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Ostfalia – Fakultät Karl-Scharfenberg Studiengang Medienmanagement Semester 6 Erstprüfer: Prof. Dr. habil. Harald Rau Zweitprüfer: Götz Ding

Bachelorarbeit

Gamification im E-Learning –

Motivationale Effekte spielbasierter digitaler Lernumgebungen

12. Juni 2015

Maike Harries Matrikel-Nr.: 70255872 [email protected] 0176 / 97323339

II

Inhalt Inhalt ....................................................................................................................................... II  

Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... IV  

Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... V

1   Einleitung .......................................................................................................................... 1  

2   Zum Stand der Forschung ................................................................................................. 3  

2.1   E-Learning .................................................................................................................. 3  

2.1.1   E-Learning im aktuellen Bildungskontext .......................................................... 3  

2.1.2   E-Learning in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung .................................. 4  

2.1.3   Evaluation von klassischem E-Learning ............................................................. 5  

2.2   Gamification ............................................................................................................... 6  

2.2.1   Begriffsherkunft und -definition ......................................................................... 6  

2.2.1.1   Game ............................................................................................................ 8  

2.2.1.2   Game Design Elements ................................................................................ 9  

2.2.1.3   Non-game contexts .................................................................................... 11  

2.2.2   Abgrenzung zu anderen Konzepten .................................................................. 12  

2.3   Gamification und Motivation ................................................................................... 15  

2.3.1   Definition von Motivation ................................................................................ 16  

2.3.2   Intrinsische und extrinsische Motivation .......................................................... 16  

2.3.3   Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan .......................................... 17  

2.3.3.1   Grundlagen der Theorie ............................................................................. 17  

2.3.3.2   Anwendung auf Gamification im Lernprozess .......................................... 21  

2.3.4   Die Theorie des Flow-Erlebens von Csikszentmihalyi ..................................... 22  

2.3.4.1   Grundlagen der Theorie ............................................................................. 22  

2.3.4.2   Anwendung auf Gamification im Lernprozess .......................................... 24  

2.5   Forschungsdesiderate und Forschungsfragen .......................................................... 26  

3   Methodisches Vorgehen .................................................................................................. 26  

3.1   Forschungsmethode .................................................................................................. 26  

3.2   Vorbereitung ............................................................................................................ 27  

3.3   Identifikation und Auswahl der Experten ................................................................ 28  

3.4   Interview-Leitfaden .................................................................................................. 29  

3.5   Interview-Durchführung .......................................................................................... 32  

3.6   Auswertungsverfahren ............................................................................................. 33  

4   Ergebnisdarstellung ......................................................................................................... 34  

4.1   Beurteilung von klassischem E-Learning ................................................................ 34  

III

4.2   Perspektiven des Gamification-Einsatzes im E-Learning ........................................ 35  

4.2.1   Motivationale Effekte ....................................................................................... 36  

4.2.1.1   Psychologische Grundbedürfnisse im Rahmen der

Selbstbestimmungstheorie ......................................................................... 37  

4.2.1.2   Der Zustand des Flow-Erlebens ................................................................. 42  

4.2.2   Trial-basiertes Lernen ....................................................................................... 43  

4.2.3   Emotionalisierung durch Storytelling ............................................................... 44  

5   Fazit und Ausblick .......................................................................................................... 47

Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 52  

Anhang .................................................................................................................................. 59  

Erklärung der Verfasserin .................................................................................................... 140  

IV

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Game Design-Elemente und Motive ........................................................................ 11  

Abb. 2: Gamification zwischen Game und Play, Whole und Parts ...................................... 12  

Abb. 3: Einordnung von Gamification in einem breiteren Spektrum ................................... 13  

Abb. 4: Gamification vs. Serious Games .............................................................................. 15  

Abb. 5: Taxonomie der Motivation ....................................................................................... 20  

Abb. 6: Integration von Gamification in die Taxonomie der Motivation ............................. 22  

Abb. 7: Flow-Kanal ............................................................................................................... 25  

V

Abkürzungsverzeichnis

CBT Computer Based Training

WBT Web Based Training

1

1 Einleitung

„Mein Name ist Guybrush Threepwood und ich will Pirat werden!” Guybrush Threepwood,

The Secret of Monkey Island, 1990

Mit diesen Worten begleitet der Spieler den jungen Helden Guybrush auf seiner Reise in ein

witzig-schräges Abenteuer durch die Karibik zur Blütezeit der Piraterie. Bereits Anfang der

90er Jahre ist es den Spieleentwicklern der Firma Lucasfilm Games gelungen, Menschen

aller Altersklassen für Spiele zu begeistern. Während die Hauptfigur Schritt für Schritt das

Geheimnis von Monkey Island lüftet, erlebt der Spieler eine verwinkelte Geschichte, bei der

eine Mischung aus wiederholten Fehlschlägen und immer neuen Rätseln den Spieler fesselt

und das Gefühl für Zeit und Raum verschwimmen lässt. So wie Guybrush auf seinem erleb-

nisreichen Weg erfährt was es heißt ein Pirat zu sein, so lernt auch der Spieler mit kreativen

Lösungen immer komplexere Hürden zu meistern. Und auch noch über zwei Jahrzehnte

später begeben sich Menschen auf die Suche nach dem einem „großen Schatz“ am Ende

aller Herausforderungen. Denn in Spielen verfolgen Menschen stets das Ziel, sich zu ver-

bessern, um einen bestimmten Punkt zu erreichen – und das hört auch nicht auf, wenn sie

bereits erwachsen sind. Denn Menschen spielen. Überall. Zu jeder Zeit. Und zunehmend

mehr. Zuhause vor dem Fernseher, mit dem Smartphone in der U-Bahn oder auf dem Tab-

let-PC in der Mittagspause. Unzählige Stunden verbringen Spieler auf dem gesamten Erd-

ball mit digitalen Spielen. Laut Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e. V. gab

es 2014 allein in Deutschland 34,3 Millionen Spieler – Tendenz steigend (vgl. BIU, 2014).

Für immer mehr Menschen gehören demnach Spiele zum festen Bestandteil ihres Medien-

alltags (vgl. ebd.). Sind die Spiele gut umgesetzt, so fesseln sie Spieler aus allen Altersklas-

sen und Gesellschaftsschichten. Mit großer Leidenschaft und scheinbar unermüdlich wer-

den dabei Punkte gesammelt, Sternchen gesucht und Spieleumgebungen erforscht.

Längst versuchen Unternehmen diese energiegeladene Nutzung zu kanalisieren und das

kreative Potenzial auf spielfremde Kontexte in der Arbeitswelt zu übertragen. Unter dem

Trendbegriff Gamification beschäftigt man sich in diesem Zusammenhang mit der Überfüh-

rung spieltypischer Aspekte und Technologien in völlig andere Anwendungsbereiche. Mit

dem Einsatz entsprechender Game Design-Elemente soll die Zielgruppe durch die Stimula-

tion emotionaler Bedürfnisse aktiviert werden. Somit lassen sich Menschen über einen spie-

lerischen Zugang zu Handlungen motivieren, die sie andernfalls z.B. als lästig oder lang-

weilig empfinden. Im Konsumentenbereich gibt es dazu bereits unzählige Beispiele, bei

denen Produkte, Informationssysteme oder Dienstleistungen durch Game Design-Elemente

2

ergänzt werden, um das Nutzer- bzw. Käuferverhalten zu beeinflussen. Das wohl bekann-

teste Beispiel in diesem Bereich ist der Gamification-Einsatz des Sportartikelanbieters Nike.

Mithilfe der Smartphone-Anwendung Nike+ in Verbindung mit Sensoren in Nike-

Sportschuhen, können sportliche Leistungen der App-Nutzer aufgezeichnet, visuell ausge-

wertet und mit anderen Nutzern in einer Community verglichen werden. Verschiedene Ab-

zeichen, sogenannte Badges, machen die Leistungsfähigkeit der Nutzer transparent. Durch

den Einsatz verschiedener Game Design-Elemente hat das Unternehmen somit „Ausdauer-

sport in eine Art Spiel verwandelt“ (Blohm/Leimeister 2013, 275) und damit u.a. die Kun-

denbindung gefördert. Solche Instrumente integrieren etliche Elemente, die aus der Umge-

bung digitaler Spiele entnommen werden. So sammelt die Figur Mario aus der populären

Videospiel-Reihe Super Mario Münzen und Sterne, Nike+-Anwender sammeln dagegen

Badges, um ihren digitalen Trophäenschrank zu füllen.

Seit einiger Zeit wird auch die Akzeptanz der Unternehmen für den innerbetrieblichen Ein-

satz von Gamification höher. Publikumsmedien wie Zeit Online (2014) und Die Welt (2015)

beschreiben in diesem Zusammenhang die motivationalen Potenziale, die sich für Lernzwe-

cke im Rahmen der Aus- und Weiterbildung ergeben können. Allerdings wurden trotz der

steigenden Popularität und der immensen Zunahme des Gamification-Einsatzes in vielen

Bereichen, bislang nur wenige Versuche unternommen, Gamification im konkreten Anwen-

dungsfall des betrieblichen E-Learning zu beleuchten. Gerade der Kontext dieser Bil-

dungsmaßnahme bietet sich jedoch an, eine Optimierung durch Instrumente mit besonderem

Potenzial an Motivationsförderung in Betracht zu ziehen, da klassisches computergestütztes

Lernern (E-Learning ohne Gamification) derzeit besonders im Hinblick auf die Aspekte

Lernmotivation und -engagement hinterfragt wird. Es ist also Zeit, sich einmal genauer mit

Gamification im E-Learning auseinanderzusetzen und mit einer wissenschaftlichen Sicht-

weise auf die Potenziale für die betriebliche Aus- und Weiterbildung zu blicken.

Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, den Einsatz von Gamification im E-Learning im

Allgemeinen und die motivationalen Effekte auf die Verwendung in dieser Bildungsmaß-

nahme im Speziellen zu beleuchten. Auf Basis einer qualitativen Studie mit Experten sollen

Erkenntnisse darüber gewonnen werden, wie der Einsatz von Gamification zur Motivations-

förderung der Lerner während der Nutzung von E-Learning-Anwendungen beitragen kann.

Die Analyse fokussiert sich auf E-Learning-Maßnahmen im Rahmen der betrieblichen Aus-

und Weiterbildung. Der Arbeitgeber wird dabei als der „Bereitsteller“ des E-Learning auf-

gefasst, Arbeitnehmer werden als „Lerner“ oder „Lernende“ betrachtet.

3

Bevor die Frage nach den motivationalen Effekten von Gamification auf E-Learning beant-

wortet werden kann, sollen zunächst die für den Forschungszweck relevanten wissenschaft-

lichen Diskurse und die entsprechende terminologische Verortung aufgezeigt, sowie For-

schungsdesiderate dargestellt werden. Dazu wird im folgenden Kapitel der Forschungsstand

zu den Themen E-Learning, Gamification und Motivation abgebildet. Kapitel 3 erläutert

daraufhin das methodische Vorgehen der vorliegenden Studie. Daran anschließend werden

in Kapitel 4 die relevanten Ergebnisse der Studie dargestellt und abschließend im Fazit re-

sümiert.

2 Zum Stand der Forschung

2.1 E-Learning

2.1.1 E-Learning im aktuellen Bildungskontext

Zwei wesentliche Aspekte bestimmen den aktuellen Bildungskontext (vgl. Henning 2015,

133). So ist die heutige Informationsgesellschaft zum einen durch ein überproportionales

Wachstum der Wissens- und Informationsmenge geprägt (vgl. ebd.). Zum anderen macht es

der Connectivity-Megatrend möglich, dass weltweit immer mehr Menschen über einen In-

ternetzugang und damit über einen orts- und zeitunabhängigen Zugang zu diesen Informati-

onen verfügen (vgl. Groth 2011, 16). Die durch die „Verwissenschaftlichung und Techni-

sierung“ (Treumann et al. 2012, 25) entstandene Komplexität der Gesellschaft führt zu ei-

nem zunehmenden Bedarf an Qualifikation (vgl. ebd.). Dabei weisen Treumann et al. (ebd.)

besonders auf den Bedeutungszuwachs von theoretischem Wissen für Wirtschaft und Ge-

sellschaft hin. Den Autoren (ebd.) zufolge ist dieses Wissen die „[...] Triebkraft für die öko-

nomische und soziale Entwicklung“. Vielzitierte Schlüsselbegriffe wie „lebenslanges Ler-

nen“ oder „selbstgesteuertes Lernen“ im Kontext der Informationsgesellschaft betonen zu-

dem die Notwendigkeit einer kontinuierlichen (Weiter-)Bildung, „[...] die eine breite gesell-

schaftliche Akzeptanz findet“ (Dittler 2011, 205). Die technologischen Entwicklungen ver-

ändern demnach nicht nur den Alltag entscheidend, „[...] sondern letztendlich auch den Bil-

dungsbereich“ (Ebner 2013, 39).

Unter dem Begriff E-Learning befasst man sich heute in der Forschung vermehrt mit dem

technologischen Wandel des Lehrens und Lernens und dem Zugang zu diesem stark inter-

disziplinären Fachgebiet (vgl. ebd.). Für den vergleichsweise jungen Begriff lässt sich aller-

dings kein konkreter wissenschaftlicher Ursprung identifizieren (vgl. Treumann et al. 2012,

38). Vielmehr kam der Begriff Ende der 90er Jahre als „Neologismus der Werbeindustrie“

im Kontext einer internationalen E-Business-Kampagne der Firma IBM auf (vgl. ebd.). E-

Learning reiht sich damit in die Sammlung der neuartigen E-Begriffe ein, die vor allem im

Marketing eine Verwendung finden (vgl. ebd.). In diesem Zusammenhang lassen sich Aus-

4

drücke wie E-Mail, E-Commerce oder auch E-Government nennen, wobei das „E“ jeweils

als Stellvertreter für „electronic“ bzw. „elektronisch“ fungiert (vgl. Lenz 2009, 29).

Im Zuge des technologischen Wandels entwickelte sich E-Learning von der zunächst mit-

tels Disketten, CD-ROMs oder Videokassetten übertragenen Wissensvermittlung hin zu

einer vorwiegend internetunterstützten Lernform (ebd., 30). Um definitorische Ungenauig-

keiten zu kompensieren, wird bei der Annäherung an den Begriff in der umfangreich vor-

handenen Literatur unterschiedlich stark eingegrenzt. So lautet es beispielsweise nach

Arnold et al. (2011): „Mit dem Begriff ‚E-Learning‘ wird ein vielgestaltetes gegenständli-

ches und organisatorisches Arrangement von elektronischen bzw. digitalen Medien zum

Lernen [...] bezeichnet“. Nach Ehlers (2011, 34) umfasst der E-Learning-Begriff indes kurz

und präzise „[...] alle Formen des Lernens mit Hilfe elektronischer Medien“.

In den nachfolgenden Ausführungen wird der E-Learning-Begriff entsprechend der genann-

ten Definition von Ehlers (ebd.) eingeordnet und folglich als Oberbegriff für sämtliche Be-

reiche des Lernens mithilfe elektronischer Medien verwendet. Da sich die vorliegende Ar-

beit vorrangig auf den Bereich der betrieblichen Aus- und Weiterbildung konzentriert, soll

im Folgenden die Rolle des E-Learning-Einsatzes in diesem Bereich kurz umrissen werden.

2.1.2 E-Learning in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung

Die betriebliche Aus- und Weiterbildung stellt eine wesentliche Aufgabe im Rahmen der

Personalentwicklung dar und zählt somit zu den Kernaufgaben eines Unternehmens (vgl.

Dittler 2011, 205). Ziel ist die strategische Entfaltung und Ausschöpfung der Mitarbeiterpo-

tenziale, „[...] um wettbewerbsfähig zu sein, und um mit den raschen Veränderungen in der

Arbeitswelt und auf dem Markt mitzuhalten“ (ebd.). Dabei gehören heutzutage auch digitale

Medienangebote zu den fest etablierten Bestandteilen der betrieblichen Bildung (vgl. Hei-

demann 2012, 4). Eine aktuelle Studie des MMB-Instituts für Medien- und Kompetenzfor-

schung (2014, 4) zum Status quo des betrieblichen E-Learning zeigt, dass bereits mehr als

jedes zweite deutsche Unternehmen E-Learning-Formen in ihren Aus- und Weiterbil-

dungsmaßnahmen einsetzt. So nutzen 55 % aller kleinen und mittleren Unternehmen E-

Learning in ihren Bildungsangeboten (vgl. ebd.). Bei den deutschen Großunternehmen liegt

die Nutzung bereits bei 66 % – Tendenz steigend (vgl. ebd.). Dabei setzen die Unternehmen

E-Learning-Angebote sehr unterschiedlich ein: „Die Spannweite reicht von der Publikation

des Weiterbildungsangebots im Intranet über die Bereitstellung von verschiedenen Tools

und Angeboten auf einem Lern-Management-System bis hin zum Online-Training in der

virtuellen Umgebung ‚Second Life‘“ (vgl. Meister/Kamin 2010, 131). Vor allem Web Ba-

sed Trainings (WBTs) und die Einbindung entsprechender Lerninhalte und -aktivitäten in

5

Learning Management Systemen haben sich in den vergangenen Jahren in der betrieblichen

Umgebung etabliert (vgl. Dittler 2011, 207). Im Gegensatz zu den bis zur Jahrtausendwende

vorrangig eingesetzten Computer Based Trainings (CBTs), bieten WBTs durch die Nutzung

von Web-Technologien einen geeigneten Rahmen für „[...] kooperatives und kollaboratives

Lernen mehrerer Teilnehmer“ (ebd.). Learning Management Systeme ermöglichen die Be-

reitstellung der Bildungsaktivitäten und die Verwaltung von Teilnehmerdaten (Heidemann

2012, 7).

Anfängliche Erfahrungen zeigten, dass der separate bzw. alleinstehende Einsatz von E-

Learning-Maßnahmen in den meisten Fällen nicht zielführend ist (ebd., 4). Dies begründen

Meister und Kamin (2010, 133) damit „[...], dass die informellen sozialen Kontakte zu kurz

kommen und damit das Aufbauen von vertrauensbasierten fachlich orientierten Beziehun-

gen nicht gefördert wird“. Infolgedessen findet sich im Kontext der betrieblichen Aus- und

Weiterbildung vor allem der Einsatz von Blended Learning-Szenarios (vgl. ebd.). E-

Learning wird dabei mit Präsenzlernen kombiniert, und „[...] dadurch der Austausch der

Lernenden untereinander bzw. mit Trainern und Anleitern“ ermöglicht (Heidemann 2012,

4). Der Einsatz von E-Learning dient in diesem Fall dazu, Wissen zu vermitteln, während

die Präsenzveranstaltungen zur Erprobung der Wissensanwendung unter Zuhilfenahme ei-

nes Trainers genutzt werden (vgl. ebd.).

2.1.3 Evaluation von klassischem E-Learning

Der flexible Einsatz von klassischem E-Learning gilt als innovativ und zeitgemäß (Schlich-

te 2015). Dennoch wird häufig kritisiert „[...], dass das Lernen am PC oder Smartphone sehr

viel Selbstdisziplin von den Nutzern abverlangt“ (ebd.). Lerner zu motivieren, sich mit den

angebotenen Inhalten auseinanderzusetzen sowie Aktivitäten zu bearbeiten, gehört daher zu

den anspruchsvollsten Aufgaben einer E-Learning-Maßnahme (vgl. Schlichte 2014).

Sweeney (2013) weist in diesem Zusammenhang auf die Bedenken der Personalverantwort-

lichen bzgl. des Anreizes klassischer E-Learning-Anwendungen hin: „Many HR [...] profes-

sionals face the problem of ensuring that their training and learning programmes maintain

learner engagement and motivation“. Schlichte (2015) hebt dabei vor allem den sequenziel-

len Aufbau von herkömmlichem E-Learning entlang eines vorgegebenen Pfades als Motiva-

tionsdämpfer heraus. Demnach werden dem Lerner nach der Registrierung auf einem Lear-

ning Management System zumeist hierarchisch festgelegte Lerninhalte zur Verfügung ge-

stellt, die stufenweise abgearbeitet werden müssen und mit einem Abschlusstest zur Über-

prüfung der Mindestanforderungen enden (vgl. ebd.). Während des Lernprozesses hat der

Lerner keine Möglichkeit sich seinen individuellen Lernfortschritt anzeigen zu lassen oder

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selbstbestimmt zu wählen, in welcher Reihenfolge und Intensität er die Lerninhalte bearbei-

tet (vgl. ebd.). Dies entspricht jedoch weder dem gegenwärtigen flexiblen Kommunikations-

und Informationsverhalten der Menschen, noch wird durch diese Lernstrukturen eigeninitia-

tives Handeln der Arbeitnehmer gefördert (vgl. de Witt 2012, 6). Häufig hinterfragen E-

Learning-Anbieter und Unternehmen daher die Effizienz von klassischem E-Learning im

Hinblick auf Motivation und Engagement sowie auf die Zukunftsfähigkeit bzgl. den Zielen

der Mitarbeiterentwicklung (vgl. ebd.). „Dieser Entwicklung kommen solche Lernformen

entgegen, die flexibel einsetzbar sind und unabhängig von Zeit und Ort einen kommunikati-

ven Austausch ermöglichen“ (ebd.).

Es entstehen neue Lerntrends, die im Rahmen des E-Learning Einsatzes in der beruflichen

Aus- und Weiterbildung eine wichtige Rolle spielen (vgl. ebd.) In diesem Zusammenhang

wird vor allem dem mobilen und kollaborativen Lernen eine starke Bedeutung für den Ein-

satz im E-Learning der kommenden Jahre zugeschrieben (vgl. ebd.). Zu den verschiedenen

Lerntrends zur Optimierung klassischer E-Learning-Maßnahmen gehört darüber hinaus die

Nutzung von Games-Technologien und -Konzepten zur Steigerung der Motivation und För-

derung der damit einhergehenden Leistungsbereitschaft der Lernenden (vgl. Schlichte

2014). „Dahinter stehen Überlegungen, wie Lernen mit erhöhtem positiven Empfinden ein-

hergehen kann“, so de Witt (2012, 8). Der Einsatz entsprechender Game Design-Elemente

in den ursprünglich spielfremden Kontext E-Learning wird im Rahmen der vorliegenden

Arbeit unter dem Begriff Gamification untersucht und zu diesem Zweck im folgenden Ka-

pitel zunächst definitorisch abgegrenzt.

2.2 Gamification

2.2.1 Begriffsherkunft und -definition

Die ersten dokumentierten Aufzeichnungen zur konkreten Verwendung des Gamification-

Begriffs finden sich laut Huotari und Hamari (2012, 18) sowie Deterding et al. (2011b, 9) in

einem 2008 veröffentlichtem Post des Bloggers Brett Terill. Der Begriff stammt demnach

aus der Digital Media-Industrie (vgl. ebd.). Populär wurde er hingegen erst mit dem Einsatz

in großen Konzernen ab Ende des Jahres 2010 (vgl. Huotari/Hamari 2001, 18). Seitdem

wurden einige ähnliche Begriffe rund um das Thema Gamification eingeführt, wie z.B.

„Behavioral Games“ (Dignan 2011) oder „Game Layer“ (Priebatsch 2011), „Gamification“

hat sich jedoch als institutionalisierter Begriff weitestgehend durchgesetzt.

Die gegenwärtige industrielle Betrachtung des Gamification-Ansatzes schwankt dabei zwi-

schen zwei unterschiedlichen Perspektiven (vgl. Deterding et al. 2011b, 9). So bezieht sich

Gamification auf der einen Seite auf den zunehmenden Einsatz, die Institutionalisierung

und die Ubiquität von Games im Alltag (vgl. Helgason 2010; Schell, 2010). Darüber hinaus

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werden Games dahingehend betrachtet, dass sie zunächst zum primären Zweck der Unter-

haltung konzipiert werden und in der Lage sind, Nutzer zu motivieren, sich intensiv und

dauerhaft mit einem Game auseinander zu setzen (vgl. Deterding et al. 2011b, 10). Die wis-

senschaftliche Literatur verwendet für dieses Nutzerverhalten den englischsprachigen Aus-

druck „Engagement“ (vgl. ebd.). In diesem Zusammenhang geht man davon aus, dass ent-

sprechend verwendete Game Design-Elemente ebenfalls in der Lage sein sollten, in Kon-

texten außerhalb von Games ein (größeres) „Engagement“ zu erzielen (vgl. ebd.).

Ähnlich vieler Trend-Begriffe und Kunstwörter existiert auch für Gamification bislang kei-

ne allgemeingültige, wissenschaftliche Definition (vgl. Gonzales-Scheller 2013, 38). Die

schwierige Spezifizierung des Begriffs ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass An-

bieter und Berater für entsprechende Maßnahmen Gamification praxisnah und bezogen auf

den individuellen Kundennutzen beschreiben (vgl. Deterding et al. 2011b, 10). Vor allem

innerhalb der Video Game- und Digital Media-Industrie haben einzelne Anwender ver-

schiedene Interpretationen zu ihren jeweiligen Gunsten hervorgebracht (vgl. Breuer 2011).

Während der o.g. Blogger Brett Terill (2008) Gamification als „[...] taking game mechanics

and applying them to other web properties to increase engagement“ auffasste und damit den

Fokus ausschließlich auf die Web-Umgebung richtete, führen die meisten wissenschaftli-

chen Definitionsansätze eine weitreichendere Betrachtungsweise auf. So beschreibt z.B.

Kapp (2012, 11) den Ansatz als „[...] using game-based mechanics, aesthetics and game

thinking to engage people, motivate action, promote learning, and solve problems“. Damit

unterstreicht er vor allem die motivationalen Ziele des Gamification-Ansatzes, lässt aber

den Anwendungsbereich offen. Huotari und Hamari (2012, 20) definieren Gamification als

einen „[...] process of enhancing a service with affordances for gameful experience in order

to support user’s overall value creation“ und betonen damit die Absicht, die gleichen psy-

chologischen Erlebnisse auszulösen, wie sie üblicherweise durch Spiele hervorgerufen wer-

den. Einen ähnlichen Ansatz bieten auch Deterding et al. (2011a, 2) und beschreiben Gami-

fication als „[...] the use of game design elements in non-game contexts“. Die Autoren fo-

kussieren sich hier allerdings nicht auf die Absichten des Gamification-Einsatzes, sondern

auf die Anforderung, die gleichen Aufforderungen bzw. Aufgabenstellungen zu implemen-

tieren, wie sie bei Spielen verwendet werden (vgl. Hamari et al. 2014, 2). Die verschiede-

nen, meist in englischer Sprache verfassten Definitionsansätze des Begriffes beleuchten

demnach unterschiedliche Aspekte von Gamification. In der deutschsprachigen Literatur

werden besonders zwei definitorische Ansätze aufgegriffen, die anlehnend an Kapp (2012,

11) oder Deterding et al. (2011a, 2) entweder das Ziel von Gamification oder den Anwen-

dungsbereich bzw. den Einsatz in spielfremden Umgebungen betonen. So heißt es z.B. bei

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Breuer (2011): „Gamification ist die Verwendung von spieltypischen Mechaniken außer-

halb reiner Spiele, mit dem Ziel, das Verhalten von Menschen zu beeinflussen“. Gonzales-

Scheller (2013, 38) beschreibt Gamification als „[...] den Einsatz von Game-Design-

Elementen in Nicht-Spiele-Kontexten [...] und bezieht sich damit auf die Interpretation von

Deterding et al. (2011a, 2).

Um den Begriff Gamification im Handlungsfeld E-Learning und damit in einem besonderen

Nicht-Spiele-Kontext genauer zu beleuchten, wird im weiteren Verlauf der vorliegenden

Arbeit auf die weitverbreitete Auffassung von Gamification als „the use of game design

elements in non-game contexts“ von Deterding et al. (ebd.) zurückgegriffen. Die Definition

enthält komprimiert alle Elemente, die für Gamification eine Rolle spielen. Diese werden

zunächst in den folgenden Unterkapiteln im Einzelnen detaillierter betrachtet.

2.2.1.1 Game

Der im Deutschen mit dem Wort „Spiel“ übersetzte Begriff Game wird im Gamification-

Kontext von dem Begriff Play, der ebenfalls mit „Spiel“ übersetzt werden kann, unterschie-

den (vgl. Deterding et al. 2011a, 2). Im Englischen „[...] verwendet man ‚playing‘ für spie-

len – im Sinne spielerischer Interaktion, meist mit Spielzeug und eher kreativ, regellos [...]

– und ‚gaming‘ für eher sportliche Spiele – im Sinne von Wettkampf, zielgerichtet und ba-

sierend auf Regeln [...]“ (Morschheuser 2013). Klassische Definitionen im Bereich der Ga-

me Studies verweisen bei der Unterscheidung auf Roger Cailliois (2001), nach dem Game

und Play durch die Konzepte ludus und paidia beschrieben werden. Ludus wird Deterding

et al. (2011b, 11) zufolge dem gaming zugeordnet, paidia dem playing: „Whereas paidia (or

‚playing‘) denotes a more freeform, expressive, improvisational, even ‚tumultuos‘ reconbi-

nantion of behaviors and meanings, ludus (or ‚gaming‘) captures playing structured by rules

and competitive strive toward goals“ (ebd.). Game oder Gaming kann demnach als Tätig-

keit definiert werden, die durch Regeln organisiert ist, eine kompetitive Wesensart aufweist

und bei der bestimmte Ziele verfolgt werden (vgl. Gonzales-Scheller 2013, 38). Damit steht

Game im Gegensatz zu Play bzw. Playing, „[...] welches sich durch eine offene, explorative

und freie Form des improvisierten Spielens unterscheidet“ (ebd.).

Diese Differenzierung findet sich ebenfalls in McGonigals (2011a) Darstellung von gameful

als Gegenstück von playful wieder. Der Autorin (ebd.) zufolge kennzeichnet playfulness die

experimentellen und verhaltensspezifischen Qualitäten von playing, während gamefulness

die Qualitäten des gaming symbolisiert. Im Sinne der HCI-Forschung (Human-Computer

Interaction Research) bedeutet dies, dass Gamification von „[...] playful interactions,

playful design, or design for playfulness“ (Deterding et al. 2011a, 2) differenziert werden

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kann. Um diese Terminologie systematisch auf Gamification anzuwenden, unterscheidet

Gonzales-Scheller (2013, 38) in Anlehnung an Deterding et al. (2011b, 11):

- „Gamefulness: Der Gegenstand hat eine spielerische Qualität in der Art und Weise,

wie sich der Nutzer verhält und wie er sie erfährt.

- Gameful Interaction: Einzelteile, die diese Qualität bewirken.

- Gameful Design: Design, um Gamefulness zu erreichen, üblicherweise mit Game-

Design-Elementen.“.

Generell stimmt Gamification mit Gameful Design überein (vgl. ebd.). Zwar weisen Deter-

ding et al. (2011b, 11) auch auf das Auftreten von paidia- bzw. Play-Tendenzen in Gamifi-

cation hin, üblicherweise zählt Gamification allerdings durch Regelgebundenheit und Zielo-

rientierung zu ludus bzw. Games: „‚Gamification‘ relates to games, not play (or playful-

ness), where ‚play‘ can be conceived of as the broader, looser category, coutaining but dif-

ferent from ‚games‘“.

2.2.1.2 Game Design Elements

Die wissenschaftliche Literatur hat derzeit noch keine prägnante und anerkannte Abgren-

zung von Game Design-Elementen hervorgebracht. Lediglich Deterding et al. (2011a, 3)

wagt einen vorsichtigen Ansatz: „We suggest limiting gamification to the description for

elements that are characteristic to games“. Gonzales-Scheller (2013, 39) zeigt in diesem

Zusammenhang auf, dass es sich bei dieser Definition von entsprechenden Elementen „[...]

um eine heuristische Definition mit viel Raum für Diskussion darüber [handele], was unter

‚charakteristisch‘ zu verstehen ist.“ Dennoch orientiert sich der Autor (ebd.) an Deterding et

al. (2011a, 3) und beschreibt Game Design-Elemente als ein „[...] Set an Bausteinen oder

Features, die bei einem Spiel verwendet werden (weniger ein Set an notwendigen Bedin-

gungen für ein Spiel)“. „Charakteristische Elemente“ beschreibt Gonzales-Scheller (2013,

39) als Elemente, „[...] die man in den meisten – nicht notwendigerweise in allen – Spielen

finden muss, die mit Spielen assoziiert werden und die oft eine relevante Rolle im Spiel

einnehmen“. Weiterhin stellt der Autor beispielhaft eine Auflistung von Elementen zur Ver-

fügung, die von Byron Reeves und J. Leighton Read (2009, 61 ff.) als die „Ten Ingredients

of Great Games“ identifiziert wurden:

1. „Self-Representation with Avatars;

2. Three-Dimensional Environments;

3. Narrative Context;

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4. Feedback;

5. Reputations, Ranks, and Levels;

6. Marketplaces and Economies;

7. Competition Under Rules that Are Explicit and Enforced;

8. Teams;

9. Parallel Communication Systems That Can Be Easily Reconfigured;

10. Time Pressure.“

Als „charakteristisch“ für Spiele kann man diese Elemente jedoch laut Deterding et al. nicht

bezeichnen, denn jedes dieser Elemente kann auch außerhalb von Games ausfindig gemacht

werden und keines dieser Elemente würde einzeln betrachtet als „gameful“ oder gar als

„game-specific“ identifiziert werden. Darüber hinaus herrscht diesbezüglich eine unter-

schiedliche Auffassung in den verschiedenen Game Genres vor. So gelten z.B. Avatare als

gängiges Element im Rahmen von Action- und Roleplaying-Games aber nicht notwendi-

gerweise in Strategie-Videospielen. Die Autoren schlagen daher vor, die schwer abzugren-

zenden Game Design-Elemente sowohl aus der Perspektive des Game Designers als auch

aus der Perspektive des Users heraus zu betrachten. Aus Sicht des Designers werden bei

Gamification Elemente aus Games genutzt, die nicht vollständig einem Game angemessen

sein müssen. Aus User-Perspektive, handelt es sich dabei allerdings um Elemente, die sie

als einem Game angemessen, bzw. „gameful“ oder „playful“ wahrnehmen und erleben.

(vgl. Deterding et al. 2011b, 11).

Das Ziel des Einsatzes von Game Design-Elementen ist nach Petkov et al. (2011, 2) die

Beeinflussung bestimmter Nutzer-Verhaltensweisen, indem einzelne Nutzungsmotive akti-

viert werden. Diese Nutzungsmotive beziehen sich auf eine Kernleistung wie „[...] z.B. ein

Produkt, eine Dienstleistung oder ein Informationssystem“ (Blohm/Leimeister 2013, 276).

Dazu werden bestimmte Nutzungsziele für die Kernleistung abgeleitet und anschließend in

die Game Design-Elemente übertragen (vgl. ebd.). So sollen durch „[...] eine spiel-ähnliche

Nutzungserfahrung“ (ebd.) die Nutzungsmotive bezüglich der Kernleistung aktiviert wer-

den. „In diesem Zusammenhang überführt Gamification die Ziele eines Kernleistungsanbie-

ters in ein zu den einzelnen Motiven der Nutzer kompatibles Zielsystem“ (ebd.).

Nach Zichermann und Cunningham (2011, 35 f.) bestehen Game Design-Elemente aus Ga-

me-Mechaniken und Game-Dynamiken. Dabei umfassen Game-Mechaniken, wie z.B.

Ranglisten, unterschiedliche Bausteine zur spielerischen Darstellung einer Kernleistung,

während Game-Dynamiken „[...] die Auswirkungen dieser Mechaniken auf die subjektive

Nutzungserfahrung eines Nutzers [...]“ (Blohm/Leimeister 2013, 276) beschreiben. Eine

11

Game-Dynamik, wie z.B. Statuserwerb, kann also als ein Prozess aufgefasst werden, der die

Anwendung vorantreibt (vgl. Kruse et al. 2014, 247). Diese Dynamiken korrespondieren

wiederum mit abstrakten Nutzungsmotiven, die etwas beschreiben, das sich nicht direkt

implementieren lässt, wie z.B. Wissbegierde oder soziale Anerkennung (vgl. ebd). So kann

z.B. die Game-Mechanik „Rangliste“ eine Wettbewerbsdynamik initiieren, die die Nutzer-

aktivitäten in Relation zu anderen Nutzern darstellt „[...] und so ein Streben nach sozialer

Anerkennung befriedigen soll“ (Blohm/Leimeister 2013, 276). Abbildung 1 zeigt einen

Überblick über die Game-Mechaniken und -Dynamiken sowie die entsprechenden Motive.

Game Design-Elemente Motive

Game-Mechanik Game-Dynamik

Dokumentation von Verhaltensweisen Exploration Wissbegierde

Punktesysteme, Badges, Trophäen Sammeln Leistung

Ranglisten Wettbewerb Soziale Anerkennung

Ränge, Levels, Reputationspunkte Statuserwerb Soziale Anerkennung

Gruppenaufgaben Zusammenarbeit Sozialer Austausch

Zeitdruck, Aufgaben, Missionen Herausforderung Kognitive Stimulation

Avatare, virtuelle Welten, virtueller Handel Entwickeln/Organisieren Selbstbestimmung

Abb. 1: Game Design-Elemente und Motive (eigene Darstellung, in Anlehnung an Blohm/Leimeister 2013, 276)

2.2.1.3 Non-game contexts

Die dritte Komponente der Gamification-Definition von Deterding et al. (2011a, 2) ist der

Term „non-game contexts“. Gonzales-Scheller (2013, 40) zufolge wird mit „non-game

contexts“ lediglich die Nutzung der Game Design-Elemente als Bestandteil des Designs von

Games ausgeschlossen „[...], da es sich sonst einfach um Game Design handeln würde und

nicht um ‚Gamification‘“. Deterding et al. (2011b, 12) bieten in diesem Zusammenhang

eine detailliertere Herangehensweise. Die Autoren (ebd.) merken an, dass Gamification

Elemente aus Games für Zwecke nutzt, die nicht ihrem erwarteten Einsatz als Teil eines

Unterhaltungs-Games entsprechen. Dabei weisen sie darauf hin, dass man Gamification

nicht auf spezifische Nutzungskontexte, -zwecke oder -szenarios limitieren sollte (vgl.

ebd.). Im Vergleich zu Games-Kategorien wie „Training games“, „Health games“ oder

„News games“ könne man jedoch auch Unterkategorien für Gamification finden, wie z.B.

„Gamification for training“ oder „Gamification for health“ (vgl. ebd.).

12

2.2.2 Abgrenzung zu anderen Konzepten

Hinsichtlich der detaillierten Betrachtung der einzelnen Komponenten der Gamification-

Definition in Kapitel 2.2.1 lässt sich Gamification zusammenfassend festhalten, dass sich

Gamification auf die folgenden Punkte bezieht:

- Die Nutzung von

- Design- (anstatt Game-basierter Technologie)

- Elementen (anstatt vollständiger Games), die

- charakteristisch für Games (anstatt „play“ oder „playfulness“) sind

- in Nicht-Game-Kontexten (ungeachtet spezifischer Nutzungsintention, -kontexten

oder eingesetzten Medien) (vgl. Deterding et al. 2011b, 13).

Diese Einordnung grenzt Gamification von anderen bzw. verwandten Konzepten ab, denn

im Hinblick darauf, dass es sich bei Gamification um das Übertragen von Game Design-

Elementen und nicht um komplette Games handelt, nimmt Gamification eine Sonderrolle

ein (vgl. ebd.). Nach den Autoren Deterding et al. (2011b, 13) wird Gamification dabei mit

Konzepten wie Spielzeuge, Playful Design und Games bzw. Serious Games verglichen. Die

folgende Abbildung 2 stellt diese Unterscheidung im Form eines Diagrammes dar.

Abb. 2: Gamification zwischen Game und Play, Whole und Parts (eigene Darstellung, in Anlehnung an Deterding et al. 2011b, 13)

Die Abbildung ordnet die o.g. Konzepte entsprechend den Dimensionen Game/Play und

Whole/Parts zu. Über die Whole-/Parts-Dimensionen können Games bzw. Serious Games

von Gamification differenziert werden. Statt die Nutzung eines ganzen (whole) Games, wie

in einem Serious Game üblich, werden bei Gamification nur Teile (Parts) aus Games ge-

13

nutzt. Playful Design und Spielzeuge grenzen sich dagegen durch die Game/Play-

Dimensionen vom Gamification-Ansatz ab. So werden diese beiden Konzepte in die Di-

mension Play eingeordnet und werden durch Eigenschaften wie frei, improvisiert und aus-

drucksstark gekennzeichnet. Gamification hingehen wird in der Dimension Game eher

durch Regeln, Wettbewerb und feste Ziele beschrieben (vgl. Deterding et al.

2011b/Morschheuser 2013).

Auf Grundlage dieser Kategorisierung ordnen Deterding et al. (2011b, 13) Gamification

zum übergeordneten Verständnis in einem noch etwas breiterem Spektrum bzw. im „Socio-

cultural trend of ludification“ ein. Sie verdeutlichen dies in ihrer Darstellung „Situating

‚gamification‘ in the larger field“. Abbildung 3 zeigt diese in einer vereinfachten Variante.

Abb. 3: Einordnung von Gamification in einem breiteren Spektrum (eigene Darstellung, in Anlehnung an Deterding et al. 2011b, 13)

Die Autoren (ebd.) stellen im Hinblick auf diese Übersicht heraus, dass es drei Arten gibt,

Games-Aspekte auf einen seriösen Kontext anzuwenden:

1. „The extension of games (Pervasive Games),

2. the use of games in non-game contexts, and

3. playful interaction“.

14

Bei Pervasive Games handelt es sich um die Nutzung mobiler Technologien, „[...] um

Grenzen herkömmlicher Computerspiele zu überwinden und neue, erweiterte Formen von

Spielen zu kreieren, bei denen die reale Umgebung ein essenzieller Teil des gesamten Spie-

les wird“ (Kritzenberger 2011, 85). Darunter fällt u.a. die Augmented Reality-Technologie,

bei der die reale Umwelt der Nutzer bzw. Spieler um virtuelle Elemente erweitert wird (vgl.

ebd.). Die Realität wird damit zum Game (vgl. Morschheuser 2013). Die Nutzung von Ga-

mes in Nicht-Spiele-Kontexten wird in die Bereiche Serious Games, also die Entwicklung

eines kompletten Games mit seriösem Inhalt, und der Nutzung von Game elements unter-

teilt (vgl. ebd.). Die Nutzung von Game elements wiederum gliedert sich in Game techno-

logy, Game practices und Game design (vgl. Deterding et al. 2011b, 13). Letzteres stellt die

Erweiterung eines „seriösen Kontext[s] um Spielelemente“ dar und bezieht sich demnach

auf Gamification (Morschheuser 2013). Morschheuser (2013) stellt im Zusammenhang mit

dieser Einordnung (s. Abb. 3) heraus, dass all diese Konzepte „[...] eng miteinander ver-

wandt sind und es viele Überschneidungen gibt“. Dem Autor (ebd.) zufolge liefern Deter-

ding et al. mit ihrer Darstellung „Situating ‚gamification‘ in the larger field“ bislang „[...]

die einzige, hinreichend fundierte Definition und Eingrenzung des neuen Trends ‚Gamifica-

tion‘“. In der Praxis zeigt es sich jedoch häufig, dass Gamification schwer von den ähnli-

chen Konzepten differenziert werden kann und die Grenzen verschwimmen (vgl. ebd.).

Obwohl im wissenschaftlichen Diskurs besonders auf die Abgrenzung zwischen den einzel-

nen Konzepten Wert gelegt wird, um die ursprünglichen Intentionen zu berücksichtigen, ist

vor allem die Differenzierung zwischen Gamification und Serious Games bislang umstritten

(vgl. Koch/Ott 2012.). So heißt es z.B. auf eductorstechnology.com (o. J.): „The difference

between serious games and gamification is still up to debate, and many serious games use

the modes of gamification and viceversa“. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Serious

Games der Definition von Gamification am ähnlichsten ist (vgl. Koch/Ott 2012). Betrachtet

man z.B. die Serious Game-Definition von Kapp (2012, 15), könnte man diese auch auf

Gamification anwenden: „A serious game is an experience designing game mechanics and

game thinking to educate individuals in a specific content domain“. Game elements werden

demnach also auch bei Serious Games in einem Nicht-Game-Kontext verwendet, um eine

bestimmte Änderung im Verhalten der Nutzer zu erzielen (vgl. ebd.). Die meisten Definiti-

onen der beiden Konzepte schließen sich also gegenseitig nicht aus (vgl. Stöcklin, 2013).

Vielmehr sehen z.B. Werbach und Hunter (2012) Serious Games als eine spezielle Art von

Gamification. Jane McGonical (2011b) versteht Gamification auf der anderen Seite als eine

spezielle Art von Serious Games. Einen vorsichtigen Ansatz zur Trennung der beiden Kon-

15

zepte versucht Schulten (2014, 262), der in der folgenden Abbildung 4 tabellarisch darge-

stellt wird.

Gamification Serious Games

Umgebung reale Welt simulierte Welt

Game Design-Elemente wenige viele

Aussteuerung manuell automatisch

Immersion gering hoch

Abb. 4: Gamification vs. Serious Games (eigene Darstellung, in Anlehnung an Schulten 2014, 262)

Die Abgrenzung erfolgt zunächst dahingehend, dass die Aktivitäten bei Gamification in

Kontexten der realen Welt erfolgen, während Serious Games Simulationen der realen Welt

darstellen (vgl. Schulten 2014, 262). Rughiniș (2013, 1) stützt diese Differenzierung: „[Se-

rious Games] involve participants in a gameworld with intrinsical definitions of success,

while gamification builds gameplay on definitions of performance [...]“. Darüber hinaus

zeichnet sich Gamification nach Schulten (2014, 262) durch die Nutzung von vergleichs-

weise wenigen Game Design-Elementen aus. Ihre Aussteuerung erfolgt dabei manuell,

während sie bei Serious Games automatisiert abläuft (vgl. ebd.). Weiterhin hat Gamification

ein vergleichsweise geringes aber dennoch bedeutendes Potenzial zur Immersion (vgl.

ebd.). Mit Immersion ist in diesem Zusammenhang der motivierende Zustand eines Eintau-

chens bzw. Aufgehens in einer (fiktionalen) Game-Umgebung gemeint und gilt als einer der

bedeutendsten Erfolgsfaktoren von Games (vgl. Gonzales-Scheller 2013, 44).

2.3 Gamification und Motivation

Mit der Integration von Gamification in Lernszenarien wird versucht Lerner „[...] zu be-

stimmten Verhaltensweisen zu motivieren“ (Bertram et al. 2014, 94). Demnach liegt das

Potenzial von Gamification vor allem in der Erreichung positiver motivationaler Effekte

(vgl. ebd.). Forscher gehen in diesem Zusammenhang davon aus, dass sich der positive Ef-

fekt auch auf den Lernerfolg im Rahmen von Bildungstechnologien wie E-Learning aus-

wirken kann (vgl. Nistor et al. 2014 , 390). Psychologische Grundlagen der Motivation und

Theorien zu menschlichen Verhaltensweisen und Möglichkeiten der Beeinflussung bieten

die theoretische Fundierung zur Analyse des Erfolgs von Gamification (vgl.

Blohm/Leimeister 2013, 277). In den folgenden Unterkapiteln wird daher zunächst der Mo-

16

tivations-Begriff genauer betrachtet und anschließend verschiedene Arten der Motivation

sowie entsprechende, für Gamification relevante, Theorien näher erläutert.

2.3.1 Definition von Motivation

Im Alltag begegnet uns der Begriff der Motivation oft (vgl. Brandstätter et al. 2013, 3). So

wird z.B. in Stellenanzeigen gefordert: „Ihre Eigenmotivation ist hoch...“ oder Institutionen

integrieren den Begriff in Leitsprüche wie: „Ihr Antrieb – unsere Motivation“ (vgl. ebd.).

Dabei geht es im Alltagsverständnis dieses Begriffs augenscheinlich immer um Handeln,

das mit Merkmalen wie z.B. Strebsamkeit, Eifer und Leistungsbereitschaft in Verbindung

gebracht wird (vgl. ebd.). In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung beschäftigt man

sich im Rahmen der Motivationsforschung mit der Frage, was Menschen zu diesen „[...]

Handlungen verleitet, und was sie dazu bewegt, Ziele auf eine spezielle Art und Weise mit

einer bestimmte Vehemenz zu verfolgen“ (Schürmann 2013, 29). Kurz gefasst fragt man

sich also: Warum verhalten sich Menschen so, wie sie es tun? (vgl. Rudolph 2009, 1).

Schürmann (2013, 29) weist in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der getrennten

Betrachtung der Begriffe Motive und Motivation hin, zwischen denen im umgangssprachli-

chen Gebrauch häufig keine Unterscheidung gemacht wird.

Beide Begriffe leiten sich aus dem lateinischen Verb „motivere“ (zu Deutsch: bewegen) ab

(vgl. ebd.). Es geht also darum, „[...] was Menschen in Bewegung setzt, eine bestimmte

Handlung auszuführen“ (Rudolph 2009, 1). Motive sind Häcker und Stapf (1998, 669) zu-

folge „[...] eine dispositionelle Neigung in der Bewertung bestimmter Klassen von Hand-

lungszielen“. Motive beschreiben, „[...] warum einige Menschen bestimmte Ziele verfolgen

und auf bestimmte Anreize in einer Situation reagieren, während andere dies nicht tun“

(Schürmann 2013, 29). Motivation wird in der humanistischen Motivationsforschung defi-

niert als „die Gesamtheit der Beweggründe, Einflüsse, die eine Entscheidung, Handlung o.

Ä. beeinflussen, zu einer Handlungsweise anregen“ (Duden o. J.; Stichwort Motivation).

Motivation kann daher als die Gesamtheit der Motive in einer bestimmten Situation aufge-

fasst werden (vgl. Schürmann 2013, 30).

2.3.2 Intrinsische und extrinsische Motivation

Bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den Motiven, die zu Handlungen füh-

ren, werden im Rahmen motivationaler Erklärungsversuche des Handelns zwischen intrinsi-

scher und extrinsischer Motivation unterschieden (vgl. Schürmann 2013, 30). Diese diffe-

renzierte Betrachtung wird Rheinberg (2006, 333) zufolge auf Aristoteles’ „Nikomachische

Ethik“ zurückgeführt, bei der „[...] zwischen einer Lust, die zum Wesen einer Tätigkeit ge-

hört, und einer Lust, welche von außen zur Tätigkeit hinzukomme“ unterschieden wird.

17

Wenn ein Mensch eine Tätigkeit um ihrer selbst Willen ausführt, gilt diese Tätigkeit als

intrinsisch motiviert (vgl. Schürmann 2013, 31). Die Befriedigung bzw. die Lust in Aristo-

teles’ Sinne liegt hier also in der Ausführung der Tätigkeit selbst (vgl. Schlag 2013, 21).

„Die Handlung selbst wird dabei von der ausführenden Person als so interessant oder auch

motivierend empfunden, dass sie darüber hinaus keine Anreize braucht, die Handlung fort-

zusetzen“ (ebd.). Schlag (2013, 21) zeigt in diesem Zusammenhang auf, dass intrinsisch

motivierte Tätigkeiten Spaß machen und den Menschen binden. Der Prozess des Ausfüh-

rens sei so befriedigend, dass die ausführende Person gar das Ende herauszögern möchte

(vgl. ebd.). Widmet sich die ausführende Person einer Tätigkeit dagegen aufgrund ihrer

Konsequenzen, handelt es sich um eine extrinsisch motivierte Tätigkeit (vgl. ebd.). Dabei

ist es unerheblich, ob positive Konsequenzen erreicht oder negative Konsequenzen vermie-

den werden sollen, denn die Konsequenzen haben „[...] per se nichts mit der Handlung und

ihrem Gegenstand zu tun“ (Schiefele & Streblow 2005, 41). In der Einordnung Aristoteles’

liegt die Befriedigung bzw. die Lust demnach „[...] im Erreichen äußerer Zwecke“ (Schlag

2013, 21). Schürmann (2013, 31) zufolge liegen dieser Beeinflussung von außen Beloh-

nungsfaktoren wie z.B. materielle Anreize oder Faktoren der Bestrafung, wie z.B. Strafar-

beiten, zugrunde. Die ausführende Person wird den Prozess des Ausführens im Fall der

extrinsischen Motivation möglichst schnell abschließen wollen (vgl. ebd.).

Bezüglich des Lernerfolgs gilt im Allgemeinen die intrinsische Motivation der extrinsischen

Motivation als überlegen (vgl. Schlag 2013, 22). In diesem Zusammenhang erwartet man

von einem intrinsisch motivierten Lerner, dass er sich einer Tätigkeit oder einem Lerninhalt

ohne äußere Beeinflussung mit großem Interesse und langanhaltend zuwendet (ebd.). „Der

zu erwartende Lernerfolg wird größer sein als bei ausschließlich extrinsischer Motivation,

die weniger am Verständnis des Gegenstandsbereichs als an der Instrumentalität der Leis-

tung zur Erreichung äußerer Zwecke interessiert ist“ (ebd.).

2.3.3 Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan

2.3.3.1 Grundlagen der Theorie

Basierend auf den Erkenntnissen zur intrinsischen und extrinsischen Motivation entwickel-

ten Edward L. Deci und Richard M. Ryan die Selbstbestimmungstheorie (vgl. Schürmann

2013, 32). Diese Theorie geht davon aus, dass Menschen „[...] drei zentrale universelle,

angeborene und psychologisch intrinsische Bedürfnisse [besitzen], die die Selbstbestim-

mung eines Individuums beeinflussen“ (Maltby et al. 2011, 458). Demnach streben alle

Menschen danach „[...] sozial eingebunden zu sein und selbstbestimmt Aufgaben zu bewäl-

tigen, die den aktuellen individuellen Kompetenzen entsprechen“ (Stöcklin et al. 2014,

152). Bei dem Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit bzw. nach Beziehungen zu anderen

18

Menschen gehen die Autoren Deci und Ryan (1993, 229) davon aus „[...], dass der Mensch

die angeborene motivationale Tendenz hat, sich mit anderen Personen in einem sozialen

Milieu verbunden zu fühlen“. Das Bedürfnis nach Autonomie bzw. Selbstbestimmung be-

zeichnet „[...] das Ausmaß, in dem eine Person ihr eigenes Verhalten steuert und wie sehr

sie alleiniger Herr über ihre Entscheidungen im Leben [...] ist“ (Maltby et al. 2011, 458).

Das dritte Grundbedürfnis nach Kompetenz ist nach Maltby et al. (ebd.) „das Ausmaß, in

dem ein Individuum sich selbst als jemanden wahrnimmt, der in der Lage ist, seine Umge-

bung und die Außenwelt zu kontrollieren, und in dem es sicher und genau bei der Vorher-

sage von Folgen eigener Handlungen ist“. Der Selbstbestimmungstheorie zufolge ist die

intrinsische Motivation des Menschen größer eine Aufgabe auszuführen, wenn diese drei

grundlegenden Bedürfnisse befriedigt werden (vgl. Stöcklin et al. 2014, 152; Schürmann

2013, 32). Deci und Ryan (1993, 229) gehen davon aus „[...], daß [sic!] Personen deshalb

bestimmte Ziele verfolgen, weil sie auf diese Weise ihre angeborenen Bedürfnisse befriedi-

gen können“. Die Theorie liefert demnach eine Antwort darauf, „[...] warum Personen auch

ohne äußere Veranlassung ihren Interessen nachgehen und Situationen aufsuchen, die ihre

Fähigkeit herausfordern“ (Schiefele 2008, 42).

Weiterhin geht die Selbstbestimmungstheorie davon aus „[...], dass die intrinsische Motiva-

tion nachlässt, wenn einer intrinsisch motivierten Person extrinsische Belohnungen zuteil-

werden“ (Schürmann 2013, 32). Wenn zusätzlich zu einer von sich aus gewählten und be-

liebten Handlung mit hoher intrinsischer Motivation, die Aussicht auf eine materielle

extrinsische Belohnung, wie z.B. Geld, hinzugefügt wird, kann sich die Beliebtheit der

Handlung reduzieren und die intrinsische Motivation wird untergraben (vgl. Schlag 2013,

22). Deci und Ryan (1993, 226) halten in diesem Zusammenhang fest, dass die Einbindung

dieser extrinsischen Motivationsfaktoren in den einst intrinsisch motivierten Handlungsver-

lauf die Wahrnehmung der Selbstbestimmung untergräbt. Die Person bezieht ihr Handeln

demnach nicht auf sich selbst und erlebt es somit auch nicht mehr als selbstbestimmt, da die

Belohnung als ein Versuch aufgefasst wird, das eigene Verhalten zu steuern (vgl. Schür-

mann 2013, 32; Shauchenka et al. 2014, 36). „Als Folge davon sinkt die Neigung, die Akti-

vität allein wegen ihrer intrinsischen Befriedigung auszuüben“ (Deci/Ryan 1993, 226). Die-

se Annahme stimmt mit den Ergebnissen verschiedener wissenschaftlicher Studien überein

„[...], die zeigen, dass Einschränkungen des Kompetenz- und Selbstbestimmungserlebens zu

einer Verringerung vorhandener intrinsischer Motivation führen können“ (Schiefele 2008,

42).

19

Im Gegensatz dazu stehen manche nicht-materielle äußere Einflüsse, wie z.B. Lob und An-

erkennung (vgl. Schürmann 2013, 32). Solche externen Belohnungen haben Schürmann

(2013, 32) sowie Schiefele und Streblow (2005, 47) zufolge keine reduzierenden Auswir-

kungen auf die intrinsische Motivation. Vielmehr „[...] können sie die intrinsische Motivati-

on sogar noch verstärken“ (Schürmann 2013, 32). Dieser Effekt wird von Deci und Ryan im

Rahmen der Organismischen Integrationstheorie betrachtet, die aus der Selbstbestimmungs-

theorie abgeleitet wurde (vgl. Shauchenka et al. 2014, 36). Die Theorie weist darauf hin,

dass es möglich ist, einige extrinsische Motivationen für den Menschen zu intrinsischen

Motivationen werden zu lassen (vgl. Maltby et. al. 2011, 459). Dies tritt laut Maltby et al.

(ebd.) dann auf, wenn eine Person für ihre Verhaltensweisen oder Motivationen Wertschät-

zung nahestehender Personen erfährt bzw. von ihnen bestärkt wird. In diesem Fall wird die

„[...] externe Motivation in die Vorstellung einer Person von sich selbst integriert“ (Shau-

chenka et al. 2014, 36). Dabei tritt ein Internalisierungsprozess in Gang, bei dem die Person

die von den anderen Personen aufgestellten Normen und Verhaltensvorschriften bzw. Ver-

haltensregulationen zunächst akzeptiert, anschließend graduell übernimmt und schließlich

als eigene Normen anerkennt sowie in ihr Handeln einbezieht (vgl. Maltby et al. 2011, 459).

