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Präv Gesundheitsf 2007 · 2:67–73

DOI 10.1007/s11553-007-0063-3

Online publiziert: 11. April 2007

© Springer Medizin Verlag 2007

B. Blättner

Gesundheitsmanagement und Public Health, Hochschule Fulda

Das Modell der SalutogeneseEine Leitorientierung für die berufliche Praxis

Konzepte der Gesundheitsförderung

Hintergrund

„Wann immer ich das salutogenetische

Modell mündlich vorgestellt habe, war ei-

ne der vor allem von Menschen aus hel-

fenden Berufen am häufigsten gestellten

Fragen, inwieweit das SOC geplant und

absichtlich verändert werden kann. Be-

sonders die, die sich zu dem Modell hin-

gezogen fühlen, die einen systematischen

Zugang zum Verstehen von Stärken und

nicht nur von Risikofaktoren suchen, fan-

den es sehr verwirrend zu hören, dass je-

mand mit einem starken SOC solche Hel-

fer nicht wirklich braucht und dass je-

mandem mit einem schwachen SOC von

einem temporären Begleiter nicht wirk-

lich geholfen werden kann“ [2].

Trotz dieses Hinweises, mit dem Aaron

Antonovsky das Kapitel über die Möglich-

keiten intentionaler Modifikation des Ko-

härenzempfindens (sense of coherence,

SOC) beginnt, sind die Konzepte der Ge-

sundheitsförderung von der Idee der Sa-

lutogenese durchdrungen. Die Idee, nach

der Entstehung von Gesundheit zu fra-

gen, hat im wissenschaftlichem Umfeld,

insbesondere in der Public-Health-Sze-

ne Nord- und Osteuropas, Nordamerikas

und Israels, Australiens und Neuseelands

hohe Aufmerksamkeit erhalten, weist Ge-

meinsamkeiten mit den WHO-Konzepten

zur Gesundheitsförderung auf und gehört

zum Gegenstandskatalog gesundheitswis-

senschaftlicher Ausbildung von Gesund-

heitsberufen. Das Modell der Salutogene-

se ist gerade unter interventionellen Ge-

sichtspunkten hoch relevant.

Faltermaier [8] konstatiert, dass die

Rezeptionsgeschichte des Modells einiges

über Beharrungstendenzen und domi-

nante Denkstrukturen in den Gesund-

heitswissenschaften aussagt. Hinsicht-

lich der Auswirkungen des Modells für

berufliche Praxis zeigen sich solche Ten-

denzen in differierenden Argumentati-

onslinien: Das Modell wird insgesamt als

für Intervention wenig bedeutend einge-

schätzt sowie in seinen theoretischen Un-

klarheiten, der mangelnden empirischen

Absicherung und der mangelnden Ex-

klusivität seiner Gedanken kritisiert [4,

13]. Die Möglichkeit der Modifikation des

SOC wird ausschließlich auf Kindheit und

Jugend bezogen und in einem engen Zu-

sammenhang mit Persönlichkeitsmerk-

malen und dem Identitätskonstrukt dis-

kutiert [8]. Die beschränkten Möglich-

keiten, die Antonovsky zur gezielten Mo-

difikation des SOC aufzeigt, werden hin-

sichtlich ihrer Dehnfähigkeit ausgelotet,

nicht zur Kenntnis genommen oder als

überholt beschrieben [5, 7, 23].

Demgegenüber wird im Folgenden die

Auffassung vertreten, dass das Modell der

Salutogenese die beste vorhandene theo-

retische Basis der Gesundheitsförderung

darstellt, auch wenn der Forschungsstand

dazu nach wie vor nicht befriedigend ist.

Lindström u. Eriksson [18] kommen

in ihrem Überblick über mehr als 25 Jah-

re Forschung zur Salutogenese zu dem Er-

gebnis, dass das Modell der Gesundheits-

förderung einen festen theoretischen Rah-

men geben kann. Die interventionellen

Implikationen des Modells können über-

all dort eine Leitorientierung der beruf-

lichen Praxis darstellen, wo Gesundheit

gefördert werden kann. Eine solche Leito-

rientierung wird aber nur bedingt eine in-

tentionale Modifikation des SOC von In-

dividuen anstreben, vielmehr Lebensbe-

dingungen modifizieren und Erfahrungen

der Teilhabe an sozial anerkannten Akti-

vitäten ermöglichen wollen.

Wissenschaftlicher und historischer Entstehungskontext des Modells

Antonovsky war Zeit seines Lebens bio-

graphisch und beruflich mit gesellschaft-

lichen Entwicklungen konfrontiert, die

sich mit dem Begriff „widrig“ nur sehr

unzureichend umschreiben lassen. Seine

Kindheit war von dem Leben russisch-jü-

discher Migranten in Brooklyn, der Armut

gerade dieser Gruppe während der Welt-

wirtschaftskrise bis zur Mitte der 1930er

Jahre und dem Wiederaufleben des Ras-

sismus in breiten Bevölkerungsschichten

in USA geprägt. Das Studium in Yale hatte

Antonovsky für den Dienst in der US-Ar-

mee im Zweiten Weltkrieg unterbrochen.

