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„Faktor Mensch“ – Die dauerhafte Motivation der Beschäftigten für das energiebewusste Verhalten Das Kompendium der Marktinitiative Energieeffizienz „mission E“

www.klimaschutz.nrw.de

Vorwort

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie haben am Einführungsseminar der „mission E“ teilgenommen und gehörennun vermutlich der Arbeitsgruppe an, die für die Beschäftigten Ihrer Verwaltung oder Ihres Unternehmens in den nächsten Monaten eine interne Motivations-kampagne für energiebewusstes Verhalten vorbereiten und durchführen wird. Für dieses Engagement danken wir Ihnen sehr, denn Multiplikatoren sind für die „mission E“ unverzichtbar.

Vielleicht erinnern Sie sich an das Bild des Fischschwarms, das wir im Einführungsseminar benutzt haben, um zwei wesentliche Phänomene des Energiesparens durch den „Faktor Mensch“ herauszuarbeiten.

Zum einen mag ein einzelner Fisch vielen Menschen unbedeutend und nur als eine leckere Mahlzeit erscheinen, während ein großer Fischschwarm wirklich beeindruckend ist; analog dazu kann ein einzelner Beschäftigter durch sein energiebewusstes Verhalten scheinbar nur wenig ausrichten, doch da sich beider „mission E“ viele Beschäftigte für den Klimaschutz zusammentun, bewirken die vielen individuellen „Kleinigkeiten“ unter dem Strich nachweislich eine Menge. Zum anderen gilt: Selbst der größte Schwarm folgt einzelnen Fischen, die die Richtung vorgeben; analog dazu braucht die Nutzermotivation interne Fürsprecher, Mitstreiter und Vorbilder, die den Kolleginnen und Kollegen ein gutes Beispiel des energiebewussten Verhaltens geben – denn spezifische Handlungen von Einzelnen können intelligente Verhaltensweisen einer großen sozialen Gemeinschaft hervorrufen. Deshalb ist das energiebewusste Verhalten am Arbeitsplatz nach unserer Überzeugung eine Form der klimafreundlichen Schwarmintelligenz. Und Sie sind einer der Multiplikatoren, die den anderen Beschäftigten durch ihr Engagement die Richtung weisen. Das ist aller Ehren wert.

Die Bedeutung von engagierten und daher auch glaubwürdigen Multiplikatoren wird zum einen immer wieder durch die Erfahrungen unterstrichen, die wir seit dem Start der bundeswehrweiten Pilotkampagne der „mission E“ im Oktober 2006 im Bereich der dauerhaften Nutzermotivation machen; zum anderen bestätigen auch wissenschaftliche Erkenntnisse den hohen motivatorischen Stellenwert von identifikationsfördernden Vorbildern.

Was erwartet Sie nun in den sieben Kapiteln dieses Kompendiums?

Kapitel 1 („Praxis“) beschreibt anhand von Eckdaten und jeweils zwei spezifischen Besonderheiten vier anschauliche Umsetzungsbeispiele der „mission E“: die Motivationskampagnen bei der Bundeswehr, der Stadt Dortmund, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW.

Kapitel 2 („Psychologie“) fasst – ausgehend von den wissenschaftlich und empirisch belegten Gründen für die Energieverschwendung am Arbeitsplatz – die theoretischen Grundlagen und Hintergründe verschiedener Disziplinen wie der Motivations- und Wahrnehmungspsychologie zusammen, die für die Motivation für das energiebewusste Nutzerverhalten bedeutsam sind.

Vorwort

Kapitel 3 („Philosophie“) begründet die konzeptionellen Eckpfeiler, die den Markenkern der „mission E“ bilden, wie zum Beispiel die spezifische Tonalität der Zielgruppenansprache, der besondere Stellenwert von Visualisierungen und Illustrationen sowie die mittel- bis langfristigen Strukturbildungsprozesse zur Institutionalisierung der dauerhaften Nutzermotivation.

Kapitel 4 („Strategie“) thematisiert neben allen strategischen auch die operativen Fragen Ihrer Konzeptentwicklung und Kampagnensteuerung, von der Zusammenstellung des Kampagnenteams über Zielsetzungen, Absender und Inhalte Ihrer Motivationskampagne bis hin zu Kampagnenkalender und Corporate Design der „mission E“.

Kapitel 5 („Praxis“), der Schwerpunkt dieses Kompendiums, präsentiert rund60 denkbare Aktivitäten und Angebote Ihrer „mission E“ zur Sensibilisierung und Motivation der Beschäftigten für das energiebewusste Verhalten am Arbeitsplatz – geordnet nach den sieben Aktionsbereichen Intranet, Werbung, Veranstaltungen, Wettbewerbe und Gewinnspiele, Aus- und Weiterbildung,Organisatorisches und Technik. Die Vielfalt der in diesem Kapitel beschriebenen Bausteine bedeutet jedoch nicht, dass Sie möglichst alle vorgeschlagenen Aktivitäten auch tatsächlich umsetzen müssen. Entscheidend für die von Ihnen tatsächlich realisierten Bausteine sind zum Beispiel die verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen und Ihre quantitativen Einsparziele, die Laufzeit Ihrer „mission E“, die Größe Ihrer Verwaltung oder Ihres Unternehmens sowie die Anzahl der Beschäftigten und Liegenschaften. Daher muss und kann das Konzept der „mission E“ an die jeweiligen Voraussetzungen angepasst werden. Aus unserer Sicht sollten zwar ansprechende Kampagnenaktivitäten aus verschiedenen Aktionsbereichen miteinander kombiniert werden; nach unserer Überzeugung sollte aber nicht die Vollständigkeit, sondern die gut durchdachte, planvolle Kampagnensteuerung das oberste Ziel des Kampagnenmanagements sein.

Kapitel 6 („Kommunikation“) widmet sich zunächst wichtigen strategischen Aspekten der Kampagnenkommunikation, wie beispielsweise der Frage der Schirmherrschaft; anschließend beschreibt es die denkbaren Maßnahmen und Instrumente sowohl der begleitenden internen Öffentlichkeitsarbeit als auch der ergänzenden externen PR zu Ihrer „misson E“. Dabei legen wir Ihnen vor allem die begleitende interne Öffentlichkeitsarbeit ans Herz: Ohne interne PR kommt eine Motivationskampagne für energiebewusstes Verhalten nicht aus. Das gilt umso mehr, je größer Ihre Verwaltung oder Ihr Unternehmen ist und je dezentraler die Beschäftigten in der Fläche verteilt sind.

Kapitel 7 („Anhang“) und die beiliegende CD komplettieren das Kompendium: Neben einem Sachregister und einem Literatur- und Quellenverzeichnis bietet der Anhang einen Bewertungsbogen zum Basismodul der „mission E“ sowie einen Rückmeldebogen für das Übermitteln der Jahresergebnisse Ihrer Kampagne an die EnergieAgentur.NRW. Auf der CD finden Sie neben den Handouts zu allen Themenblöcken des Einführungsseminars verschiedene Arbeitshilfen wie zum Beispiel Bild- und Textvorlagen, Ansichtsexemplare bewährter Aktions- und Werbemittel sowie unter anderem unseren Leitfaden zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Aktionswochen und Aktionstagen in einzelnen Gebäuden.

Vorwort

Mit diesem über 400 Seiten starken Kompendium haben Sie aus zwei Gründen eine außergewöhnlich umfangreiche Seminarunterlage erhalten. Zum einen will Ihnen dieses Handbuch in der Zeit der Vorbereitung und Durchführung der „mission E“ – also vermutlich über mehrere Jahre – ein Begleiter sein, den Sie immer wieder zu Rate ziehen und als Ideengeber nutzen können. Dies setzt aber voraus, dass insbesondere das Kapitel zu den denkbaren Aktivitäten im Rahmen Ihrer Motivationskampagne zumindest annähernd vollständig ist – weshalb allein das Kapitel 5 sieben Unterkapitel und fast 180 Seiten umfasst. Und weil vermutlich die wenigsten Multiplikatoren der „mission E“ dieses Kompendium „in einem Rutsch“ lesen, sondern immer mal wieder zur Hand nehmen und es sich abschnittsweise zu Gemüte führen werden, finden sich an zahlreichen Stellen Querverweise auf andere Kapitel sowie gelegentlich auch kurze inhaltliche Doubletten.

Zum anderen ist diese Handreichung besonders umfangreich geraten, weil die dauerhafte Nutzermotivation für das energiebewusste Verhalten eine facetten- reiche Herausforderung ist, die auf dem Wissen unterschiedlicher Disziplinen beruht: Energietechnik, Motivationspsychologie, Kommunikationstheorie, Werbung und PR, Didaktik und Methodik der Aus- und Weiterbildung und nicht zuletzt auch Projekt- und Kampagnenmanagement („Campaigning“). Diesen interdisziplinären Facettenreichtum unseres gemeinsamen Anliegens der Nutzermotivation muss das Kompendium, welches neben dem Einführungs-seminar das „Herzstück“ zur Ertüchtigung der Anwender der „mission E“ ist, nach unserer Überzeugung abbilden – und zwar in stärkerem Maße, als es das zweitägige Einführungsseminar, das Sie besucht haben, leisten kann.

