrückungskupp-lung betätigt hat. Der Versorgungsdruck für denWandler wird nicht benötigt. Der Auslass aus demKupplungsgehäuse erfolgt unter atmosphäri-schem Druck zurück in den Getriebesumpf.

Um eine nasse Anfahrkupplung ausreichend zukühlen, ist abhängig von der Applikation typi-scherweise ein Volumenstrom von 20 ... 30 l/minbeim Anfahren notwendig. In heutigen Automatik-getrieben gibt es einen so hohen Volumenstromnicht, und es wäre eine größere Umkonstruktionund größere Getriebepumpe notwendig, um die-sen Volumenstrom zu realisieren. In Bild 35 und36 ist ein Konzept gezeigt, welches dieses Pro-blem umgeht und eine ausreichende Kupplungs-kühlung gewährleistet ohne irgendwelche Verän-derungen an der Hydraulik des Basisgetriebes.Das Konzept besteht aus 2 voneinander unabhän-gigen Kühlölkreisläufen. Einer dieser Kreisläufeist direkt mit dem Betätigungsdruck für die Kupp-lung verbunden. Der andere ist passiv mit derAbtriebsseite der Kupplung verbunden.

Bild 35 zeigt die Funktion des ersten Ölkreislaufs. Imabgedichteten Kolben befindet sich eine Blende.Ferner gibt es ein feststehendes Schöpfrohr. KaltesHochdrucköl strömt durch die Blende mit einemVolumenstrom von ca. 5 l/min. Dieses Öl fließt

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1 Drehmomentwandler

Bild 34 Nasse Anfahrkupplung Bild 35 Kühlölkreislauf 1

durch die Kupplung und nimmt die Wärme aus derKupplung auf. Das Schöpfrohr, das über eine Ver-zahnung am Leitradstutzen verdrehfest befestigtist, schöpft diese 5 l/min wieder zurück in den Ge-triebesumpf. Das Schöpfrohr sorgt ferner dafür, dassder Ölstand im Kupplungsgehäuse immer konstantist, d.h. die Kupplung wird nicht unnötig geflutetund damit unnötige Schleppverluste vermieden.

Der zweite Kühlölkreislauf (Bild 36) besteht auseinem zusätzlichen Schöpfrohr. Dieses Schöpf-rohr ist verbunden mit der Abtriebsseite der Kupp-lung bzw. der Getriebeeingangswelle. Durch die-ses Schöpfrohr wird ein höherer Volumenstromdurch die Kupplung gefördert und somit einezusätzliche Kühlung der Kupplung bei Anfahrvor-gängen bewirkt. Dieses Schöpfrohr, welches etwa25 l/min fördert, ist nur in Funktion, solange dieKupplung schlupft. Sobald der Anfahrvorgangbeendet ist und damit An- und Abtriebsseite derKupplung keine Drehzahldifferenz mehr haben,ist die kinetische Energie des rotierenden Ölsgegenüber diesem zweiten Schöpfrohr Null, somitkann das Schöpfrohr keinen Volumenstrom mehrfördern. Die Kombination dieser beiden Kühlöl-kreisläufe in Verbindung mit der Tatsache, dassdie Kupplung aufgrund des ersten Schöpfrohrsnicht unnötig geflutet wird bedeutet, dass diesesSystem mit minimalen Schleppverlusten undPumpenverlusten auskommt. Zusätzlich kann die-ses System noch so angepasst werden, dass eineStandabkopplung realisiert wird.

Die beschriebene nasse Anfahrkupplung passtsehr gut zu Fahrzeugen mit Vorderradantrieb, dahier der axiale Bauraum sehr knapp ist. Auch fürFahrzeuge mit Heckantrieb ist dieses Konzept

denkbar. Da die beim Anfahren entstehende Wär-meenergie, die von der Kupplung aufgenommenwerden muss, abhängig ist von der Fahrzeugmas-se, der Gesamtübersetzung des Getriebes im 1. Gang, der Einkuppelzeit und der Motorleistung,ist davon auszugehen, dass dieses System sehrgut zu modernen 6-Gang-Stufenautomaten passt.

