Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 4
Aktuelle Meldung 1:Bill Gates über die digitale Zukunft
„Die Revolution hat gerade erst begonnen“ – die technologischen Fortschritte der Vergangenheit haben lediglich das Fundament für weitaus tiefgreifendere Veränderungen gelegt
Triebfedern: weitreichende Verbreitung von Datenverarbeitungszentren und Breitbandnetzen, intelligentere Geräte, Überall Zugang zum Internet
Folge: Jederzeit Zugriff auf alle Informationen: „Wir werden in der Lage sein, jedes Dokument, jedes Musikstück oder Video, das wir erstellt oder abgespeichert haben, mit jedem beliebigen Gerät abzurufen (also über Computer, Handy, TV, MP3-Player, Mini-Spielekonsole, etc.)“.
Für Unternehmen bedeutet dies eine Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit. Mitarbeiter haben jederzeit Zugriff auf wichtige Dokumente, sodass die Entscheidungsfindung beschleunigt wird.
Des Weiteren seien Computer schon in naher Zukunft in der Lage, Sprache und Gesten zu interpretieren, sodass ein sehr intuitives Arbeiten möglich wird.
Quelle: FAS, 27.01.2008, Nr. 4, S. 40
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 5
Aktuelle Meldung 2: Microsoft will Yahoo übernehmen
Der Kampf um das Internet (bzw. den dortigen Werbemarkt) zwischen Google und Microsoft geht in die nächste Runde:
Microsoft will Yahoo für 45 Milliarden Dollar übernehmen Dank populärer Dienste wie Yahoo Mail, Kelkoo und Flickr
kommt Yahoo auf etwa 500 Mio. registrierte Nutzer weltweit. Besonders stark ist Yahoo in Asien, einer Region, in der das
Mobiltelefon zunehmend wichtiger wird als der PC. Während Google noch damit beschäftigt ist, seine "Android"-
Software für Internet-fähige Handys zu entwickeln, hat Yahoo bereits Verträge mit diversen Mobilfunkanbietern rund um den Globus abgeschlossen, die "Yahoo Go" unterstützen - ein mobiles Internetportal, das unter der Leitung des Deutschen Marco Börries entwickelt wird.
Forrester-Analystin VanBoskirk: "In Asien und einigen Gegenden Europas könnten Werbeeinnahmen auf Mobilgeräten langfristig höher ausfallen als auf dem PC“.
Quelle: www.stern.de/wirtschaft/unternehmen/unternehmen/:Yahoo-%DCbernahme-Microsofts-Milliarden-Poker/609701.html
Vernetzte Informationssysteme
III. Praxisnahe Fragestellungen vernetzter Informationssysteme
Prof. Dr. Wolfgang König
Lehrstuhl für BWL, insb. Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement
www.is-frankfurt.de
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 7
Agenda
Auktionen Eindimensionale Auktionen Elektronische Auktionen Kombinatorische Auktionen
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 8
6. Auktionen
Die Suche nach potenziellen Transaktionspartnern kann grundsätzlich auf zwei verschiedene Arten erfolgen:
1. Zentral, durch Nutzung eines zentralen Marktes - Auktionen -,
2. Dezentral, durch individuelle Absprachen. Zentralisierte Märkte werden in der Praxis durch Auktionen vertreten,
die durch ein explizites Regelwerk die Ressourcenallokation und Preise auf der Basis der Gebote der Marktteilnehmer bestimmen.
In einem dezentralen Markt vollzieht sich der Handel durch paarweise Treffen der Anbieter und Käufer. Sie umfassen Absprachen über Produkte, Preise und vertragliche Konditionen.
Wir wollen die Auktionen abschließend noch näher betrachten.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 9
6.1 Eindimensionale Auktionen
Hinsichtlich der Gebote und Bepreisung wurden eine
Reihe unterschiedlicher Auktionsregeln entwickelt. Die
vier populärsten Verfahren sind:
Oral, open, ascending-bid auction (English auction),
Oral, open, descending-bid auction (Dutch auction),
First-price sealed-bid auction (z. B. Ausschreibung),
Second-price sealed-bid auction (Vickrey auction).
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 10
6.1 Eindimensionale Auktionen
English auction:
Weit verbreitete Form
Der Preis wird sukzessive erhöht, bis lediglich ein
Bieter übrigbleibt (z. B. durch einen Auktionator -
Gebote können sowohl persönlich durch den
Bietenden als auch elektronisch offeriert werden).