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Dabei war es gemäß Ihres Vorhabens unser Leitmotiv, ein praxisorientiertes Handbuch zu verfassen – mit Hintergrundinformationen, Erfahrungswerten, Anwendungsbeispielen, Illustrationen, alltagspraktischen und handwerklichenTipps usw. Theoretische Ausführungen bspw. zu bedeutsamen motivations-psychologischen oder kommunikationstheoretischen Grundfragen finden sich hier ebenfalls, doch verstehen sich die entsprechenden Kapitel und Abschnitteeher als qualitative Ergänzungen, die das praxiserprobte Konzept der „mission E“ wissenschaftlich untermauern. Falls Sie sich intensiver mit den theoretischenHintergründen der dauerhaften Nutzermotivation beschäftigen möchten, lohnt ein genauerer Blick in das weiterführende Literatur- und Quellenverzeichnis.

Wir können für Ihre Motivationskampagne keine Erfolgsgarantie übernehmen, doch sind in unser Konzept der „mission E“ die Erkenntnisse und langjährigen Erfahrungen aus vielfältigen Projekten und Kampagnen eingeflossen. Diesen reichen Erfahrungsschatz, der bundesweit seinesgleichen sucht und der durch den kontinuierlichen fachlichen Austausch mit anderen Einrichtungen ergänzt wird, möchten wir an Sie weitergeben. Und wir sind zuversichtlich, dass uns dieser Transfer mit Hilfe der gewählten Methode gelingt, die sich durch die Kombination des Einführungsseminars mit dem praxisorientierten Kompendiumauszeichnet. Und auch wenn einzelne Mosaiksteinchen dieses Handbuchs in Ihren Augen unter Umständen nicht neu sein mögen: Unser Ziel war es, viele Mosaiksteinchen zusammenzutragen, um Ihnen ein umfassendes Bild zu vermitteln – und diesem Bild auch einen angemessenen Rahmen zu geben.

Wir freuen uns über Ihr Interesse an der „mission E“ und hoffen, dass Sie schon bald mit den Vorbereitungen beginnen, um in einigen Monaten Ihre interne Motivationskampagne zu starten. Mit dem Besuch unseres Seminars haben Sie bereits den ersten wichtigen Schritt getan; mit diesem Kampagnenkompendium wollen wir Sie bei der Konzeption, Planung, Vorbereitung, Durchführung und kommunikativen Begleitung Ihrer „mission E“ unterstützen.

Aber genug der Vorrede: Nun wünschen wir Ihnen spannende Leseerlebnisse und viel Erfolg bei Ihrer „mission E“!

Ihre EnergieAgentur.NRW

PS. Allein aus Gründen der Lesbarkeit benutzen wir im gesamten Kompendium ausschließlich die männliche Form der Substantive, die – wie zum Beispiel in der„Nutzermotivation“ – teilweise sogar zusammengesetzt sind. Wir bitten die Leserinnen und Leser freundlich, die weibliche Form immer mitzudenken.

PPS. Wir bitten Sie außerdem, den urheberrechtlichen Hinweis im Impressum auf Seite 426 zu beachten: Es ist nicht gestattet, das Kompendium oder Teile dieses Handbuchs in elektronischer oder in Papierform zu vervielfältigen. Dieses generelle, auch für Auszüge geltende Vervielfältigungsverbot liegt im Interesse sowohl der EnergieAgentur.NRW als Urheberin als auch der Anwender der „mission E“, die diese Veröffentlichung kostenpflichtig erworben haben.

6Inhalt

Inhaltsübersicht

1 Praxis Umsetzungsbeispiele: Eckdaten und Besonderheiten

2 Psychologie Theoretische Grundlagen und Hintergründe

3 Philosophie Erkenntnisse, Erfahrungen und Empfehlungen

4 Strategie Konzeptentwicklung und Kampagnensteuerung

5 Aktivitäten Aktionsbereiche, Bausteine und Anwendungsbeispiele

6 Kommunikation Interne und externe Öffentlichkeitsarbeit

7 Anhang

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31Praxis

1.4 Eine ehrliche Zielsetzung und „Guerilla-Taktik“ vor dem Auftakt Die „mission E“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW (seit Januar 2014)

Im Januar 2014 startete am Standort Essen die „mission E“ des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) NRW, einer nachgeordneten Oberbehörde des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW mit insgesamt 1.200 Beschäftigten, von denen zirka 300 in Essen arbeiten.

Eckdaten Größe der Zielgruppe: 300 Beschäftigte Laufzeit: seit Januar 2014 Dauer der Vorbereitung: ca. 6 Monate Stromverbrauch vor dem Start: 2,66 Mio. kWh (Durchschnitt 2011-2013) Einsparziel: 5 % des durchschnittlichen Jahresstrom- verbrauchs 2011-2013 (133.000 kWh/a) Kampagnenschwerpunkte: Bürorundgänge, Intranet, Aktions- und Werbemittel, interne PR Einsparungen bisher (2014): 271.000 kWh Strom (10,2 %), ca. 160 t CO2

Auszeichnungen: keine verantwortliche Stelle: Fachbereich 37 „Klimaschutz, Klimawandel Koordinierungsstelle“ Aufgaben der EA.NRW: Qualifizierung des Kampagnenteams, Schulung weiterer Multiplikatoren, energetische Ist-Analyse, Coaching

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Zielsetzung„OptimierungderWärmeversorgung“Im Einführungsseminar diskutierten die verantwortlichen Multiplikatoren des LANUV NRW unter anderem die Zielsetzungen ihrer „mission E“. Dabei wurde schnell deutlich, dass sie sich – außer dem Klimaschutz und der Stärkung des internen „Wir-Gefühls“ – auch quantitative Einsparziele setzen wollten.

Nun ist das Festlegen von quantitativen Einsparzielen immer etwas diffizil – weil man hierfür die langfristige Verbrauchsentwicklung in der Vergangenheit kennen und berücksichtigen muss, um belastbare Referenzwerte zu definieren (vgl. Kapitel 4.3.1). Im Fall der Heizenergie des LANUV NRW kam zu dieser grundsätzlichen Schwierigkeit noch ein weiterer erschwerender Aspekt hinzu: Die Wärmeversorgung des LANUV war mit der Zeit immer komplexer geworden, da der Essener Standort in den vorangegangenen Jahren sukzessive um mehrere neue Gebäude erweitert worden war – ein Umstand, der auch Konsequenzen für die energetischen Standards der Gebäudehülle hatte.

Angesichts der gewachsenen Komplexität der Wärmeversorgung erschien es den Kampagnenverantwortlichen des LANUV unangemessen, für den Bereich der Heizenergie ein quantitatives Einsparziel der „mission E“ zu definieren. Dennoch war es dem Kampagnenteam wichtig, auch für die Heizenergie eine Zielsetzung zu formulieren und zum Kampagnenauftakt gegenüber den Kollegen auch zu kommunizieren. Auf Empfehlung der EnergieAgentur.NRW einigten sich die Kampagnenverantwortlichen dann im Hinblick auf die Heizenergie auf eine qualitative Zielsetzung: die Optimierung der komplexen Wärmeversorgung. Dieses Ziel setzte an den realen Rahmenbedingungen an und signalisierte der Belegschaft: „Wir machen uns zum Anwalt Eurer Bedürfnisse.“

33Praxis

„Guerilla-Taktik“vordemKampagnenauftaktIm Einführungsseminar entstand auch die Idee, die Motivationskampagne des LANUV NRW nicht auf die klassische Art und Weise zu starten, sondern die Belegschaft bereits vor dem eigentlichen Kampagnenauftakt (einer Aktions- woche am Essener Standort) gekonnt neugierig zu machen, die „Katze“ aber erst zum Start der Aktionswoche „aus dem Sack“ zu lassen.

Vielen ist diese oft als „Guerilla-Taktik“ bezeichnete Strategie noch vom Markt- eintritt von e.on in guter Erinnerung – dem Konzern, der im Juni 2000 durch die Fusion der beiden Mischkonzerne VEBA und VIAG entstand: Zunächst wurden deutschlandweit über mehrere Wochen großformatige Plakate geklebt und Anzeigen geschaltet, auf denen ausschließlich die noch unbekannte, auberginefarben-bräunliche Unternehmensfarbe zu sehen war; im nächsten Schritt erschien auf den Plakaten und in den Anzeigen auch die Wortbildmarke „e.on“, die die Neugier in der Öffentlichkeit allerdings noch erhöhte, weil die Marke ebenfalls noch unbekannt war und die Werbekampagne nicht erklärte; erst im letzten Schritt wurden dann Plakate, Anzeigen etc. geschaltet, die außer der Unternehmensfarbe und dem Unternehmenslogo weitere Informationen enthielten, die schließlich offenlegten, was für ein Konzern das neu gegründete und durch die Kampagne beworbene „e.on“ war.