Sollte eine mögliche Anwendung nicht die notwen-dige Gesamtgetriebeübersetzung bieten, beson-ders schwer oder untermotorisiert sein, kann dasbeschriebene Konzept der nassen Anfahrkupplungzusätzlich mit einem einfachen Planetensatz kom-biniert werden. Diese Kombination verwandeltdann ein 4-Gang-Automatikgetriebe in ein 6-Gang-Automatikgetriebe mit den damit verbundenenVerbesserungen in Fahrleistung und Kraftstoffver-brauch. Dadurch wird es für den Getriebeherstellermöglich, ein 6-Gang-Getriebe anzubieten, ohnedie damit verbundenen hohen Kosten für die Ent-wicklung und die Investition tragen zu müssen.

Bei LuK wurde dieses Konzept weiter verfolgt. Eswird als mechanischer Drehmomentwandlerbezeichnet. Das Konzept erfüllt alle Ziele der nas-sen Anfahrkupplung bezüglich Kompatibilität mitdem Drehmomentwandler, Adaptierbarkeit aufdie vorhandenen Schnittstellen im Getriebe undnutzt auch das oben beschriebene Kühlkonzept.Im mechanischen Drehmomentwandler ist einenasse Anfahrkupplung enthalten, die mit einemabgedichteten Kolben betätigt wird. Ferner gibtes eine zweite Kupplung, die in Verbindung mitdem Planetensatz zwei unterschiedliche Überset-zungen realisiert und zwei Dämpfer, um die ent-sprechende Isolation darzustellen, während dieAnfahrkupplung überbrückt ist (Bild 37).

Simulationen dieses Systems zeigen, dass dieBeschleunigungszeit von 0 auf 60 Meilen/h um

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Bild 36 Kühlölkreislauf 2

Bild 37 Mechanischer Drehmomentwandler

10 % verringert werden kann, während der Kraft-stoffverbrauch um 7 % gegenüber dem ursprüng-lichen 4-Gang-Automatikgetriebe mit Drehmo-mentwandler abgesenkt wird. Dieses Elementkann in 3 Betriebspunkten betrieben werden.Diese Betriebspunkte sind in den Bildern 38, 39und 40 dargestellt. Es sind Standabkopplung,Betrieb mit Drehmomentüberhöhung und vollüberbrückter Zustand. Die Standabkopplung wirderreicht, indem keine der Kupplungen betätigtist. In diesem Zustand gibt es keinen Volumen-strom in das Element, die Schöpfrohre sorgendafür, dass das Element bis auf wenig Restöl leer-gepumpt ist und damit die Schleppverluste mini-miert sind. Trotzdem wird die Getriebepumpekontinuierlich angetrieben. Damit sind alle Funk-tionen im Getriebe sichergestellt (Bild 38).

Angefahren wird, indem Druck an die Kupplung 1angelegt wird. Das Fahrzeug setzt sich sofort inBewegung, wobei sich das System über die Blen-de im Kolben mit Öl füllt (Bild 39). Dadurch wirddie Kupplung augenblicklich durch die obenbeschriebene Anordnung der Schöpfrohre mitKühlöl versorgt. Der Betätigungsdruck für dieKupplung 1 stützt sich auf einer vorgespanntenTellerfeder ab, was sicherstellt, dass die Kupp-lung 2 nicht betätigt wird. In diesem Betriebszu-stand fließt das Drehmoment vom Gehäuse zumHauptdämpfer und dann in den Kolben. Der Kol-ben ist am Dämpfer flexibel befestigt, um denentsprechenden axialen Betätigungshub ausfüh-ren zu können. Abtriebsseitig an der Kupplung istder Planetensatz angebracht, in diesem Fall dasHohlrad. Das Sonnenrad des Planetengetriebes

ist über einen Freilauf und den Leitradstutzen desGetriebes feststehend mit dem Getriebegehäuseverbunden. Der Planetenträger wiederum ist mitder Getriebeeingangswelle verbunden, und esergibt sich eine Drehmomentüberhöhung amGetriebeeingang von etwa 1,65 gegenüber demMotormoment. Um die Resonanz der Getriebe-eingangswelle bei niedrigen Motordrehzahlen zuvermeiden, ist ein zusätzlicher Dämpfer, der zwi-schen dem Planetenträger und dem Getriebeein-gang angeordnet ist, notwendig.