Eine Handlung wird dann gemäß der o.g. psychologischen Grundbedürfnisse als sozial an-

erkannt, selbstbestimmt und der Kompetenz entsprechend empfunden und hat damit keine

Verringerung der intrinsischen Motivation zur Folge (vgl. ebd.). Die Internalisierung und

Integration von Normen und Verhaltensregulationen kann demnach dazu führen, dass

extrinsische Motivation zur intrinsischen Motivation wird (vgl. Deci/Ryan 2000, 60).

Deci und Ryan (ebd.) zufolge beschreibt das Konzept der Internalisierung, wie sich die Mo-

tivation bzgl. einer Handlung einer Person von Amotivation bzw. Widerwille, über passive

Befolgung bis zum persönlichen Engagement erstrecken kann. Je höher der Internalisie-

rungsgrad und das damit verbundene persönliche Engagement, desto stärker ist die Ausdau-

er, desto positiver ist die Selbstwahrnehmung und desto besser ist die Qualität des Engage-

ments (vgl. ebd., 60 f.). Im Einklang mit der Theorie bedeutet dies, dass, je stärker die

extrinsische Motivation internalisiert wird, desto selbstbestimmter ist die Person bei der

Verankerung der Verhaltensweisen (vgl. Shauchenka et al. 2014, 36). Innerhalb des Interna-

lisierungsprozesses kann extrinsische Motivation in Form von externen und sozialen Ein-

flüssen in vier unterschiedliche Typen bzw. Stadien unterteilt werden (vgl. Maltby et al.

2011, 459). Abbildung 5 zeigt die Taxonomie dieser Motivationstypen, angeordnet von

links nach rechts entlang einer Steigerung des Internalisierungsgrades.

20

Abb. 5: Taxonomie der Motivation (eigene Darstellung, in Anlehnung an Deci/Ryan 2000, 61; Morschheuser 2015)

Amotivation wird nach Deci und Ryan (2000, 61) als ein Zustand fehlender Handlungsab-

sicht aufgefasst. Eine amotivierte Person fühlt sich weder einer Handlung entsprechend

kompetent noch empfindet sie eine Relevanz bzgl. der Handlung (vgl ebd.). Das erste Sta-

dium innerhalb der Kategorie der extrinsischen Motivation stellt die Externe Regulation dar

(vgl. ebd.). In diesem Stadium wird die Motivation „[...] nur durch Belohnungen und Be-

drohungen in Form äußerer Einflüsse kontrolliert [...]“ (Maltby et al. 2011, 459). Deci und

Ryan (2000, 61) zufolge bildet diese Kategorie die am wenigsten autonome Form der extri-

nischen Motivation. Das nächste Stadium im Rahmen der extrinsischen Motivation ist die

Introjektion (vgl. ebd., 62). Dieser Typ zeichnet sich ebenfalls als sehr kontrolliert und re-

guliert aus, da entsprechende Handlungen durch Emotionen motiviert sind (vgl. Maltby et

al. 2011, 459). Negative Gefühle, wie z.B. Schuldgefühle, motivieren eine entsprechende

Verhaltensregulation (vgl. ebd.). Eine stärker autonome und selbstbestimmtere Form der

extrinsischen Motivation ist die Regulierung durch Identifikation (vgl. Deci/Ryan 2000, 62).

„Hier werden Verhalten und Einstelllungen durch wertgeschätzte Folgen ihrerseits moti-

viert, selbst wenn diese für das Individuum eigentlich keine wichtigen Motivationen darstel-

len“ (Maltby et al. 2011, 459). Wenn z.B. eine Person eine Vokabelliste auswendig lernt,

weil sie dies als relevant für ihr Hobby Schreiben erachtet, identifiziert sie sich mit der per-

sönlichen Bedeutung dieser Lernaktivität und akzeptiert seine Verhaltensregulierung als

ihre eigene (vgl. Deci/Ryan 2000, 62). Das Stadium der Integration ist die am stärksten

autonome bzw. selbstbestimmte Form der extrinsischen Motivation (vgl. ebd.). Im Rahmen

der Integration werden „[...] Verhalten und Einstellungen durch das Erreichen persönlicher

Ziele, die im Einklang mit dem Selbstkonzept des Individuums stehen, motiviert [...]“ (Mal-

tby et al. 2011, 459). Diese integrative Motivationsform teilt viele Eigenschaften mit intrin-

sischer Motivation (vgl. Deci/Ryan 2000, 62). So zeichnen sich beide Formen z.B. durch

hohe Autonomie bzw. Selbstbestimmung aus (vgl. ebd.). „Der Unterschied ist, daß [sic!]

intrinsisch motivierte Verhaltensweisen autotelischer Natur sind, während integriertes

(extrinsisches) Verhalten eine instrumentelle Funktion besitzt, aber freiwillig ausgeführt

wird, weil das individuelle Selbst das Handlungsergebnis subjektiv hoch bewertet“ (De-

ci/Ryan 1993, 228). Die abschließende Platzierung innerhalb der oben dargestellt Taxono-

21

mie bildet die Intrinsische Motivation, die laut Deci und Ryan (vgl. ebd. 2000, 62) als der

Inbegriff selbstbestimmter Aktivität aufgefasst werden kann.

2.3.3.2 Anwendung auf Gamification im Lernprozess

Die Selbstbestimmungstheorie beschreibt die Parameter, „[...] durch die das Gefühl der

Selbstbestimmung erhöht wird“ (Morschheuser 2015). Gamification sollte sich also an die-

sen Parametern orientieren, damit eine Erhöhung der intrinsischen Motivation erreicht wer-

den kann (vgl. ebd.). Auf Basis der im vorherigen Kapitel beschriebenen drei psychologi-

schen Grundbedürfnisse können die folgenden Richtlinien für Gamification abgeleitet wer-

den.

Um im Rahmen von Gamification das Bedürfnis der sozialen Eingebundenheit zu befriedi-

gen, sollten im Lernumfeld wichtige Bezugspersonen integriert sein und soziale Interaktion

zugelassen werden (vgl. Blohm/Leimeister 2013, 277). Damit wird es dem Lerner ermög-

licht, sich in einer sozialen Gemeinschaft auszutauschen und/oder mit ihr in den Wettbe-

werb zu treten (vgl. ebd.). So werden z.B. Punkte, die im Rahmen einer Anwendung erzielt

werden, für den Lerner erst bedeutsam (vgl. Shauchenka et al. 2014, 41). Darüberhinaus

sollte die Anwendung in eine für den Lerner relevante Geschichte eingebettet werden (vgl.

ebd.). Um dem Bedürfnis nach Autonomie bzw. nach Selbstbestimmung gerecht zu werden,

sollte es dem Lerner ermöglicht werden, selbst die Initiative zur Mitwirkung ergreifen zu

können (vgl. ebd.). Da das Gefühl der Selbstbestimmung bei extrinsischen Anreizen wie

z.B. materiellen Belohnungen reduziert oder eliminiert werden kann, sollten integrierte

Gamification-Aktivitäten den Lernern erlauben, „[...] durch individuelle Anstrengungen ein

gemeinsames Ziel zu verfolgen“ (ebd.). Im Rahmen des Kompetenz-Bedürfnisses lassen

sich die Lerninhalte Shauchenka et al. (ebd.) zufolge für den Lerner in zwei Kategorien

einordnen: „muss machen“ und „möchte gerne machen“. „Zur ersten Kategorie gehören

Konzepte wie Pflicht, Gebot, Arbeit und Effizienz; Konzepte wie Spaß, Spiel, Vergnügen

und Entscheidungsfreiheit gehören zur zweiten Kategorie“ (ebd.). Um dem Bedürfnis nach

Kompetenz nachzukommen, sollten die Aktivitäten der Gruppe „muss machen“ in Anwen-

dungen möglichst unkompliziert gestaltet werden (vgl. ebd.). Die „würde gern machen“-

Aufgaben dagegen sollten für den Lerner herausfordernd sein, denn wenn dieser „[...] mit

interessanten Challenges konfrontiert wird, die immer komplexer werden, und das alles im

Rahmen einer Anwendung mit klar definierten Regeln und Zielen, ist er engagierter und

noch interessierter“ (ebd., 42).

Im Hinblick auf die im vorherigen Kapitel beschriebene Taxonomie der Motivation kann

Gamification eine Erhöhung der intrinsischen Motivation erzielen (vgl. Blohm und Lei-

22

meister 2013, 277). Morschheuser (2015) definiert Gamification in diesem Zusammenhang

als Technik „[...], die die Motivation dank spieltypischen Elementen weiter in Richtung

intrinsischer Motivation verschiebt“. Dargestellt wird dies in Abbildung 6.

Abb. 6: Integration von Gamification in die Taxonomie der Motivation (eigene Darstellung, in Anlehnung an Deci/Ryan 2000, 61; Morschheuser 2015)

Nach Deci und Ryan (1993, 232) kann der dargestellte psychologische Internalisierungs-

prozess „[...] auf der Stufe der Introjektion stehen bleiben oder die Stufe der Integration

erreichen“. Selbstbestimmtes Handeln ist dabei allerdings nur möglich, wenn das Stadium

der Integration erreicht wird (vgl. ebd.). Dieses selbstbestimmte Handeln ist bei der Erzie-

lung von Lernerfolg von essenzieller Bedeutung, da dies „[...] nur durch ein vom individuel-

len Selbst ausgehendes Engagement erreicht werden kann“ (ebd., 233). Mit anderen Worten

ist intrinsische Motivation und/oder das Stadium der Integration die Voraussetzung für ef-

fektives Lernen (vgl. ebd.). Zwar können externe Formen der Motivation (Externe Regulie-

rung, Introjektion und Identifikation) ebenfalls zu Lernmotivation führen, allerdings ist „[...]

mit qualitativ hochwertigen Lernergebnissen [...] v.a. dann zu rechnen, wenn die Motivation

durch selbstbestimmte Formen der Handlungsregulation bestimmt wird“ (ebd.). Auch Grol-

nick und Ryan (1987, 891 f.) zufolge erhöhen autonomieunterstützende Lernumgebungen

im direkten Vergleich mit kontrollierenden Lernumgebungen die Bereitschaft Lerninhalte

intensiv zu verarbeiten und langfristig zu behalten. Deci und Ryan (1993, 234) postulieren

in diesem Zusammenhang, dass „[...] deshalb ein stärker integriertes Wissen und ein insge-

samt höherer Kompetenzgrad erworben wird“.

2.3.4 Die Theorie des Flow-Erlebens von Csikszentmihalyi

2.3.4.1 Grundlagen der Theorie

Der ungarische Psychologe Csikszentmihalyi entwickelte die Theorie des Flow-Erlebens als

ergänzende Sichtweise zur Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan (vgl. Schiefele

2008, 42). „[...] Csikszentmihalyi erforschte den Zustand, wenn jemand ganz und gar in

eine Aufgabe vertieft ist und alles um sich herum vergisst“ (Stöcklin et al. 2014, 152). Im

Gegensatz zu den Untersuchungen im Rahmen der Selbstbestimmungstheorie werden hier

23

nicht nur die Anreize einer Handlung im Rahmen der intrinsischen Motivation beleuchet,

vielmehr steht das Erleben einer Handlung im Mittelpunkt der Betrachtung (vgl. Schürmann

2013, 33). Durch Studien konnte Csikszentmihalyi zeigen, dass Menschen, die augen-

scheinlich eine intrinsisch motivierte Handlung ausführen, einen Zustand des Erlebens auf-

weisen, den er als „Flow“ bezeichnet (vgl. Schiefele 2008, 42). Situationen bzw. Aktivitä-

ten, die durch diesen Zustand gekennzeichnet sind, werden der intrinsischen Motivation

zugeordnet, da die Handlungsbegründung in der Aktivität selbst liegt (vgl. Schlag 2013,

21). Beispiele solcher Aktivitäten, in denen man sich voller Eifer einer Sache widmet, ohne

einen bewussten äußeren Anreiz dafür zu haben sind u.a. Games, Klettern oder Schachspie-

len (vgl. Riedl 2008). All diesen Aktivitäten widmen Menschen Kraft, Zeit und Konzentra-

tion, bekommen dafür aber weder Geld noch Macht oder Ansehen (vgl. ebd.).

Rheinberg (2006, 345) fasst Csikszentmihalyis Theorie des Flow-Erlebens wie folgt zu-

sammen: „Bei diesem Zustand handelt es sich um das reflexionsfreie, gänzliche Aufgehen

in einer glatt laufenden Tätigkeit, bei der man trotz voller Kapazitätsauslastung das Gefühl

hat, den Geschehensablauf noch gut unter Kontrolle zu haben“. Koster (2010, 98) versteht

diesen Zustand als „[...] the state you enter when you are experiencing absolute concentra-

tion on a task. When you’re in absolute control, the challenges that come at you are met

precisely by your skills“. Viele Publikationen fassen den Flow-Zustand kurz gesagt als das

Gleichgewicht zwischen Herausforderung und Fähigkeit auf (vgl. z.B. Schürmann 2013, 33;

Schiefele 2008, 42). Anlehnend an Csikszentmihalyi (1999) lassen sich nach Rheinberg et

al. (2007, 105) folgende Charaktereigenschaften des Flow-Zustands beschreiben:

- „Man erlebt Kontrolle bei optimaler Beanspruchung, wobei letztere die Balance

zwischen Kompetenz und Anforderung auf gehobenem Niveau meint;

- die Handlungsanforderungen und Rückmeldungen werden als klar und eindeutig

gesehen;

- der Handlungsablauf wird wie aus einer inneren Logik gesteuert als glatt und flie-

ßend erlebt [...];

- die Konzentration kommt wie von selbst;

- das Zeiterleben ist verändert: ‚Stunden vergehen wie Minuten‘;

- es kommt zum Verlust von Selbstreflexivität,

- Selbst und Tätigkeit ‚verschmelzen‘“.

Da die subjektive Balance zwischen Fähigkeit und Handlungsanforderung die wichtigste

Bedingung zur Erreichung dieses Zustands darstellt, lässt sich hier eine Verbindung zum

24

Kompetenzbedürfnis aus der Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan (1993) fest-

stellen (vgl. Schiefele 2008, 42).

2.3.4.2 Anwendung auf Gamification im Lernprozess

Da Lernen nicht, wie lange Zeit angenommen, einem rationalen, linearen Prozess der Wis-

sensübertragung folgt, sondern einen aktiven und individuellen „Prozess der Bedeutungser-

zeugung“ darstellt, spielt „die Wirkungsweise irrationaler Faktoren wie Motivation, Leis-

tungsmotiv und die Qualität des Erlebens [...] eine entscheidende Rolle im Lernprozess“

(Riedl 2008). Dabei wird angenommen, dass der Zustand des Flow-Erlebens eine förderli-

che Wirkung auf das Lernen hat, da er die bestmögliche Erlebensqualität mit sich bringt

(Schiefele 1992, 85 f.). Kerres und Bormann (2009, 1) zufolge liegt das Potenzial von

Gamification u.a. in der Förderung dieses Flow-Erlebens im Zusammenhang mit einer Mo-

tivationssteigerung bzw. -erhaltung im Lernprozess. Sie gehen davon aus, dass das für Ga-

mes bzw. Spiele typische Phänomen der Selbstvergessenheit durch Game Design-Elemente

in Anwendungen übertragen werden kann (vgl. ebd.). Dabei betonen sie den „[...] erstaunli-

chen, oft ‚beiläufigen‘ Kompetenzerwerb [...], scheinbar ohne Anstrengungen“ (ebd.). Auch

nach Riedl (2008) befindet sich ein Lerner im Flow-Zustand auf dem höchsten Leistungsle-

vel. Die positiven Auswirkungen des durch Gamification geförderten Flow-Erlebens ist

demnach nicht nur die herausragende Erlebensqualität, sondern auch die besondere Leis-

tungsfähigkeit in diesem Zustand (vgl. ebd.).

Um Lernumgebungen so zu gestalten, dass ein Flow-Erleben möglich wird, bzw. die Lerner

völlig in den Lernaktivitäten aufgehen, muss der Lerner in einem Wohlfühl-Bereich bleiben

(vgl. Gonzales-Scheller 2013, 46). „Zu große Herausforderungen wirken bei zu geringen

Fertigkeiten bedrohlich. Zu geringe Herausforderungen wirken bei höheren Fähigkeiten

langweilig“ (ebd.). Auch Schulten (2014, 269) weist darauf hin, dass die zu erledigenden

Handlungen nicht über- oder unterfordern sollten, da es sonst zu Frustration oder Stress

bzw. Langeweile kommen kann. Nach Rheinberg und Vollmeyer (2004, 173) sind flow-

fördernde Herausforderungen z.B. komplexe, ungewöhnliche bzw. unbekannte oder neue

Aktivitäten sowie Aufgaben, die einer kreativen Problemlösung bedürfen. Auch Wettbe-

werb unter den Lernern kann als eine solche Herausforderung aufgefasst werden (vgl. Riedl

2008). Schematisch wird das Gleichgewicht zwischen Herausforderungen und Fähigkeiten

bzw. der schmale Grad des Flow-Zustands, der als „Flow-Kanal“ (Schiefele 1992, 97) be-

zeichnet wird, in der folgenden Abbildung 7 dargestellt.

25

Abb. 7: Flow-Kanal (eigene Darstellung, in Anlehnung an Schulten 2014, 268)

Als weitere Flow-förderliche Maßnahme sehen Csikszentmihalyi und Schiefele (1993, 211)

eine „eindeutige Handlungsstruktur“. Diese liegt vor, sollten „[...] Anforderung, Handlungs-

schritte und Rückmeldungen in sich klar und widerspruchsfrei sein [...]“ (Engeser et al.

2005, 159). Die Zielsetzung der Lernsituation sollte dem Lerner demnach verständlich ge-

macht werden und auf alle seine Aktivitäten folgt idealerweise ein Feedback (vgl. Csiks-

zentmihalyi/Schiefele 1993, 219). Auch Rheinberg (1995, 161 ff.) weist auf die Relevanz

der eindeutigen Handlungsstruktur hin, da sich die Aufmerksamkeit der Lerner nur damit

auf die Handlung zentrieren kann und so der Flow erleichtert wird. Im Zusammenhang mit

dieser Aufmerksamkeit liegt es weiterhin nahe, dass eine „Störungsfreiheit“ im Lernprozess

sichergestellt wird, um das Flow-Erleben ebenfalls zu fördern (vgl. Csikszentmihalyi 2005,

63 ff.). Laut Rheinberg und Vollmeyer (2004, 173) können diese Störungen physischer oder

psychischer Natur sein. Physische Stimuli wie Unruhe in der Umgebung oder Probleme mit

der Technik sowie psychische Stimuli wie Bewertungen in der Öffentlichkeit, Furcht oder

auch Langeweile sollten demnach vermieden werden (vgl. Csikszentmihalyi/Schiefele

1993, 220). Im Hinblick auf die in Kapitel 2.3.3.1 beschriebene Selbstbestimmungstheorie

postuliert (Riedl 2008) „[...] dass ‚Selbstbestimmung‘ als entscheidender Faktor für intrinsi-

sche Motivation auftritt, die wiederum das Erleben von Flow begünstigt“. Demnach nimmt

die Wahrnehmung der Selbstbestimmung eines Lerners zu „[...], je stärker er sich als Verur-

sacher einer Handlung erlebt“ (ebd.). Diese Wahrnehmung der Selbstbestimmung zeichnet

sich z.B. durch individuelle Auswahlmöglichkeiten und freie Einteilung der Lernzeit aus

(vgl. ebd.). Entsprechende Funktionalitäten sollten demnach in die Lernumgebung bzw. in

die Lern-Anwendung integriert werden (vgl. Gonzales-Scheller 2013, 46).

26

2.5 Forschungsdesiderate und Forschungsfragen

Fasst man die vorliegenden theoretischen Grundlagen des Forschungsstands zusammen,

zeigt sich, dass die Befunde der isolierten Betrachtung der beiden Komponenten Gamifica-

tion und E-Learning in der aktuellen wissenschaftlichen Literatur und Forschung bereits

weit fortgeschritten sind. Beide Aspekte haben sich in den vergangenen Jahren weiterentwi-

ckelt und wurden hinsichtlich ihrer Einsatzmöglichkeiten bzw. ihres Nutzens in verschiede-

nen Bereichen detailliert untersucht. Bei einem Vergleich der einschlägigen Literatur zu den

untersuchten Themen zeigt sich jedoch, dass der Einsatz von Gamification im konkreten

Anwendungsfall E-Learning kaum bzw. nur unsystematisch beschrieben wird. Insgesamt

fehlt es an einer differenzierten Betrachtung der entsprechenden Hintergründe und Perspek-

tiven bei der Verbindung beider Themen. Motivationale Effekte im Rahmen der dem The-

ma Gamification zugeordneten Motivationstheorien, wie der beschriebenen Selbstbestim-

mungstheorie und der Flow-Theorie, werden in der wissenschaftlichen Literatur zwar hin-

sichtlich des Lernens im Allgemeinen betrachtet, ihre Anwendung im Hinblick auf E-

Learning im Speziellen bleibt jedoch unberücksichtigt. Es sind demnach weitere wissen-

schaftliche Analysen sowie eine intensive Auseinandersetzung im Zusammenhang mit der

Verknüpfung der Themengebiete Gamification und E-Learning notwendig, um die entspre-

chenden Perspektiven zu schärfen.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit werden daher die Perspektiven von Gamification be-

sonders hinsichtlich der motivationalen Effekte auf die Verwendung im betrieblich genutz-

ten E-Learning untersucht. Dabei wird konkret der übergeordneten Forschungsfrage nach-

gegangen, wie der Einsatz von Gamification zur Motivationsförderung der Lerner während

der Nutzung von E-Learning-Anwendungen beitragen kann. Dazu wird zunächst analysiert,

an welche Problemfelder von klassischem E-Learning der Einsatz von Gamification an-

knüpft, bzw. wodurch sich der Bedarf nach einer entsprechenden Optimierung der E-

Learning-Maßnahmen begründet. Weiterhin wird untersucht, welche Bedeutung die im

Forschungsstand herausgearbeiteten motivationstheoretischen Erkenntnisse im Kontext des

Gamification-Einsatzes im E-Learning haben und welche Perspektiven sich über die moti-

vationalen Effekte hinaus ergeben.

3 Methodisches Vorgehen

3.1 Forschungsmethode

Zur Beantwortung der übergeordneten Forschungsfrage wurde eine empirische Untersu-

chung durchgeführt. Begründet wird dies damit, dass es sich bei dem betrachteten Thema

„Gamification im E-Learning“ um ein noch sehr junges Forschungsfeld handelt. Entspre-

27

chendes Fachwissen liegt nur bei wenigen Experten in Deutschland vor, die durch ihre

Kenntnisse eher als Berater für die Konzeption und Anwendung in der unternehmerischen,

schulischen und akademischen Praxis fungieren, als den Stand der Forschung wissenschaft-

lich anzureichern. Eine rein literaturbasierte Arbeit wäre demnach nur geringfügig aussage-

kräftig und würde aufgrund der schnelllebigen Weiterentwicklung des Gamification-Trends

aktuelle und praxisnahe Erkenntnisse nur am Rande beleuchten können.

Weiterhin wurde für die Untersuchung auf die Methode des qualitativen Experteninterviews

zurückgegriffen. Begründet wird die Wahl dieser Erhebungsmethode zunächst durch die

Aufgabe, die den Experten bei diesem Verfahren zukommt (vgl. Niederberger 2015, 37). So

geht es im Rahmen der vorliegenden Arbeit um eine induktives Erkenntnisinteresse. Das

heißt, die gewählte Methode soll zur explorativen Wissensgenerierung eingesetzt werden

(vgl. Wassermann 2015, 53). Experten werden befragt, um ihr Wissen und das Know-how

zu erfassen und damit zur Strukturierung und Präzisierung des Forschungsfeldes beizutra-

gen (vgl. ebd.). Ziel soll dabei die Generierung von praxisnahmen Basiswissen sein, das als

Grundlage für die Weiterentwicklung des Forschungsprozesses in diesem Untersuchungs-

feld dient (vgl. ebd.). Die Methode des qualitativen Experteninterviews dient dazu, zunächst

Erfahrungen bzw. subjektive Wahrnehmungen und Wissensbestände der Experten in einem

direkten Kommunikations- und Dialogprozess zu sammeln und damit mögliche tieferge-

hende Untersuchungen im Anschluss an die vorliegende Studie vorzubereiten. Der wich-

tigste Vorteil dieser qualitativen Forschungsmethode ist die individuelle Anpassbarkeit des

Interviews während der Durchführung (vgl. Niederberger 2015, 44). Dies ist von besonde-

rer Bedeutung für die Untersuchungsanlage, da sich die Experten im Bereich Gamification

durch verschiedene berufliche und fachliche Hintergründe auszeichnen. Die Spontanität der

mündlichen Kommunikation im Rahmen der Interviews bietet die Möglichkeit unterschied-

licher Befragungstiefen und individueller Reaktionen auf den Gesprächsverlauf.

3.2 Vorbereitung

Zunächst wurde die im Rahmen der vorliegenden Arbeit dargestellte Studie durch eine in-

tensive Literatur- und Dokumentenauswertung vorbereitet (s. Kapitel 2). Zielsetzung war

dabei zunächst das Forschungsfeld vorab zu strukturieren, sowie durch die Herausarbeitung

von Forschungslücken eine Konkretisierung der Forschungsfragen zu erreichen. Darüber

hinaus sollte die Auswertung vorhandener wissenschaftlicher Publikationen erste Auswahl-

kriterien zur Wahl der Forschungsmethode und der entsprechenden Grundgesamtheit der

Befragung identifizieren. Die vorbereitende Auswertung des aktuellen thematischen Wis-

sensstands bildete weiterhin die Grundlage für eine souveräne und kompetente Durchfüh-

28

rung der Interviews. Das damit erreichte inhaltliche Fachwissen des Interviewers stellt laut

Wassermann (2015, 58) die zentrale Voraussetzung für den Interviewerfolg dar. Nur

dadurch „[...] kann sichergestellt werden, dass der Experte auch tatsächlich detailliert und

präzise über seine Wissensbestände reflektiert und berichtet, also thematisch fokussiert ist

[...]“ (ebd.).

Zusätzlich zur Literatur- und Dokumentenauswertung wurden die einzelnen Interviews

durch eine intensive Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Gesprächspartner vorbereitet.

Die entsprechende Analyse verlief größtenteils mittels Online-Recherche, vorrangig über

die sozialen Netzwerke XING, Facebook und YouTube. Dabei wurde u.a. ermittelt, ob be-

reits Veröffentlichungen oder Vorträge des Experten existieren oder ob Informationen zu

relevanten Gamification-Projekten vorliegen. Teilweise stellten aber auch Interviewpartner

bestimmte Informationen zu nachfolgenden Gesprächspartnern bereit, da es sich im thema-

tischen Bereich von Gamification um einen relativ kleinen Spezialisten- bzw. Expertenkreis

handelt, der sich untereinander kennt bzw. aufeinander verweist. Um sich auf die Inter-

viewsituation einstellen zu können und ggf. auf Rückfragen kompetent zu reagieren, wur-

den relevante Informationen und wichtige Schlagwörter zum Experten im Vorlauf des je-

weiligen Interviews festgehalten.

3.3 Identifikation und Auswahl der Experten

Experteninterviews sind durch die Charakteristik der Interviewpartner gekennzeichnet (vgl.

Meier 2015, 62). So nimmt der Interviewpartner bei dieser Forschungsmethode die Rolle

als Experte ein (vgl. ebd.). Nach Wassermann (2015, 52) verfügt ein Experte über fundier-

tes und detailliertes Spezialwissen, dass „[...] sich grundsätzlich auf ein bestimmtes, klar

abgestecktes Wissensgebiet [...]“ beschränkt. Mithilfe von Experteninterviews soll dieses

Wissen erschlossen werden (vgl. ebd.).

Für die Auswahl relevanter Experten im Rahmen der vorliegenden Studie wurde eine

Grundgesamtheit gebildet, welche sich aus Verantwortlichen der Games- und Digital-

Media-Branche zusammensetzt, die bereits Berührungspunkte mit dem Thema Gamification

im Kontext von E-Learning hatten. Entsprechende Ansprechpartner waren dabei in Agentu-

ren, Beratungsunternehmen oder im akademischen Bereich im Zusammenhang mit Gamifi-

cation tätig. Darüber hinaus wurden der Grundgesamtheit E-Learning-Verantwortliche auf

Konzern-Ebene hinzugefügt, die in Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern Gamifica-

tion in ihre E-Learning-Maßnahmen integrieren. Um aussagekräftige und für die Ergebnis-

darstellung verwertbare Antworten zu generieren, war es von essenzieller Bedeutung, dass

die Ansprechpartner bereits im Rahmen mindestens eines Projektes mit Gamification im E-

29

Learning gearbeitet haben und mit gängigen Game Design-Elementen und deren Anwen-

dung vertraut waren. Die Befragten sollten darüber hinaus aufgrund ihrer Erfahrungen in

der Lage sein, erste Einschätzungen zur Nutzung von Gamification und dessen Auswirkun-

gen im Bereich E-Learning und dem Lernprozess allgemein schildern zu können. Merkmale

wie Geschlecht oder Alter spielten im Rahmen der Identifikationskriterien der Experten

keine Rolle. Ebenso war weder ein bestimmter Berufsabschluss noch eine spezifische Be-

rufsbezeichnung relevant. Die Grundgesamtheit beschränkte sich räumlich auf Deutschland.

Der Ermittlung der Grundgesamtheit lag eine intensive Recherche hinsichtlich geeigneter

Interviewpartner auf drei verschiedenen Kanälen zugrunde. Zunächst wurden über Suchma-

schinen mit verschiedenen themenrelevanten Suchbegriffen nach entsprechenden Experten

gesucht. Schnell zeigte sich dabei, dass Webseiten wie www.gamificationday.de oder

www.checkpoint-elearning.de hilfreiche Tools darstellen, um über veröffentlichte Artikel,

Podcasts oder Video-Beiträge Experten im Bereich Gamification zu ermitteln. Darüberhin-

aus bot sich die Serious Games Conference 2015 im Rahmen der internationalen Informati-

onstechnik-Messe CeBIT in Hannover an, um nach Experten zu recherchieren. Um An-

sprechpartner auf Konzernebene zu ermitteln, wurde eine entsprechende Online-Recherche

mit Telefonanfragen ergänzt. Über mehrstufige telefonische Weiterleitungen war es so

möglich, relevante Verantwortungsbereiche innerhalb der Unternehmen ausfindig zu ma-

chen und spezifische Ansprechpartner zu identifizieren.

Insgesamt wurden 31 Personen als Experten identifiziert. Ihrer Auswahl gingen gezielte

Recherchen im Hinblick auf ihre Kompetenz bezüglich des Forschungsgegenstandes vo-

raus. Die ermittelten Experten wurden im ersten Schritt per E-Mail kontaktiert (s. Anhang,

Abschnitt 1 Beispiel E-Mail-Anfrage Experten) bzw. bei telefonischer Weiterleitung zu

Experten im Konzern direkt auf die Befragung angesprochen. 15 der angefragten Personen

stimmten innerhalb der ersten drei Wochen nach Erstkontakt einer Befragung zu. Dabei

handelte es sich um acht Ansprechpartner auf Agentur-Ebene, vier Verantwortliche aus dem

Bereich der Beratungsunternehmen, zwei Angehörige des akademischen Bereiches bzw.

von Universitäten und einem Konzernmitarbeiter.

3.4 Interview-Leitfaden

Bei der vorliegenden qualitativen Forschung handelt es sich um teilstrukturierte Interviews.

Zur inhaltlichen und methodischen Vorbereitung dieser Interviewform wurde ein entspre-

chender Gesprächsleitfaden entwickelt, welcher vorformulierte Fragen thematisch angeord-

net abbildete (s. Anhang, Abschnitt 2 Interview-Leitfaden). Leitfäden haben in diesem Zu-

30

sammenhang sowohl eine Strukturierungsfunktion als auch eine Orientierungsfunktion in

der Erhebungssituation (vgl. Bogner et al. 2014, 27). Die teilstrukturierte Konstruktion des

Leitfadens bot sich für diesen aktuellen und schwer eingrenzbaren Untersuchungsgegen-

stand besonders an, da diese Form eine Variation der Frageformulierung je nach Ge-

sprächspartner und -verlauf erlaubt. Weiterhin bot die Möglichkeit der individuellen Fra-

genabfolge im Verlauf des Interviews Raum für die spezifische Schwerpunktsetzung der

Befragten. Während des Gesprächs diente der Leitfaden demnach dazu, die Gesprächs-

partner zum Reden anzuregen und konnte je nach Interviewsituation variiert werden.

Über die genaue Strukturierung und Gestaltung des Leitfadens bestehen keine spezifischen

Vorgaben (vgl. Meier 2015, 67). Vielmehr orientiert sich die individuelle Ausgestaltung am

Untersuchungsgegenstand und dem Forschungsinteresse (vgl. ebd.). Grundsätzlich besteht

ein Leitfaden allerdings aus verschiedenen Themenblöcken, die mit Hauptfragen versehen

werden (vgl. Boger et al. 2014, 28). Diese dienen als Gesprächsanreize zum entsprechenden

Themenabschnitt (vgl. ebd.). Zusätzlich stehen verschiedene Detailfragen als Hilfe zum

ergänzenden Gesprächsanreiz und Nachfragen bei Einzelaspekten zur Verfügung (vgl.

ebd.).

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde der Leitfaden in Anlehnung an Bogner et al.

(2014, 32 ff.) folgendermaßen aufgebaut:

(1) Sampling und Systematisierung: Die auf Basis der Literaturrecherche herausgearbeiteten

Forschungsfragen wurden zunächst in Form eines Mind Mappings zusammengestellt und

systematisch zugespitzt, sodass eine konkrete Übersicht der Fragen entstand, die in der Un-

tersuchung betrachtet werden sollten.

(2) Gruppierung: Darauf folgte die Sortierung der Fragen in die folgenden fünf Themenblö-

cke, zu denen wiederum abhängige Fragen und weitere Subthemen zugeordnet wurden:

- Zielgruppe und Anwendungsbereiche

- Perspektiven von Gamification im E-Learning

- Herausforderungen von Gamification im E-Learning

- Konzeption und Produktion

- Zukünftige Entwicklungen

(3) Fragenformulierung: In nächsten Schritt wurden die Forschungsfragen in konkrete In-

terviewfragen übertragen, um eine Gesprächssituation vorzubereiten.

(4) Differenzierung von Fragetypen: Abschließend wurden die verschiedenen Fragen inner-

halb der Themenblöcke in einer vorläufigen Reihenfolge gruppiert und sinnvolle Nachfra-

gen entsprechenden Hauptfragen zugeordnet.

31

Zum Einstieg eröffnete eine kurze Einleitungsphase das Interview, in der der Dank für die

Gesprächsbereitschaft ausgesprochen wurde, der institutionelle bzw. thematische Kontext

erwähnt wurde und der zeitliche Rahmen des Interviews geklärt wurde. Darüber hinaus

beinhaltete die Einleitungsphase des Leitfadens einen Hinweis auf gewünschte ausführliche

Schilderungen und subjektive Einschätzungen. Abschließend wurde auf die Anonymisie-

rung und die Aufnahme des Gesprächs auf Tonband hingewiesen.

Zu Beginn des ersten eigentlichen Interviewteils sollte eine möglichst leicht zu beantwor-

tenden Einstiegsfrage zur Stabilisierung der Interviewsituation und dem Aufbau von Ver-

trauen beitragen. Dazu wurden die Interviewpartner aufgefordert, ihre organisatorische Ein-

ordnung sowie ihren beruflichen Hintergrund kurz zu schildern. Dies diente darüber hinaus

dazu, eventuelle Fragen, die aufgrund der angegebenen Funktion von den Befragten ver-

mutlich nicht beantwortet werden konnten, zu entfernen bzw. individuell anzupassen. Wei-

terhin bestand der erste Teil des Interviews aus Fragen zu den individuellen Berührungs-

punkten mit Gamification im Kontext von E-Learning. Dazu gehörten die Dauer der thema-

tischen Fokussierung der Interviewpartner sowie die Frage nach den Gründen und der Art

der Auseinandersetzung mit dem untersuchten Feld. Die darauffolgenden Interviewteile

befassten sich mit den fünf o.g. Themenblöcken und ihren jeweiligen Ausgestaltungen. So

wurden im ersten Themenblock Zielgruppen und Anwendungsbereiche für Gamification

abgefragt. Themenblock 2 behandelte die entsprechenden Perspektiven des Gamification-

Einsatzes, der darauffolgende Themenblock 3 hatte das Ziel, Herausforderungen und nega-

tive Erfahrungen in diesem Bereich abzufragen. Anschließend wurden die Interviewpartner

im Rahmen von Themenblock 4 nach spezifischen Anforderungen an die Konzeption und

Produktion entsprechender Anwendungen gefragt und hatten abschließend in Themenblock

5 die Möglichkeit, ihre zukünftigen Erwartungen bzgl. des Themas zu schildern. Zum Ende

wurde der Interviewpartner zu einer Bilanzierung bzw. Ergänzung des Interviews aufgefor-

dert und das Interview schloss mit einer Danksagung und dem Hinweis auf die Möglichkeit

der Ergebnis-Zusendung ab.

Insgesamt wurden die Themenblöcke so strukturiert, dass sie in sich eine Einheit bildeten

bzw. abgeschlossen waren. Sie konnten also als Bausteine variabel verschoben werden, die

zugeordneten Fragen verblieben allerdings zusammengehörig innerhalb des Themenblöcke

erhalten.

Bei der Leitfadenkonstruktion wurde besonders auf die Auswahl sowie Art und Weise der

Formulierung der Fragen geachtet, da diese die Gesprächsgestaltung essenziell beeinflussen

und dadurch eine effektive Wissensgenerierung unterstützen können (vgl. Bogner et al.

2014, 59). Überwiegend wurde die Form der Stellungnahme- und Bewertungsfragen ge-

32

wählt, um individuelle Einschätzungen der Interviewpartner abzufragen. Weiterhin wurden

Erzählgenerierende Fragen herangezogen, um individuelle Erlebnisse betrachten zu kön-

nen. Um die Wahrnehmung eines unangenehmen „Springens“ beim Wechsel der Themen-

blöcke zu vermeiden, wurden Formulierungen in Form der Thematischen Steuerung im In-

terview genutzt. Dabei wurden Überleitungen zwischen den einzelnen Themenblöcken vor-

formuliert, die z.B. durch Wiederholung und Anknüpfung einen sanfteren Übergang zum

nächsten Thema ermöglichten. Bei allen Fragen handelte es sich um offene Fragen, die es

den Interviewpartnern erlaubten, die jeweiligen Antworten individuell auszugestalten.

3.5 Interview-Durchführung

Die Interviews zur vorliegenden Studie fanden im gesamten Monat April des Jahres 2015

statt und verliefen telefonisch (87,5 %) oder persönlich (12,5 %). Um die Interviews nicht

von fremden Einflüssen beeinträchtigen zu lassen, befanden sich die Interviewpartner wäh-

rend der Befragung allein bzw. nur mit dem Interviewer in einem abgetrennten Raum.

Dadurch konnte ein Interviewabbruch vollständig vermieden werden.

Der Interview-Leitfaden stand den Interviewpartnern vor und während des Interviews nicht

zur Verfügung, da es im Rahmen dieser explorativen Forschungsmethode darum ging, sub-

jektive Wahrnehmungen mithilfe von spontanen Äußerungen zu erzielen, die sich die Inter-

viewpartner vorher nicht zurecht legen konnten. Bogner et al. (2014, 30) weist in diesem

Zusammenhang darauf hin, dass es „[...] in der Regel um diejenigen Vorstellungen und

Orientierungsmuster [geht], die die Befragten in ihrer professionellen Praxis alltäglich zur

Anwendung bringen, nicht um solche Wissensbestände, die sich die Experten extra für das

Interview erarbeitet haben.“

Die Befragungen wiesen eine durchschnittliche Dauer von 40 Minuten auf. Bei fast allen

Interviews stand damit ausreichend Zeit zur Verfügung, um das gesamte Spektrum der

Themenblöcke entlang des Interviewleitfadens gemeinsam abzuarbeiten und ggf. Nachfra-

gen zu stellen. Zum Großteil verliefen die Gespräche nicht chronologisch entlang des Leit-

fadenaufbaus. Einzelne Themenblöcke wurden zum Teil verschoben bzw. neu angeordnet,

um den Experten eine eigene Gewichtung zu ermöglichen. Je nach Schwerpunktsetzung

und individueller Ausrichtung der Experten wurde auch die Art der Fragestellung entspre-

chend angepasst.

Unter Zustimmung der befragten Personen wurden alle Interviews auf Tonband aufgezeich-

net. Die anschließende Begutachtung des Audio-Materials ergab, dass zwei der telefonisch

geführten Interviews aufgrund der Nutzung von Mobiltelefonen seitens der Interviewpartner

keine ausreichende Audio-Qualität für die weitere Verwertung des Materials lieferten.

Hierbei handelte es sich jeweils um ein Interview mit einem Experten auf Agentur-Ebene

33

aus dem akademischen Bereich. Im weiteren Verlauf wurden daher 13 der 15 Interviews

vollständig transkribiert. Diese Transkriptionen dienten anschließend als Grundlage für das

im nächsten Abschnitt erläuterte Auswertungsverfahren (s. Anhang, Abschnitt 3 Transkri-

bierte Experteninterviews).

3.6 Auswertungsverfahren

Im Rahmen der qualitativen Sozialforschung hat sich noch kein für Experteninterviews

spezifisches Auswertungsverfahren etabliert (vgl. Bogner et al. 2014, 71). Generell gilt,

dass die Wahl der Auswertungsmethode durch ein Zusammenspiel von Forschungsinteres-

se, Fragestellung und den zur Verfügung stehenden Ressourcen bestimmt wird (vgl. Was-

sermann 2015, 61). Dabei sollte allerdings beachtet werden „[...], dass jedes Verfahren ei-

nem spezifischen Forschungskontext entstammt [...]“ (vgl. Bogner et al. 2014, 71). Daraus

abgeleitet lassen sich für die Interviewauswertung klare Tendenzen zu bestimmten Verfah-

ren finden (vgl. ebd.).

Bei den im Rahmen dieser Studie durchgeführten Experteninterviews handelte sich um „ex-

plorativ-informatorische Experteninterviews“ (ebd., 72) mit dem Ziel der Informationsge-

winnung über das Umfeld des Untersuchungsbereichs (vgl. ebd., 23). In Verbindung mit

diesem Forschungskontext wird das Auswertungsverfahren der qualitativen Inhaltsanalyse

empfohlen (vgl. z.B. Bogner et al. 2014, 72; Meier 2015, 74; Wassermann 2015, 61).

Die Inhaltsanalyse erfolgte in Anlehnung an Meuser und Nagel (2009, 467 f.) in den fol-

genden Auswertungsstufen: Zunächst wurden durch Thematisches Ordnen einzelne Text-

passagen zu Themen in Form von Überschriften zugeordnet. Diese Kategorien bestanden

aus den in Kapitel 3.4 beschriebenen Themenblöcken. In der nächsten Stufe wurde ein

Thematischer Vergleich aller Textpassagen zwischen den verschiedenen Interviews durch-

geführt. Gleiche oder ähnliche Themenbereiche wurden so gegenübergestellt und die Über-

schriften vereinheitlicht. In dieser Stufe wurde die vorgenommene Zuordnung kontinuier-

lich überprüft, damit bei der Verdichtung der Daten keine relevanten Informationen verlo-

ren gehen konnten oder Aussagen falsch interpretiert wurden. Weiterhin wurde in dieser

Stufe mit dem Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel gearbeitet, um die einzelnen

Textelemente in einer Gesamtübersicht vergleichen zu können. Schließlich wurden die ein-

zelnen Kategorien im Rahmen der Soziologischen Konzeptualisierung systematisch mit den

wissenschaftlichen Grundlagen (s. Kapitel 2) verglichen und entlang der Forschungsfrage

gemeinsam umformuliert, interpretiert und bewertet, um eine zusammenfassende Ergebnis-

darstellung (s. Kapitel 4) zu ermöglichen. Die Verallgemeinerung blieb dabei begrenzt auf

das vorliegende Untersuchungsmaterial.

34

4 Ergebnisdarstellung

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Experteninterviews dargestellt. Aus Gründen der

Anonymisierung werden verwendete Zitate und Verweise den einzelnen Interviews über

eine Codierung zugeordnet (s. Anhang, Abschnitt 3.1 Codierung der Interviews).

4.1 Beurteilung von klassischem E-Learning

Um die Relevanz von Gamification im E-Learning zu betonen, weisen alle Befragten darauf

hin, dass der reine Einsatz von klassischem E-Learning ohne Gamification-Anteil heutzuta-

ge sowohl von den Lernern negativ aufgefasst werde, als auch in Evaluationen seitens der

Anbieter bzw. Unternehmen schwache Erfolgsergebnisse zeige. In diesem Zusammenhang

werden u.a. Konsequenzen, wie „schlechte Quoten“ (EA01), „geringer Wirkungsgrad“

(EA01), „mäßige Nutzerzahlen“ (EA02) und „geringe Akzeptanz der Usergruppen“ (EA07)

von den Experten genannt. Gründe dafür sehen die Befragten vor allem in dem negativ be-

lasteten Image der computerbasierten Lernform. Der Lerner setzt sich demnach nur sehr

voreingenommen mit E-Learning auseinander und empfindet dieses dabei oft als trocken

und langweilig. Fast alle Befragten bringen dabei mehr als einmal zum Ausdruck, dass klas-

sisches E-Learning von den Lernern mit dem bekannten Lernen aus der Schulzeit verbun-

den wird, das der Empfindung nach im Rahmen von klassischem Slide-basierten E-

Learning über ein neues Medium eins zu eins umgesetzt wurde: „Viele verbinden damit Frontalunterricht, wie in der Schule in Unterrichtseinheiten. Und dann setzt man sich halt mal da hin und lernt etwas. Da kann ich es verstehen, wenn die Leute dann sagen: ‚Hört sich erst mal nicht so spannend an‘“ (EA03).

Diese Empfindungen führen die Experten auf den linearen Aufbau solcher E-Learning-

Maßnahmen zurück. Der Lernprozess ist in rein sequenziellem E-Learning stark vorgege-

ben und durch die Lerner wenig beeinflussbar. Ein Interviewpartner fasst das entsprechend

gelangweilte Verhalten der Lerner entlang eines solchen vorgegebenen Lernpfades wie

folgt zusammen: „Der User geht also sequenziell, sprich in einer Reihenfolge, durch das

WBT durch und sagt: ‚Kenn ich, kenn ich, kenn ich, muss ich machen, klick, klick, klick‘“

(EA07). Solche statischen Anwendungen haben zur Folge, dass der Lerner „[...] durch sämt-

liche Stufen durch [muss], um dann vielleicht an einen Punkt zu kommen, wo sein besonde-

rer Fokus ist.“ (EA07). Dies führt dahingehend zu Schwierigkeiten, dass sich das Lernen

nicht in den Alltag der Lerner integrieren lässt, „[...] weil es nicht mal schnell zwischendurch machbar ist, sondern wenn man angefangen hat und dann, sobald ein Kunde kommt, abbrechen musste, dass man dann wieder ganz von vorne anfangen musste“ (EA01).

35

Weiterhin nehmen die Lerner die Anwendungen als „[...] Eins zu Eins-Kommunikation,

einer Ein-Weg-Kommunikation mit sehr viel Text“ (EB10) wahr. Feedback-Möglichkeiten

bzw. Bestätigungen gäbe es laut den meisten Befragten kaum. So sind die Zielgruppen „[...]

beim klassischen E-Learning oftmals verunsichert und wissen nicht, ob sie es richtig ge-

macht haben“ (EA01).

Als übergeordnete Problematik bzw. Konsequenz von sequenziellem E-Learning geben die

meisten Interviewpartner negative Aspekte hinsichtlich der Lernmotivation an. „Klassische

Web Based Trainings sind im Grunde nur umgeformte PowerPoint-Präsentationen. Sicher-

lich nicht besonders motivierend“ (EB08). Die geringe Motivation kommt häufig daher,

dass ein starker extrinsischer Zwang hinter der Bearbeitung der E-Learning-Anwendungen

steht. Das nimmt den Teilnehmern die „Lust“ (EA01) und sie würden sich mit den Lernin-

halten nur „unter Druck oder Zwang“ (EA01) beschäftigen. Eine befragte Person aus dem

Agenturumfeld behauptet dazu: „Das ist an sich nicht der richtige Weg. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Incentivierung nur eine extrinsische Motivation auslöst. Also ich mache etwas, weil ich etwas anderes dafür be-komme. Qua psychologischer Grundlage die schlechtere Motivation. Die Motivation ist nicht so nachhaltig, nicht so gleichbleibend wie die intrinsische“ (EA01).

Die Lerner nehmen klassisches Slide-basiertes E-Learning demnach als „reine Mehrbelas-

tung“ wahr, für das sie im unternehmerischen Kontext „[...] auch noch vor dem Rechner

sitzen [müssen]“ (EA02).

4.2 Perspektiven des Gamification-Einsatzes im E-Learning

Der Integration von Gamification in E-Learning-Anwendungen stehen alle Befragten un-

eingeschränkt positiv gegenüber. Vielmehr wird sogar darauf hingewiesen, dass es „[...] zu

einem vernünftig aufgebauten [E-Learning-]Konzept fest dazugehört und, dass es die Wirk-

samkeit deutlich besser garantieren kann, als ein klassisches WBT“ (EA01). Im Vergleich

dazu wird mit Gamification „[...] der Spielreiz mehr gelockt und es gibt sehr viele Leute,

die [das E-Learning] häufiger nutzen, weil es ihnen einfach Spaß macht“ (EA02). Der Fak-

tor Spaß spielt demnach eine große Rolle, wenn es darum geht, sich „[...] von dem sequen-

ziellen Lernen in desorganisierte Lernprozesse zu verabschieden“ (EA01). Ein Befragter

fasst die Intention der Lerner in diesem Zuge wie folgt zusammen: „Das ist nicht so ein

gefühltes oder wahrgenommenes ‚Ich muss das jetzt machen‘, sondern ein ‚Ich finde das

gut‘“ (EA02). Es geht also darum, dass die Lerner die Lerninhalte mit Engagement und

ohne gefühlten Zwang durcharbeiten und nachhaltig bei der Sache bleiben. In diesem Zu-

sammenhang wird der Einsatz von Game Design-Elementen als effektives Instrument be-

trachtet, „[...] um den Teilnehmern a) überhaupt initial einen Zugang zu dem Thema zu

36

gewähren, und b) mittelfristig am Ball zu bleiben und das Lernen oder das Training im

Prinzip weiterzuverfolgen“ (EA04). Demnach wird Gamification nicht nur während des

Lernens positive Effekte zugeschrieben. Mit Gamification-Aspekten werde den Lernern

auch ein einfacherer Zugang zum E-Learning ermöglicht, da sie die Aufmerksamkeit der

Lerner auf die Lernumgebung lenken, so einer der Befragten. Gamification wird eingesetzt,

um „[...] am Anfang überhaupt die Anwendung zu benutzen, [...] also die Leute an die

Funktionsweise des E-Learnings heranzuführen“ (EK13).

Die Experten sind sich einig, dass Gamification den Lernerfolg bzw. den Lerntransfer maß-

geblich steigern kann. Mit Gamification lässt sich demnach eine Lernumgebung schaffen, „[...] die sozusagen die extrinsische Notwendigkeit der Aktivität plus die intrinsische Bedeutung [der Aktivität] zusammenbringt. Dann schaffst du sozusagen eine Effektivität des Menschen, und das meine ich jetzt nicht betriebswirtschaftlich, sondern einfach für ihn selber. Dann schaffst du eine Umgebung, in der er sein vollstes Potenzial ausfüllen kann, herausholen kann, was natürlich am Ende Produktivität ohne Ende ist. Aber es ist auch die natürlichste Umgebung, die ihm so viel Spaß macht. In der fühlt er sich wirklich wohl“ (EA05).

4.2.1 Motivationale Effekte

Eine der Kernbotschaften, die alle Befragten in Bezug auf die Perspektiven des Gamificati-

on-Einsatzes im E-Learning vermitteln, wird von einem der Interviewpartner wie folgt auf

den Punkt gebracht: „Worum geht es im Grunde genommen? Warum nutzen Unternehmen

spielerische Ansätze? Es geht um eins: Es geht um Motivation“ (EA07). Ziel des Einsatzes

sei allen Befragten zufolge, die Erreichung eines gewissen Grades der intrinsischen Motiva-

tion. Ohne Zweifel bestätigen sie, dass diese Art der Motivation im Zusammenhang mit

Lernen „[...] einfach die bessere Motivation ist“ (EA01). Dabei gehen die Experten davon

aus, dass bei der Nutzung von Gamification im E-Learning stets eine grundsätzliche Moti-

vation der Lerner zur Erarbeitung der Lerninhalte vorhanden sein müsse. Im nicht-

unternehmerischen Kontext ist es dabei oft möglich, dass Gamification auf bereits vorhan-

dener intrinsischer Motivation aufsetzen kann. Beispielhaft nennen einige Experten in die-

sem Zusammenhang die Nutzung der Sprachenlern-App Duolingo, welche auf einem Gami-

fication-Ansatz aufbaut. Die Anwender dieser App sind im Voraus bereits durchaus intrin-

sisch motiviert, da sie mit dem Willen an die Bearbeitung der Lerninhalte herangehen, frei-

willig eine Sprache zu lernen bzw. vorhandene Sprachkenntnisse auszubauen. Gamification

wird hier eingesetzt, um die Leute langfristig „bei der Stange zu halten“ (EK13) und die

intrinsische Motivation zu bewahren. Beim Einsatz von Gamification im unternehmerischen

Kontext sei die grundsätzliche Motivation, die Lerninhalte zu bearbeiten, in den meisten

Fällen eher extrinsisch motiviert, so der Großteil der Befragten. Dies begründeten sie z.B.

wie folgt:

37

„[...] bei Gamification habe ich ja eigentlich ein E-Learning-Angebot, wo der Zielgruppe auch im Moment der Anwendung vollkommen klar ist, dass sie jetzt gerade ein E-Learning-Angebot nutzt und das auch macht, weil sie denkt: Ich muss das jetzt machen“ (EK13).

Die vorherrschende extrinsische Motivation rührt demnach z.B. daher, dass ein Arbeitgeber

eine entsprechende Weiterbildung bzw. Beschäftigung der Arbeitnehmer mit dem E-

Learning fordert. Es handelt sich demnach um den extrinsischen Motivator „Erforderlich-

keit“. Laut den Befragten sei die Absicht des Gamification-Einsatzes hier das Verschieben

der Motivation in Richtung intrinsischer Motivation durch den Einsatz von Game Design-

Elementen, statt nur die intrinsische Motivation aufrecht zu erhalten, wie es z.B. bei der

Duolingo-App der Fall ist. Diese Verschiebung der Motivation lässt sich in den in Kapitel

2.3.3.2 beschriebenen psychologischen Internalisierungsprozess einordnen. Ziel dieser Fo-

kussierung der intrinsischen Motivation sei die damit zu erwartende bessere Lernqualität, so

die Befragten.

Bei der detaillierten Betrachtung des Motivationsaspektes beleuchten die Interviewpartner

wiederholt die Fragen: „Wie kann ich Menschen motivieren? Wie kann ich Menschen be-

geistern? Wie schaffe ich ein Feld, in dem ich Motivation auch ein stückweit erlebbar ge-

stalten kann?“ (EA01). Die von den Experten genannten Ursachen bzw. Treiber dieser posi-

tiven Wirkungseffekte von Gamification im Kontext von E-Learning werden in den folgen-

den Unterkapiteln detaillierter herausgearbeitet. Dabei werden die im Forschungsstand (s.

Kapitel 2) genannten theoretischen Grundlagen hinzugezogen und in Verbindung mit den

Expertenaussagen ausgewertet.

4.2.1.1 Psychologische Grundbedürfnisse im Rahmen der Selbstbestimmungstheorie

Die in Kapitel 2.3.3 genannten psychologischen Grundbedürfnisse des Menschen nach so-

zialer Eingebundenheit, Selbstbestimmung und Kompetenz gemäß Deci und Ryan (1993,

229) werden im Rahmen der Interviews von vier der befragten Personen direkt genannt.

Alle weiteren Interviewpartner erwähnen die drei Treiber zur Erhöhung der intrinsischen

Motivation indirekt während der Gespräche. So ergibt die Befragung, dass sich Lern-

Anwendungen entlang dieser Grundbedürfnisse ausrichten sollten, um die Motivation der

Lerner zu stärken. Einer der Befragten ordnet die psychologischen Grundbedürfnisse eines

Arbeitnehmers in die Maslowsche Bedürfnispyramide (vgl. Maslow 1977) ein. So werden

die beiden unteren Stufen der Pyramide, also die Ebene der physiologischen Bedürfnisse

(z.B. Essen, Trinken, Schlafen) und die Ebene der Sicherheitsbedürfnisse (z.B. Ordnung,

Stabilität, Schutz) durch das Gehalt eines Arbeitnehmers abgedeckt (vgl. Bühner 2004, 93).

„Das heißt, wenn man genug verdient, dass man sich genug zu Essen kaufen kann, dass

38

man ein Dach auf dem Kopf hat usw., dann kommen andere Ziele, wie z.B., dass man sich

weiterentwickelt, dass man sich verwirklicht“ (EB11). Diese Ziele gehören zu den Pyrami-

den-Stufen der Sozialbedürfnisse, der Anerkennungsbedürfnisse und des Bedürfnisses nach

Selbstverwirklichung (vgl. Bühner 2004, 94). Lernen über Gamification, so der Experte

EK13, könne die Befriedigung dieser Bedürfnisse unterstützen, indem z.B. soziale Aus-

tauschmöglichkeiten, Visualisierung von Feedback oder individuelle Entscheidungswege

angeboten werden. Dies führt dazu, dass der Lerner sich während des Lernens und bei der

Arbeit wohler fühlt und die Motivation erhöht sich.

Im Folgenden wird dieser Motivationseffekt im Kontext der drei psychologischen Grund-

bedürfnisse im Rahmen der Expertenaussagen zum Gamification-Einsatz detaillierter be-

trachtet.

Sieben der befragten Experten weisen im Zusammenhang mit den motivationalen Perspek-

tiven des Gamification-Einsatzes gezielt auf die Möglichkeit des kollaborativen Lernens im

E-Learning und damit auf die Befriedigung des Bedürfnisses nach sozialer Eingebundenheit

hin. So heißt es z.B. bei Experte EA06: „Der Vorteil ist, dass sich die Lerner mit anderen auseinander setzen können. Mit anderen Ler-nern. Quasi im Dialog. Das ist das reizvolle. Dass man also eine neutrale Plattform hat, wo die Lerner Inputs und Outputs von anderen Lernern bekommen können, ohne, dass die Vorgesetzen oder die Führungskräfte dementsprechend Einfluss darauf haben oder das mitbekommen“ (EA06).