Die Realisierung einer vergleichbaren Strategie zur Einführung der „mission E“ innerhalb einer Belegschaft will gut durchdacht sein:

Die einzelnen Werbeaktionen müssen konzeptionell aufeinander aufbauen und die Beschäftigten tatsächlich neugierig machen.

Die gewollt herbeigeführte Erwartungshaltung innerhalb der Belegschaft darf nicht zu groß werden; wenn zum Kampagnenauftakt das Geheimnis gelüftet wird, dass mit der „mission E“ eine Motivationskampagne für energiebewusstes Verhalten startet, kann dies bei allzu hohen Erwartungen innerhalb der Zielgruppe Enttäuschungen hervorrufen – und das ist unbedingt zu vermeiden.

Der Zeitraum, in dem die Neugier die Beschäftigten geweckt und bestenfalls gesteigert wird, darf nicht zu lang gewählt werden.

DreiVariantendes„Feierabend-Checks“Vor dem Hintergrund dieser werbefachlichen „Stolpersteine“ entschieden sich die Kampagnenverantwortlichen des LANUV NRW nach Rücksprache mit der EnergieAgentur.NRW und einer erfahrenen PR-Agentur für das folgende Vorgehen:

Das Poster „Feierabend-Check“ (vgl. Kapitel 5.2.4) wurde in drei Varianten produziert: Die erste Variante zeigte nur den tiefenentspannten Koalabären – ohne Logos und ohne Text; bei der zweiten Variante wurde dieses Bild- element durch den farbig hinterlegten, aber transparenten Störer „Schön, wenn alle mitmachen“ ergänzt; die dritte Variante schließlich zeigte den kompletten „Feierabend-Check“: den Koalabären, die Logos von „mission E“ und LANUV NRW und alle Textelemente.

Die Plakate der Variante 1 wurden für den Zeitraum von einer Woche auf-gehängt, beginnend am Montag zwei Wochen vor dem Kampagnenauftakt; auch die Plakate der Variante 2 hingen eine Woche lang, beginnend am

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Montag eine Woche vor dem Startschuss der „mission E“; der komplette „Feierabend-Check“ wurde an dem Montagmorgen des offiziellen Kampagnen- auftakts aufgehängt.

Alle Varianten wurden in den Formaten DIN A4 und DIN A3 produziert und so am Standort aufgehängt, dass zwar alle Beschäftigten die Plakate im Laufe eines jede Arbeitstages mehrere Male sahen, die Aktion aber nicht als penetrant empfanden; durch eine Begehung von zwei Mitgliedern des Kampagnenteams waren zuvor diejenigen Stellen identifiziert worden, an denen die Plakate nacheinander aufgehängt wurden (Foyer, Treppenhäuser, Besprechungsräume, Laborbereich, Bürotrakt, Toilettenräume, Kantine etc.).

Die Variante 1, die nur den – äußerst sympathischen und extrem niedlichen – Koalabären zeigte, wurde darüber hinaus im Postkartenformat produziert und während der Aktionswoche, die zum Auftakt der „mission E“ stattfand, am Infostand ausgelegt.

In den zwei Wochen, in denen die Plakate der Varianten 1 und 2 am Essener Standort des LANUV NRW aufgehängt waren, stellte sich heraus, dass sich das Kampagnenteam für exakt das richtige Vorgehen entschieden hatte: Viele Beschäftigte schmunzelten beim Anblick der Plakate, in den Büros und Laboren wurden die Aushänge zum beliebten Gesprächsthema, und auch in den gemeinsamen Mittagspausen in der Kantine sprachen die Beschäftigten über die ungewöhnlichen und rätselhaften Plakate. Und als das Geheimnis nach zwei Wochen beim Startschuss für die „mission E“ gelüftet wurde, gab es innerhalb der Belegschaft keinerlei Enttäuschungen: Die Klimaschutzkampagne wurde von den Beschäftigten sehr positiv aufgenommen.

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2.3 Anreize und Verhaltensänderungen

Wir haben erfahren, dass die meisten Menschen unbewusst und ungewollt Energie verschwenden, denn sie haben wiederkehrende, nicht energieeffiziente Verhaltensweisen automatisiert und verschwenderische Gewohnheiten ausge-bildet. Eben jene Handlungsroutinen sind auch der entscheidende Grund dafür, weshalb eine reine Informationsvermittlung, die naturgemäß in erster Linie das Bewusstsein der Menschen anspricht, keine geeignete Strategie ist, um Verhaltensänderungen im Sinne des Klimaschutzes zu erreichen. GleichwohlgiltauswahrnehmungspsychologischerSicht:DieInformationistdiekleineSchwesterderMotivation. Daher deckt die begleitende Kommunikation im Idealfall fünf inhaltliche Bereiche ab: Nutzen, Potenziale, Handlungsoptionen, Beispiele und Rückmeldungen (vgl. Kapitel 4.3.4); Wahrnehmungspsychologen teilen diese auf Erfahrungen beruhende Einschätzung der EnergieAgentur.NRW (vgl. Matthies 2008a). Die vermittelten Informationen sollten grundsätzlich einfach (kein „Fachchinesisch“), klar und widerspruchsfrei sein.

Menschen ändern sich in ihren Einstellungen und ihrem Handeln nur dann, wenn sie damit – bewusst oder unbewusst – einen Vorteil bzw. eine Belohnung verbinden. Laut dem Hirnforscher Gerhard Roth muss darum jeder Aufruf zu Verhaltensänderungen den Menschen eine Belohnung in Aussicht stellen, die größer ist als die Belohnung, die die Menschen durch das „Weitermachen wie bisher“, durch die „Lust an der Routine“ (Roth 2013, S. 290) erhalten. DerartigeBelohnungenkönnenmateriellerArt(Vergünstigungen,Prämien,Ersparnisse),sozialerArt(Erfolg,Ansehen,Macht,Zugehörigkeit)undintrinsischerArtsein(Neugierde,HandelnausÜberzeugung,FreudeamGelingen). In diesem Zusammenhang haben wir außerdem erfahren, dass eine materielle Belohnung zwar schnell wirkt, ihre Wirkung aber rasch wieder verliert: Die extrinsische,

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durch äußere Faktoren wirkende Motivation, die sich materieller Anreize bedient, entfaltet nur kurz- bis mittelfristige Wirkungen, weil das gewünschte Verhalten unmittelbar an diese Anreize gekoppelt wird; wenn die Anreize entfallen, legen die Menschen das mittels dieser Anreize positiv sanktionierte Verhalten wieder ab. Und mit zunehmender Dauer werden materielle Anreize überhaupt nicht mehr als Belohnungen wahrgenommen! Wird dagegen (auch) die intrinsische, von innen kommende Motivation gestärkt, sich energiebewusst zu verhalten, sind die erreichten Verhaltensänderungen dagegen dauerhaft: Die Menschen bilden neue Gewohnheiten aus und entwickeln energieeffizientere Handlungsroutinen. Das bedeutet: NurAnreizeintrinsischerArterschöpfensichnichtinihrerWirkung.

Bevor dieses Kapitel beschreibt, was für die erfolgreiche intrinsische Motivation der Beschäftigten zu beachten ist und wie sie konkret (intrinsisch) zum energie- sparenden Nutzerverhalten motiviert werden können, muss zunächst eine viel grundsätzlichere Frage geklärt werden: WassteuertunserHandeln?

2.3.1MitSinnundVerstand–EmotionundRationalitätSteigen wir in dieses Thema mit einer Schätzfrage ein. Was meinen Sie: Wie viel Geld gibt jeder Deutsche statistisch gesehen unter dem Strich im Laufe seines Lebens für Kauf, Unterhalt, Wartung und Pflege seines Autos aus – also inklusive Anschaffung, Versicherung, Steuern, Benzinkosten etc.?

Halten Sie sich fest! Der Verlag Motor Presse Stuttgart schrieb in seinem Anfang 2013 erschienenen Jahresband „Autofahren in Deutschland“, der unter anderem auf der Basis von Daten der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) und des Kraftfahrt-Bundesamts verfasst worden war (vgl. Motor Presse 2013): InsgesamtgebendieDeutschenindendurchschnittlich54JahrenihresautomobilenLebensimSchnitt332.000EurofürdasAutoaus–dassindMonatfürMonatrund512,-Euro! Laut der Studie von Motor Presse besitzt der Autofahrer in

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Deutschland im Laufe seines Lebens durchschnittlich acht Autos, deren Anschaffung nur rund ein Drittel der gesamten Kosten ausmacht (116.700 Euro). Die Untersuchung zeigte außerdem, dass Autofahren aufgrund der steigenden Kraftstoffpreise und Versicherungskosten in den letzten Jahren immer teurer geworden war: Im Vergleich zu 1995 waren diese Kosten um rund 42 Prozent gestiegen – während sich die Lebenshaltungskosten seither um nur etwa 25 % verteuert hatten. Dabei war der Kraftstoff der Kostentreiber Nummer eins: Er hatte sich seit 1995 um 84 % verteuert und schlug 2013 bereits mit 78.900 Euro zu Buche – das entsprach fast einem Viertel der Gesamtkosten (23,8 %).