Jeder Bietende kennt das letzte bzw. beste Gebot
Beispiel: Kunstobjekte und Antiquitäten, Ebay
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 11
6.1 Eindimensionale Auktionen
Dutch auction:
Der Auktionator gibt einen Initialpreis vor, der so lange reduziert wird, bis er durch einen Bieter (durch sein Gebot) akzeptiert wird.
Der Bieter spezifiziert seine Nachfragemenge. Für die Rest-Angebotsmenge wird wie oben weiter verfahren.
Dieses Auktionsverfahren wird beispielsweise beim Verkauf von Blumen in den Niederlanden, Fisch in Israel oder auch Tabak in Kanada verwendet.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 12
6.1 Eindimensionale Auktionen
First-price sealed-bid auction:
Potenzielle Käufer übermitteln versiegelte Gebote.
Das höchste Gebot erhält den Zuschlag zum jeweiligen Preis.
Unterschied zur English auction: Gebote können nicht überwacht werden (lediglich das eigene Gebot ist bekannt).
Verwendung: Hausbau, The tendering of U.S. government procurement contracts
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 13
6.1 Eindimensionale Auktionen
Vickrey auction (second-price sealed-bid auction):
Der Bietende übermittelt Gebot, zahlt jedoch bei Zuschlag (als derjenige, der das höchste Gebot abgegeben hat) denjenigen Preis des zweithöchsten Gebots.
Theoretischer Vorteil: Zahlungsbereitschaft wird offengelegt: d.h. strategische Spiele zwischen den Akteuren entfallen.
Verwendung: selten
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 14
6.1 Eindimensionale Auktionen
Unterschied zwischen English und Vickrey auction:
Hat in einer englischen Auktion eine Person A eine Zahlungsbereitschaft von 100 GE und eine Person B eine Zahlungsbereitschaft von 200 GE, dann wird als Ergebnis der Auktion B den Zuschlag erhalten für ein Gebot, das um eine marginale Einheit über 100 GE liegt, d.h. B zahlt nicht 200 GE, sondern 101 GE! Die tatsächliche Zahlungsbereitschaft des B bleibt dabei verborgen.
Im Vickrey-Fall bietet A 100 GE und B 200 GE. B erhält den Zuschlag zum Gebot des A. Im Vickrey-Fall offenbart B also seine tatsächliche Zahlungsbereitschaft.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 15
6.2 Elektronische Auktionen
=> Auktionen die durch IT unterstützt werden
Berühmte Beispiele: Schweineauktionen in Singapur, Blumenhandel in den Niederlanden
Seit 1995 auch über das Internet
Beispiele: AuctionNet, the Internet Auction List, Bid Find, Ebay
Im Allgemeinen werden webbasierte Auktionen so organisiert, dass eine Host-Seite in Form eines Brokers Serviceleistungen für Verkäu-fer und Käufer offeriert,
Sowohl Verkäufe als auch Gebote werden unterstützt,
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6.2 Elektronische Auktionen
Informationen über alle veräußerbaren Güter sind online verfügbar
Für extrem werthaltige Produkte können zusätzliche Informationen per Mail angefordert werden
Gebote werden i.d.R. durch Mails oder elektronische Formulare übermittelt
Sie werden auf der Host-Seite angezeigt und kontinuierlich aktualisiert. (und i.d.R. live - in real time - aktualisiert).
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6.3 Kombinatorische Auktionen
Kombinatorische Auktionen sind solche Auktionen, in denen ein Bieter nicht nur für ein einzelnes Gut bieten bzw. mehrere Gebote für unterschiedliche Güter einreichen kann, sondern in einem einzigen Gebot für mehrere Güter (d. h. ein Güterbündel) gleichzeitig bieten kann.
Kombinatorische Auktionen sind notwendig, da ein Preis, den ein Bieter für ein Gut bereit ist zu zahlen, oftmals auf komplexe Weise von anderen Gütern, die er erhält, abhängt (Synergieeffekte).
