Erfahrungsbericht: Tanja Schramm
Gainesville, FL
November 2010 - Mai 2011
Bereits im dritten Semester habe ich beschlossen eine Hälfte des PJs im Ausland zu verbringen.
Die erste Wahl hierfür war die University of Florida, weil ich jemanden kannte, der bereits hier
war und weil ich wusste, dass das Praktikum, sobald es von Professor Derendorf unterschrieben
ist, auch anerkannt wird.
Erste Kontaktaufnahme
Im fünften Semester, also nachdem ich das erste Examen bestanden hatte, war es dann soweit,
dass ich eine erste Email an Professor Derendorf gesandt habe. Es kam auch ziemlich prompt
eine Antwort. Ich wäre zwar sehr früh dran und er könne jetzt noch keine sicheren Aussagen
machen, aber ich solle doch in der nächsten Zeit eine Bewerbung schicken. Gegen Anfang des
sechsten Semesters habe ich das dann auch erledigt. Meine Bewerbung enthielt ein
Motivationsschreiben (letter of motivation), weshalb ich gern an die UF gehen würde, ein
Empfehlungsschreiben (letter of recommendation) von einer Professorin meiner Uni, einen
kurzen Lebenslauf (Curriculum vitae) und das Bürgschaftsschreiben der Bayerischen
Landesapothekerkammer. Die Bürgschaft bekommt man ohne weiteres, wenn man die Kammer
anschreibt. Die erste Email war noch auf Deutsch verfasst, aber von da an war der Email-
Verkehr auf Englisch.
Da ich seit dem ersten Kontakt im Gator-Verteiler war, habe ich eine Einladung zum Global
Gator Meeting für 2009 in Stresa/Italien erhalten und diese Einladung zum Anlass genommen,
Professor Derendorf persönlich kennen zu lernen und mich ihm vorzustellen. Eine Freundin
hatte sich ebenfalls beworben und war auch bei dem Meeting. Dort haben wir dann auch schon
eine unverbindliche Zusage erhalten, die wenig später per Email verbindlich wurde. Kurz darauf
erhielt ich dann auch eine Email von Patricia Khan, der stets hilfsbereiten Sekretärin, mit
weiteren Unterlagen die sie benötigt, damit das Visum beantragt werden kann.
Organisation des J1 Visums
Zu sendende Unterlagen waren eine Kopie des Reisepasses, Stammdatenblatt
(http://www.ufic.ufl.edu/downloads/iss/I-20_or_DS-2019_REQUEST_Form.pdf und ein
Versicherungsnachweis (Verification of Insurance). Versicherungstechnisch ist besonders darauf
zu achten, dass man sich eine ins Englisch übersetzte Version mitnimmt, da es sonst Probleme
geben kann, wenn man sich vor Ort beim International Center registriert. Für uns ist klar, dass
Krankenversicherungen alle Kosten tragen, hie ist das allerdings anders. Darum lasst euch alle
Auflagen, die man benötigt, bestätigen. Nachsehen könnt ihr diese Auflagen unter folgendem
Link:
http://www.ufic.ufl.edu/downloads/ifss/J1Insurance%20Information%20_prearrival_%202007.
Ich selbst habe mich von der AXA versichern lassen, die alle Kriterien erfüllt und mir auch eine
gültige englische Version ausgehändigt hat.
Sobald man das DS 2019 dann ausgefüllt und unterschrieben erhalten hat, kann man einen
Termin in der US Botschaft/Konsulat ausmachen. Davon gibt es meines Wissens nach sechs
(Hamburg, Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Frankfurt und München). Dafür muss man allerdings
vorher einen Visumsantrag im Internet stellen und sich durch eine Menge verschiedener Fragen
klicken. Zum Besuch in der Botschaft muss man dann das DS2019, den Reisepass, ein akkurates
Passfoto und die Zahlungsbestätigung der SEVIS-Gebühr mitbringen. Wir haben noch Kopien
des Rückflugtickets mitgenommen, um zu demonstrieren, dass wir nicht länger bleiben wollen,
als das Visum geht. Allerdings war das nicht nötig.
Mit dem Besuch auf der Botschaft und der Aussage “Your VISA is approved”, ist die
Organisation weitgehend abgeschlossen. Meist hat man bereits 2 Tage später alle nötigen
Unterlagen im Briefkasten.
Im Ganzen war es nicht schwierig, sich um alles zu kümmern, da man immer genaue
Anweisungen bekommen hat, aber es dauert eben eine gewisse Zeit. Aus diesem Grund ist es
sinnvoll, rechtzeitig anzufangen. Der Aufenthalt hier entschädigt definitiv die Mühen im
Vorfeld.
Um Wohnungen kümmert sich Matthias, von dem man im Vorfeld Emails erhält und auch das
Abholen am Flughafen ist meist schon arrangiert. Gegebenenfalls man landet in Gainesville. Um
Abholservice aus Jacksonville oder Orlando muss man sich selbst kümmern. Wir hatten uns
schon vor der Ankunft ein Auto von anderen Interns besorgt. Das kann ich auch jedem nur
empfehlen. Ohne Auto ist man aufgeschmissen und sich hier eines suchen zu wollen, ist ein
nervenaufreibendes Unterfangen.