Um die Schaltung im mechanischen Drehmoment-wandler auf die zweite Übersetzungsstufe durch-zuführen, wird der Öldruck weiter angehoben(Bild 40). Sobald die Vorspannung der Tellerfederüberwunden ist, beginnt Kupplung 2 sich anzule-gen. Dadurch wird der Planetensatz überbrücktund damit die Momentenüberhöhung quasi abge-schaltet, weil jetzt die Übersetzung 1:1 ist. DieserÜbergang wird sehr einfach bewerkstelligt, indem

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Bild 38 Standabkopplung des mechanischen Drehmomentwandlers

Bild 39 Mechanischer Drehmomentwandler im Betriebszu-stand Momentenüberhöhung

Bild 40 Mechanischer Drehmomentwandler im Betriebszu-stand überbrückt

das Drehmoment am Freilauf durch die Kupplung2 abgebaut wird. Dies ist einfacher als eine über-blendende Schaltung zwischen zwei Kupplungen.Ferner kann der Druck, bei dem geschaltet wird,dadurch variiert werden, dass die Vorspannungder Tellerfeder verändert wird. Dadurch kann dermechanische Drehmomentwandler sehr einfachan die hydraulischen Randbedingungen unter-schiedlicher Stufenautomaten angepasst werden.

Die Fahrleistung dieses Systems wurde simuliert,um ein besseres Verständnis für das sich ergeben-de Gefühl beim Anfahrvorgang zu entwickeln. Bild41 verdeutlicht die Unterschiede zwischen demkonventionellen Drehmomentwandler und demmechanischen Drehmomentwandler. Im unterenTeil des Diagramms ist die Fahrzeugbeschleuni-gung der beiden Systeme im Vergleich dargestellt.In beiden Bereichen ist das Verhalten der Systemevergleichbar. Das heißt es ist davon auszugehen,dass das Anfahrverhalten des mechanischen Dreh-momentwandlers sehr ähnlich dem konventionellenSystem ist. Bei Bedarf kann die Kupplung nochschärfer abgestimmt werden und damit dem Ver-halten desWandlersnoch ähnlicher gemachtwerden.

LuK kann eine Vielzahl von Anfahrelementenanbieten die entsprechende Vorteile im Kraft-stoffverbrauch, reduziertes Gewicht bzw. Träg-heit, weniger Bauraumbedarf und Kompatibilitätmit bestehenden Getrieben bieten.

ZusammenfassungMehr als 100 Jahre nach seiner Erfindung entwi-ckelt sich der Drehmomentwandler mit den Fahr-zeugtriebsträngen immer noch weiter. KompakteDrehmomentwandler mit optimiertem hydrauli-schem Kreislauf erfüllen auch weiterhin dieAnforderungen in kompakten Getrieben mit mehrGängen. Spezielle Anpassungen der Dämpfererfüllen die unterschiedlichen Anforderungen derTriebstränge. Weiterhin bieten Konzepte wie derMFW Zusatzfunktionen, verringern den Kraftstoff-verbrauch und verbessern den Fahrkomfort. Diebeschriebenen Dämpferentwicklungen lassensich ebenfalls in Hybridantriebssträngen einset-zen. Die ersten 10 Jahre, in denen LuK Drehmo-mentwandler am Markt anbietet, waren bereitssehr spannend. Mit neuen, innovativen Ideenwird LuK auch in Zukunft an der kontinuierlichenWeiterentwicklung des Automobils mitwirken.

Literatur[1] Gott, P.: Changing Gears: The development

of the Automotive Transmission. Warrendale:Society of Automotive Engineers, 1991, pp.99

[2] Diesel Passenger Car & Light CommercialVehicle Markets in Western Europe, WestSussex: Ricardo plc, 28 June 2005

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Drehmomentwandler 1

Bild 41 Simulation des Fahrzeuganfahrverhaltens