Seine späteren Arbeiten in der gemeinde-

orientierten medizinischen Fakultät an

der Ben-Gurion-Universität in Israel wa-

ren von der von militärischen Interventi-

onen durchsetzten Geschichte des Staates

Israel beeinflusst und mit den gesundheit-

lichen Folgen jüdischen Überlebens im

Antisemitismus konfrontiert. Antonovs-

ky war aber weder in den USA noch in Is-

rael mit der politischen Linie des Landes

kritiklos identifiziert.

Als Soziologe interessierte sich Aa-

ron Antonovsky für gesellschaftliche Zu-

sammenhänge und für das Handeln von

Menschen in sozialen Kontexten sowie

dessen Auswirkungen auf Gesundheits-

67Prävention und Gesundheitsförderung 2 · 2007 |

Page 2: Fulltext

und Krankheitsprozesse. Beeinflusst u. a.

von der Sozialpsychologie, die in den USA

nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges

von sozialkritischen Emigranten aus Eu-

ropa, darunter Lazarsfeld [15], weiterent-

wickelt wurde und soziale Determinan-

ten psychischer Gesundheit erforschte,

ging es ihm immer auch um eine anwen-

dungsorientierte, die Praxis gesellschaft-

licher Entwicklung beeinflussende For-

schung und um sozialkritisches Handeln.

Dies gilt gleichermaßen für die Entwick-

lungspsychologin Helen Antonovsky, de-

ren Anteil an der Entstehung des Mo-

dells nicht unterschätzt werden darf [3].

Die mentale Gesundheit war für beide

nicht unabhängig von gesellschaftlich be-

dingten Lebenserfahrungen denkbar.

In der deutschsprachigen Rezepti-

on des Modells der Salutogenese über-

wiegt dagegen die individualpsycholo-

gische Sicht [4, 8, 10]. Möglicherweise

ist es diesem Umstand geschuldet, dass

sich die Diskussion interventioneller Fra-

gen in Deutschland zu eng um die Mög-

lichkeit individueller Modifikationen des

SOC dreht.

Angesichts der Erfahrungen von Ar-

mut, Krieg, Rassismus und Antisemitis-

mus und deren Folgen wird verständlich,

dass Antonovsky Gesundheit nicht als ho-

möostatischen Normalzustand beschrei-

ben kann, der durch störende Reize oder

falschen Lebenswandel aus der Balance

geraten kann. Gesundheit ist für ihn kei-

ne Selbstverständlichkeit, sondern ange-

sichts der Omnipräsenz von Stressoren

ein höchst erfreuliches Phänomen, eine

mögliche Entwicklungsrichtung auf einem

Kontinuum. Gesundheit ist für Antonovs-

ky auch unabhängig vom Krankheitssta-

tus möglich.

Antonovskys Modell wurde auch durch

seine empathische Grundhaltung gegen-

über Menschen geprägt, die die drama-

tischen Entwicklungen des 20. Jahrhun-

derts überstanden hatten. In seiner Studie

über die Adaption von Frauen aus unter-

schiedlichen ethnischen Gruppen in Israel

an das Klimakterium zeigte sich, dass un-

ter denjenigen mitteleuropäischen Frau-

en, die an der Studie teilnahmen, etwa 300

waren, die während des Nationalsozialis-

mus ein Konzentrationslager überlebt hat-

ten, dann jahrelang als „deplaced person“

gelebt hatten, sich ein neues Leben in Is-

rael aufgebaut hatten, dort 3 Kriege er-

lebt hatten und trotz solcher Erfahrungen

im Prinzip eine gute psychische und phy-

sische Gesundheit aufwiesen.

Diese von Antonovsky [3] erzählte

Geschichte der Entdeckung seiner For-

schungsfrage wird oft verkürzt wiederge-

geben. So heißt es z. B. bei Bengel et al.

[4] „29%(!) der inhaftierten Frauen“ hät-

ten über eine relative gute Gesundheit be-

richtet. Das ist höchst missverständlich

formuliert. Die Zahl 29% bezieht sich auf

einen Anteil des spezifischen Ausschnitts

unter denjenigen Frauen, die trotz solcher

25 Jahre zurückliegender Lebenserfah-

rungen überhaupt physisch und psychisch

in der Lage waren, an der Studie teilzu-

nehmen und in Israel lebten. Es handelte

sich keineswegs um eine Querschnittstu-

die zu den Überlebenschancen eines KZ-

Aufenthalts!

Die Betrachtung von Personen mit ho-

hen Stresswerten, die dennoch nicht krank

werden, ist Teil des Zeitgeist der 1970er Jah-

re, der sich in der Ähnlichkeit des Kons-

truktes des „sense of coherence“ mit ande-

ren Konzepten [10, 12] spiegelt, die in das

Modell der Salutogenese integrierbar sind.

Zugleich hat das Modell eine hohe Erklä-

rungskraft für Phänomene, die sozialwis-

senschaftlich ausgerichtete Gesundheits-

wissenschaftler/innen stark interessieren,

etwa für das Phänomen sozial ungleich

verteilter Gesundheitschancen.

