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Arbeitsproben bis 2017

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das auch in der aktuellen Vorlage vorgese-hen ist. Steigen die Ausgaben jedoch wei-terhin an, dürfen diese nicht vollumfänglichzu Lasten der jüngeren Generation gehen.Offenbar sah das Parlament eine Anpassungdes Mindestumwandlungssatzes für not-wendig an. Dies sollte aber nicht über denUmweg der AHV bloss den Berufstätigen inRechnung gestellt werden.

Erfreulich ist die Flexibilisierung des Ren-tenalters. Nach der Reform soll es möglichsein, den Zeitpunkt der Pensionierung fle-xibel zwischen 62 und 70 Jahren zu wäh-len. Die Rentenhöhe richtet sich dann amReferenzrentenalter von 65 Jahren aus.Möglich soll auch eine gleitende Pensionie-rung mit Teilzeitarbeit und Teilrenten wer-den. Diese Neuerungen sind zu begrüssen.Je nach Beruf ist ein Radikalschnitt mit 65weder wünschenswert noch nötig. TrotzdieserMängel gilt wohl, was Alain Berset imGespräch betonte: In einer direkten Demo-kratie muss man nach Kompromisslösun-gen suchen. Mit dem «Kompromiss» ist dieFinanzierung immerhin bis 2030 gesichert.Andernfalls drohenmassive Finanzierungs-lücken. In diesem Sinne:Wahrscheinlich istein Ja im September besser als nichts.

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12 UnternehmerZeitung | Nr. 5 2017

THEMA

Vorläufig versorgtVON ROMAN BRAUCHL I

E ine Revision der AHV, welche dieAnhebung des Frauenrentenal-ters auf 65 Jahre vorsah, schei-terte 2004 vor dem Volk. Dasselbe

Traktandum dürfte auch zum Knackpunktder geplanten Vorsorgereform «Altersvor-sorge 2020» werden, die im September zurAbstimmung kommt. Doch eigentlich istdieser Schritt nur logisch. Die Demographiezeichnet eine Bevölkerungspyramide,die Kopf steht, und jene Lohnnachteile,die ein tieferes Rentenalter für Frauenrechtfertigen, schwinden zunehmend –auch wenn der Grundsatz «gleicher Lohnfür gleiche Arbeit» noch lange nicht umge-setzt ist.

Dieser Schritt mag manchen als zu radikalerscheinen, doch irgendwie müssen dieFinanzierungslücken im Vorsorgesystem

gedeckt werden. Durch die Angleichungdes Rentenalters jedenfalls sollen derAHV-Kasse ab 2030 Mehreinnahmen von1.2 Milliarden Franken erwachsen. DiesesPlus wird jedoch durch eine flächen-deckende Erhöhung der AHV-Renteum 70 Franken, die Mehrausgaben von1.4 Milliarden verursacht, wieder zunichtegemacht. Die zu erwartenden tieferenRenten, die aus der vorgesehenen Sen-kung des Mindestumwandlungssatzesin den Pensionskassen resultierten, sol-len auf diese Weise zumindest teilweisekompensiert werden. Die Verknüpfungder beiden Vorsorgesysteme ist insofernproblematisch, als dass sie nach unter-schiedlichen Prinzipien funktionieren– einerseits Umlageverfahren, ande-rerseits Kapitaldeckungsverfahren. Mitanderen Worten: Die in den Pensionskas-sen «angesparten» Defizite werden auf die

Berufstätigen ausgelagert, die so doppeltfür die Renten bezahlen müssen.

Vielleicht kann eine Reform anders an derUrne nicht bestehen. Doch der «gut schwei-zerische Kompromiss», wie Alain Berset dieausgearbeitete Lösung im Interview nennt,lässt dadurcheineklareLinie vermissen,wiees sich für eine echte Reformgehörte. Konse-quent wäre, den Tatsachen ins Auge zu bli-cken: der demographischen Struktur. Lang-fristig werden wir länger arbeiten müssen,wenn auf die gleiche Anzahl Beitragszahlerimmer mehr Rentenbezüger kommen, diezudem immer älterwerdenund länger Rentebeziehen. Langfristig wird auch das Ren-tenniveau zur Diskussion gestellt werdenmüssen. Mehrausgaben müssen finanziertwerden. Eine Erhöhung der Lohnabzüge istlangfristig die logische Konsequenz – wie

Die Finanzierung der Altersvorsorge ist in unmittelbarer Zukunft nicht mehr gesichert. Eine Reform ist dringend nötig.

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Nr. 5 2017 | UnternehmerZeitung 17

denke da beispielsweise an die Streiks inFrankreich.