Möglich sei das soziale Lernen z.B. dadurch, dass innerhalb der Lernumgebung „kollabora-

tive Aufgaben erledigt werden müssen“, so EB11. Bei einer solchen Zusammenarbeit im

Team, ist z.B. ein Szenario denkbar, in dem mehrere Lerner die Aufgabe haben, ein virtuel-

les Unternehmen weiterzuentwickeln und dabei betriebswirtschaftliche Grundlagen erlernen

bzw. vertiefen zu können. Jeder Lerner kann dabei durch Game Design-Elemente, wie z.B.

Ranglisten oder Badges sehen, wie erfolgreich diese Weiterentwicklung zu einem bestimm-

ten Zeitpunkt ist. Dabei sei es von besonderer Bedeutung, dass der Lerner in der Lage ist,

seinen eigenen Anteil der Gemeinschaftsleistung ebenfalls einzusehen, um sich als „Teil

eines großen Ganzen“ (EB11) wahrnehmen zu können, so einer der Befragten. Entgegen

dieser Einschätzung postuliert EB09, dass eine Einzelauswertung mit Vorsicht zu betrach-

ten sei. Nicht in allen Fällen bzw. bei allen Zielgruppen eignet sich eine solche Darstellung,

da eine Einzelauswertung „[...] häufig nicht dazu führt, dass sich die guten [Lerner] noch mehr engagieren, sondern, dass die, die nicht so gut sind, entweder völlig frustriert sind oder überdrehen. Deswegen sagt man in dem Bereich, dass man es eher als Teamergebnis sehen sollte. Weil es eben auch den Wissens-austausch innerhalb eines Teams fördert und das Teambuilding. Und das ist ja wieder für das Unternehmen gut“ (EB09).

39

Einzelauswertungen seien in Deutschland bei vielen Unternehmen ebenfalls nicht im Sinne

der Betriebsräte, zeigen zwei der Befragten auf. Um dem Game Design-Element Rangliste

trotzdem zu entsprechen, ist es allerdings möglich, anonymisierte Highscores im E-

Learning bereitzustellen. Diese zeigen demnach nur den eigenen Namen des Lerners an.

Auch dadurch ist es zuweilen möglich „[...] einen informellen Austausch zwischen den Ler-

nenden hervorzurufen“ (EA01). Lerner könnten sich z.B. über eine Chat-Funktion wie folgt

austauschen: „Ein Mitglied sagt: ‚Hey, ich hab schon das und das Level erreicht‘ oder ‚Ich habe schon so und so viele Punkte‘. Und der andere sagt: ‚Oh, ich habe noch nicht so viele Punkte‘ und der schaut sich das Ganze dann noch mal an und kriegt dann auch Spaß daran und die Motivation hält wei-ter“ (EA01).

Ein anderer Experte weist ebenfalls auf den Vorteil eines solchen Wettbewerbs hin. In die-

sem Zuge kann man durch den anschließenden Austausch ganz nebenbei auch die Interakti-

ons- bzw. Kommunikationsfähigkeiten der Lerner schulen. Die interdisziplinäre Zusam-

menarbeit zur Befriedigung des Bedürfnisses nach sozialer Eingebundenheit ist darüber

hinaus nicht nur für den Lerner bzw. Arbeitnehmer von Bedeutung, sondern auch für den

Arbeitgeber. Dies begründet einer der Interviewpartner damit „[...], dass es ja doch auf-

grund der Komplexität und der sich schnell ändernden Arbeits- und Unternehmenssituatio-

nen [...] wichtig ist, ein eingespieltes Team zu haben, und dass die Schnittstellen auch funk-

tionieren“ (EU12).

Alle Befragten bringen zum Ausdruck, dass sich der Einsatz von Gamification im E-

Learning besonders eigne, um dem psychologischen Bedürfnis nach Selbstbestimmung der

Lerner nachzukommen und dadurch ihre Motivation zu erhöhen. Einer der befragten Perso-

nen verdeutlicht die Relevanz dieser selbstorganisierten Lernform, indem er auf die man-

gelhafte Beachtung dieses Bedürfnisses in der allgemeinen Arbeitswelt aufmerksam macht:

„Das Problem von Engagement im Arbeitsumfeld ist oftmals dieses Gefühl: ‚Ich habe ja gar

nicht wirklich die Kontrolle‘“ (EA05). Wenn ein Mitarbeiter also merke, dass er keine oder

wenige Wahlmöglichkeiten habe, und er sich entsprechend lediglich entlang eines vorgege-

benen Pfads weiterentwickeln könne, dann werde dieser Arbeitnehmer früher oder später

demotiviert sein, so einer der Interviewpartner. Laut den Experten werde der Lerner folglich

dadurch motiviert, dass er aktiv mitgestalten kann. Gamification sollte sich demnach an

selbstorganisierten Lernprozessen anlehnen. „Das heißt, der User bestimmt im Wesentli-

chen die Inhalte dessen, was für ihn interessant ist, [...] versucht hier gezielt Inhalte zu fin-

den, die seinem Wissensbedürfnis entsprechen“ (EA07).

Der Experte EA05 empfiehlt in diesem Zusammenhang eine Art „Dashboard“ für den Ler-

ner bereitzustellen, welches ihm einen Überblick über die Lerninhalte bietet und visuali-

40

siert, auf was sich der Lerner während des Lernprozesses einstellen muss. Wichtig dabei ist,

dem Lerner bezüglich der Erarbeitung der verschiedenen Lerninhalte eine gewisse Ent-

scheidungsfreiheit zu ermöglichen, um selbstbestimmt einen Lernweg festlegen zu können.

Ein weiterer Experte fasst diese Art des selbstorganisierten Lernens wie folgt zusammen:

„Lernen nach dem Motto: Was ist für mich wichtig und wie kann ich das, was für mich

wichtig ist dementsprechend auch wiederholen“ (EA07). Die Möglichkeit des individuellen

Zusammenstellens sei sehr wichtig, betonen alle Befragten, dennoch müsse sich die selbst-

organisierte Entwicklung des Lerners in gewissen Rahmenbedingungen bewegen, denn im

Arbeitsleben habe man immer mit Rahmenbedingungen und Regeln zu tun. Bei der Kon-

zeption von Gamification muss demnach sichergestellt werden, dass jeder Lerner alle wich-

tigen Lernpunkte erreicht.

Die Relevanz der Integration von Elementen, die sich zur Befriedung des Bedürfnisses nach

Selbstbestimmung eignen, ist allerdings nicht nur auf die Bedürfnisse der Lerner an sich

zurückzuführen, vielmehr werden durch selbstbestimmtes Lernen Fähigkeiten gefördert, die

für Unternehmen ebenfalls von Bedeutung sind. So verlangen Arbeitgeber heutzutage mehr

denn je von ihren Mitarbeitern, selbstständig Entscheidungen zu treffen sowie komplexe

Projekte zu planen und umzusetzen, so einer der Befragten. Die Integration von Selbstbe-

stimmung in E-Learning ist demnach ein „Win-Win -Aspekt“ (EA03) für Arbeitgeber und

Arbeitnehmer.

Weiterhin bestätigen die meisten Befragten die positive Wirkung von Gamification auf die

Befriedigung des psychologischen Grundbedürfnisses nach Kompetenz. Einer der Experten

untermauert die Bedeutung dieses Bedürfnisses mit einem Einblick in die moderne Ar-

beitsumgebung von Wissensarbeitern bzw. nicht-handwerklichen Berufen: „Das heißt, Gamification ist eigentlich ein Motivationsventil, um durch verschiedene Elemente, die Bedürfnisse von Mitarbeitern zu erfüllen, die sie ja haben und die sehr bekannt sind, z.B. ‚Ich fühle mich, als ob ich nicht weiterkomme‘, ‚Ich fühle mich, also ob ich mich nicht weiterent-wickle‘ [...]. Weil manchmal ist es eben so, dass man in einem modernen Arbeitsumfeld sehr wenig Feedback hat. Wenn ein Maurer eine Mauer baut, dann sieht er nach einem halben Tag: ‚Ich habe dreiviertel der Arbeit geschafft‘, nach ein paar Wochen sieht er, dass das Haus schon fast fertig ist. Er bekommt jeden Tag Feedback, dass er verschiedene Sachen erreicht hat. Das ist bei einem Wissensarbeiterjob kaum vorhanden“ (EK13)

Mit Gamification ist es demnach möglich, den Lernern durch Game Design-Elemente ent-

sprechende Rückmeldungen zu ihren Fortschritten im Lernprozess zu geben, „[...] und das

ist biologisch gesehen, von den menschlichen Bedürfnissen her, sehr wichtig“ (EK13).

Wiederholt machen die Experten im Kontext dieser Rückmeldungen auf das Game Design-

Element Echtzeit-Feedback aufmerksam. Aber auch Elemente wie Fortschrittsanzeigen,

Bonuspunkte, das Erreichen von Expertenstatus oder die Freischaltung neuer Zugangsmög-

41

lichkeiten durch gute Leistung können zur Befriedigung des Bedürfnisses nach Kompetenz

beitragen. Diese Formen der Rückmeldung dienen den Lernern vor allem dazu, sich den

entsprechenden Kompetenzerwerb verifizieren zu lassen. Dem Experten EU12 zufolge, sei

es dem Lerner dadurch möglich, einzusehen „[...] an welchen Stellen eine Kompetenzent-

wicklung stattgefunden hat“. Dies fördert die intrinsische Motivation, da eine visualisierte

Steigerung der Kompetenz zumeist auch die Motivation erzeugt, selbstständig noch besser

werden zu wollen. Rückmeldungen zum Kompetenzerwerb wirken dabei am effektivsten,

wenn Gelerntes direkt in einer realen oder virtuellen Aktivität angewendet werden könne,

so die Befragten. Beispielhaft zeigt Experte EA05 dazu eine Situation aus der Praxis auf: „Wenn du etwas lernst und danach direkt ein Kundengespräch hast und in dem Kundengespräch danach direkt merkst: Wow, das hat ja echt funktioniert. Also du musst es schaffen, Aktivität, Aktion und Feedback so nah zusammenzubringen, dass du da diese direkte Connection hast“ (EA05).

Der Kompetenzerwerb könne ebenfalls dem o.g. „Dashboard“ des Lerners zugeordnet wer-

den, so einer der Befragten. So haben die Lerner jederzeit die Möglichkeit ihr persönliches

„Skill-Profil“ einzusehen, auf dem der Lerner erkennt, „[...] das bin ich. Und wenn ich jetzt

das Training mache, dann entwickle ich mich weiter“ (EB11). Wichtig sei in diesem Zu-

sammenhang, dass das Lernprofil bzw. der individuelle Kompetenz-Status des Lerners bei

der Integration von neuen Lerninhalten erhalten bleibe, der Lerner also nicht „wieder von

null anfängt“, so EA05. Ansonsten gehe die Bedeutung des Lernprozesses für den Lerner

verloren und die intrinsische Motivation, sich mit dem neuen Lernstoff noch weiterzuentwi-

ckeln, ist nicht mehr gegeben.

Zwei der Befragten sehen in der Darstellung des Kompetenzerwerbs ebenfalls eine Mög-

lichkeit für Unternehmen, ihre Werte und Ziele an den Mitarbeiter zu tragen. Unternehmen

können demnach dem Lerner übermitteln: „Dieses sind für uns wichtige Ziele und wir

schätzen es, wenn du dich in diese Richtung entwickelst“ (EB11). Darüber hinaus kann dem

Lerner aufgezeigt werden, dass er eine Bedeutung für das Unternehmen hat, sodass „[...]

sich der Mitarbeiter wertig und wichtig im Unternehmen sieht“ (EA06).

Über die Betrachtung der drei psychologischen Grundbedürfnisse hinaus, kommt im Hin-

blick auf die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan (1993, 229) noch ein weiterer

Faktor in den Experteninterviews auf. So bestätigen zwei der Befragten von sich aus den im

Forschungsstand genannten Zusammenhang, dass die intrinsische Motivation geringer wer-

de, sobald extrinsische Motivatoren, wie z.B. Geld in Aussicht gestellt werden, da das Ge-

fühl der Selbstbestimmung des Lerners dadurch abnehmen würde und eine Belohnung als

Kontrolle bzw. Steuerung von außen wahrgenommen werde. So heißt es z.B. im Gespräch

42

mit dem Experten EA01, dass eine Bestätigung oder Belohnung für eine korrekte Handlung

im Rahmen der Lernanwendung „[...] im Normalfall nicht mit einer monetären, extrinsi-

schen Komponente gekoppelt werden sollte“. Vielmehr sollte durch transparentes und kon-

stantes Bestärken und Belohnen, z.B. mithilfe von Fortschrittsbalken oder Ranglisten, die

Begehrlichkeit geweckt werden. Der Lerner soll das Gefühl haben: „Ich bin gut. Ich bin

weit oben, aber ich kann es noch besser“ (EA01). Dadurch wird die intrinsische Motivation

gefördert. Auch bei dem Experten EA04 steht die „persönliche Motivation“ im Vorder-

grund. Er weist demnach besonders darauf hin, dass die Incentivierung des Lerners „[...]

nicht durch Preise oder ähnliches [stattfindet], sondern indem man Punkte und Pokale, Bad-

ges usw. hat und vielleicht auf einem Dashboard besondere Erfolge sehen kann“.

4.2.1.2 Der Zustand des Flow-Erlebens

Fünf der befragten Personen betonen im Zusammenhang mit den Perspektiven von Gamifi-

cation im E-Learning den lernförderlichen Zustand des Flow-Erlebens nach Csikszentmiha-

lyi (1999). So heißt es z.B. bei dem Experten EA01: „Ich bin komplett der Überzeugung,

dass Gamification eine der entscheidenden Schnittstellen zwischen Lernen und Flow ist“.

Ein weiterer Interviewpartner beurteilt den Flow-Zustand als „[...] das oberste Ziel, da wo

die Lerneffektivität am größten ist“ (EA05). Die Befragten weisen darauf hin, dass Gamifi-

cation durch den Einsatz verschiedenster Game Design-Elemente, wie z.B. unterschiedliche

Levels, eine ideale Passung zwischen Herausforderung und Fähigkeiten des Lerners herstel-

len könne, was wiederum als essenzielle Voraussetzung für den Zustand des Flow-Erlebens

gelte. Um eine, durch das Flow-Erleben ermöglichte, Motivationssteigerung bzw. Motivati-

onserhaltung zu erreichen, sollte sich der Lerner in Flow-Kanal, also im Gleichgewicht „[...]

zwischen Über- und Unterforderung“ (EA03) befinden. Langfristige Motivation der Lerner

erhält man, „[...] wenn man es schafft, den User in diesem Flow-Kanal zu behalten“

(EK13). Dieser wird z.B. dadurch erzielt, dass sich der Lerner bestimmte Schwierigkeitsstu-

fen wählen kann, um das Gleichgewicht herzustellen. Beispielhaft nennt der Experte EA03

ein von ihm entwickeltes E-Learning für Lagerarbeiter: „[...] es geht darum, dass eben sehr viele aus dieser Branche nicht so eine gute Bildung hatten und man musste sich auf diesen Personenkreis einstellen. Und da hatten wir es so gemacht, dass die Fragen standardmäßig einen mittelschweren Schwierigkeitsgrad hatten und die Lerner hatten die Möglichkeit zu sagen: ‚Ok, pass mal auf, bei den letzten drei Fragen war ich völlig unsicher, da gehe ich noch eine Stufe herunter in der Schwierigkeit‘. Die Leute hatten also die Möglich-keiten, den Kurs ihren Fähigkeiten anzupassen“ (EA03).

Weiterhin liefern die Befragten Hinweise, wie der Flow-Zustand von Gamification bereits

in der Konzeption und Produktion berücksichtigt werden kann. Es sei in diesem Zusam-

menhang besonders sinnvoll, die Vorzüge von Games bzgl. des Involvements zu berück-

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sichtigen, so einer der Befragten. So sind beispielsweise Spieler von Videospielen im Flow-

Zustand vollkommen in der Spiele-Aktivität „[...] gefangen oder involviert, da sie die ge-

samte Aufmerksamkeit braucht“ (EA05). Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Spiel den

Spieler fordert und dadurch zum Lernen zwingt. Der Experte EA05 erläutert diesen Zustand

wie folgt: „Das bewusste Bewusstsein kann zwischen 120 und 130 Bits pro Sekunde verarbeiten, wie ein Prozessor. Wenn man während einer Aktivität, wie z.B. bei ein Spiel, merkt: ‚Moment mal, da habe ich schon wieder etwas falsch gemacht. Was muss ich genau machen? Denk nach! Kon-zentrier dich!‘ - dann nimmt das Gehirn Kapazität weg von den noch freien Bits, weil es merkt: Es reicht nicht, was es zur Zeit hat. Und sobald man dann ungefähr in diesen Bereich 100 bis 110 Bits pro Sekunde kommt, die man für die Aktivität braucht, hat das Gehirn keine Kapazität mehr frei für anderes. Dann verliert man das Gefühl von Zeit und Raum. Dann ist man im Flow“ (EA05).

In diesem Stadium habe der Lerner am meisten Spaß an der Aktivität und er befände sich

im „effektivsten Lernstadium“, so der Experte. Um dies zu erreichen, ist besonders darauf

zu achten, dass eine Anwendung nicht nur darauf abzielt, dem Lerner möglichst viele Er-

folgserlebnisse zu geben. Dem Lerner sollte vielmehr das Gefühl vermittelt werden, dass er

es gerade so schafft, mitzuhalten, bevor dann plötzlich eine Wendung im Geschehen eintritt.

Dabei wird z.B. ein neuer Gegner eingebracht oder es entsteht auf einmal Zeitdruck. „Plötz-

lich ist die Herausforderung ein ganz kleines Stück größer als die Fähigkeiten und man

scheitert“ (EA05). In diesem Fall bricht der Lerner jedoch nicht komplett ab, denn es baut

sich durch das knappe Scheitern eine Art Kampfgeist auf, indem er sich sagt: „Jetzt weiß

ich, wie es geht – das nächste Mal kriege ich das hin“ (EB09). Der Lerner würde demnach

die Aktivität wiederholen und einen neuen Versuch beginnen. Die Aufmerksamkeit bzw.

die Motivation für die Anwendung bleibt längerfristig erhalten. Während des knappen

Scheiterns stellt sich ein sogenanntes „Aha-Gefühl“ ein, das dem Lerner vermittelt: „Ich

war so nah dran, ich kann das Ziel erreichen“ (EA05). Beispielhaft zieht einer der Befragten

hier die Computerspiel-Reihe „Monkey Island“ heran, bei der die Spieler auch bei häufigem

Scheitern, stets gewillt seien, die entsprechende Aufgabe zu wiederholen. Die Spieleindust-

rie hat es demnach perfektioniert, den Spielern eine Art „Suchtgefühl“ zu vermitteln, dass

sie dazu verleitet, nach höheren Levels zu streben und das Spiel auch beim Scheitern nicht

abzubrechen. Um den Flow-Zustand und den damit verbundenen positiven Lerneffekt zu

erreichen, sollte daher auch E-Learning Game Design-Elemente heranziehen, die ein sol-

ches „Suchtgefühl“ durch die Integration des „knappen Scheiterns“ ermöglichen.

4.2.2 Trial-basiertes Lernen

Über die motivationalen Effekte im Sinne der Selbstbestimmungstheorie und der Theorie

des Flow-Erlebens hinaus, sehen die Experten auch die Möglichkeit des Trial-basierten

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Lernens im Rahmen von Gamification als Vorteil an. Im Vergleich zum sequenziellen E-

Learning haben Lerner hier die Möglichkeit, Dinge auszuprobieren und ohne großartige

Konsequenzen zu scheitern. Diese „Trial and Error-Funktion“ beschreibt der Experte EB08

folgendermaßen: „Also zu wissen: man kann Dinge ausprobieren und weiß, ob sie funktionieren oder nicht. Das kann man bei einem WBT nicht, wo man beispielsweise den Bremsweg eines Supertankers lernt. Und das Lernen ist dann sicherlich ein anderes, wenn Sie eine Simulation haben und den Su-pertanker selber steuern und im Zweifelsfall auch sehen, ob Sie ihn noch vor die Kaimauer set-zen, wenn Sie vor dem Hafen bremsen. Der Vorteil ist halt, man kann wieder bei null anfangen und der Supertanker funktioniert wieder, ohne, dass irgendetwas schief geht“ (EB08).

Ein wichtiger Aspekt ist dabei die gegebene Anonymität im Rahmen des computerbasierten

Lernens. Es ergibt sich demnach „Selbstausprobieren-Können, ohne, dass man in irgendei-

ner Weise zensiert wird oder, dass Fehler irgendwie geahndet werden“ (EB08). Damit er-

reiche man auch Lerner, die Probleme beim Lernen in Präsenzveranstaltungen zeigen, wenn

sie sich z.B. beobachtet fühlen, so einer der Experten.

Die meisten Befragten weisen darauf hin, dass Trial-basiertes Lernen einen sehr erfolgver-

sprechenden Gamification-Aspekt darstellt. Dies liegt besonders daran, dass das gelernte

Wissen im Sinne des „Learning by doing“ sofort angewendet werden kann. Beispielhaft

thematisieren dazu einige der Befragten die Gamification-Lernanwendung „Virtueller Su-

permarkt“. Auf dieser öffentlich zugänglichen E-Learning-Plattform erhalten Auszubilden-

de des Lebensmitteleinzelhandels die Möglichkeit, virtuell „[...] als kleiner Azubi einzustei-

gen und irgendwann der Filialleiter zu werden“ (EB08). Dabei werden die Jugendlichen

spielerisch auf Echtsituationen vorbereitet. „Also es geht um eine Kompetenzentwicklung, die eben in Interaktion stattfinden muss und nur so erlernt werden kann. Also man kann dazu nicht einfach ein Buch lesen und dann weiß man, was Projektmanagement ist. Sondern da ist eben dieser spielerische Zugang zum Thema, wo man dann ‚Learning by doing‘ gewissermaßen erfährt, viel zielführender als Weiterbildungsformat“ (EU12).

Besonders auf das Lernen aus Fehlern sei hier hingewiesen, so einer der Befragten. „Das ist

genauso, wie wir am effektivsten Lernen. Du kannst mal etwas ausprobieren, mal einen

anderen Weg gehen“ (EA05).

4.2.3 Emotionalisierung durch Storytelling

Als besonders effektiv stufen die Befragten darüber hinaus die emotionale Aufladung der E-

Learning-Anwendungen als Folge des Gamification-Einsatzes ein. Dadurch werde der

Lernerfolg wesentlich effizienter, so einer der Befragten. Greifbar macht er dies mit folgen-

dem Beispiel:

45

„Wenn man jetzt z.B. Leute fragt: ‚Bei Monopoly – welches ist die teuerste Straße?‘, dann wer-den die meisten Leute sagen: ‚Die Schlossallee‘, obwohl sie vielleicht schon seit 40 Jahren kein Monopoly mehr gespielt haben und natürlich auch nie irgendwelche Monopoly-E-Learnings ge-macht haben. Aber man war voller Adrenalin, wenn man gesehen hat, dass man grad auf die Schlossallee zu kam und hat es dann automatisch durch diese Emotion verinnerlicht“ (EA03).

Dieses Verhalten verdeutlicht, wie eine emotionale Aufladung im Rahmen von E-Learning-

Anwendungen den Lernerfolg bzw. das Verinnerlichen von Lerninhalten unterstützen kann.

Gamification nutzt in diesem Fall das Potential von Spielen, die erfahrungsgemäß in der

Lage sind, „[...] sehr stark positive emotionale Erfahrungen zu designen und hervorzurufen“

(EB11). Besonders häufig wird in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der emotionalen

Aufladung durch den Einsatz von Storytelling hervorgehoben: „Es geht darum, das Ganze mit einer Geschichte zu verbinden, um über diese Verbindung [...], die vielleicht ein Erlebnisweg oder sonst etwas [ist], das ganze Thema emotional aufzuladen. Al-so das heißt, ich versuche Menschen nicht nur auf der Ratio-Ebene zu erreichen, sondern auf der emotionalen. Geschichten, Erlebniswelt, Storytelling [...] – das ist ganz wichtig“ (EA07).

Bei der Konzeption von Gamification wird also eine übergeordnete Story herangezogen.

Mehrfach geht es dabei während der Befragung auch um die Einbettung in ein Szenario. In

diesem Zuge weisen zwei der Befragten auf ein höheres Involvement hin, was im Anschluss

zu einer Verbesserung der Lernqualität führe. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen,

dass Storytelling eine Nachhaltigkeit des Lernens begünstigt, denn die Verknüpfung mit

einer Geschichte fördere den Befragten zufolge den Aufbau einer Art Beziehung zu den E-

Learning-Inhalten. Einer der Befragten wirft in diesem Zusammenhang das Stichwort „Re-

flective Learning“ auf. Die Emotionalisierung des Lernens durch das Einbetten in eine Ge-

schichte fördert die Nachhaltigkeit des Lernens dahingehend, dass bereits Gelerntes noch-

mals reflektiert wird, und die Inhalte somit längerfristig im Gedächtnis behalten werden

können. Deutlich macht der Experte das Phänomen des Reflective Learnings wie folgt: „[...] Reflective Learning heißt ja [...] ich habe z.B. einen Herd, und wenn ich die Hand darauf halte, dann verbrenne ich mich. Ich habe also gemerkt, es ist heiß. Und wenn ich das nächste Mal eine Herdplatte sehe, dann reflektiere ich gleich, dass ich das letzte Mal die Hand darauf gelegt habe und es heiß war und dann mache ich das nicht nochmal. [...] Mit Gamification kann man solche Trigger geben. Ich kann also durch Spielelemente versuchen, bestimmte Sachen, die ich jemanden beigebracht habe, nochmal nachträglich zu reflektieren“ (EK13).

Diese Art des Lernens unterstützt das emotionale Involvement. Dies sei besonders wichtig,

wenn es darum geht „Kompetenzen zu vermitteln“, so der Experte EB08. Es lassen sich vor

allem auch Verhaltens- und Argumentationstrainings effektiv über Gamification im E-

Learning durchführen. Einer der Befragten erläutert dies mit folgendem Anwendungsbei-

spiel: „Es ging um Fachkompetenz und Methodenkompetenz [...]. Darum, wie verkaufe ich [...] Pro-dukte. Da war im Prinzip in diese Geschichte eingebettet, dass sich der Lernende zunächst mit

46

unterschiedlichen Fragen aus dem potentiellen Kunden, aus dem Interessierten, den er im Markt dann quasi angetroffen hat, sich herausholen musste, was für Bedürfnisse er denn hat. Diese Be-dürfnisse hat er dann quasi als Equipment gesammelt. Und hat mit diesen Bedürfnissen dann später in der Abschlussargumentation punkten können oder eben nicht“ (EA01).

Mehrere Interviewpartner stellen darüber hinaus das Potential von Gamification bzgl. „tro-

ckener Themen“, wie z.B. Compliance-Schulungen, heraus. Mit Gamification ist es möglich

„[...] dieses sehr trockene, aber für die Unternehmen sehr wichtige Thema, so emotional

aufzuladen, dass es hängen bleibt.“ (EA07). Experte EA05 fasst die Art dieser Lerninhalte

wie folgt zusammen: „Die schweren Themen sind die, wo du das Gefühl hast ‚so what?‘

[...]. Erstens: Langweilig, zweitens: jeder hält es für notwendig“. Dabei zeigt er auf, dass die

Lerner solche Themen für eine Art Strafe halten. Nicht zuletzt deshalb, weil die Zielgruppe

bei E-Learning zu Themen wie Compliance oder Geldwäsche bereits während der Durch-

führung weiß, dass die Schulung aufgrund von Unternehmensvorschriften im nächsten Jahr

wiederholt werden muss. Solche Themen werden selbstverständlich mit Gamification „nicht

plötzlich super lustig“ (EA05) – es ergibt sich allerdings das Potential, den Zugang der Ler-

ner zu solchem E-Learning massiv zu erleichtern. Es wird ermöglicht „[...] über eine emoti-

onale Aufladung, eine Story-Aufladung, das Ganze nochmal interessanter zu machen“

(EA03). Der Einsatz von Storytelling bietet sich in diesem Fall besonders an, denn „[...] der

Punkt ist immer der: Der Kontext ist interessant, nicht der Content“ (EA05). Vergleichen

kann man dies mit dem Lernstoff, der in der Schule vermittelt wird. Nicht immer ist dieser

für alle Lerner ansprechend. Zeigt der Lehrer jedoch auf, was man mit dem Stoff machen

kann oder was für eine praktische Anwendung die Lerninhalte haben, dann ist dieser schon

etwas interessanter. „Diesen Kontext herzustellen, das ist die Kunst“ (EA05).

Ziel des Storytelling-Einsatzes ist es demnach, durch den Aufbau von Emotionen „[...] die

richtige Verbindung zwischen gelernten Inhalten und dem Nutzen in der Realität zu finden“

(EA05). Im Fall einer Compliance-Schulung kann man das Thema z.B. mit einer Geschich-

te verknüpfen, die die Bedeutung jedes einzelnen Mitarbeiters für das Unternehmen und den

damit verbundenen Stellenwert des Einhaltens wichtiger Regeln und gesetzlicher Vorschrif-

ten vermittelt. Diese kann wie folgt umrissen werden:

„Die ganze riesen Firma muss das machen. Wir sind in so und so einem Umfeld und wir müssen deswegen die Regeln einhalten und dein Part in diesem Unternehmen ist der und der und wenn du das drauf hast, dann kannst du genau diesen Part einhalten und das Unternehmen kann erfolg-reich sein“ (EA05).

Neben der genannten Verbesserung der Lernqualität und der Möglichkeit, Verhaltens- und

Argumentationstrainings sowie bestimmte, eher schwergängige Themen zu behandeln, be-

tonen fast alle Befragten, dass durch die Emotionalisierung von E-Learning im Rahmen von

Gamification vor allem eine differenzierte Zielgruppenansprache realisierbar sei:

47

„Damit kriegt man diese Leute. Das ist ja die Kunst einfach, dass man ebenso viele unterschied-liche Charaktere und menschliche Vorteile und Nachteile hat, und das man so eine gute Alterna-tive gefunden hat, [dass man] jeden individuell und story-basiert ansprechen kann. So kriegt man natürlich die Leute mit solchen spielerischen Aspekten“ (EA06).

Den damit ermöglichten Zuschnitt auf die jeweilige Zielgruppe beurteilen alle Inter-

viewpartner als essenzielle Voraussetzung für den effektiven Einsatz von Gamification im

E-Learning. Es ist demnach bei der Konzeption einer emotionalen Story besonders wichtig,

dass eine genaue Kenntnis der Zielgruppeneigenschaften und -bedürfnisse vorliegt. „Man

kann nicht sagen: Man nimmt eine generisches Gamification-Konzept [...]“ (EB11) und

wendet dieses anschließend auf alle Zielgruppen gleichermaßen an. „Deshalb muss man [...]

fokussiert designen“ (EB11). Die Effektivität des Gamification-Einsatzes hängt somit we-

sentlich davon ab, die jeweilige Zielgruppe vorher zu identifizieren und zu analysieren.

Dabei sollte z.B. zwischen verschiedenen Berufsgruppen unterschieden werden: „[...] ich muss demzufolge auch sagen: Ok, auf welcher intellektuellen Ebene hole ich meine Zielgruppe ab? Das heißt ja nicht, dass zum Beispiel eine Bäckereifachverkäuferin blöd ist und nur Semmel verkaufen kann, aber ich sie vielleicht in der Breite der Masse anders abholen [soll-te], als beispielsweise den Geschäftsführer eines Autohauses“ (EA07).

Auch eine Anpassung an die Altersklasse der Lerner sei wichtig, stellen zwei der Befragten

heraus. Mit Gamification ist man in der Lage, alle Altersklassen anzusprechen. Dabei muss

allerdings auf die passende Ansprache geachtet werden, denn „[...] eine Anwendung für 0-

90-jährige zu entwerfen – das geht wohl nicht“, so der Experte EB09.

5 Fazit und Ausblick

Ausgangspunkt der vorliegenden Studie war die übergeordnete Frage, wie der Einsatz von

Gamification im E-Learning zur Motivationsförderung der Lerner beitragen kann. In diesem

Zusammenhang wurde zunächst analysiert, wie die Nutzung klassischer E-Learning-

Anwendungen derzeit beurteilt wird und an welchen Stellen Optimierungschancen durch

den Einsatz von Gamification bestehen. Generell stehen Lerner klassischen E-Learning-

Anwendungen mit Vorbehalten gegenüber. Das negativ belastete Image dieser Lernform

nährt sich u.a. aus der Wahrnehmung trockener und langweiliger Lernumgebungen, die an

Frontalunterricht aus der Schulzeit erinnern. Weiterhin entspricht der Aufbau und die Struk-

tur von klassischem E-Learning weder dem aktuellen, durch den technologischen und ge-

sellschaftlichen Wandel geprägten, medialen Nutzungsverhalten der Zielgruppe, noch las-

sen sich die Lernaktivitäten in den betrieblichen Alltag vieler Arbeitnehmer integrieren. So

sind die betreffenden Maßnahmen zumeist linear aufgebaut und bedürfen einer unflexiblen

Abarbeitung durch den Lerner. Kollaborative Lerneinheiten, sowie Transparenz im Hin-

blick auf den Lernfortschritt sind zumeist nicht gegeben. Darüber hinaus empfinden Lerner

48

klassisches E-Learning größtenteils als spaßfreie Mehrbelastung. Hinter der Lernmotivation

steht ein extrinsischer Zwang, der häufig daher rührt, dass der Arbeitgeber im Rahmen von

Personalentwicklungsmaßnahmen E-Learning vorschreibt. Folglich zeigen sich schwache

Erfolgsergebnisse hinsichtlich der geplanten Wirkung des betrieblichen E-Learning-

Einsatzes. Jedoch ist es vor allem im Hinblick auf die Herausforderungen des aktuellen

Bildungskontexts der heutigen Informationsgesellschaft und dem damit einhergehenden

Bedeutungszuwachs effektiver Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für Unternehmen un-

abdingbar, zeitgemäße und an den individuellen Lerner angepasstes E-Learning anzubieten.

Dabei wird einer intrinsisch motivierten Auseinandersetzung mit entsprechendem E-

Learning in der Konsequenz eine bessere Lernqualität zugeschrieben als bei einer extrin-

sisch motivierten Herangehensweise. Der Anreiz zur Bearbeitung des E-Learning sollte

demnach möglichst in der Bearbeitung selbst liegen. Setzt man folglich das Ziel einer För-

derung der intrinsischen Motivation voraus, zeigt sich, dass es klassischen E-Learning-

Maßnahmen an bedeutenden Erfolgsfaktoren zur Erreichung dieses Zieles fehlt.

Diese Erfolgsfaktoren wurden in Anlehnung an die Forschungsfrage nach der Bedeutung

der motivationstheoretischen Erkenntnisse im Kontext des Gamification-Einsatzes im E-

Learning herausgearbeitet. Generell sollten sich E-Learning-Maßnahmen demnach durch

Aspekte zur Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse nach sozialer Eingebun-

denheit, Selbstbestimmung und Kompetenz auszeichnen. Diese Anforderung kann durch

den Einsatz von Gamification bedient werden. So werden den Lernern im Rahmen von

Gamification z.B. kollaborative Aufgabenbearbeitungen angeboten und damit ein Raum für

Kommunikation entlang des Bedürfnisses nach sozialer Eingebundenheit geschaffen. Be-

sonders relevant in Kontext der motivationstheoretischen Betrachtung ist darüber hinaus die

Wahrnehmung von Selbstbestimmung der Lerner während des Lernprozesses. In Anleh-

nung an die verschiedenen Auswahlmöglichkeiten in Spielen, z.B. hinsichtlich des ge-

wünschten Schwierigkeitslevels, sollte es dem Lerner möglich sein, selbstbestimmt Lernin-

halte in ihrer Abfolge und ihrem Niveau individuell zu selektieren. Die Integration entspre-

chender Gamification-Aspekte zur Befriedigung des psychologischen Grundbedürfnisses

nach Selbstbestimmung fördert in diesem Zusammenhang nicht nur die intrinsische Motiva-

tion und damit den Lernerfolg, vielmehr wird auch die Entwicklung hin zum aktuell von

den Unternehmen geforderten selbstbestimmten Handeln der Arbeitnehmer unterstützt.

Weiterhin bietet der Einsatz von Gamification die Möglichkeit, dem Bedürfnis nach Kom-

petenz nachzukommen, indem Elemente wie z.B. Fortschrittsanzeigen oder Ranglisten ei-

nen Spielraum für direkte, aber doch im geschützten Raum des E-Learning anonyme,

Rückmeldungen zu geben.

49

Eine wesentliche Erkenntnis der Studie ist, dass Gamification im Rahmen von E-Learning

zur Förderung des Flow-Erlebens, bzw. eines völligen Aufgehens in der Lernaktivität bei-

tragen kann. Diese lernförderliche Wahrnehmung wird ebenfalls der intrinsischen Motivati-

on zugeordnet. Durch den Einsatz von entsprechenden Game Design-Elementen, wie z.B.

Levels, werden dem Lerner in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen für das Errei-

chen eines Zustands ermöglicht, bei dem Über- und Unterforderung annähernd im Gleich-

gewicht bleiben. Langfristige Motivation wird dabei erreicht, wenn die wahrgenommenen

Herausforderungen der Lernaktivitäten den Fähigkeiten der Lerner nur äußert knapp über-

legen sind. Vergleichend mit den Verhaltensweisen von Videospiel-Spielern, wird dadurch

beim knappen Scheitern stets der direkte Wunsch nach Wiederholung bzw. einem neuen

Versuch ausgelöst, bei dem jeweils ein entsprechender Lerneffekt eintritt.

Über die motivationstheoretischen Aspekte des Gamification-Einsatzes im E-Learning hin-

aus, wurde im Rahmen der Studie ebenfalls der Frage nachgegangen, welche zusätzlichen

Perspektiven sich ergeben. Dabei wurden besonders zwei Gesichtspunkte herausgearbeitet.

Zum einem bietet der Gamification-Einsatz im Vergleich zum klassischen E-Learning ver-

stärkt die Möglichkeit, durch Trial-basiertes Lernen erarbeitete Kenntnisse und Fähigkeiten

im anonymen Rahmen auszuprobieren und in einer virtuellen Umgebungen direkt anzu-

wenden. Dabei wird besonders auf den Vorteil des gewährten Lernens aus Fehlern ohne

direkte negative Konsequenzen hingewiesen. Zum anderen nutzt Gamification in Anleh-

nung an Spiele-Strukturen die Möglichkeit, Lernaktivitäten in eine umrahmende Geschichte

einzubetten, um das E-Learning emotional aufzuladen und dadurch ein höheres Involve-

ment der Lerner zu erzielen. Durch Storytelling wird in diesem Zusammenhang eine Bezie-

hung zwischen Lerner und Lernumgebung geschaffen, die vor allem bei solchen Lerninhal-

ten Interesse weckt, die allgemein als trocken und langweilig empfunden werden. Wichtig

für den Einsatz über alle Gamification-Aspekte hinweg ist dabei eine allzeit stimmige indi-

viduelle Zielgruppenansprache.

Bleibt zusammenzufassen, dass die Nutzung von Gamification im E-Learning der vorlie-

genden Studie zufolge durchweg positive Wirkungseffekte besonders hinsichtlich der Moti-

vationsförderung feststellt. Aufbauend auf den erarbeiteten Erkenntnissen wird daher die

folgende Hypothese abgeleitet: Der Einsatz von Gamification im E-Learning fördert die

Motivation der Lerner.

Die Ergebnisse der Untersuchung rücken die Perspektiven und Anforderungen des Gamifi-

cation-Einsatzes in den Fokus und betrachten dabei nicht nur die Vorteile von Gamification

für den Lernprozess des Lerners, sondern beleuchten ebenfalls den entsprechenden Einsatz

50

im Hinblick auf die Vorteile für die unternehmerische Personalentwicklung im aktuellen

Bildungskontext. Der bisher vernachlässigte Gamification-Einsatzbereich E-Learning konn-

te im Rahmen der Studie ein Stück weiter erschlossen werden. Die vorgestellten Resultate

sind jedoch lediglich als Annahmen zu verstehen. So lieferten die Antworten der Inter-

viewpartner im Kontext der gewählten Forschungsmethode zwar generell genügend Sub-

stanz, um eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Thematik zu ermöglichen, die

Untersuchungsanlage bestand jedoch nur aus Experten, die sich tagtäglich mit dem Unter-

suchungsgegenstand beschäftigen und demgegenüber eine durchweg positive Haltung zeig-

ten. Um valide Aussagen zu erzielen und dabei die o.g. Hypothese zu überprüfen, ist dem-

nach ein bedeutend aufwendigeres Forschungsprojekt, auch unter Berücksichtigung einer

quantitativen Untersuchung des Forschungsgegenstands, erforderlich. Hierbei könnten ge-

gebenenfalls auch negative Aspekte von Gamification im Anwendungsbereich E-Learning

identifiziert werden. Dabei sollte unter anderem erörtert werden, wie mit Lernern umgegan-

gen wird, die sich von Game Design-Elementen eventuell nicht angesprochen fühlen. Sollte

es z.B. für den Lerner stets möglich sein, Gamification „auszuschalten“ und alternativ klas-

sisches E-Learning wählen zu können ?

Weiterhin sollte die Untersuchungsanlage bei der Betrachtung des Einsatzes von Gamifica-

tion in betrieblich genutztem E-Learning, über eine größere Anzahl an E-Learning-

Verantwortlichen auf Unternehmensseite verfügen. In diesem Zusammenhang könnte be-

trachtet werden, wie die Akzeptanz auf Seiten der Unternehmen, z.B. hinsichtlich der Sen-

sibilisierung für das Thema, sowie die Akzeptanz auf Seiten der Mitarbeiter für den Einsatz

von Gamification beurteilt wird. Da sich die Adressierung von konkreten Experten dabei oft

als schwierig erweist, weil entsprechend verantwortliche Mitarbeiter vom Unternehmen

selten transparent gemacht werden, eignet sich hier ebenfalls eine quantitative, anonyme

Befragung.

Darüber hinaus bleibt im Rahmen der vorliegenden Arbeit offen, inwiefern die analysierte

Motivationsförderung der Lerner im Zusammenhang mit Gamification tatsächlich, wie von

einigen Experten angedeutet, zu einer Verbesserung der Lernqualität bzw. zu einer Verbes-

serung des Lernerfolgs im E-Learning führt. Hier wäre z.B. eine neurowissenschaftliche

Herangehensweise an die Thematik denkbar. So wiesen bereits einige Interviewpartner auf

eine notwendige Erarbeitung psychologischer Hintergründe von Game Design-Elementen

und Games im Allgemeinen hin, um sich der Effizienz von Gamification in verschiedenen

Anwendungsbereichen präzise annähern zu können.

Generell sollte dem Thema Gamification zukünftig wesentlich mehr Aufmerksamkeit im

Anwendungsbereich des betrieblichen E-Learning zuteil werden, da es in Zeiten der stei-

51

genden Informationsflut permanent wichtiger aber auch anspruchsvoller wird, Lerner zur

Erarbeitung von relevanten Informationen und Wissen zu motivieren. Durch die Integration

von Game Design-Elementen in den spielfremden Kontext E-Learning, wird den Lernern

ein spielerischer Zugang zu den Lerninhalten ermöglicht und intrinsische Motivation kann

gefördert werden. Unternehmen sollten sich für das Thema öffnen und mit einer durchdach-

ten Herangehensweise von den Vorteilen eines Gamification-Einsatzes im E-Learning pro-

fitieren (und den Spuren von Guybrush nach Monkey Island folgend, in den Mitarbeitern

den Wunsch entwickeln, am Ende selbst Pirat zu werden).

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Anhang

1   Beispiel E-Mail-Anfrage Experten .................................................................................. 60  

2   Interview-Leitfaden ......................................................................................................... 61  

3   Transkribierte Experteninterviews .................................................................................. 63  

3.1   Codierung der Interviews ......................................................................................... 63  

3.2   Transkript EA01 ....................................................................................................... 64  

3.3   Transkript EA02 ....................................................................................................... 72  

3.4   Transkript EA03 ....................................................................................................... 77  

3.5   Transkript EA04 ....................................................................................................... 84  

3.6   Transkript EA05 ....................................................................................................... 88  

3.7   Transkript EA06 ....................................................................................................... 99  

3.8   Transkript EA07 ..................................................................................................... 104  

3.9   Transkript EB08 ..................................................................................................... 111  

3.10   Transkript EB09 ................................................................................................... 116  

3.11   Transkript EB10 ................................................................................................... 121  

3.12   Transkript EB11 ................................................................................................... 125  

3.13   Transkript EU12 ................................................................................................... 131  

3.14   Transkript EK13 ................................................................................................... 135  

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1 Beispiel E-Mail-Anfrage Experten

Betreff: Experteninterview Abschlussarbeit Gamification im E-Learning

Sehr geehrter Mustermann, über einen Artikel des Online-Magazins „CHECKpoint eLearning" zum Projekt: „Muster-projekt" bin ich auf Sie als Gamification-Spezialisten aufmerksam geworden. Ich bin Stu-dentin an der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften bei Herrn Prof. Dr. Ha-rald Rau und verfasse derzeit meine Bachelorarbeit zum Thema Gamification im E-Learning. Ich führe dazu eine qualitative Studie mit Experten durch, die sich bereits mit diesem Thema in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung befasst haben bzw. in dieser Richtung forschen. Ziel meiner Arbeit ist herauszufinden, wie Unternehmen bislang mit dem Trend im Anwen-dungsbereich E-Learning umgegangen sind, welche Vorteile und Chancen der Einsatz bietet und vor welchen Herausforderungen Unternehmen und Agenturen bei der Entwicklung entsprechender Maßnahmen stehen. Der auf „CHECKpoint eLearning" veröffentlichte Beitrag zum Gamification-Ansatz bei Musterunternehmen ist für mich und meine Arbeit sehr interessant. Sehr gerne würde ich Sie daher als Interviewpartner für meine Studie gewinnen. Wären Sie bereit, mich dabei zu unterstützen? Das Interview kann telefonisch durchgeführt werden und würde ca. 30 Minuten in An-spruch nehmen. Es handelt sich dabei um ein offenes Leitfadengespräch. Ich freue mich sehr auf Ihre Rückmeldung. Viele Grüße aus Braunschweig Ihre Maike Harries

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2 Interview-Leitfaden

Themenblöcke

1 Zielgruppe und Anwendungsbereiche 2 Perspektiven von Gamification im E-Learning 3 Herausforderungen von Gamification im E-Learning 4 Konzeption und Produktion 5 Zukünftige Entwicklungen

Einleitung Vielen Dank für Ihre Gesprächsbereitschaft. Wie bereits erwähnt, führe ich im Rahmen meiner Abschlussarbeit im Studiengang Medienmanagement Experteninterviews durch. Dabei möchte ich das Thema Gamification speziell im E-Learning näher beleuchten. Unser Gespräch wird ungefähr 20 - 25 Minuten in Anspruch nehmen. Wie bereits angekündigt, werde ich ein Aufnahmegerät während des Gesprächs mitlaufen lassen. Ihre Angaben sind natürlich anonym. Ausführliche Schilderungen sind erwünscht, da es durchaus auch um subjektive Sichtwei-sen und Einschätzungen von Ihnen als Experte geht. Kommen wir zum ersten Teil des Interviews: Einstieg

1. Könnten Sie zum Einstieg kurz schildern, was Ihre Aufgabe bei Musterunternehmen ist und wie Ihr beruflicher Hintergrund aussieht?

2. Seit wann bieten Sie Gamification-Aspekte in Ihren E-Learning-Maßnahmen an? 3. Was reizt Sie an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning? 4. Wenn nicht Universität/Konzern: Wie kommt eine Zusammenarbeit mit Unterneh-

men bzgl. des Einsatzes von Gamification in Lernanwendungen zustande? a. Anstoß von ihrer Seite b. Direkte Beauftragung des Unternehmens

Überleitung: Sie konnten demnach schon einige Projekterfahrung zu diesem Thema sam-meln. Mich interessiert daher... Fragen zu Themenblock 1: Zielgruppe und Anwendungsbereiche

5. Welche Unternehmen bzw. welche Branchen nutzen Gamification-Elemente in ih-ren E-Learning-Maßnahmen?

6. Wie würden Sie die Zielgruppe beschreiben, für die sich der Einsatz von Gamifica-tion im Lernumfeld eignet?

7. Welche Themen lassen sich gut über Gamification vermitteln? 8. Welche Inhalte lassen sich gar nicht über diese Lernform vermitteln?

Überleitung: Kommen wir von den Anwendungsbereichen zu den Perspektiven von Gamifi-cation... Fragen zum Themenblock 2: Perspektiven von Gamification im E-Learning

9. Wie können Gamification-Aspekte den Lernprozess unterstützen? 10. Welche Möglichkeiten bzw. Perspektiven bietet Gamification im Lernen im Ver-

gleich zu klassischen E-Learning-Tools?

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Überleitung: Neben den angesprochenen Chancen gibt es sicherlich auch Herausforderun-gen vor denen E-Learning-Produzenten im Bereich des spielerischen Lernens stehen... Fragen zum Themenblock 3: Herausforderungen von Gamification im E-Learning

11. Wie ist die Akzeptanz von Unternehmen zu beurteilen? 12. Wie ist die Akzeptanz von Lernern zu beurteilen? 13. Wo kommt Gamification im Lernen an seine Grenzen? 14. Welchen Risiken stehen Unternehmen gegenüber, die spielerisches Lernen im E-

Learning nutzen? 15. Darf Lernen Spaß machen? (Weitverbreitete Meinung, dass Arbeit und Spiel zu

trennen sind...) Überleitung: Wenn Lernen also Spaß machen darf, was ... Fragen zum Themenblock 4: Konzeption und Produktion

16. Was muss bei der Konzeption und Produktion von Gamification-Lernanwendungen beachtet werden, um Erfolg beim Lehren und Lernen zu erzielen?

17. Welche Gamification-Elemente bzw. -Aspekte werden genutzt? 18. Wie kann der Lernerfolg sichergestellt werden?

Überleitung: Das Thema Gamification liegt derzeit im Trend. Wie geht es weiter? Fragen zum Themenblock 5: Zukünftige Entwicklungen

19. Welche Entwicklungen sind hinsichtlich Gamification im E-Learning zukünftig zu erwarten?

Abschluss

20. Alles in allem – haben Sie den Eindruck, dass ich noch Punkte, die aus Ihrer Sicht für die Untersuchung relevant, vergessen habe? Hätten Sie noch etwas zu ergänzen?

Vielen Dank, dass Sie sich für dieses Gespräch Zeit genommen haben. Wenn Sie interes-siert sind, kann ich Ihnen gerne die Ergebnisse dieser Studie zukommen lassen.

