Funktionelles Hirnsystem
Was verbirgt sich dahinter?
Verfasser: Gereon Merkle und Bastian Fischer
Inhaltsverzeichnis1. Funktionelles Hirnsystem (FHS)
1.1. Was versteht man unter einem funktionellem Hirnsystem?
1.2. Weitere Merkmale des FHS1.3. FHS und die Bedeutung der Sprache – Ein Abriss
2. A.R. Luria
3. Die drei Funktionseinheiten des Gehirns nach Luria3.1. Einheit der Aktivierung3.2. Einheit der Orientierung3.3. Einheit der Handlung
4. Einheit der emotionalen Bewertung nach Jantzen
5. Die Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt
6. Diskussion
1.1. Was versteht man unter einem FHS? Hierarchisch-dynamisches Zusammenwirken von 3 bzw.
4 Einheiten des Gehirns - Neuronale Prozesse spielen sich immer
in einer Art zusammenhängenden System ab
Bei der Entwicklung der Hirnfunktionen hat der soziale
Faktor eine entscheidende Bedeutung Grundlage für die Ausbildung höhere Bewusstseintätigkeiten
schaffen eine stabile Struktur für die bewusste Aktivität des Menschen
wird das Psychische
(Seele, Bewusstsein,
Denken, Tätigkeit)
aus den Körper-Hirnprozessen
hervorgebracht
Durch das Soziale
(Kultur, Bildung,
Erziehung, Familie) „Das Soziale (…) nutzt die biologischen Mechanismen des Gehirns zur Ausbildung neuer funktioneller Systeme
und erzeugt neue Arbeitsweisen der
Hirnstruktur“(Pickenhain)
Funktionelle Hirnsysteme sind sozial (-historisch) determiniert!
1.2. Weitere Merkmale des FHS Ermöglicht das Wesen eines Menschen im
komplexen Gesamtsystem zu sehen (Erklärung für Vielfalt Inklusiver Moment )
Umstruktierungsfähigkeit bei Hirnschädigung der funktionellen Organisation der Hirnaktivität
Entwicklung über diskontinuierlich bzw. kontinuierliche Ausbildung führender Tätigkeiten (Entwicklung, Lernen, Beziehung).
1.3. FHS und die Bedeutung der Sprache
Menschen verwenden (geistige) Werkzeuge und Zeichen Erschließung der Umwelt
Das universellste Werkzeug ist die Sprache
Sprache ist: Hauptfaktor für die Entwicklung des Bewusstseins Organisiert den Menschen
1.3. FHS und die Bedeutung der Sprache
Die Sprache wurde zu einem grundlegenden Mittel der Ausbildung der psychischen Tätigkeiten des Menschen und der Regulation seines Verhaltens.
Funktionelle Hirnsysteme bilden die Grundlage des sozialen Werkzeuggebrauchs der Sprache
2. Alexander R. Luria (1902 - 1977)•Studium:Gesellschaftswissenschaften,
Medizin und Psychologie
•Mitbegründer der kulturhistorische Schule der russischen Psychologie in den 1920er Jahren
•Einer der Begründer der Neuropsychologie •Gründer der „romantischen Wissenschaft“
•Während des Krieges Sanitätsoffizier
•Arbeiten an der Methode der Syndromanalyse (bis zu seinem Tod)
3. Die drei Funktionseinheiten des Gehirns nach Luria
1. die Einheit zur Steuerung von Tonus und Wachheit (Aktivierung)
2. die Einheit zur Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung der von der Außenwelt eintreffenden Information (Orientierung)
3. die Einheit der Programmierung, Steuerung und Kontrolle psychischer Tätigkeit (Handlung)
3.1. Einheit der Aktivierung
Lokalisiert in der retikulären Funktion (Formatio reticularis)
Steuerung des Tonus der Hirnrinde und der Wachheit Graue Substanz mit einer Vielzahl vernetzter
Neuronen
Aufrechterhaltung des lebensnotwendigen inneren Körpermilieus (Atmung, Kreislauf etc.) Einfluss auf psychische Prozesse
Sensorische Reize aller Qualitäten erreichen große Teile der FR
Erfüllt doppelte Aufgabe als auf- und absteigendes System von Erregungen und Hemmungen
3.1. Einheit der Aktivierung1. Aufsteigedes retikuläres aktivierendes SystemDurch Erregung von Reizen kann sie die Aktivität des gesamten Kortex und somit den Organismus steigern
Aufmerksamkeit, effektive Wahrnehmung, Wecksystem
2. Motorisches, absteigendes retikuläres System
Zuflüsse vom prämotorischen Kortex, vom Kleinhirn und vom limbischen System,die differenziert den Muskeltonus der Gliedmassen und des Rumpfes beeinflussen
3.2. Einheit der Orientierung Hinterer Bereich des
Gehirns
Zuständig für Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung von Informationen
Dient der Orientierung in der Umwelt und dem inneren Zustand
3.2. Einheit der Orientierung Aufteilung in drei Zonen:
Analyse, Synthese und Integration
Analyse: von außen kommende Reize werden in viele kleinste Einzelelemente, je nach Spezifität, zerlegt
Synthese: Erregungen, die von der primären Zone kommen werden zu Mustern zusammengefasst, integriert und ermöglichen modalitätsspezifische Erkenntnisleistungen