Das Modell der Salutogenese und der Forschungsstand

Das Modell besagt, dass Stressoren auf

das Gesundheits-Krankheits-Kontinuum

in krank machender, neutraler oder ge-

sundheitsfördernder Richtung wirken, je

nach dem, wie die Spannungsbewältigung

(Coping) erfolgt. Die Spannungsbewälti-

gung ist zunächst davon abhängig, welche

generalisierten Widerstandsressourcen

(generalized resistance ressource, GRR)

zur Verfügung stehen und inwiefern die-

se in der jeweiligen Situation auch ge-

nutzt können. GRR (u. a. materielle Vorr-

aussetzungen, Selbstidentität, soziale Un-

terstützung, kulturelle Stabilität oder Ge-

sundheitsbewusstsein) sind nicht ohne

den historischen soziokulturellen Kontext

denkbar. Ob vorhandene Ressourcen für

Bewältigungsstrategien nutzbar gemacht

werden, darüber entscheidet das Empfin-

den von Kohärenz (SOC). Das SOC ist

kein Persönlichkeitsmerkmal, sondern

eine grundlegende Lebensorientierung,

und umfasst die Komponenten Versteh-

barkeit, Handhabbarkeit und Bedeutsam-

keit, wobei prospektiv letztere die wich-

tigste Komponente zu sein scheint. Das

SOC könnte prinzipiell im Sinne der kör-

perlichen Stressreaktion unmittelbar auf

die physische und psychische Gesundheit

einwirken. Es könnte u. U. Gesundheits-

handeln beeinflussen. Es wird aber vor

allem über die Aktivierung der GRR wir-

ken (. Abb. 1).

Verkürzt formuliert, sind Menschen

mit einem starken SOC besser in der Lage,

GRR zur Bewältigung unterschiedlichs-

ter Stresssituationen für sich zu nutzen

und entwickeln sich deshalb auf dem Ge-

sundheits-Krankheits-Kontinuum eher in

Richtung Gesundheit. Dabei ist ein star-

ker SOC nicht mit bestimmten Bewälti-

gungsstrategien verbunden, sondern mit

einer hohen Flexibilität in der Wahl der

Strategien, die situative Bedingungen be-

rücksichtigt. Ein schwacher SOC wird

eher mit starren Strategien verbunden

sein [10].

GRRs-

GRDs-

Kontinuum

SOC

ease -

dis-ease-

KontinuumCoping

Spannungszustand

Spezifische

Lebenserfahrungen

Sozialer Kontext:

Lebensbedingungen Abb. 1 9 Vereinfachtes Modell der Salutoge-nese

68 | Prävention und Gesundheitsförderung 2 · 2007

Konzepte der Gesundheitsförderung

Page 3: Fulltext

Die besondere Bedeutung von immer

auch gesellschaftlich gestalteten Lebens-

bedingungen für das Gesundheits-Krank-

heits-Kontinuum wird hier deutlich: Le-

bensbedingungen entscheiden über die

Art der Stressoren und über die Bewäl-

tigungsstrategien, die zur Verfügung ste-

hen. Sie sind die entscheidende Kompo-

nente des Kontinuums von GRR und Wi-

derstandsdefiziten (generalized resitance

deficit, GRD) und beeinflussen entschei-

dend die Chancen auf solche Lebenser-

fahrungen unter denen ein starkes SOC

ausgebildet werden kann.

Interventionen im Sinne des Modells

der Salutogenese können entsprechend

die Lebensbedingungen und deren Ver-

änderung nicht außen vor lassen. Sie kön-

nen sich nicht in psychotherapeutischen

Interventionen der Stabilisierung eines

vermeintlichen Persönlichkeitsmerkmals

bei Individuen erschöpfen. Dies stand für

Antonovsky nicht in Frage [3].

Monica Eriksson u. Bengt Lindström

[6] publizierten kürzlich die Ergebnisse

ihres systematischen Reviews, das 458 Stu-

dien und 13 Dissertationsschriften in Eng-

lisch oder einer skandinavischen Sprache

aus den Jahren 1992–2003 einschloss, die

mit dem Fragebogen zum SOC gearbeitet

haben. Sie resümieren, dass das SOC ei-

nen engen Zusammenhang mit der wahr-

genommenen Gesundheit, insbesondere

der psychischen Gesundheit zeigt. Hin-

sichtlich des Einflusses auf Gesundheit ist

der SOC ein Hauptfaktor oder hat einen

die Richtung oder Stärke verändernden

Effekt und scheint Gesundheit voraussa-

gen zu können. Das SOC scheint einen

wichtigen Beitrag für die Entwicklung von

Gesundheit zu haben, aber nicht Gesund-

heit alleine erklären zu können.

Faltermaiers Feststellung [8], dass die

vielen Querschnittsstudien zum korrela-

tiven Zusammenhang zwischen SOC und

einzelnen Variablen die Forschung in der

Bewertung des Modells nicht mehr wei-

terbringen, dagegen Längsschnittstudien

fehlen, stimmt allerdings auch 6 Jahre

nach dessen Aussage noch und wirft ins-

besondere für die hier interessierende Fra-

gestellung nach der interventionellen Be-

deutung Probleme auf.