Wir sehen: Eine Emotion (die „Liebe“ zum Auto…) kann das rationale Denken (…kostet monatlich im Schnitt über 510,- Euro) erstaunlich außer Kraft setzen.

Wie wenig die Vernunft, das Rationale und wie sehr das Unbewusste unsere Entscheidungen beeinflusst, erkennt man übrigens auch daran, dass wir bei anstehenden Entscheidungen häufig sagen: „Ich schlafe noch einmal eine Nacht darüber.“ DerunsbereitsbekannteHirnforscherGerhardRothstelltzumVerhältnisvonRationalitätundEmotion(bzw.zumVerhältnisvon„Kopf“und„Bauch“)fest,„dassGefühledenVerstandeherbeherrschenalsderVerstanddieGefühle“,dennunsereGefühlesindnichtsanderesals„konzentrierteLebenserfahrung“ (Roth 2003, S. 321).

Der international renommierte und vielfach ausgezeichnete Psychologe Gerd Gigerenzer, Direktor am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, stößt in dasselbe Horn. Gigerenzer widmet seine Arbeit unter anderem der begrenzten Rationalität; er kritisiert kognitive Modelle, nach denen der Menschseine Entscheidungen rational-analytisch auf der Grundlage möglichst umfang-reicher Informationen trifft. GigerenzersempirischfundiertenErkenntnissenzufolgefälltderMenschseineEntscheidungenintuitiv;derPsychologeunter-streicht–wiederHirnforscherGerhardRoth–ebenfallsdieBedeutungdesBauchgefühls. Laut Gigerenzer sind Bauchgefühle das Produkt von einfachen, meist unbewussten Faustregeln; dennoch sind intuitive Entscheidungen ihm zufolge nicht nur ökonomischer und schneller, sondern oftmals auch besser (vgl. Gigerenzer 2008).

Der Portugiese Antonio Damasio, Professor für Neurologie und Psychologie an der University of Southern California, ist einer der weltweit prominentesten Wissenschaftler, die das neurobiologische „Dreieck“ von Denken, Fühlen und Körper erforschen und der Frage nachgehen, wie menschliche Entscheidungs- prozesse gesteuert werden. Laut Antonio Damasio speichert der Mensch alle Erfahrungen, die er im Laufe seiner Entwicklung macht, in einem „emotionalen Erfahrungsgedächtnis“; dieses Erfahrungsgedächtnis teilt sich über ein körper- liches Signalsystem mit, das dem Menschen bei der Entscheidungsfindung hilft und das Damasio „somatische Marker“ nennt. Stehen bei einer anstehenden Entscheidung verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung, geben die somatischen Marker eine erfahrungsgeleitete Rückmeldung („Ahnung“), die dem Betroffenen helfen, indem sie alle emotional nicht tragbaren Handlungs- möglichkeiten ausschließen. DiesomatischenMarker,dieoftunbewusstwirken(zumBeispielals„Alarmglocke“),sindfolglicheinkörpereigenes,aufdememotionalenErfahrungsgedächtnisbasierendesSystemzurBewertungvonHandlungsalternativenundzurSteuerungvonEntscheidungsprozessen (vgl. Damasio 2014 und 2004).

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Angesichts dieser Kernaussagen ist Antonio Damasio – wie Gerhard Roth und Gerd Gigerenzer – ebenfalls ein wichtiger Kronzeuge für die These, dass die Vernunft unsere Entscheidungsprozesse sehr viel weniger steuert, als weithin vermutet, und dass die Emotionen unsere Handlungssteuerung sehr viel stärker beeinflussen, als lange angenommen. Und nun folgt in Bezug auf das Thema „Motivation“ eine ganz entscheidende Erkenntnis – ein Satz von derart großer Bedeutung, dass er mit einem lauten Trommelwirbel eingeleitet werden muss:

„Emotionenleitenundbewegenuns–siewerdendamit[…]zurGrundlagevonMotivation“ (Roth 2013, S. 143).

Ein weiteres Beispiel hierfür liefern die Börsen: In den Börsennachrichten lesen und hören wir regelmäßig vom Vertrauen und von der Skepsis der Anleger, von Optimismus, Hoffnung und Zuversicht, von Kauflaune und Euphorie auf dem Parkett, von Pessimismus, Enttäuschung und Panik an den Märkten (vgl. zum Beispiel Lange/Rottwilm 2015).

Vor diesem Hintergrund darf eine Motivationskampagne die Menschen nicht ausschließlich auf der rationalen Ebene ansprechen und auf Sachinformationen setzen: DieMotivationfürdasenergiebewussteVerhaltenhatvorallemdannAussichtaufErfolg,wenndie„missionE“dieBeschäftigteninsbesondereaufderemotionalenEbeneanspricht. Das bedeutet keineswegs, dass im Rahmen der „mission E“ die Ansprache der Beschäftigten auf der rationalen Ebene völlig unwichtig ist; im Kontext der Nutzermotivation ist es jedoch weitaus effektiver, auch die affektive Ebene der Beschäftigten zu „bedienen“.

Und die Tatsache der verhaltenssteuernden Emotionen leitet über zu der noch ausstehenden Antwort auf die Frage, wie Sie die Beschäftigten für das energie- sparende Verhalten motivieren können. Daher finden sich auf den folgenden Seiten Hinweise darauf, welche Aspekte die intrinsische Motivation fördern, indem sie den Fokus auf die „Gefühlswelt“ der Beschäftigten legen.

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3 PhilosophieErkenntnisse, Erfahrungen und Empfehlungen

3.1 Marke = Produkt + Image Die „mission E“: mehr als die Summe der Kampagnenaktivitäten

EineMarkestehtnichtnurfüreinbestimmtesProdukt,dassievongleich-artigenProduktenunterscheidet,sondernauchfüreinspezifischesImage:fürWerte,einegeistigeGrundhaltung,einLebensgefühl,einbestimmtesgesellschaftlichesMilieu. Die Marke „Made in Germany“ zum Beispiel steht nicht nur für die rein physisch-materielle Seite von in Deutschland gefertigten Waren und Gütern und entwickelten Technologien, sondern auch für deren Qualität; die Marke „Apple“ steht nicht nur für elektronische Geräte mit weißem Gehäuse, sondern beispielsweise auch für funktionales, sehr reduziertes Design; die Marke „Harley Davidson“ steht nicht nur für den chromblitzenden Klassiker der US-amerikanischen Motorräder, sondern auch für Freiheit, Unabhängigkeit und Individualität, für Abenteuer und das Dahingleiten auf der legendären Route 66 und durch die Nationalparks im US-amerikanischen Südwesten.

Dass eine Marke nicht nur für ein Produkt, sondern auch für ein bestimmtes Image steht, wird besonders deutlich, wenn man sich einmal verschiedene Fußballvereine anschaut: Dem FC Schalke 04, Bayer 04 Leverkusen und dem FC Bayern München beispielsweise ist zwar gemein, dass sie allesamt Vereine der 1. Fußballbundesliga sind; jeder dieser Vereine hat jedoch ein völlig anderes, spezifisches Image; die Marken dieser Vereine stehen für sehr unterschiedliche Traditionen, Werte und Lebensgefühle.

Philosophie

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Die Marke „Schalke 04“ ist die eines klassischen Revierclubs einer ehemaligen Bergbaustadt im Ruhrgebiet mit zahlreichen „Malochern“: Menschen, die durch harte, „ehrliche“ Arbeit unter Tage ihren oft bescheidenen Lebensunterhalt bestritten. Bayer 04 Leverkusen verkörpert das Image einer privilegierten Betriebssportgruppe („Werkself“), denn die Betreibergesellschaft ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Bayer AG, die den Verein bis zur Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung im Jahr 1999 über 20 Jahre lang förderte – weshalb die Bayer AG auf der Grundlage einer Ausnahmeregelung („Lex Leverkusen und Wolfsburg“) alle Anteile an der Betreibergesellschaft übernehmen durfte. Der Markenkern des FC Bayern München schließlich ist stark geprägt vom vor Selbstbewusstsein strotzenden Selbstverständnis „Mia san Mia“ eines Rekordmeisters, Rekordpokalsiegers, Champions League- und Weltpokalsiegers – hierbei darf, weil es so bezeichnend ist, nicht unerwähnt bleiben, dass „Mia san Mia“ schon der Schlachtruf der k.-u.-k.-Armee zu Zeiten des Kaisers Franz Joseph war, mit dem sie ihrer Überlegenheit Ausdruck verlieh (vgl. Kratzer 2013).

Fachleute wie Jane Pavitt, Dozentin für Produktdesign an der University of Brighton, schreiben dem Image einer Marke sogar eine potenziell größere Bedeutung zu als dem Produkt selbst: Pavitt zufolge hat das Markenimage eine so zentrale Bedeutung für den Erfolg eines Produkts erlangt, dass es mindestens ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger ist als die Produktinnovation an sich (vgl. Pavitt 2001).