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3 Transkribierte Experteninterviews

3.1 Codierung der Interviews

Code Kategorie Position

EA01 Agentur Senior Manager E-Learning

EA02 Agentur Geschäftsführer

EA03 Agentur Senior Developer New Media

EA04 Agentur Geschäftsführer

EA05 Agentur Geschäftsführer

EA06 Agentur Geschäftsführer

EA07 Agentur Geschäftsführer

EB08 Beratungsunternehmen Management-Berater

EB09 Beratungsunternehmen Projektleiterin

EB10 Beratungsunternehmen PR-Berater

EB11 Beratungsunternehmen Gamification-Experte

EU12 Universität Wissenschaftlicher Mitarbeiter

EKs13 Konzern Doktorand Gamification

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3.2 Transkript EA01

Fangen wir einfach an. Könnten Sie zum Einstieg kurz schildern, was Ihre Aufgabe bei A01 ist und wie Ihr beruflicher Hintergrund aussieht? Also ich bin Senior Manager E-Learning bei A01 und bin hier verantwortlich für die Pro-duktentwicklungen, die technischen Innovationen und die Betreuung einiger weniger Groß-kunden. Bin New Business verantwortlich und steuere die Bereiche, die so hier reinkom-men. Vom meinem beruflichen Hintergrund her: Ich bin in der Agentur hier schon sehr lange. Ich bin seit 8 Jahren in der Agentur, hab die unterschiedlichsten Abteilungen hinter mir. Habe parallel eine Dozentenstelle an der Hochschule in München. Die Fresenius. Un-terrichte da Wirtschaftspsychologie, hab dementsprechend also auch von der theoretischen Seiten, von der akademischen Seite her den Zugang zu dem Thema. Das war auch der ur-sprüngliche Zugang, den ich zu diesem Thema hatte. Ich lehre dort Wirtschaftspsychologie, darunter fällt die Markt- und Werbepsychologie, die Medienpsychologie, die psychologi-sche Gestaltung von Werbung, die Marktforschung, die Methodenlehre, die Arbeits- und Organisationspsychologie. Ich glaub das war’s. Das ist ja sehr umfangreich. Ja, das sind immer unterschiedliche Bereiche im Bereich der Wirtschaftspsychologie, je nachdem was da ankommt. Ich habe mit unserer Dekanin den Deal, dass sie mich einfach immer das Fach setzen soll, wo sie sonst keine Besetzung kriegt. Ich habe den größten Spaß, mich in neue Fachbereiche einzuarbeiten. Ich finde, wenn man eine Vorlesung über 3 bis 4 Jahre hält, dann wird es nicht besser. Gerade in diesem Bereich gibt es ja immer wieder etwas Neues. Ja, das ist das schönes. Ich habe viele Veranstaltungen, wo die Studenten Aufgabenstellun-gen bekommen, wo sie so ganzheitlich und so vollumfänglich wie möglich arbeiten sollen. Das entwickelt dann immer so eine Eigendynamik, wo man dann aus der Rolle des Dozen-ten herausgeht und eher als Mentor bzw. Moderator fungiert. Seit wann bieten denn Gamification in Ihren E-Learning-Maßnahmen für Ihre Kunden an? Ich habe heute überlegt, ob ich zurückverfolgen kann, wann das erste Mal war. Ich bin nicht ganz sicher, ob es das erste Mal war, aber ich denke, dass es ungefähr 2008/2009 gewesen sein müsste. Und zwar, da lief es hauptsächlich über die Storytelling-Schiene. Unterschied-liche Geschichten für eine Kundenprojekt gesponnen, anhand derer der Lernende sich die wichtigsten Kenntnisse aneignen konnte. Es ging um Fachkompetenz und Methodenkompe-tenz, also ganz konkret um Produktwissen. Darum, wie verkaufe ich diese Produkte. Da war im Prinzip in diese Geschichte eingebettet, dass sich der Lernende sich zunächst mit unter-schiedlichen Fragen aus dem potentiellen Kunden, aus dem Interessierten, den er im Markt dann quasi getroffen hat, sich herausholen musste, was für Bedürfnisse er denn hat. Diese Bedürfnisse hat er dann quasi als Equipment gesammelt. Und hat mit diesen Bedürfnissen dann später in der Abschlussargumentation punkten können oder eben nicht. Also Sie müs-sen sich das so vorstellen, es war quasi eine mehr oder weniger Gesprächssimulation, aller-dings relativ einfach gemacht also visuell sehr schön. Aber ansonsten einfach mit Sprech-blasen gearbeitet und man konnte dann quasi immer als Spieler sich den Sprechenden Ge-danken schnappen und sich in ein kleines Headup-Display am unteren Rand des Bild-schirms reinziehen und konnte dann später als dann quasi das Arsenal an "Waffen" in An-führungsstrichen. Das war so in ein Agentenszenario eingebunden. Toll war, im Prinzip ging es darum, den Abschluss zu machen. Und muss man dann das entsprechend richtige aus den Gesprächen vorher wieder aufgreifen und wieder zurück schieben. Also es war so

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eine bunte Mischung aus Storytelling, aus gamifizierten Inhalten und Aufmerksamkeits-schulung, weil man natürlich genau wissen musste, mitnehmen kann. Und was hat Sie da bei der Auseinandersetzung mit Gamification gereizt. In Bezug auf E-Learning. Warum haben Sie das eingesetzt? Hat einen ganz simplen Grund. Wir haben eine sehr heterogene Zielgruppe, die sowohl was den Bildungsstand als auch was zum Teil sogar die Deutschkenntnisse angeht, trotzdem mit, ich sag mal gutem verkaufspsychologischen Wissen ausgestattet werden musste. Und die theoretische Ebene, die zu erreichen nahezu unmöglich bis max. zehn Prozent vielleicht über die klassischen Slide-basierten Methoden auch nicht wirklich. Da hatten wir sehr schlechte Quoten, also der Wirkungsgrad war einfach zu gering. Und haben dann entspre-chend mit ganz starken Bildern, mit Alltagsgeschichten, mit Agenten, mit Fußballtrainings-lagern gearbeitet, um diese Zielgruppe überhaupt ansprechen zu können. Und das hat dann gut geklappt wahrscheinlich? Das hat hervorragend geklappt. Das schönste an der ganzen Geschichte, das ist auch ein Zitat, dass ich letztens zu Gamifcation gelesen habe, dass an sich man mit Spielelementen aus etwas langweiligen, drögen etwas Spannendes und etwas machen kann, was Spaß macht. Und ja, das hat uns an der Stelle dann begeistert. Wir haben dann natürlich auch ganz viel recherchiert mit unterschiedlichen anderen Anbietern aus der Branche gesprochen. Haben aber oftmals nur die "sehr komplizierten" und aufwändigen und teuren Implementie-rungen gefunden und also das ist dann wirklich beispielsweise ein Simulator von Lufthansa, wie man als Pilot ein Flugzeug steuert. Implementierungskosten so 3 Millionen Euro. Okay gut, das ist zwar schön und bringt sicherlich Spaß, aber ich kann nicht bei jedem Kunden mit einem Qualifizierungsprojekt von 3 Millionen um die Ecke kommen. Das kann ich verstehen. Deswegen war dann an sich dann eher an sich bei uns die Überlegung: Wie kriegen wir mit einfachen Tools, mit einfachen Storys, deswegen diese Storytelling-Geschichte, die glei-chen Effekte? Wiel der Psychologie ist das egal, ob das eine 3D-Simulation oder das sage ich mal einfach nur mal ein geschicktes Konzept ist, was in eine Geschichte eingepackt ist. Die Wirkung ist sehr ähnlich. Wie man das mit einfachen Tools, mit einfachen Mitteln und Mechaniken im E-Learning implementieren kann, sodass es einfach trotzdem mehr Wir-kung zeigt aber nicht 50.000 Euro gleich kostet für ein kleines Modul. Da haben wir denke ich einige probate Mittel gefunden, wie auch im Standard jetzt enthalten sind. Es gibt einige Kunden, die noch nicht so weit sind. Die das noch nicht wollen. Die noch diese klassische Auffassung noch haben. Also: Lernen muss wehtun, Lernen muss schlimm sein. Und da sind wir so komplett anderer Ansicht. Wir versuchen sogar ganz oft, das Wort Lernen und Lernumgebung, Lernende an sich komplett zu vermeiden, weil allein dadurch schon was bei vielen Reaktanzen erzeugt wird. Es gibt natürlich so eine gewisse kleine Zielgruppe. Ich sage mal das sind so die fünf bis zehn Prozent. Wenn man Glück hat sogar zwanzig Pro-zent, die Lernen als etwas Positives wahrnehmen. Die gerne Lernen, die sich gerne Weiter-bilden. Die sind das schlimmste, was einem E-Learning-Anbieter passieren kann. Weil de-nen brauch man nur ein Papier mit einem guten Text geben und der ist happy. Also da brauch man im Prinzip nur einen guten Texter. Insofern: das ist einfach, schnell und gut umsetzbar, wenn Sie einen vernüftigen Inhalt dem beibringen und ihm vernünftige Texte geben. Aber die restlichen 90% oder 80% je nach Art der Gruppe, die brauch auch gegeben der aktuellen Mediennutzung, der Aufmerksamkeitsspanne und einfach dem Willen, sich mit umfangreichen Inhalten auseinandersetzen, der aus meiner Sicht aus meiner Sicht, eher mäßig vertreten oder gegeben ist, da brauch man einfach Mittel, wie man jemanden bei der Stange hält. Und da finde ich einfach diese ganz simplen, einfach möglichen der konstanten

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Bestätigung, der konstanten Belohnung für Themen und vor allem der Sichtbarkeit des Fortschritts, finde ich einfach genial dafür. Wie kommt das zustande, so eine Zusammenarbeit? ist das etwas, was Sie den Unternehmen noch zusätzlich vorschlagen, oder kommen Unternehmen direkt auf Sie zu und sagen: Ja, konzipieren und produzieren Sie uns doch mal gamifiziertes E-Learning? Wie kann man sich das vorstellen? Also, ich glaube es gab genau einen einzigen Kunden, der uns an der Stelle gebeten hat, ein gamifiziertes E-Learning anzubieten. Der gesamte Rest, wurde im Prinzip von uns didak-tisch beraten. Das gegeben der Zielgruppe, die er bespielen möchte, es sinnvoll wäre zu tun. Es ist an sich eher etwas, was bei uns ganz klar on top dazu kommt. Da muss man aber viel-leicht im Hintergrund dazu wissen, dass wir als Firma eher bekannt sind für die Qualifizie-rung von Vertriebsmannschaften, also einerseits die Rekrutierung, die Steuerung und die komplette Bestellung der Vertriebsmannschaft an sich, also Außendienstmanschaften, Sa-lesmanschaften etc. und deren Qualifizierung. Das heißt wir sind jetzt nicht ein Serious Games Hersteller oder ein Interactive-Anbieter. Also das können wir zwar, aber das ist nicht das, wofür wir bekannt sind. Wir sind eher positioniert als: Wir können Sie rundum beraten als Full Service Trainingsanbieter, d.h. ganzheitliche Qualifizierungskonzepte, Akademien, Qualifizierungsreihen, die Sie in 20 Ländern mit zehntausenden von Menschen ausrollen können mit dem Mission Background dafür und, wenn Sie brauchen, dann kriegen Sie auch noch eine Trainermannschaft, die ihre eigene Qualifizierungsreihe haben inkl. Onboarding, Recruitierung, etc. Also wir deswegen ein bisschen anders aufgestellt. Und deswegen glaube ich, dass es bei uns nicht repräsentativ ist unbedingt. Ich kann mir vorstel-len, dass es bei anderen Anbietern, die sich darauf spezialisiert haben, stärker ist. Bei uns ist es halt nur ein einziger Kunde, der das haben wollen und den anderen haben wir es im Prin-zip nach der Analysephase am Anfang, die wir im Normalfall bei allen Kunden am Anfang machen, also Bestandsaufnahme: Was gibt es denn? Wie tickt die Zielgruppe? Gespräche mit ein paar Key-Personen, ein paar Meinungsbildnern und unterschiedlichen Multiplikato-ren, Abgleich der gesamten Unternehmensstrategie, um ihnen dann zu sagen: Ok, gut - also in diesem Falle würden wir in der Tat empfehlen, das und das zu machen und da ist Gamifi-cation halt ein Element von mehreren aber es ist eher Teil der didaktischen Beratung dann dieses dazu zufügen und wir verkaufen auch Gamification im Normalfall nie als Selbst-zweck, sondern es ist ein Element, es ist ein Faktor, den wir als wichtig für die Wirksamkeit von Maßnahmen sehen und dementsprechend machen wir das auch regelmäßig, dass wir Gamification an sich gar nicht berechnen, sondern, dass es einfach in unsere didaktischen Konzepte mit einfließen lassen. In die Tool, die wir nutzen, ist Gamification Großteils nie enthalten, d.h. wir berechnen dann zwar die Designanpassungen und auch die konzeptionel-len Kosten dafür, dass man bspw. die Badges erstellt oder sich ein Level-Konzept überlegt oder sowas in der Richtung. Wir glauben daran aus Qualifizierungssicht, wir glauben daran, dass es wirkt und deswegen machen wir es. Und nicht, weil der Kunde es so toll findet. Wenn der Kunde es so toll finden würde, dann würde er es beauftragen aber der Punkt ist an sich eher, wir glauben daran, dass wir dadurch den Lernerfolg, den Lerntransfer steigern können und das ist der eigentliche Grund der dahinter steckt. Das heißt, dass Sie ja eigentlich schon viel Projekterfahrung zu diesem Thema sammeln konnten. Mich interessiert daher: Welche Unternehmen bzw. welche Branchen nutzen Gamification-Elemente in ihren E-Learning-Maßnahmen? Also, wir haben auf jeden Fall im Financial Services-Bereich zwei Mal Gamification einge-setzt. Dann haben wir im Automotive-Bereich einmal ein spielerisches Element integriert und im CI-Bereich, was unser größter Bereich ist, diverse Male. Also CI, Automotive, Fi-nancial Services und DRV. Wir haben den einen oder anderen Kunden, der im Baumarkt

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gelistet ist, der also seine Produkte hauptsächlich in Baumärkten vertreibt und da haben wir auch schon das eine oder andere Modul in der Form umgesetzt. Das heißt, selbst Banken, mit vielleicht auch kritischen Informationen, nutzen Gamification-Elemente und das heißt, man kann da jetzt gar nicht sagen, dass es branchenfokussiert ist, weil es eigentlich allumfassend ist? Also ich denke, dass es jetzt keine spezifische Branche gibt, die sich dagegen wehrt. Es gibt natürlich gewisse Branchen, ich denke da jetzt vor allem an Pharma und Health Care, die einfach durch gewisse rechtliche Rahmenbedingungen ihre E-Learning-Lerninhalte zertifi-zieren müssen. Also ich denke da z.B. an die korrekte Durchführung von klinischen Stu-dien. Da sind einfach relativ enge Regeln gesetzt durch den Gesetzgeber, um die Sicherheit seiner Mitbürger zu garantieren und der Studienteilnehmer. Und deswegen ist da natürlich die Trainingsabteilung wahnsinnig bedacht darauf, nicht möglichst viele Innovationen rein-zubringen, sondern möchte eher sicher gehen, dass sie sich rechtlich sauber verhalten und nicht verklagt werden können. Und eben da den Gesetzgeber Genüge tun, in dem was sie tun. Und wie würden Sie die Zielgruppe beschreiben, für die sich der Einsatz von Gamification im Lernumfeld eignet? Also ich denke, dass, umso verspielter es ist, umso jünger muss auch die Zielgruppe sein. Wenn es um relativ einfache Tools geht, also bspw. das Sammeln von Punkten oder, dass man von einem Level zum anderen kommt, oder, dass man Auszeichnungen bekommt. Ich glaube, dass das für jede Zielgruppe funktioniert. Gerade die älteren Zielgruppen sind beim E-Learning oftmals verunsichert und wissen nicht, ob sie es richtig gemacht haben und wenn die immer wieder Bestätigung oder Belohnung kriegen, dass sie es richtig gemacht haben, nehmen Sie ihnen damit die Unsicherheit. Und wir versuchen es immer so zu ma-chen, dass die Gamification-Elemente die Menschen mit Spieltrieb unterstützen und beloh-nen. Aber diejenigen, die da keine Lust drauf haben, dass die die Möglichkeit haben, das weg zu blenden, oder zu deaktivieren oder dass es zumindest so wenig im Vordergrund ist, dass es sie nicht stört. Z.B. kann man das Modul, in dem man angezeigt bekommt, wie viele Punkte man hat und in welchem Level man ist, relativ prominent direkt rechts vom Lern-content darstellen und mit Pop-ups einblenden. Oder man macht es halt unten in den Footer-Bereich der Seite, sodass man ein bisschen herunterscrollen muss, damit man es sieht. Je nachdem, was man möchte. Und in den meisten Learning Management Systemen hat der Lernende, wenn das während der Implementierung so gewünscht war, die Möglichkeit, selbst das Modul so zu verschieben, wie er es haben möchte. Das heißt, derjenige, den es interessiert, der schiebt es nach oben, denjenigen, den es nervt, der kann es wegschieben Welche Themen lassen sich gut über Gamification vermitteln? Gibt es Inhalte, wo es beson-ders gut geht oder wo es vielleicht gar nicht anwendbar ist? Das ist in der Tat eine Frage, die ich schwer beantworten kann. Also ich denke persönlich, dass es kein Thema gibt, was man nicht durch den Einsatz von Spielkonzepten verbessern kann. Vielleicht übersehe ich gerade ein Thema, aber es gab bisher noch nie ein Fall, nie den Fall, wo wir gesagt haben: Das passt jetzt nicht dazu. Abgesehen von vielleicht rechtli-chen Rahmenbedingungen, die ein gewisses Vorgehen erfordern. Also ich habe jetzt z.B. auch gerade an Betriebsrat gedacht, der vielleicht nicht möchte, dass irgendwelche Leis-tungsbescheinigungen oder irgendwelche Fortschrittsdaten festgehalten werden dürfen. Da gibt es manchmal sehr enge Anforderungen. Aber ansonsten würde ich an sich sagen, es ist grundsätzlich immer geeignet zu helfen. Also wir haben noch nie die Erfahrung gemacht, dass es nicht geholfen hat. Ich wüsste auch nicht was dagegen spricht, soweit es in den rechtlichen Rahmenbedingungen zulässig ist.

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Was mich besonders interessiert, sind natürlich die Perspektiven bzw. die Vorteil von Gamification im E-Learning. Also wie können Gamification-Aspekte Ihrer Meinung nach den Lernprozess unterstützen? Also für mich ist eine der absolut entschiedensten Punkte schlechthin die Begehrlichkeit und die Motivation. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das größte Problem für E-Learning ist, dass es nicht gemacht wird. Weil die Leute keine Lust mehr drauf haben, weil sie sich langweilen. Weil es schlecht zu bedienen ist, weil es sich nicht an ihren Alltag an-passt, weil es nicht mal schnell zwischendurch machbar ist, sondern wenn man angefangen hat und dann sobald ein Kunde kommt, abbrechen musste, dass man dann wieder ganz von vorne anfangen musste. Also so klassische Usability-Probleme. Und das dann die Teilneh-mer einfach keine Lust mehr haben und es dann vielleicht unter Druck oder unter Zwang machen, aber an sich das nicht der richtige Weg ist. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass die Incentivierung nur eine extrinsische Motivation auslöst, also ich mache etwas, weil ich et-was anderes dafür bekomme. Qua psychologischer Grundlange eine schlechtere Motivation. Die Motivation ist nicht so nachhaltig, nicht so gleichbleibend wie die intrinsische. Und die intrinsische Motivation, die sich auf die Inhalte an sich, also auf die Tätigkeit an sich be-zieht, wird aus meiner Sicht durch die reine Bestätigung und Belohnung dafür, dass ich etwas richtig gemacht habe, die im Normalfall auch nicht deswegen mit einer monetären, extrinsischen Komponente gekoppelt werden sollte, sondern wenn dann nur über Zwischen-schritte, da sie einfach die bessere Motivation ist. Deswegen würde ich grundsätzlich sagen: Durch dieses konstante Bestärken und Belohnen und transparent-machen, was passiert, das ist ja auch ein ganz wichtiger Faktor. Also dieses "ich habe schon 50%" - das ist das eine, das macht ja klassisch der Fortschrittsbalken. Aber eben auch so ein Gefühl von: Ich bin der Beste. Ich bin gut. Ich bin in der Rangliste relativ weit oben. Das ist etwas, was einen durchaus motiviert. Also die Gründe für den Einsatz von spielerischen Elementen sind grundsätzlich: Begehrlichkeit wecken, die Leute dazu motivieren, das überhaupt zu tun. Das schönste, was einem passieren kann, ist, dass selbst wenn man die Rangliste nicht veröffent-lichen kann, also es gibt ja ganz oft die Anforderung, dass man gar nicht die anderen Nutzer anzeigen lassen darf, dass man dann aber einen informellen Austausch zwischen den Ler-nenden hervorruft, dass ein Mitglied sagt: Hey, ich hab schon das und das Level erreicht oder Ich habe schon so und so viele Punkte. Und der andere sagt: Oh, ich habe noch nicht so viele Punkte und der schaut sich das ganze dann noch mal an und kriegt dann auch Spaß daran und die Motivation hält weiter. Ich bin komplett der Überzeugung, dass Gamification einer der entscheidenden Schnittstellen zwischen Lernen und Flow ist. Wenn man dem Herrn Mihaly Csyikszetmihalyi glauben kann, dann ist der Flow einer der bahnbrechenden oder einer der wichtigsten Bedingungen dafür, dass man glücklich wird und dass man ein lebenswertes Leben führen kann, dass die Herausforderungen und die Fähigkeiten zueinan-der passen. Und Csyikszetmihalyi argumentiert an einer Stelle, und das hat mich sehr über-zeugt, dass es im Beruf an sich leichter ist in den Flow zu kommen als im Privatleben. Und er begründet das mit der Aussage: Im Berufsleben gibt es eher klar festgeschriebene Ziele, Regeln, Strukturen, Prozesse, sodass man Erfolg haben kann, dass man weiß, wann man etwas richtig gemacht hat. Jetzt muss ich ihm da leider ein bisschen wiedersprechen, denn in ganz vielen Unternehmen ist diese Transparenz: Wann habe ich etwas gut gemacht? Wann habe ich etwas richtig gemacht? leider nicht so vorhanden, wie er sich das vielleicht vorstellt. Dem kann Gamification wunderbar Abhilfe schaffen. Wir können den Lernenden, die im Flow-Zustand dadurch unterstützen, dass wir den Menschen fordern aber nicht über-fordern, denn wir fordern ihn insofern, dass er sich darauf konzentrieren soll, dass er da wirklich dabei bleibt und wir belohnen in dann. Wir geben im konstant Feedback, was ja einer der wichtigsten Faktoren für die Motivation für Leistung von den Mitarbeitern ist und füllen an sich so zu mindestens strukturell in einem gewissen Maße die Grundbedingungen für Flow. Und das ist so ein Punkt, der für mich auf der theoretischen Ebene wirklich sehr schwer wiegt. Das Prinzip des Flows lässt sich wissenschaftlich beweisen. Interessanter-

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weise lässt sich das schlicht und einfach durch die Kapazität, die wir verarbeiten können, begründen. Also der Mensch hat ein gewisses Spektrum an Information, die er verarbeiten kann. Das sind ca. 120 Bits pro Sekunde, glaub ich. Und ein aufmerksames Gespräch braucht ungefähr 60 Bit. Das ist übrigens die Begründung, warum Sie keine zwei Gespräche parallel führen können. Das würde Ihre Aufmerksamkeitsgabe und Ihre Verarbeitungsgabe überfordern, also das ist quasi rein technisch nicht möglich. Und, wenn man in einer Tätig-keit aufgeht verbraucht man deutlich mehr als 80 Bit, sogar zum Teil 90. Und das hat dann zur Folge, dass wirklich die physiologischen Grundbedürfnisse des Körpers nicht mehr wahrgenommen werden können, weil die Aufmerksamkeitsgabe und die Verarbeitungsfä-higkeit des Menschen nicht mehr ausreicht, um seine Reize und die Informationen, die über die Sinnesorgane reinkommen, wirklich verarbeiten zu können. Das ist wie, wenn man 8,9,10 Stunden an einem Konzept arbeitet und dann in den Abendstunden das erste Mal merkt, dass Ihr Magen knurrt und Sie auf Toilette müssen. Davor haben Sie das gar nicht gemerkt. Das ist genau das, was man Flow nennt. Also dieser Trance-Zustand ist nichts, was man sich einfach nur einbildet, sondern das ist schlicht und einfach die begrenzte Ver-arbeitungskapazität eines Menschen. Und das ist im Prinzip auch die wissenschaftliche Be-gründend, dass es Flow wirklich gibt und nicht ein theoretisches Konstrukt ist. Wir haben ja jetzt über die Perspektiven bzw. über die Vorteile von Gamification-Aspekten gesprochen. Daher interessieren mich jetzt auch die Herausforderungen, vor denen E-Learning-Produzenten im Bereich des gamifizierten Lernens stehen. Wie ist denn die Akzep-tanz von Unternehmen zurzeit zu beurteilen? Also, ich denke im Großen und Ganzen an sich relativ gut. Also es gibt natürlich immer wieder das eine oder andere ältere Semester, das dann diese Auffassung vertritt: Lernen muss wehtun und Qualifizierung ist nicht etwas, was zum Spaß da ist und die Leute sollen es sich auch erarbeiten müssen. Die stehen dann eher skeptisch oder kritisch unserer An-sicht gegenüber, dass lernen Spaß machen soll und das man das gerne machen soll. Weil es einfach eine andere Denke ist. Das ist einfach die alte Schule der Qualifizierung, der Perso-nalentwicklung - da muss man auch einfach etwas für tun, das man das bekommt. Das soll einfach nicht geschenkt sein. Und das man das sich wirklich erarbeiten muss. Aber das ha-ben wir an sich eher selten erlebt. Also die meisten sind tatsächlich was das angeht sehr offen. Also sowohl was Interaktivität angeht, als auch was Gamification angeht. Solange es den Budgetrahmen nicht sprengt, waren die meisten, denen wir es angeboten haben, da eher erfreut und fanden es cool und haben es in der entweder kleineren oder größeren Ausbau-stufe auch angewendet. Und wie sieht das bei den Lernern aus? Bei der Akzeptanz von den Lernern? Kriegen Sie da auch Rückmeldung von den Unternehmen? Also im Großen und Ganzen ist das auf jeden Fall positiv. Aus den Unternehmen heraus höre ich da an sich eher Positives. Das es den Leuten Spaß macht und das sie es gerne ma-chen. Und unser Ziel, dass die Leute es überhaupt komplett durchmachen. Also wir sind ja grundsätzlich von der Wirksamkeit unserer Maßnahmen überzeugt. Wir machen die ja auch, weil die didaktisch und methodisch sinnvoll sind. Und die Inhalte sind ja deswegen so an-geboten, weil wir der Meinung, dass es eben der richtige Detailgehalt, das richtige Level, die richtige Tiefe für die richtige Zielgruppe ist. Das heißt unser Hauptziel ist erstmal, dass die Leute es wirklich von vorne bis hinten durchmachen. Und zwar das Ganze mit Engage-ment. Also, dass sie dabei bei der Sache sind. Und die Abbruchquoten konnten wir durch den Einsatz von spielerischen Aspekten massiv reduzieren. Also im Vergleich zu einer klas-sischen Slide-basierten Methode. Und das ist für uns an sich schon der erste große Aspekt, warum wir es als erfolgreich empfinden. Und mit dieser Reduktion der Abbruchraten haben wir wirklich einen Punkt, mit dem man in der Tat die alte Schule wirklich erwischen kann. Denn E-Learning soll ja für Nachhaltigkeit, für Skalierbarkeit und für Transparenz stehen

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neben der Wirksamkeit natürlich und eben der Anpassung an den Arbeitsalltag des einzel-nen Menschen. Aber wenn das dann eben keiner macht, dann haben sie damit keinen Spaß. Und deswegen ist das für uns etwas, was zu einem vernünftig aufgebauten Konzept dazu-gehört und dass es die Wirksamkeit deutlich besser garantieren kann, als ein klassisches WBT. Und was denken Sie, wo kommt Gamifcation im E-Learning in Unternehmen an seine Grenzen? Gibt es da z.B. Barrieren für den Einsatz? Also ich glaube ich würde vorsichtig sein in kritischen Phasen. E-Learning wird ja zum Teil auch zur Kommunikation in Problemzeiten genutzt, wenn z.B. ein neues Mindset eingesetzt werden soll oder wenn bei einem Merger wichtige Informationen gesichert bei der Ziel-gruppe angekommen sollen und das auch irgendwie bewiesen werden muss. Wenn jetzt die gesamte Lage des Unternehmens gerade eher kritisch ist, kann ich mir gut vorstellen, dass ein Teilnehmer, der in dieser Situation ein verspieltes E-Learning bekommt, sich sagt: Also ganz ehrlich, ihr entlasst hier die Hälfte der Mitarbeiter und dann investiert ihr in Spiele. Ich könnte mir vorstellen, dass das etwas ist, wo man eher vorsichtig sein sollte. Da wäre ich glaube ich grundsätzlich vorsichtig. Da würde ich wahrscheinlich die Aufbereitung der Un-terlagen dann quasi sehr sauber uns sehr professionell machen und dann überhaupt nicht verspielt. Also auch visuell da sehr sehr moderat bleiben. Einfach, um kein Unverständnis und keine Reaktanz zu erzeugen. Und da wäre Gamification etwas, wo ich eher vorsichtig sein würde. Welchen Risiken stehen denn Unternehmen gegenüber, wenn sie Gamification im E-Learning einsetzen? Ich meine, wo man natürlich grundsätzlich vorsichtig sein muss, ist das wenn man so etwas anfängt, dass man natürlich eine gewisse Verpflichtung mitnimmt, das weiter zu machen. Das heißt, wenn man jetzt vor allem im Bereich des Storytelling arbeitet, also sprich, wenn man ein E-Learning hat, das man in einer Geschichte verpackt, dann denke ich, dass es dadurch eine gewisse Erwartungshaltung bei den Teilnehmern indiziert. Also dass man dann erwartet, dass es dann auch mit der Geschichte weitergeht. Dass es eine Fortsetzung gibt, das weitere, kommende E-Learnings dann auch so sind. Und, wenn diese Erwartungs-haltung dann nicht eingehalten wird, dann könnte ich mir vorstellen, dass das zu Enttäu-schung und zu noch schlechteren Teilnahmequoten führt, als es vorher war. Sie hatten ja vorhin schon gesagt, dass Lernen Spaß machen darf. Und wenn Lernen Spaß machen darf, was muss denn bei der Konzeption und Produktion von Gamification im E-Learning beachtet werden, um Erfolg beim Lehren und Lernen zu erzielen? Was sind die wichtigen Dinge, die man bei der Konzeption beachten muss? Also ich würde sagen, man sollte immer die Perspektive der Person aufsetzen, die da auch etwas lernen soll. Also immer die Wünsche und Bedürfnisse in Betracht ziehen, damit der Lernende nicht das Gefühl hat, dass er gerade etwas erzählt bekommt, was ihm sein Vor-letzter gerade erzählt. Sondern das das etwas ist, was in seiner Sprache, zu ihm einfach passt. Also was einfach seinen Bedarf trifft. Ich glaube, wenn man das immer vor Augen hält, dann ist das schon mal ein sehr sehr guter Anfang. Ansonsten: Das Level und die Komplexität der Zielgruppe anpassen, die Tonalität, die Sprache der Zielgruppe anpassen. Auch beim richtigen Level abholen. Also, da gibt es eine Zielgruppe, der muss man erstmal erklären, was intrinsische Motivation bedeutet, für eine anderen kann man direkt schon an-fangen, über Flow zu diskutieren. Also immer zu wissen, was kann man als Vorwissen bei den Entscheidern voraussetzen? Und welche Gamification Elemente bzw. -Aspekte werden denn genutzt?

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Also die Klassiker sind natürlich die Punkte, die man sammeln kann. Die Punkte, die man gesammelt hat führen dann entweder zu Auszeichnungen, den sogenannten Badges oder zu steigenden Levels. Was auch eine übliche schöne Methode ist, ist das der Avatar des Ler-nenden immer schicker und besser wird und mehr Fähigkeiten hat. Dann die Freischaltung von zusätzlichen Inhalten nachdem Aufgaben erfüllt worden sind würde ich jetzt auch im entferntesten Sinne noch dazuzählen. Dann der Wettbewerbsgedanke durch die Transparenz einer Rangliste. Ich würde sagen, das sind schon so die wichtigsten, also wenn wir jetzt wirklich von den klassischen Tools/Methoden sprechen. Das sind die, die wir am meisten einsetzen. Welche Entwicklungen sind hinsichtlich Gamification im E-Learning zukünftig zu erwar-ten? Also ich denke generell das Übertragen von Gamification-Inhalten, also Spielkonzepten wird einfach stärker werden. Es wird mehr werden. Die große Erweiterung wird in der Tat kommen mit dem Thema Virtualisierung. Die Lerninhalte werden einfach in Zukunft noch multimedialer, noch interaktiver werden.

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3.3 Transkript EA02

Ich würde Sie bitten, zum Einstieg kurz zu schildern, was Ihre Aufgabe bei A02 ist und wie Ihr beruflicher Hintergrund aussieht? Also die Aufgabe bei A02 ist Geschäftsführer und das umfasst alle strategischen Aufgaben und Marketing und Vertrieb. Und was ist Ihr beruflicher Hintergrund? Ich habe Marketing studiert - Markt und Allokation. Dann promoviert zum Thema Ma-nagement Change und das interessante ist, dass ich meine Promotion am Lehrstuhl Didaktik für die Lehrerausbildung gemacht habe, also im Bereich Pädagogik- und Didaktikonzepte und da bin ich eigentlich so auf das Thema E-Learning gestoßen. Seit wann bieten Sie denn Gamification-Aspekte in Ihren E-Learning-Maßnahmen für Ihre Kunden an? Schon lange. Also 5 - 6 Jahre. Wir haben immer mal wieder so Pilotumsetzungen gemacht. Und wir haben Forschungsprojekte und innerhalb der Forschungsprojekte und innerhalb dieser haben wir das schon sehr früh mit eingebaut. Und was reizt Sie an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning? Also wenn man sich mal die Nutzerzahlen anschaut, dann ist es so, dass das E-Learning, wenn es jetzt kein "Must" ist, also wenn man nicht zu den Mitarbeitern sagt: Ihr müsst das machen, um ein Zertifikat zu erlangen, oder um irgendwelche, die betrieblich erforderlich sind, zu erlangen. Also sozusagen, wenn kein Zwang dahinter ist, dann ist die freiwillige Motivation, E-Learning zu machen eher nicht so berauschend. Selbst wenn es gut gemacht ist oder ähnliche Dinge, haben die Leute immer das Gefühl, das ist eine Mehrbelastung, jetzt muss ich dafür auch noch vor dem Rechner sitzen - brauche ich nicht unbedingt. Und das ist beim Game Based Training doch schon ein bisschen anders. Da wird so dieser Spiel-reiz mehr gelockt und da gibt es halt sehr viele Leute, die relativ viel und oft das auch nut-zen, weil es ihnen einfach Spaß macht, weil dieser Faktor Spaß dazu kommt. Okay, also das Thema Motivation und Spaß steht dabei auf jeden Fall im Vordergrund? Ja. Absolut. Das ist also nicht so ein gefühltes, wahrgenommenes: ich muss das jetzt ma-chen, sondern: Ich finde das gut. Und, wie kommt eine Zusammenarbeit mit Unternehmen bzgl. des Einsatzes von Gamifica-tion in Lernanwendungen zustande? ist das eher der Anstoß von Ihrer Seite, dass Sie sagen: Wir könnten da noch etwas anderes tun? Oder ist es eine direkte thematische Beauftragung des Unternehmens? Also, meistens kommt es von unserer Seite, weil wir es in den Projekten formulieren. Also, dass ist quasi ein Lösungsweg, um Inhalte zu vermitteln und meistens sind wir auch bei den Unternehmen die, die die neuen Themen anstoßen. Das zeigt ja, dass Sie schon einige Projekterfahrungen zu diesem Thema sammeln konnten. Mich würde daher interessieren, welche Unternehmen bzw. welche Branchen nutzen denn Gamification in ihren E-Learning-Maßnahmen. Gibt es da eine Tendenz?

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Also, Automotive. Dann Energieversorger - Energy Supplier. Und wir haben das auch schon im Handwerk eingesetzt. Im Handwerk ganz speziell die Sanitär-, Heizung-, Klimabranche, weil die sehr fortschrittlich ist. Weil die natürlich auch mit ganz modernen Geräten arbeiten muss. Also die sind schon ein bisschen computeraffiner, weil die Heizun-gen sind ja alle Hightech mittlerweile. Und in dem Fall geht es dann eher um Softwareschulungen oder Trainings zur Installation der Geräte? Genau. Und wie würden Sie die Zielgruppe beschreiben, für die sich der Einsatz von Gamification im Lernumfeld eignet? Ich glaube, der Einsatz eignet sich in allen Bereichen und bei allen Zielgruppen. Also viel-leicht kann man den Produktionsbereich so ansatzweise ausklammern. Ich glaube nicht, dass man sozusagen einen Flow im prozessorientierten Lernen im Produktionsbereich hat. Da wird es eher schwierig. Aber für Leute, die im Vertrieb, im Marketing, also generell Büroarbeitsarbeitsplätze. Wir das z.B. speziell mal für Auszubildende gemacht. Also das waren jetzt z.B. Handwerker. Da waren es die Auszubildenden, die wir da versucht haben, zu bearbeiten. Also da gibt es eine Reihe von Zielgruppen. Also ich würde eher fragen: Wo eigentlich nicht? Und das wird schon schwierig zu beantworten. Also die Tendenz ist aber im Bürobereich, wo dann auch direkt das Werkzeug für das E-Learning da ist: der Computer? Genau. Aber es geht ja auch stark in Richtung mobile Nutzung. Insofern ist das überall ver-breitet und deswegen kann man da kaum etwas ausklammern. Und welche Themen lassen sich gut über Gamification vermitteln? Gibt es da auch eine Tendenz? Also, was ganz gut ist und vor allem bei der Zielgruppe Auszubildende gut funktioniert sind ausbildungsrelevante Inhalte. Da ist natürlich die Motivation, solche Themen zu bearbeiten sehr groß. Die Azubis können sich damit dann auf die Prüfung vorbereiten, auf ihren Ab-schluss. Themen, die eigentlich eine bisschen schwergängiger sind von der Vermittlung her kann man super ins Game Based Training einbinden. Aber man kann auch Produktwissen oder Produktfeatures darüber vermitteln. Und gibt es Inhalte, die sich Ihrer Meinung nach gar nicht über diese Lernform vermitteln lassen? Nein, das glaub ich nicht. Das ist immer nur eine Frage des intelligenten Aufbereitens. Wir haben z.B. sogar schon Rechtsthemen so vermittelt. Oder es gibt einem schwergängigen Thema bei der Meisterprüfung im Energieversorgungsbereich. Gut, dann kommen wir von den Anwendungsbereichen zu den Perspektiven. Denn mich interessiert besonders, was die Vorteile von Gamification im E-Learning sind. Also, wie können Gamification-Aspekte den Lernprozess unterstützen? Also Motivation natürlich. Das hatten wir schon gesagt. Man spricht ja klassisch vom Blen-ded Learning. Das ist ja eigentlich im generischen Sinne gemeint. Man verbindet Präsenz-lernen mit virtuellen Lernteilen. Das ist ja so die klassische Idee vom Blended Learning. Und ich glaube, zukünftig gehört in dieses Blended Konzept auch automatisch diese Game

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Based Trainings mit rein. Und insofern wird das irgendwann ein ganz normaler Prozess sein, das man sich bestimmte Dinge spielerisch aneignet, bestimmte Dinge im Klassenraum lernt und bestimmte Dinge im Web Based Training macht und andere Lernformen. Also irgendwann wird es wirklich geschnitten werden. Game Based Training hat ja den riesen Vorteil, und zwar richtig gutes Gruppenlernen. Also z.B. in 3er-, 4er-, 5er-Teams - und da kommt die Zockerseele hoch, da kann man dann ja super gegeneinander spielen. Das ist grandios. Und, um nochmal auf Ihre Frage nach den Gründen für den Einsatz zurück zu-kommen. Die Frage ist ja: Warum machen das Erwachsene so gerne? Egal, welche Berufs-gruppe Sie nehmen, dieses Spielerische, als das Spielen als solches, auch das Gegeneinan-der spielen, das hat nie an Reiz verloren. Also wir haben mal so Laboruntersuchungen ge-macht beim E-Learning. Wo am meisten Halligalli war, war als die Tests gemacht wurden. "Was, du hast schon drei richtig. Was ist denn da los? Ich habe erste einen." Also dieses Sich-anstacheln, der eine hat mehr Punkte, als der andere - das weckt Spieltriebe in den Menschen, die nicht so schnell versiegen. Und da kann man richtige Lernprozesse starten und gruppendynamische Prozesse starten und vor allem alles im Sinne der Lernziele und das muss man dann eben erreichen. Neben den angesprochenen Perspektiven, gibt es bestimmt auch Herausforderungen, vor denen E-Learning-Produzenten stehen. Wie ist denn die Akzeptanz von Unternehmen der-zeit zu beurteilen? Also, da fängt es ja ganz weit vorne an, dass in einigen... Also das lässt sich eigentlich so unterteilen in Unternehmen, die über ihre Prozesse nachdenken. Die denken automatische über Blended Learning und Game Based Learning nach. Unternehmen, die nicht über ihre Prozesse nachdenken müssen, Klammer auf, das sind die, denen es noch zu geht, Klammer zu. Die machen Schulungen und Seminare, wie sie das vor 20 Jahren schon gemacht haben. Und die Notwendigkeit, sich zu verändern ist überhaupt nicht da, weil es ja alles funktio-niert. Also man kann das wirklich schon so ein bisschen in Branchen unterteilen, die sich bewegen müssen, weil der Markt enger wird, weil die Prozesse definiert werden müssen, weil die Prozesskosten zu hoch sind und, die natürlich extremen kompetitiven Märkten sind, also wettbewerbsstarken Märkten. Und dann gibt es aber auch Unternehmen, also z.B. die Pharmabranche, die haben ihren Gewinn in den letzten 10 Jahren verzwanzigfacht oder so, die haben keinen starken Wettbewerbsdruck, auf jeden Fall nicht so stark, wie in ande-ren Branchen. Also die Pharmabranche hat schon hohen Innovationsdruck, weil die ja im-mer wieder neue Präparate auf den Markt werfen müssen, die ganz hohe Entwicklungskos-ten schlucken, aber was die nicht so haben, sind die Prozesskosten. Weil die teilweise große Ressourcen oder Potenziale haben, die sie aus ihren Produktionsstätten schöpfen könnten, wenn sie denn wollten. Aber die wollen gar nicht. Also da ist der Druck noch nicht so da. Aber wenn man über Prozesse nachdenken muss, wie z.B. das z.B. die Automotivbranche sehr intensiv tut, dann kommt man automatisch Blended-Konzepte und muss sich nach den Innovationen richtigen. Und wie ist die Akzeptanz von Lernern zu beurteilen? Generell, wenn man da z.B. das Auszubildenden-Umfeld betrachtet, da findet man natürlich ganz schnell Zuspruch, weil diese Zielgruppe natürlich schon ein stückweit so medial kulti-viert ist von ihrer Ausbildungszeit. Aber man kann auch schwer sagen, dass ältere sich schwerer tun als jüngere. Da haben wir ganz unterschiedliche Ergebnisse und Untersuchun-gen in Unternehmen gehabt. Z.B. im Handwerksbereich, da denkt man ja: OK. Das sind ja Leute die gar nicht mit einem Computer umgehen können. Gerade die haben privat Rechner und Highend und machen Online-Banking und was weiß ich nicht alles. Also da kann man es nicht automatisch ableiten, dass es Gruppen gibt, die da eher nicht so affin sind, das ist sehr heterogen.

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Und welchen Risiken stehen Unternehmen gegenüber, die Gamification im E-Learning nut-zen? Naja, also es ist natürlich schon klar, dass, wenn es sozusagen zu spielerisch wird oder wenn der Lerninhalt gar nicht mehr richtig erkannt wird und es zu weit weg von den Unter-nehmensanforderungen ist und zu Gamification-lastig. Dann kann es natürlich sein, dass die Mitarbeiter sagen: Das gefällt mir nicht. Aber wir haben eher positive Erfahrungen ge-macht. Die meisten sind da sehr offen. Gibt es da auch diesen Aspekt, dass Mitarbeiter auch mal sagen: Das ist mir zu kindisch? Das hängt 1:1 von dem Schwierigkeitsgrad ab. Also das kommt immer nur dann, wenn Sie fragen: Wie heißt der Formel 1-Fahrer mit Nachnamen Schuhmacher mit Vornamen. Dann kommen die Leute sich verarscht vor, also wenn es zu einfach wird. Wenn es aber einen gewissen Schwierigkeitsgrad hat, dann funktioniert das. Es hängt also von den Lerninhalten ab. Es darf nicht zu trivial sein. Warum gibt es immer noch die weitverbreitete Meinung, dass Arbeit und Spiel bzw. Lernen und Spiel zu trennen sind? Stoßen Sie dahingehend manchmal auf Wiederstand bei den Unternehmen? Ja, also wir haben schon mal im Callcenter solche Untersuchungen gemacht. Und da ist es schon ein bisschen komisch, wenn der Chef vorbeigeht und da ist jemand am Bildschirm und zockt oder macht irgendwelche bunten E-Learning. Also da muss noch diese Erfahrung reifen, dass eben Lernen über verschiedene Kanäle funktionieren kann und wenn man da aber eine aufgeschlossene Führungskraft hat, dann akzeptiert die das auch. Die müssen das ja auch treiben, die müssen das wollen in den Prozessen und wer das mal selber gemacht hat, der weiß, egal ob sie spielbasiertes oder klassisches E-Learning machen, das ist beides sehr anstrengend, also es ist beides ziemlich fordernd. Also ich glaube, dass ist einfach nur eine Frage der Zeit. Wir haben natürlich noch so einige Führungskräfte, die sind sozusagen völlig ohne die neuen Medien groß aber die sind ja dann ja auch irgendwann mal weg. Also das ist eine Frage der Zeit denke ich mal. Dann habe ich noch Fragen zur Konzeption und Produktion. Was muss denn Ihrer Meinung nach bei der Konzeption und Produktion von Gamification-Lernanwendungen beachtet werden, um Erfolg beim Lehren und Lernen zu erzielen? Also eines der spannendsten Dinge war eigentlich bei X. Die hatten mal so ein richtiges Brettspiel. Also das heißt, die hatten eine Logik entwickelt, wie man mithilfe von Brettspiel und mit Fragekärtchen, also da war gar nichts virtuelles angedacht, so ein Spiel den Mitar-beitern gibt und die Leute haben sich wirklich dahin gesetzt und haben dieses Brettspiel gespielt, so ähnlich wie Wer Wird Millionär, so wie man es klassisch kennt. Was sehr wich-tig ist beim Lernspiel ist, ist das man auch diese spielerische Methodik und Didaktik so ein bisschen durchsichtig macht. Also, dass man quasi so eine Art Rennen macht. Also, dass es einen gibt, der gewinnen kann, der durch bestimmte Wissensvorsprünge irgendwelche Vor-teile hat. Und da muss man so ein bisschen dieses klassische Spieltheorie reinbringen, die es halt auf der Brettspielebene gibt und dann findet man immer wieder neue Ansätze, die gut sind. Und wenn man irgendetwas macht, was verwirrt oder nicht richtig zum Ziel führt, weil es zu kompliziert wird, dann wird es eher schwer? Und wie kann der Lernerfolg mithilfe von Gamification sichergestellt werden? Gibt es da Kontrollpunkte oder ähnliches?

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Ja. Das sind Highscores und ähnliche Dinge und da kann man dann sowohl Highscores in der Gruppe machen also auch Einzelhighscores - das gibt es beides. Und die kann der Lerner dann direkt abrufen und sich so immer sicher sein: Wo stehe ich? Exakt. Genau. Ja, das Thema Gamification liegt derzeit ja ziemlich im Trend. Wie geht es weiter? Was denken Sie: Welche Entwicklungen sind hinsichtlich Gamification zukünftig zu erwarten? Da würde ich einfach mal einwerfen: Inwieweit ist es wichtig für die Unternehmen, dass die Mitarbeiter, die im Unternehmen sind sich Skills aneignen also eine neue Performance ent-wickeln und neue Aufgaben lösen können, die die Herausforderungen des Marktes mit sich bringen. Letztendlich muss das Unternehmen ja gucken, wie es am Markt klar kommt und das führt zu Veränderungen, zu starken Veränderungen der Prozesse und diesen müssen ja die Mitarbeiter in Form von Skills, die sie erlangen, gerecht werden. Und wenn man das mal so als These aufstellt, wird das eher so, dass die Skills sich stark verändern in den nächsten Jahren oder ist es eher so, dass sie gleich bleiben oder eher von der Komplexität abnehmen, dann ist es klar, dass die Skills in den nächsten Jahren zunehmen werden. Und dann muss man eben mit den Mitarbeitern die da sind das Skillportfolio ausfüllen, was so ein Unternehmen am Markt leisten muss. Deswegen ist aus meiner Sicht ganz klar: Egal, ob das Game Based Training ist oder E-Learning oder auch klassische Seminare oder auch Coaching - all diese Methoden, die helfen Skills zu entwickeln, werden in den nächsten Jahren einen Run erleben - da bin ich mir ziemlich sicher.

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3.4 Transkript EA03

Könnten Sie zum Einstieg kurz schildern, was Ihre Aufgabe bei A03 ist und, wie Ihr berufli-cher Hintergrund aussieht? Ich bin hier Senior Entwickler bei A03 vor allem Ebene im Bereich E-Learning Content und vor allem auch im Bereich der Gamification. Das bedeutet, meine Aufgabe beginnt schon bei der Konzeption eben, bei dem Kundengespräch. Wo könnte man solche Elemente ein-setzen. Wo sind solche Sachen technisch möglich und natürlich vor allem dann später bei der technischen Umsetzung bin ich ganz vorne mit dabei. Wir überlegen dann, welche In-teraktionsarten machen hier Sinn? Wie könnte man Informationen darstellen? Und mein beruflicher Hintergrund: Ich bin seit 2 Jahren bei A03, davor habe ich viel Marketing-und Programmier-Bereich gearbeitet, im Vertrieb eher. Studiert habe ich Screen- und Webde-sign. Ich würde mich selbst als Allrounder bezeichnen. Seit wann bieten Sie denn Gamification-Aspekte in Ihren E-Learning-Maßnahmen für Ihre Kunden an? Wir haben die ersten Gamification-Elemente ca. 2008 angewendet. Nicht ganz so durch-gängig. Wir hatten so ein Storybased Learning, wo man also nicht linear durchgeführt wird, sondern man ist selbst in der Rolle eines Mitarbeiters in einem internationalen Unternehmen und wird im Prinzip in die Situation, in die Geschichte hineingeschmissen, man muss dort sein Team organisieren und dann eben auf verschiedene kulturelle Eigenheiten Acht geben muss. Wenn man z.B. in anderen Ländern telefoniert, dass man dabei z.B. auf andere Sitten achtet. Und um diese Awareness für kulturelle Unterschiede zu schaffen, hat man eben da-mals so eine Art storybasiertes Lernen entwickelt. Was reizt Sie an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning? Ich persönlich komme selber aus der Spieler-Ecke. Meinen ersten Rechner mit Dos und irgendwelchen Spielen drauf, hatte ich mit 11 und seitdem hat das auch nicht mehr aufge-hört. Ich denke, was halt wirklich interessant ist beim spielerischen Lernen ist, dass es ei-gentlich wegkommt vom dem teilweise negativ belasteten Image des Lernens. Viele ver-binden mit Lernen Frontalunterricht, wie in der Schule in Unterrichtseinheiten und dann setzt man sich halt mal da hin und lernt etwas, dann kann ich verstehen, wenn die Leute dann sagen: mhh... hört sich erstmal nicht so spannend an, weil natürlich grad vor allem in klassischen E-Learnings, die sehr linear sind, wo man nur "Weiter" klicken kann, aber letztenendes kann ich halt nicht beeinflussen, ob da etwas besser oder schlechter wird, ich habe vielleicht irgendwo meine Prozentangabe, wieviel Punkte ich habe, aber das war dann auch schon das Ende meiner Einflussmöglichkeiten. Ich glaube, was Leute motiviert, ich glaube das kann man überall sehen, ist wenn Leute aktiv mitgestalten können. Ich meine, wenn ich jetzt z.B. hier im Büro Vorschläge mache, und die interessieren niemanden, dann werde ich irgendwann ja auch aufhören, Vorschläge zu machen. Aber wenn ich sehe: Hey, ich mache einen Vorschlag und ich kann damit hier mein Arbeitsumfeld, mein soziales Um-feld beeinflussen oder damit Ergebnisse erzielen, dann ist es natürlich einfach ein sehr posi-tives Feedback, weil ich eben sehe, meine Aktion stoßen auf eine echt Gegenreaktion. Im spielerischen Lernen kann man diesen Begriff der Selbstbestimmung sehr schön aufgreifen, weil die Firmen verlangen ja von den Leuten, dass sie selbstständig entscheiden, dass sie teilweise sehr komplexe Sachen planen, umsetzen usw. Und da kommt es natürlich echt auf den einzelnen Mitarbeiter an. Das ist sozusagen ein Win-Win-Aspekt. Wie selbstständig der unterwegs ist und im klassischen E-Learning wird das dann komplett konterkariert. Da hat man null Einflussmöglichkeiten. Der Individualisierungsgrad ist mit Einbezug von Gamifi-cation viel höher und ich denke auch der Spaßfaktor und eben auch das Verpacken in so eine Geschichte sind Dinge, die das Ganze auf einer emotionalen Ebene aufladen und den

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Lernerfolg dadurch viel effizienter machen. Wenn man z.B. Leute fragt: Im Monopoly - welche ist die teuerste Straße? Dann werden die meisten Leute sagen: Die Schlossallee, obwohl sie vielleicht seit 40 Jahren schon kein Monopoly mehr gespielt haben und natürlich auch nie irgendwie ein Monopoly-E-Learning gemacht haben, das wird sich auch keiner merken. Aber man wusste halt, und man war voller Adrenalin, wenn man gesehen hat, dass man grad auf die Schlossallee zukam und hat es dann automatisch durch diese Emotion verinnerlicht - das ist ein sehr schönes Beispiel, um zu zeigen, wie die emotionale Aufla-dung den Lernerfolg unterstützen kann. Wie kommt eine Zusammenarbeit mit Unternehmen bzgl. des Einsatzes von Gamification im E-Learning zustande? Ist es so, dass Sie das z.B. in der Konzeptionsphase bzw. in Gesprä-chen mit den Unternehmen ansprechen oder werden Sie auch direkt beauftragt, spielerische Elemente einzubauen? Tatsächlich ist es so, dass vor einigen Jahren die Unternehmen das noch nicht so auf dem Schirm hatten und sie nicht wussten, was man damit anfangen soll. Gerade im deutschen Raum herrscht ja auch die Einstellung vor: Wie Spiele? Ich habe keine Zeit, Spaß zu haben, ich muss arbeiten. Das ist natürlich eine ganz fatale Einstellung, weil irgendwie scheint das Spaß und Arbeit nicht zusammenhzupassen bei einigen, was wirklich sehr schade ist. Also tatsächlich geht es immer mehr dahin, dass einige Firmen z.B. durch Messen an dieses Thema herangeführt werden und dann auch explizit fragen: So, wir haben jetzt hier ein klassisches E-Learning zu dem und dem Thema, da kann man doch bestimmt etwas ma-chen. So in der Richtung. Z.B. haben wir für einen Kunden ein 3D-Spiel gebaut, eine 3D-Simulation, die demnächst auch veröffentlicht wird und da war es tatsächlich so, dass der Auftrag von Anfang an vom Kunden klar war: Sie wollten eine Dreidimensionale Visuali-sierung mit spielerischem Ansatz für diese Spielwelt. Wir haben aber durchaus auch Kun-den, die mit einem klassischen E-Learning zu uns kommen und wir dann von unserer Seite sehen: Hey, da bietet sich einfach an, so einen Storybogen drumrum zu bauen oder z.B. ein Minigame mit einer kleinen Rennstrecke einzubauen, um das ganze ein bisschen aufzulo-ckern. Ich würde sagen, zur Zeit ist es größtenteils noch eher unsere Intiative, aber die Kun-den sind auch immer stärker bereit, sich auch ein bisschen auf etwas Neues einzulassen. Die haben manchmal natürlich auch ein bisschen Vorbehalte, vor allem in größeren Unterneh-men. Manchmal haben die Unternehmen auch Probleme, das intern zu verkaufen. Weil die Leute natürlich sagen: Huch, warum machen wir jetzt hier ein Spiel? Die Leute sollen doch nicht spielen. Aber sobald man den ersten Schritt erstmal geschafft hat und diese Leute überzeugt hat und die Kunden dann auch sehen, was für Feedback dann auch von den eige-nen Mitarbeitern kommen, die in der Regel sehr begeistert sind, auch mal ein abwechs-lungsreicheres Formt vorzufinden. Also wenn man die erste Hürde geschafft hat, ich glaube, dann erkennt eigentlich jeder, dass das eines sinnvolle Sache sein kann. Das heißt, es gibt teilweise immer noch diese weitverbreitete Meinung, dass Arbeit und Spaß bzw. Lernen und Spaß nicht zusammengehört. Dies wird aber immer weiter abge-schwächt. Der Trend geht immer weiter dahin, dass Lernen Spaß machen darf, dass Arbeit Spaß machen darf? Genau, Arbeit muss Spaß machen. Viele sind nur einfach so, dass sie sagen: Spiel? Nee, nee... also die Mitarbeiter müssen hier Arbeiten und dürfen nicht spielen. Das ist aber eine Sache die tatsächlich immer mehr abgeschwächt wird. Ich denke das kommt daher, dass selbst ältere Manager heutzutage z.B. ein Smartphone besitzen und CandyCrush spielen. Und dann haben die natürlich auch einen ganz anderen Zugang dazu, weil er auch weiß: ja, es macht Spaß ein bisschen zu "daddeln". Und das ist ein guter Weg dahin, zu erkennen, dass man das auch woanders anwenden kann, etwas einfach als jemand, der z.B. gar keine Spiele spielt und vielleicht Spiele auch nur aus der Presse kennt, wenn irgendjemand wieder irgendjemand erschossen hat und dann wird wieder irgendsoein Ballerspiel gezeigt und der

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denkt dann: Ok, das sollte natürlich nichts mit unserer Firma zu tun haben. Und ich glaube dieses ganze Mobile Learning, Casual Gaming - ich glaube da weicht es immer weiter auf, auch bei den etwas älteren Generationen. Ja, das zeigt ja, dass Sie schon einige Projekterfahrung zu diesem Thema sammeln konnten. Mich interessiert daher, welche Unternehmen bzw. eher, welche Branchen nutzen denn Gamification-Elemente in ihren E-Learning-Anwendungen? Das kann man tatsächlich gar nicht pauschalisieren. Das ist wirklich die komplette Band-breite. Also wir haben dieses eben angesprochene 3D-Game für verschiedene Forschungs-institute erstellt, die vom Bundesumweltministerium gefördert werden und wir haben Un-ternehmensberatungsgesellschaften, die also auch mit sehr sehr trockenen Themen, mit z.B. Steuerrecht oder sowas E-Learnings umsetzen. Grad bei diesen relativ trockenen Themen, wie gesetzliche Vorschriften, bietet sich gerade da, über eine emotionale Aufladung, eine Story-Aufladung, das Ganze nochmal interessanter zu machen. Wir haben Maschinenher-steller, wir haben das Rote Kreuz, für die haben wir Sachen gemacht, damit die Leute in Krisengebieten z.B. mobil Krisenpläne und solche Sachen abrufen können. Also wirklich die komplette Bandbreite an Branchen. Damit sind wir ja auch gleich bei der nächsten Frage angekommen: Welche Themen lassen sich denn Gamification gut vermitteln? Eigentlich alle Themen. Z.B. beim Thema Compliance, da haben wir auch mal etwas ge-macht, was eben sehr stark mit situativen Fragen arbeitet. Man wird sozusagen in die Rolle eines Mitarbeiters gesetzt und hat verschiedenste Aufgaben und Auswahlmöglichkeiten und im Verlauf dieser Story kommt eben ein virtueller Kunde auf einen zu und bietet an, mit einer kleinen Gefälligkeit das Ganze vielleicht ein wenig zu beschleunigen. Und dann ist eben die Frage, wie geht man dann damit um. Das wird aber nicht, wie z.B. bei einem klas-sichen Multiple Choice Test abgefragt, sondern einfach in so ein Dialog eingebunden und hat dann auch verschiedene Abstufungen zu antworten, also eben nicht nur "komplett rich-tig", sondern eben auch "tendenziell richtig, aber man hätte noch stärker abblocken müssen" oder "Sie haben hier nicht klar genug gemacht, dass sowas absolut nicht geht", so in der Art. Ich denke, gerade so im Bereich Compliance oder auch z.B. Management, da bieten sich Spiele an, um ein bisschen mehr so diese Soft Skills anzusprechen. Ich meine, wenn man jetzt sehr sehr fachliche Fragen hat, z.B. "Welchen Durchmesser hat diese Welle hier". Dann kann man sagen "10 mm" oder "20 mm" - falsch oder richtig. Aber bei den sozialen Situationen ist es ja auch sehr viel über den zeitlichen Verlauf, ich meine so ein Gespräch kann ja auch mal eskalieren, oder es bricht erst am Ende auseinander. Und so diese nicht direkt als richtig oder falsch messbaren Inhalte rüber zu bringen, dazu sind spielerische An-sätze sehr hilfreich. Das heißt also Produktwissen z.B. kann man auch gut über normales, lineares E-Learning abbilden, Verhalten und Argumentation lassen sich jedoch viel besser über spielerische Ansätze vermitteln? Genau. Und gibt es Inhalte, die sich gar nicht über diese Lernform abbilden lassen? Also zum Beispiel das Militär, z.B. die US Army, die hat unheimlich viele 3D-E-Learnings, obwohl man denken könnte, das Militär - die machen das eher ernsthaft. Aber tatsächlich haben die eine ganze Menge Spiele, um eben z.B. im kollaborativen Lernen, d.h. da sind dann mehrere Soldaten in einem Trainingszentrum und die bauen ein virtuelles Camp auf und können dann dort alles lernen, bevor sie dann das echte Material verheizen. Also selbst

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dort bietet sich sowas an. Ich kann mir eigentlich keinen Bereich vorstellen, wo Gamificati-on jetzt prinzipiell nicht möglich wäre. Ich glaube in Bereichen, wo man z.B. der Zielgrup-pe klar machen muss oder wo die Zielgruppe überhaupt nicht affin ist zu Gamification, d.h. mal angenommen, meine Zielgruppe sind z.B. Senioren, die Bedarf an Heizdecken haben - da würde man natürlich keine Gamification-Elemente einsetzen, weil natürlich die Ziel-gruppen überhaupt nicht affin ist zu Spielelementen und wahrscheinlich müssten die dann z.B. eine kleine Figur steuern, was sie vorher aber noch nie gemacht haben, dann werden die damit zunächst erstmal überfordert. Das wäre eine kleine Lernkurve. Und das will man natürlich gerade im gewerblichen Bereich nicht haben, sondern man soll es sofort anwenden können. Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass bei sehr ernsthaften Theman, wie z.B. bei ei-nem Beerdigungsinstitut, das sowas auch nicht angesagt ist. Weil, klar, das Thema ist ein-fach zu ernst, um da jetzt irgendwie Spaß reinzubringen. Wobei ich denke, dass man noch-mal eine Unterscheidung machen kann zwischen einer interessanten Gestaltung der Inhalte durch Gamification-Elemente und dem Spaß- oder Humorelement auf der anderen Seite. Ich glaube Gamification muss nicht zwangsläufig jetzt auch was mit Humor oder Spaß in diesem Sinne zu tun haben, sondern Gamifiaction-Elemente, wie z.B. konstantes Feedback oder eben solche situativen Geschichten. Also man könnte z.B. ein Beratungsgespräch z.B. bei einem Todesfall auch mit einem Dialog darstellen. Wo wir jetzt wieder bei diesen Soft Skills wären. Ich denke das sind dann aber sehr heikle Themen, wo sich dann vielleicht ein persönliches Training fast schon wieder eher anbietet, weil man dort sicherlich auf jede Silbe wahrscheinlich Acht geben muss, was im Prinzip schwer ist abzubilden am Rechner. Das heißt, zum Thema Zielgruppe, Sie hatten ja vorhin schon etwas dazu gesagt. Wie wür-den Sie die Zielgruppe beschreiben, für die sich der Einsatz von Gamification im Lernum-feld eignet? Müssten das schon Leute sein, die das Spielen nicht erst lernen müssen, son-dern schon direkt loslegen können? Nicht zwangsläufig. Also ich denke, also man hat natürlich, wenn man jetzt z.B. jemanden hat, der nicht so oft oder gar spielt, an ein Spiel dransetzt, hat man natürlich die Gefahr, dass die Person durch das Format, wenn es nicht richtig erklärt ist, erstmal frustriert ist, weil die Person ist ja in den allermeisten Fällen gut qualifiziert und kann das alles erfüllen und dann kommt so eine Sache, die scheinbar relativ einfach ist und mangels Informationen kommt man einfach nicht weiter. Und das ist natürlich eine sehr frustrierende Sache. Wir versuchen da bei unseren Spielen immer sehr sehr viel Hilfestellung am Anfang auch zu geben, um eben genau das zu beheben, dass eben die, die sich schon sehr gut mit Spielen auskennen, die können halt sagen: Ok, diese Hilfe brauche ich nicht. Aber die, die jetzt z.B. noch nicht so sich mit Spielen, sanft daran geführt werden. und vielleicht auch die Mög-lichkeit haben, eine einfachere Schwierigkeitsstufe zu wählen, so eine Beginnerstufe quasi. Kommen wir von der Zielgruppe zu den Perspektiven von Gamification. Wie können spiele-rische Aspekte den Lernprozess unterstützen? Also es gibt ja diesen berühmten Flow-Channel und das ist eine Sache - da kann man die Leute echt mit abholen. Wenn man sich auf die Fähigkeiten der Leute ein bisschen einstellt. Wir haben z.B. bei einem E-Learning, wo es um Alphabetisierung von Lagerarbeitern und ähnlichen geht, es geht darum, dass eben sehr viele aus dieser Branche nicht so eine gute Bildung hatten und man musste sich auf diesen Personenkreis einstellen. Und da hatten wir es so gemacht, dass die Fragen standardmäßig einen mittelschweren Schwierigkeitsgrad hatten und die Lerner hatten die Möglichkeit zu sagen: ‚Ok, pass mal auf, bei den letzten drei Fragen war ich völlig unsicher, da gehe ich noch eine Stufe herunter in der Schwierig-keit‘. Die Leute hatten also die Möglichkeiten, den Kurs ihren Fähigkeiten anzupassen und freiwillig sagen zu können: Ok, dann gehen wir eine Schwierigkeitsstufe hoch oder runter. Also diese Anpassen und ist glaub ich eine sehr interessante Sache. Das kann man natürlich auch gut messen, wenn man sieht: Hey, der hat die letzten 10 Fragen jeweils z.B. 5 Sekun-

