ForschungsmethodenVORLESUNG WS 2019/2020FLORIAN KOBYLKA
RückblickEntwicklung des Faches
Psychologie als qualitative und quantitative Forschungsdisziplin
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Termine# Datum Thema Inhalts-/Zielnummer(n)
1 18. Okt. Einführung & Ethik 1. 11. 8.
2 25. Okt. Fachentwicklung 1.
3 08. Nov. Forschungstraditionen 3. 6. 10.
4 15. Nov. Operationalisierung 11.
5 22. Nov. Logik und Wissenschaftstheorie 1. 11.
6 29. Nov. Versuchspläne 4. 12. 14.
7 06. Dez. Stichproben 12. 13.
8 13. Dez. Hypothesentest 15. 16.
9 10. Jan. Gütekriterien I: Validität 5.
10 17. Jan. Gütekriterien II: Reliabilität & Objektivität 5.
11 24. Jan. Replikationskrise 1. 8. 12.
12 31. Jan. Erhebungstechniken I: Selbstbericht & Beobachtung 7. 9.
13 07. Feb. Erhebungstechniken II: Objektive Daten 7. 9.3
Die wissenschaftliche Methode• Theorie
• Forschungshypothese
• Operationalisierung und Design
• Statistische Hypothese
• Studiendurchführung
• Ergebnisaufbereitung und-analyse
• Interpretation
• Implikationen für Theorie
• Ergebnispräsentation
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Was ist eine Theorie?
Theorie:
System von Definitionen, Annahmen, Schlussfolgerungen und Aussagen, das Sachverhalte beschreibt und erklärt
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Kriterien wissenschaftlicher Theorien• Innere Widerspruchsfreiheit
•Äußere Widerspruchsfreiheit
•Falsifizierbarkeit
•hoher Informationsgehalt
•große Erklärungskraft
•Praktische Anwendbarkeit
•Einfachheit (Ockham‘s razor)
•Empirische Bewährung
Nach Bortz & Döring (2016): Forschungsmethoden und Evaluation in den Human- und Sozialwissenschaften. S.56 f. 6
Alltag vs. Wissenschaft
AlltagsvermutungWissenschaftliche
Hypothese
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Was ist eine Hypothese?• hypóthesis (griech.): Grundlage, Voraussetzung, Unterstellung vorläufige Annahmen über empirisch prüfbare Phänomene
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Schritte im Forschungsprozess1. Entstehung eines Forschungsinteresses
2. Sammlung verfügbaren Wissens• Austausch mit anderen• Literatursuche
3. Entwicklung einer Fragestellung/Hypothese
4. Operationalisierung und Untersuchungsplanung
5. Statistische Hypothese
5. Datenerhebung
6. Datenaufbereitung und Analyse
7. Interpretation und Diskussion
8. Publikation oder Präsentation
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Erkenntnistheoretische Ansätze
Induktion Deduktion Abduktion
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Abduktion• Vom Resultat auf Ursache
• Theorie und Empirie passen nicht zusammen
• Wegen unzutreffender Theorie wird eine neue „kreative“ Hypothese gebildet
• viel Unsicherer als Induktion, aber effizienter
Regel & Wirkung
-> Ursache
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Abduktive Hypothesengenerierung
Beispiel• Einzelfall aus Alltag oder Literatur
Hypothese
• Formulierung einer generellen Hypothese
• Abstraktion
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Induktion• Von Besonderen zum Allgemeinen
• unsicherer Schluss
Ursache & Wirkung
-> Regel
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Induktive Hypothesengenerierung
Empirie• Regelmäßigkeit in Alltag oder Literatur
Hypothese
• Formulierung einer generellen Hypothese aus der Regelmäßigkeit
• Abstraktionsprozess
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Deduktion• Vom Allgemeinen zum Besonderen
• Aus zugrundeliegender Theorie wird logische Hypothese über einen Einzelfall gebildet
• Untersuchung der Hypothese in einer Studie
• Rückschluss auf die Theorie
Ursache & Regel
-> Wirkung
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Deduktive Hypothesengenerierung
Theorie
• Literaturstudium
• Erarbeitung von Theorien und Modellen
Hypothese
• Generierung der spezifischen Hypothese auf Grundlage eines generellen Sachverhaltes
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Erkenntnistheoretische Ansätze
Empirie
(speziell)
Induktion/
Abduktion
Theorie
(allgemein)
Deduktion
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• präzise und widerspruchsfreie Formulierung
• prinzipielle Widerlegbarkeit
• Operationalisierbarkeit
• Begründbarkeit
• AllgemeingültigkeitUnabhängige Variable
Abhängige Variable
Merkmale wiss. Hypothesen
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Zeitpunkte der Hypothesenformulierung
Hypothesenprüfende Untersuchungen
Hypothesengenerierende Untersuchungen
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Operationalisierung
Inhaltliche Hypothese
• Depressive Menschen sind nach einer Therapie weniger depressiv als vor der Therapie.
