Anne Faber
Einführung in das politische System der
EU: Akteure, Prozesse, Politiken
Die EU als politisches System
07.11.2011
Veranstaltungsplan
Termine Themenblock
24.10.-
28.11.11
1. Einführung: Historische Entwicklung der EU und
Hauptakteure (wer/seit wann?)
05.12.-
19.12.11
2. Vertragliche Grundlagen und Entscheidungsverfahren
(wie?)
09.01.-
23.01.12
3. Aufgaben und Politiken (was?)
30.01.-
05.02.12
4. Aktuelle Fragen und Perspektiven (wohin?)
Sitzungsaufbau
gemeinsamer Einstieg
Referat Fr. Pungas
Fragen und Diskussion zum Referat
gemeinsame Besprechung der
Vorbereitungsfragen
Fazit
Einstieg
Definition EU:
Welche Begriffe fallen Ihnen zur EU ein?
Wie könnte man die EU einem Nicht-Europäer
beschreiben?
Was ist die EU?/
Was ist sie nicht?/
Was sollte die EU sein?
Einstieg
mögliche Begriffe zur Definition EU:
• Erfolgsmodell (?)
• ein „Staat im Werden“?
• Bundesstaat?
• Staatenbund?
• System sui generis? (K. Ipsen)
• einzigartiges Experiment/einzigartiges
politische Gebilde?
• ein „politisches System“ (D. Easton)?
1. Definition „politisches
System“
allgemeine Definition:
• Gesamtheit jener staatlichen und außerstaatlichen
Einrichtungen und Akteure, Regeln und Verfahren, die
innerhalb eines abgegrenzten Handlungsrahmens
(z. B. Nationalstaat, EU) Problemlösungen erarbeiten
und allgemein verbindliche Entscheidungen
herstellen und durchsetzen.
• Charakteristika:
abgrenzbar – regelgeleitet – funktionsorientiert
• Dimensionen: polity – politics – policies
1. Definition „politisches
System“
Politik:
• „Politik ist die Gesamtheit der Aktivitäten zur Vorbereitung
und zur Herstellung gesamtgesellschaftlich verbindlicher
und/oder am Gemeinwohl orientierter und der ganzen
Gesellschaft zugute kommender Entscheidungen“ (Meyer
2010: 37)
besondere Charakteristika von Politik: • Handeln als gesamtgesellschaftlich bezogene Suche nach
Problemlösungen
• offener + öffentlicher Charakter von Entscheidungen
• Handeln als Aushandlung von Alternativen
• Handlungen haben Wertzuweisungen zur Folge
• Entscheidungen sind bindend
1. Definition „politisches
System“
laut D. Easton (1965):
1. Set von stabilen Institutionen und Regeln der
gemeinsamen Entscheidungsfindung
2. Bürger und soziale Gruppen versuchen, ihre
Interessen im Rahmen des Systems durchzusetzen
3. Entscheidungen haben spürbare Auswirkungen auf die
(Um)Verteilung von Wohlstand
4. fortlaufende Interaktionen zwischen In- und Output
2. EU = politisches
System?
• EU klassifiziert als „Erfolgsmodell und einzigartiges
Experiment“: hilft nicht weiter beim Verständnis
• EU klassifiziert als politisches System:
– Analyse der EU Teil allgemeiner politikwissenschaftlicher
Forschung und Debatten
– Ausschnitte/Teilbereiche europäischen Regierens mit
Bereichstheorien/Theorien mittlerer Reichweite analysierbar
und vergleichbar (z.B. mit nationalstaatlichen Strukturen)
– Schwerpunkt: Wie funktioniert die EU (heute)? (weniger:
warum?)
2. EU = politisches
System? Hix/Høyland (2011): EU besitzt alle
Charakteristika eines politischen Systems
1. Institutionen
2. politische Einflussnahme
3. Auswirkung auf Wohlstandsverteilung
4. ständige Rückkoppelung
aber auch: EU als Mehrebenensystem; 2 – 4 durch nationale Ebene stark gefiltert
Welche Art von politischem System ist die EU?
2. EU = politisches
System? • Bedeutung von Institutionen (1.): • verleihen Zusammenarbeit Dauerhaftigkeit und
Stabilität
• garantieren Verlässlichkeit (regelbasiert)
• reduzieren Informationsasymmetrien (und damit
Unsicherheit)
• reduzieren Transaktionskosten
• politische „Zielsteuerung“ (Kohler-Koch et. al.)
• definieren Gemeinschaftsinteresse (über die Summe
der Einzelinteressen hinaus)
• ermöglichen Paketlösungen
2. EU = politisches
System?
2. politische Einflussnahme und
4. ständige Rückkoppelung durch:
politische Parteien/MEPs (?)
Interessengruppen
Verbände Asymmetrien?