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den beantworten und alle waren richtig. Dann tun wir bei der elften Frage mal die Schwie-rigkeit ein bisschen hoch, in dem wir ihm z.B. weniger Zeit geben oder mehr Auswahlmög-lichkeiten oder weniger Hilfestellung. Der Flow entsteht genau dort, wo man das Mittel halten kann zwischen Über- und Unterforderung. Und da sieht man auch wieder die Schwierigkeit im Präsenzlernen. Beim Präsenzlernen ist es fast unmöglich für den Trainer auf alle Schwierigkeitsstufen auf einmal einzugehen. Und im E-Learning kann man sowas natürlich viel besser abgreifen, weil man dort die einzelnen Fragen auf den Lerner abstim-men kann. Gut. Kommen wir nun zu den Herausforderungen vor E-Learning-Produzenten stehen. Sie hatten vorhin schon kurz etwas zur Akzeptanz von Unternehmen gesagt. Sie hatten gesagt, dass sich die Unternehmen immer mehr drauf einstellen. Gibt es da trotzdem noch Heraus-forderungen, vor denen Sie stehen, wenn Sie mit den Unternehmen zusammenarbeiten? Ja, also ich denke, dieses grundlegende Vorurteil "Wir sind hier zum Lernen und nicht zum Spaß haben", ich glaube das ist eine Sache, die kann man relativ schnell entfernen. Sobald man z.B. Referenzen zeigt von anderen großen Unternehmen nach dem Motto "Gucken Sie mal hier, wir haben schon etwas erfolgreiches mit einem anderen Unternehmen dieser Branche mit spielerischem Lernen gearbeitet". Dann denken die: Ok, das ist also nichts mehr wirklich exotisches, sondern es wird eingesetzt und es macht anscheinend auch Sinn. Ich denke auf der konzeptionellen bzw. auf der Aufwandseite hat man auf jeden Fall ein bisschen das Problem, dass viele Unternehmen so etwas noch nie umgesetzt haben und na-türlich man nicht so viel Erfahrung hat, wie beim klassischen E-Learning. Beim klassischen E-Learning kann man sagen, wir haben eine Navigation, Vorwärts, Rückwärts, oben, unten, weil das ist das, wo die Leute es erwarten. Das funktioniert natürlich in einem Game so nicht mehr. Und dann müssten natürlich die E-Learning-Verantwortlichen auf Kundenseite ganz anders in das Thema einsteigen, sich eine andere Art von Gedanken machen: Was passiert, wenn ich diesen Dialog hier so beatworte? Was passiert dann später an der und der Stelle. Es ist wirklich eine sehr komplexe Geschichte. Bei Planung und Aufwand unter-schätzen das manche Firmen noch ein bisschen, weil man eben noch nicht so viele Erfah-rungswerte hat. Oftmals, gibt es auch das Vorurteil, dass das alles sehr viel mehr Kosten würde. Das ist aber gar nicht mal der Fall in der Regel. Das ist aber etwas, was man durch Sensibilisierung sehr schnell in den Griff kriegen kann. Und wie ist die Akzeptanz von Lernern zu beurteilen? Da würde ich sagen, ist der Hauptfaktor, der die Firmen auch dazu treibt, sowas immer stärker einzusetzen. Weil wir haben ausnahmslos sehr sehr gute Feedbacks von den Ler-nern. Die Lerner, die auch schon etwas vorgeschädigt sind von linearen, PowerPoint-mäßigen E-Learnings, die sind natürlich unheimlich dankbar, wenn sie mal etwas anderes bekommen. Etwas, das vielleicht ansprechender gestaltet ist. Wo sie eben die Möglichkeit haben, durch ihre Aktionen die Sache wirklich zu beeinflussen, in das Geschehen einzugrei-fen. Also z.B., wenn sie eine komplett falsche Entscheidung treffen, dann können sie das Ganze halt komplett in den Sand setzen. Man stellt natürlich intern fest, dass alle Lerner alle Lernpunkte erreichen, aber man hat als Lerner die scheinbare Wahlfreiheit, z.B. die Reihen-folge der Punkte zu wählen. Und das ist ja auch eine sehr motivierende Sache. Also bist jetzt haben wir sehr sehr gute Feedbacks bekommen. Dann habe ich noch 1 - 2 Fragen zur Konzeption und Produktion. Was muss denn bei der Konzeption und Produktion von Gamification beachtet werden, um den Erfolg zu erzielen, den man haben möchte? Ich denke bei der Konzeption von klassischen E-Learnings, also im negativen Sinne klas-sisch, also sehr linear sehr starr, da kann man natürlich bisher auch linear planen. Das heißt,

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man hat einen seitenweisen Aufbau. Man weiß: Auf Seite 1 passiert das, auf Seite 2 passiert das usw. Man kann das so durchdeklinieren und dann ist die Sache gegessen. Das funktio-niert natürlich bei einem komplexen E-Learning mit Gamification-Elementen z.B. mit situa-tiven Charakter, nicht. Das heißt, man muss bei der Konzeption ein bisschen anders heran-gehen. Anstatt eines linearen Drehbuchs z.B., muss man anfangen mit Flow-Charts zu ar-beiten, um eben komplexe Zusammenhänge oder Kreisläufe auch darzustellen. Man muss natürlich über die Sinnhaftigkeit von Spielelementen nachdenken. Ich meine, nicht nur weil man jetzt irgendwo ein spielerisches Element einbauen kann, heißt das nicht, dass man es immer machen sollte. Weil das manchmal eben einfach keinen Sinn macht, oder die Infor-mation in einer linearen Vermittlung vielleicht doch besser aufgehoben wäre. Ähnlich ist es bei der Produktion bzw. geht das Hand in Hand, weil eben die Produktion, also von der Programmierseite her muss das Ganze natürlich auch komplexe Abfolgen abbilden können. Und das ist es natürlich sehr wichtig, sich von vorneherein ein klares Konzept zu machen: Was soll das passieren? Weil bei einem Dialog z.B., wenn ich dann mitten drin im Dialog eine Anrufsequenz habe, weil ich den Gesprächspartner beleidige oder sowas, dann muss man natürlich auch das Ganz, was darauf folgt anpassen. Also das ist insgesamt auf jeden-fall etwas komplexer und man muss auch öfter hinterfragen: Macht es jetzt Sinn hier dieses Element spielerisch darzustellen oder nicht. Welche spielerischen Elemente bzw. Aspekte werden denn genutzt? Also z.B. Rankings, Badges, solche Sachen haben wir natürlich. Wir haben z.B. generell Scores, also Punkte, eine Gesamtpunktzahl. Wir haben z.B. Hager, die machen Leitungs- und Führungssysteme, ein Spiel erstellt, dass auch öffentlich verfügbar ist für Handwerker und alle Interessierten, wo mach sich über die Produkte informieren kann. Das heißt, man hat z.B. einen Auftrag einen Büroraum entsprechend mit solchen Leitungen zu versehen. Hat dann ein ein paar Randbedingungen und muss dann aus verschiedenen Produkten das passende auswählen. Man kann aber auch Produkte einbauen, die funktionieren, auch wenn sie nicht die beste Wahl sind. Und entsprechend kann man dann ein falsches, ein mittelgutes oder ein perfektes Produkt einbauen, und kriegt dafür dann entsprechend viele Punkte auf mein Profikonto quasi. Und am Ende des Spiels können sich die Leute dann eben verglei-chen. Wie kann der Lernerfolg sichergestellt werden? Gibt es Kontrollpunkte? Z.B. über Highscores. So ein Highscore ist aber eine relativ harte Einschätzung, weil man natürlich ganz klar sagen kann 500 Punkte ist schlechter als 1000 Punkte. Es gibt aber auch ein die eher weicheren Feedback-Alternativen, wie z.B. Badges oder Medaillen oder so etwas, die jetzt keinen Einfluss auf mein Punkteergebnis haben, aber trotzdem motiviert. Wie man z.B. früher für gute Leistungen in der Schule ein Glitzerkleber in sein Heft be-kommen hat. Es ist halt ein Extra, eine kleine Anerkennung. Genauso funktionieren Badges eigentlich auch. Die bringen mir natürlich irgendwie nichts. Wenn ich aber sagen kann: ich habe die Badges für alle Extra-Levels-freigeschaltet bekommen, dann ist das halt, wie so ein kleiner Orden. Man kann die Leute mit ganz kleinen Dingen schon glücklich machen - selbst wenn es nur virtuelle Orden sind. Das ist eigentlich auch wie so ein Like auf Face-book. Da wird mir wiedergespiegelt, dass das, was ich hier geteilt habe, das interessiert die Leute, das gefällt den Leuten. Das heißt, ich bekomme ein Feedback von meiner Umwelt und das motiviert mich dann natürlich wieder, meine nächsten Sachen dann auch wieder zu teilen. Also ich glaube, wenn es keine Likes oder so etwas gäbe, dann würde Facebook wahrscheinlich nicht so gut funktionieren. Weil die Leute dann gar keinen Anreiz hätten, da Sachen zu posten. Wenn sie aber sehen: 1000 Leute haben das geliked, dann merken sie: die Leute interessieren sich dafür, was ich tue und dadurch bekomme ich Bestätigung. Im deut-schen Raum ist natürlich der Vergleich zwischen Mitarbeitern datenschutztechnisch eine sehr schwierige Sache, weil natürlich, sobald man anfängt unternehmensintern Leute zu

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vergleichen, dann ist sofort der Betriebsrat da und schreit. Das ist teilweise ein bisschen schwierig. Wir umgehen das so, dass wir Sachen dann entweder anonym machen oder nur mit einem Kürzel oder eben auch nur, wenn der Lerner eingetragen werden möchte. Das heißt, man fragt: Möchten Sie sich in das Leaderboard eintragen? Es gibt auch Firmen, die lehnen das kategorisch ab, weil sie einfach sagen: Das können wir nicht machen. In interna-tionalen Organisationen kann man so etwas schon viel eher machen. Dann habe ich noch eine letzte Frage: Welche Entwicklungen sind hinsichtlich Gamificati-on im E-Learning zukünftig zu erwarten? Ich denke eine große Geschichte, die es auf jeden Fall geben wird, ist der Einsatz von 3D-Brillen bzw. von Virtual Reality-Brillen. Man wäre also komplett in so einer 3D-Welt drin und hat eben nicht mehr diese Trennung, das man sein Büro und seine Kollegen sieht, son-dern man ist komplett in der Welt und sieht von der echten Umwelt überhaupt nichts mehr. Und so kann man natürlich auch auf körperliche Situationen reagieren. Man kann damit also Soft Skills bzw. situatives Verhalten vermitteln. Das wird allerdings bestimmt noch ein bisschen dauern, bis so etwas flächendeckend eingesetzt wird.

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3.5 Transkript EA04

Kannst du zum Einstieg kurz schildern, was deine Aufgabe bei A04 ist. Ich bin Geschäftsführer bei A04. Bin auch Eigentümer bei A04. Meine Aufgabe ist eigent-lich einerseits die strategische Ausrichtung des Unternehmens. Also, welche Themen und welche Ziele wir für die nächsten Jahre verfolgen möchten und entsprechend eine Strategie zu entwickeln, wie wir das erreichen. Und dann natürlich auch dafür zu sorgen, dass wir entsprechende Leute bzw. entsprechendes Personal zu haben, um diese Ziele überhaupt erreichen zu können. Außerdem mache ich im Moment auch noch die Erstkundenberatung und die Beratung bei neuen Projekten, bevor ich sie dann weiter an Mitarbeiter übergebe. Es geht ja um Gamification, fokussiert auf E-Learning. Dementsprechend die Frage: Seit wann bietet A04 Gamification-Aspekte im E-Learning an? Eigentlich seit letztem Jahr erst. Also wir haben bisher so klassische E-Learning-Plattformen bereitgestellt und haben erst seit letztem Jahr mit solchen Gamification- oder spielerischen Elementen begonnen. Was reizt euch an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning? Was ist das Besondere daran? Also sicherlich, dass oft E-Learning oder Online-Lernen so als Trocken empfunden wird. Also die Teilnehmer freuen sich, wenn sie eben zusätzliche Motivationsmöglichkeiten fin-den und ja die spielerische Auseinandersetzung oder überhaupt spielerische Elemente sind halt ein sehr probates Mittel, um die Teilnehmer a) überhaupt initial ein Zugang zu dem Thema finden, und aber auch b) mittelfristig etwas am Ball bleiben und das Lernen oder das Traning im Prinzip weiterverfolgen. Kannst du kurz erläutern, wie die Zusammenarbeit mit den Unternehmen zustande kommt zu diesem Thema? Ist das eher ein Anstoß von eurer Seite, dass z.B. ein E-Learning ange-fordert wird und dann sagt ihr: Vielleicht könnte man da auch noch mal in die Richtung Gamification etwas machen oder kriegt ihr richtig Aufträge nach dem Motto: Setzt uns spie-lerisches E-Learning um. Bisher war das so, dass das tatsächlich von den Unternehmen angefordert wird. Das liegt bestimmt auch daran, dass wir das seit einem Jahr überhaupt erst machen. Das heißt, da haben wir vielleicht nicht so viel Erfahrung, um das eben selber vorzuschlagen. Die Anre-gung kamen von Continental, unserem Hauptkunden, und dort liegt oft dieses Thema, ent-weder ob das kleine Games sind oder Gamification-Elemente, eben mit dem Thema Reifen, das Engagement beim Fußball, Autorennen, relativ nahe und das wird auch relativ oft bei anderen Kanälen benutzt, dann gibt es eben Punkte Bälle oder ähnliche Elemente. Bisher war das eben so, dass die Anforderung von Seiten des Unternehmen gekommen ist. Mich würde interessieren: Welche Unternehmen bzw. welchen Branchen nutzen Gamifica-tion im E-Learning? Zumindest haben wir das wiedergefunden immer so auf Corporate-Ebene, also größere Un-ternehmen. Bei eon hatten wir das z.B. gesehen. Bei Audi war das der Fall. Hängt aber si-cherlich auch damit zusammen, dass es eine relativ anspruchsvolle bzw. auch aufwändige Form ist, also auch sehr kostenaufwändig ist. Daher kommt das eben für kleinere Projekte auch selten in Frage.

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Wie würdest du die Zielgruppe beschreiben, die sich für den Einsatz von Gamification im E-Learning eignet? Also im Corporate-Bereich ist das oft so, dass die Zielgruppe 50:50 ist, also zum Teil wer-den Mitarbeiter damit geschult, oder eben im B2B-Bereich, also für Kunden, die man halt für die Produkte oder die Leistungen begeistern möchte. Wenn man jetzt z.B. die Medienaffinität betrachtet. Eher so in die Richtung: Was sollte der Lerner so mitbringen, um für Gamfication im Lernen geeignet zu sein? Z.B. ein bestimmtes Alter oder muss er sich auch privat sehr gut mit Games auskennen? Ja, das hängt sicherlich damit zusammen. Also generell ist das natürlich so, dass je älter die Teilnehmer sind, desto besser eignen sich eher konservative E-Learning-Sachen. Das hängt teilweise auch mit der Bedienung zusammen und, dass eben diese Konzepte bei der Ziel-gruppe auch nicht bekannt sind. Wir haben haben aber gesehen, dass tatsächlich so jüngere Leute oder oft auch Berufseinsteiger eben auch Erfahrung mit Konsolen oder Offline-Spielen usw. auch relativ schnell Zugang zu dem Ganzen finden und auch ein bisschen ex-plorativer herangehen und nicht immer so Unterstützung oder Hinweise erwarten, wie es jetzt weitergehen soll. Welche Themen lassen sich den gut über Gamification abbilden? Kann man alles abbilden oder gibt es z.B. ein paar heikle Themen, die man eher nicht so über die spielerische Ebene abbilden sollte, weil es vielleicht dann in eine falsche Richtung gehen könnte? Also wir haben bisher, die Trainings, die wir gesehen haben, also im Bereich Anti-Corruption oder Compliance würde ich sagen, eignet sich dafür nicht so gut, weil es werden zwar situative Situationen geschildert, wo der Lerner entscheiden soll, ob das eine gute oder eine negative Handlung im Sinne von Compliance oder Anti-Corruption ist. Aber oft sind da die Korsetts für Wording usw. sehr sehr eng gestrickt und das lässt sich halt manchmal, oder zumindest, was ich bisher gesehen habe, nicht über solche spielerischen Elemente ab-bilden. In jedem Fall so im Bereich Sales oder HR oder so trifft man oft solche Elemente. Ein anderes Beispiel ist z.B. ein Führungskräfte-Training, was wir auf unserer Plattform gesehen haben. Das arbeitet mit spielerischen Elementen, da scheint es offensichtlich so zu sein, dass oft Gamification eingesetzt wird. Was sind denn die Gründe für den Einsatz von Gamification im E-Learning? Was ist z.B. der große Vorteil im Vergleich zum klassischen, linearen E-Learning? Ich denke, das ist auf jedenfall die Motivation des Lernens. Das würde ich jetzt so in den Vordergrund stellen. Da wird quasi incentiviert, nicht durch Preise und ähnliches, sondern indem man Punkte und Pokale, Badges usw. hat und vielleicht auf meinem Dashboard be-sondere Erfolge oder sowas sehen kann. Da steht schon die persönliche Motivation im Vor-dergrund. Und eben vielleicht nicht nur die Erstmotivation, die ich z.B. auch durch eine aufwändige Grafik oder so erreichen kann, sondern eben auch Langzeitmotivation. Eben dran zu bleiben und mehr zu erreichen und mehr erreichen zu wollen. Neben diesen angesprochenen Vorteilen von Gamification gibt es sicherlich auch Heraus-forderungen, vor denen E-Learning-Produzenten stehen? Wie ist denn derzeit die Akzeptanz von Unternehmen zu beurteilen? Bisher hatten wir positive Erfahrung. Wir haben das TeamTrophy-Projekt bei Siemens vor-gestellt. Da gab es sehr sehr positives Feedback. Sie konnten sich auf jeden Fall vorstellen, auch in diesem Bereich etwas zu machen. Das ist so das einizige bislang, wo wir von uns aus in diesem Bereich aktiv geworden sind. Ich kann aber schwer sagen, wie die Akzeptanz

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bei anderen Unternehmen ist. Ich würde es so beurteilen, dass die Akzeptanz sehr gut ist. Mit der Tendez: Es wir noch besser. Auch in aktuellen Studien wird ja der Einsatz von Gamification-Elemente positiv beurteilt. Wie sieht die Akzeptanz von den Lernern aus? Da kann man durchaus sehen, dass sehr gute Akzeptanz da ist. Kannst du umreißen, wo Gamification an seine Grenzen kommt? Welche Risiken stehen denn Unternehmen gegenüber, die Gamification-Elemente einsetzen? Ich kann mir vorstellen, dass man durch spielerische Situationen den einen oder anderen Zusammenhand entweder verharmlost oder nicht richtig darstellen kann. Das ist sicherlich auch eine Frage der Qualität des E-Learning. Ansonsten, es könnte vielleicht auch eine ethi-sche Sache sein, das der eine andere Teilnehmer bei einem spielerischen Angebot das eine oder andere Thema als negativ empfindet. Kommen wir zum Themenblock: Konzeption und Produktion. Was muss denn bei der Kon-zeption und Produktion beachtet werden, wenn die Gamification- Lernanwendungen erfolg-reich sein sollen? Gibt es da z.B. spezielle Elemente, die man einsetzt? Muss man z.B. den Lernweg anders konzipieren, als beim linearen E-Learning? Also auf der Plattform-Seite war es sicherlich so, dass wir bei der Konzeption auch mehr versucht haben, die Teilnehmer mehr in den Vordergrund zu stellen, sodass er im Prinzip auch was das Userface der Plattform betrifft oft sich, seine Punkte, seine Trophäen, das was er erreicht hat, sehr prominent wahrnimmt. Dann gibt es sicherlich Elemente, die so im normalen Plattformumfeld nicht zu finden sind. Dass man z.B. Sachen liked oder, dass man Listen hat oder, dass man eine Top Ten oder ähnliches hat, also so klassische Elemente - das hat man ja normalerweise auf einer E-Learning-Plattform nicht. Also auf Plattform-Seite hat man auf jedenfall konzeptionell einen anderen Aufwand, z.B. wenn verschiedene Punktesysteme entwickelt werden müssen. Von Seiten der WBT-Produktion kann ich leider im Moment noch nicht so viel zu sagen. Aber natürlich ist das so, dass man keinen linearen Ablauf mehr hat, wie das so in einem klassischen WBT ist. Und ich muss halt auf unter-schiedliche Szenarien reagieren können und auch unterschiedliche Lernpfade anbieten. Das steigert auf jedenfall sehr stark den Aufwand und die Komplexität. Was sind denn solche Gamification-Elemente oder -Aspekte, die man einbringen kann? Elemente wie Liken, Badges, Listen, Sterne, Rankings - das waren zumindest so die Ele-mente, die wir für die Plattform benutzt habe. Und auch persönliche Ansprache. Auf Seiten des WBTs - man braucht sicherlich eine übergeordnete Story. Man sagt also nicht einfach: Jetzt geht es los. Sondern man muss das Ganze eben in ein Szenario einbetten. Sicherlich ist es eine Herausforderung hinsichtlich der grafischen und konzeptionellen Umsetzung, dass man oft vielleicht auch mit anderen Figuren interagieren muss im WBT. Das heißt, auch hier wieder eine höhere Komplexität also bei einem Basic Training. Man brauch sicherlich auch ein paar i.d.R. zumindest, oder aus heutiger Sicht würde ich sagen, mehr Animations-elemente. Klar, kann man Gamification auch statisch bauen. Der Aufwand ist in jedem Fall größer, wenn man z.B. Comicmäßig arbeitet oder mit einer virtuellen Welt oder ähnlichen Sachen. Dann habe ich noch eine letzte Frage. Und zwar: Welche Entwicklungen sind deiner Mei-nung nach hinsichtlich Gamification im E-Learning zukünftig zu erwarten?

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Ich habe da keine Erfahrungen, aber ich könnte mir vorstellen, dass wenn da Elemente kommen, dann sind es eben Entwicklungen, die man aus dem Bereich Konsole, Spiele usw. sehen will, sodass man eben gleich mit Kameras usw. arbeitet oder Projektionen oder ähnli-ches macht. Oder eben Sachen, die aus dem Automobil-Industrie kommen. So aus der Pro-duktentwickllung usw., wo man auch so mit 3D-Brillen oder speziellen Handschuhen arbei-tet. Ich kann mir das derzeit, in Anbetracht der Zielgruppe, die wir derzeit betreuen, noch nicht so gut vorstellen. Also es gibt sicherlich auch unterschiedliche Aspekte. Für Sachen, wie z.B. Onboarding kann ich mir das vielleicht vorstellen, das ist sicherlich ein probates Mittel. So im Bereich Compliance eher nicht. HR auch eher nicht. Also Sales - klar, da kann man sich das vielleicht auch vorstellen, dass man so Produkte oder Innovationen dar-stellt. Sehe ich aber im Moment eher so als Technologievorsprung.

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3.6 Transkript EA05

Fangen wir einfach an. Zum Einstieg würde ich gerne wissen, was deine Aufgaben bei A05 ist und wie dein beruflicher Hintergrund aussieht. Aufgabe gut. ich habs gegründet und kümmere mich beruflich hauptsächlich um die Kon-zeptionierung. Das heiß ich habe eigentlich zwei Bereiche. In Deutschland und Europa würde ich sagen, ist es zu 50% nach wie vor Evangelismus. Also wirklich nur das Thema rüberbringen. Das kennt hier noch immer kein Arsch. Ich reise super viel von Konferenz zu Konferenz, werde viel als Sprecher gebucht von Firmen, die sich zum einen Mal um neue Themen kümmern wollen und zum anderen oft bei große Firmen zum Kick-Off des Jahres zu einem ganz bestimmten Thema - da bin ich dann da. Versuche sie halt dann zu erklären, was ist das Thema? Was kann man damit machen? Bei Projekten mache ich die Konzeptio-nierung. Da arbeite ich mit dem Firmen im Bereich: Wo wird es eingesetzt? Wird eher Gamification genommen? Wird eher Serious Games genommen? Bauen wir lieber Game Based Learning oder eine Simulation? Das sind ja alles unterschiedliche Produkte. Das ent-scheiden wir dann und daraufhin entwickeln wir das Konzept, dann entwickeln wir das Pro-dukt mit der Firma oder alleine. Das hängt natürlich immer von den Kapazitäten der Firma ab. Einige haben die Manpower selbst, um das technisch zu entwickeln. Und danach kommt noch Lifecare, wenn die Firma das will. Das heißt einfach: Wir bleiben dabei, schauen, ana-lysieren ständig das aktuelle Programm und schauen: Erreichen wir das, was wir wollen? Gibt es Leute, die aus dem Raster herausfallen, weil wir es einfach nicht präzise genug de-signed haben, was die Motivation angeht. Was den Kontext angeht. Oder gibt es z.B. Leute, die haben das System gerafft, geknackt. Was machen wir mit denen? Das ist mein Part bei A05. Ich habe ja noch die X zusammen mit dem X. Das ist mein Business Partner. Diese Firma ist sehr international unterwegs. Viel in den USA. Und da reden wir gleich schon über ein ganz anderes Level der Akzeptanz, der Integration bei Unternehmen. Was reizt dich denn an der Auseinandersetzung mit Gamification, fokussiert auf E-Learning? Das sind eigentlich zwei Dinge. Ich selber war ein beschissener Schüler. Musste mich im-mer wieder zwingen. Bin auch durch die 8. Klasse durchgerauscht. War danach auch im Internat. Hatte dann ein Schulpsychologe, der sich dann mit dir hinsetzt und diagnostiziert: Ja Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Kann nicht still sitzen und so weiter. Kann sich nicht konzentrieren. Das ist so das aus der Schule, was ich so mitbekommen habe. Auf der ande-ren Seite aber konnte ich mich stundenlang konzentrieren, wenn es um Sport ging. Und Sport ist ja auch eine Kopfsache in gewisser Weise. Theater konnte ich ewig lang spielen. Da konnte ich mir Texte für 3 Stunden mehr. Sagen wir mal so - es gab immer Bereich, was mir diagnostiziert wurde in der Schule, genau das waren Dinge, die ich sehr gut in anderen Bereichen konnte. Ja und dann fängt man an zu überlegen: Natürlich liegt das Problem auch mit bei mir, aber anscheinend ist es Kontextabhängig. Macht also dieser andere Kontext, diese anderen Rahmenbedingungen. Was machen die besser, dass es mir so einfach fällt, eine Leistung zu erbringen, die mir im Alltag, im Schulsystem immer gefehlt hat. Das war der erste Punkt. Und der zweite Punkte, war ich habe ganz klassisch Makroökonomie stu-diert, also internationale Betriebswirtschaft. Mich hat das Thema immer fasziniert. Dann bin ich in die Uni und war dann super enttäuscht, weil alles was man lernt über die Wirt-schaft, über Unternehmen, immer im Bereich "Push". Wie baut man eine Firma auf, die ihre Produkte in den Markt "pusht". Wie kriegt man seine Mitarbeiter dazu, das zu machen, was du willst - also "Push". Wie zwingst du sie dazu? Machst du es mit Zuckerbrot - also z.B. Gehalt. Machst du es mit Peitsche usw. Etwas anderes lernst du nicht. So ist die Business-welt momentan bei uns momentan aufgebaut und wird nach wie vor auch so gelehrt. Mich hat das immer - gerade mit dem Hintergrund: Moment mal - es gibt Rahmenbedingungen, in denen die Menschen genau bestimmte Bedingungen sehr gerne ausführen, weil man

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überlegt - Moment mal, kann ich das transferieren. Dann habe ich angefangen, während des Studiums mich sehr mit Neuropsychologie auseinander zu setzen, um zu lernen: Was pas-siert? Was geht in uns vor? Das große Ziel, weg zu kommen von Zuckerbrot und Peitsche, also von diesem "Wie kriege ich dich dazu zu machen, was ich will" hin zu der Herausfor-derung, Umgebungen zu designen, die perfekt für den Menschen sind, das Beste aus ihm herauszuholen, weil, das ist meiner Meinung nach genau das, was ein spielerisches Umfeld ist. Das ist die große Herausforderung. Das macht so viel Spaß. Also, das heißt - die Menschen dazu zubringen, selber Wissen zu wollen. Und selber sich das anzueignen. Das meinst du damit? Richtig und zwar der Punkt ist, und deswegen finde ich es überhaupt erst so faszinierend. Nicht weil ich jetzt denke, die Leute sollen das machen, was ich will. Sondern weil Lernen, sich weiterentwickeln, besser werden, liegt in der Natur des Menschen. Evolutionär gese-hen, musste die Spezies immer besser werden, um überhaupt überleben zu können. Und das ist nach wie vor in uns drin. Also so schnell kannst du die Evolution ja nicht raus nehmen aus Menschen. Der Punkt ist also, was mich dabei fasziniert ist, dass ich glaube, dass, was hinter Gamification steht, ist eigentlich die natürlichere und das wie unsere Systeme heutzu-tage sind, das ist eigentlich, dass was wir heutzutage haben, verbraucht super viel Energie dafür, die Menschen in einer Umgebung dazu zu bringen, etwas zu machen, was eigentlich, ja wo er sich eher gezwungen fühlt, etwas zu machen usw., was er eigentlich nicht machen will. Das heißt, wenn du eine Umgebung schaffen würdest, die sozusagen extrinsische Notwendigkeit der Aktivität plus die intrinsische Bedeutung, die Motivation usw., wenn du die zusammen bringst, dann schaffst du eine Effektivität des Menschen, und das meine ich jetzt nicht betriebswirtschaftlich gesehen, sondern einfach für ihn selber. Dann schaffst du eine Umgebung, in der er sein vollstes Potenzial ausfüllen kann, herausholen kann, was natürlich am Ende Produktivität ohne Ende ist. Aber es ist auch die natürlichste Umgebung, die ihm so viel Spaß macht. In der fühlt er sich wirklich wohl. Und das ist das, was mich so fasziniert. Man merkt auf jeden fall deine Begeisterung. Das ist ja super. Ok, zur nächsten Frage: Wie kommt den die Zusammenarbeit mit Unternehmen zustande. Du hast das ja gerade schon ein bisschen umrissen: Du gehst auf Kick-Offs, auf Präsentationen, versuchst die Unter-nehmen zu sensibilisieren. Kommen die Unternehmen auch mal auf euch direkt zu? Wie kommt das zustande. Also mittlerweile kommen super viele Unternehmen auf uns zu. Die Unternehmen kommen von sich aus, aber nicht, weil sie sagen: Ouh, da ist etwas. Die haben es verstanden, lass uns das nehmen, sondern aus Angst, sie könnten den Zug verpassen. Das ist bei über 80% Pro-zent, eher 90% der Unternehmen so. Was ja nicht schlecht, ist, weil immerhin sind sie dann da und hören dir zu. Aber trotzdem, der Grund dahinter ist nicht so gut. Der Punkt ist, und das ist etwas, was sehr Europa- bzw. Deutschland-Österreich-Schweiz-typisch ist. Da ist ein riesen Unterschied auch im Gegensatz zu den USA. Hier bei uns ist fast nirgendwo so teuer, wie in allen anderen Wirtschaftsländern, demotivierte Leute zu haben. Du hast ja eine hohe Fluktuation oftmals als Grund. Und z.B. neue Leute zu finden, anzustellen, erstmal einzuarbeiten, und deshalb verglichen mit den ganzen Personalnebenkosten, Personalkosten sind so scheißhoch bei uns, dass jede verschwendete Zeit, die du quasi jemanden einarbei-ten musst, weil eben noch nicht auf einem hohen Expertenstatus ist, weil der Experte weg-gegangen ist usw. Das ist einfach unverhältnismäßig teuer, im Gegensatz zu den USA. Das ist der erste Punkt. Und der andere Punkt ist. In den meisten anderen Ländern, kann ich Leute, die demotiviert sind rauskicken. Das geht hier nicht. So einfach ist das hier nicht. Das heißt, wenn du demotivierte Leute hast, und ich meine mit demotivierten Leute nicht nur die, die sich hinsetzen und nur schauen, wie sie den Tag mit Facebook rumkriegen, sondern ich meine auch die Leute, die einfach nur Job as usual machen. Das ist auch schon

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schädlich. Gerade in einer Innovationsgesellschaft, wie in Deutschland. Die abhängig sind von Besser werden, Neuerungen, Außerhalb the box, Querdenken usw. Nirgendwo sonst ist es so teuer. Das wissen die Unternehmen, und dementsprechend sind die natürlich super interessiert daran, zu gucken, wie können wir dagegen steuern. Und deswegen ist gerade im Bereich Gamification für HR und dazugehört ja auch unter anderem auch die Weiterbil-dung, Learning im Unternehmen ist nirgendwo so groß, wie in Deutschland, Österreich und - ja, Schweiz auch. USA, Asien sind viel viel mehr im Bereich Produktentwicklung oder im Bereich Marketing ganz groß. Marketing ist ja hier noch kaum. Also das sind so kulturelle Unterschiede, die sehr interessant sind, die durch den Kontext des Marktes, der Rahmenbe-dingungen gegeben sind. Da kommen viele Unternehmen auf uns zu und sagen: Ja, wir ha-ben ein Problem. Die Leute machen nicht mit oder wir haben eine riesen Fluktuation. Jetzt haben wir davon gehört - Gamification - natürlich ich spiele auch gerne Games. Das ist so der Grund. Wobei das interessante ist, die kommen her mit der Begründung. Zugeben, dass sie Games spielen tut aber keiner. Keiner gibt zu, dass er Spiele spielt. Nicht mal, und das ist echt das geile, dass sie abends sich hinsetzen und mit ihren Kindern Spiele spielen. Abends aber, wenn du Essen gehst mit Einzelnen, dann kommen sie alle an. Ja natürlich, ich hab ja auch CandyCrush - kennen Sie das? Längst out, aber egal. Ja, dann kommen sie plötzlich alle an. Aber da merkt man, es ist nicht nur so, dass viele in Deutschland das Thema noch nicht kennen und dementsprechend auch noch nicht, gerade weil wenn sie das erstmal kennen lernen, dann hast du ja erstmal diese oberflächliche Betrachtungsweise, ja ok. Wir haben ein paar Sterne und Badges - baut mal ein Game. Damit kommen sie als ers-tes. Und du brauchst Zeit, um da dahinter zu gucken, aber nicht mal soweit kommen wir, sondern du hast ja auch noch diese kulturelle Hindernis zuzugeben, dass es Sinn macht. Also dieser Bereich, Seriosität, seriöses Arbeiten und Spaß - nee, das kann nicht sein in Deutschland. Das ist ja auch so, dass es eine Kultur von Leuten in Österreich und Deutsch-land gibt, die, je mehr du dich beschwerst: Schrecklicher Job, Wie sehr du dich durchackern musst, desto mehr Respekt haben die Leute aber. Ohh, der rackert sich ab. Sobald du Spaß hast, ja, dann arbeitest du ja nicht mehr. Man muss aber auch sagen, es ist eine Fehlein-schätzung. Gamification hat in erster Linie nichts mit Technik zu tun. Jeder sagt, ok Gami-fication - Spiel - Technik. Dass Spiele, oder dass der Mensch als spielende Spezies, das der existiert, seit die Menschheit existiert. Wir haben schon immer gespielt. Es hat null mit Technik zu tun. Technik ist ein Enabler, der gewisse Dinge einfacher macht oder ermög-licht. Aber das ist der Punkt, die Leute oder auch die Firmen, die sehen nicht daher, was ist. Sie sehen die Oberflächen, sie sehen eine 3D-Welt und schon denkt man, okay, das macht ein Spiel aus. Und davor haben die dann wieder Schiss. Und sagen klar, ich will nicht, dass meine Leute während der Arbeit in einer 3D-Welt sind. Also das ist sehr komplex das The-ma, aber da haben wir auch noch ein bisschen kulturellen Hintergrund in Deutschland. Welche Branchen nutzen denn Gamification in ihren E-Learning-Maßnahmen? Also du kannst es im Moment ziemlich gut differenzieren. Liegt aber nicht daran, weil Gamification für eine bestimmte Branche besser passt. Gamification ist eine Aktivität zum Lernen. Und das brauchst du ja überall. Dementsprechend gibt es keine Branchen, für die sowas nichts ist. Aber natürlich gibt es im Moment Branchen, die erstens das Geld haben, z.B. Pharma, Versicherungen, große Ingenieursfirmen, wobei das nichts mit der Branche zu tun hat, sondern das sind Firmen, die zum einen ein gewisses Budget haben, wo sie sagen können, sie können es mal ausprobieren. Zum anderen hast du ein Bedürfnis bei Firmen, die viel im Innovationsbereich unterwegs sind bzw. mit kognitiven Leistungen, wie kannst du das verbessern und das ist ja Lernen. Also die, die wirklich abhängig sind von Wissensar-beitern, das sind Firmen, die da sehr sehr gut drauf anspringen. Und dann sind es auch Fir-men, die auch durch ihren Marktwettbewerb, gerade dazu gezwungen sind, neue Wege zu gehen. Das kann entweder davon kommen, dass sie sagen: ok, wir müssen einfach innovati-ver werden, wir brauchen innovatives Denken oder aber auch die kriegen keine Angestell-ten z.B. mehr. Also es gibt gewisse Jobs, bleiben wir z.B. bei der Versicherung, es gibt in

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der Versicherung, einfach aufgrund ihrer Struktur, wie sie gebaut ist, es gibt sehr viele Job-tätigkeiten, die sehr repetitiv sind, also langweilig, und gleichzeitig nicht so den tollen Ruf haben. Die haben ein Problem, Leute zu bekommen und dann auch die guten Leute zu hal-ten, weil die können sich natürlich dann auch aussuchen, wo gehe ich hin, wo gibt es einen interessanten Job. Diese Notwendigkeit sorgt dafür, dass gewisse Firmen früher auf dich zugehen, einfach, weil der Bedarf da ist. Und das sind bei uns in Deutschland ganz klar, auch in Europa, aus meiner Erfahrung, die Versicherungsbranche, Health also im Bereich Anwendung. Wie bekomme ich Kunden dazu, bestimmte Mittel zu nehmen, Geräte, z.B. bei Diabetes, besser zu nutzen, aber auch Mitarbeiter, Sales-Bereich usw. Die sind aus ir-gendeinem Grund sehr stark. Banken ist eine interessante Industrie, die sehr groß wird. Der Punkt ist, bei guter Gamification hast du ja nicht das Gefühl, du spielst ein Spiel. Du kriegst das gar nicht richtig mit. Also es gibt natürlich ein paar Ansätze, das ist das, was ich meine. Es gibt natürlich viele Leute, die jetzt auf den Zug aufspringen, Marketing-Agenturen, die das jetzt plötzlich mit anbieten, die ehrlich gesagt, Null Ahnung davon haben. Es ist halt ein Buzz-Wort, die nehmen das mit, überlegen sich kurz etwas, und dann hast du plötzlich eine Art Aktion, wo du dann Punkte sammelst, dafür, dass du was bekommst, ein Leaderboard hochsteigst und das ist für die Gamification. Das ist ehrlich gesagt totaler Bullshit. Aber sie sehen es halt so. Also es kann ein Element von Gamification sein, aber es hat nichts mit dem Erfolg von Gamification wirklich zu tun. Bei Banken - wenn man sich aber um gewis-se Rahmenbedingungen kümmert, die Gamification ausmachen, dann muss es gar nicht sein, dann hast du kein Bling Bling auf dem Bildschirm, kein Sound, kein "Juhuu, ein Bad-ge - gut gemacht!", da passt das einfach nicht. Weil es erstens nicht ausschlaggebend ist, und zweitens, natürlich musst du es anpassen an die Kultur des Unternehmens. Wir haben z.B. einen Kunden, der hat seine Coder in Indien, die ganzen Programmierer, seine Ingeni-eure sitzen in Deutschland. Wir sollten dann ein Projekt einführen und die Inder, und das ist jetzt nicht wertend, sondern das ist einfach kulturmäßig - die Inder lieben dieses Feuerwerk auf dem Bildschirm, Hollywood-Musik, alles bunt. Das passt für die, das wollen die, das ist für die nicht unseriös, das passt in die Kultur rein. Wenn ich sowas nur einmal einem deut-schen Ingenieur hier auf seinen Bildschirm mache, dann ist das Ganze für ihn gegessen, dann ist das für ihn lächerlich, manipulativ kommt er sich dann vor, kindisch. Also da musst du ganz stark aufpassen. Dass das eben dementsprechend angepasst wird. Wie würdest du die Zielgruppe beschreiben, die sich für den Einsatz von Gamification im Lernumfeld eignet? Von Azubi bis Manager - alle. Das ist der Punkt, du setzt dich ja nicht hin und spielst ein Spiel. Das kriegen wir oft zu hören: Oh Generation Y - spielt ja die ganze Zeit. Na klar ist das für die, abgesehen, dass das eine krasse Pauschalisierung ist, die statistisch so auch nicht stimmt. Der Punkt ist, das hat null mit dem Alter zu tun, das du spielen willst, dann behaupte ich, 95% der Menschheit will spielen. Die Frage ist natürlich immer: Woran denkt einer? Wenn eine Oma denkt, du redest über Apps, sagt die natürlich: Ich spiele nicht, oder will nicht spielen. Aber wenn du Hobbies untersuchst: Was sind spielähnliche Umgebun-gen, was haben alle Bereiche, die du freiwillig und gerne machst gemeinsam, bei Hobbies, wie z.B. Sport, und das lustige ist, es gibt Rahmenbedingungen, die all diese verbinden, die haben alle etwas gemeinsam - egal, ob ich jetzt ein Videospiel spiele, ob ich ein Brettspiel spiele, ob ich Kartenspiel mache, oben ich draußen Fangen oder Verstecken spiele, ob ich Sport mache, ob ich ein Hobby mache, das sind alles Spiele, die dieselben Rahmenbedin-gungen haben. Briefmarken sammeln, genau das selber, Gartenarbeit auch, wenn du es als Hobby machst, wenn du es als freiwilliges Hobby nimmst. Da ergeben sich Spielstrukturen. Jeder Mensch spielt, unser Gehirn kann gar nicht anders, das Gehirn, wenn man es ganz banal runterbricht, macht unser Gehirn genau zwei Dinge aktiv. Entweder es lernt neue Dinge oder vertieft bereits gelerntes, indem du es wiederholst, indem du was, was du schon kannst nochmal machst. Jedes Mal wirst du ein bisschen routinierter, jedes Mal wirst du schneller in allem was du machst, einfach, weil du es machst. Und das sind die einzigen

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zwei aktiven Dinge, die ein Gehirn macht. Natürlich, du kannst auch vergessen, aber das ist passiv, weil du das, was du gelernt hast eben gar nicht mehr anwendest. Und somit sind wir beim Lernen - unser Gehirn ist eine reine Lernmaschine und nichts anderes. Gleichzeitig, und das ist wissenschaftlich bewiesen, damit du lernst, damit Information im Gehirn umher-fliegt, brauchst du Neurotransmitter, die die Information von der einen Synapse zur anderen bringt. Neutransmitter sind nicht nur Mittler, sondern auch Glückshormone, das heißt Neu-rotransmitter werden nur ausgeschüttet, wenn dein Gehirn denkt, wenn du einen neuen Zu-sammenhang lernst, den es vorher nicht gab. Wie bei einer Pointe eines Witzes, die unver-hofft kommt. Synapsen fangen an, miteinander zu kommunizieren. Bei was völlig neuem, kommunizieren sie natürlich mehr miteinander, brauchen mehr Botenstoffe, also mehr Neuotransmitter werden ausgeschüttet, also umso interessanter und lustiger. Natürlich gibt es immer Ausnahmen davon, aber das ist eine Grundregel und damit ist Lernen und Spaß haben perfekt miteinander verbunden. Und unser Gehirn ist immer auf der Suche nach Bo-tenstoffen, weil es die Körpereigene Droge ist. Das ist im Prinzip, wie süchtig sein, du willst es haben, also liebt es dein Gehirn in einer Umgebung zu sein, in der du auch Lernen kannst. Und Spiele haben es perfektioniert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die dir mög-lichst häufig immer diese Möglichkeit geben zu lernen. Wieder neue Gegner, wieder besser geworden, wie hat mein Gegenüber reagiert, kann ich mitmachen usw. Die haben es einfach nur perfektioniert. In der Realität erleben wir das auch, nur halt nicht so häufig, weil in der Realität nunmal die Rahmenbedingungen ein bisschen anders sind. Nicht perfekt sind dafür, aber wenn es z.B. perfekt erlebst in der Realität, dann hast du eben diesen Zustand, dass du dich hinsetzt und was machst und nach einer gefühlten Stunde aufstehst und in Wirklichkeit waren es 4 Stunden. Das ist dieser Flow. Also bei einem Flow verlierst du immer dieses Gefühl um Zeit und Raum. Das ist eben dieses, wenn du aufstehst und sagst: Was? 5 Stun-den? Ich dachte es wären 2 - wo du einfach komplett dieses Gefühl verlierst. Dann können dich die Leute ja auch ansprechen - du hörst nicht zu, du bist komplett fokussiert. Wie wenn Kinder Videospiele spielen - dann kann man sie nicht ansprechen. Was dabei passiert ist, du bist in einer Umgebung, in einer Aktivität gefangen oder involviert, die deine gesamte Aufmerksamkeit braucht. Warum? Weil sie dich fordert, weil sie dich zum Lernen zwingt. Das bewusste Bewusstsein kann zwischen 120 und 130 Bits pro Sekunde verarbeiten, wie ein Prozessor. Wenn man während einer Aktivität, wie z.B. bei ein Spiel merkt: ‚Moment mal, da habe ich schon wieder etwas falsch gemacht. Was muss ich genau machen? Denk nach! Konzentrier dich!‘ - dann nimmt das Gehirn Kapazität weg von den noch freien Bits, weil es merkt: Es reicht nicht, was es zurzeit hat. Und sobald man dann ungefähr in diesen Bereich 100 bis 110 Bits pro Sekunde kommt, die man für die Aktivität braucht, hat das Gehirn keine Kapazität mehr frei für anderes. Dann verliert man das Gefühl von Zeit und Raum. Dann ist man im Flow, dann ist der Mensch im effektivsten Lernstadium, und der macht uns so Spaß. Das ist kurz gesagt die wissenschaftliche Erklärung für die Zusammen-hänge: Spaß - Lernen - komplett Involviert sein. Der Zustand des Flow ist das oberste Ziel, da wo die Lerneffektivität am größten ist. Du kannst den Flow nicht als Allgemeinzustand hinkriegen, wie es immer so ist, wenn du Freude empfinden willst, musst du auch Leid empfinden usw. Also nur Flow geht natürlich nicht, aber zu gucken, wie kannst du eine Aktivität so anpassen, um es dir möglichst leicht zu machen, in den Flow reinzukommen. Und, und das ist das spannende bei Spielen, Spiele schaffen es, dich in dieses perfekte Ver-hältnis... Der Flow ist ja das perfekte Verhältnis zwischen Herausforderung und deinen Fähigkeiten. Wenn die Herausforderung schwerer wird, also ist die Herausforderung zu leicht, bist du gelangweilt und hast kein Bock auf die Aktivität. Ist es zu schwer, bist du frustriert und hast auch kein Bock mehr. Das heißt, die Kunst ist, dich in dieses perfekte Verhältnis zu kriegen. Das erklärt am besten das bekannt Flow-Diagramm. Du willst es in dieses gute Verhältnis bringen. Die Kunst dabei ist, dass das Spiel und das ist so ein Punkt, den meiner Meinung nach viele Gamification-Projekte falsch machen, weil sie auf das fal-sche abzielen, meistens als Ergebnis denkt man dann, ok ich will dir möglichst viele Er-folgserlebnisse geben, das du dabei bleibst und weiter machst, der Punkt ist, was Spiele ja machen oder, du bist in deinem Spiel, du schaffst es gerade so mitzumachen und dann

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plötzlich kommt dann dieser eine Moment, wo dein Gegenüber einen Zug machst, an den du nicht denkst. Das Spiel bringt plötzlich einen neuen Gegner mit rein. Oder Zeitdruck entsteht. Plötzlich ist die Herausforderung ein ganz kleines Stück größer als die Fähigkeiten und man scheitert. Game over - von vorne anfangen. Wir scheitern nicht komplett, weil wir sagen: oh keine Ahnung, wie das passiert ist, sondern wir haben immer dieses Gefühl: Wow, jetzt weiß ich wie es geht und probiere es wieder. Und wieder: Aber jetzt weiß ich wie es geht. Monkey Island ist eigentlich das beste Beispiel dafür. Nur durch dieses Schei-tern und dieses häufige Scheitern und immer so knapp, lernen wir auch wirklich gut, weil wir immer das Gefühl haben - Ich war so nah dran, ich kann das Ziel erreichen. Es ist nicht so weit weg. Und nur, wenn du oft genug scheiterst im Vorfeld hast du daran, wenn du es schaffst, dieses riesige "Aha-Gefühl" und den Moment, also dieses "Aha-Gefühl" - Lernef-fekt, und weil du vorher so oft gescheitert bist, ist es ein großer Lerneffekt, also ein großes Achievement, sehr viel Botenstoffe werden freigeschaltet, unter anderem, und dann hast du dieses ultimative Suchtgefühl und dann genau bist du da. Wenn du es dann geschafft hast, dann kommt das nächste Level, um es jetzt am Beispiel eines Videospiels klarzumachen. Das ist noch schwerer und du sagst: Wow... und jetzt: Weiter geht’s. Jetzt erst recht. Das ist es. Das haben Spiele einfach nur perfektioniert. Das ist keine Erfindung der Spieleindustrie, das haben die einfach nur perfektioniert. Neurowissenschaftlich unterstützt. Und das wird bisher von Wirtschaftsunternehmen einfach ignoriert. Die haben das Wissen halt nicht. Aber das ist Gamification. Was für Themen lassen sich denn gut über Gamification vermitteln und welche Themen so gar nicht? Es gibt Themen, die sind schwer und die sind leichter. Die schweren sind die, wo du sagst, wo du das Gefühl hast, "so what". Neben wir mal: Firmen Policies. IT-Sicherheit. Da haben wir auch mal einen Kunden gehabt, die haben jedes Jahr solche Ordner, die die Leute sich durchlesen müssen, wie sie z.B. ihr Notebook am Flughafen benutzen dürfen und wo sie sich einloggen müssen. Alles so ein Zeugs. Erstens: Stinklangweilig. Zweitens: Jeder hält das nicht für notwendig. Die halten das für eine Art Punishment - Strafe. Und sie wissen: nächstes Jahr muss ich es wieder machen. Das sind Dinge, die wirklich sehr schwer zu ver-mitteln sind. Was du machen kannst, weil das ist der Punkt: du kannst aus einer beschisse-nen Aktivität, die wird mit Gamification jetzt nicht plötzlich super lustig. Sie wird vielleicht ein bisschen besser. Aber sie wird nicht super lustig. Was du machen kannst, und womit wir dabei viel arbeiten, ist Stoytelling. Indem du schaust, der Punkt ist immer der: Der Kontext ist interessant, nicht der Content. Das ist ja das selbe wie in der Schule. Der Stoff in der Schule kann super scheiße sein, wenn du aber einen Dozenten hast, der dir plötzlich zeigt, was du damit später machen kannst, was es für eine praktische Anwendung hat, und du erkennst: Ja Moment mal, da will ich vielleicht später hin, zack, Kontext - schon ist es et-was interessanter. Und diesen Kontext herzustellen - das ist die Kunst. Und dazu kannst du natürliche eine Art Storytelling arbeiten, indem du den Leuten aufzeigst, pass auf: Die gan-ze riesen Firma muss das machen. Wir sind in so und so einem Umfeld und wir müssen deswegen die Regeln einhalten und dein Part in diesem Unternehmen ist der und der und wenn du das drauf hast, dann kannst du genau diesen Part einhalten und das Unternehmen kann erfolgreich sein. Also das ist so eine Art Bedeutung, eine Aufgabe aufzeigen, bei der man am Anfang keine Bedeutung sieht. Nicht, weil man doof ist oder so, sondern einfach weil die Sachen manchmal so komplex sind, so abstrakt sind, weil ich natürlich als Sales-Typ keine Ahnung habe womit sich der IT-Typ rumschlägt. Wenn ich aber weiß, vielleicht auch, weil wir ab und zu zusammenarbeiten müssen, weil der mir immer meine Software bereitstellen muss, meine Analysen herausgeben muss, wenn ich aber weiß: indem ich den Job gut mache, mache ich es dem anderen umso einfacher und er kann mir dadurch dann wieder umso besser helfen. Das ist natürlich schwer darzubringen, zu visualisieren aber plötzlich entsteht eine Art Sinn dahinter. Das macht es leichter. Deswegen ist es nicht plötz-lich yuhuu und lustig, aber es macht es leichter. Das sind so schwere Dinge. Wo es gut an-

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wendbar ist, ist bei Dingen, die eine direkte Konsequenz haben. Weil wenn ich die IT-Policies lerne, dann kann ich sie und selbst wenn ich mich dann am Flughafen richtig ver-halte, dann springt keiner auf und sagt: Ey, du hast dich richtig verhalten. Das heißt, ich kriege es ja noch nicht mal mit, dass ich es jetzt gut gemacht habe. Ich hab’s halt gut ge-macht. Weil ich es gelernt habe. Automatisch, ich denke gar nicht dran usw. Das heißt aber in Dingen, wo du eben ein direktes Feedback hast, z.B. bei einer Produktionsstraße - da kann man sowas sehr cool machen. Oder in Bereichen, wenn du vielleicht irgendetwas lernst und danach direkt danach eiin Kundengespräch hast und in dem Kundengespräch danach direkt merkst: Wow, das hat ja echt funktioniert. Also du musst es schaffen, Aktivi-tät, Aktion und Feedback so nah zusammenzubringen, dass du da diese direkte Connection hast. Und diese Aktivitäten sind sehr cool für Gamification - die machen es sehr einfach. Also wenn man das Gelernte direkt anwenden kann und dabei auch eine Rückmeldung be-kommt. Fünf Rahmenbedingungen findest du immer bei Gamification, die habe ich bei Sli-deshare eingestellt. Die findest du immer, wenn du freiwillige Aktivitäten machst. Ob Vi-deospiele, Brettspiele, Sport - diese Rahmenbedingungen sind immer da. Das heißt, wenn die da sind, bedeutet das nicht, dass du sofort Spaß hast, aber in allen Aktivitäten, in denen du Spaß hast, sind die da. Also du hast eine gewisse Grundvoraussetzung und da ist unter anderem ja auch "Echtzeitfeedback" mit drin. "Informationstransparenz" und "Echtzeitfeed-back", das sind die Rahmenbedingungen, an denen ich zu aller erst mit Firmen arbeite, wenn es um Gamification geht. Das sind aber auch die Rahmenbedingungen, die in den meisten Firmen nicht gescheit funktionieren. Wie können Gamification-Aspekte den Lernprozess unterstützen? Also als Punkt, was wir schon hatten, ich hab es jetzt Storytelling genannt: Finde eine rich-tige Verbindung zwischen gelernten Inhalt und dem Nutzen in der Realität. Und der Punkt ist, viele Mitarbeiter, und das ist das erschreckende, der Nutzen bei denen ist, ja wenn die es Lernen, dann kriege ich eine bessere Beurteilung. Also das hat nichts mit ihrer Arbeit zu tun. Den Nutzen den brauchst du aber, den herstellen. Das kannst du natürlich mit einer Story machen, das kannst du durch einen Business Case machen, das kannst du Datenvisua-lisierung manchmal machen, weil die Leute zwar Daten vor sich liegen haben, die ihnen beweisen, dass, wenn sie das lernen, das ihnen das was bringt. Aber nicht jeder versteht die Daten gescheit. Visualisierungen helfen da sehr gut. Also, dass sie das checken - Zusam-menhänge, Muster erkennen können. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist, und ich nenne das den "Path to Mastery": Baue eine Art Dashboard auf oder irgendeinens Rückzug-sort auf, ob das nun ein Dashboard in einem Spiel ist oder eine Art Büro-Screen, wo die Leute sehen können: Was ist das Spiel? Also z.B. im Lernbereich wäre das ja gewisser Con-tent, den ich drauf haben sollte. Das Gesamtspiel muss erkannt werden, och wie z.B. bei Duolingo, die hatten früher, ich weiß nicht ob die das jetzt noch haben, so eine Art Learn-ing Tree. Das heißt, du hast oben angefangen. Dann hattest du Basic-Vokabeln am Anfang und wenn du die gehabt hattest, dann konntest du entscheiden, ob du z.B. Reise-Vokabeln, Food-Vokabeln lernen wolltest. Und dann gingen die immer tiefer. Dann konntest du sagen. Ok, Basic-Vokabeln Reisen. Dann Avanced-Vokabeln Reisen. Und kann verrückte Voka-beln Reisen usw. Die Leute konnten in diesem Tree sozusagen sehen: ich weiß wo ich ste-he, ich weiß von ich hinwill, nämlich nach unten. Ich weiß, was auf mich zukommt. Aber auch, ich hab innerhalb dieses Rahmen Entscheidungsfreiheit zu sagen, mache ich jetzt z.B. zuerst Reise und dann bis zum Ende oder mache Basic Reise und dann mache ich Basic Food, dann gehe ich bei Food ein bisschen weiter. Dann springe ich wieder zum anderen Thema. Man hatte diese Entscheidungsfreiheit. Man kann das individuell zusammenstellen und das ist sehr wichtig. Wenn man keinerlei Entscheidungsfreiheit hat und der Lernweg komplett vorgegeben ist, das nenne ich in diesem Slideshare "5 Pillars" bzw. die "Tof5 fallacies of Gamification": "Room for maneuvers". Man braucht natürlich gewisse Rah-menbedingungen. Wir wollen ja auch nicht kreativ mit Unternehmen irgendeinen Scheiß machen, der sich an keine Regeln zu halten hat. Wir wissen ja, dass wir mit Rahmenbedi-