Operationalisierung Ergebnis
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Wie kann man die Psyche messen?
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manifest = direkt
beobachtbar Latent = nicht direkt beobachtbar
Konstrukt
Trifft meistens auf psychologische Konstrukte zu
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Operationalisierung• Mit welchen beobachtbaren Variablen wird die Ausprägung des theoretischen Konzepts festgestellt
• dazu gehört: die Auswahl von Indikatoren
die Festlegung der Messinstrumente
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Operationalisierung von abhängigen Variablen• Vorschläge für Operationalisierungsvarianten: Häufigkeit
Reaktionszeit
Reaktionsdauer
Reaktionsstärke
Reaktionsqualität
Wahlreaktion
Nach: Bortz, J., & Döring, N. (2016). Forschungsmethoden und Evaluation in den Human- und Sozialwissenschaften. Heidelberg: Springer-Verlag. S. 230 f.24
Operationalisierung von unabhängigen Variablen• Beispiele:Konzeption unterschiedlicher BehandlungsformenHerstellung unterschiedlicher Stimuluseigenschaften
Herstellung unterschiedlicher Gruppen/ Verwendung natürlich vorgefundener Gruppen
Nach: Bortz, J., & Döring, N. (2016). Forschungsmethoden und Evaluation in den Human- und Sozialwissenschaften. Heidelberg: Springer-Verlag. S. 231 f.25
Messen
Messen = Messen [ist] die systematische Zuordnung einer Menge von Zahlen oder Symbolen zu den Ausprägungen einer Variablen, mithin auch zu den Objekten. […] Die Zuordnung (oder genauer: Abbildung) sollte so erfolgen, dass die Relationen unter den Zahlenwerten den Relationen unter den Objekten entsprechen.“
Aus: Friedrichs, J. (1990). Methoden empirischer Sozialforschung. Springer-Verlag. S. 9726
AbbildungenWir wollen Aussagen treffen, die wahr sind.
Sprache
Mathematik (Funktionen)
bijektiv =
surjektiv
& injektiv
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1
2
3
4
A
B
C
D5
E
Skala
Menge von unterschiedlichen empirisch
beobachtbaren Objekten oder Ereignissen
Menge von Zahlen
wird abgebildet durch
Empirisches Relativ
Numerisches Relativ
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Messtheoretische Probleme• Repräsentationsproblem ist ein Merkmal messbar?
• Eindeutigkeitsproblem Welche Transformationen sind zulässig?
• Bedeutsamkeitsproblem Welche mathematischen Operationen sind sinnvoll?
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Bedeutung von SkalenniveausDas Skalenniveau bestimmt
die erlaubten mathematischen Transformationen auf die erhobenen Zahlen, ohne Informationen zu verlieren
somit auch, welche statistischen Verfahren überhaupt auf Daten angewendet werden dürfen
Grundlage für statistische Berechnungen
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Die Thurstone- Skala
• Erfassung latenter Merkmale
• Experten und Getestete
• Unterschiedliche Wertigkeiten dichotomer Items (-5 bis 5)
Problematisch:
Expertenurteil
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Die Guttmann- Skala
• Dichotome Items werden aufsummiert
Problematisch:
•Items müssen inhaltlich sukzessiv sein
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Die Likert- Skala• weit verbreitet
• meist 5 stufiges Rating von mehreren Aussagen
• Bilden eines Indexwertes
• Ziel bei Skalenkonstruktion: Varianz und Zusammenhang mit Indexwert
Problematisch:
• Interindividuelle Unterschiede
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Likert Skala- Muss nicht zwangsweise normiert sein
- Items vom Likert-Typ
- Mehrere Items, die aufsummiert werden zum Skalenwert
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Die Operationalisierung
Inhaltliche Hypothese
• Depressive Menschen sind nach einer Therapie weniger depressiv als vor der Therapie.