Über verschiedene Analysen zum For-

schungsstand hinweg [4, 8, 10, 22] wur-

de immer wieder eine hohe Übereinstim-

Zusammenfassung · Abstract

Präv Gesundheitsf 2007 · 2:67–73 DOI 10.1007/s11553-007-0063-3

© Springer Medizin Verlag 2007

B. Blättner

Das Modell der Salutogenese. Eine Leitorientierung für die berufliche Praxis

Zusammenfassung

Theorie. Vor rund 25 Jahren führte Aaron

Antonovsky das Modell der Salutogenese in

die wissenschaftliche Diskussion ein. Es be-

sagt, dass Menschen mit einem hohen Emp-

finden von Kohärenz (SOC) besser in der La-

ge sind, generalisierte Widerstandsressour-

cen zur Bewältigung von Stresssituationen

für sich zu nutzen und sich deshalb auf dem

Gesundheits-Krankheits-Kontinuum eher in

Richtung Gesundheit entwickeln. Ein hoher

SOC ist nicht mit bestimmten Bewältigungs-

strategien verbunden, sondern mit einer der

Situation angepassten Wahl.

Forschungsstand. Das Modell eignet sich als

theoretische Basis der Gesundheitsförderung,

auch wenn der Forschungsstand nur teilwei-

se zufrieden stellen kann.

Praxis. Leitprinzip gesundheitsfördernder

Praxis ist dem Modell entsprechend, Lebens-

erfahrungen zu ermöglichen, die den SOC

stärken. Das sind vordringlich Erfahrungen

der Teilhabe an sozial anerkannten Aktivi-

täten, außerdem Erfahrungen der Verfügung

über ausreichend Ressourcen und Erfah-

rungen der Beständigkeit.

Schlüsselwörter

Kohärenzempfinden · Gesundheitsförde-

rung · Lebenserfahrungen

The salutogenic model. A theoretical framework for professional practice

Abstract

Theory. About 25 years ago Aaron An-

tonovsky introduced the salutogenic theory

to the scientific community. The theory pro-

vides the explanation that the individual with

a strong sense of coherence (SOC) is in a bet-

ter position to make use of general resistance

resources to respond to stress situations and

able to change position in the health-disease

continuum towards health. A high SOC does

not equate with coping strategies but allows

a greater opportunity of choice.

Research. The salutogenic model may pro-

vide the theoretical framework for health

promotion; however, further research is nec-

essary.

Practice. As a model for health promotion

the salutogenic approach encourages life ex-

perience to develop a strong SOC. The most

important experiences are participation in

socially accepted activities, having adequate

resources available and consistency.

Keywords

Sense of coherence · Health promotion ·

Experiences of life

69Prävention und Gesundheitsförderung 2 · 2007 |

Page 4: Fulltext

mung zwischen SOC und psychischer Ge-

sundheit festgehalten, so hoch, dass sogar

die Frage nach Überschneidungen zwi-

schen den Konstrukten SOC und psy-

chische Gesundheit gestellt wurde [4, 8].

In einer für Kanada repräsentativen Studie

zeigten Richardson u. Ratner [22] kürzlich

erneut, dass der SOC die Auswirkungen

stressvoller Lebensereignisse auf die sub-

jektive Gesundheit abfedern zu können

scheint. Weit weniger eindeutig sind Zu-

sammenhänge zu extern beschreibbarer

physischer Gesundheit.

Surtees et al. [27] konnten in einer pro-

spektiven Kohortenstudie zeigen, dass ein

hoher SOC die Sterblichkeit bei Risikofak-

toren für chronische Erkrankungen senkt.

Dagegen kommen Flensborg-Madsen et

al. [9] in ihrem Review von 50 Studien

zur Aussage, dass ein Zusammenhang

zwischen SOC und körperlicher Gesund-

heit nicht nachweisbar ist, während auch

in diesem Review ein Zusammenhang zu

psychischen Aspekten zu finden war.

Hier entsteht für die Forschung die

Schwierigkeit, dass von Antonovsky Ge-

sundheit nicht eindeutig definiert wur-

de [10]. Diese lässt sich auflösen, wenn

man seine Differenzierung von „disease“

und „dis-ease“ einbezieht. Nur „dis-ease“

findet sein Forschungsinteresse [1]. Geht

man von der Idee des Kontinuums zwi-

schen „dis-ease“ und „healt-ease“ aus,

so ist eine Entwicklung in Richtung Ge-

sundheit von jeder Position aus mög-

lich, d. h. selbst in einer palliativen Situ-

ation. Antonovsky schließt weder Krank-

heit noch Tod aus [10] und hat m. W. nie-

mals behauptet, Menschen mit einem ho-

hen SOC könnten nicht erkranken. Viel-

mehr sind Menschen mit einem starken

SOC eher in der Lage, mit den Stressoren,

die mit Krankheit und ihrer Behandlung

verbunden sind, angemessen umzugehen.

Das muss z. B. krebskranke Menschen

nicht zwingend vor Metastasen schützen,

könnte aber nach Antonovsky auch di-

rekte physiologische Konsequenzen ha-

ben, etwa im Sinne eines Einflusses auf

neuroendokrine oder neuroimmunolo-

gische Prozesse. Bereits Faltermaier [8]

kritisiert, dass Forschung, die mit Krank-

heitsmassen als Indikatoren von Gesund-

heit arbeitet, das Kontinuumskonzept

nicht umsetzt und damit eine zentrale

Komponente des Models ignoriert.