Was wäre Ihrer Meinung nach der bessereAnsatz?Statt das Rentenalter automatisch anzupas-sen, geben wir der Bevölkerung mit dieserReform die Möglichkeit, zwischen 62 und70 flexibel in Pension zu gehen – dies beieinem Referenzrentenalter von 65. Es gibtLeute, die bereit sind, länger zu arbeiten.Vielleicht nicht 100 Prozent, aber Teilzeit.Das wollen wir fördern, indemwir auch dieTeilpensionierung einführen. Im Falle einesScheiterns der Vorlage wird es diese Mög-lichkeit auch in Zukunft nicht geben. Beieinem Ja könnenwir das einführen. Undwirkönnen Anreize schaffen, damit die Leutelänger arbeiten – wo es machbar ist und esauch Arbeitsplätze gibt.

Ist eine Erhöhung des Rentenalterslangfristig die beste Lösung?Wenn man das Rentenalter generell erhöh-te, würde der Druck für die Unternehmenstark zunehmen. Man würde sofort sagen:Nun muss die Wirtschaft flächendeckendArbeitsplätze für 65- bis 67-Jährige be-reitstellen. Die grosse Stärke unserer Wirt-schaft sind die KMU, Unternehmen mitweniger als 250 Mitarbeitenden. Sie bildendie überwiegende Mehrheit in der Schweiz

und stellen den Hauptharst der Arbeits-plätze in unserem Land. KMU haben heuteschon mit vielen Erschwernissen zu kämp-fen. Es ist derzeit nicht einfach für sie – etwawegen der Frankenstärke oder der inter-nationalen Konkurrenz. Wenn diese nungezwungen wären, Arbeitsplätze zu schaf-fen für alle über 65-Jährigen, wäre das einezusätzliche Belastung für die Unternehmen.Deswegen braucht es unbedingt diese Fle-xibilität, welche mit der Vorlage «Alters-vorsorge 2020» geschaffen werden soll. Beieinem Nein wird es diese Flexibilität nichtgeben.

Wird das Rentenalter nicht zwangsläufigerhöht werden müssen?Heute arbeiten Frauen im Durchschnittbis 62.6 und Männer bis 64.1 Jahre. Wich-tig ist, das reale Rentenalter zu erhöhen.Gleichzeitig müssen wir beginnen, unsvom starren Rentenalter zu lösen. Die Vor-lage bringt ein Referenzrentenalter von65. Das Referenzalter für Frauen wird alsobis 2021 um ein Jahr heraufgesetzt. Das istkeine Selbstverständlichkeit.Wennman aufdie Strasse geht und die Leute fragt, merktman, dass das nicht so einfach ist. Das wirdalso kein Spaziergang. In Zeiten der Indi-vidualisierung, einer Zeit, in der es immermehr Möglichkeiten gibt in der Arbeitsweltund auch im Privaten, muss man den Leu-

ten auch die Möglichkeit geben, individuellihre Rente zu gestalten, sprich flexibel inPension gehen zu können.

Mit einem Referenzalter von 65 für Frauenund Männer.Genau. Das Parlament und die kommendeGenerationen erhalten eine gute Basis, umsich in RuheGedanken über die Zukunft derAltersvorsorge machen zu können. Dafürbraucht es aber ein Ja. Bei einem Nein gibtes keine Angleichung des Rentenalters,der Mindestumwandlungssatz wird nichtgesenkt, Anreize, länger zu arbeiten und dieFlexibilität, die Rente individuell zu gestal-ten, wird es nicht geben. Dafür grosse finan-zielle Probleme bereits ab dem Jahr 2020.Und das ist sehr bald! Gerade für Unterneh-men ist das schon morgen.

Vergrössert der AHV-Zuschlag von70 Franken das Problem nicht zusätzlich?Gerade nicht. Diese 70 Franken und dieErhöhung des Rentenplafonds für Ehepaaresind finanziert, und zwar bis zum Jahr 2040!Der AHV-Zuschlag hat zwei ganz erhebli-che Vorteile. Erstens bildet er einen Teil derKompensation für die Senkung des Min-destumwandlungssatzes – zusätzlich zu denMassnahmen in der zweiten Säule. Das istsozialverträglicher als die Kompensationausschliesslich über die zweite Säule.Zweitens kommt er auch jenen zugute,die zwar erwerbstätig sind, aber trotzdemkeine zweite Säule haben, in erster LiniePersonen mit Teilzeitpensen, mehrerenArbeitgebern und kleineren Löhnen. Sokompensieren wir also nicht nur den tiefe-ren Umwandlungssatz, sondern wir schlies-sen auch noch eine bestehende Lücke derVorsorge.