Integration: die „vorverarbeiteten“ Reize der Synthese zu integrieren, räumlich zu organisieren sowie aufeinander folgende Reize zu einem neuen gleichzeitig wahrgenommenen zu verarbeiten; Bedeutung für das abstrakte Denken
3.3. Einheit der Handlung
Steuerung des allgemeinen Verhaltens (Handlung und Absicht werden verglichen Kontrolle)
Drei verschiedene Zonen (vgl. 2. Einheit) Prozesse verlaufen aber von der dritten Zone zur ersten Zone
Vorderer Bereich des Gehirns
Zuständig für die Programmierung, Steuerung und Kontrolle von (bewussten) Tätigkeiten
3.3. Einheit der Handlung
nimmt keine Informationen aus der Umwelt auf, verarbeitet und speichert sie nicht
wichtig für die Gegenwart aber auch für die Zukunft
Absichten und Pläne wirken sich auf das Aktivitätsniveau aus
4. Einheit der emotionalen Bewertungnach Jantzen Umfasst den Hypothamlamus und das
limbische System
Einheit „der Regulierung und Bewertung von Handlungen am Maß emotionaler Erfülltheit“
Prozesse und Handlungen werden vorweggenommen und bewertet/überprüft im Hinblick auf emotionale und motivationale Gerichtetheit
Bedeutungen von Tätigkeiten können ins Köperselbstbild übertragen werden
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt: Kurzer Exkurs in die
Romantische Wissenschaft
Der Mann, dessen Welt in Scherben ging als Paradebeispiel dieser Wissenschaft
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt: Einblick in die Innenwelt des Helden
"Es ist deprimierend, die Welt, die man durch Verwundung und Krankheit verloren hat, von neuem zu begreifen, diese winzigen Trümmer wieder zu einem geschlossenen Ganzen zusammenfügen zu müssen."
(L. Sassezki)
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt:
Bereich der Schädigung von Sassezki
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt: Schritte in ein neues Leben:
Wie hat sich die Verletzung auf bestimmte Bereiche in seinem Alltag ausgewirkt?
Wie hat er sein alltägliches Leben, trotz erheblicher Schwierigkeiten gemeistert?
Es soll ein Einblick in seine Lebensgeschichte und nicht, dies möchten wir ausdrücklich betonen, in seine
Krankengeschichte gegeben werden
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt: Das Sehvermögen
Wie nimmt S. seine Welt wahr?
Wie „strukturiert“ er sich um?
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt: Die Sprache
Wie kann er sich ausdrücken/verstehen? Was kann er wiedergeben? Wie „strukturiert“ er sich um?
Die Sprache spielt aber eine wichtige Rolle beim Erkennen, sie organisiert unsere innere Welt, hier eine zerstückelte innere Welt.
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt: Das Schreiben – der Wendepunkt
Wie „erlernt“ er das Schreiben? Wozu schreibt er? Was bedeutet ihm das Schreiben? Wie strukturiert er sich um?
Wieder dazu zu gehören – das war sein Traum, angetrieben von der stetigen Hoffnung wieder in sein altes Leben zurückkehren zu können.
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt: nach 25 Jahren sitzt er immer noch an
seinem Tagebuch, um: sich immer weiter besser auszudrücken Hoffnung und Verzweiflung zu beschreiben seinen andauernden Kampf zu beschreiben
um weiterhin seinen Traum zu verfolgen: „sich zum normalen Leben zurüchzubringen und(…),
aus ihm einen Menschen wie alle anderen zu machen(…)“
5. Der Mann, dessen Welt in Scherben gingDie Funktionseinheiten des Gehirns am Beispiel von Sassezki erklärt:„Obwohl er nicht fähig war, den Kern eines einfachen
Gesprächs und vieler grammatischer Konstruktionen zu erfassen, hinterließ er uns eine erstaunliche (…) Beschreibung seines Lebens.
Es verlangte übermenschliche Kräfte, eine Seite zu verfassen, und dennoch schrieb er Tausende. Trotz (…) seiner Vergangenheit (…) hatte er immer noch eine starke Vorstellungskraft, Einfühlungsvermögen und eine eindrucksvolle Phantasie.“ (Luria 1971)
6. Diskussion
Inwieweit kann das funktionelle Hirnsystem in der Heilpädagogik Bedeutung finden?
Quellenverzeichnis
Jantzen, W. (1994), Die neuronalen Verstrickungen des Bewußtseins. Hamburg: Lit Verlag
Jödecke, M., Skripte
Luria A.R. (1971), Der Mann dessen Welt in Scherben ging. Reineck: Rowohlt Verlag
Milz,I. (2002), Neuropsychologie für Pädagogen/ Neuropädagogik für die Schule (4. Auflage). Dortmund: Borgmann Verlag
Trepel, M. (1999), Neuroanatomie, Struktur und Funktion (2. Aufl.). Jena: Urban und Fischer Verlag
http://www.designsupporters.de/a-zieger_Dateien/FolienEinfuehrungsveranstaltung-screen.pdf
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