Die Gleichung „Marke = Produkt + Image“ gilt auch für Personen, Städte und Regionen sowie für Kampagnen – insbesondere dann, wenn diese für eine Idee werben („Social Marketing“). Die Marke „mission E“ steht daher nicht nur für das energiebewusste Verhalten und eine Vielzahl von Aktivitäten im Rahmen einer Motivationskampagne: DieMarke„missionE“stehtauchfürbestimmtekonzeptionelleGrundannahmenundeinespezifischePhilosophiederZiel-gruppenansprache. Die in diesem Hauptkapitel beschriebenen konzeptionellen Eckpfeiler bilden den Markenkern der „mission E“, der – ebenso wie die charakteristische visuelle Gestaltung des Logos – untrennbar mit der Marke dieses Kampagnenkonzeptes verbunden ist.

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4.3.7AktionsbereicheundAktivitätenEine der spannendsten Aufgaben in der Phase der Konzeptarbeit ist die Suche nach einer Antwort auf die Frage, welche Aktivitäten aus welchen Bereichen Sie im Rahmen Ihrer „mission E“ realisieren werden.

In dem einführenden Seminar haben Sie bereits einen guten ersten Eindruck von der Vielfalt der denkbaren Bereiche und Bausteine bekommen, und in Kapitel 5 finden Sie – gegliedert in sieben Aktionsbereiche – einen umfang-reichen „Blumenstrauß“ potenzieller Kampagnenaktivitäten für die dauerhafte Nutzermotivation; interne und externe Kommunikation kommen als zwei weitere Aktionsbereiche noch hinzu (vgl. Kapitel 6).

Die Vielzahl der denkbaren Bausteine in den insgesamt neun Bereichen soll jedoch nicht signalisieren, dass Sie möglichst alle Aktivitäten umsetzen müssen. Ziel des dargestellten, sehr breiten Spektrums prinzipiell sinnvoller Kampagnen- bausteine ist es vielmehr, Ihnen mehr als nur eine Ahnung von der Vielfalt der bewährten Maßnahmen zu geben. Aber die Größe und Farbenvielfalt dieses Blumenstraußes soll Sie nicht unter „Leistungsdruck“ setzen, sondern eher inspirieren.

EinflussfaktorenaufdierealisierbarenAktivitätenWelche Aktivitäten Sie im Rahmen Ihrer Motivationskampagne realisieren, hängt von verschiedenen spezifischen Einflussfaktoren Ihrer Verwaltung oder Ihres Unternehmens ab, die Sie viel besser beurteilen können als zum Beispiel die EnergieAgentur.NRW. Folgende Faktoren entscheiden unter anderem über Art und Umfang der Kampagnenbausteine:

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die Größe der Verwaltung bzw. des Unternehmens,

die Anzahl der Beschäftigten,

die Anzahl und der Grad der Dezentralität der Liegenschaften,

die Unterstützung durch die Hausspitze,

die zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen,

die energie-, kommunikations- und motivationsfachlichen Kompetenzen der Mitglieder des Kampagnenteams,

die Höhe des jährlichen Kampagnenbudgets,

die angestrebte Kampagnenlaufzeit,

das quantitative Einsparziel und

die früheren Aktivitäten im Bereich der Nutzermotivation.

VordiesemHintergrundmussdasKonzeptder„missionE“inoperativerHinsichtandiejeweiligenVoraussetzungendesAnwendersangepasstsein.

Empfehlung:AktionsbereichfürAktionsbereichUm aus der Vielzahl der potenziellen Kampagnenangebote die Aktivitäten für Ihre eigene „mission E“ herauszufiltern, können Sie die Aktionsbereiche nacheinander anhand folgender Fragen durchgehen:

Welche der jeweils aufgeführten Aktivitäten kommen für Ihre Kampagne in Frage?

Welche Aktivitäten sind aus Sicht der Beschäftigten attraktiv?

Welche Aktivitäten finden den Gefallen, welche den besonderen Zuspruch Ihres Kampagnenteams?

Welche Aktivitäten erscheinen Ihnen unverzichtbar?

Welche Aktivitäten eignen sich als Kampagnen-Highlights?

Esempfiehltsich,beider„missionE“möglichstvieleAktionsbereichezuberücksichtigen,umdieBeschäftigtendurchunterschiedlicheKanäleundverschiedenartigeInstrumentezuerreichen. Doch muss das oberste Ziel des Kampagnenkonzeptes nicht die unbedingte Vollständigkeit im Hinblick auf die Vorschläge in diesem Kompendium sein.

KurzhinweisezudenAktionsbereichen1. Aktivitäten im Intranet sind kostengünstig und in Sekundenschnelle „in der

Fläche“. Ein eigener Themenbereich der „mission E“ ist die gute Adresse Ihrer Kampagne.

2. Aktions-undWerbemittel geben Ihrer Kampagne ihr unverkennbares „Gesicht“; sie kosten Geld, sind jedoch unverzichtbar für die „mission E“.

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3. Veranstaltungen ermöglichen den persönlichen Kontakt und die individuelle Beratung; sie gehören zum „Pflichtprogramm“ einer Motivationskampagne, die andernfalls eher anonym bleibt.

4. Auch wenn materielle Anreize langfristig keine Wirkung haben: Wettbewerbe motivieren gerade diejenigen Beschäftigten kurz- bis mittelfristig, die keine überzeugten Energiesparer sind.

5. Angebote im Bereich der Aus-undWeiterbildung haben eine große Informationstiefe, langfristig initiieren sie Strukturbildungsprozesse und die Institutionalisierung der dauerhaften Nutzermotivation.

6. Die Nutzermotivation kann häufig durch organisatorischeMaßnahmen sinnvoll unterstützt werden – zumal diese oft dauerhaft wirken.

7. Auch technischeMaßnahmen und Hilfsmittel können helfen, gewünschte Verhaltensänderungen herbeizuführen.

8. Flankierende Maßnahmen der internenKommunikation gehören zum unabdingbaren Pflichtprogramm der „mission E“: Die Information ist die kleine Schwester der Motivation.

9. ExternePR ist die Kür – Anwender der „mission E“ sind je nach Kampagnenzielen häufig auch hier aktiv, beispielsweise zum Zweck der (völlig legitimen) Imageförderung.

BitteachtenSiebeiderAuswahlIhrerKampagnenaktivitätendarauf,dassdasbunteSpektrumdieserBausteinekompatibelistmitIhrenZielsetzungen,demverfügbarenBudgetunddenErgebnissenderGruppenarbeitzumThema„Motivation“inIhremEinführungsseminar!

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WellenförmigeAbfolgevonAktivitätenDieEnergieAgentur.NRWempfiehlt,die„missionE“prinzipiellalseineKampagnezukonzipieren,diedurchdiewellenförmigeKombinationeinesganzjährigen„Grundrauschens“mittemporärenHighlightsgekennzeichnetist.

Für die Praxis bedeutet das: Einerseits gibt es Phasen, in denen ausschließlich die permanenten Kampagnenangebote wahrzunehmen sind (beispielsweise Intranetauftritt, Energiesprechstunden, Messgeräteverleih o.ä.); andererseits müssen immer wieder Phasen eingeplant werden, in denen diese dauerhaften Angebote durch besonders aufmerksamkeitsstarke Aktivitäten ergänzt werden (Seminare, Aktionswochen, Wettbewerbe, besondere Maßnahmen der internen Kommunikation wie etwa eine Titelgeschichte in der Mitarbeiterzeitung oder eine Präsentation auf der Belegschaftsversammlung u.ä.).

Der Grund für die Konzeption der Kampagne als wellenförmige Abfolge von Aktivitäten wird beim Betrachten der zwei extremen Alternativen deutlich: Die Beschränkung auf ein „Grundrauschen“ lässt die „mission E“ unter der breiten Wahrnehmungsschwelle bleiben, permanentes „Dauerfeuer“ dagegen kann von den Beschäftigten schnell als penetrant und unangenehm empfunden werden.

SonderstatusderbegleitendenKommunikationInterne und externe Öffentlichkeitsarbeit nehmen unter allen Aktionsbereichen eine Sonderstellung ein: AktivitätenderinternenundexternenPRstehennurseltenfürsich,meistensbegleitensieAktivitätenausdenanderenAktions-bereichen. Für die Entwicklung Ihres Kampagnenkalenders bedeutet das: Planen Sie nicht nur die Aktivitäten wie bspw. Veranstaltungen, Wettbewerbe und Aus- und Weiterbildungsangebote ein, sondern überlegen Sie immer auch, wann diese Aktivitäten durch welche Maßnahmen vor allem der internen oder auch der externen Kommunikation flankiert werden können.

Ein Beispiel verdeutlicht dies. Ein Kampagnenteam möchte im Juni eine Plakat- serie mit Werbeträgern aus der Belegschaft realisieren. Potenzielle flankierende Maßnahmen der internen Kommunikation sind in diesem Fall zum Beispiel ein Aufruf, sich hierfür zu bewerben, über möglichst viele Kommunikationskanäle (im März), eine kurze Intranetmeldung über die ausgewählten Kollegen (im Mai) und ein reich bebilderter Beitrag über die fertiggestellte und in allen Gebäuden aufgehängte Plakatserie in der Mitarbeiterzeitung (im Juni).