Wie können sich Unternehmen auf diePensionierungswelle vorbereiten?Für die Unternehmen wird vor allem derFachkräftemangel ein Problem sein. Er istschon heute eine grosse Herausforderung.Schätzungen besagen, dass uns im Jahr2025 eine halbe Million Menschen auf demArbeitsmarkt fehlen werden. Das ist eineenorme Zahl. Die Flexibilisierung des Ren-tenalters ist ein sehr gutes Mittel, um dementgegenzusteuern. Ich gehe davon aus,dass ein Teil der Babyboom-Generation,die nun in Rente geht, auch bereit ist, län-ger zu arbeiten, wenn die Bedingungenstimmen. Mit der Reform wird es möglich,mit Erwerbstätigkeit nach dem Referenz-alter die AHV-Rente zu verbessern. Das istattraktiv und heute nicht möglich. Das Pro-blem könnte sich also von alleine lösen,eine gesetzliche vorgegebene Erhöhung des

DIE VORLAGE AUF EINEN BLICK

Flexibler Altersrücktritt in der ersten undzweiten Säule: Der Zeitpunkt der Pensionie-rung kann neu zwischen 62 und 70 Jahrengewählt werden. Beim Bezug vor 65 wird dieRente aufgrund der längeren Auszahlungs-dauer gekürzt, beim Aufschub nach 65 gibtes entsprechend einen Rentenzuschlag. MitTeilrenten wird eine gleitende Pensionierungmöglich.Erhöhung des Referenz-Rentenalters derFrauen auf 65 Jahre: Dieses wird bis zum Jahr2021 schrittweise um drei Monate pro Jahr an-gehoben.Zusatzfinanzierung durch die Mehrwertsteuer:Die MwST wird in zwei Etappen erhöht. Ab2018 wird sie um 0.3 Prozent erhöht. Da diebisherige Zusatzfinanzierung der IV (0.3 Prozent)Ende 2017 ausläuft, ist diese Erhöhung für dieKonsumenten neutral. Auf 2021 wird dieMwSt um weitere 0.3 Prozent angehoben.Beitrag des Bundes an die Finanzierung derAHV: Der Bund wird weiterhin 19.55 Prozent derAHV-Ausgaben tragen und verzichtet zusätzlichauf seinen 17-Prozent-Anteil am bestehendenMehrwertsteuerprozent für die AHV.Senkung des BVG-Mindestumwandlungssatzesvon 6.8 auf 6.0 Prozent: Die Senkung erfolgt invier Schritten von 2019 bis 2022.

Massnahmen im BVG zum Erhalt des Renten-niveaus: Der Koordinationsabzug im BVG wirdbeibehalten, aber für Versicherte mit tieferenEinkommen flexibilisiert, was bei ihnen zueinem höheren versicherten Lohn führt. DerKoordinationsabzug beträgt neu 40 Prozentdes Jahreslohnes; im Minimum 50 Prozent undim Maximum 75 Prozent der maximalen AHV-Rente. Die Altersgutschriften in Prozent des ver-sicherten BVG-Lohnes werden bei Versichertenim Alter von 35 bis 54 Jahren um 1 Prozenterhöht.Ausgleichsmassnahmen in der AHV:Wer im Jahr2018 Referenzalter 65 erreicht, erhält ab 2019einen AHV-Rentenzuschlag von 70 Frankenpro Monat. Der Rentenplafond für Ehepaarewird von 150 auf 155 Prozent einer maximalenAHV-Rente angehoben. Um diese Ausgleichs-massnahmen zu finanzieren, werden die AHV-Lohnbeiträge ab 2021 um 0.3 Prozent auf 8.7Prozent angehoben.

Zusätzliche Massnahmen:–Überwachung des finanziellen Gleichgewichtsder AHV durch den Bundesrat.–Verbesserung der Transparenz im Geschäft derberuflichen Vorsorge der Lebensversicherer.

THEMA

zumachen –, oder wir lassen es bleiben undwerden schon in zwei Jahren erheblicheProbleme haben. Niemand ist doch so naivanzunehmen, dass esmöglich sei, in diesemhoch dynamischen Politikbereich eineLösung für die Ewigkeit zu finden. Jetztheisst es den jahrzehntelangen Reformstauzu überwinden, und wieder in den Rhyth-mus zu kommen, regelmässig Anpassungender Altersvorsorge an die gesellschaftlichenEntwicklungen vorzunehmen, wie dasfrüher ja einmal der Fall war. Das und nichtsanderes ist das Gebot der Stunde.