Praktikum
Es ist grundsätzlich gut sich bereits vor der Ankunft in Gainesville Gedanken über seine
Praktikumsgestaltung zu machen. Ich habe das nicht gemacht und war zu Beginn überfordert
mit der Entscheidungsfindung. Wir hatten wenige Tage nach unserer Ankunft ein Meeting mit
Professor Derendorf, der uns nach unseren Interessen fragte und meist auch ziemlich schnell
eine passende Stelle für jeden finden konnte. Ich wusste von zwei anderen Interns, dass sie
zwei Tage in der Woche für zwei Monate mit Professor Hendeles, einem klinischen
Pharmazeuten, auf Station in der Klinik gegangen sind. Das habe ich bei dem Treffen erwähnt
und war auch ab dem nächsten Tag in der Abteilung von Prof. Hendeles beschäftigt.
Hauptsächlich dreht es sich hier um das Thema Asthma und allergische Rhinitis. Die meiste Zeit
meiner Arbeit habe ich im Asthma Research Lab verbracht. Zu Beginn meiner 6 Monate war
gerade eine Bioäquivalenz-Studie für generisches Albuterol(Salbutamol) in der Durchführung.
Um auch mit den Probanden arbeiten zu können, habe ich gelernt, wie man
Lungenfunktionstests und Methacholin-Provokationstests, engl. Methacholine Challenges,
durchführt. Ab Januar ist dann eine ähnliche Studie angelaufen. Ziel dieser Studie war es zwei
verschiedene Dry Powder Inhaler zu vergleichen. Nach einem knappen Monat war ich soweit,
dass ich zuerst unter Aufsicht und dann auch immer selbstständiger, Studienbesuche leiten
konnte. Meine Supervisorin im Lab, Sandi, war eine wirklich nette und lustige Apothekerin
(Pharm D.). Meine Hilfe wurde von dem Moment an, ab dem ich selbstständig genug war die
Tests durchzuführen, immer beansprucht. Positiv hervorzuheben ist auf jeden Fall die Tatsache,
dass man nie nach Arbeit suchen musste und sich auch immer nützlich vorkam. Außerdem habe
ich durch das ständige Gespräch mit Probanden, Sandi, Prof. Hendeles und zwei, im 2-Monats-
Rhythmus wechselnden US-Pharmaziestudenten unglaublich viel Sprachpraxis bekommen. Man
muss sich allerdings auch im Klaren darüber sein, dass die Durchführung von Studien viel
Sorgfalt und Konzentration erfordert. So habe ich, wenn ich wusste, dass am nächsten Morgen
ein Studienteilnehmer kommen wird, abends häufig auf ausgiebiges Feiern verzichtet. Was
nicht bedeutet, dass man abends nicht weggehnen kann, aber man bekommt hier viel
Verantwortung übertragen und muss ein gesundes Mittelmass finden. Arbeitszeiten sind relativ
variabel. Meist besagt der Stundenplan, dass es von 8:30 Uhr bis 17 Uhr geht, aber es gab Tage,
an denen ich um 7:45 Uhr im lab war und andere, an denen ich um 15:30 Uhr nach Hause
konnte.
Zweimal in der Woche durfte ich dann mit Professor Hendeles in die Lungenklinik für Kinder
(Peds Pulmonary Clinic) gehen. Klinik hier bedeutet weniger, dass man Patienten besucht, die
stationär behandelt werden, sondern, dass man Patienten in regelmäßigen Abständen in der
Klinik wieder sieht. Vom Prinzip vergleichbar mit einem Besuch in einer deutschen Arztpraxis
mit dem Unterschied jedoch, dass mehr als ein Arzt in der Klinik ist und zusätzlich auch der
Apotheker, in diesem Fall „Clinical Pharmacist“ Prof. Hendeles. Die Aufgabe der Studenten und
auch meine, war es einen Patienten zu sehen, bevor ein Arzt bzw. Apotheker ihn sieht. Für den
Arzt galt es im Vorfeld die Medikationshistorie aufzunehmen mit Augenmerk auf
Asthmamedikamente. Außerdem wurde bei jedem Besuch ein Demo-Inhaler mit in das
Behandlungszimmer genommen und der Patient bzw. dessen Eltern wurden gebeten, die
Technik zu demonstrieren. Für die „Pharm-only“-Besuche musste man dann noch spezielle
Asthma-Fragen stellen. Allein dadurch, dass man im selben Raum ist, wie Ärzte und der
Apotheker und deren Diskussionen beiwohnen kann, bekommt man eine unglaubliche Menge
an Wissen vermittelt.
Außerdem habe ich ein kleines eigenes Research-Project bekommen. Ich sollte Daten aus der
bereits durchgeführten Studie zusammentragen und zwei spezielle Aspekte davon genauer
betrachten (Puls/Sauerstoffsättigung). Zweck des Projektes war es, das ganze auf
studienanalytischem Wege zu untersuchen, statistisch signifikante Unterschiede aufzudecken,
wenn vorhanden, und das ganze in einem Asthma-Journal unter Prof. Hendeles und meinem
Namen, als letter to the editor, zu publizieren (1000 Wörter).