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EmpfehlungenzurPlatzierungdertemporärenAktivitätenDie folgenden Hinweise erleichtern Ihnen das Entwickeln einer sinnvollen Abfolge der Aktivitäten im Kampagnenkalender.

Da die Kampagnenaktivitäten durch vier unterjährige Ferienzeiten unterbrochen werden (Ostern, Sommer, Herbst, Winter), sollte jedes Quartal interessante Aktivitäten umfassen – andernfalls entsteht ein zu langer „Leerlauf“, der von der Zielgruppe sehr kritisch gesehen wird.

Wenn ein Wettbewerb oder Gewinnspiel mit attraktiven Preisen geplant ist, sollte dieses Highlight aus strategischen Gründen möglichst früh im ersten Halbjahr stattfinden, um das Standing der Kampagne zu stärken und skeptische Kollegen frühzeitig „einzufangen“.

Aktionswochen finden grundsätzlich ausschließlich in der Heizperiode statt, jedoch nicht in den Herbst- oder Weihnachtsferien und auch nicht während des Karnevals.

Highlights sollten auch mit Blick auf den Redaktionsschluss der Mitarbeiter-zeitung terminiert werden, damit die MAZ zeitnah über aktuelle Highlights berichten kann.

Bevor die langen Sommerferien und die Weihnachtsferien beginnen, empfiehlt es sich, die „mission E“ auf unaufdringliche Art in Erinnerung zu rufen, etwa durch einen „Urlaubscheck“ im Sommer (mit Tipps zur Vermeidung der Stand-by-Verluste) oder durch eine Meldung mit Tipps zu stromeffizienter LED-Weihnachtsbeleuchtung.

Verstärkungdes„Grundrauschens“Zwar darf die „mission E“ die Beschäftigten nicht durch eine überzogene Präsenz penetrieren; wenn aber während der Laufzeit neue ganzjährige Aktivitäten das anfängliche „Grundrauschen“ verstärken, ist dagegen nichts einzuwenden. Auch diese Einschätzung soll durch ein konkretes Beispiel verdeutlicht werden.

Seit dem Auftakt umfasst die „mission E“ einer kleinen Stadtverwaltung die folgenden ganzjährigen Aktivitäten: den Versand von „Feierabend-Check“, „Energie-Sparbuch“ und Türklinkenhänger „Alles aus?“ an interessierte Kollegen sowie einen Themenbereich im Intranet, der einen Download-Bereich sowie Meldungen in eigener Sache und News zu energiefachlichen Themen bietet. Nach vier Monaten veröffentlicht das Kampagnenteam die Aufkleber- Postkarte „Drück mich zum Abschied!“ und ergänzt den Themenbereich im Intranet durch den „Stromcheck für Haushalte“. Diese sinnvolle Ergänzung des ganzjährigen Angebots der „mission E“ hat neben dem fachlichen auch einen Vorteil bzgl. der internen PR: Diese neuen ganzjährigen Angebote können zum Beispiel durch eine Intranetmeldung bekannt gemacht werden.

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5.1.6Serievon26„interaktiven“EnergiespartippsFernseher, PC, Monitore, Kaffeemaschinen und Leerlaufverluste, Beleuchtung, Kühlen und Raumklimageräte, Heizen und Lüften: Diese Serie von 26 Energie-spartipps für Ihr Intranet und für den Aushang am „Schwarzen Brett“ bringt den Beschäftigten das Energiesparen ohne erhobenen Zeigefinger näher – denn ihre Botschaft lautet nicht: „So ist es richtig, so müssen Sie es machen.“

TippsgreifenverbreiteteIrrtümeraufJeder Energiespartipp ist wie ein Quiz interaktiv konzipiert: Er besteht aus zwei Antwortvorgaben, von denen nur eine richtig ist. Doch beide Antworten klingen plausibel, denn eine der zwei Alternativen greift einen verbreiteten Irrtum oder einen landläufigen Vorbehalt gegen das Energiesparen auf – so zum Beispiel die Annahme, dass es billiger sei, eine Lampe eine halbe Stunde brennen zu lassen, anstatt sie auszuschalten. Der Leser wird mit Fehlinformationen konfrontiert und muss selbst entscheiden, welche der Antworten richtig ist. Die Auflösung mit kurzen Hintergrundinformationen zum jeweiligen Thema findet sich in einer kleinen gestürzten „Fußnote“ am linken Bildrand.

Kurzum: ImKonzeptdieser„interaktiven“EnergiespartippsmaterialisiertsichdasdidaktischePrinzip,dieMenschendortabzuholen,wosiestehen. Und ein wiederkehrender, aber unaufdringlicher und vielleicht augenzwinkernder oder gar wortspielerischer Claim trägt dem Grundsatz Rechnung, die Beschäftigten ohne erhobenen Zeigefinger zu erreichen.

189Aktivitäten

ImSommer„Kühlen“,imWinter„Heizen“Die Themen der 26 Energiespartipps variieren, doch sind sie so gewählt, dass sich über ein ganzes Jahr eine kalendarisch sinnvolle Reihenfolge ergibt, wenn Sie alle 14 Tage einen neuen Tipp ins Intranet stellen. Je nachdem, wann Sie mit der Veröffentlichung der Tipps starten möchten, wird die Nummerierung der Tipps entsprechend angepasst. Apropos „anpassen“: Bei Bedarf können Sie die Serie von 26 Energiespartipps der EnergieAgentur.NRW übernehmen; dabei haben Sie die Möglichkeit, die Tipps unter Verwendung der vorhandenen Texte und Bilder an die Vorgaben Ihres eigenen Layouts anpassen zu lassen.

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5.2.3PlakatseriemitWerbeträgernEine Plakatserie mit identifikationsfördernden Werbeträgern („Testimonials“) aus der Belegschaft sollte im Rahmen der „mission E“ insbesondere dann produziert werden, wenn eines der Kampagnenziele die Förderung des internen „Wir-Gefühls“ ist oder wenn das Kampagnenteam beschlossen hat, Fürsprecher aus dem Kreis der Kollegen zum Absender der Motivationskampagne zu machen (vgl. Kapitel 4.3.3). Doch auch darüber hinaus kann sich eine Plakatserie mit Testimonials anbieten, etwa wenn ein Schwerpunkt der Kampagnenaktivitäten auf Aktions- und Werbemitteln liegt und im Kampagnenverlauf punktuell ein aufmerksamkeitsstarker und PR-trächtiger Wettbewerb durchgeführt werden soll. Denn die Akquise der Werbeträger lässt sich hervorragend als „Low-Budget- Wettbewerb“ ausgestalten (vgl. Kapitel 5.4.1).

ProfessionellesVorgehenDie Empfehlung, Aktions- und Werbemittel professionell umzusetzen, gilt für die Plakatserie mit Werbeträgern in besonderer Weise. Vielleicht erinnern Sie sich: Im Einführungsseminar der „mission E“ haben Sie zwei gelungene Beispiele und ein Gegenbeispiel einer Plakatserie kennengelernt; dieses zeichnete sich dadurch aus, dass keine der folgenden Empfehlungen für ein professionelles Vorgehen umgesetzt worden war. (Lediglich der Grundgedanke, Kinder von Beschäftigten zum Absender der Kampagne zu machen, war wirklich gelungen.)

DasGestaltungskonzeptderPlakatseriesolltevoneinemGrafikdesignerentwickeltwerden.So sind die zeitgemäße Anordnung der auf ein Minimum reduzierten Gestaltungselemente (Bildausschnitt des großflächigen Portraits, Name und prägnantes Zitat des Werbeträgers, Logos, Claim, ggf. Intranet- adresse) und die visuelle Stringenz der Serie, das heißt die einheitliche Platzierung und Größe der wiederkehrenden Gestaltungselemente, auf allen Plakaten am ehesten sichergestellt.

Die Werbeträger sollten in Zusammenarbeit mit einem PR-Profi ausgewählt werden, um zu gewährleisten, dass der Blick aus den Augen der heterogenen Zielgruppe zum entscheidenden Auswahlkriterium wird – und nicht der persönliche Geschmack einzelner Mitglieder des Kampagnenteams. Das heißt übrigens auch, dass die Werbeträger umsichtig ausgewählt und bestimmte Quoten erfüllt werden sollten (zum Beispiel in Bezug auf das Geschlecht, das Alter, die Haarfarbe sowie die vertretenen Bereiche und Hierarchieebenen).

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DiePortraitfotosderWerbeträgersolltennachMöglichkeitvoneinemprofessionellenFotografengemachtwerden. Dies gewährleistet eine zeitgemäße Bildkomposition, die erforderliche Schärfentiefe, eine optimale Ausleuchtung, eine auch für großformatige Plakate ausreichende Auflösung der Bilddateien und die optische Stringenz der Serie.