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nungen arbeiten müssen. Innerhalb diesen Rahmenbedingungen muss sich der Lerner selbst entwickeln. "Informationstransparenz" - das hängt ein bisschen mit diesem "Erken-nen"/"Storytelling" zusammen. Es muss eine Infrastruktur da sein, weil denk mal an Spiel: Wenn du scheiterst, dann sagst du nie: oh, dummes Spiel, du hast mir bestimmt irgendeine Information nicht gegeben, die ich noch brauche. Du würdest es nochmal versuchen, weil du weißt, dass es an dir lag. Du hast alle zur Verfügung, was du brauchst, um erfolgreich zu sein. Im Job denken die Leute genau andersherum: Oh man, der hat mir das nicht gegeben, unfair, das hab ich zu spät gewusst. Ach das ist auch noch wichtig. Also so denken die. Das Problem von Engagement im Arbeitsumfeld ist oftmals dieses Gefühl: Ich hab ja gar nicht wirklich die Kontrolle. Du musst dem Menschen das Gefühl geben, dass er alles zur Verfü-gung hat, was notwendig ist, um erfolgreich zu sein. Und gerade, wenn du bei großen Un-ternehmen bist, wo dann Kommunikationssicherheit, Datenschutz, Politik: "Ja natürlich gibt uns die Abteilung das nicht. Oder mein Vorgesetzter das nicht. Der will ja einen Vorteil haben" usw. - das ist so krass, was da abgeht. Und das sind alles Rahmenbedingungen, die dafür sorgen, dass du eh nicht das Gefühl hast, dass du hier von einem offenen, spielbaren System redest. Wenn du dir diese "5 pillars of Gamification" anschaust, dann sind das ei-gentlich die Rahmenbedingungen, mit denen wir Anfang, um etwas umzusetzen. Es gibt ja sicherlich auch Herausforderungen von Gamification im E-Learning. Wie ist denn die Akzeptanz von Unternehmen insgesamt derzeit in Deutschland zu beurteilen? Das Thema lieben die Unternehmen, weil sie alle das aktuelle Thema Lernen hassen. Prä-senzunterricht hassen alle, weil es nicht gescheit funktioniert. Präsenzunterricht hat mal eine Zeit lang gescheit funktioniert, weil es auch etwas Neues war. Jetzt mittlerweile jetzt es jeder und es ist ätzend. Dementsprechend sind sie offen wir das Thema. Das Problem sind zwei Dinge. Der erste Punkt ist, sie haben alle Schiss vor Datenschutz und Betriebsräten, als Konsequenz. Ganz klar, denn du misst ja nunmal konkret die Leistungen von Leuten. Das ist nirgendswo gerne gesehen. Wir können mit vielen Sachen arbeiten, die bereits gemessen werden, also oftmals ist es gar nicht so, dass wir plötzlich eine riesige Krake werden und alles messen. Wir können sehr viel mit dem arbeiten, was sowieso schon gemessen wird. Also Datenschutz ist der erste Punkt. Der zweite Punkt ist. Sie sehen das Ganze als techni-sche Anwendung. Das heißt, Gamification ist für die eine Technik, die wir einfach auf das, was wir haben überstülpe. Und als Konsequenz nehmen sie den Content, den sie bisher im Präsenzlearning linear angewendet haben, also schon haben, und jetzt sagst du einfach: Wir haben ihn digitalisiert, log dich ein, jetzt wird gemessen, jetzt siehst du: ahh, jetzt hast du schon 50% - das ist für die Gamification. Aber genau dieses lineare Lernen, nacheinander, ohne ne Chance zu haben links und rechts zu gucken, vor allem, es auch mal anwenden zu können, zu testen. Gamification versucht, Realität und Spiel zu verbinden. Wenn du jetzt ein Lernprogramm hast, wo die Leute sich reinsetzen, also vor den Computer setzen, dann ist das für die im ersten Schritt, erst mal wieder so eine Art künstliche Umgebung, in der sie jetzt gerade sind. Dann lernen sie das Zeug halt, dann machen sie irgendwie einen Test. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie es auch verinnerlichen, oder auch glauben. Man kann es ja in der Realität nutzen - man weiß ja, was der andere hören will, der das am Ende aus-wertet. Das heißt, sie machen den Test so, dass sie wissen - ok, ich habe gute Ergebnisse erzielt oder erziele gerade gute Ergebnisse. Trotzdem sitzen sie da und sagen: Ja, aber mor-gen bin ich wieder bei dem Kunden... ahhh, der ist halt nunmal anders. Und zack... im Arsch. Das ist halt der andere Punkt. Und das versuchen immer viele Firmen so. Haben dadurch nur kurzfristig Erfolg oftmals. Weil erst mal ist es ja was anderes. Wenn du nur ein blödes Präsenztraining hast, wo du jedes Mal Zeit aufwenden musst, wo du den Mitarbei-tern sagst: so passt auf, wir haben das jetzt digitalisiert, hier habt ihr euer Lernprogramm, logt euch ein. Ja natürlich macht das jeder lieber, als auf so ein 3-Tages-Präsenzseminar gehen zu müssen. Also das heißt wiederrum, sie machen es, weil das andere viel beschisse-ner war. Das heißt aber nicht, dass sie plötzlich super motiviert sind, das zu machen. Das heißt kurzfristig funktioniert das, aber die Ergebnisse sind deswegen nicht anders, weil du

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einfach nur das alte System genommen hast und es digitalisiert hast. Und dann stehen Fir-men wieder da und sagen: Ja, Moment mal, wir haben doch Gamification gemacht, und das funktioniert nicht. Aber das ist Bullshit. Ich bin also oft dabei, verbrannte Erde wieder zu versuchen hinzukriegen. Liegt einfach daran, dass die großen Firmen halt lieber, wenn es um so ein Thema geht, gehen sie halt lieber zu den großen Marketing-Agenturen, die sich nicht auf Gamification spezialisiert haben. Die suchen nach bekannten großen Agenturen, mit denen sie vielleicht auch schon gearbeitet haben. Was musst denn bei der Konzeption und Produktion von Gamification-Anwendungen be-achtet werden, um da auch Erfolg erzielen zu können? Gibt es da z.B. einen ganz anderen Konzeptionsweg, als wenn man klassisches E-Learning herstellt? Es gibt so viele unterschiedliche E-Learning-Software in diesem Bereich. Aber viele Learn-ing-Software baut darauf auf, dass du Content konsumierst und dann abgefragt wirst und dann gibt es eine Analyse. Und wir versuchen das ganze ja in die Realität zu bringen. Das heißt, wir versuchen das zu connecten mit realen Arbeitserlebnissen. Und da hast du natür-lich erstmal ein technisches Problem. Erst mal musst du die Möglichkeit haben, gewisse Dinge zu messen. Zweitens musst du es überhaupt messen dürfen. Und der Punkt ist, dass bei Gamification darauf ankommt, auch durch Fehler zu lernen. Das ist ja genauso, wie wir am effektivsten Lernen. Du kannst mal etwas ausprobieren, mal einen anderen Weg gehen. Entweder lässt das System ihn länger zu oder eben die Regeln sind so knapp, dass es kaum zulässt. Aber es gehört auf jeden fall mit dazu. Und wenn du jetzt eine Gamification Soft-ware hast, die z.B. Effizienz als große KPI hat, Messpunkt hat, also als großen Indikator hat, dann will das keiner haben. Denn jeden Weg, den jeder machen kann. Also jede Person, die mal links und rechts gucken kann, weil es sinnvoll ist, damit sie motiviert bleibt. Das ist aber konträr dazu, ein möglichst effizientes System zu haben, wo die Leute möglichst schnell und sofort und möglichst geradlinig durchschießen. Das sind so Probleme, wo du viel dran arbeitest. Und viele Unternehmen sind da knallhart und die sagen: Nein, wir haben die KPI, wir ziehen das so durch, keine Chance links und rechts zu gucken. Das kannst du den Leuten auch manchmal nicht übel nehmen, weil die Leute, die dafür zuständig sind ja wieder genau an diesen KPIs gemessen werden oder ihren Lohn dafür kriegen usw. Aber dadurch wird das manchmal sowas von kanibalisiert das System, dass du am Ende nicht mit Gamification da stehst. Also das ist eine der Herausforderungen. Der andere Punkt ist, also jetzt im Moment, wenn du um Projekt redest, wenn es um ein einzelnes geht, wo die Firma sagt: Lass uns mal anfangen damit, dann geht es noch einigermaßen. Wenn die Firma es aber langfristig machen will und dann geht es darum, dass du den Stoff gerafft hast, diesen Content. Und jetzt gibt es neuen Content, der darauf aufbauen will. Das ist der Punkt - du willst nicht wieder von Null anfangen, nur weil es ein neuer Content ist. Also angenommen du hast eine Lernsoftware und auf dieser Lernsoftware bzw. Gamification-Software, die wir gemacht haben, hast du dein Dashboard, hast du dein Profil und du siehst: wow, du hast dir schon die und die Skills erarbeitet. Das sind Achievements und die sind dir ja wie angehef-tet. Die hast du. Und wenn jetzt plötzlich ein neuer Content kommt, dann haben Firmen oftmals das System, dass du wieder von Null anfängst. Und das ist psychologisch gesehen totaler Bullshit, weil du hast dir schon den Arsch aufgerissen und jetzt willst du auch darauf bitte schön aufbauen. Das ist auch das, was ich meine mit: Bedeutung schaffen in einem gewissen Bereich. Da kommt intrinsische Motivation her - selbstständig besser werden zu wollen. Und wenn ich das denen alles wieder weg nehme und von Null anfange, ja super, dann ist das ziemlich gebrochen. Aber genau da geht es schon wieder los, dass, wenn du so ein System aufbauen willst, das sozusagen offen ist und verschiedene Abteilungen vielleicht mit verschiedenem Content daran andocken können, ganz klar, das Datensicherheitsprob-lem bei vielen. Viele Abteilungen wollen das gar nicht. Weil die erste Abteilung zum Bei-spiel sagt: Oh, Moment mal, wir haben unser Budget darein gepfeffert und jetzt kommt eine andere Abteilung und will dort drauf aufsetzen. Das ist sowas von konträr, vor allem bei größeren Firmen. Die sagen: Wie schaffe ich eine straffe Organisation? Wie sind wir mög-

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lichst effizient? Wie sorge ich dafür, das jeder nur die Information bekommt, die er jetzt grade brauch usw. und dabei rutschen die in diese Silos rein. Das ist so einfach. Welche Entwicklungen sind den hinsichtlich Gamification im E-Learning zukünftig zu er-warten? Besondere Trends z.B.? Ich glaube, was es nochmal maßgeblich beeinflussen wird, ist diese "Bring your own De-vice"-Sache. Weil die Leute dann einfach ihr Smartphone nutzen können. Somit sind sie mobil. Sie haben ihr Smartphone immer bei sich. Sie haben das Lernprogramm immer bei sich, sie haben ihr eigenes Profil immer bei sich. Und können dann auch immer mal zwi-schendurch, wenn sie z.B. eine Frage haben oder wenn gerade irgendwas passiert, wo sie sagen: Moment mal, das müsste im System auch drin sein, dann können sie direkt nach-schauen. Gleichzeitig, wenn es um Echtzeitfeedback geht oder um schnelles Feedback, brauchst du ja ein Tool, mit dem du das bewerkstelligen kannst und das ist natürlich dein Smartphone. Und das geht meiner Meinung nach wirklich nur gut, wenn es um dein eigenes Smartphone geht. Bei vielen Firmen darfst du aber z.B. dein eigenes Smartphone nicht be-nutzen, wegen Werkschutz. Und wenn du ein Firmenhandy kriegst, dann bekommst du nicht ein gescheites Smartphone. Nur die obersten 200 irgendwas haben ein Smartphone. Da gibt es also noch viele Hindernisse. Ich denke das technische Entwicklungen auf jeden fall noch ein Enabler sein werden. Also, Mobil - bring your own device. Und z.B. so etwas wie Google Glass. Wenn du z.B. in deiner Arbeit drin bist. Z.B. bei einem Motorentechni-ker. Du guckst jetzt auf den Motor drauf und die Brille erkennt ja, was du gerade anguckst bzw. du sagst der Brille: Pass auf, wir müssen die Welle austauschen. Dann highlighted die Brille eine Schraube auf dem Motorblock, den du gerade anguckst und sagt: Pass auf, löse die als erstes. Das sind alles Dinge, wenn sowas möglich ist, dann kann man da natürlich sehr stark damit rumspielen. Ich kann direkt real in Echtzeit eine Art Herausforderung, eine neue Mission kommunizieren. Ich kann direkt Feedback kriegen: Hast du es gut gemacht oder nicht? Diese Technik wird super viel ermöglich. Das ist der eine Punkt - technische Entwicklungen. Ich glaube, dass mit der Zeit gerade in Ländern, wie Deutschland, die so abhängig sind, wie kaum andere Wirtschaften vom Innovationstum, das Bedürfnis nach Systemen, in denen der Mensch möglichst innovativ ist, immer größer werden. Einfach auf Zwang. Weil auf Produktionsebene können wir kaum noch konkurrieren. Es wird ja auch alles in anderen Ländern produziert. Wir können nur noch über Innovation, kognitives Wis-sen, also Ingenieursleistungen usw. können wir erfolgreich sein. Und das erkennen die Fir-men schon jetzt, sie merken, dass unsere aktuellen Systeme z.B. Incentive-Systeme. Die sind nicht fähig, kognitive Leistungen (s. Youtube-Video von Dan Pink) zu motivieren. Unsere Systeme, weil wir ja in der Industrie groß geworden sind, sind immer noch nach dem industriellen Zeitalter gebaut, unsere Strukturen, Management-Strukturen usw., die kommen alle aus dem industriellen Zeitalter und wurden dafür konstruiert und auch erfolg-reich. Und jetzt sind wir längst in diesem kognitiven Arbeitsbereich, der andere Anforde-rungen fordert, aber wir haben immer noch das alte Incentive-System. Und Firmen werden das checken, bzw. sie merken schon, dass es so nicht mehr richtig funktioniert. Weswegen? Sie haben immer größere Probleme, Leute bei Laune zu halten, zu motivieren. Also Fluktu-ation, Demotivation wird immer größer und dementsprechend sind sie natürlich offen, neue Methoden draußen zu finden und das wird uns dann hoffentlich langfristig in die Karten spielen. Also dann haben wir jetzt die technischen Entwicklung, die Entwicklung von der Nachfragerseite, von der Firmenseite her aber natürlich auch: Jede Generation, die jetzt nachkommt, die ist viel offener damit, mit Technik zusammenzuarbeiten, sie sind offener damit, gemessen zu werden. Natürlich spielt die jetzige Generation so viel. Warum? Weil sie es kann. Weil es einfach da ist. Und damit ist sie aber auch gewohnt, in einem Umfeld aufzuwachsen, wo sie Leistungen erbringt, also irgendwelche Leistungen, wo sie irgendeine Aktivität erbringt, die gemessen wird und sie bekommt Feedback. Natürlich ist das ein Spiel, aber wir wachsen in diesem Umfeld auf und gewöhnen uns dran. Und dementspre-chend sind wir viel offener dafür, das dann auch wo anders zu erleben. Und wir sehen das

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dann nicht mehr als reine Manipulation und Kontrolle an. Sondern das wird dann natürli-cher. Natürlich wird dadurch die Akzeptanz der User auch etwas einfacher.

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3.7 Transkript EA06

Ich würde gerne zum Einstieg wissen, was Ihre Aufgabe bei der A06 ist und wie Ihr berufli-cher Hintergrund aussieht. Ich habe BWL studiert und bin dann relativ früh in den Vertrieb gegangen, das heißt habe angefangen als klassischer Verkäufer, dann als Key-Accounter, Verkaufsleiter, Vertriebslei-ter in unterschiedlichen Unternehmen und bin dann seit 6 Jahren Geschäftsführer. Unter anderen jetzt seit 3 Jahren bei A06. Vorher habe ich über 18 Jahre eine Dienstleistung ver-trieben. Dienstleistungen in Form von Musik. Also überall dort, wo Publikumsverkehr statt-findet, wo Musik eingesetzt werden. Also Hotels, Restaurants, Cafés usw. Und das ist eine professionelle Lösung. Also die bekommen ein Musikkonzept. Innerhalb der Leadership Akademie bin ich zuständig für den kaufmännischen Bereich und für alles, was Vertrieb und Vermarktung angeht. Sie bieten dann auch E-Learning-Maßnahmen an? Ja ganz genau, wir sprechen in diesem Bereich von Blended Learning. Wir gehen dabei den Weg, dass wir sagen grundsätzlich bedarf es eines Präsenzunterrichtes in welcher Form auch immer und das koppeln wir mit einer E-Learning-Plattform. Das heißt, dementspre-chend veredeln wir das Ganze und das ist dann unser Blended Learning-Konzept. Lernplatt-formen gibt es natürlich heute in allen Variationen. Seit wann bieten Sie Gamification-Aspekte in Ihren Blended Learning Maßnahme für Ihre Kunden an? Seit ungefähr 12 Jahren. Das machen wir schon sehr lange. Dabei muss man den Hinter-grund von meinem Geschäftspartner berücksichtigen. Der macht das schon seit 20 Jahren, Schwerpunkt allerdings nur in der Schweiz und Schwerpunkt Banken und Versicherungen. Aus diesem Markt besteht die Schweiz ja auch im Grunde. Und das Lernen und das Weiter-bildung ist dort ein ganz großes Thema. Das hat einen ganz anderen Stellenwert als das bei uns in Deutschland leider ist, das muss man ganz fairerweise sagen. Die Automobilbranche, die erkennt die Defizite, also draußen vor Ort bei den Verkäufern oder bei den Vertriebsleu-ten oder bei den Service-Beratern. Da gibt es ganz große Defizite. Und dieses spielerische und was z.B. dann mit 3D-Animiationen zusammenhängt, das ist schon seit 12 Jahren The-ma bei uns. Wir haben das auf mehreren Plattformen zur Verfügung gestellt. So werden z.B. junge Leute über spielerische Aspekte an das Lernen herangebracht werden. Was reizt Sie an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning? Der Vorteil ist das Spielen bzw. das sich die Lerner mit anderen auseinander setzen können. Mit anderen Lernern. Quasi im Dialog. Das ist das reizvolle. Das man also eine neutrale Plattform haben, wo die Lerner Inputs und Outputs von anderen Lernern bekommen können ohne, dass die Vorgesetzten oder die Führungskräfte dementsprechend Einfluss darauf ha-ben oder das mitbekommen, was dort abgeht. Wie kommt eine Zusammenarbeit mit Unternehmen bzgl. des Einsatzes von Gamification zustande? Ist das eher Anstoß von Ihrer Seite oder ist das eine direkte Beauftragung des Unternehmens? Nein, das ist leider keine direkte Beauftragung der Unternehmen. Es ist also immer eher ein: Dem Unternehmen die Möglichkeit zu geben und eine Plattform anzubieten. Leider ist es so. Das Lernen grundsätzlich, also eine regelmäßige Weiterbildung, was ja eigentlich das A und O ist und, was auch einfach wirtschaftlich der richtige Weg ist, da scheitern die Un-

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ternehmen schon in den ersten Schritten. Die sagen: Wieso? Ich habe meine Mitarbeiter, die sind gut bezahlt, die haben studiert usw. und, warum da jetzt Geld investieren? Und fangen wir wirklich fast bei 0 an und sagen: So, das was da gelehrt worden ist oder, was sie an In-formationen mitbringen für ihr Unternehmen, das ist ja schon alles alt. Das ist halt überholt. Sie wissen ja selber, dass was sie sich heute anlesen, das ist morgen überholt. Das Lernen ist also ein ständiges Lernen. Das braucht es auch, um der Arbeitswelt gerecht zu werden und da zu bestehen. Da fangen wir wirklich in den Unternehmen an, das wirklich aufzudrö-seln im wahrsten Sinne des Wortes. Dann haben wir den Ausbildungsleiter dabei, den Aus-bildungsverantwortlichen. Dann wird im ersten Schritt der Firma gesagt: Kosten/Nutzen - was bringt mir das für die Mitarbeiter? Oder anders gesagt: Jetzt sind meine Mitarbeiter in 10 Tagen pro Jahr mit Lernen beschäftigt und welchen Vorteil habe ich am Ende des Tages davon? Das heißt von Ihrer Seite ist das erstmal sehr viel Sensibilisierung für das Thema und Bera-tungsleistung, bevor es überhaupt richtig losgehen kann? Ja, leider. Es muss sich aber ändern. Ich bin mir auch sicher, dass es sich ändern wird. Das Bewusstsein bei den jungen Leuten muss sich natürlich ändern. Das hat, das hat natürlich auch etwas mit Vorleben zu tun. Alle Generationen und unsere ganze Welt muss das ein bisschen anders leben, dass dieses ganze Vorleben auch viel intensiver stattfindet. Viele Dinge passieren halt nicht so optimal gerade. Wenn man dann über die technischen Mög-lichkeiten an die jungen Leute herankommt, die ja gegeben sind, dann kann es sich positiv weiterentwickeln. Mich interessiert noch, welche Unternehmen bzw. welchen Branchen nutzen denn Gamifi-cation in ihren E-Learning-Maßnahmen? Das kann man eigentlich eher pauschalisieren. Das sind viele Versicherungskonzerne, das muss man ganz klar sagen. Banken weniger, Automobilbranche tut sich im Moment mit diesem Gedanken auch schwer. Was sehr interessant ist, ist die Logistikbranche dement-sprechend noch. Können Sie sagen, warum das gerade bei der Logistikbranche so ist? Ja, das hängt damit zusammen, dass es sich dabei oft um die Zielgruppe Fernfahrer handelt. Und die sind natürlich von der Grundbildung eher keine studierten Leute und bei einer sol-chen Zielgruppe kann man natürlich über einen spielerischen Lernansatz und über eine Plattform, wo andere Dialoge gesprochen werden, wie z.B. ganz banal: Wo gibt es die beste Currywurst an der Autobahn? Damit kriegt man diese Leute. Das ist ja diese Kunst einfach, dass man ebenso viele unterschiedliche Charaktere und menschliche Vorteile und Nachteile hat, und das man so eine gute Alternative gefunden hat, jeden individuell und storybasiert ansprechen kann. So kriegt man natürlich die Leute mit solchen spielerischen Aspekten. Spielerisch lässt sich E-Learning auch Leuten zugänglich machen, die z.B. mit der aktuellen Fernsehkultur mitgehen. Wenn man die Fernsehkultur betrachtet und auf die Zielgruppen achtet, die z.B. Dschungelcamp und ähnliche Serien sehen, die wirklich keinen hohen An-spruch haben, die die Massen bewegen. Da sehen wir auch ganz klar, dass sowas ganz viele verschiedene Zielgruppen anspricht. Das ist eine Manipulation. Auch da wird manipuliert. Wie würden Sie denn die Zielgruppe beschreiben, für dich sich der Einsatz von Gamificati-on im Lernumfeld eignet? Also grundsätzlich würde ich da sagen, dass alle jungen Leute, die mit Apps großwerden oder mit dem PC mit anderen Menschen verbunden sind, mit Whatsapp und Facebook, das das eine sehr interessante Zielgruppe für das spielerische Lernen ist. Diese Zielgruppe muss

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das Lernen nicht mehr Lernen und ist was die Technologien angeht schon sehr affin. Die können direkt damit loslegen. Sie müssen sich nicht mehr vorher mit der Technik auseinan-der setzen, sie sind damit vertraut. Sie sind daran gewöhnt, über ihr Smartphone an Infor-mationen zu kommen. Und welche Themen lassen sich gut über Gamification vermitteln? Bzw. welche Themen lassen sich so gar nicht vermitteln? Alles, was Produkt- und Produktweiterentwicklungen also Neuheiten angeht. Oder auch, wenn es um Fachwissen geht, was aber nicht im Detail ausgefeilt sein muss, also solange es nicht um so etwas wie Paragraphen und ähnliches geht. Gibt es auch Inhalte, die man spielerisch eher nicht darstellen sollte? Ich wüsste jetzt nicht, wo ich da die Grenze setzen würde, also ich kann mir keine bestimm-ten Inhalte vorstellen, wo es nicht funktionieren könnte. Wir hatten ja vorhin schon kurz über die Vorteile von Gamification im E-Learning gespro-chen, wie sieht das denn mit den Herausforderungen aus? Wie ist zurzeit die Akzeptanz von Unternehmen zu beurteilen? Wir stoßen auf eine Akzeptanz von ca. 10%. Bei vielen Unternehmen ist das Thema Semi-nare oder Präsenzunterricht und E-Learning, das ist für die einfach ein Kostenpunkt. Das muss sich rechnen für die Mitarbeiter. Das als langfristige Strategie das kommt bei den Großkonzernen nach wie vor an mit Sicherheit. Die wirklich die jungen Leute Ausbildung und heranführen an ihren Beruf. Da ist mehr positives Feedback, als bei Unternehmen, die sagen: Ok, ich habe meinen Mitarbeiter und der soll bis zur Rente arbeiten und das war's. Also die Akzeptanz ist derzeit noch absolut gering. Wir sind gerade dabei einen ganz ande-ren Weg zu gehen. Das man sagt: Ok, das bröseln wir komplett anders auf. Das man über den App-Store Apps auf den Markt bringt, wo sich die jungen Leute selber reinbringen können, einen gewisses Wissen bekommt in der Form, also jetzt als konkretes Beispiel, was ich gerade mit einer Versicherung mit spielerischen Aspekten ausarbeite: Ich habe meinen ersten Job, was bedeutet das? Spielerisch dargestellt: Was kann damit verbunden sein? Was muss ich für meine Rente später machen, was muss ich an Versicherungen haben, wenn ich meine eigene Wohnung habe usw. Also sozusagen einen spielerischen Zugang zu diesen Themen bieten. Wie beurteilen Sie denn die Akzeptanz von den Lernern was Gamification im E-Learning angeht? Das ist eine gemeine Frage. Ich formuliere es mal so, ich gebe mal eine direkte Information: Wenn wir heute davon ausgehen - z.B. in einem Versicherungskonzern - dass da 1000 Mit-arbeiter sind, die in einem Lernprozess drin sind, in einem Ausbildungs- oder Weiterbil-dungsprozess. Dann haben 1000 Nutzer einen Zugang zu einem Webportal, wo sie sich regelmäßig weiterbilden können und regelmäßig Videos usw. angucken können, Fragen beantworten, sich einloggen können. Das wird alles festgehalten, man kann alles auswerten. Da ist heutzutage je kein Hexenwerk. Dann reden wir bisher von 10 - 15% Akzeptanz. Ob-wohl es wissenschaftliche erwiesen ist. Es gibt Auswertungen, dass das alles positiv ist. Jedes Wort, gerade wenn man mit Videos arbeitet, ist für das Lernen ja 1000-mal überdacht worden. Warum dieses Wort jetzt genauso. Zum Präsenzunterricht gehen die Leute hoch-motiviert, sie bereiten sich auf den Präsenzunterricht vor und dann bröckelt es komplett ab. Also alles, was dieses Nachhaltigkeit angeht, was über eine Lernplattform gegeben sein sollte klafft mit den Wunschvorstellungen, dass wir da über 70 - 80% reden ganz weit aus-einander.

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Und haben Sie gemerkt, dass die Akzeptanz höher wird, wenn man spielerische Aspekte einbindet? Es ist leider genau das gleiche. Und ich vermute folgendes: Ich denke, dass die Menschen alle viel zu viel um die Ohren haben. Viel zu wenig Freizeit - im negativen und positiven Sinne. Wie man das nennen kann. Und ich da gegebenenfalls auch 1000 Abklemmungen haben. Wenn wir ganz ehrlich sind, wie viel Zeit raubt mir mein iPad? Egal was, und wo begleitet mich das? Und wo begleitet mich mein Smartphone im Laufe der Zeit? Und die Arbeitswege werden heutzutage immer länger. Andere Aktivitäten, die man ja irgendwie auch noch machen möchte und jetzt kommen die sozialen Netzwerke dazu. Beispiel: Auto-verkäufer. Ich komme rein ins Autohaus, er bleibt sitzen. Irgendwann, wenn ich die zweite Autotür zugeschlagen habe, kommt er an. Kann Ihnen helfen? Und er weiß eigentlich gar nicht wie er mit mir umgehen sollte. Und dann hat er so wenig, also ich übertreibe das jetzt einmal ein bisschen, also er hat im Grunde für mich zu wenig Fachinformation und Sensibi-lität dazu, mit mir wirklich ein Gespräch anzufangen. Im Grunde will er mir nur einen Pros-pekt aufs Auge drücken und eine Visitenkarte und dann geht er wieder in sein Kabuff. Und das liegt natürlich oftmals daran, dass der Spaß am Verkaufen - und die Welt besteht ja aus Kaufen und Verkaufen, also jetzt mal platt gesagt - und wenn wir, als Führungskräfte nicht in der Lage sind, den Mitarbeitern Freude und Spaß und diesen Umgang zu vermitteln, dann geht das Unternehmen den Bach runter. Leider Gottes ist es so. Das heißt, wir sind ja im Grunde das Spiegelbild, was draußen mit den jungen Leuten passiert. Warum gibt es immer noch die weitverbreitete Meinung, dass Arbeit und Spiel zu trennen sind? Und dass das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Kriegen Sie so etwas auch im Umgang mit den Kunden zu hören? Dass man sagt: Zu viel Spaß darf auf der Arbeit nicht sein. Zu Spaß darf beim Lernen nicht sein, weil es einfach nicht zusammen gehört? Das hängt mit unserer Gleichgültigkeit zusammen, dass wir unsere Mitmenschen nicht mehr richtig schätzen. Diese Wertschätzung, die man untereinander hat, die findet nicht mehr statt. Wir sind eine Gesellschaft von Egoisten geworden. Mein Arbeitsplatz, mein Stuhl, alles - das beschütze ich ganz doll und das ist ja wieder dieses Vorleben. Heute kommt eine Führungskraft ins Unternehmen: Spart, spart, spart, spart, weil der Vorstand und die Aktionäre das wollen. Wenn er das geleistet hat, dann verschwindet er nach drei Jahren. Ob seine Arbeit gut oder schlecht war, er kriegt dann noch eine Abfindung. Wie soll ich denn da die jungen Menschen motivieren. Und deswegen wollen Unternehmen diesen Spaß nicht. Die leistungsorientierte Mitarbeite, die wenig krank sind, die ständig 120% ge-ben aber sie tun nichts dafür. Und das ist den Mitarbeitern eine spielerische Möglichkeit zu geben oder einen Ausgleich für die Vielarbeit oder eine Wertschätzung zu geben und zusa-gen: Mensch, du hast toll gearbeitet, du hast genug gearbeitet, jetzt kannst du mal nach Hause gehen. Das man einfach mal diese Wertschätzung gibt, das man als Mensch wahrge-nommen wird und auch mal gelobt wird, also anerkannt wird. Was wird man denn heute in unserer Gesellschaft noch gelobt? Und dann wird man nicht gelobt und man bekommt keine Anerkennung und Anerkennung kann nicht nur über das Gehalt kommen, das kann es nicht sein. Wir brauchen alle unsere Streicheleinheiten. Weil sonst würden wir alle in einer Hütte alleine leben. Und durchdrehen. Man könnte nun den Mitarbeitern mit spielerischen Ele-mente im E-Learning aber auch in anderen Bereichen das Gefühl geben, dass der Mitarbei-ter unterstützt wird und gefördert wird. Das man nicht einfach sagt: Lerne stupide diesen Paragrafen, sondern dass man sowas motivierend, kreativ und spielerisch vermittelt. Einen weichen Flow mit einbringen. Was muss denn bei der Konzeption und Produktion von Gamification im E-Learning beach-tet werden, um sie erfolgreich zu erstellen. Im Vergleich zu klassischen E-Learning-Konzeptionen und -Produktionen? Gibt es da bestimmte Dinge, auf die man achten muss?

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Wichtig ist nach wie vor, dass man die Ausrichtung und die Werte und Ziele des Unter-nehmens mit berücksichtigt. Das ist eines der elementarsten Dinge. Und natürlich, dass man berücksichtigt, dass man die Mitarbeiter daran bringt, dass sie als ein gewisser Wert für das Unternehmen gesehen werden. Das ist Wertschätzen. Das der Mitarbeiter sich wertig und wichtig im Unternehmen sieht. In Ihrem gamifizierten E-Learning, die Sie bisher erstellt haben - was für Elemente bzw. Aspekte nutzen Sie denn da? Ich meine z.B. Highscores oder Rankings oder erstellen Sie komplette Spiele - dann also in Richtung Game Based Learning? Wie ist das bei Ihnen? Es sind komplette Spiele, die wir einbauen. Und hinterer haben die Lerner auch die Möglichkeit, sich zu vergleichen? Also werden da z.B. Punkte übertragen oder ist ein Vergleich gar nicht gegeben? Doch, also sofern es das Unternehmen möchte, sind die Punkte dann in einem Rankingsys-tem zugänglich. Das sich die Mitarbeiter darunter vergleichen und sehen können, was sie dann an Punkten erreicht haben. Aber Unternehmen können das auch ausschließen. Dann habe ich noch eine letzte Frage, und zwar, was denken Sie: Welche Entwicklungen sind hinsichtlich Gamification im E-Learning zukünftig zu erwarten? Gibt es da Trends, die Sie ins Auge gefasst haben, wo Sie der Meinung sind: Das wird auf jeden Fall kommen? Wir denken, dass die individuelle Zusammenstellung von Avataren durch den Lerner ein großer Trend ist, also dass die Lerner sich dann mit diesem Avatar in einer spielerischen Welt bewegen können. Das sehen wir eigentlich. Nehmen wir einfach mal ein Unternehmen mit ganz vielen verschiedenen Sprachen, wie z.B. bei Volkswagen. Und dann könnte sich jeder auf der E-Learning-Plattformen seinen eigenen Avatar bauen und geht dann auf der Plattform in die virtuelle Cafeteria von VW mit seinem Avatar und kann Dialoge mit den anderen Avataren führen - mit wem auch immer. Und dann gehen Sie von mir aus mit Ih-rem Avatar in die Buchhaltung und dann sprechen Sie jemanden an und sagen: Erklär mir doch mal. Ein bisschen Controlling usw. oder: Warum haben Sie denn die Rechnung so und so erstellt. Warum muss das damit rauf. Und dann bekommen Sie Informationen geliefert. Und das als in sich geschlossenes System. Also nicht für irgendwelche Kunden oder so, sondern für die internen Mitarbeiter. Man kann das dann wiederum ausbreiten, das man weiß, OK: Die Autoverkäufer haben wieder eine Plattform X, wo sie Zugänge hat. Man hat also unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Welten. Mit unterschiedlichen Berech-tigungen. Wenn man in dieser Spielerwelt unterwegs ist - und viele Frauen und Männer spielen ja heutzutage.

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3.8 Transkript EA07

Was wollen Sie denn mit dem Interview herausfinden? Das Ziel des Interviews ist herauszufinden: Was sind denn die Vorteil von gamifiziertem E-Learning im Gegensatz zu klassischen WBTs oder bzw. wo kann E-Learning davon profitie-ren? Okay, das ist gut, weil ganz schnell dazwischen: Hintergrund, warum der X letztlich genau das als Anlass genommen hat seinerzeit zu sagen: Die WBTs, die wir derzeit verwenden, die sind einfach ein Stück weit zu langweilig. Das heißt die ziehen niemanden irgendwie hinter dem Ofen hervor, um sich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Und als wir, das war 2010/2011, mit dem Thema begonnen haben im Rahmen eines ersten Beratungsprojek-tes kannten wir, muss ich ehrlicherweise zugeben, den Begriff Gamification noch gar nicht. Hatten aber von Anfang an die Idee, so etwas zu machen. Das heißt in Form von spieleri-schen Ansätzen auch motivierende Elemente in das Ganze mit hineinzubringen. Und wie ist das damals gewesen? Ist X da auf Sie gekommen? Oder hatten Sie da sowiso schon Kontakt und haben das dann sozusagen angeboten? Oder wurden Evaluationen ge-fahren, die dann zeigten, dass das von Motivation eher noch nicht so gut ist? X hat im Vorfeld einige Evaluationen durchgeführt und hat auch letztlich daran erkannt, dass die Akzeptanz der Usergruppen sehr, ich nenne es mal so, bescheiden war. Und dem-zufolge ist dann dort auch intern, das ist der Qualifizierungsbereich, der später in den Mar-ketingbereich übergegangen ist, erste Gedanken gemacht: Wie kann man so etwas über-haupt lösen? Und der Kontakt ist dadurch entstanden, dass ich gerade zuvor ein Projekt mit Audi abgeschlossen hatte bzw. noch in der Endphase des Projekts war - das war ein Strate-gieprojekt zur Begleitung dieses Projektes von der technischen Entwicklung: Wie sehen wir uns im Jahre 2020, Perspektive 2030 - wo soll der Weg hingehen usw. - ein Projekt, was wir begleitet hatten. Und in diesem Zusammenhang kam es dann auch zu Berührungspunk-ten wie gesagt mit diesen genau genannten Bereich. Wir haben jetzt schon einiges vorweg genommen, aber ich würde noch gerne wissen, was Ihre Aufgabe bei A07 ist und wie Ihr beruflicher Hintergrund aussieht? Wir haben zuerst als klassisches Beratungsunternehmen begonnen - Schwerpunkt Strategie- und Organisationsberatung und im internationalen Bereich: Eintrittsstrategien. Hängt ein Stückweit an meiner persönlichen beruflichen Laufbahn. Ich habe vier Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet und auch in diesem Zusammenhang Unternehmen beraten. Da komme ich an und für sich her und bin dann zu diesem Thema gekommen. Das war im Grunde ge-nommen über ein Strategieprojekt und natürlich auch über die Lehre, weil bei uns in der Hochschule, die so ein Semi-virtuellen Ansatz verfolgen und das heißt sowieso schon im-mer eine Kombination aus klassischen Präsenzvorlesungen in Verbindung mit E-Learning-Angeboten oder sprich mit Selbstlernangeboten und in diesem Zusammenhang auch die Verbindung mit den beruflichen Projekten. Zum 1.1. diesen Jahres haben wir unser Unter-nehmen in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, wo wir sagen: Zukünftig werden wir uns in diesem Bereich oder mit diesem Unternehmen nur noch diesem Thema des virtual Training widmen, wobei hier eine klare Differenzierung zu verstehen ist zu den E-Learning-Angeboten. Also wir verstehen uns jetzt nicht als E-Learning-Agentur, sondern im Wesent-lichen, dass wir ein Angebot machen an Kunden, wobei hier auch noch zu sagen ist, die Kunden, die wir derzeit haben oder fokussieren kommen alle aus dem Bereich der Großin-dustrie. Es macht auch einfach aufgrund der Tatsache, dass sie einen sehr sehr starken und hohen technologischen Anteil haben. Solche Schulungen machen derzeit nur Sinn für Un-

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ternehmen, die über eine entsprechende Skalierung verfügen, das über eine entsprechende Anzahl von Mitarbeitern, die sie dann auch mit den Trainings schulen möchten. Genau, das wäre auch meine nächste Frage gewesen: Welche Unternehmen bzw. welche Branchen nutzen denn Gamification in Ihren E-Learning-Maßnahmen? Muss da ein be-stimmtes Budget vorhanden sein, weil solche Ansätze natürlich aufwendiger sind als klassi-sche WBTs? Ja, nur für Sie zum Hintergrund: Das sind aber jetzt reine Entwicklungskosten gewesen. Die Entwicklungskosten, um heute das anzubieten, was wir anbieten, waren schon einige Milli-onen Euro. Das hat im Wesentlichen mit der Entwicklung des technologischen Prozesses zu tun. Das heißt: Was brauche ich alles dazu. Um die Avatare zu entwickeln und und und. Das Ganze vor dem Hintergrund, dass wir bei einem potentiellen Auftritt, z.B. bei der Au-tomobilindustrie von einem sehr sehr hohen Anspruch an die Qualität der Darstellung bzw. der visuellen/optischen Darstellung reden. Und hier von Anfang der Ansatz vergleichbar zu sein, wie heute Triple A-Spiele. Das heißt, die Zielgruppe insb. auch im Corporate, das heißt in der industriellen Anwendung, hat heute nahezu die gleichen Anforderungen, die heute typische Gamer an ein Spiel haben. Das hat sich natürlich in den letzten Jahre über-proportional nach oben hin entwickelt, sprich der Anspruch. Heute sind Spiele eben nicht mehr mit einer schlechten Grafik zu vermarkten, sondern eben die Anforderungen seitens der Gamer, der Usergroup ist schon sehr sehr hoch. Und demzufolge war auch hier der An-spruch zu sagen: Wenn wir heute schon im Bereich der User diese mediale, fast wäre ich geneigt zu sagen: Überfrachtung, haben im privaten Bereich, warum dann auf der Corpora-te-Seite, sprich auf der Unternehmensseite, etwas deutlich schlechteres für den gleichen Ansatz dazu führen, dass jemand sagt: Mensch, aus meinem Spiel zu hause, auf meiner X-Box, wofür ich 49 Euro bezahle, sehe ich die tollste Grafik, die tollsten Autos, tolle Hinter-gründe und und und, während ich im Bereich des E-Learnings, sprich des Lernens, werde ich mit einer Grafik, mit einer Optik konfrontiert, die gefühlsmäßig vielleicht 10 - 15 Jahre hinterher hängt. Das war genau der Punkt zusagen: Nein, den Weg gehe ich nicht. Das woll-te auch hier in dem Fall auch die Automobilindustrie überhaupt nicht. Außerdem haben wir hier mit dem Premiumsegment der Automobilbranche zu tun gehabt und nicht mit dem Vo-lumenmarkt. Dann ist eben genau die Vorgabe seitens des CI, dass man Pure and Clean usw. sich positionieren möchte. Und das wiederum soll sich nicht nur im Wort sondern auch in der Bildsprache wieder zeigen. Und das war, wie gesagt, eben der Grund zu sagen, wir wollen hier eben auch auf der technologischen Seite, in diesem Fall für Audi unheim-lich wichtig, auch mit führend sein. Und dann kam es eben dazu auch eine Entscheidung zu treffen, wie macht man das? Als wir mit diesem Thema begonnen haben, da war es eben so, dass wir dann als Unternehmen irgendwann im klassichen Wettbewerb standen mit typi-schen E-Learning-Agenturen, die mit vertonten PowerPoint-Folien, allerdings toll optisch aufbereitet, aber statisch ankamen. Ein klassisches E-Learning ist von einem WBT her ge-sehen, sequenziell aufgebaut. Hat zur Folge: Der User muss durch sämtliche Stufen durch, um dann vielleicht an einen Punkt zu kommen, wo sein besonderer Fokus ist. Und hier war es eben konzeptionell so angelegt, dass wir als wissenschaftlichen Hintergrund folgendes haben: Und zwar, wir basieren auf den Kompetenzen, wie z.B. Erpenbek und anderen, der sogenannten selbstorganisierten Lernprozesse. Das heißt, der User bestimmt im Wesentli-chen die Inhalte dessen, was für ihn interessant ist. Der User geht also nicht sequenziell, sprich in einer Reihenfolge, durch ein WBT durch und sagt: Kenn ich, kenn ich, kenn ich, kenn ich, muss ich machen, klick, klick, klick. Sondern, versucht hier gezielt Inhalte zu finden, die seinem Wissensbedürfnis entsprechen. Das ist die grundlegende Theorie. Ist auch heute empirisch bewiesen, dass Erwachsene zu 80 - 90% selbstorganisiert lernen. Nicht dieses apalative Lernen: Du musst jetzt! Sondern Lernen nach dem Motto: Was ist für mich wichtig und wie kann ich das, was für mich wichtig ist, dementsprechend auch für mich wiederholen/aneignen.

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Also das heißt, der Individualisierungsgrad bei diesen neuen Lernkonzepten bzw. bei diesen spielerischen Aspekten ist viel höher, als bei klassischem E-Learning? Ja, auf jeden Fall. Haben Sie da auch Messungen oder ähnliches durchgeführt und herausgefunden, dass das hinterher motivationstechnisch besser ankam bzw., dass der Lernerfolg größer war? Das wird jetzt im nächsten Step gemacht. Der Hintergrund war, erstmal ein Modell zu ent-wickeln, was es heißt, eben sich so ein stückweit sich zu verabschieden von dem sequenzi-ellen Lernen, in desorganisierte Lernprozesse. Und jedes mal steht man bei der Produktion vor der Herausforderung: Wie kann man komplexe Inhalte, komplexe Themen möglichst effizient verarbeiten? Was heißt das eigentlich? Das heißt, wir fangen an, indem wir uns dann die Strategie eines Unternehmens anschauen, in dem Fall X. Was bedeutet das? Wie positioniert sich das Unternehmen? Was möchte es überhaupt erreichen? Bis zum Jahr 2020? z.B. die Kommunikation nach außen fördern. Wie begeistere ich Kunden weltweit? Wir brechen das ganze Thema dann soweit herunter und entwickeln dann ein Konzept, in dem wir dann diese einzelnen Teilaspekte beleuchten. Das heiß, wir erstellen eine kom-plette Marketing- oder Weiterbildungkonzeptstrategie, wo wir sagen, wir haben jetzt hier ein Thema und wie können wir dieses Thema dann der Zielgruppe mit dem Hintergrund, was sie brauchen, um überhaupt das Thema zu verstehen, näher zu bringen. Das heißt also der Konzeptions- und Produktionsweg von Gamification ist eigentlich ein ganz anderer, als der, wenn man ein sequenzielles WBT erstellt? Ja, es ist aufwendiger, weil Sie einfach auch in dem Moment noch ganz andere, ich nenne es mal, Fachdisziplinen, mit berücksichtigen. Das heißt, auf der einen Seite, brauche ich erstmal eine Management- und Beratungskompetenz, um zu verstehen: Was will eigentlich mein Auftraggeber von mir? Dann geht es weiter, in einem kreativen Prozess, der aber sehr sehr stark getrieben wird aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive, aus einem Ma-nagementdenken heraus: Wie kann ich jetzt dieses Thema auch entsprechend kommunizie-ren? Was brauche ich dazu? Wie kann ich das Thema emotional aufladen? Und dann kom-men eben genau die Aspekte dazu, die wir heute auch aus einer Managementperspektive sehen: Welche Managemententscheidungen sind zu fällen, um bspw., ich nenne es mal die Lernkurvenüberlebenssicherheit zu erreichen? Und aus dem heraus zusagen: Das brauche ich jetzt, um überhaupt dieses Thema der Zielgruppe ein stückweit zu vermitteln. Zielgrup-pe sind hier, im konkreten Beispiel X, der Handel, der für Audi national und international tätig ist. Und der internen Zielgruppe: All die Personen, die einen Kundenkontakt haben, sprich Verkäufer, Service-Berater, Service-Leiter etc. Derzeit ausgeschlossen sind die, die z.B. direkt am Fahrzeug arbeiten, am Fahrzeug schrauben. Also all die Menschen, die auch einen direkten Kundenkontakt haben. Und wie würden Sie die Zielgruppe allgemein beschreiben, für die sich der Einsatz von Gamification im Lernumfeld eignet? Also die würde ich generell, also das ist abhängig davon, ob Sie jetzt ich sage es mal, einen Handyverkäufer haben, ob sie jemand haben, der vielleicht sogar auch ein Handy zusam-menbauen sollen, einen Computer bedienen - das ist irrelevant. Das heißt es muss auf die entsprechende Zielgruppe zugeschnitten sein. Das heißt also vom Bildungsniveau der Zielgruppe her lassen sich mit spielerischen Ele-menten eigentlich alle Klassen abbilden? Also jeder kann individuell angesprochen wer-den?

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Genau, das ist absolut richtig, was Sie sagen. Wichtig ist nur, dass ich meine Zielgruppe genau kenne und ich muss demzufolge auch sagen: Ok, auf welcher intelektuellen Ebene hole ich meine Zielgruppe ab? Das heißt ja nicht, dass z.B. eine Bäckereifachverkäuferin blöd ist und nur Semmel verkaufen kann, aber ich sie vielleicht in der Breite der Masse anders abholen, als beispielsweise den Geschäftsführer eines Autohauses. Also das heißt, wenn man ein gamifiziertes E-Learning entwickelt, das sehr vielen Ziel-gruppen zugänglich sein soll, dann muss von der Konzeption des Lernwegs her noch viel mehr Aufwand reingesteckt werden, um es individuell zuschneiden zu können, sodass sich jede Zielgruppe angesprochen fühlt. Ja, das wird man nicht anders lösen können. Also ich brauche schon immer eine Zielgruppe. Das ist im Wesentlichen der Unterschied zu einem Game. Da geht es ja auch um etwas an-deres. Wir haben ja hier, sobald wir im Bereich des Corporate Learning oder des Corporate Gaming haben wir immer noch, dass wir ein stückweit eine Botschaft transportieren, die wiederum immer kontextabhängig ist. Kontextabhängig in sofern, dass das Unternehmen sagt: Mensch, das ist für uns jetzt wichtig, das möchten wir gerne rüberbringen, respektive, das möchten wir gerne trainieren. Sprich, Unternehmenswerte müssen immer mit einfließen und der Zielgruppe zugänglich gemacht werden? Auch über diese spielerischen Aspekte? Einmal das und dann aber heruntergebrochen auf die entsprechende Ebene eines Unterneh-mens. Also die Werte, die Sie ansprechen, die sind verankert in der sogenannten normativen Ebene eines Unternehmens, aber dann breche ich das Ganze herunter auf die strategische- bzw. auf die operative Ebene. Dann habe ich noch eine Frage zu den Anwendungsbereichen. Was denken Sie denn, wel-che Themen lassen gut über Gamification vermitteln? Lassen sich alle Themen über Gami-fication-Aspekte vermitteln, oder gibt es vielleicht Inhalte, die sich eher nicht über diese Lernform vermitteln lassen? Generell bin ich der Meinung, dass sich alle Themen darüber adressieren. Die Frage ist na-türlich, wie stark setze ich diese Elemente in den einzelnen Themengebieten ein? Sie kön-nen genauso gut sagen, ich versuche darüber z.B. die Compliance-Regelung eines Unter-nehmens zu adressieren. Compliance ist heute ein ganz heikles Thema. Ein super wichtiges Thema für international agierende Unternehmen, gerade dann, wenn sie an den ver-schiedensten Börsenplätzen dieser Welt gelistet sind. Das heißt, Compliance: super wichtig. Und Compliance hat auch wiederum, und vielleicht kann man das an diesem Beispiel ganz gut festmachen, auch wiederum natürlich ganz ganz unterschiedliche Zielgruppen. Ich hab den Mitarbeiter, mit dem geringsten Verantwortungsbereich bis zum Mitarbeiter mit dem höchsten Verantwortungsbereich. Jeder einzelne fällt letztlich unter die Compliance-Regelung eines Unternehmens. Aber dieses Thema Compliance ist natürlich etwas, was, wenn Sie die Mitarbeiter fragen von der Top-Ebene heruntergebrochen bis zur untersten operativen Ebene hat keiner so richtig Bock drauf. Hier kann man natürlich mit einem spie-lerischen Ansatz sehr gut heran gehen, um die Inhalte so zu vermitteln, dass sie hängen bleiben. Also ich kann einen Multiple-Choice-Fragebogen machen, ich kann aber auch den Multiple-Choice-Fragebogen vielleicht so gestatten, dass ich ein Feedback bekomme, dass ich ein paar andere spielerische Elemente darin habe, dass ich irgendwelche Bonuspunkte sammeln kann, also ich kann unterschiedliche Dinge einfach machen. Ich kann aber auch sogar sagen: Ich habe zwischendurch ein paar Tests, die auch entsprechend von den Bildern her optisch aufgelockert sind. Ich kann versuchen etwas zu entdecken oder sonst etwas. Also der Fantasie ist da überhaupt keine Grenzen gesetzt. Der Punkt ist einfach nur, dieses sehr sehr trockene, aber für die Unternehmen sehr sehr wichtiges Thema, so emotional auf-

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zuladen, dass es hängen bleibt. Weil, worum geht es im Grunde genommen? Warum nutzen Unternehmen das überhaupt spielerische Ansätze? Es geht erst mal um eins: Es geht um Motivation. Wenn möglich auch um intrinsische Motivation. Es geht um Engagement und es geht darum auch, das das Ganze vielleicht mit einer Geschichte zu verbinden, um über diese Verbindung in eine Geschichte, die vielleicht ein Erlebnisweg oder sonst etwas, das ganze Thema emotional aufzuladen. Also das heißt, ich versuche Menschen nicht nur auf der Ratio-Ebene zu erreichen, sondern auf der emotionalen. Geschichten, Erlebniswelt, Sto-rytelling, also: Teaching - Storytelling - Games - das ist für uns das Thema, wo wir sagen, das ist für uns ganz ganz wichtig. Und sämtliche wissenschaftliche Studien oder empirische Studien zu diesem Thema, und da darf man nicht nur sich fokussieren auf das Thema E-Learning, sondern generell: Wie kann ich Menschen motivieren? Wie kann ich Menschen begeistern? Wie schaffe ich ein Feld, indem ich Motivation auch ein stückweit erlebbar gestalten kann? Sie haben jetzt von den Perspektiven bzw. von den Vorteilen von Gamification gesprochen. Es gibt sicherlich auch Herausforderungen des spielerischen Lernens. Wie ist denn die Ak-zeptanz von Unternehmen derzeit zu beurteilen? Glücklicherweise müssen wir noch nicht großartig in die Akquisition gehen. Wir haben aber auch schon das eine oder andere Gespräch geführt und es gibt durchaus auch namhafte gro-ße Player, die sagen: Also das mit dem Spielen - das ist ja nichts. Und das ist immer ganz ganz extrem personenabhängig. Es geht immer um die Entscheider. Das heißt, treffen wir auf einen Entscheider, der z.B. zu meiner Generation gehört, also ich bin Ende 40, und in dem Bereich noch nicht so viele Berührungspunkte hat, dann wird es schwierig. Weil ein-fach der Nimbus des Spielens sich in der Arbeitswelt noch nicht so den Stellenwert geschaf-fen hat, da es im Grunde genommen ja gar nicht ums spielen geht, sondern es geht ja um die freiwillige Handlung. Hat das auch etwas damit zu tun, dass es immer noch die weitverbreitete Meinung gibt, dass Arbeit und Spaß bzw. das Lernen und Spiel nicht zusammen gehört. Lernen muss weh tun, Arbeiten muss weh tun, darf keinen Spaß machen? Ja, diese Meinung findet man zum Glück nicht mehr in Gänze, aber die ist nach wie vor präsent. Sie ist nach wie vor da. Ich erlebe das auch. Und ich muss auch dazusagen, dass es selbst bei einem sehr offenen Unternehmen, wie bspw. die Audi AG, nicht in allen Berei-chen Offenheit diesem Thema gegenüber herrscht. Also ich bin auch konfrontiert worden bei den ersten Präsentationen mit der Fachabteilung, die gesagt hat: Ok, das wollen wir ger-ne machen. Als wir dann aber auch andere Bereich eingeladen haben bei diesem Thema mitzudiskutieren, oft die Meinung: Hey, wir sind hier nicht zum Spielen da, sondern zum Arbeiten. Also wie gesagt, das gibt es nach wie vor. Und es wäre fatal, diese Meinung zu ignorieren nach dem Motto: Ist doch jedem klar, man wird immer mit offenen Arbeiten empfangen. Das ist aber nicht so. Das bedeutet hier in diesem Bereich ist immer noch ein ganz großes Stück Aufklärungsarbeit notwendig, weil Games natürlich auch heute extrem stark assoziiert werden mit Egoshooter, mit suchtabhängigen Kindern, die Cola und Chips zu sich nehmen, mit weißer Hautfarbe vorm Rechner sitzen und nicht nach draußen gehen. Es gibt sicherlich so ein paar Nerds. Aber auch hier der Punkt, dass es nicht immer gut ist, alles zu verallgemeinern. Das sind nicht alles durchgeknallte Spinner - ganz und gar nicht. Es gibt sie, klar, aber es gibt natürlich auch unter denen, auch die, die der Normalität heute durchaus nahe kommt. Wie ist denn Akzeptanz von den Lernern zu beurteilen? Die Lernenden nehmen es in der Regel sehr positiv auf. Aber da kommt es auch ganz ganz stark darauf an, in welchem Kontext das ganze vermittelt wurde. Die gängige Meinung ist

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natürlich, wenn Sie heute im Unternehmensumfeld Zielgruppen befragen: Was wünscht ihr euch für Trainingsformen? Wird ein ganz ganz großer Teil natürlich sagen: Das klassische Präsenztraining. Wegen dem persönlichen Kontakt. Das wird auch niemals in irgendeiner Art und Weise eine virtuelles Lernens schaffen. Das heißt, die sozialen Kontakte, das Reden miteinander, diese Gruppendynamik, das Feedback in der Gruppe und und und. Dazu kom-men natürlich auch Aspekte wie: Ok, jetzt bin ich mal für 2 Tage aus meinem Unternehmen weg. Bin beispielsweise in einem Hotel, sehe mal was anderes und und und. Das werden Sie nie schaffen, auch nur ansatzweise mit dem in Wettbewerb zu gehen. Es wird immer einen gewissen Blended Learning Ansatz geben. Das heißt, ich habe eine Vorbereitung. Ich habe eine Nachbereitung und, was ein wichtiger Punkt ist: Auch aufgrund der höheren An-forderung der Industrie, das immer mehr Wissen zu vermitteln ist, werden Sie es nicht schaffen, alle Inhalte in ein Präsenztraining hineinzubringen. Das würde ja im Endeffekt bedeuten, dass die Mitarbeiter in einem Unternehmen ständig auf irgendwelchen Trainings sind. Das heißt, zu versuchen, ganz klar zu sagen: Ja, lieber Mitarbeiter hey, super wichtig, du machst bei uns Ausbildung, du machst bei uns Trainings. Ja, aber die Masse der Inhalte dann zu versuchen auch über den Blenden Learning-Ansatz, das heißt über virtuelles oder Distanzlernen eben zu vermitteln. Zu dem kommt noch ein Aspekt, der auch aus meiner Sicht extrem wichtig ist: Das sogenannte Mobile Lernen. Das heißt die Zielplattform, für die wir heute das ganze konzipieren, sind eben mobile Anwendung, sprich Mobile Devices, iPads und dergleichen. Das heißt also spielerisches Lernen auf mobilen Plattformen sehen Sie auch als Trend? Ja. Weil, das wäre nämlich jetzt mein letzter Themenblock gewesen: Welche Entwicklungen sind hinsichtlich Gamification im E-Learning zukünftig zu erwarten? Also mobiles Lernen ist ein ganz wichtiger Punkt. Einfach aufgrund der Tatsache, dass wir heute in einer Gesellschaft leben, die sich sukzessive entwickelt zu einer Wissensgesell-schaft und da kommt natürlich dem Faktor der Mobilität eine ganz besondere Bedeutung zu. Das heißt, die Mobilität ist omnipräsent, die ist ständig da. Wir brauchen sie auch, weil, auch wenn das vielleicht der andere nicht so gerne hört, wir natürlich immer mehr zu einer sehr sehr starken Verschmelzung zwischen Arbeitswelt und der Privatwelt kommen. Insbe-sondere aus einer Perspektive der Wissensgesellschaft heraus. Okay, ich bin dann soweit mit meinem Interview durch. Haben Sie denn den Eindruck, dass ich Punkte, die aus Ihrer Sicht für die Untersuchung relevant sind, vergessen habe? Möch-ten Sie noch etwas ergänzen? Wichtig scheint mir einfach nur heute: Die Technologie ist heute vorhanden. Um sie richtig gut einzusetzen, bedarf es eines nicht zu unterschätzenden Budgets. Dabei ist die interdis-zipliänre Zusammenarbeit ein ganz wichtiges Thema. Wir haben auf der einen Seite das benötigte Betriebswirtschaftliche Denken, diese Managementkompetenz. Dann kommt da-zu, um Storytelling zu machen, brauch man etwas ganz anderes. Da braucht man das, was die Filmbranche hat, d.h. ich brauche Regiekompetenz, Drehbuchkompetenz, Dramaturgie-kompetenz. Deshalb arbeiten bei uns im Team, Regisseure und Drehbuchautoren, die kom-men aus dem Filmbusiness. Und dann das Thema Gamedesign. Das heißt man braucht ein Game Designer, der sich nur um die Spielmechaniken kümmert, die Abläufe, das Design. Dann natürlich die Spezialisten, die aus der Gameprogrammierung kommen. Das heißt, auf der einsen Seite die, die es schaffen tolle visuelle Hintergrunde zu erstellen, also wirklich das ganze von der optischen Seite darzustellen. Darüber hinaus eben das auch, dass man heute in der typischen Hollywood-Produktion hat - das Thema Motion Capture, das heißt also die Bewegungen, die menschlichen Bewegungen auf die künstlichen Charaktere zu

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übertragen. Und insofern sehen Sie, da kommt plötzlich eine Vielzahl von hochkarätigen Spezialisten dazu, die an einem solchen Projekt arbeiten unter der Voraussetzung, dass der visuelle Anspruch sehr sehr hoch ist und natürlich auch parallel dazu der didaktische und der Storytelling-Anspruch. Also hier arbeiten plötzlich Fachgruppen zusammen, die vorher so in der Form in anderen Projekten nie zusammen gearbeitet hätten.