Rückblickend hat mir die Arbeit hier viel Spass gemacht und ich bin sehr zufrieden. Man hat
immer etwas zu tun und lernt auch wahnsinnig viel dazu. Trotz allem hat man immer auch
Freizeit. Ich würde die Arbeit hier sofort wieder annehmen, kann sie nur weiterempfehlen und
bin dankbar für die Erfahrung. Nicht zuletzt auch, weil ich mich in diesen sechs Monaten
entschlossen habe, wohl auch in Deutschland die klinisch/pharmazeutische Laufbahn zu
wählen. Nach dem zweiten Examen war ich noch völlig ratlos. Die Zeit hier hat meine
Entscheidung im Wesentlichen beeinflusst.
Proband bei der Durchführung eines Methacholine challenges
Freizeit, Land und Leute
Florida bietet unheimlich viele Möglichkeiten für Tages-, Wochenend-, oder Urlaubstrips. In
Gainesville finde ich den La Chua Trail besonders sehenswert, da man hier eine Vielzahl von
Alligatoren beobachten kann ohne dafür in die Everglades fahren zu müssen. Außerdem haben
wir den einen oder anderen Nachmittag am Lake Wauberg verbracht. Hier kommt bei
Sandstrand und Grillplätzen immer Urlaubsstimmung auf. Innerhalb von 1-3 Stunden ist man
ohne weiteres in St. Augustine, der ältesten Stadt der USA, oder in Orlando, dem absoluten
Freizeitpark-Paradies. Tampa, und Daytona Beach sind ebenfalls relativ nahe gelegen und gut
erreichbar. Für Kurztrips finde ich Miami (6 h Fahrzeit) ein cooles Ziel, oder New Orleans (8 h
Fahrzeit). Wenn man das Karibikfeeling möchte, dann sind die Keys perfekt. Gerade Key West
hat einen besonderen Flair. Aber auch die Golfküste mit Naples und Fort Myers sind
sehenswert. Wann immer sich also die Gelegenheit bietet etwas zu sehen, nehmt mit was ihr
könnt.
Key West, My favorite place to be in Florida☺
Unabhängig vom Reiseziel wird man die Erfahrung machen, dass Amerikaner stets sehr
freundlich und hilfsbereit sind. Ich habe hier viel verschiedene Leute kennen gelernt und auch
wenn der Smalltalk meist oberflächlich ist, man fühlt sich immer willkommen und gemocht.
Mein Glück war, dass ich durch die Arbeit mit verschiedenen amerikanische Studenten zu tun
hatte. Somit kam ich dann auch in den Genuss, ein paar typisch amerikanische
Freizeitgestaltungen mitzuerleben. Ich bin sehr froh, dass ich sowohl ein „Roller-Derby“ mit
ansehen konnte, als auch in der „Laser Tag“ Bar war.
Zusammenfassend kann ich behaupten, dass ich mich hier fachlich, sprachlich und persönlich
weiterentwickeln konnte und bin unheimlich dankbar für die Erfahrungen, die ich hier sammeln
durfte.
To do, bevor man nach Hause fliegt
Irgendwann geht allerdings auch die Zeit in Florida zu Ende, deswegen hier noch eine kurze To-
do-Liste, um die man sich so in den letzten vier Wochen kümmern sollte. Gerade für den Antrag
auf Approbation in Bayern, muss man sich einen Background-check beim Sheriff besorgen. Das
ist vergleichbar mit dem deutschen polizeilichen Führungszeugnis. Des Weiteren bekommt man
normalerweise ca. 2 Monate vor der Heimreise eine Email, mit der Bitte eine Steuererklärung
abzugeben. Ich kann nicht sagen, ob das verpflichtend war, aber der Aufwand hielt sich mit 15
min. in Grenzen. Schreibt rechtzeitig eine Email an die neuen Interns, wenn ihr ein Auto habt,
das ihr verkaufen möchtet. Am Wichtigsten ist vermutlich die Bescheinigung, von Prof.
Derendorf, dass man hier ein halbes Jahr beschäftigt war. Den Vordruck hierfür gibt es auf der
Homepage der BLAK : Bescheinigung über die praktische Ausbildung
http://www.blak.de/relaunch/index.php?view=bglunterricht
Was auch nicht schaden kann, ist nach Empfehlungsschreiben zu fragen. Ich habe sowohl
Sandi, Prof. Hendeles als auch Prof. Derendorf darum gebeten.
Ich hoffe ich konnte euch mit meinem Bericht ein wenig bei den Vorbereitungen oder der
Entscheidung ins Ausland zu gehen, unterstützen.
Bei weiteren Fragen könnt ihr euch gern an mich wenden: [email protected]
Abschließend möchte ich mich bei der Bayerischen
Landesapothekerkammer für die finanzielle Unterstützung
bedanken.
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