Im Idealfall arbeitet der Fotograf mit einer Visagistin zusammen, die vor den Aufnahmen für das notwendige Make-up der „Fotomodelle“ verantwortlich ist – um ein Glänzen von verschwitzter Gesichtshaut zu vermeiden etc.

Die Plakate sollten persönliche Statements der Werbeträger zum Energie-sparen zeigen – nach dem Motto „Ich …, um Energie zu sparen“. Wenn Sie jedem Ihrer Fürsprecher einen solchen, bei allen Testimonials identischen Halbsatz vorgeben, bleibt viel Raum für individuelle, themenbezogene und konkrete Aussagen. Achten Sie unbedingt darauf, dass diese Statements nicht zu lang werden, sondern kurz und prägnant bleiben. (Sie geben den Halbsatz „um Energie zu sparen“ zwar vor, um von den Werbeträgern substanzielle Aussagen zu bekommen; dieser Halbsatz braucht aber auf den Plakaten nicht zu erscheinen.) Hier ist weniger mehr: EinprägnanterSatzbleibtdemLeserinErinnerung,eine verschachtelte Satzkonstruktion nicht mehr.

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EinFototerminaneinemOrtDie Realisierung dieses Teilprojektes verursacht überdurchschnittlich viele Kosten – für den Fotografen, den Grafikdesigner, die Produktion und ggf. das Catering während des Fototermins. Um zu vermeiden, dass die Kosten ein allzu großes Loch in das Budget reißen, empfiehlt es sich, die Werbeträger zu einem gemeinsamen Fotoshoot an einen zentralen Ort einzuladen, anstatt sie einzeln an ihren jeweiligen Arbeitsplätzen zu fotografieren (was kampagnen-fachlich reizvoll ist): Wenn der Fotograf und die Visagistin einschließlich ihrer kompletten Ausrüstung an mehrere Orte innerhalb des Stadtgebietes fahren müssen, um alle Werbeträger abzulichten, benötigen sie vermutlich mehrere Tage; wenn dagegen alle Testimonials an einem Ort (mit ausreichend Platz und geeigneten Tageslichtverhältnissen) zusammenkommen, reicht für das komplette Fotoshoot ein Arbeitstag aus.

„Dummy“desGestaltungskonzeptesabstimmenBei dieser Plakatserie empfiehlt es sich aus Gründen des Zeitmanagements, mit der für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlichen Stelle vor dem Fototermin einen „Dummy“ des Gestaltungskonzeptes abzustimmen: Wenn das Konzept zur Plakatgestaltung erst abgestimmt wird, wenn die Fotos geschossen, ausgewählt,beschnitten und eingesetzt worden sind, geht unnötig Zeit verloren; wenn das Gestaltungskonzept jedoch bereits vor dem Fotoshoot anhand eines „Dummys“ (mit einem vorläufigen Portraitfoto) abgestimmt worden ist, brauchen nach dem Fototermin nur noch die Bilder ausgewählt, ggf. beschnitten und eingesetzt werden, bevor die Plakatserie in Produktion gehen kann. Das spart eine Menge Zeit.

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5.7.1AbschaltbareSteckdosenleistenBereits in Kapitel 5.6.6 („Optimierung der Software-Updates“) wurde darauf hingewiesen, dass viele elektrische Geräte nicht nur im Normal- und im Stand-by-Betrieb, sondern selbst dann noch Strom benötigen, wenn sie vermeintlich ausgeschaltet sind. Diese Art von Leerlaufverlusten wird in der Terminologie des Umweltbundesamtes (UBA) als „Scheinaus-Betrieb“ bezeichnet. Zu den häufig betroffenen Gerätegruppen gehören neben Fernseher, Verstärker, DVD-Player, CD-Player und Halogen-Deckenfluter auch Computer und Bildschirme – die klassischen Bürogeräte also. Und manche der genannten Geräte verfügen nicht einmal mehr über einen Ausschalter – eine weitere Ursache für den unnötigen Stromverbrauch. DieLeerlaufverlusteimScheinaus-BetriebentstehendurchdieindieGerätegehäuseeingebautenNetzteile(„Transformatoren“),diemeist„unterStrom“bleiben,auchwenndasGerätamNetzschalterausgeschaltetwird.

Die Leistungsaufnahme eines einzigen Computers inklusive Monitor kann im Scheinaus-Betrieb bis zu 15 Watt und mehr betragen. Doch selbst wenn man mit einer Leistungsaufnahme im Scheinaus-Betrieb von „nur“ 10 Watt rechnet, kommt auf ein Jahr hochgerechnet einiges zusammen: An jedem einzelnen PC-Arbeitsplatz (acht Stunden Arbeitszeit plus eine Stunde Mittagspause an 220 Arbeitstagen pro Jahr) betragen die aus dem unnötigen Scheinaus-Betrieb resultierenden Stromkosten in diesem Beispiel 19,66 Euro pro Jahr – bei einem Strompreis von 29 Cent/kWh. Und mit jedem Cent, den eine Kilowattstunde teurer ist als 29 Cent, erhöhen sich die jährlichen Kosten im Scheinaus-Betrieb um weitere knapp 68 Cent.

EinzuverlässigesMittelzurVermeidungderteuren,durchdenScheinaus-BetriebverursachtenLeerlaufverlustesindabschaltbareSteckdosenleisten:MitihnenlassensichgleichmehrereGerätekomplettvomStromnetztrennen.

325Aktivitäten

Und noch eine gute Nachricht: Abschaltbare Steckdosenleisten sind in mehreren Varianten erhältlich (es existieren auch Mischformen der folgenden Varianten):

als einfache Mehrfachsteckdose mit Ausschalter, wahlweise auch mit diagonal zur Längsachse der Leiste angeordneten Steckdosen;

als abschaltbare Steckdosenleiste mit externem Ausschalter, so dass der „Kabelsalat“ beispielsweise hinter dem Schreibtisch versteckt, der separate Schalter aber dennoch komfortabel betätigt werden kann;

als Modell mit einer Steckdose, die – anders als die übrigen Steckdosen – durch das Betätigen des Schalters nicht ausgeschaltet wird und für Strom-verbraucher vorgesehen ist, die nicht vom Netz getrennt werden sollen (wie etwa Schreibtischlampen, die auch dann genutzt werden sollen, wenn der PC und die Peripheriegeräte ausgeschaltet bleiben);

als „Master-Slave“-Modell (eine sehr befremdliche Wortwahl), bei dem abhängig von der Nutzung bestimmter Steckdosen (der „Master“) andere Steckdosen automatisch ein- und wieder ausgeschaltet werden können (wobei die hierfür erforderliche Elektronik Strom verbraucht).

BeispielhafteAmortisationsrechnungDie Anschaffungskosten auch hochwertiger abschaltbarer Steckdosenleisten in Höhe von etwa 8 bis 20 Euro pro Stück amortisieren sich durch die eingesparten Stromkosten oft bereits im ersten oder zweiten Jahr – je nachdem, welche und wie viele Geräte an sie angeschlossen werden, wie hoch der individuelle Strom-preis und der tatsächliche Kaufpreis der Steckdosenleiste ist. Daher sei an dieser Stelle – auch im Sinne einer Argumentationshilfe gegenüber den Haushältern – eine Amortisationsrechnung skizziert, der ein vergleichsweise niedriger Strom- preis von 0,22 Euro pro Kilowattstunde zugrunde liegt.

Im ersten Schritt müssen Sie die Kosten ermitteln, die der Scheinaus-Betrieb der PC-Arbeitsplätze in Ihrer Verwaltung jährlich verursacht. Diese Kosten lassen sich relativ schnell errechnen, allerdings gilt die folgende Berechnung nur unter der Voraussetzung, dass alle PC-Arbeitsplätze vergleichbar ausgestattet sind und daher auch gleich hohe Leerlaufverluste verursachen.