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3.9 Transkript EB08

Ich würde Sie bitten zum Anfang einmal kurz zu schildern, was Ihre Aufgabe beim B08 ist? B08 besteht aus 7 Mitarbeitern. Wir machen alle Medien- und Bildungsforschung und zwar jeweils im Auftrag. Wir sind also kein Institut an der Uni, sondern leben davon, dass wir für Ministerien oder Auftraggeber aus der Privatwirtschaft empirische Studien machen zu Themen, die mit Medien und Bildung zu tun haben. Deswegen viel digitalen Medien. Mei-ne Aufgabe Abteilungsleiter der Bildungsforschung und ich leite eine ganze Reihe von Stu-dien, die hier durchgeführt werden als Projekt. Was reizt Sie denn an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning? Und wel-che Vorteile sehen Sie darin? Also grundsätzlich kümmern wir uns erstmal um alle Lernformen gleichermaßen. Die sind alle gleich wichtig und wir wollen halt ausloten, was davon tragfähig ist oder was sich für welche didaktischen Konzepte eignet und dadurch, dass sich das auch über unserer Learn-ing Delphi-Studie als Trend erwiesen hat, sind wir dem natürlich weiter nachgegangen. Wir haben da jetzt kein leidenschaftliches Interesse dran, sondern wir schauen uns das einfach aus der Distanz mit wissenschaftlichen Blick an, sehen aber verschiedene Vorteile. Nämlich einmal die Möglichkeit eines emotionalisierten Lernens, d.h. Sie sind in der Lage, Leute dadurch labialisieren, um das mit Erpenbeck zu sagen. Und dadurch, dass Leute einfach ein höheres emotionales Involvement haben, lernen sie besser und Sie kriegen ein Motivations-bogen hinein, wenn Sie Trial-basierte Konzepte haben und haben die Möglichkeit, Leute dadurch besser zum Lernen zu motivieren. Und wir haben bei bestimmten Spielen auch die Möglichkeit, Leute zusammen zu bringen zum Spielen. Also auch eine Einladung zum kol-laborativen Arbeiten, was bei manchen anderen Tools nicht gut funktioniert. Sagen wir mal beim Community-basierten Lernen zum Beispiel. Okay, d.h., dass die Lerner sich in dem Fall auch immer wieder vergleichen können? Also, das man sozusagen Highscores entwickelt und sich dann einschätzen kann. Wo stehe ich? Ist sicherlich eine Möglichkeit. Wobei es gar nicht mal unbedingt der Vergleich sein muss, sondern einfach nur erstmal das Streben nach höheren Levels. Also wenn ich jetzt an den virtuellen Supermarkt denke beispielsweise - das Sie da die Möglichkeit haben als kleiner Azubi einzusteigen und irgendwann der Filialleiter zu sein ist natürlich eine tolle Sache. Wenn Sie es geschafft als Filialleiter ist es eigentlich gar nicht so wichtig zu wissen, wie viele das noch geschafft haben, sondern Sie selbst haben das geschafft und das ist das wich-tige. Aber klar - das kann den Reiz natürlich noch erhöhen, wenn die Funktion auch ange-boten wird. Zum Themenblock Zielgruppen und Anwendungsbereiche: Welche Unternehmen bzw. wel-che Branchen nutzen denn Gamificationin ihren E-Learning-Maßnahmen? Wir haben uns in einem Trendmonitor, ich glaube es war 2011 oder 2012, da haben wir uns dazu mal ein bisschen ausführlicher ausgelassen. Ich würde Sie bitten, den einmal herunter-zuladen. So ganz kurz kann ich erstmal sagen: Bei den Zielgruppen sollte man jetzt nicht darauf schielen, dass das nur eine tolle Sache für Azubis, also junge Leute, ist, sondern die Bandbreite von Mitarbeitern ist da schon größer. Ich denke mal die allerältesten Mitarbeiter zwischen 55 und 65 kriegt man damit wahrscheinlich nicht ganz so, aber alle anderen ken-nen das Spielen mit digitalen Medien und von daher ist es da eigentlich für vielfältige Ziel-gruppen geeignet. Bei den jüngeren kommt sogar das Problem hinzu, dass sie sehr hohe Ansprüche an Spielaufbau und Spielanmutung haben, während ältere mit weniger zufrieden sind. Und es geht ja in erster Linie ums Lernen und nicht um die Anmutungsqualität eines

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Spiels. Also von daher würde ich sagen, geht es quer durch alle Zielgruppen auch bis hin zu Managern beispielsweise. Und wenn wir den Simulationsbereich nehmen kann ich mir Ar-beiter in Werkshallen genauso gut vorstellen wie Ingenieure beispielsweise. Das heißt vom Bildungsniveau her, kann man damit alle Zielgruppen abgreifen und auf alle eingehen, weil es eine sehr individuelle Lernform ist? Das würde ich sagen. Natürlich muss das Spiel dementsprechend angepasst sein. Also man kann nicht das gleiche Spiel dem Top-Manager geben, wie dem Vorarbeiter. Die brauchen eigene Spiele und die können ihre eigene Komplexität haben. Aber man muss das natürlich auch nach Zielgruppen differenzieren. Und von den Branchen her. Ja, das sind Branchen, die über größere Marketingetats verfügen, die diese Dinge eingeführt haben. Oder Branchen mit sehr starken Branchenverbänden. Aber an sich geht es quer durch. Also wenn ich an Handwerk denke - da ist natürlich eine ganze Menge passiert in letzter Zeit. Dann im Be-reich Metallverarbeitung gibt es einiges. Und es gibt natürlich auch vor allen Dingen große Firmen, die so etwas einsetzen. Firmen mit sehr vielen verschiedenen Niederlassungen. Ich denke jetzt. z.B. an Lufthansa beispielsweise, die so etwas zum Thema Industriespionage z.B. erstellt haben und, wo es natürlich um viele Standorte geht und man so die Möglichkeit hat, auch Leute über einen Zeitraum hinweg zu schulen, ohne, dass sie jetzt in bestimmte Präsenzschulungen mussten. Aber ich würde jetzt erstmal grundsätzlich keine Branche aus-klammern. Nur, dass natürlich KMU nicht in der Lage sind für sie einzelne Spiele zu entwi-ckeln. Wenn man jetzt z.B. an eine Bäckerei denkt oder auch größere KMU mit kleinen Dienstleistungsbetrieben - 20 Leute. Es geht ab einer gewissen Größe und ab einem gewis-sen Etat. Wenn Sie vom Etat sprechen: Kann man grundsätzlich sagen, dass die Entwicklung eines spielerischen E-Learning teurer als die Entwicklung eines klassischen E-Learning ist? Würde ich generell erstmal so sagen, ja. Wenn wir davon ausgehen, es gibt ein klassisches WBT - und viele Web Based Trainings sind im Grunde nur umgeformte Powerpoint-Präsentationen. Das ist natürlich von der Content-Erstellung nicht besonders aufwendig. Sicherlich auch nicht besonders motivierend. In dem Augenblick, wo Sie eine Spieldrama-turgie einführen, vor allen Dingen Spiele, die ja im Grunde eine Variationsbreite haben, dadurch, dass sie nun verschiedene Optionen haben und verschiedene Lösungswege wird das ganze teurer. Es kommt auf jeden Fall immer auch noch eine bildliche Anmutung hinzu. Es gibt aber mittlerweile auch Spielegeneratoren, die mit relativ einfachen Mitteln dann doch auch so etwas wie Game-basiertes Lernen ermöglichen. Da haben Sie Figuren, die Sie bewegen können, Figuren, die bestimmte Dialoge sprechen. Das ist dann nicht so teuer. Und wenn Sie in den Bereich gehen der 3D-Umgebungen. Also das, was früher mal Second Life hieß und was heute auch spielerisch genutzt wird, um Kommunikationstrainings bei-spielsweise zu machen, dann kann man das relativ einfach aufbauen, wenn man einmal die Engine dafür hat, so etwas zu bauen. Und die kann man mieten beispielsweise als Plattform. Also es gibt erste vorsichtige günstige Lösungen. Aber in dem Augenblick, wo Sie ein Spiel entwickeln, das so in sich eine geschlossene Lösung darstellt, wird es schon bedeutend teu-rer. Das spricht natürlich auch für Branchenlösungen, also das Verbände so etwas bei-spielsweise erstellen für ihre Mitgliedsunternehmen. Was würden Sie denn sagen: Welche Themen lassen sich gut über Gamification vermitteln und welche Inhalte vielleicht gar nicht. Welche sollte man eher vermeiden? Also beim klassischen WBT oder beim Blended Learning sind es ja oft Sachthemen, die vermittelt werden. Neue Steuergesetzgebungen beispielsweise, Faktenwissen. Während die Games natürlich eher die Möglichkeit haben auch Kompetenzen zu vermitteln. Also gerade da sehe ich Möglichkeiten, wenn es darum geht Führungskompetenzen zu entwickeln, Pro-

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jektmanagement, Kommunikationskompetenz, auch Medienkompetenz beispielsweise, So-zialkompetenz. Das sind sicherlich Dinge, die man darüber spielerisch transportieren kann. Also gerade, um Kompetenzen zu vermitteln ist ja ein emotionales Involvement sehr not-wendig und das kann man mit dem Spielen. Und deswegen sehe ich da ein Anwendungsge-biet, dass Sie bei den Web Based Trainings nicht haben. Außerdem kommt diese Trial and Error-Funktion hinzu. Also zu wissen: man kann Dinge ausprobieren und weiß, ob sie funk-tionieren oder nicht. Das kann man bei einem WBT nicht, wo man beispielsweise z.B. den Bremsweg eines Supertankers lernt. Und das Lernen ist dann sicherlich ein anderes, wenn Sie eine Simulation haben und den Supertanker selber steuern und im Zweifelsfall auch sehen, ob Sie ihn doch noch vor die Kaimauer setzen, wenn Sie vor dem Hafen bremsen. Der Vorteil ist halt, man kann wieder bei null anfangen und der Supertanker funktioniert wieder, ohne dass irgendetwas schief geht. So etwas kann ein WBT nicht unbedingt vermit-teln. Gut, dann kommen wir von den Anwendungsbereichen zu den von Gamification. Wie kön-nen spielerische Aspekte den Lernprozess denn unterstützen? Sie hatten vorhin schon von einem emotionalen Involvement gesprochen. Was sind die Gründe für den Einsatz von Gamification im E-Learning? Ja, also erstmal die Vertiefung und das Selbstausprobieren-Können, ohne, dass man in ir-gendeiner Weise zensiert wird oder, dass das Fehler irgendwie geahndet werden. Das halte ich erstmal für einen großen Vorteil. Hilft zum Beispiel Leuten, die Probleme haben beim Lernen. Vor allen Dingen dann, wenn sie das Gefühl haben, sie werden dabei irgendwie beobachtet oder sie stehen dabei im Licht der Öffentlichkeit, die sich also auch nicht trauen z.B. eine Frage im Klassenraum oder im Präsenzraum zu stellen - das spielt sicherlich eine Rolle. Ansonsten würde ich aber auch sagen, dass die Spiele immer nur ergänzend funktio-nieren. Also ich kann mir nicht vorstellen, dass man nur über ein Spiel bestimmte Dinge vermittelt. Das muss in ein größeres didaktisches Konzept eingebunden sein. Also man muss natürlich auch das Vertrauen zu einem Trainer oder Lehrer haben, man muss auch Präsenzlektionen machen, man muss auch WBTs machen und Spiele sind eine wunderbare Ergänzung dabei. Das heißt, spielerisches Lernen sollte möglichst auch in ein Blended Learning Konzept mit eingearbeitet werden? Würde ich sagen, ja. Für bestimmte Zielgruppen, die selbstständiges Lernen gewöhnt sind, kann ich mir das auch vorstellen im Zusammenhang mit einem reinen Web Based Training, rein Online-basiert. Oder vielleicht auch mit einer Social Media Form. Also dass Leute meinetwegen mit Experten diskutieren über ein Forum. Dass da aber auch irgendwo mal ein Spiel auftaucht, kann ich mir vorstellen. Und das man sich vielleicht darüber auch aus-tauscht - über die Erfahrungen die man bei dem Spiel hatte aber das müssen dann schon sehr disziplinierter Lerner sein, die überhaupt Lust haben, sich an Diskussionen in Foren zu beteiligen. Und das ist eher die Minderheit und eher die Akademiker, kann man sagen. Also die Leute, die in ihrem Lernprozess das Selbstlernen gelernt haben. Es gibt mit Sicherheit noch eine Menge, die das auch können, aufgrund ihrer Erfahrung, aber Selbstlernen ist ja eigentlich ein Teil der Hochschullehre. Und da hat man immer die Möglichkeit es auch auf andere Weise einzubinden. SAP oder HP - einer von beiden - die haben mal so ein Ma-nagement-Spiel gemacht, wo es darum ging, irgendwie die strategischen Ziele zu vermitteln und haben das mit so einer Golfplatz-Situation verbunden, wo es nun darum ging, mit der Maus Bälle einzulochen und je nach dem, wenn man dann geschafft hat, kam dann irgend-welche Management-Ziele hoch. Vielleicht didaktisch nicht unbedingt die beste Lösung, aber da hat man versucht so sehr trockene Inhalte mit einer Situation, die den Managern durchaus vertrau ist, im Spiel zu verbinden. Also sowas geht dann. Dass sie es von sich aus machen und das es dann eben kein Präsenzunterricht dazu gibt.

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Wie ist denn die Akzeptanz von Unternehmen zu beurteilen derzeit? Also es gibt viele Entscheider, die das Ganze für Operettenkram halten und sagen: Das kann man machen, vielleicht auch wenn man zu viel Geld hat aber muss nicht. Und es gibt ande-re, die das schon forcieren, auch als Motivationselement, die also einfach mal die Erfahrung machen, dass sie ihre Mitarbeiter nicht erreichen, dass sie sie für bestimmte Dinge nicht sensibilisieren können und das sie dann sagen: Ja, jetzt bitteschön brauchen wir doch ein Spiel. Aber da muss es anscheinend auch eher negative Erfahrungen in anderen Bereichen geben. Oder es gibt diese Idee, und damit springen die Unternehmen oft zu kurz, dass sie sagen: Ja, für die Älteren machen wir es als WBT und die Azubis brauchen ein Spiel. Weil die Azubis ja jung sind und den ganzen Tag spielen. Und das ist etwas, was ich für nicht besonders gut halte, vor allen Dingen, weil die Jugendlichen oft auch so die Absicht dahin-ter kennen und das Spiel eher ablehnen. Da sehe ich also eher eine Gefahr drin. Das ist so ähnlich, wie, wenn man so Promovideos der Firma macht und die bestehenden Azubis dann rappen lässt. Und man hat das Gefühl, die haben noch nie in ihrem Leben einen Rap gehört. Also das wirkt dann einfach nicht authentisch, dieses Spiel. Das ist immer eine gewisse Gefahr, die ich dabei sehe. Also es gibt genügend, wo das gut funktioniert, wo es auch gut gemacht worden ist, aber das kann man dann so von Fall zu Fall entscheiden. Wir hatten ja gerade über die Akzeptanz von Unternehmen gesprochen. Wie ist denn die Akzeptanz von Lernern zu beurteilen. Ich muss gestehen, darüber weiß ich wenig. Wir haben leider noch nie eine Studie gemacht, die jetzt so weit ging, dass wir die Lerner selbst gefragt haben. Ich glaube, dass das sehr heterogen ist. Also es gibt wirklich die Mitarbeiter, die vielleicht älter sind. Die sagen: Spielkram - das brauche ich nicht. Ich bin Ingenieur und ich brauche meine Schaltplan oder was auch immer. Es gibt jüngere die sagen: Es ist mir nicht authentisch genug und: Das kaufe ich euch nicht ab und machen es dann nicht, weil sie andere Spiele viel interessanter und spannender finden. Also Entertainment-Games. Und es gibt wieder andere die sagen: Mensch, das ist eine tolle Sache, das die Firma uns so etwas anbietet. Aber ich könnte das jetzt nicht qualitativ benennenden. Da ist schwierig. Dann habe ich noch eine letzte Frage: Was glauben Sie denn, welche Entwicklungen sind hinsichtlich Gamification im E-Learning zukünftig zu erwarten? Also ich denke einmal, dass das was wir jetzt haben wird mehr. Aber nicht exponentiell, sondern es werden immer wieder mal Spiele dazukommen. Aber nicht, dass jeder irgend-wann mal sein eigenes Spiel macht. Aber es wird vielleicht gesellschaftsfähiger. Nur ich denke, es werden nicht unbedingt so viel mehr Anwendungen. Also die Zahl der WBTs und Blended Learnings wird auf jeden Fall mehr steigen als die Zahl der Spiele. Ich könnte mir aber vorstellen, das einmal mehr Simulationen in 3D-Umgebungen dazukommen, was also jetzt im weitesten Sinne Spielbasiert ist, weil man da in einer künstlichen Umgebung lernt. Und ich könnte mir vorstellen, das mehr in Richtung Augmented Reality passieren wird, was ja auch einen gewissen spielerischen Charakter hat. Also im Sinne von, dass man ein Real-Bild hat und Computerelemente eingeblendet werden und das im spielerischen Sinne. Möglicherweise auch mit 3D-Brillen. Aber das sehe ich im Moment noch überhaupt nicht. Weil die Brillen nicht gut sind, sondern mit Tablets. Im Moment mit Tablets, in 10 Jahren vielleicht mit Brillen. Vielleicht noch ein Stichwort und zwar: Educaching. Noch eine spie-lerische Form, wo die Leute mehr ins Gelände gehen und ähnlich wie beim Geocaching im Prinzip auf Schatzsuche gehen und dabei lernen. Und auch das ist ja eine spielerische Form. Das ist eine ganz interessante Form, die unter anderen vom DGB-Bildungswerk gepflegt in der politischen Bildung. Es gibt ne Überschrift z.B.: Educaching - Abenteuer und Lernen

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verknüpfen funktioniert. Ich denke, dass Leute raus gehen und dabei Lernen ist auch eine Form von Game Based Learning, Serious Games.

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3.10 Transkript EB09

Könnten Sie zum Einstieg kurz schildern, was ihre Aufgabe bei B09 ist und wie ihr berufli-cher Hintergrund aussieht? Ja, also ich habe 11 Jahre Spiele entwickelt. Ich komme aus der Spieleindustrie. Habe dann vor ungefähr 4 Jahren die Seiten gewechselt in die Wirtschaftsförderung und da immer auch mit dem Fokus auf die Spieleindustrie auch weiterhin und leite jetzt das Projekt bei B09, das heißt von allem was das so zu tun ist und berate da Unternehmen, das können Mittel-ständler sein, das sind häufig auch Konzerne. Manchmal sind die weiter als die Mittelständ-ler. Wie sie eben das Knowhow von Spieleentwicklern im klassischen Business nutzen können, d.h. in dem Fall geht es nicht um Entertainment Gamer sondern eher so in die Rich-tung Automatisierung von Produktionsanlagen. So diese Geschichten. Thema Mitarbeiter-schulung oder eben das Thema Visualisierung z.B. von erklärungsbedürftigen Produkten oder Technologien. Da haben Entwickler aus der Spieleindustrie bestimmte Kernpunkte testen und da ich eben selbst aus dem Bereich komme, berate ich die Unternehmen was kann das leisten? Was können Spieleentwickler, was können sie nicht. Und die Anwendun-gen, was kann man damit erreichen. Welche Ziele und wo sind Grenzen, und Hilfe dann eben. Und dann auch einen entsprechenden Entwickler zu finden der die entsprechenden Fachkompetenzen hat. Das ist ja schon ein ziemlich großes Spektrum wenn man sich das mal anguckt. Dann kann natürlich nicht jeder Entwickler alles. Das wär ein bisschen eigen-artig. Da schaut man dann, was möchte der Kunde und empfiehlt ihm dann eben ein oder mehrere, je nachdem wie er das dann eben gerne möchten. Es kommt es eben so ein biss-chen darauf an, wie weit meine Arbeit geht. Manchmal ist es so, dass ich nur noch so bei den ersten ein - zwei Meeting dabei bin. So dieses dafür sorgen, dass die einen vernünftigen Start haben. Sich auch verstehen. Es ist so, dass ich mich dann zurückziehe und die dann eben so ein Projekt umsetzen oder das gibt es auch, dass ich eben auch das Projekt weiter-hin begleite und dann entsprechend dabei bin, mir das angucke, den Kunden berate. Es gibt auch manche Unternehmen die arbeiten mit Entwicklern zusammen von außerhalb. Die wollen dann eben das man so ein Projekt dann auch begleitet und immer mal neutral, das ist ja das was denen am wichtigsten ist, ich bin ja kein Vertriebler, ich verkaufe nix, ich gehe eben hin und sage den Kunden wie es ist. Unter Umständen auch, ist auch schon passiert, das was sie sich da vorgestellt haben, kann man so nicht machen. Und sparen sie sich das Geld. Natürlich kann ich einen Entwickler besorgen aber das Ziel das sie sich vorgestellt haben erreichen sie nicht. Spenden sie das Geld oder machen sie eine Firmenparty. Aber machen sie nicht sowas. Es gibt auch Vertriebler die das machen. Es ist ja nicht jeder der auf Biegen und Brechen verkaufen will. Aber ich meine, das wissen wir ja alle, es gibt sol-che und solche. Aber eine ehrlich Beratung - das ist das was ich mache und dann gehört natürlich, das ist ja ein Förderprojekt von der EU und vom Land NRW gefördert, d.h. was ich jetzt mache und das wird jetzt vermehrt in Zukunft immer mehr kommen, ist Öffent-lichkeitsarbeit , also Presse und so was, gehe auch zu Konferenzen und sowas, aber es geht eben auch darum das man das Thema überhaupt erstmal bekannt macht, weil tatsächlich viele Unternehmer, da kann man nicht mal sagen das die da kein Interesse haben, man kann das überhaupt nicht. Und so dementsprechend dass man dann einfach mehr zwischen IT-Mittelstand ist ein Magazin, Artikel veröffentlich zu diesem Thema mit den Siebmaschinen, Siebdruckmaschinenherstellern. Ja was macht man da, was kann man da machen und das man das mehr zu den Unternehmen bringt. In den Medien die sie lesen, auf den Konferen-zen auf denen sie sind damit sie überhaupt erstmal Berührungspunkte haben. Wir haben da noch Visionsgedanken. Aber es geht schon darum das Thema als solches prominenter zur machen. Das sie eben auch Zukunft. Na so ein Projekt ist ja auch zeitlich begrenzt. Das in Zukunft eben die Entwickler entsprechend einfacher haben. Das ist etwas, was ich in Zu-kunft auch noch etwas ausweiten möchte, das eben die die das beruflich machen, in die Firmen gehen und die beraten, und dafür Geld nehmen, also irgendwann gibt es das Projekt nicht mehr , das die das auch mal machen. Weil im Moment ist das so dass das bei denen

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überhaupt gar kein Thema ist. Also die haben das auch überhaupt nicht auf dem Schirm. Und das wär natürlich schon schön, wenn das Projekt nicht mehr gibt, wenn es da eben sowohl die Entwickler natürlich ein bisschen besser dabei sind aber eben auch Consultans die eben von so großen Konzernen auch gebucht werden, dieses Thema einfach präsent haben. Das heißt Ihre Beratungsleistung hat auch am Anfang immer sehr viel mit Sensibilisierung für das Thema erstmal zu tun. Man kann nicht direkt einsteigen sondern muss überhaupt erstmal verdeutlichen was ist das überhaupt, was kann man damit machen. Genau. Letztendlich ist es so dass ich am Anfang starke Visionsgedanken gehabt habe. Ich glaube das ist eher was sich über die Jahre ergibt. Ich gehe jetzt auf Konferenzen usw. Die Leute mit denen ich spreche haben schon eine gewisse Offenheit. Sonst würde man ja nicht in Kontakt kommen. Es gibt natürlich auch die sind kategorisch dagegen. Da hat man natür-lich auch nicht die Kapazitäten. Hier sitzen ja nicht 10 Leute oder so was. Sondern man geht zu Unternehmen die das irgendwie schon auf dem Schirm haben aber eine Unsicher-heit haben, also die können das einfach nicht beurteilen. Die haben das Knowhow nicht und denken sich verflucht der will mir nur was verkaufen und ist total unsicher. Und damit fül-len wir so eine Lücke, in dem wir eben neutral sind und dann eben sagen das und das kann man machen. Natürlich ich habe eben auch 11 Jahre Software selber entwickelt, d.h. ich habe eben auch das entsprechende technische Knowhow und kann die Unternehmen ganz anders beraten. Wenn da ein Team ist, natürlich auch anders blöde Fragen stellen als wenn das jetzt jemand anders könnte. Na weil man aus der Branche kommt. Das ist schon ein bisschen was anderes und ich glaub das ist das was die Kunden ganz gut finden, das sie sehen, ah ha, ich sag mal ich arbeite für die Wirtschaftsförderung, ich glaub was man denen da so unterstellt sind einmal das die natürlich seriös und neutral, das glaubt man denen, von Amts wegen muss es ja so sein, das man vielleicht nicht unbedingt glaubt das das die Ah-nung haben, das ist eher das Problem, das die denken, dass ist so eine Tussi von der Wirt-schaftsförderung. Das ist dann aber schnell beiseitegeschoben in dem man sagt, ja ich komme aus dem Bereich, ich habe eben lange als Softwareentwickler gearbeitet. Ah, ok. alles klar. Das ist dann ein Satz. Das ist sehr viel einfacher das dann zu entkräften. Die nehmen das als gegeben hin. Umgekehrt ist schwieriger. Also wenn sie mir fachliche Kom-petenz zutrauen aber eben das Thema Neutralität usw. da hat man es eben als Vertriebler von Unternehmen immer schwerer. Das ist so was ich mache. Haben Sie da auch direkt Berührungspunkte mit dem Thema Gamification im E-Learning? Ja also das ist ja ganz unterschiedlich was die haben wollen. Mitarbeiterschulung ist natür-lich ein Teilbereich. Es gibt auch einige Entwickler die sich so im Schwerpunkt darauf fo-kussiert haben, die das in ersten Linie machen. Also X, ich weiß nicht ob sie von denen schon gehört haben, das ist ein Unternehmen die machen viel in diesem Bereich. Und die haben eben schon für Lufthansa, für Vodafone, Im Portfolio entsprechend große Namen und warum geht es da? Entweder geht es darum irgendwelche Sachverhalte nahe zu brin-gen, also für X haben die sowas gemacht für IT-Security. Also da ist es eben so, an den Pro-dukten von denen kann man ganz gut zeigen, weil auch das hat ja wiederum ein Spektrum. es geht also einmal da z.B. um Security Richtlinien, da gab es ein PDF 100 Seiten lang. Kein Mensch hat es gelesen. Ich hab auch mal die X, das ist die Innovationsmanagerin bei Adidas, die das ganze eingespielt hat und so. Die hat dann auch mal gesagt: Ja gut, wir ha-ben 135.000 Mitarbeiter weltweit die am Rechner arbeiten. Und ich mein es wär so gewe-sen 20 klicken im Jahr das PDF an. Also ich glaube wir brauchen da nicht mehr auswerten wieviel haben es durchgelesen, das ist natürlich irrelevant. Und das war ein Problem. Die haben versucht das den Leuten zu erklären auf die nette, auf die böse, sie haben alles pro-biert. Die Leute haben es einfach nicht gemacht. Also hatten die ständig verseuchten Rech-ner. Firmeninterna die rausgegangen sind, beides das eine ist teuer das andere ist natürlich

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nochmal extra ärgerlich. Und was man da auch schön sehen kann ist, was es so für Neben-schauplätze gibt. Jetzt bei so einem Thema gibt es zum einen das ist ein sehr deutsches Un-ternehmen, auch wenn es so sportlich hipp und so rüberkommt. Aber letztendlich ist ein stock deutsch konservatives Unternehmen. Und dann hat man auch wenn die ne Innovati-ons-Abteilung haben, dann wundert man sich, wo haben die denn so was überhaupt? Und dann haben die international nachgefragt, weil das gibt natürlich nicht nur Produktionsstät-ten außerhalb sondern sind natürlich auch Manager außerhalb und haben gefragt was sie davon halten. Die Kurz-Version ist, ja hier macht das jeder nur die dummen Deutschen wieder nicht. Weil die noch in den 50-Jahren stehen geblieben sind. Und dann haben sie sich entschieden das zu machen. Die haben das in Deutschland aufgerollt, im englischspra-chigem Raum auch bereits, ich meine das war schon Ende des letzten Jahres gewesen, und die anderen Sprachen folgen eben noch und die Leute haben das dann eben gespielt und mit sehr viel Spaß. Endlich haben sie das gelernt was auch in den PDF´s steht. Eigentlich kein Unterschied. Nur wie ich denen das verkaufe und wie ich denen das nahebringe ist eben ein Unterschied. Und da haben die Leute Spaß dran gehabt und entsprechend wird jetzt eben mit bestimmten Themen anders umgegangen als es vorher gemacht wurde. Also ich fass das mal unter unbeliebte Themen. Die gibt es halt immer wieder. Wahrscheinlich war jetzt die Rücklaufquote auch viel besser? Es haben viel mehr als 20 Leute das wahrscheinlich gemacht. Ja auf jeden Fall. Letztendlich haben die gesagt, sie haben halt eine Auswertung gemacht, und haben in Deutschland eine Handvoll die das so lala fanden. Wahrscheinlich die, die das PDF gelesen haben. Ja dann gibt es eben das ein Manager in einem sicheren Raum war, ja letztendlich ist es ja so, dass man viele Prozesse theoretisch versteht. Ja wenn ich jetzt Mar-keting gar nicht mehr mach das ist vielleicht auch nicht so gut. Aber letztendlich ist es eben so man kann es im wahren Leben nicht ausprobieren. Wär ja eher ungünstig. Im Spiel kann ich das natürlich. Also ich kann total abgefahrene Sachen ausprobieren und einfach mal gucken was passiert. Im Prinzip ist das dann wie bei Kindern, spielen, probieren Dinge aus und lernen dann dabei extrem viel und bei uns Erwachsenen ist das einfach durch die darum herum Gegebenheiten leider nicht mehr so der Fall. Und wenn ich wirklich was und verste-hen will, dann ist eben das theoretische so eine Sache. Praktisch ist immer besser. Deswe-gen wird dann auch z.B. bei der Lufthansa, z.B. alles simuliert. Ja der Einkauf, das Marke-ting, die Personalplanung. Ich muss Flotten nicht mit Flugzeugen kaufen. Man übt eben Streiks, wie Vulkanausbruch. Alles was halt so passieren kann. Also bei uns werden halt diese Dinge simuliert und ein Manager kann dann wirklich gucken, ok, wie sind die Zu-sammenhänge. Was hat worauf Auswirkungen, primär, sekundär. Was passiert da eigent-lich. Und das kann man dann natürlich im Alltag ganz anders übernehmen und aktiv damit arbeiten als wenn ich das dann einfach nur theoretisch gelernt habe. Und damit nun genau weiß wie groß ist der Infekt jetzt. Ist er klein, mittel, groß. Ja also bei Mitarbeiterschulung, da gibt es noch den Bereich Vertrieb natürlich. Da gibt es jetzt 2 Arten was geschult wird. Also einmal popelige Produktschulung. Produkte, wo man lernen muss was sind Inhaltsstof-fe, das kann der Einzelhandel sein, das kann die Apotheke sein, das kann ein Autohaus sein. Also im Prinzip völlig egal was das für ein Produkt ist. Man muss das eben kennen und muss eben potenziellen Kunden Fragen dazu beantworten können und muss natürlich eben das Produkt in seinen Bestandteilen kennen und beurteilen können. Wo es tatsächlich nur um Produktschulung geht. Das andere was sehr sehr beliebt ist, ist das Thema Vertriebs-schulung. Also im Prinzip das was man kennt auch von anderen Schulungen, es gibt ja diese Rollenspiele, die gemacht werden in vielen Schulungen. Das sind dann Präsenzschulungen und ja, die haben dann ihre Vor- u. Nachteile. Fakt ist schon der, dass die Leute teilweise zwischendurch eher mal körperlich anwesend sind als das sie wirklich konzentriert dabei sind. Und bei diesen Schulungen ist es eben so, dass man lernt, also es gibt ja eben ver-schiedene Kundentypen, ja es gibt diesen Faktentyp, den Sicherheitstyp, den usw. und das man das eben lernt. Man wird mit verschiedenen Kundentypen konfrontiert. Der eine der

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sehr dominant ist, nur an Fakten interessiert ist und man eben nicht in einer echten Kunden-situation hat, sondern erstmal entspannt vorm Rechner sitzt und ein Gespür dafür bekommt, wie tickt so einer. Wie formuliert der überhaupt seine Sätze. Und wie ist dann z.B. einer der eher zurückhaltend ist. Wie krieg ich aus dem Infos raus die ich brauche um ihm mein Pro-dukt verkaufen zu können. Also gerade bei den Schulungen beim Lernen, wenn ich jetzt digital etwas lerne, was ist wichtig Parameter, das ist einmal das ist einmal das Thema Mo-tivation natürlich. Das ist immer das allergrößte Thema. Das man sagt, ok ich mache irgen-detwas was dem jenigen auch irgendwie Spaß macht und derjenige hat so eine gut Mi-schung aus Herausforderung und Erfolgserlebnis. Und zwischendurch schaffe ich das na-türlich mal nicht. Ist dann halt so. Aber es ist dann auch nicht schlimm sondern ich sehe das eher so im Sinne von Jetzt weiß ich wie es geht – das nächste Mal kriege ich das hin, wie das beim Spielen im Prinzip auch ist. Nur das ich das dann rüber nehme in den Lernbereich. Und das Zweit ist natürlich das Thema sicherer Raum, ja d.h. nicht nur das es Spaß macht sondern da ist eben auch keiner der irgendwie was anschaut. Das ist natürlich dann sicherer Raum, muss man, kann auch relativiert werden und da sind wir dann beim Thema, also alles was ich digital mache kann ich ja auch auswerten. Ich kann jetzt z.B. hingehen, wenn ich z.B. eine Webschulung, kann ich jetzt hingehen und werte das aus. Kann ich mit Schülern machen, das kann ich mit Mitarbeitern machen und die Frage ist, was passiert wenn ich das tue oder wenn die Befürchtung besteht das ich das mache. Also es gibt zwei Dinge also einmal haben die Firmen das Thema Betriebsrat, also Datenschutz. Also Datenschutz erst-mal generell schon mal als solches ich speichere Daten über ein Verhalten was eigentlich sagt, das ist schon mal das Eine. Das zweite ist der Betriebsrat sagt, ja momentmal, ja jetzt wird hier was gespeichert. Der Mitarbeiter merkt das sowieso, was heißt das? Geht das in die Jahresgespräche mit ein? Es kann sein, dass es z.B. in der Probezeit ein Bewertungskri-terium ist und man deswegen dann seinen Job verlieren kann. Das ist ja in dem Bereich jetzt grad nicht so trivial. Ne auf gar keinen Fall. Und da wird sicherlich, das ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich es gibt welche die speichern Garnichts und da gibt es Username. Das ist dann ihr - wenn man nicht gerade die Firmenemail nimmt. Also man kann das eben entsprechend anonymisiert ma-chen, das es nur das gibt. Es wird nichts weiter erfasst und keiner weiß wer es ist. Es gibt natürlich auch das, wo tatsächlich erfasst wird: Welcher Mitarbeiter hat wie lange was ge-macht - mit welchem Ergebnis. Das ist zwar ein bisschen unterschiedlich. Das kommt eben drauf an, was das Ziel ist. Die meisten Unternehmen sind eher in die Richtung, das sie sa-gen: Ich mache das locker und speichere nicht, weil sie davon ausgehen, dass die Mitarbei-ter das dann eher freiwillig machen. Es gibt aber auch die die sagen: Ja ganz klar, das ist eine Schulung, ich will auch sehen: Hat derjenige gelernt. Und dann gibt es auch eine Art Test oder sowas. Aber das ist sehr unüblich tatsächlich. Weil man da noch ein bisschen vorsichtig ist. Ja das sind so die Dinge, die da reinfließen. Ja wichtig ist halt auch, dass man bei dieser Lernform nicht lernt mit dem Zeigefinger. Das ist dann eher wenn es bei Sachen wie Ethik geht oder so. Da ist es ja ganz oft so, wenn man eine Schulung macht. Dann kommt das immer so ein bisschen an wie der erhobene Zeigefinger. Das hat man da bei den Spielen jetzt eher nicht. Weil es eben interaktiv ist. Das ist eben das Subthema, das worum sich alles geht. Aber da ist halt nicht einer, der steht vorne und wertet. Sie hatten ja jetzt gerade schon mehrere Themen angesprochen. Fallen Ihnen noch weitere Themen ein, die sich gut über Gamification vermitteln lassen? Der Fantasie sind eigentlich keine Grenzen gesetzt. Also Onboarding z.B. wird viel ge-macht. Sei es dass man im medizinisch-technischen Bereich so eine Art digitales Praktikum macht. Woran liegt das? Also zum einen geht es ja darum, Leute dafür zu begeistern. Also

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in erster Linie wird es natürlich in Branchen gemacht, die Schwierigkeiten haben Nach-wuchs zu finden. Dann gibt es das Gegenteil, wo man Sieben will. Gibt es auch Themen, die Ihnen einfallen, wo es vielleicht nicht angewendet werden sollte? Also Themen, die man vielleicht nicht spielerisch darstellen sollte? Ich glaube das kommt immer darauf an, was ich vermitteln möchte. Was man auf jeden Fall sagen kann, dass wenn man Sachen auswertet, sollte man das lieber im Team machen und nicht Einzelauswertung. Bei Gamification macht man keine Einzelauswertung, weil man hat tatsächlich die Erfahrung gemacht: Wenn man das individuell macht. Also es gab so ein schreckliches Beispiel von einer Frau, die in der Wäscherei bei Disney gearbeitet hat. In Disney World. Und die haben Einzelauswertungen gemacht. Die war hochschwanger und hat immer gedacht: Die anderen schaffen ja viel mehr. Ich muss mich so doll anstrengen und dann ist sie irgendwann umgefallen, weil sie sich überarbeitet hat. Das ist so das be-kannteste Negativbeispiel, warum man das nicht machen sollte. Weil es häufig nicht dazu führt, dass sich die Guten noch mehr engagieren, sondern, dass die die nicht so gut sind entweder völlig frustriert sind, oder überdrehen. Deswegen sagt man in dem Bereich, dass man es eher als Teamergebnis sehen sollte. Weil es eben auch den Wissensaustausch inner-halb eines Teams fördert und das Team-Building. Und das ist ja wieder für das Unterneh-men gut. Wie würden Sie die Zielgruppe beschreiben, für die sich der Einsatz von Gamification im Lernumfeld eignet? Brauch die Zielgruppe z.B. Gaming-Vorerfahrung? Nein, also gar nicht. Letztendlich ist es so, dass man das Ganze aber auf die Zielgruppe abstimmen muss. Kinder und Jugendliche und Senioren - alle Zielgruppen sind völlig an-ders. Mit Gamification ist man tatsächlich in der Lage, alle Altersklassen anzusprechen. Ich muss aber immer die richtige Zielgruppenansprache wählen. Also jetzt eine Anwendung für 0 - 90-jährige entwerfen - das geht wohl nicht. Man muss sich z.B. von der Optik der An-wendung her auf die Zielgruppe anpassen.

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3.11 Transkript EB10

Könnten Sie zum Einstieg kurz schildern, was Ihre Aufgabe B10 ist? Also ich PR-Chef dieses Tochterunternehmens. Aber nebenbei berate ich auf freiberuflicher Ebene Unternehmen im Bereich Gamification und betreibe einen Gamification-Blog. Dar-über sind Sie glaube ich auch aufmerksam geworden, oder? Genau, darüber bin ich auf Sie aufmerksam geworden. Ich unterrichte zu diesem Thema auch. An der Ruhr-Uni Bochum. Also da gibt es eben Seminare für Studenten zu dem Thema Gamification und ab und zu schreibe ich etwas zu dem Thema und vor allem berate ich Unternehmen oder auch Einrichtungen, die das im-plementieren möchten. Unter anderem auch beim Thema Lernen, Fortbildung. Da ist das Potenzial ziemlich groß. Und wie sieht Ihr beruflicher Hintergrund aus? Ich bin Soziologe und Psychologe Kommunikationsmanager und habe jahrelang in der Ga-mes-Branche im Bereich PR gearbeitet und bin da auch eigentlich auf das Thema Gamifica-tion gestoßen. Und natürlich mit dem soziologischen und psychologischen Hintergrund habe ich auch entsprechende die fachliche Expertise, um solche Konzepte umzusetzen. Weil das ja viel mit Psychologie zu tun hat. Gamification basiert auf der Lernpädagogik. Es ist also ein erlebnispädagogischer Ansatz. Also Gamification als Philosophie ist eigentlich ein alter Hut. Das ist Erlebnispädagogik. Also wenn Sie sich überlegen: Wie schaffe ich es z.B. Teams aufzubauen. Da mache ich eine Schnitzeljagd - ja und das ist Gamification. Dass ich im Grunde genommen einen spielerischen Ansatz für ein nicht-spielerisches Umfeld wähle. Und wenn ich das transferiere auf die Lerntechnologien und die digitalen Technologien, sprich PC, Internet, soziale Netzwerke, Smartphones, Tablets - dann habe ich die moderne Art und Weise, was wir heute als Gamification bezeichnen. Und seit wann bieten Sie Gamification-Aspekte in Ihren E-Learning-Maßnahmen für Ihre Kunden an? Seit 2009. Es ist in Deutschland wirklich immer noch ein Nischenthema. Also in den USA gibt es da einige Spezial-Agenturen, die sich darauf spezialisiert hat. Im Bereich E-Learning ist natürlich schon länger etwas auf dem Markt. Also Lernspiele gibt es schon seit Anfang der 90er. Aber es gibt halt einen Unterschied zwischen Gamification und dem, was man als Lernspiele oder Serious Games bezeichnet. Bei Serious Games, das sind ja auch Lernspiele, also es gibt ja so didaktische Spiele für Mathematik oder Sprachen, das ist kein Gamificati-on. Gamification ist die Übertragung von und spielerischen Konzepten und Mechaniken auf nicht-spielerische Umfelder. Also beispielsweise, wenn ich sage: Ich möchte meine Buch-haltung interessanter gestalten, dass die Leute z.B. mehr Spaß dabei haben und effizienter arbeiten. Dann reichere ich diesen Prozess, der nichts mit dem Spiel zu tun hat mit dem spielerischen Mechaniken an. Und dann reden wir von Gamification. Das bezieht sich auch auf den Lernprozess. Also wenn ich mir z.B. anschaue, wie eine Schulstunde abläuft, dann haben Sie ja Mechaniken, Sie haben Frontalunterricht, also in früheren Zeiten. Wir haben so 1:1-Kommustunnikation, eine Ein-Weg-Kommunikation, sehr viel Text und das ist dann natürlich etwas, was man interessanter gestalten kann. Und da kann man Prinzipien und Erkenntnisse aus den Spielen nehmen und auf diese Schulstunde übertragen. Und wenn Sie das dann umwandeln, dann ist diese Schulstunde verspielt und dann reden wir von Gamifi-cation. Und was reizt Sie an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning?

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Weil es gut funktioniert. Wenn ich mir anschaue, wie viel Motivation darin liegt, also wie viel Energie freigesetzt wird, wenn Leute spielen. Das ist unglaublich. Also gerade auch bei Jugendlichen, von denen man gar nicht erwarten, dass sie z.B. Geduld haben oder an einer Sache dranbleiben. Was die an Begeisterung an den Tag legen, das hat mich überrascht. Und das können Spiele leisten. Und die gleichen Jugendlichen haben z.B. dann irgendwie so eine Null-Bock-Phase in der Schule. Und da habe ich mir überlegt. Woran liegt das? Das liegt nicht an den Jugendlichen selbst. Also die haben Engagement. Die haben die Bereit-schaft, sich z.B. bei der GameCon in Köln 5 Stunden anzustellen, um 15 Minuten des neuen Spiels anzuspielen. Das heißt, das, was man Jugendlichen abspricht. Dass sie Geduld haben, dass sie sich für etwas aufopfern. Das trifft nicht zu. Es muss nur spannend genug gestrickt sein. Spiele sind begeistern Millionen Menschen und das hat mich fasziniert. Und dann habe ich mir überlegt, wie kann man das nutzen für andere Zwecke. Und da hat man ge-merkt, dass das eigentlich auch, wenn man es richtig macht, übertragbar ist, bis zu einem bestimmten Maß. Wenn Sie komplexe Projekte haben, in der Fertigung z.B., und wenn Sie das jetzt mit einem spielerischen Ansatz machen, das die Leute sagen: Das macht mir hier Spaß. Dann ist das interessanter als vorher. Und wie kommt eine Zusammenarbeit mit Unternehmen bezüglich des Einsatzes von gamifi-zierten Lernanwendungen zustande? Ist das eher ein Anstoß von Ihrer Seite? Oder werden Sie direkt für Gamification beauftragt? Also zweitens ist der Fall. Also ich mache das nebenbei, freiberuflich und die Leute spre-chen mich an. Also man merkt, dass viele Unternehmen das sehr interessant finden. Gerade im HR-Bereich. Also im Personalmanagement merkt man, dass die Leute sagen: Okay, wir haben da einen Fachkräftemangel, wir wollen z.B. noch Technik-affine, junge Leute für uns gewinnen. Und wir merken, dass diese jungen Leute als sozialisiert sind. Die haben eine andere Erwartung an den Arbeitgeber. Und da ist ein gewisser Leidensdruck und die schau-en sich an: Wie kann ich die Leute gewinnen? Mit einem modernen Internetauftritt, mit Social Networks und dann kommt der letzte Schritt: Ich sage, ich versuche auch die ganzen Bewerberansprache durch Spiele zu machen. Auch den Bewerbungsprozess so zu machen, dass es den Bewerbern gut gefällt. Und dann kommt mir dann die Idee, wie Gamification hier umzusetzen ist. Und dann sprechen mit die Unternehmen an. Mich interessiert noch: Welche Unternehmen bzw. welche Branchen nutzen denn Gamifica-tion in Ihren E-Learning-Maßnahmen? Das sind Universitäten z.B. Also Universitäten haben mittlerweile auch einen gewissen Druck auch gute Studenten für sich zu gewinnen. Und die versuchen dann auch Gamificati-on z.B. in der Campus-Kommunikation zu nutzen. Das heißt Erstsemester werden einge-führt in die Prozesse, Anmeldevorgang bis hin zu Bewerbung für die Hochschule. Da habe ich schon einige Projekte umgesetzt, das man sagen kann: Die Studenten haben die Mög-lichkeit spielerisch die Uni kennen zu lernen, die ganzen Anmeldeprozesse, den Papier-kram. Und das dabei angenehmer zu erleben. Dann gibt es noch die Branche des Einkaufs, Handel. Da ist das Thema am Point of Sale. Da geht es um die spielerische Integration von Kunden. Dann mit Gewinnspielen. Bis hin, dass die Leute entscheiden können: Wie soll das Produkt aussehen? Also so Wettbewerbe. Das ist dann wirklich vor Ort mit Smartphones und Display am POS. Also Einzelhandel hat was das angeht ein Riesenpotenzial. Also ich denke, das größte Potenzial in diesem Bereich ist in dem Bildungsbereiche, vor allem HR - Personal, und im Einzelhandel Und wie würden Sie die Zielgruppe beschreiben, die sich für den Einsatz von Gamification im Lernumfeld eignet?

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Also grundsätzlich ist das offen für alle. Aber man merkt schon, es ist sehr die junge Ziel-gruppe. Das liegt auch daran, dass sie sehr stark in den sozialen Netzwerken unterwegs sind, ihr Smartphone haben. Und die sehr stark auch interagieren mit ihrem Smartphones. Das ist die Grundvoraussetzung. Grundsätzlich ist es aber für jeden eignet. Aber die In-tegration von Social Networks ist entscheidend. Die Zielgruppe muss also über die Werk-zeuge verfügen. Also Gamification funktioniert heute so, dass im Grunde genommen be-stimmte Zugänge haben. Zugänge sind Smartphone, Tablet, PC. Das sind dann meistens auch die Zugange zu Social Networks - Facebook, Twitter, Instagram, Pinterest - was auch immer. Je nachdem, welche Zielgruppe Sie ansprechen wollen, wählen Sie entsprechende Kanäle aus und machen das in der Kampagne in Form eines Spiels. Und was würden Sie sagen - welche Themen lassen sich gut über Gamification vermitteln? Und welche Inhalte sollten vielleicht über diese Lernform darstellen? Es geht eigentlich immer in der internen Kommunikation. ob es jetzt z.B. um Compliance geht, Mitarbeiterfortbildung in allen Bereichen. Da bietet sich Gamification auf jeden Fall an. Wir wissen ja, dass so etwas wie z.B. Sicherheitsvorschriften nicht gerne gelesen wer-den. Aber wenn man das jetzt spielerisch umsetzt, so hat das z.B. adidas gemacht. Also adidas hat so ein IT-Sicherheits-Konzept für Mitarbeiter als PDF und die haben daraus ein Spiel gemacht. Und das war sehr erfolgreich, weil man da im Grunde genommen mit Spaß dargestellt hat: Wo muss ich überall drauf achten. So konnte man sehr gut lernen, ohne da riesige PDF-Dokumente bewältigt werden müssen. Also in der internen Kommunikation kann man jedes Thema gamifizieren. Auch Buchhaltung. Ein klassisches Beispiel ist die Portoausgaben eines Unternehmens sind i.d.R. zu groß. Da mache ich ein Spiel - also so eine Art Wettbewerb: Wie kann man die Portoausgaben senken? Und wenn jemand da er-folgreich ist, dann bekommt er entsprechend einen Gewinn. Das ist dann im Grunde ge-nommen Prozessoptimierung und das ist auch sehr sehr gut zu gamifizieren. Wie können denn Gamification-Aspekte den Lernprozess unterstützen? Also was sind denn die Gründe für den Einsatz von spielerischen Elementen im E-Learning? Und was ist der Vorteil gegenüber klassischen Tools? Also der Vorteil ist: Weil Spiele motivieren. Sie steigern die intrinsische Motivation. Das ist erwiesen und das erlebt man ja an sich selbst. Man spielt ja, weil es einem Spaß macht. Vie-le Mechaniken, wie z.B. gemeinsames Spielen, dass man sich messen kann. Wettbewerb ist also so eine Mechanik. Weil jeder Mensch sich gerne auch mal mit anderen misst. Das man Reputation erlangen kann, dass ich mich vergleichen kann mit anderen. Das ist sehr motiva-tionssteigernd. Und was noch dazukommt: Wenn ich das jetzt spiele, dann baue ich eine Geschichte um den Prozess herum. Beim klassischen Lernen, lerne ich oft, ohne zu wissen wofür. Wenn ich das Lernen aber einbette in eine narrative Struktur, dann unser Gehirn auch viel besser damit umgehen, und etwas leisten, weil ich weiß, wofür das Lernen gut ist. Das ist ja auch das Problem beim klassischen Schulunterricht. Lernen klappt viel besser, wenn ich so eine Geschichte drumherum baue. Storytelling - das ist hier die entscheidende Mechanik. Also es gibt viele Gamification-Mechaniken: Storytelling, Herausforderung, Flow-Erlebnis - d.h. der Ausgleich von Überforderung und Unterforderung, Punkte zählen dazu, Auszeichnungen, also Badges. Es gibt wirklich unglaublich viele Mechaniken. Die funktionieren einfach. Neben diesen angesprochenen Vorteilen von Gamification gibt es sicherlich auch Heraus-forderungen, vor denen E-Learning-Produzenten stehen. Wie ist z.B. die Akzeptanz von Unternehmen derzeit zu beurteilen? Also die Akzeptanz ist sehr schwierig. Es ist halt etwas neues und die Leute sind da eher vorsichtig. Das liegt vor allem an einem gewissen Vorbehalt dem Thema Spielen gegen-

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über. Das wird oft nicht ernst genommen. Wobei man eigentlich weiß, dass, wenn man spielt, man unglaublich viel lernt. Aber es gibt einen Unterschied zwischen ernsthaften In-halte und unterhaltsamen Inhalten und diese Trennung ist sehr stark ausgeprägt im Denken der Menschen. Und das zu überwinden, das kostet sehr viel Energie. Und deswegen sind diese Ansätze momentan auch nur schwach ausgeprägt in Deutschland. Es brauch also seine Zeit. Also bis vor kurzem wurden ja auch die ganzen sozialen Netzwerke eher belächelt. Und erst jetzt merken die Leute, dass da sehr viele Menschen unterwegs sind. Gamification wird aber sicherlich in ein paar Jahren bei allen Unternehmen etabliert sein. Da bin ich ganz sicher. Weil es einfach funktioniert. Eine besondere Herausforderung ist es, es richtig zu machen. Weil Gamification erfordert wirklich eine Gesamtkonzeption. Es reicht nicht, ein paar Punkte und Auszeichnungen zu integrieren - das wäre eher kontraproduktiv. Man muss das wirklich ganzheitlich betrachten. Also den Prozess analysieren und alle Spielmechani-ken zum Einsatz bringen - nicht nur Punkte und Badges. Einfach Punkte drauf packen und sagen: Jetzt habe ich den Prozess gamifiziert. Das ist falsch. Das wirkt eher dahingehend, dass die intrinsische Motivation verloren geht. Und dann kann man das Ganze nicht mehr ernst nehmen. Und wie würden Sie die Akzeptanz von den Lernern beurteilen? Der Lernenden meinen Sie? Ja, genau. Sehr gut. Z.B. Jugendliche und auch Kinder lernen von Natur aus, das Lernen ist ein menschliches Grundprinzip und auch Grundbedürfnis. Das heißt, die würden das sofort annehmen. Die warten geradezu darauf. Das merkt man ja auch. Es gibt gute Lehrer, die können ein Fach sehr gut vermitteln und wenden auch spielerische Konzepte an. Und die unterfordern die Schüler auch nicht. Ganz im Gegenteil, sie vermitteln wirklich hochwerti-ges Wissen. Machen das aber auf eine Art und Weise, wie es ansprechend ist. Interaktiv. Wo die Lernenden sich ernst genommen fühlen. Und so ist Gamification. Also das wird definitiv gut angenommen. Und das ist auch eine große Chance für die ganzen E-Learning-Anbieter und das wissen die auch. Also mittlerweile sind die ganzen Lernspiele sehr stark auch auf das Thema Gamification ausgelegt. Dann habe ich noch eine letzte Frage: Das Thema Gamification liegt ja derzeit stark im Trend. Welche Entwicklungen sind denn hinsichtlich des spielerischen Lernens im E-Learning zukünftig zu erwarten? Es gibt da ganz klare Trends. Und zwar, das Thema Mobilität. Das wird steigen. Smartpho-nes sind mittlerweile ja schon Standard. Das heißt, das überall und immer sozusagen ver-fügbar sein, das wird dazu führen, dass z.B. auch solche Sachen, wie Uhren und Ringe das Thema Gamification noch weiter pushen wird. Also so etwas wie eine Schnitzeljagd - das ist viel leichter umsetzbar, wenn Sie die Geräte bei sich haben. Oder auch das "Internet der Dinge" wird das beflügeln. Also wenn Sie sich vorstellen, die Autos werden vernetzt und die Wohnungen werden miteinander vernetzt, dann haben Sie die Möglichkeit im Grunde ganz viele Prozesse zu gamifizieren. Das wird die Zukunft bringen. Das hat natürlich auch Nachteile. Es müssen viele Dinge geklärt werden: Datenschutz, Personenschutz und sowas. Aber technisch wird das das alles befeuern.

