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A. Wilhelm – WS 07/08 1

Bewegungswissenschaft

Vorlesung

Ws 2007/2008

Nov.2007

Funktionale Betrachtungsweise sportlicher Bewegungen

Göhner, U. (1992). Einführung in die Bewegungslehre des Sports – Teil 1: Die sportlichen Bewegungen.

Schorndorf: Hofmann.

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Betrachtungsweisen der Bewegungswissenschaft

Morphologische Betrachtungsweise �

Funktionale Betrachtungsweise: Funktionsanalysen► Idee und Ziele

► Aufgabenanalysen

► Ablaufanalysen

► Methodische Konsequenzen

► Kritik

Biomechanische Betrachtungsweise

Fähigkeitsorientierte Betrachtungsweise

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Hausaufgaben-Bilder ?

Beispiele im Sinne der Aufgabe?

Analysefokus

Aktion bzw. Teil einer Handlung

im Rahmen einer sportlichen

Bewegungsaufgabe,

die entscheidend und

unabänderlich das

Bewegungsziel beeinflusst

► Treffer erzielen

► Zeit optimieren

► Distanz erreichen

► Form hervorbringen

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Funktionale Betrachtungsweisen

Eine Sportlerin oder ein Sportler nutzt Bewegung dazu,

eine gegebene Situationen zu bewältigen.

Eine Situation ist durch die Anforderungen zu kennzeichnen,

die aus den Aufgaben- und den Umweltbedingungen

resultieren.

Was wäre eine nicht-funktionale Betrachtungsweise?

Bewegungserlebnis – Beispiele für den Kontrast?

Einordnung & Abgrenzung

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Charakteristik sportlicher (Gesamt-) Bewegungen

► variable Aufgabenstellungen

► vielfältige Rahmen- und Umweltbedingungen

► unterschiedliche Bewegungsziele

Grundfragen zur Funktion einer sportlicher (Gesamt-) Bewegungen

► Wozu werden einzelne Aktionen ausgeführt?

► Warum werden sie so und nicht anders gemacht?

► Wie groß ist der Spielraum für die Ausführung?

Grundgedanke der funktionalen Bewegungsanalyse

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• Erkennen und Bestimmen der Funktionen der

Verlaufscharakteristika sportlicher Bewegungen

• Funktionsphasen als lernrelevante Gliederung

der Gesamtbewegung(Gegensatz: räumlich-zeitliche Phasenstruktur der Bewegung)

• Ableitung von Vermittlungskonzepten

(z.B. Gestaltung von Übungsreihen)

Ziele

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(1) Aufgabenanalyse→ Bestimmung der ablaufrelevanten Bezugsgrundlagen

(2) Funktionsphasenanalyse

• Bestimmung der Funktionen aller in der Beschreibung genannten Aktionen und Aktionsmodalitäten

• Bestimmung der Bewegungsspielräume unter Beachtung der Funktionalität (im Sinne von funktional gleichwertigen Alternativaktivitäten)

Vorgehensweise

qualitativ erkunden und biomechanisch begründen

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Aufgabenanalyse

Olivier und Rockmann (2003, S. 86; modif. nach Göhner, 1979, S. 71)

Ein materielles Movendum

wird von einem Beweger in

einem Bewegungsraum unter

Einhaltung von Regeln auf ein

Bewegungsziel hin bewegt

Generalisierende Perspektive

Bewegungsziele

Movendumattribute

Bewegerattribute

Umgebungsbedingungen

Regelbedingungen

Operationen und Verlaufsformen sportlicher Bewegung

Abbildung s.

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Ausdauer-, Fitnesstraining

Fun-, Erlebnissportarten

Fairness, Hilfsbereitschaft

Motorische Belastbarkeit

Psychische Befindlichkeit

Pädagogische Ziele

Vergleichs- und

Erreichungsziele

(Beweger)

Surfen, Skateboard- FahrenAkrobatik, KunstschwimmenKlettern, Tiefschnee-FahrenJazztanz, Elementarer Tanz

ErhaltungszieleFertigkeitszieleBewältigungszieleFormziele

Erreichungsziele (Movendum)

Schwimmen, 100m-SprintWeitsprung, SpeerwurfBasketball, FechtenHochsprung, GewichthebenGerätturnen, RSGWasserspringen, Eiskunstlauf

ZeitminimierungDistanzmaximierungTrefferoptimierungSchwierigkeitsoptimierungFehlerminimierungSchwierigkeitssteigerung

Vergleichsziele (Movendum)