Ähnlich können inkonsistente For-

schungsergebnisse zum Bezug von Ge-

sundheitsverhalten und SOC damit er-

klärt werden, dass die Forschungsfra-

gen nicht genau mit dem Modell der Sa-

lutogenese übereinstimmen. Antonovs-

ky [3] sieht keinen direkten Zusammen-

hang zwischen Gesundheitsverhalten und

SOC. Er ist lediglich der Überzeugung,

dass Menschen mit einem starken SOC

eher in der Lage sein werden, auf Stresssi-

tuation mit weniger riskanten Verhaltens-

weisen und mehr Rücksicht auch auf ihr

körperliches Wohlbefinden zu reagieren.

Studiendesigns zum Zusammenhang zwi-

schen SOC und dem Ernährungsverhal-

ten [17], SOC und positiver Einstellung zu

körperlicher Aktivität [26], SOC und Al-

koholkonsum [19], SOC und Mundhygi-

ene [25] müssen in ihrem Design entspre-

chend vorsichtig betrachtet und die Er-

gebnisse sorgsam diskutiert werden.

Das Modell der Salutogenese erklärt

weder, wie Krankheit vermieden wer-

den kann, noch wie Gesundheitsverhal-

ten entsteht und taugt insofern nicht als

theoretische Basis für einen präventiven

Ansatz. Es liefert dagegen die Basis für

die Gesundheitsförderung, die unabhän-

gig vom Krankheitsstatus eines Menschen

möglich ist. Erst nach dieser konzeptio-

nellen Trennung kann darüber nachge-

dacht werden, wie die Ziele und Arbeits-

formen der Gesundheitsförderung in prä-

ventive wie in kurative, rehabilitative, pal-

liative und pflegerische Versorgung inte-

griert werden können. Interventionsstu-

dien zur Veränderbarkeit des SOC schei-

nen derzeit allerdings nicht in einer fach-

lich und methodisch angemessenen Form

vorzuliegen.

Interventionelle Implikationen

Nach dem Modell der Salutogenese ist

der zentrale Ansatz der Gesundheitsför-

derung die Veränderung des SOC durch

die Veränderung von Lebenserfahrungen.

Die Entstehung des SOC ist mit spezi-

fischen Lebenserfahrungen verbunden,

die jeweils einer der drei Komponenten

zugeordnet sind: Erfahrungen der Be-

ständigkeit führen zur Entwicklung der

Komponente Verstehbarkeit, wobei Ver-

stehbarkeit (comprehensibility) nicht mit

Verständlichkeit verwechselt werden darf.

Erfahrungen, ausreichend Ressourcen

zur Bewältigung von Anforderungen zur

Verfügung zu haben, stärken die Kom-

ponente Handhabbarkeit (manageabili-

ty). Die Stärkung und Unterstützung von

Ressourcen ergibt sich hier als wichtiges

Handlungsfeld. Erfahrungen der Teilhabe

an Entscheidungsprozessen in sozial aner-

kannten Aktivitäten, stärken die Kompo-

nente Bedeutsamkeit (meaningfulness).

Dabei geht es nicht um Teilnahme, auch

nicht um Kontrolle über, sondern um die

Mitentscheidung an den Dingen, die das

Leben berühren und sozial anerkannt

sind (. Abb. 2).

Alle drei Lebenserfahrungen sind mit-

einander verbunden, wie dies die Kom-

ponenten des SOC sind. Aus Antonov-

skys Überlegungen zur Dynamik des SOC

lässt sich aber ableiten, dass die Kompo-

nente Bedeutsamkeit über die Weiterent-

wicklung des SOC entscheidet. Demnach

ist der Teilhabe an sozial anerkannten Ak-

tivitäten in Bezug auf die Förderung des

SOC die höchste Priorität zuzusprechen.

Daraus lässt sich folgern, dass für jede In-

terventionsebene der Gesundheitsförde-

rung die Mitgestaltung und die Teilhabe

an zentralen Entscheidungen das wich-

tigste Prinzip darstellt.

Genau dieses Prinzip findet sich in al-

len strategischen Papieren der WHO und

allen Settingansätzen der Gesundheitsför-

derung wieder. Das Leitprinzip betrieb-

licher Gesundheitsförderung ist die Teil-

habe der Beschäftigten an den Entschei-

SOC

Beständigkeit

Verfügung

über

Ressourcen

Teilhabe an

sozial

Anerkanntem

Lebens

erfahrungen

Verstehbarkeit

comprehensibility

Handhabbarkeit

Manageability

Bedeutsamkeit

Meaningfulness Abb. 2 9 Entstehung des SOC

70 | Prävention und Gesundheitsförderung 2 · 2007

Konzepte der Gesundheitsförderung

Page 5: Fulltext

dungen der Entwicklung der Organisati-

on, für die sie tätig sind. Das Leitprinzip

der Gesundheitsförderung in der Schu-

le kann nur die Partizipation von Schü-

ler/innen und Lehrer/innen an der Ent-

wicklung der Schule, an Unterrichts- und

Pausengestaltung sein, so utopisch dies

auch anmuten mag. Eben deswegen ge-

hören Gesundheitszirkel zu den wichtigs-

ten Instrumenten der Settingarbeit. Das

Leitprinzip einer gesundheitsfördernden

Gesundheitsversorgung ist die gemein-

same Entscheidungsfindung (shared de-

cision making) über Prävention, Diagno-

se, Behandlung oder Pflege, auf einer um-

fassend informierten Basis und bei einem

ressourcenorientierten Ansatz. Partizipa-

tion ist die zentrale Strategie der Gesund-

heitsförderung.