1. Ermitteln Sie mit Hilfe eines Strommessgerätes die Leistungsaufnahme eines typischen PC-Arbeitsplatzes mit Computer, Monitor und ggf. auch Drucker im vermeintlich ausgeschalteten Zustand (in Watt); machen Sie an drei weiteren PC-Arbeitsplätzen Kontrollmessungen. 11,6W

2. Multiplizieren Sie die durchschnittlich gemessene Leistung mit 6.890 Stunden (h); diese Stundenzahl ergibt sich, wenn man von den 8.760 Stunden des kompletten Jahres 220 achtstündige Arbeitstage mit halbstündiger Mittagspause (also 1.870 Stunden) subtrahiert. (Ist bei Ihnen die Mittagspause länger, erhöht sich die von 8.760 abzuziehende Stundenzahl entsprechend; bei einer einstündigen Mittagspause zum Beispiel beträgt sie 1.980 Stunden, die Bürogeräte laufen in diesem Fall 6.780 Stunden jährlich im Scheinaus-Betrieb.) 11,6W*6.890h=79.924Wh

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3. Dividieren Sie das Ergebnis (in Wh) durch 1.000, um die Einheit „kWh“ zu erhalten; dies sind die Leerlaufverluste pro PC-Arbeitsplatz. 79.924Wh/1.000W*kW=79,924kWh

4. Multiplizieren Sie die errechneten Kilowattstunden mit dem für Sie geltenden Strompreis (in Euro/kWh); dies sind die Kosten, die der Scheinaus-Betrieb pro PC-Arbeitsplatz und Jahr verursacht. 79,924kWh*0,22€/kWh=17,58€

5. Multiplizieren Sie diesen Betrag mit der Anzahl der PC-Arbeitsplätze Ihrer Verwaltung, ergibt das die Kosten, die der Scheinaus-Betrieb bei Ihnen pro Jahr verursacht. (Diese Kosten erhöhen sich sowohl durch Teilzeitstellen, da deren PC-Arbeitsplätze weniger als 1.980 Stunden jährlich besetzt sind, als auch durch Abwesenheiten etwa aufgrund von Dienstreisen, Weiterbildungen und Arbeitsunfähigkeiten.) 17,58€/Arbeitsplatz*4.000Arbeitsplätze=70.320€

Für die Berechnung der Amortisationszeit der Investition ist die Zahl unter Punkt 4 entscheidend:DieAnschaffungskostenderabschaltbarenSteckdosenleistenproStück (in unserem Beispiel: 14,90 €) müssenzudenjährlichenKostendesScheinaus-BetriebsproArbeitsplatzinsVerhältnisgesetztwerden.Die Einheit der resultierenden Zahl ist „Jahre“, eine Umrechnung in Monate erscheint in diesem Fall sinnvoll.

14,90€/17,58€*a=0,85a*12Monate/a=10,2Monate

Unter den beispielhaften Voraussetzungen amortisieren sich selbst hochwerti-ge Steckdosenleisten auch bei einem vergleichsweise günstigen Strompreis in weniger als einem Jahr! Wenn auch Ihnen die Anschaffung von abschaltbaren Steckdosenleisten als eine wirtschaftliche Maßnahme zur Vermeidung der Scheinaus-Verluste an den Computer-Arbeitsplätzen erscheint, versuchen Sie, Vorgesetzte und Beschaffer von dieser Maßnahme zu überzeugen.

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6.2.2Dienst-undAbteilungsbesprechungenSowohl im Verlauf der „mission E“ als auch bereits während ihrer Vorbereitung (!) stehen Ihnen verschiedene Möglichkeiten der persönlichen Kommunikation zur Verfügung – zum Beispiel Dienst- und Abteilungsbesprechungen sowie Belegschaftsversammlungen und interne Tagungen. Diese an die persönliche Präsenz von Mitgliedern des Kampagnenteams gebundenen Kommunikations- kanäle seien zu Beginn des Kapitels zur internen Kampagnenkommunikation vorgestellt, bevor sich die Kapitel 6.2.4 bis 6.2.10 den klassischen und elektronischen Instrumenten der internen Massenkommunikation widmen.

Die nächstliegende Möglichkeit der persönlichen Kommunikation sind Dienst- und Abteilungsbesprechungen, zu denen auch Dezernats- und Amtsleiter-besprechungen sowie Geschäftsführer- und (Verwaltungs-) Vorstandssitzungen gehören. Je nach Größe und Organisationsstruktur Ihrer Verwaltung oder Ihres Unternehmen ergeben sich bei weitsichtiger Planung vielfältige Termine, bei denen Sie die „mission E“ auf internen Meetings präsentieren können, um zum Beispiel die Führungskräfte schon vor dem Kampagnenauftakt zu informieren und hierdurch frühzeitig „ins Boot“ zu holen.

Doch sollten Sie Ihre Anwesenheit auf internen Besprechungen nicht nur im Sinne der Information, sondern auch für einen klaren und konkreten Appell an die Besprechungsteilnehmer nutzen. WerbenSiedafür,dassdieAnwesendenIhrKampagnenanliegenunterstützen,beimEnergiesparenamArbeitsplatzmitmachenundihreMitarbeiterdazumotivieren,dasebenfallszutun.Dieser appellative Charakter Ihres Beitrags ist umso wichtiger, je höher die Hierarchie- ebene Ihrer Zuhörer ist – weil das Energiesparen immer auch eine Führungs- aufgabe ist.

Kommunikation

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ÜberzeugungspräsentationimKampagnendesignDas einheitliche, unverwechselbare visuelle Erscheinungsbild Ihrer „mission E“ ist wegen des hohen Wiedererkennungswertes ungeheuer wichtig – und es signalisiert Professionalität anstelle von „Flickschusterei“. Dieses Corporate Design bezieht sich aber nicht nur auf die unverfälschte Wortbildmarke und die verschiedenen, im Verlauf Ihrer Kampagne herausgegebenen Werbemittel, sondern auch auf die internen (sowie ggf. externen) Präsentationen im Kontext der Kampagnenkommunikation.

Daher sollten alle Mitglieder des Kampagnenteams für ihre Präsentationen ausschließlich den Folienmaster verwenden, den Sie verbindlich verabredet haben (vgl. Kapitel 4.8). Wenn es absehbar ist, dass das Kampagnenteam die „mission E“ auf mehreren Dienst- und Abteilungsbesprechungen sowie ggf. auf einer Belegschaftsversammlung und internen Tagungen präsentiert, ist es ferner empfehlenswert, eine kurze und eine etwas längere Standardpräsentation zu erstellen, die alle beteiligten Teammitglieder verwenden können. So vermeiden Sie unnötige Doppelarbeiten, und Sie gewährleisten neben der formalen auch die inhaltliche Einheitlichkeit. Und es gibt nur zwei Präsentationsdateien, um deren fortlaufende Aktualisierung Sie sich kümmern müssen.

Was Aufbau und Inhalte derartiger Präsentationen betrifft, empfiehlt es sich, sie grundsätzlich als prägnante und lebendige Überzeugungspräsentationen zu konzipieren – denn gerade im Kontext der Nutzermotivation darf die Form einer Präsentation das Thema nicht konterkarieren. ÜberzeugungspräsentationensindkeinereinenFachvorträge,dennsieberücksichtigennebenderSachebeneinbesondererWeiseauchdieBeziehungsebenederKommunikationund zeichnen sich vor allem durch die folgenden Merkmale aus (die allesamt dem Prinzip der konsequenten Zielgruppenorientierung geschuldet sind):

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induktiver Aufbau (vom Konkreten bzw. Besonderen zum Abstrakten bzw. Allgemeinen) zur Gewährleistung von Überraschungsmomenten (bspw. beim Einstieg), zur Vermeidung von Vorhersehbarkeit und Langeweile sowie zur Erhöhung der inhaltlichen Plausibilität;

keine reinen Textfolien, sondern viele, möglichst große Illustrationen, Bildelemente, Symbole etc. (im Idealfall verzichten die Folien einer Überzeugungspräsentation komplett auf Textelemente) – wenn nicht die Präsentationsfolien, sondern nur der Referent auf der „Tonspur“ die wichtigen Informationen liefert, ist am ehesten gewährleistet, dass das Publikum dem Vortragenden tatsächlich zuhört und auch emotional „bei der Sache“ ist;

bildreiche Sprache und Verwendung von geeigneten Metaphern (zum Beispiel die klimafreundliche Schwarmintelligenz zur Verdeutlichung der Einsparpotenziale des energiebewussten Nutzerverhaltens am Arbeitsplatz);

kein Manuskript oder „Sprechzettel“, sondern möglichst freie Rede des Präsentierenden – das gewährleistet den (Blick-) Kontakt mit den Zuhörern;

alltagspraktische, leicht nachvollziehbare Beispiele beispielsweise zu den Einsparpotenzialen des energiebewussten Nutzerverhaltens;

interaktive Elemente wie zum Beispiel eine Schätzfrage, ein Gedanken- spiel oder einen Kurztext (zur Generierung von individuellen „Lese- erlebnissen“), die die Zuhörer besonders intensiv einbeziehen;

verständliche Sprache, Verzicht auf erklärungsbedürftige Fachbegriffe (wie „Jahreslastgang“ oder „intrinsische Motivation“) sowie auf Begriffe, die sich – wie etwa „Weltmeisterschaftsfinalsiegtorschütze“ oder eben „Jahresenergieverbrauchsreduzierung“ – aus mehr als drei Wörtern zusammensetzen;

keine komplizierten Satzkonstruktionen („Keep it simple!“), das heißt auch: Verzicht auf vermeidbare Passivkonstruktionen, denn gerade bei der Nutzermotivation empfiehlt es sich, die jeweils Handelnden auch zum grammatikalischen Subjekt zu machen.

426 Anhang

Impressum

EnergieAgentur.NRWRoßstraße 9240476 DüsseldorfTelefon: 0211 / 83 71 93 [email protected]

Konzept, Text und Informationen zum Thema

EnergieAgentur.NRWTom KüsterKasinostraße 19-2142103 [email protected]

2., erweiterte und komplett überarbeitete Auflage, Juli 2015

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