Kombinatorische Auktionen werden dann angewendet, wenn die Güter Synergieeffekte „natürlich“ enthalten (z. B. bei Netzwerkressourcen oder der Nutzung von logistischen Strecken) oder wenn ein Anbieter seine Güter nur in Bündeln offerieren will (z. B. Mobilfunkfrequenzen oder Time-Slots auf Flughäfen)
Der Vorteil der kombinatorischen Auktion besteht darin, dass ein Bieter mögliche Synergieeffekte bereits in seinen Geboten ausdrücken kann.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 18
6.3 Kombinatorische Auktionen
Man unterscheidet zwei Arten von Synergieeffekten:
Komplementarität:
• Die Summe der Einzelwerte mehrerer Güter ist niedriger als
der Wert des Güterbündels:
v(A) + v(B) < v(A+B) → Superadditivität
(im Extremfall: v(A) = v(B) = 0, aber v(A+B) > 0)
• Beispiel: Ein Bieter möchte einen Anzug kaufen.
Gebot für Artikel A (Anzugshose) 80€
Gebot für Artikel B (Sakko) 80€
Gebot für beide Teile zusammen 200€
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 19
6.3 Kombinatorische Auktionen
Substitutionalität:
Die Summe der Einzelwerte mehrerer Güter ist höher als der
Wert des Güterbündels:
v(A) + v(B) > v(A+B) → Subadditivität
Bsp: Ein Bieter möchte ein neues T-Shirt.
Gebot für rotes T-Shirt (Gut A) 10€
Gebot für blaues T-Shirt (Gut B) 10€
Gebot für beide T-Shirts zusammen (A+B) 15€
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 20
6.3 Kombinatorische Auktionen
Kombinatorische Auktionen weisen vier Basiselemente auf:
1. Gebote/Gebotssprache:
Jeder Bieter muss in der Lage sein, für jede Güterkombination ein Gebot
abgeben zu können. Das jeweilige Auktionsprotokoll entscheidet, auf welche
Weise die Gebote formuliert werden können und wie die
Kommunikationsform unter den Akteuren gestaltet ist.
2. Allokation:
Nach erfolgreichem Gebotseingang werden die Güterbündel an die jeweiligen
Bieter verteilt. Der Zuschlagsalgorithmus spiegelt dabei die zugrunde
liegende Zielfunktion der Auktion wieder, i.d.R. wird Erlösmaximierung
unterstellt.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 21
6.3 Kombinatorische Auktionen
3. Zahlung:
Die Höhe der Zahlung hängt sowohl von der Strategie der Bieter als auch von
dem Maximierungskalkül der Verkäufer ab (vgl. English auction und Dutch
auction).
4. Strategie:
Sind einmal die Regeln für das Protokoll, die Zuteilung und die Zahlungshöhe
festgelegt, ist nach klassischer Theorie damit zu rechnen, dass jeder Akteur
eine individuell nutzenmaximierende Strategie wählt. Die Güte des
Auktionsdesigns entscheidet hierbei darüber, inwieweit die angestrebten Ziele
(bspw. Erlösmaximierung) auch tatsächlich erreicht werden können.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 22
6.3 Kombinatorische Auktionen
Gebotssprachen bei kombinatorischen Auktionen: Die Gebotssprache stellt die formale Ausdrucksweise zur
Platzierung von Geboten dar. Man unterscheidet zwei Hauptanforderungen an die
Gebotssprache:
• Einfachheit: Der Umgang mit den ausgedrückten Geboten muss sowohl in technischer als auch in menschlicher Hinsicht einfach verständlich sein.
• Ausdrucksstärke: Jeder gewünschte Gebotsvektor muss möglichst knapp zu formalisieren sein.
-> Trade Off zwischen der Einfachheit der Sprache und
deren Ausdrucksstärke
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 23
6.3 Kombinatorische Auktionen
Unterschiedliche Gebotsformen (exemplarisch): Atomare Gebote: Jeder Bieter kann genau ein
Gebot abgeben. Der additive Wert von zwei oder mehreren Gütern
(Synergien) kann nicht mit atomaren Geboten ausgedrückt werden.
Beispiel für einen atomaren Gebotsvektor: (A,B,10), d.h. der Bieter bietet 10 Geldeinheiten für das Güterbündel A+B.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 24
6.3 Kombinatorische Auktionen
...weitere, unterschiedliche Gebotsformen (exemplarisch):
OR-Gebote (und/oder-Gebote): Der Bieter kann beliebig viele
atomare Gebote abgeben
Der Bieter kann dabei für mehrere disjunkte Gebote den
Zuschlag bekommen.