Da nach Antonovsky die Verstehbar-

keit eine Voraussetzung für Handhabbar-

keit ist, ist das Prinzip der Beständigkeit,

der Nachhaltigkeit förderlicher Lebenser-

fahrungen, das zweitwichtigste Prinzip.

Gesundheitsförderung kann sich dem-

nach nicht in immer wieder neuen Pro-

jekten erschöpfen, sondern muss dauer-

hafte und verlässliche Strukturen aufbau-

en.

Einschränkend ist allerdings zu sagen,

dass wir nichts darüber wissen, ob Inter-

ventionen einer partizipativen Gesund-

heitsförderung auf Menschen mit unter-

schiedlich starkem SOC verschieden wir-

ken. Es wäre durchaus denkbar, dass sol-

che Interventionen bei Menschen mit

schwachem SOC kontraproduktive Wir-

kungen zeigen, während sie auf Men-

schen mit starkem SOC weiter stabilisie-

rend wirken. Hier wären Interventions-

studien dringend nötig, die der erwar-

teten Dauer von Veränderung und der er-

hofften Nachhaltigkeit solcher Interventi-

onen entsprechen.

In dem eingangs erwähnten Kapitel

über die intentionale Modifikation des

SOC zeigt Antonovsky [1] nach seiner an-

fänglichen Warnung drei Ebenen der Mo-

difikation auf:

1. Professionelle Helfer agieren häufig in

Krisensituationen, die eine vorüber-

gehende Irritation des SOC bedingen.

In diesen Phasen der Fluktuation um

einen Mittelwert können sie Begeg-

nungen so gestalten, dass kein tem-

porärer Schaden entsteht, der SOC

stabilisiert werden kann. Antonov-

sky hält es weitergehend für möglich,

dass Begegnungen so gestaltet werden

können, dass sogar ein bescheidener

und temporärer Gewinn erzielt wer-

den kann. Diese temporäre Modifika-

tion des SOC in bescheidenem Um-

fang ist m. E. primär der notwendige,

gesundheitsfördernde Ansatzpunkt

aller individual-therapeutisch oder

pflegerisch tätigen Health Professio-

nals.

2. Antonovsky hält ein therapeutisches

Vorgehen nicht für ausgeschlossen,

das eine lang anhaltende, konsisten-

te Veränderung in den realen Lebens-

erfahrungen, die Menschen machen,

erleichtert. Diese Veränderung erfolgt

nicht alleine durch die Neuinterpre-

tation von Erfahrungen, sondern v. a.

dadurch, dass Menschen das Rüst-

zeug in die Hand gegeben wird, in-

nerhalb ihres Lebensbereichs etwas

ausfindig zu machen, das ihnen ande-

re Lebenserfahrungen ermöglicht. Di-

es ist der Aufgabenbereich der psy-

chosozialen Interventionen, die so

unterschiedliche Felder wie Street-

working, Betreuung im Frauenhaus,

Studienberatung oder Psychotherapie

umfassen könnte. Das Konzept des

Empowerment [21] kann die hier not-

wendige professionelle Grundhaltung

beschreiben.

3. Immer dort, wo über eine lange Zeit-

spanne ein beträchtliches Ausmaß

an Kontrolle über die Lebenssituati-

on der Klientinnen und Klienten be-

steht, können nach Antonovsky [3]

tiefer greifende Veränderungen er-

folgen. Eine solche Kontrolle besteht

zunächst einmal in totalen Institu-

tionen [11] wie Altenpflegeheimen,

psychiatrischen Einrichtungen, parti-

ell auch anderen stationären Einrich-

tungen der Gesundheitsversorgung,

Kasernen oder Gefängnissen. Von ih-

rer Struktur her neigen solche Institu-

tionen dazu, Lebenserfahrungen der

Teilhabe an sozial anerkannten Ak-

tivitäten möglichst auszuschließen.

Sie wären zunächst so umzustruktu-

rieren, dass sie dem SOC nicht scha-

den, weder bei den Internierten noch

ihren Bewachern oder Pflegekräften.