BeispieleAusdifferenzierungZielkategorie

Aufgabenanalyse: Bewegungsziele

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● Natürliche Beweger

z.B. Marathonläufer

● Instrumentell-unterstützte Beweger

Beweger benutzt (zeitweise) instrumentelle Hilfe; z.B. Tennis, Inline-Skating

● Partner-unterstützte Beweger

Partner beeinflusst Bewegungsverlauf; z.B. Mannschafts-Spielsportart, Sportakrobatik

● Gegner-behinderte Beweger

Gegner versuchen, Zielerreichung zu verhindern;z.B. Ringen, Fechten, Mannschafts-Spielsportart

Aufgabenanalyse: Bewegertypen

Beweger - Subjekt, das bewegt oder bewegt wird

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● Passiv-reaktives Movendum

Beispiele: Hantel, Ball, Kugel

● Aktiv-reaktives Movendum

Beispiele: Partner, Gegner

● Aktiv sich selbst-bewegendes Movendum (= Beweger)

Beispiele: Läufer, Schwimmer, Turner, Tänzer

Aufgabenanalyse: Movendumtypen

materielles Objekt, das mit der Zielerreichung unmittelbar verbunden ist

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Bewegerkonfigurationen

Natürlicher

Beweger

Schwimmer

Instrumentell unter-

stützter Beweger

Skifahrer

Partnerunterstützter

Beweger

Sportakrobat

Gegnerbehinderter

Beweger

Ringer

Instrumentell und

partnerunterstützter Beweger

Ruderer

Instrumentell unter-

stützter und gegner-behinderter Beweger

Tennisspieler

Partnerunterstützter und

gegnerbehinderter Beweger

Handballspieler

Instrumentell und partnerunterstützter

und gegnerbehinderter Beweger

Hockeyspieler

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Aufgabenkonstellationen zur Konstruktion typischer Sportbereiche

gegnerbehindert

partner-unterstützt

instrumentell-unterstützt

natürlich

aktiv-reaktiv

gegnerbehindert

partner-unterstützt

Instrumentell-unterstützt

natürlich

passiv-reaktiv

gegnerbehindert

partner-unterstützt

instrumentell-unterstützt

natürlich

aktiv sich selbst bewegend

Treffer-optimierung

oder

Zeitminimierung

oder

Schwierigkeits-optimierung

BewegerkonfigurationMovendumtypenBewegungsziele

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Aufgabenverwandtschaft: Trefferorientierung

Ringen, Judo, …aktiv-reaktiv

Handball, Fußball partnergestütztgegnerbehindert

Tennis, Tischtennis instrumentell

Torwandschießen, natürlich11m-Schießen

Handball, Fußball, Tennis, Tischtennis, Hockey, ...passiv-reaktiv

Karate, Fechten,…aktiv, sich selbst bewegendTrefferorientierte

Bewegungen

z.B. Handball, Fußball, Tennis, Schießen, Judo

Beweger-KonfigurationMovendumtypenBewegungsziele

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● Externe Kräfte bewirken eine ständige Lokomotion des Movendums, z.B. alpiner Skilauf, Rodeln, Wellenreiten

● Standardisierung vs. Veränderung Positionsveränderungen ermöglichen neue Bewegungsmöglichkeiten, z.B. Stufenbarren

● Gestaltung der Umgebung ermöglicht eine Einflussnahme auf das sich bewegende Movendum, wenn es mit ihr in Kontakt kommt, z.B. Rodelbahn, Buckelpiste, Billard

● Kontaktstelle benötigt ein optimales Wirkungsverhältnis zwischen Bewegeraktion und Movendum-Reaktion, z.B. Schnee – Skibelag, Tartanbahn – Schuhsohle, Reckstange – Hände

Aufgabenanalysen: Umgebungsbedingungen

Bewegungsraum

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● Festlegung der Bewegungszielez.B. wie muss beim Schwimmen angeschlagen werden?

● Festlegung der Movendumbedingungenz.B. Normierung von Sportgeräten

● Präzisierung des Bewegersystemsz.B. Mannschaftsgröße, Altersklassen, Gewichtsklassen

.

Aufgabenanalysen: Regelbedingungen

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(1) Aufgabenanalyse ����

→ Bestimmung der ablaufrelevanten Bezugsgrundlagen

(2) Funktionsphasenanalyse

• Bestimmung der Funktionen aller Aktionen

• Bestimmung der Bewegungsspielräume

– funktional gleichwertige Alternativen

(3) Beispiel eines Lernsystems zur Bewegungsbeobachtung

– Nutzen morphologischer und funktionaler Betrachtungsweise

Übersicht: Funktionale Betrachtungsweise

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• Funktion bezeichnet den Zweck einer Aktion im Rahmen

der gestellten sportlichen Bewegungsaufgabe (zielgerichtet).

→ WARUM – Frage: Warum führt diese Bewegung zum Ziel?