Operationalisierung
• UV: Therapie (EG)/ keine Therapie (KG)
• AV: Depression (gemessen über Depressionsfragebogen)
Ergebnis
• Teilnehmer aus der EG haben niedrigere Werte im Fragebogen als die aus der KG bzw. als vor der Therapie
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Inhaltliche und statistische Hypothesen
• Verbale Behauptung über Beziehung zwischen Variablen
• Eher allgemein gehalten
Inhaltliche Hypothese
• Quantitative Form des erwarteten Untersuchungsergebnisses
• Population als Bezugspunkt
• Wird statistisch geprüft
Statistische Hypothese
wird überführt in
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Statistische Hypothesen• Nullhypothese (H0): UV hat keinen Einfluss auf die AV bzw. steht in keinem systematischen Zusammenhang mit ihr
• Alternativhypothese (H1): UV hat einen Einfluss auf die AV bzw. steht in einem systematischen Zusammenhang mit ihr
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Ungerichtete vs. gerichtete Hypothesen• gerichtete Hypothesen geben die Richtung des vermuteten Effekts an
• ungerichtete Hypothesen geben keine Richtung des erwarteten Effekts an
in der Praxis findet man häufiger gerichtete Hypothesen
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Übung: Welche der Kriterien für wissenschaftliche Hypothesen sind erfüllt/nicht erfüllt?
1) Bei starkem Zigarettenkonsum kann es zu einem Herzinfarkt kommen.
2) Frauen reden mehr als Männer.
3) Frustrierte Menschen reagieren aggressiv.
4) Mit zunehmender Müdigkeit sinkt die Konzentration.
5) Es gibt Kinder, die nie weinen.
6) Mentales Training führt zu besseren sportlichen Leistungen.
7) Es gibt Menschen, die dreimal am Tag warm essen und trotzdem kein Gramm zunehmen.
8) Morgen um 14 Uhr wird es in Karlsruhe regnen.
9) Die Schüler der Klasse 8c sind besser in Mathe als der Altersdurchschnitt.
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Wissensüberprüfung III1. Welche Kriterien sollten wissenschaftliche Theorien erfüllen?
2. Was sind die Merkmale wissenschaftlicher Hypothesen?
3. Welche Arten von Hypothesen kann man unterscheiden?
4. Was ist die Operationalisierung?
5. Was ist Messen?
6. Was sind die drei Bestandteile einer Skala?
7. Welche messtheoretischen Probleme gibt es?
8. Eine Psychologin möchte den Einfluss einer Expositionstherapie auf die Spinnenphobie untersuchen. Wie könnte sie Therapieerfolg operationalisieren?
9. Wie unterscheidet sich Psychometrie von Psychophysik?
10. Warum ist empirische Forschung theoriegeleitet?
11. Welche Vorgehensweisen zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn gibt es?
12. Die Scientific Method ist in der Regel so strukturiert, dass die Bezüge der Arbeitsschritte vom Allgemeinen zum Spezifischen und wieder zurück zum Allgemeinen wechseln. Eine Ausnahme bildet hier die Untersuchung in einem bisher unbekanntem Gebiet, hier werden die Hypothesen im Forschungsprozess erst generiert. Ein fataler Fehler kann bei einer Mischung beider Strukturen entstehen: welcher?
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LiteraturBortz, J., & Döring, N. (2016). Forschungsmethoden und Evaluation für Human-und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer-Verlag. Kap 1., 2., 4., 5.2, 8., 10.4
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