Aber auch Betriebe und Bildungsins-

titutionen kontrollieren die Lebens-

situation ihrer Beschäftigten ganz er-

heblich und können zur Stärkung des

SOC beitragen, indem sie Teilhabe

an Entscheidungsprozessen ermög-

lichen. In diesen und ähnlichen Set-

tings solche Prozesse zu ermöglichen

und zu moderieren, kann als ori-

ginäre Aufgabe von für das Manage-

ment von Gesundheitsförderungs-

prozessen qualifizierten Personen be-

schrieben werden. Sie stehen immer

auch in dem Dilemma, dass sich ge-

sundheitsfördernde Interventionen

nur dann erfolgreich umsetzen lassen,

wenn dies den aktuell geltenden Stra-

tegien zur Erreichung der Kernziele

des jeweiligen Settings entspricht. So

verweisen etwa Lenhardt u. Rosen-

brock (2004) [16] darauf, dass be-

triebliches Entscheiden und Handeln

nicht primär von gesundheitlichen

sondern ökonomischen Interessen

bestimmt wird.

Die Arbeiten von Helen Antonovsky

könnten v. a. Erzieherinnen, Lehrern, So-

zialpädagoginnen und Eltern Anregungen

für die Betreuung von Kindern und Ju-

gendlichen bieten. Prinzipien einer ge-

sundheitsfördernden Erziehung wären aus

ihrer Sicht die Teilhabe von Kindern und

Jugendlichen an sozial Anerkanntem und

das damit verbundene Gefühl von Zuge-

hörigkeit, außerdem Beständigkeit und

feste, aber nicht starre Strukturen, emo-

tionale Nähe und eine Balance von An-

forderungen und Ressourcen zu ihrer Be-

wältigung. Eine retrospektive Studie von

Shifra Sagy u. Helen Antonovksy aus dem

Jahr 2000 [24] befasst sich mit der Ent-

stehung des SOC in der Kindheit. In teil-

standardisierten Interviews mit 89 Rent-

nern, die statistisch ausgewertet wurden,

zeigte sich, dass die Teilhabe in der Kind-

heit den stärksten Einfluss auf die Entste-

hung des SOC hatte.

Aber gilt dies nicht nur für Kinder, Ju-

gendliche und junge Erwachsene? Ist Anto-

novsky nicht selbst der Auffassung, das

SOC sei nach dem 30. Lebensjahr kaum

mehr zu verändern? Antonovsky vertritt

die Ansicht [3], dass nach Abschluss der

3. Lebensdekade eine Reihe von Entschei-

dungen über die Biographie getroffen sind

und die Menschen dann jahrelang einem

71Prävention und Gesundheitsförderung 2 · 2007 |

Page 6: Fulltext

Muster von Lebenserfahrungen ausge-

setzt sind und eine Vorstellung der Welt

entwickelt haben. Unter dieser Bedingung

ist die weitere Entwicklung des SOC da-

von abhängig, welcher Stand bis dahin er-

reicht wurde. Menschen mit einem hohen

SOC haben die Tendenz, ihren SOC zu

stabilisieren, Menschen mit einem nied-

rigen SOC die Tendenz, diesen nach un-

ten zu entwickeln. Zwar hält Antonovsky

Krisen wie z. B. Verlust des Arbeitsplatzes,

erzwungene Umzüge, erworbene Behin-

derungen, Tod des Partners für nicht un-

wahrscheinlich, nimmt aber an, dass sol-

che Krisen von Menschen mit einem star-

ken SOC nach vorübergehender Irritation

bewältigbar sind, während sie bei Men-

schen mit schwachem SOC zu einer wei-

teren Schwächung beitragen.

Zwei relativierende Überlegungen sind

an dieser Stelle angebracht:

F In seinen theoretischen Überle-

gungen hat Antonovsky möglicher-

weise zu wenig deutlich formuliert,

dass auch jenseits der 30 noch selbst-

gewählte, grundsätzlich neue Orien-

tierungen möglich sind, die zur Stär-

kung des SOC beitragen können.

F Empirisch müsste die von ihm ange-

nommene Dynamik in Langzeitstu-

dien zeigen, dass der SOC mit dem

Älterwerden allenfalls gleich bleibt,

bei einer gesamten Kohorte tendenzi-

ell insgesamt abnimmt. Dazu gibt es

keine klaren Ergebnisse.

Bengel et al. [4] entnehmen aus ihrem Re-

view Hinweise, dass das SOC mit dem Al-

ter an Stärke zunimmt, verweisen aber auf

das Fehlen von Längsschnittstudien. Ähn-

lich argumentiert Franke [10]. In einer et-

was älteren Querschnittstudie von Lars-

son und Kallenberg [14] stiegen die SOC-

Werte mit dem Alter, damit waren aber

unterschiedliche Kohorten gemeint. Ei-

ne der wenigen Längsschnittstudien [20]

scheint die zurückhaltenden Aussagen zur

Veränderung des SOC mit dem Älterwer-

den zu bestätigen. In den Jahren 1994 und

1999 zeigte sich eine Abnahme des SOC

der nordschwedischen Bevölkerung auf-

grund persönlicher Bedingungen und so-

zialer Veränderungen. Nur Personen mit

einem hohen SOC konnten diesen sta-

bil halten, Personen mit niedrigem SOC

zeigten die stärksten Veränderungen.