Beispiel:
Unter der Annahme, dass die Güter A und B jeweils nur einmal
zur Verfügung stehen, würde die Formulierung „(A,5) OR
(B,10) OR (A,B,13)“ zu einem Widerspruch führen, da der
Bieter nicht zweimal den Zuschlag für ein Gut erhalten kann.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 25
6.3 Kombinatorische Auktionen
...weitere, unterschiedliche Gebotsformen (exemplarisch):
XOR-Gebote (entweder/oder-Gebote): Der Bieter kann beliebig
viele mit XOR in Beziehung stehende atomare Gebote abgeben
XOR-Gebote können im Gegensatz zu OR-Geboten alle
Bewertungskombinationen ausdrücken.
Beispiel:
• (A,5) XOR (B,10) XOR (A,B,13) -> kein Widerspruch,
• Gebot (A,B,13) erhält den Zuschlag, wenn Erlösmaximierung als
Ziel definiert wurde.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 26
6.3 Kombinatorische Auktionen
...weitere, unterschiedliche Gebotsformen (exemplarisch):
OR-of-XOR-Gebote/ XOR-of-OR-Gebote: Der Bieter kann OR- und XOR-
Gebote kombinieren und somit seine Präferenz genauer ausdrücken.
Beispiele:
Annahme: die Güter A, B, C und D stehen nur einmal zur Verfügung
Bei OR-of-XOR-Geboten kann der Bieter eine beliebige Anzahl von XOR-
Geboten abgeben. Implizit gilt, dass er mehrere der Gebote erhalten möchte.
Beispiel: [(A,7) XOR (A,B,10)] OR [(C,D,8) XOR (D,3)]
Bei XOR-of-OR-Geboten kann der Bieter eine beliebige Anzahl von OR-
Geboten abgeben. Implizit gilt, dass er allerdings maximal den Zuschlag für ein
Gebot in einem XOR-Teil bekommen möchte.
Beispiel: [(A,7) OR (B,5)] XOR [(A,B,10) OR (C,3)]
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 27
6.3 Kombinatorische Auktionen
Mechanismusdesign und Anreizkompatibilität: Das Mechanismusdesign muss im Vorfeld erstellt
werden und soll eine effiziente Allokation der Güter ermöglichen. Der Effizienzbegriff soll hier so verstanden werden, dass der Bieter mit dem höchsten Gebot den Zuschlag erhält.
Fehlerhaftes Design findet man in der Realität an verschiedenen Stellen:
• Breitband-Lizenzen in Neuseeland (fehlender Reservationspreis)
• Satelliten-TV in Australien (fehlende Strafe bei Gebotsrücktritt)
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 28
6.3 Kombinatorische Auktionen
Die Maximierung des Erlöses hängt von den abgegeben Geboten ab, wobei das anreizgemäße Bieten ein entscheidender Faktor ist. Die Gebote sollten den tatsächlichen Zahlungsbereitschaften der Bieter entsprechen.
Beispiel: Drei Bieter (1, 2 und 3) und zwei (einmal vorhandene) Güter A und B: v = Zahlungsbereitschaft
v1(A,B)=100 v2(A,B)=0 v3(A,B)=0v1(A)= v1(B)=0 v2(A)= v2(B)=75 v3(A)= v3(B)=40
beim Bieten nach der tatsächlichen Zahlungsbereitschaft gilt: A geht an Person 2 und B geht an Person 3, der maximale Erlös wäre 115
>
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 29
6.3 Kombinatorische Auktionen
Bieter 2 hätte allerdings einen Anreiz, sein Gebot für A bzw. B bis 61 herabzusetzen (61+40=101).
Bieter 3 hätte einen Anreiz, sein Gebot für A bzw. B bis 26 zu herabzusetzen (75+26=101).
Verhalten sich die beiden Bieter 2 und 3 also anreizgemäß, gehen beide Güter für 100 GE an Person 1 (61+26<100).
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 30
6.3 Kombinatorische Auktionen
Bei eindimensionalen Auktionen gilt die Vickrey-Auktion als anreizkompatibel und von daher erlösmaximierend.
Die Übertragung des Designs auf kombinatorische Auktionen nennt man Vickrey-Clarke-Groves-Mechanismus (VCG).
Probleme bei kombinatorischen Auktionen:• Die Ermittlung der Gewinner-Bündel, die den Erlös des
Auktionators maximieren.• Durch die Formulierung als Integer-Programm wird keine
optimale Lösung in polynominalem Zeitaufwand garantiert.
Samstag, 8. April 2023 VIS WS 2007/08 31
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und viel Erfolg bei der Klausur!
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