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3.12 Transkript EB11

Könntest du zum Einstieg kurz schildern, was deine Aufgabe bei B11 ist und wie dein beruf-licher Hintergrund aussieht? Also ich bin jetzt seit fast 2 Jahren bei B11. Und bin da nach dem Studium hingekommen mit einer spezifischen Rolle für Gamification und Social Collaboration. Das heißt, interne Zusammenarbeit, interne Kollaboration. Und bin eigentlich seit dem auch in dem Bereich unterwegs. Ich bin dadurch dahingekommen, weil ich im Rahmen von meinem Studium auch schon mehr über Gamification geforscht habe. Und da gehe ich in die Richtung Gami-fication im mobilen Lernen. Und da habe ich im Prinzip zwei Anwendungen gegenüberge-stellt. Eine ohne Gamification-Elementen und eine mit. Und habe dann untersucht: Was hat das für Auswirkungen, wenn man jetzt da nur eine kurzzeitige Betrachtungszeit hat, z.B. 10-15 Minuten. Das klingt ja sehr interessant. Und was reizt dich an der Auseinandersetzung mit Gamifica-tion im E-Learning. Also was ist das, wo du sagst: Das ist das Besondere daran. Also grundsätzlich kommt meine Motivation primär daher in Bezug auf Gamification, weil wo ich das Konzept kennengelernt habe und dann immer weiter wissen wollen, ist, dass es quasi das Potential bietet, zu prüfen bzw. herauszufordern, das Arbeit und das moderne Arbeiten so ist wie es ist und wieso es da nicht quasi motivierender ist für Personen, quasi am ihren Arbeitsplatz, in ihren Rollen zu sein und daraus kommt auch das Interesse am Lernen. Weil im Prinzip am Arbeitsplatz, es ist gerade das Thema von HR-Abteilungen und auch ein wichtiges Thema allgemein immer ist, die Mitarbeiterweiterentwicklung. Also es gibt wohl kaum ein Unternehmen, was einfach nur sagt: Ok, wir stellen Leute ein und dann tauschen wir die nach einer gewissen Zeit aus. Es geht immer daraum, dass die Leute sich kontinuierlich weiterentwickeln und da habe ich sehr starke Parallelen gesehen und darum wollte ich das auch näher anschauen. Daher also quasi der E-Learning- oder Learning-Fokus. Und B12 bietet seinen Kunden auch gamifiziertes E-Learning an? E-Learning setzten wir vor allem für B12 selbst, also für interne Zwecke ein. Da gibt es auf jeden Fall sehr viele E-Learnings. Und da gibt es auch schon Gamification-Ansätze, wo man versucht auf der einen Seite einen Gamification-Ansatz bzw. eine spielerische Ebene über dieses gesamte E-Learning-Paket oder diese E-Learning-Trainings zu legen. Dass man z.B. sagt: Ok, wenn ich spezielle Trainings absolviert habe und sich herausstellt, dadurch, dass ich quasi ein Experte zumindest auf der theoretischen Basis oder bezüglich Workshops und so weiter bin, dass man das darstellt. Auf der anderen Seite aber auch in dem Training selbst, wo quasi versucht wird, andere Vermittlungsformate auszuprobieren. Also da haben wir z.B. schon ausprobiert, ob man so Standard-Datenschutz-Training, wie z.B. ein Compli-ance-Training, auch in einen eher Serious Games-Modus zu verlagern, wo man halt ein Detektiv ist, der sich dann die Überwachungsvideos anschaut und herausfinden muss, wo quasi ein Datenschutzbruch passiert ist. Also es gibt da schon einige Ansätze, um das inte-ressanter zu machen. Aus meiner Sicht gibt es für jeden Approach bestimmte Anwendungs-fälle, die dann perfekt für Gamification geeignet sind. Das heißt, man muss halt unterschei-den: Was will man erreichen? Und was ist vielleicht die Herausforderung? Und dann kann man entscheiden, in welchem Maße könnte ein Gamification-Ansatz im Lernen selber sein oder auch drumherum als Framework. Das sind dann Überlegungen, die danach kommen sollten, wenn man herausgefunden hat: Welche Lernziele will ich erreichen? Was ist eigent-lich die grundlegende Herausforderung der Weiterentwicklung von den Mitarbeitern? Wenn man diese Ziele definiert hat. Diese Herausforderungen definiert hat. Dann kann man über-gehen und sagen: Welcher Approach für diese Herausforderung ist eigentlich der richtige?

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Vielleicht ein kombinierter, vielleicht auch sagt man: Ok, wir fangen mit einem an und ge-hen dann weiter und fokussieren uns dann in diesem Approach, bevor wir auf einen anderen übergehen. Ok. Das heißt, du konntest ja schon einige Projekterfahrung in diesem Thema sammeln. Mich interessiert daher: Welche Unternehmen, bzw. welche Branchen nutzen denn Gamifi-cation in ihren E-Learning-Maßnahmen? Es ist sehr schwierig zu pauschalisieren. Grundsätzlich würde ich sagen, dass umso größer ein Unternehmen ist, umso mehr Gedanken muss man sich machen, wie man das Lernen auch richtig weiter vorantreibt. Natürlich muss man auch bei kleinen Unternehmen sich das gut überlegen. Aber da hat man natürlich direktere Ebenen. Wenn man jetzt ein Unterneh-men ist, das über die 1.000 Mitarbeiter hinausgeht, dann ist das sehr schwierig. Da braucht man meistens irgendwelche Partner dazu, um quasi das Wissen auszutauschen: Was sind die aktuellen Trends? Was sind die aktuellen Ergebnisse aus der Forschung. Es geht darum: Wer hat spezifische Herausforderungen und sucht da Unterstützung. Hoch kommen diese Projekte auch Bezug mit Change Management. Das heißt, es sind nicht immer nur nur klas-sische: Ok, wir möchten unser E-Learning verbessern. Sondern teilweise auch, wo man sagt: Ok, wir wollen den Leuten natürlich etwas beibringen bzw. sie sollen etwas lernen. Aber manchmal ist das nicht nur Inhalt, sondern manchmal ist das auch Verständnis und das Mindset, bzw. die Einstellungen in den Köpfen von den Personen, die erstmal verändert werden muss. Oder das da erst mal Akzeptanz geschaffen werden muss. Und da ist halt in Richtung Verhaltensänderung, Verhaltensförderung, Verhaltensstärkung geht, da ist natür-lich der Gamification-Ansatz, wo das sehr reinspielt. Und da kommen dann Unternehmen zu uns und sagen: Ok, meistens ist das nicht so, dass sie direkt Gamification nachfragen, sondern dass sie eine bestimmte Herausforderung haben. Z.B.: Wir haben ein Kommunika-tionsproblem zwischen IT und Business oder auch zwischen zentraler IT und dezentraler IT, weil die nicht die gleiche Sprache sprechen und weil die die neuen Tools, die wir eingeführt haben nicht verwenden. Das ist zum Teil eine fachbezogene Lernlücke oder Wissenslücke aber zum Teil auch nicht. Und da ist natürlich so ein kombinierter Approach, wo man sagt: Ok, man versucht quasi das Verhalten so zu verändern, dass die Leute mehr miteinander kommunizieren, besser miteinander zu kommunizieren. Tools richtig nutzen. Die Tools zuerst mal überhaupt nutzen, aber gleichzeitig muss da auch das Wissen aufgebaut werden, damit die Personen die gleiche Sprache sprechen können. Da sind also quasi mehrere Fakto-ren drinnen, die relativ unüblich in traditionellen E-Learning-Projekten, wo man dann sagt: Ok, wir haben ein E-Learning-Programm im Unternehmen für 10.000 Personen, wir wollen das verbessern. Was sind ihre Erfahrungen dabei? Und in Bezug auf Veränderungsma-nagement kommt dann auch das Thema Gamification auf. Und wie würdest du die Zielgruppe beschreiben, die sich für Gamification im Lernumfeld eignet? Muss die Zielgruppe z.B. Games-Erfahrung haben? Ich würde sagen, es ist definitiv für eine sehr große bzw. weitreichende Gruppe geeignet. Natürlich vorausgesetzt dessen, dass das Konzept richtig ausgedacht ist und für diese Ziel-gruppe angepasst wurde. Das heißt, man kann nicht sagen: Man nimmt ein generisches Gamification-Konzept, was auch immer das bedeutet, und wendet das dann auf die Bäcke-rei-Fachverkäuferin gleich an wie für einen Programmierer in einem internationalen Unter-nehmen. Das sind natürlich zwei unterschiedliche Persönlichkeiten, sehr unterschiedliche Herausforderungen, bzw. Personen, die wiederum Anforderungen haben usw. Deshalb muss man da natürlich fokussiert designen. Aber grundsätzlich gesprochen ist es so, dass ein sehr großer Anteil der Personen spielaktiv sind heutzutage mit den Veränderungen und dem Trend zum Spielen. Also immer mehr Personen spielen auch. Das heißt, die Wahrschein-lichkeit, dass Personen spielaffin sind, ist relativ hoch. Deshalb ist auch die Wahrschein-lichkeit hoch, dass so eine Anwendung von Gamification Anklang findet. Es ist muss natür-

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lich spezifisch designed werden, sodass das auch wirklich Anklang findet. Es ist aber so, dass man auch mit Gamification nicht sagen kann: Ok, das führe ich jetzt ein und dann ha-ben wir 100% der Personen, die sagen: Yay, das ist genau das oder das motiviert mich jetzt stärker. Auch wenn man das sehr gut designed, dann hat man vielleicht höhere Quoten. Aber man wird sehr wahrscheinlich nie die 100% erreichen, weil das eben auch ein sehr hohes Ziel ist. Und da gibt es dann Personen, die davon abgeneigt sind oder initial abge-neigt sind. Speziell, wenn die Kommunikationsstrategie nicht passt. Und dann muss bei Gamification immer ein Ventil da sein, zu sagen: Nein, ich möchte das nicht. Ich schalte das ab und ich nutze das normale E-Learning-Tool. Damit man diese Personen nicht ver-grault. Sondern sagt: Du kannst entscheiden, ob du da mitmachen willst oder nicht. Was wir dann aber gesehen haben, ist, wenn wir so das Konzept machen, ist, dass dann die Perso-nen, die initial gesagt haben: Nein, das möchte ich nicht. Dass die Personen dann nach ein paar Wochen oder Tagen dadurch das ein sehr hoher Anteil der anderen Mitarbeiter mitge-macht haben und auch darüber gesprochen haben, weil es etwas neues ist, den Gamificati-on-Part dann doch noch angeschaltet haben und ausprobiert haben. Also es gibt dann natür-lich auch Personen, die am Anfang sagen Nein. Aber dadurch, dass man sie nicht zwingt, ist es nicht so, dass sie eine absolute Abneigung entwickeln und dann gibt es immer noch eine zweite Chance, dass sie sich dafür interessieren. Vielleicht auch nicht, aber es ist auf jeden Fall für eine sehr breite Masse anwendbar, weil eben die Konzepte von Gamification nicht nur auf irgendwelchen Spielen basiert, sondern, wenn man eine Stufe tiefer geht, auch der Psychologie bzw. auch auf den Neuro-Wissenschaften. Das heißt, dass der Begriff Gamifi-cation und die Konzepte dahinter - die Spiele bieten quasi nur eine Abstraktionsebene um diese Konzepte besser zu verstehen und um auch Ideen zu generieren von Spielen. Weil Spiele sehr fortgeschritten sind, eben sehr stark positive emotionale Erfahrungen zu desig-nen und hervorzurufen. Aber im Endeffekt basieren diese wieder auf psychologischen Grundlagen. Und wenn man da weiter dahintersteht, ist es am Ende anwendbar auf alle Per-sonen, weil unsere Gehirne allgemein gleich aufgebaut sind. Auch zwischen Mann und Frau. Man sollte aber trotzdem überlegen im Design, ob zwischen verschiedenen Alters-gruppen, zwischen Geschlechtern usw., ob es da Unterschiede gibt. Speziell in der Ziel-gruppe, die man in einem konkreten Fall vor sich hat. Das man da quasi überlegt, Inter-views durchführt, Feedbackrunden dreht mit diesen Personen, damit man das abdeckt. Aber grundsätzlich laufen im Gehirn sehr ähnliche Prozesse ab. Also Gamification ist aus meiner Sicht ein sehr komplexes Thema, weil der Bereich aus meiner Sicht hat sich auch dadurch entwickelt, dass man geschaut hat: Ok, was machen Spiele richtig? Wieso sind Spiele so motivierend? Was sind die Kernelemente von Spielen? Die hat man dann heruntergenom-men und gesagt: Ahh, da ist mehr Feedback drinnen, da ist ein Fortschrittsbalken drin, da sind verschiedene Levels drin, da sind verschiedene Elemente drin, und die hat man dann versucht anzuwenden. Welche Themen lassen sich denn gut über Gamification vermitteln und welche Inhalte sollte man eher nicht über diese Form vermitteln? Also da würde ich auf jeden Fall nennen, das ist eben der Unterschied zwischen Serious Games und Gamification im E-Learning ist der, dass wenn man ein Serious Game gestaltet aus einem Lerninhalt heraus, dann ist es so, dass es quasi die Anwendung von Wissen un-terstützt. Das heißt, dadurch, dass man quasi, wenn man nur etwas liest, oder nur ein Bild ansieht, dann ist die Lernaufnahme, und dass man sich die Inhalte merkt ist wesentliche höher, wenn man etwas durchführt, wenn man etwas tut. Und in Spielen ist der Unterschied zum Learning oder E-Learning, das traditionelles E-Learning, wo man quasi Informationen über Text, Video oder Bilder bekommt, und dann man macht man z.B. ein Quiz und dann erhöht man die Aufnahme von Wissen. Aber bei Spielen ist es so, dass man auch wirklich etwas ausführt und z.B. kleine Probleme oder Herausforderungen löst mit dem Wissen. Das heißt, man wendet da das Wissen direkt an. Das heißt, dass sehr wichtige Inhalte, die wirk-lich verstanden werden müssen, aber so ein Serious Game ist weniger geeignet für hohe

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Massen an Inhalten. Dadurch, dass natürlich die Produktionskosten für solche Learnings dann natürlich wesentlicher höher ist, es wird besser, aber höher ist, wenn man das natürlich richtig anwenden kann. Weil, wenn man sich natürlich ein Text nach dem anderen, durch-klickt, die Herstellungskosten für so einen Text sind natürlich wesentlich niedriger, als wenn ich das mit einem spielerischen Format aufbereiten muss, mir überlegen muss: Was ist die Story dahinter? Wie navigiert man? Bei Gamification als Layer um das Learning - da ist es so, dass ich denke, dass es relativ Content-unabhängig ist. Man muss natürlich die richtigen Metaphern finden. Aber es ist aus meiner Sicht relativ Content-unabhängig, wenn man z.B. sagt: Ok, man hat verschiedenen Mechaniken, wo man Fortschritt darstellt, wo man Status darstellt, dadurch, dass man ein Expertenstatus erreicht. Vielleicht auch ver-schiedene Zugangsmöglichkeiten oder Funktionen freischalten, dadurch dass man Learni-ngs erreicht hat. Dadurch gibt man den Personen direktes Feedback und motiviert sie, gene-rell mehr zu lernen bzw. besser zu lernen, dadurch, dass sie quasi das Lernen sie wirklich bestärkt die Aufgaben zu bearbeiten. Z.B., wenn ich über ein SAP-Modul ein Learning ab-schließe, dass ich zusätzliche Features in dem SAP-Modul freigeschaltet bekomme, sodass ich diese dann gleich anwenden kann und verwenden kann. Da habe ich dann die direkten Auswirkungen von Learning auf meine Arbeit. Das ist also eine sehr große Aufgabe vom Gamification-Bereich, wenn er jetzt zusammenwächst, dass man quasi die Personen abholt, dadurch, dass es auch verschiedene Ströme gibt. Manche abstrahieren das Konzept, damit es leichter zu verstehen ist, aber das kann das Risiko birgen, dass es nicht spezifisch genug ist, dass es nicht langfristig erfolgreich ist. Und die andere Seite möchte es quasi richtig und im Detail etablieren, damit auch es auch langfristig erfolgreich ist. Aber das ist wesentlich schwieriger, diese Konzepte zu erklären. Dadurch, dass sie komplexer sind. Häufig ist es so, dass die Unternehmen z.B. sagen: Ok - wir wollen ein Change Management-Approach für diese und jene Herausforderung. Und dann redet man mit den Kunden und sagt: Ok, unser Change Management Approach beinhaltet das das und das und schlägt dann Gamification vor. In manchen Szenarien, dadurch dass es auch teilweise, z.B. in Deutschland, aber auch in anderen Ländern, sehr traditionelle Unternehmen gibt, die speziell auch in den Führungs-ebenen Personen haben, die zum Teil nicht so offen für neue Konzepte sind. Zum Teil sehr stark. Zum Teil aber auch nicht. Und da ist dann teilweise einfach der Einstieg leichter, wenn man z.B. sagt: Wenn man das Problem vorstellt. Das heißt z.B. wenn das Unterneh-men ein Engagement-Problem hat bzw. ein Mitarbeitermotivations-Problem. Das man dann auch sagt: Ok - wir machen nicht Gamification, wir machen ein Employer-Engagement-Konzept. Oder wir machen ein neues Lernkonzept. Das heißt man muss gar nicht "Gamifi-cation" nennen. Man kann dann quasi die Inhalte bzw. Konzepte auch beschreiben, ohne, dass man im ersten Schritt sofort sagt: "Gamification". Wie kann denn Gamification überhaupt den Lernprozess unterstützen? Es ist so, dass man quasi durch Gamification, dadurch, dass Elemente, wie Feedback, durch Fortschrittsanzeigen, durch quasi die Visualisierung von Ergebnissen, durch stärkere Kom-munikation durch Systeme mit dem Mitarbeiter auch während des Lernprozesses - das dadurch quasi eine Kommunikationsmöglichkeit entsteht, die für Personen motivierender ist. Speziell dadurch, weil, wenn man Gamification anwendet und z.B. Fortschrittsprofile anzeigt, vielleicht sogar Skill-Profile, das z.B. anzeigt: Ich bin eine Person, die ist sehr stark im Bereich SAP, eine andere Person ist sehr stark im Bereich Affiliate Marketing usw. Das man quasi ein Profil darstellt, wo dann die Person erkennt: Ah - das bin ich. Und wenn ich jetzt das Training mache, dann entwickele ich mich weiter. Man hat dann auch noch ein Ventil, wodurch man dann auch Unternehmensziele darstellen kann. Und auch dem Mitar-beiter zeigen kann. Dieses sind für uns wichtige Ziele. Wir schätzen es, wenn du dich in diese Richtung entwickelst. Und das kann man dann dadurch wiederum kennzeichnen, dass man sagt: Ok, in diesem Bereich benötigen wir Leute, da gibt es verschiedene Projekte, dafür brauchst du diese und diese Voraussetzung. Und dann hat man, wie z.B. bei LinkedIn, in einer abgeänderten Form, ein Skill-Profil, wo man dann quasi die Stellen besser matchen

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kann. Das heißt, dass die Person dann genau sieht: Ok - wenn ich ein Learning mache, dann habe ich nicht nur eine Zeile mehr in meinem Lebenslauf oder in meinem Profil, sondern es wirkt sich auch direkt aus und ich habe einen Einfluss darauf. Das heißt, Gamification ist eigentlich ein Motivationsventil, um durch verschiedene Elemente, die Bedürfnisse von Mitarbeitern zu erfüllen, die sie ja haben und die sehr bekannt sind, z.B. ‚Ich fühle mich, als ob ich nicht weiterkomme‘, ‚Ich fühle mich, also ob ich mich nicht weiterentwickle‘ [...]. Weil manchmal ist es eben so, dass man in einem modernen Arbeitsumfeld sehr wenig Feedback hat. Wenn ein Maurer eine Mauer baut, dann sieht er nach einem halben Tag: ‚Ich habe dreiviertel der Arbeit geschafft‘, nach ein paar Wochen sieht er, dass das Haus schon fast fertig ist. Er bekommt jeden Tag Feedback, dass er verschiedene Sachen erreicht hat. Das ist bei einem Wissensarbeiterjob kaum vorhanden. Und wenn man quasi diesen Prozess darstellt, dann wird er den Personen auch mehr klar und man kann auch zeigen: Ok, du machst Vorwärtsschritte. Und das ist etwas sehr positives. Und das ist biologisch gesehen, von den menschlichen Bedürfnissen her, sehr wichtig. Wenn man die Grundbedürfnisse gedeckt hat. Das heißt, wenn man genug verdient, dass man sich genug zu Essen kaufen kann, dass man ein Dach auf dem Kopf hat usw. Dann kommen andere Ziele. Wie z.B. dass man sich weiterentwickelt, dass man sich verwirklicht. Das kann durch diese Elemente ab-gedeckt werden. Dann gibt es weitere Ziele, wie z.B. dass man ein soziales Leben führt, dass man soziale Kontakte hat. Da ist die Sache, vielleicht kann man den Approach, wie in Spielen, auch kollaborativer machen. Sodass bei Learnings teilweise z.B. kollaborative Aufgaben erledigt werden müssen. Bzw. dass man visualisiert: Ok wir als Unternehmen haben uns in diesem Jahr oder in dieser Woche so und so viel weiterentwickelt. So sieht unser Profil aus und man sieht direkt darin: Ich habe dazu einen Teil geleistet. Also man will Teil eines großen Ganzen sein. Und wiederrum dass man sieht: Ok, man ist in einer Gemeinschaft. Man ist dort dabei. An diesen Grundbedürfnissen kann man Gamification-Elemente anknüpfen und dadurch quasi den Mitarbeiter motivieren. Was man aber eine Voraussetzung dafür ist, das es auch wirklich verschiedene Wege, verschiedene Entwick-lungsmöglichkeiten für den Mitarbeiter gibt. Wenn man nur sagt: Ok, du musst das Training machen, dann das und dann das, wenn ich dann visualisiere, dass er diesen Fortschrchritt anzeigt, dann mag es ihn vielleicht minimal im Moment motivieren, weil da ein Fort-schrittsbalken ist, der sich auf auffüllt. Das funktioniert ja auch schon relativ gut. Aber lang-fristige Motivation wird das nicht erzeugen, weil der Mitarbeiter wird realisieren: Ah, das ist einfach nur so ein Pfad - ich habe da nicht viele Wahlmöglichkeiten. Ich habe in diesem Unternehme nicht verschiedene Optionen. Ich kann mich nur entlang eines vorgegebenen Pfads weiterentwickeln. Ich möchte mich aber anders entwickeln. Wenn es diese Lernmög-lichkeiten nicht gibt, dann wird der Mitarbeiter früher oder später sowieso demotiviert sein, auch wenn man es besser visualisiert. Also das sind dann Grundprobleme, die vorher gelöst werden müssen, bevor ein Gamification-Konzept erfolgreich sein kann, weil sonst ist das Gamification-Konzept nur eine Visualisierung bzw. teilweise auch eine Täuschung von den wirklichen Problem. Wird vielleicht sogar im ersten Moment positive Zahlen erzeugen, aber langfristig wird es das Problem nicht lösen. Also man muss sich die Grund- bzw. Zusatzbedürfnisse der Lerner genauer anschauen. Also vielleicht auch die Maslowsche Bedürfnispyramide? Ja genau, und wenn man jetzt auf die Maslowsche Bedürfnispyramide schaut, dann sieht man genau: Ganz unten, wenn man es jetzt abstrakt auf die Arbeit mappt, dann hat man am Anfang zwei Stufen, die über das Gehalt abgedeckt werden und dann sind ganz viele Stu-fen, die nicht mehr über das Gehalt abgedeckt werden. Die müssen z.B. über Lernen, über soziale Aspekte, über Verwirklichung, was entweder durch aktive Arbeit oder durch Lernen ermöglicht wird. Diese Aspekte müssen ermöglicht werden. Und dieses Gefühl des Errei-chens kann durch Visualisierung von Feedback, durch Gamification sehr stark verbessert werden, sodass der Mitarbeiter ein besseres Gefühl bei der Arbeit und beim Lernen hat. Nicht, das er besser versteht: Wie passt das in das Gesamtbild, anstatt dass dem Mitarbeiter

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nur gesagt wird: Ok, du musst jetzt dieses verpflichten Training machen. Das der Mitarbei-ter sich idealerweise sich selbst zusammensucht: Dieses Training wäre vielleicht interessant für mich. Die werden sogar wertgeschätzt, weil sie zusätzlich noch einmal hervorgehoben wurden von dem Unternehmen. Ich entscheide mich für das, weil ich mich im Unternehmen weiterentwickeln möchte. Ich entscheide mich für das andere, weil mit das sehr stark inte-ressiert. Wenn diese Optionen gegeben werden, dann werden die Mitarbeiter auch motivier-ter.

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3.13 Transkript EU12

Ich würde Sie bitten, zum Einstieg kurz zu schildern, was Ihre Aufgabe bei U12 ist und wie Ihr beruflicher Hintergrund aussieht. Ich bin Diplompädagogin, Schwerpunkt Erwachsenenbildung/Weiterbildung und habe mein Profil in Richtung Kompetenzentwicklung/Personalentwicklung ausgerichtet. Und bin im Projekt STUDICA, das steht für Studieren a la carte, zuständig für den Bereich Beratung. Also Entwicklung von neuen Beratungskonzepten für die Gruppe der Berufserfahrenen, Konzeptionierung von didaktischem Lerndesign, Curriculas und so weiter. Und Ihr beruflicher Hintergrund? Ich war erst an der Helmut-Schmidt-Uni. In der Zeit habe ich auch zum Thema Serious Games geforscht, habe da am Lehrstuhl von Prof. Geissler gearbeitet, der sich auch mit virtuellem Coaching beschäftigt. Der hat so ein Coaching-Tool entwickelt. Das war ganz spannend in der Zeit. Und da richtig auch schon mit Unternehmen und Einzelpersonen eben zusammengearbeitet, die eben sich dafür interessiert haben. Danach war ich in der Wirt-schaftsförderungsgesellschaft tätig und habe dort Unternehmen beraten. Das können Sie sich so vorstellen, wie eine outgesourcte Personalentwicklung und zwar im ländlichen Raum. Und die Unternehmen vor Ort haben eben nicht unbedingt eine eigene Personalent-wicklungsabteilung. Dabei hat man verschiedene Unternehmen kennen gelernt. Das hat mir auch sehr geholfen für den jetzigen Job, weil wir da auch mit Unternehmen zusammenar-beiten. Auch mit größeren Unternehmen, die eben das Lernen ihrer Mitarbeiter anders auf-bauen wollen. Eben mehr in die Kompetenzorientierung, in die Kompetenzentwicklung gehen wollen. Haben Sie dabei auch Berührungspunkte mit spielerischem Lernen im E-Learning gehabt? Also das war jetzt nicht das, was wir angeboten haben von Hochschulseite aus, aber das war immer wieder Thema bei den Unternehmen. Also das war auch eine Sache, die perspekti-visch auf jeden Fall gefordert wird. Das war jetzt in der ersten Projektphase noch nicht vor-gesehen, in der zweiten Projektphase ist angedacht eben das Ganze mehr online-basiert stattfinden zu lassen. Das erfordert natürlich noch mal andere Lernkonzepte und das war von den Unternehmen, gerade, weil das Deutschlandweit verteilt ist, um da einfach flexibler zu bleiben, Anfahrtswege gespart, oder es sind ja auch nicht alle Berufsgruppen gleicher-maßen bezahlt, dass man jetzt ein Lagerarbeiter für eine Fortbildung aus Hamburg nach Bonn schickt. Also es muss ja in einem Verhältnis stehen und in diesem Zusammenhang fordern Unternehmen auch von den Weiterbildungsträgern, sich mehr in die Richtung zu entwickeln. Und was reizt Sie an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning. Also, wo sehen Sie da die großen Vorteile? Einfach die Lernmotivation zu stärken. Gerade so im Auszubildendenbereich, also ist das ganz klar, ob das in der Rekrutierung schon anfängt, bei der Auswahl der Auszubildenden. Das ist ja z.B. auch eine Sache, die diese Zielgruppe in ihrer Freizeit macht, was ihr liegt. Also das einfach noch einmal ein neuer Zugang zur Zielgruppe und auch das weiterhin dann in der Ausbildung dann zu nutzen. Und darüber hinaus, ich weiß nicht ob Sie den virtuellen Supermarkt kennen? Ja, den kenne ich.

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Also das ist ja ein schönes Beispiel. Da gibt es auch in regelmäßigen Abständen Updates. Dann ist eine neue Abteilung aufgegriffen worden. Dann lernen die Auszubildenden sich z.B. mit verschiedenen Kräutern auseinander zusetzen. Und das ist eben eine optische an-sprechende und lernförderliche Art gemacht, die die Jugendlichen dann anspricht. Aber auch nicht nur für die Zielgruppe der Auszubildenden, auch darüber hinaus. Gerade was Projektmanagement angeht. Das man da spielerisch drauf vorbereitet wird und einfach nah an eine Echtsituation heran kommt. Das kann man so nicht einfach lernen. Also es geht um eine Kompetenzentwicklung, die eben in Interaktion stattfinden muss und nur so erlernt werden kann. Also man kann dazu nicht einfach ein Buch lesen und dann weiß man, was Projektmanagement ist. Sondern da ist eben dieser spielerische Zugang zum Thema, wo man dann Learning by doing gewissermaßen erfährt, viel zielführender als Weiterbildungs-format. Heißt das, dass Sie der Meinung sind, dass man vor allem Verhaltenstrainings über spiele-risches Lernen abwickeln kann, jetzt im Vergleich zu z.B. Fachwissen-Trainings oder Pro-dukttrainings, die über klassisches E-Learning abgewickelt werden können? Ja, auch, wobei ich da es ganz wichtig finde, dass da auch wirklich Reflektion stattfindet. Und die ist dann meistens in der Präsenzphase möglich. Also das kann man ja auch kombi-nieren, dass man eben über ein gamifiziertes E-Learning das Verhalten erstmal prüft, das danach bespricht und guckt: Was bedeutet das eigentlich? Ist das da, wo ich hin will. Oder: Wohin will ich mich verbessern. Was bedeutet das? Warum habe ich mich in der Situation so und so verhalten? Was steckt dahinter? Was sind meine dahinterliegenden Gedanken? Also der Aspekt der Reflektion - gerade wenn es um Verhaltensmodifikation geht - ist dann schon wichtig, weil sonst bleibt der oder die Lernerin allein damit und kann quasi die Kom-petenzentwicklung nicht vollziehen. Das heißt so ein Blended-Ansatz ist auch beim spielerischen Lernen, genauso wie beim klassischen E-Learning, zu empfehlen. Ja, also je nachdem, was man schulen möchte. Wenn es einfach nur darum geht, dass man neue, gerade in der Bankenwelt gibt es neue Compliance-Vorschriften, da kann man nicht dran, die sind nicht diskutierbar. Wenn man die dann spielerisch erlernt, dann muss da jetzt nicht zwingend eine Reflektionsphase angeschlossen werden. Aber immer, wenn es um soziale und personale Kompetenzen geht, dann erachte ich das für sehr sinnvoll. Können Sie einschätzen, welche Unternehmen bzw. welche Gamification in ihren E-Learning-Maßnahmen nutzen. Kann man das pauschal überschauen, ober wird das über die ganze Bandbreite an Unternehmen hinweg eingesetzt? Das sind hauptsächlich Unternehmen, die sich das auch leisten können, weil das eine relativ teure Weiterbildungsmaßnahme ist. Gerade, wenn man es unternehmensspezifisch zuge-schnitten haben möchte. Aber ansonsten die ganzen Telekommunikationsunternehmen ar-beiten da schon viel mit. Im Auszubildendenbereich ist das auch nochmal auf verschiedenen Ebenen. Also es sind einige Unternehmen, die sich diesem Thema schon widmen. Dann kann man da nochmal unterscheiden, wie lange oder ausführlich oder nachhaltig diese Maßnahmen sind. Man kann das ja auch in kleinen Appetithäppchen machen. Dass man immer etwas einbringt, dann ist das auf einer kleineren Ebene. Das kann man jetzt wunder-bar auch mittlerweile über die mobile Technik abbilden. Das heißt, dass man das auch von unterwegs aus immer wieder abrufen kann. Oder wenn das wirklich ausführliche Sachen sind. Wie Coaching-Kompetenz oder wirtschaftliches Handeln - dann ist das sehr komplex aufgebaut und dann ist das dementsprechend auch eine Kostenfrage. Die Unternehmen sind auch gerade dabei nochmal ihre Weiterbildung oder ihre Personalentwicklung zu überden-ken. Das ist gerade auch nochmal so eine Bewegung. Das man sagt: Das Lernen muss im-

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mer individueller werden und an der Kompetenzorientierung ausgerichtet sein und dadurch verändert sich auch das Weiterbildungsangebot, das Unternehmen machen können und wol-len und sehe ich auch noch einmal eine große Chance für spielerisches und mobiles Lernen. Das man da wirklich auch nochmal diesen Weg geht und sagt: Das ist jetzt nicht für alle, aber für bestimmte Zielgruppen oder bestimmte Themen bietet sich das an. Und dann stel-len wir das auch mit zur Verfügung. Und dann kann jeder auf die Art und Weise lernen, wie es zu einem passt. Es ist ja auch nicht jeder ein Typ für digitale Lernwelten. Also das muss man auch sehen. Also es kommt dann immer auf die Zielgruppe und auf den Typen an. Sie hatten gerade schon ein paar Themen bzw. Lerninhalte, wie Compliance, angespro-chen. Gibt es auch Lerninhalte, die sich gar nicht über diese Lernform abbilden lassen? Gibt es bestimmt. Fällt mir aber jetzt gerade nicht ein. Wir hatten ja vorhin schon das Thema Motivation. Zum Thema Perspektiven von Gamifica-tion bzw. Vorteile: Wie können denn spielerische Aspekte den Lernprozess unterstützen? Wir hatten eben schon das soziale Lernen. Also wenn man eben das E-Learning in einer Art Community macht. Man kann da ja durchaus auch ein Wettbewerb draus machen. Dann hat man da auch eben noch Interaktion/Kommunikation, die damit trainiert werden kann. Es ist auch ein individueller Zugang, das heißt: Man lernt auch selbstgesteuert sich Wissen anzu-eignen oder Kompetenzen zu erwerben. Und dadurch ist es eben sehr individuell und man kann daran dann auch schnell ableiten, an welchen Stellen da eine Kompetenzentwicklung stattgefunden hat. Und wenn wir jetzt von den Vorteilen gesprochen haben, gibt es ja sicherlich auch Heraus-forderungen. Wie ist es denn z.B. die Akzeptanz von Unternehmen derzeit zu beurteilen? Der Trend steigt. Also die Akzeptanz steigt. Es gibt ja auch immer wieder Trendstudien dazu, wie z.B. der MMB-Trendmonitor und auch anderes Studien. Und dort steigt das The-ma spielerisches Lernen vom Ranking her immer mehr nach oben. Und das in den Unter-nehmen mehr anerkannt und akzeptiert wird. Es kommt immer auf die Unternehmenskultur drauf an. Es kommt auf den Vorstand drauf an - wie offen der ist. Wie innovativ die Perso-nalentwicklung arbeitet. Das ist in der Tat personenabhängig dann. Also wenn entsprechen-de Personen in den Schlüsselpositionen das nicht unterstützen, dann hat das schlechte Chancen durchzukommen. Und welchen Herausforderungen steht man beim Gamification im Lernen gegenüber? Es gibt zum einen die technischen Hürden, die gegeben sind. Die Ausstattung muss gegeben sein. Es gibt immer noch Vorbehalte unter Personalern. Also das kommt dann auf die Per-sonalentwickler drauf an, wie aufgeschlossen die sind. Auch wie die Unternehmenskultur ist. Also man kann das jetzt nicht in jedem Unternehmen anbieten oder implementieren. Es gibt oft auch Sicherheitsbedenken, was z.B. Datenschutz usw. angeht. Also gerade, wenn es um Unternehmensinformation geht. Je nachdem, wie unternehmensspezifisch das Ganze dann aufgebaut ist. Und die Akzeptanz von Lernern? Ich stehe jetzt noch in engem Kontakt zu dem X, der war damals Geschäftsführer von X. Und die haben für einige Unternehmen spielerisches Lernen entwickelt und entwickeln das auch noch weiterhin. Und mittlerweile wird es auch von Regierungsseite gefördert. Also die digitale Wende kommt da auch den digitalen Lernspielformaten zugute. Wir haben es da-mals an der Helmut-Schmidt-Uni haben wir auch zu dem Thema ein paar Seminare ge-

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macht und dann haben die Studierenden z.B. verschiedene Spiele, die eben zu diesem Zeit-punkt frei zugänglich waren, getestet und sich mit dem Thema beschäftigt und dann hatten wir einen sehr guten Rücklauf und Rückmeldungen. Also das Interesse ist auf jeden Fall gerade von der jüngeren Generation gegeben. Dann habe ich noch den Themenblock Konzeption und Produktion. Was muss denn bei der Konzeption und Produktion von Gamification beachtet werden, um Erfolg beim Lehren und Lernen zu erzielen. Es muss auf jeden Fall zum einen auf die Zielgruppe ausgelegt sein. Der virtuelle Lernraum muss ansprechend gestaltet sein. Also attraktiv, das fängt schon bei den Avataren an. Ob die ansprechend gestaltet sind. Ob man Lust dazu hat. Ob man sich damit identifizieren kann. Ob es irgendwie stimmig ist. Dann kommt es darauf an, erstmal zu gucken: Was will ich denn überhaupt für Kompetenzen damit weiterentwickeln? Ist es eine fachliche Kompetenz, die geschult werden soll? Oder geht es um personale oder soziale Kompetenzen? Geht es um Kommunikation? Geht es um Projektmanagement, Zeitmanagement. Also was auch immer eben der Lerngegenstand ist, zu gucken bei der Konzeptionierung, dass man den auch immer im Blick behält. Also das das auch an der Stelle stimmig ist. Dass das Lernde-sign eben zur Kompetenzentwicklung oder dem ausgewählten Kompetenzbereich passt. Können die Lernergebnisse, die am Anfang festgelegt worden sind, können die am Ende der Lernaktivität auch erfüllt sein? Dann habe ich noch eine letzte Frage und zwar: Welche Entwicklungen sind denn hinsicht-lich Gamification im E-Learning zukünftig zu erwarten? Ich könnte mir einfach vorstellen, dass das Thema interdisziplinäres Zusammenarbeiten noch viel stärker darüber funktionieren wird. Also, dass man eben auch in Teams zusam-menarbeitet und Aufgabenstellungen löst. Weil es ja doch aufgrund der Komplexität und der sich schnell ändernden Arbeits- und Unternehmenssituationen eben wichtig ist, ein ein-gespieltes Team zu haben und, dass die Schnittstellen auch funktionieren. Das könnte man auch wunderbar über sowas trainieren.

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3.14 Transkript EK13

Könnten Sie zum Einstieg kurz schildern, was Ihre Aufgabe bei K13 ist? Also ich bin Doktorand bei K13 und habe eine dort in der Forschung und Entwicklung, aber ganz konkret im Bereich Gamification eine Doktorandenstelle. Bin eingestellt worden zu diesem Thema und untersuche da bei K13 für verschiedene Bereiche wie sie Gamification effektiv in Softwarelösungen einführen können. Ich promoviere an der Uni Mannheim. Und wie sieht Ihr beruflicher Hintergrund aus? Seit 3 Jahren bin ich an diesem Thema dran. Ich habe meine Diplomarbeit über Gamificati-on geschrieben in Karlsruhe vor 3 Jahren. Und habe da Gamification im Kontext von Quan-tified Self - also wie man Menschen motivieren kann durch Anwendungen wie Nike+ oder Duolingo. Nike+ ist da wohl das beste Beispiel, wie man Menschen durch Gamification motiveren kann, die solche Anwendungen nutzen. Darüber habe ich meine Abschlussarbeit geschrieben und dann habe ich 1,5 Jahre auch in der Wissenschaft gearbeitet. Aber das war in der Uni Leipzig. Das war ein Komplettcenter Sourcing. Das war in Kooperation von der Uni Leipzig und der Uni St. Gallen und dann haben wir einige Partnerunternehmen aus der Bankenbranche gehabt, die das finanziert haben. Für die haben wir sehr industrienahe For-schung gemacht. Und dort habe ich mich eben auch mit dem Thema Gamification an der Kunden-Bank-Schnittstelle beschäftigt, soweit ich da Zeit hatte, also das war nicht das ein-zige Thema, das ich da fokussieren konnte. Also ich habe viele Sachen gemacht im Bereich Digitalisierung, aber da war Gamification auch ein Thema oder das, was mich eben am meisten interessiert hat. Dann habe ich aber gehört, dass Bosch eben in diesem Bereich eine Stelle hat, wo man dann dazu promovieren kann, also allgemein zu Gamification. Da habe ich mich dann entschieden, zu K13 zu wechseln und dann eine Promotion zu Gamification zu machen. Was reizt Sie denn an der Auseinandersetzung mit Gamification im E-Learning? Also im Bereich E-Learning - was kann ich Ihnen da erzählen? Was haben wir da gemacht? Also ich habe da eben im Bankenbereich auch ein Experiment gemacht, wo wir auch ein Paper drüber geschrieben haben, das dann in Hawaii veröffentlicht wurde. Da ging es um das Intranet von Banken. Bei Banken ist es wichtig, dass der Bankberater mehr weiß als der Kunde, wenn der Kunde in die Bank kommt. Deswegen sollte sich der Bankberater sich regelmäßig informieren. Und da gibt es verschiedene Learning-Angebote, meistens im In-tranet. Das sind so Formate, wie E-Learning-Angebote, wie man das klassischerweise kennt. Aber auch allgemeine Wissensportale, wo man den Abteilungen einfach News über irgendwelche Trends in den Märkten publiziert. Und wir haben dann damals untersucht, ob man Menschen motivieren kann, also die intrinsische Motivation quasi erhöhen kann, sich solche Information quasi anzueignen und zu lernen. Haben dann auch Gamificaiton auspro-biert. Also wir haben eine Plattform nachgebaut und dann gesehen, dass mit Gamification eben die Motivation höher war, diese Plattform zu nutzen, also auch die Kontrollfragen zu den Artikeln besser beantwortet worden und wir so quasi darauf schließen konnten, dass da auch mehr gelernt wurde. Was ich daran jetzt so spannend finde: Ich meine wichtig beim Learning ist halt einfach diese intrinsische Motivation, dass jemand quasi freiwillig lernt, sage ich mal, damit bei ihm auch möglichst viel hängen bleibt. Weil da natürlich das Lern-ergebnis wesentlich besser ist, als wenn ich jetzt jemanden dazu zwinge, etwas zu lernen. Und Gamification ist eben ein Mittel, womit man versuchen kann, solche intrinsische Moti-vation zu fördern und zu unterstützen und deshalb finde ich passt das super zu E-Learning.

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Das heißt, Sie konnten in diesem Bereich ja schon einige Projekterfahrung sammeln. Mich interessiert weiterhin, welche Unternehmen bzw. Branchen Gamification in ihren E-Learning-Maßnahmen nutzen. Also ich kenne Beispiele, wo das eingesetzt wird, aber jetzt nach Branchen zu sortieren, da ist es einfach so, also wenn ich jetzt von meiner generellen Gamification-Erfahrung spre-che, da ist es so, dass eben Branchen, als IT-Unternehmen, wie z.B. SAP und IBM und Microsoft - die sind allgemeine bei Gamification wesentliche weiter als jetzt z.B. die Ban-kenbranche, mit der ich mich jetzt auch beschäftigt habe, die generell Innovationen nicht so aufgeschlossen sind. Vor allem in Deutschland. Wenn wir da jetzt nach Europa schauen, wie z.B. Spanien oder Niederlande - da gibt es auch Banken, die haben sehr tolle Gamifica-tion-Lösungen im Einsatz und sind da sehr innovativ aber grad in Deutschland oder der Schweiz ist die Bankenbranche eine Branche, die da eher hinterher ist. Andere Branchen... was gibt es noch? Also wir bei Bosch haben auch Serious Games im Learning-Bereich im Einsatz, reines Gamification jetzt z.B. noch nicht. Und ich glaube, dass eben diese Serious Game-Verbreitung im Learning sehr hoch ist, auch Branchenübergreifend bzgl. Gamificati-on kann ich Ihnen da grad nichts sagen da konkret, außer, dass ich eben glaube, dass die IT-Unternehmen da auf jeden Fall schon viel weiter sind, als jetzt z.B. Pharma, Automobilin-dustrie usw. Obwohl die Automobilindustrie auch schon recht weit ist. Da fällt mir auch gerade ein Beispiel ein. Da habe ich z.B. mal ein Gamification-E-Learning bei Audi gese-hen. Wie würden Sie denn die Zielgruppe beschreiben, für die sich der Einsatz von Gamification im Lernumfeld eignet? Muss die z.B. Zielgruppe da z.B. Gaming-Vorerfahrung haben? Im Grunde ist es irrelevant ob man z.B. Bäcker oder den oberen Management-Kreis eines Konzerns als Zielgruppe hat. Hier kommt es natürlich auf das Gamification-Design an und darauf, wie es im Endeffekt aussieht und umgesetzt wurde. Aber die grundsätzliche motiva-tions-psychologischen Aspekte, die dahinter stecken, die Menschen wirklich motivieren, ein bestimmtes Verhalten an den Tag zu legen, die sind eigentlich - und da gibt es auch wissen-schaftliche Studien dazu - alters- und geschlechtsabhängig, weil menschliche Grundbedürf-nisse im Grunde gleich sind. Z.B. das Streben nach Kompetenz, Autonomie und soziale Eingebundenheit, was immer wieder genannt wird im Kontext von Gamification. Und wenn ich quasi jemanden Feedback, also Kompetenzbestätigung gebe durch bestimmte Elemente, dann ist das, was im Grunde altersgruppenübergreifend Menschen motiviert. Aber natürlich kann man generell durch die Technologieaufgeschlossenheit junger Menschen, ist es natür-lich einfacher, diese generell für die Nutzung von E-Learning-Angeboten usw. zu begeis-tern. Aber ich glaube, wenn wir das mal weglassen und auch im Hinterkopf haben, dass ca. 20% der über 50jährigen regelmäßig Computerspiele spielen. Und ich würde auf Basis würde ich sagen, dass man Gamification so designen kann, dass es für jede Zielgruppe passt. Und Deloitte hat z.B. die Deloitte Leadership Academy, so hieß das Produkt. Und das hat z.B. auch eine gamifizierte Trainingsanwendung gerade für Executives, also für Leute, die irgendwelche Managementpositionen innehaben und das ist natürlich die Zielgruppe, die ein bisschen älter sind. Und auch hier kann man eben Gamficiation im Trainingsbereich einsetzen. Welche Themen lassen sich denn gut über Gamification vermitteln und welche Inhalte viel-leicht eher gar nicht? Also wenn ein Inhalt oder ein Thema schwierig ist, dann ist es natürlich immer die Heraus-forderung für den Designer einer Gamification-Anwendung, dass er es trotzdem schafft, das Thema zu vermitteln. Also Compliance usw. - das sind natürlich solche E-Learning-Themen, die drücken. Und ich meine grundsätzlich, und das sagen ja auch viele Experten, das ist immer so bei Gamification: man brauch im Grunde eine grundsätzliche intrinsische

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Motivation, auf der man aufsetzen kann und den Menschen unterstützen kann, dass er es noch lieber macht oder, dass er das durchhält. Also eben das zu machen, was er sich vor-nimmt. Deswegen sind natürlich Themen wie Compliance schwierig, weil da meistens die intrinsische Motivation sich fortzubilden eher nicht da ist, sondern das ist eher eine extrinsi-sche Motivation und der Arbeitgeber fordert eben hier, dass ich mich jetzt hier weiterbilde. Und deswegen ist das natürlich ein sehr schwieriges Feld. Und deswegen würde ich auch die Themen dem zuordnen. Also, ich würde sagen, wenn ich jetzt z.B. Sprachenlernen ma-che, wie z.B. Duolingo da eben sehr erfolgreich ist und da auch ein tolles Beispiel. Die Leu-te, die das aber machen und sich durch Gamification motivieren lassen sind halt auch die die sagen: Ja ich möchte jetzt Spanisch lernen. Die haben eine intrinsische Motivation, mit dem sie dann quasi in so eine Learning-Anwendung gehen. Und im Unternehmenskontext, wo also das Unternehmen sicherstellen muss, dass die Leute in einer Sache oder einem Thema geschult sind und die Leute das aber gar nicht wollen, ist es natürlich schon schwie-rig dann auch mit Gamification. Bei Gamification habe ich ja eigentlich z.B. ein E-Learning-Angebot, wo der Zielgruppe auch in Moment der Anwendung vollkommen klar ist, dass sie jetzt gerade ein E-Learning-Angebot nutzt und das auch macht, weil sie denkt: ich muss oder will das jetzt machen. Und dann kann ich es mit Gamifcation ergänzen und die Zielgruppe untestützen, dass sie es bis zum Ende durchzieht, dass sie mehr daraus mit-nimmt, weil es ihr Spaß macht, die Sachen zu lernen usw. - das kann ich dann durch Gami-fication unterstützen. Aber grundsätzlich muss da immer schon eine gewisse Motivation da sein, das E-Learning-Angebot zu nutzen. Und Gamification kann dies unterstützen. Das ist meine Sicht, das kann auch anders gesehen werden. Also man kann intrinsische Motivation unterstützen, aber man kann nicht sagen, dass Gamification intrinsische Motivation schafft. Dann kommen wir von den Anwendungsbereichen zu den Perspektiven von Gamification. Wie können denn Gamification-Aspekte den Lernprozess unterstützen? Vielleicht können Sie in diesem Zusammenhang auch etwas zum Flow-Prinzip sagen? Ja, ich kenne das Flow-Prinzip. Also das ist ja auch ein Motivations-Prinzip. Der Begriff ist der intrinsischen Motivation zugeordnet. Flow ist man quasi, wenn man eins wird mit der Tätigkeit, darin aufgeht und quasi da vollkommen intrinsisch motiviert ist. Man hat dann ja diesen Flow-Kanal, wo sich die Fähigkeiten sich anpassen. Und man erreicht eben langfris-tige Motivation, wenn man das schafft, den User in diesem Flow-Kanal zu behalten. Und das ist quasi die wesentliche Herausforderung bei so einem Gamification-Projekt. Und um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Wie spielerische Elemente den Lernprozess unter-stützen können: Wenn man sich jetzt z.B. am Flow orientiert, dann wäre das eben die Ge-schichte, dass man den User dabei hält, die Anwendung langfristig zu nutzen, möglichst nicht abzubrechen, oder immer wieder zu kommen, also über einen längeren Zeitraum die Anwendung zu nutzen. Das ist eben die Unterstützung im Sinne eines Longterm-Effektes. Also die Motivation grundsätzlich aufrecht zu erhalten. Dann kann man Gamification ein-setzen, um die Adoption zu erhöhen. Das heißt, am Anfang überhaupt die Anwendung zu benutzen und dann quasi das Onboarding, also die Leute in die Funktionsweise des E-Learnings heranzuführen. Das ist eher so auf die Nutzung bezogen. Das heißt aber ja noch nicht, dass man daraus eben etwas lernt. Aber man kann eben generell - also es gibt ja eini-ge Paper, die sagen, man könnte man dann zeigen, dass das Wissen zugenommen hat, was die Leute sich angeeignet haben. Gerade solche Funktionen, wie irgendwelche Quizze zu integrieren, also das die Leute einfach wissen, dass sie quasi vor eine Herausforderung ge-stellt werden in einer absehbaren Zukunft, sie die Inhalte konzentrierter lesen und auch mehr behalten. Das heißt, wenn ich quasi solche Gamification-Elemente, sei es jetzt z.B. Quizze einbaue, erhöhe ich dann einfach die Aufmerksamkeit des Nutzers für Lerninhalte und damit dann auch das Wissen daraus mitgenommen wird. Und dann gibt es halt das Re-flective Learning. Also Reflective Learning heißt ja quasi, also das kommt daher, also ich hab z.B. einen Herd, und wenn ich die Hand darauf halte, dann verbrenne ich mich. Ich habe also gemerkt, es ist heißt. Und wenn ich nächstes Mal eine Herdplatte sehe, dann re-

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flektiere ich gleich, dass ich das letzte Mal die Hand drauf gelegt habe und es heiß war und dann mache ich das nicht nochmal. Und das ist das auf Reflektion-basierte Lernen und das ist natürlich sehr effektiv, weil dann merkt man sich viel, also dann ist es richtig im Kopf. Also da gibt es Theorien dazu. Und man kann eben auch untersuchen, dass man mit Gami-fication Leute quasi solche Trigger geben kann, dass sie wieder reflektieren. Also ich kann natürlich durch Spielelemente versuchen, bestimmte Sachen, die ich jemanden beigebracht habe, nochmal nachträglich zu triggern, also dass er quasi anfängt das nochmal zu reflektie-ren, um ihn dann nochmal auf bestimmte Lernelemente aufmerksam zu machen. Also den Lerner konkret drauf aufmerksam zu machen, auf spielerische Art und Weise bereits Ge-lerntes noch mal zu reflektieren, um das dann auch langfristig ins Gedächtnis zu verankern. Also wenn ich jetzt z.B. ein klassisches E-Learning mache, dann gucke ich mir das durch, dann kommt vielleicht nachher noch ein Test und dann habe ich das nachher wieder verges-sen. Dann ist das Lernen abgeschlossen und das Programm ist fertig. Und angenommen, man packt das ganze jetzt in ein Storytelling und es gibt irgendwie eine Figur und die be-gleitet mich durch das E-Learning und 2 Wochen später kriege ich noch mal eine Mail und da sehe ich nochmal die Figur drin, die mir noch einmal etwas erzählt und mich nochmal etwas fragt, das sind solche Sachen, womit man dann über einen längeren Zeitraum immer mal wieder auch Beziehungen schaffen kann, eine Geschichte weitererzählen kann. Das sind eben auch alles Gamification-Elemente, womit man das Lernen unterstützen kann. Neben den angesprochenen Perspektiven gibt es ja sicherlich auch Herausforderungen, vor denen z.B. E-Learning-Produzenten im Bereich von Gamification stehen. Wie ist denn z.B. die Akzeptanz von Unternehmen zu beurteilen? Also man muss immer an die richtigen Leute geraten. Also so ist das glaub ich in allen gro-ßen Unternehmen so. Das Thema Gamification mit der Akzeptanz ist es halt unterschied-lich. Also es gibt Leute, die finden das toll und die wollen dann auch irgendwas ausprobie-ren und irgendwas beweisen und die setzen sich dafür ein und setzen dann sowas um und entweder es gefällt dann irgendeinem Chef und er findet das gut und sagt dann: Super - tolle Ergebnisse und wir machen Gamification. Oder es gibt jemanden der gleich sagt: Hier im Unternehmen da spielen wir nicht. Und da gibt es einige, die sagen: hier gibt es keine Vi-deospiele und das ist leider traurig. Ich würde halt auch sagen, Gamification muss sich im-mer beweisen. Also auch wenn ich jetzt entscheide, dass sich die Akzeptanz irgendwann mal ändert, ist es natürlich so, dass man sich fragen muss, wie rechtfertigt sich jetzt quasi eine Investition in Gamification und deswegen muss man halt den Return on Investment, vor allem in großen Unternehmen, irgendwie kalkulieren können und das ist schon irgend-wie bei Gamification eine Barriere, weil das natürlich sehr schwierig ist. Können Sie auch etwas zur Akzeptanz von Lernern sagen? Da habe ich jetzt wenig Wissen. Also wie gesagt, wir haben das ausprobiert mit unserem Experiment. Da war die Akzeptanz jetzt eigentlich hoch. Ich habe auch mit Kollegen, die im anderen Kontext Gamification im Unternehmen eingesetzt haben, gesprochen. Und die haben immer wieder gesagt: Am Anfang, wenn du sowas planst, hast du immer wieder die Kritiker. Und wenn sie es mal wirklich nutzen können, dann merken sie, dass sie doch rela-tiv erwischt werden davon und es ihnen auf einmal trotzdem Spaß macht und deswegen ist die Akzeptanz hinterher auch höher als man am Anfang denkt bei den Lernern. Und wie gesagt, gibt es da Studien, wie z.B. die die Akzeptanz untersucht haben gefiltert nach Per-sonality, Gender usw. - und da kam eigentlich heraus, dass es kaum Unterschiede gibt. Da gibt es so ein Paper von Hamari, wo er genau dies untersucht hat und diesbezüglich würde ich halt wieder sagen: Das hängt irgendwie vom Design der Anwendung ab und da wird jeder Gamification-Experte sagen, dass es das wichtigste ist, den User vorher zu analyisie-ren, und dann basierend auf dem User eben die Anwendung zu bauen und dann bekommt man wahrscheinlich auch eine große Akzeptanz.

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Und wo kommt Gamification im E-Learning an seine Grenzen bzw. gibt es negative Aspekte des spielerischen Lernens? Na gut, wir haben ja gerade in Deutschland immer diese Betriebsratsgeschichten gerade in Deutschland, wo dann natürlich eine Grenze besteht und die ist auch wichtig. Ich meine in den USA ist es ziemlich einfach, ein Leaderboard einsetzen zu können, das ist bei uns na-türlich nicht so einfach. Und das ist eine Grenze und natürlich auch Privacy von Daten - aber man kann auch Gamification so designen, dass es in deutschen Großunternehmen funktioniert und das betriebsratskonform ist. Ja das ist aber halt eine Herausforderung. Dann habe ich noch den Themenblock Konzeption und Produktion. Welche spielerischen Elemente werden denn genutzt, um solche Anwendungen zu erstellen? Also klar, da gibt es immer die gleichen Elemente: Punkte, Leaderboards, Badges, Avatare, Storytelling - das sind so eigentlich klassische Elemente, die man immer wieder finden kann. Das spannende ist dann wirklich eigentlich, die Mechanismen, die dahinter stecken. Also für was bekomme ich Punkte? Für was bekomme ich Badges? Weil, das sind ja nur die Elemente, die man sieht und spannend sind die Mechanismen dahinter. Das ist aber so indi-viduell und muss man auch kontext- und zielgruppenabhängig. Man muss also den Kontext und die User betrachten und darauf aufbauend dann die Elemente anwenden. Dann habe ich noch eine letzte Frage, und zwar: Welche Entwicklungen sind denn hinsicht-lich Gamification im E-Learning zukünftig zu erwarten? Also ich glaube, es nimmt auf jeden Fall zu. Es wird immer noch mehr werden. Und es muss sich natürlich auch zeigen, ob es so eine kritische Haltung gegenüber gibt, nach dem Motto: Nicht schon wieder Gamification. Das kann auch eine Entwicklung sein: Das das Pointification so krass zunimmt, also das man überall bewertet wird und Punkte kriegt, so-dass die Leute da immun gegen werden. Aber ich glaube, dass es ein erfolgreiches Konzept ist, dass deswegen immer mehr Beispiele gibt, die das einsetzen und auch zeigen, dass es erfolgreich ist und deswegen das weiter zunimmt.

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Erklärung der Verfasserin

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig, ohne fremde Hilfe, ohne

Benutzung anderer als der angegebenen Quellen angefertigt und alle Formulierungen, die

wörtlich oder dem Sinn nach aus anderen Quellen entnommen wurden, kenntlich gemacht

habe.

Braunschweig, 12. Juni 2015