• Funktionsphasen einer sportlichen Bewegung sind abgrenzbare,

unterteilbare Elemente dieser Bewegung. Sie beinhalten einen

speziellen Zweck im Hinblick auf andere Bewegungselemente

oder im Hinblick auf das Bewegungsziel.

(Göhner, 1992)

Funktionsphasenanalyse

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Grundlagen einer (praxisorientierten) Funktionsanalyse

• Zerlegen der Bewegung in elementare (realisierbare) Aktionen,

die nicht weiter unterteilbar sind (z.B. Gelenke).

• Für alle in der Beschreibung genannten Aktionen sind die

Funktionen zu bestimmen.

Funktionsphasenanalyse

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• Hauptfunktionsphase:

unabhängig von anderen Funktionsphasen

und im direkten Zusammenhang mit dem Bewegungsziel

• Hilfsfunktionsphase:

abhängig, hängt mit anderen Funktionsphase zusammen

→ Hilfsfunktionsphase 1., 2., 3., … Ordnung

→ vorbereitend, unterstützend oder überleitend

(speziell in Hinblick auf die Hauptfunktionsphase)

Struktur der Funktionsphasenanalyse

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HAUPTFUNKTIONSPHASEsteile, schnelle

Vorwärts-aufwärts-Bewegung desSchlägerkopfes

1. HILFSFUNKTIONSPHASEstarkes Beugen und anschließend

Strecken der Beine

2. HILFSFUNKTIONSPHASEoffene Stellung und Stemmen

3. HILFSFUNKTIONS-

PHASEAusholbewegung

4. HILFSFUNKTIONSPHASEAusschwungbewegung

Zeit

Bedeutungfür das

Lösen derBewegungs-

aufgabe

Funktionale Bewegungsanalyse beim Tennis-VH-Topspin

Ablaufanalyse

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► Reduktion der Komplexität

► Struktur des Lehr- und Lernprozesses

- wichtige und weniger wichtige Bestandteile des Bewegungsablaufs erkennen.

- Lernsituation sind so gestalten, dass der Schüler eine Bewegungsaufgabe zu lösen hat, die unmittelbar mit dem Erreichen der Hauptfunktionsphase verbunden ist

- Hilfsfunktionsphasen können funktional gleichwertig ersetzt werden

- Korrektur richtet sich zunächst die „wichtigen“ Funktionsphasen

Methodischer Nutzen

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Lehrstufe 3Hinzufügen von weiterer Hilfsfunktionsphasen

Lehrstufe 2Ausführen der Hauptfunktionsphasen und einer Hilfsfunktion erster Ordnung

Lehrstufe 1 Erlernen der Teilbewegungen der Hauptfunktionsphase. Alle weiteren Abschnitte sind wegzulassen.

Bei hoher Komplexität der Zielbewegung zunächst auf Hilfsfunktionsphasen verzichten

Lehrprozess an funktionaler Bedeutung einzelner Aktionen ausrichten

Methodische Konsequenzen: Lehrstufenabfolge

Bewegungsablauf

Quelle: www.sportunterricht.de

Problem

Anschaulichkeit

>>> Ist das die gewünschte Wurf-Technik ?

Schlagwurf im Internet

Bildreihe: Stefan Weigelt

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Vorbereitungsphase Hauptphase Abschluss-phase

Form der Bewegungsanalyse ?

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Analyseschwerpunkte

• Wurfbewegung

als Hauptfunktionsphase

unabhängig von der Wurfart

• Anlauf und Ausholbewegung

als Hilfsfunktionsphase

vorausgehende oder begleitende

variable Bewegungselemente

>>> Analyse des Wurfes

Funktionale Bewegungsanalyse

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Vorteile

• Begründbare Lehrwege

• Begründbare Korrekturhinweise

• Hinweise zur Veränderung der Lehr-Lern-Situation

Probleme

• Theoretische Fundierung und empirische Überprüfung erforderlich

• Verlaufsbestimmende Funktion der Bezugsgrundlagen wird in Frage gestellt (Kassat, 1995)

• Vernachlässigung der subjektiven Bedingungender Sporttreibenden (reine Produktorientierung)

Fazit

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Hausaufgaben am 22.11.2007

Abgabe am Montag,

den 29.11.2007

bis 10.00 Uhr !

� Unterscheiden sich die Hauptfunktionsphase und die Hauptphase

(benennen Sie auch den jeweiligen Ansatz und die zugehörigen

Autoren)?

� Analysieren Sie die Funktionsphasenstruktur des Bowling

bzw. des Kegelns. Trennen und begründen Sie vier Phasen.

� Wann beginnt und wann endet die Hauptphase beim Bowling

bzw. beim Kegeln?