Aber diese Veränderungen sind in Verbin-

dung mit soziokulturellen Veränderungen

während dieser Jahre in Nordschweden zu

betrachten. Die Studie kann vielmehr an-

mahnen, dass sozialer Abbau sich auch

auf das SOC negativ auswirken kann und

verweist somit auf die politischen Inter-

ventionsebenen von „Public Health“ und

Gesundheitsförderung. Gerade in Phasen

politischer Entscheidungen, die auf sozi-

ale Ungleichheiten und damit gesundheit-

liche Ungleichheiten verschärfend wirken,

kann sich die Gesundheitsförderung eben

nicht auf individuelle Interventionsebe-

nen zurückziehen, wenn sie ihre Glaub-

würdigkeit nicht verlieren will.

Fazit für die Praxis

Trotz positiver Ansätze, trotz weltweit

bekannter, gut entwickelter Strategien,

trotz verbalem Bezug zur Salutogene-

se fehlt der Praxis der Gesundheitsför-

derung nicht nur in Deutschland weit-

gehend eine klare theoretische Orientie-

rung an dem Modell der Salutogenese.

Eine Weiterentwicklung von Praxis und

Theorie setzt voraus, dass geeignete Pro-

jekte in dem Modell angemessenen Stu-

diendesigns evaluiert werden.

Besondere Relevanz für die Praxis hät-

ten die Fragen danach, ob und unter wel-

chen Bedingungen Interventionen ei-

ner so ausgerichteten Gesundheitsförde-

rung den SOC tatsächlich nachhaltig stär-

ken können, ob solche Interventionen

auf Menschen mit unterschiedlich star-

kem SOC unterschiedlich wirken und wie

kontraproduktive Wirkungen verhindert

werden können und ob sich so soziale

Ungleichheiten von Gesundheitschancen

damit ungewollt verfestigen oder relati-

vieren lassen.

Korrespondierender AutorProf. Dr. B. Blättner

Gesundheitsmanagement und Public Health, Hochschule Fulda,Marquardstraße 35,36039 [email protected]

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkon-

flikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass kei-

ne Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Kon-

kurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der In-

halte produktneutral.

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M. W. Schnell, C. Heinritz

ForschungsethikEin Grundlagen- und Arbeits-buch für Gesundheits- und PflegewissenschaftenHans Huber Verlag 2006, 117 S.,

(ISBN 3-456-84288-0), 26.95 EUR

Da im Zentrum der pflegewissenschaft-

lichen Forschung der Mensch steht, ist

ein forschungsethisches Grundwissen für

den (die) forschende(n) Pflegewissensch

aftler(in) unabdingbar. Diese Forderung

wird durch das vorliegende Buch aufge-

griffen, wobei ein wesentliches Anliegen

des Buches darin besteht, einen Beitrag

zum Ausgleich des vorhandenen Mangels

von forschungsethischen Beratungs- und

Begutachtungsmöglichkeiten zu liefern

(S.16). Zur Verwirklichung dieser Zielstel-

lung verknüpfen die Autoren theoretische

Grundlagen der Forschungsethik mit

praktischen Fall- bzw. Übungsbeispielen

auf eine besonders einprägsame Art und

Weise. So wird im 2. Kapitel ein kurzer

Überblick der forschungsethischen Kern-

probleme gegeben, um diese in Kapitel 3

beispielhaft anhand pflegewissenschaft-

licher Studien zu verdeutlichen. Unwillkür-

lich nimmt der Leser die immer wieder auf-

tretenden ethischen Fragestellungen, die

bei der Planung und Durchführung solcher

Studien zu beachten sind, wahr. Durch die

sich anschließende theoretische Erörte-

rung dieser erfolgt eine fast unmerkliche

Redundanz, wodurch sich schnell Lern-

effekte einstellen. Allerdings beschränken

sich die Autoren bei der Erläuterung von

Problemen während der Planung von

Studien auf rein ethische Fragestellungen,

somit bleiben angrenzende Gebiete wie

beispielsweise statistische Überlegungen,

welche ethische Relevanz haben können,

unberücksichtigt. Im weiteren Verlauf wird

die Thematik durch ein sich dem Bereich

der Ethikkommissionen widmenden

Kapitel komplettiert. Dabei ist besonders

erwähnenswert, dass eine spezifische

Ethikkommission existiert, welche „…prin-

zipiell sämtliche pflegewissenschaftlichen

Forschungsprojekte in Deutschland…“

(S.51) betreut. Einen Abschluss findet

das Buch in der Möglichkeit anhand von

Übungsbeispielen sein erworbenes Wissen

zu überprüfen und anhand der im Anhang

vorhandenen Dokumentvorlagen (z.B. Ein-

verständniserklärung) eigene Forschungs-

vorhaben zu planen. Zugegebenermaßen

könnte dieser Teil des Buchs durch weitere

praktische Dokumentbeispiele, wie etwa

einen Antrag an die genannte Ethikkom-

mission, vervollständigt werden. Insge-

samt jedoch leistet das vorliegende Werk

in verständlicher Sprache und kompri-

mierter Form einen guten Beitrag, den ein-

gangserwähnten Mangel an Beratung und

Begutachtung von forschungsethischen

Fragestellungen zu kompensieren.

Florian Wienforth (Dresden)

Buchbesprechungen

73Prävention und Gesundheitsförderung 2 · 2007 |