3. Auswirkung auf die Wohlstandsverteilung (?):
regulative Politiken (Mehrzahl)
distributive Politiken (z.B. Agrarpolitik)
redistributive Politiken („Finanzausgleich“: nur sehr
eingeschränkt; Kohäsionsfonds)
2. EU = politisches
System? • EU: kein Staat! • kein Staatsvolk
• kein Staatsgebiet
• keine Staatsgewalt
• sondern: spezielles politisches System, das sich
deutlich von nationalstaatlichen Systemen
einerseits und internationalen Organisationen
andererseits unterscheidet, aber mit ihnen
verglichen werden kann (muss)
• dennoch: funktionsfähiges politisches System
3. Hauptmerkmale der
EU
1. freiwillige Selbstverpflichtung der MS und Bürger
2. dezentralisiert und atomisiert
3. abhängig von Sub-Einheiten bei der Durchsetzung von
Regelungen
4. vertragliche Umsetzung durch EU-Organe (garantieren
reibungsloses Funktionieren)
5. Rechtssetzungskompetenz, aber keine Kompetenz-
Kompetenz
6. fehlendes Gewaltmonopol
7. keine Kommunikationsgemeinschaft (?)
3. Hauptmerkmale der
EU
8. begrenzte Erinnerungsgemeinschaft (?)
9. begrenzte Erfahrungsgemeinschaft (?)
10.keine gemeinsame politische Kultur (?)
11.keine europäische Zivilgesellschaft (?)
12.Supranationalität
13.Vorrang von Unionsrecht + direkte Wirkung
14.Spannungsverhältnis unionsfördernder und
autonomieschonender Institutionen und Verfahren
3. Hauptmerkmale der
EU Institutionelle Besonderheiten:
keine klassische Gewaltenteilung
• Ministerrat: Vertretung der MS auf europäischer Ebene;
Gesetzgebung und Ausführung (Komitologie)
• Europäische Kommission: 27 KommissarInnen;
Initiativmonopol; „Motor der Integration“, „Hüterin der
Verträge“; Exekutive (Haushalt; Durchführung von
Rechtsakten auf Gemeinschaftsebene); Vertretung nach
außen
• Europäisches Parlament: 736 MEPs, seit 1979 direkt
gewählt, nur teilweise klassische Parlamentsrechte;
insbesondere: kein Initiativrecht, keine Wahl der „Regierung“
3. Hauptmerkmale der
EU • Europäischer Gerichtshof: Rechtssprechungskompetenz für
die Gemeinschaftsbereiche; „direct effect“ + „Vorrang“ des
Gemeinschaftsrechts, starke Rolle auch über
Vorabentscheidungen
3. Hauptmerkmale der
EU Kompetenzen der EU (VvL):
• Prinzip der „begrenzten Einzelermächtigung“
ausschließliche, geteilte, unterstützende Zuständigkeiten
(Art. 2 AEU-Vertrag)
• ausschließliche Kompetenzen der EU: Handelspolitik;
Zollunion
3. Hauptmerkmale der
EU Kompetenzen der EU (VvL):
• geteilte Zuständigkeit (EU zuständig, aber
Mitgliedstaaten können Gesetze erlassen, soweit die
Union dies nicht tut): Binnenmarkt, Agrarpolitik,
Energiepolitik, Verkehrspolitik, Umweltpolitik und
Verbraucherschutz
• unterstützende Zuständigkeit: Gesundheitspolitik,
Industriepolitik, Bildungspolitik und Katastrophenschutz
• intergouvernementale Bereiche: Wirtschafts- und
Beschäftigungspolitik; Außen- und Sicherheitspolitik,
(einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten)
3. Hauptmerkmale der
EU
EU: politisches System „sui generis“
(„Verhandlungssystem“)
Grundproblem der Politikwissenschaft:
Konzeptualisierung demokratischer
Regierungsformen jenseits des Staates
Fazit Strebt die EU einem „konstitutionellen
Gleichgewicht“ entgegen?
- Binnenmarkt als EU-Kernkompetenz:
supranational organisiert
- intergouvernementale Koordinierung
zusätzlicher (flankierender) Politiken
- ständiger Wandel und ständige Anpassungen
des EU-Systems an (externe)
Herausforderungen und Problemdruck
- Grenzen der Weiterentwicklung
(Integrationshürden)?
Vorbereitungsfragen
zum 14.11.2011
1. Welche Aufgabe hat der Rat der EU im
Institutionsgefüge der EU inne?
2. Wie ist der Rat organisiert?
3. Sind Beschlüsse durch den Rat der EU
demokratisch legitimiert?
4. Welche Rolle nimmt der Europäische Rat und sein
Präsident in der politischen Ausgestaltung der EU
ein?
5. Welche Aufgaben hat die Hohe Vertreterin, und
welche Konflikte entzünden sich um diese Position?
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