Was, wenn die Reform scheitert?Dann befändenwir uns sehr schnell in einerakuten Situation. Das kann sich niemandwünschen. Hinzu kommt, dassmanwenigergute Entscheidungen trifft, wennman unterhohem Druck steht.

Können Sie die Kritik der Wirtschaftsver-bände nachvollziehen?Niemand ist zu 100 Prozent mit allen Teilender Vorlage einverstanden. Es ist ein Kom-

promiss. Ein gut schweizerischer Kompro-miss. Nicht mehr und nicht weniger. Esgibt für alle Kreise neben vielen positivenauch negative Punkte. Daher das Gesamt-paket, damit wir eine ausgewogene Kom-promisslösung schnüren können. Für dieWirtschaft ist zentral, dass die Leute derAltersvorsorge vertrauen. Die soziale Stabi-lität in der Schweiz ist eine unserer grösstenErrungenschaften und gerade im Vergleichmit anderen Ländern eine unserer Stärken.Diese muss man wertschätzen und dafürkämpfen, dass das auch so bleibt.

Interessant ist auch der Blick ins Ausland.In Schweden beispielsweise richtet sichdie Rente künftig nach der Alterung derBevölkerung und nach der konjunkturellenLage. Rentenlücken sind so ausgeschlossen.Interessant für uns: Die Reform wurdediskussionslos durchgebracht. Könnte diesauch für die Schweiz eine Lösung sein?Wenn man die Schweiz wirklich mitSchweden vergleichen will, dann aberkonsequent: Dann muss man auch darauf

hinweisen, dass das effektive Rücktritts-alter in der Schweiz höher ist als inSchweden und dass in Schweden eineKündigung aus Altersgründen als miss-bräuchlich gilt. Ausgeblendet wird auch,dass die wöchentliche Arbeitszeit inSchweden tiefer ist als in der Schweiz,oder dass es einen Elternurlaub von 80Wochen gibt. Bei internationalen Ver-gleichen darf man nicht einfach ein Ele-ment, das einem gerade passt, herauspi-cken, sondern man muss die Systeme inihrer Gesamtheit vergleichen. Will maneinen Automatismus beim Rentenalter inder Schweiz, so muss man auch die direkteDemokratie in der Schweiz abschaffen. Dasist die grössteDifferenz zu anderenLändern.Wir sind wohl das einzige Land – und dasschätze ich sehr –, das für eine solcheReformdie Mehrheit bei der Bevölkerung braucht.Anderswo entscheidet die Regierung odereine Mehrheit im Parlament und fertig,dann wird das umgesetzt. Eine Reform istdort viel einfacher durchzubringen. Dafürist sie manchmal nicht breit abgestützt. Ich

«NIEMAND IST DOCH SO NAIV ANZUNEHMEN, DASS ES MÖGLICH SEI,EINE LÖSUNG FÜR DIE EWIGKEIT ZU FINDEN.»

16 UnternehmerZeitung | Nr. 5 2017

Nr. 5 2017 | UnternehmerZeitung 15

Ist die Schweiz reformfähig?ALTERSVORSORGE 2020 Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, verdie-nen auch eine anständige Rente. Wolle man dieses Versprechen bis 2030 halten,müsse man die Rentenreform annehmen, sagt Bundesrat Alain Berset im Inter-view. «Altersvorsorge 2020» sei ein gut schweizerischer Kompromiss.INTERVIEW ANOUK ARBENZ FOTOS GRAEME FORDHAM

schiedet. Am 24. September 2017 wird sichzeigen, ob die Vorlage auch das Volk über-zeugen kann.

Erst einmal Gratulation zur Annahme derReform im Parlament! Nach 20 Jahren er-folgloser Versuche ist Ihnen damit ein ers-ter grosser Erfolg gelungen. Haben Sie eineErklärung dafür, warum es so lange nichtgeklappt hat?ALAIN BERSET Die inden letzten Jahrzehntengescheiterten Reformen haben jeweils ent-weder die AHV oder die berufliche Vorsorgebetroffen. Doch für die Leute ist entschei-dend, wie viel Rente sie am Schluss in Fran-ken und Rappen haben. Nun liegt ein ausge-wogenes Gesamtpaket vor, das beide Säulengleichzeitig reformiert. Das bringt Transpa-renz, Stabilität und Sicherheit. Damit wirdnicht zuletzt auch der WirtschaftsstandortSchweiz gestärkt.

Warum hat sich die Reform im Parlamentjetzt durchsetzen können, was ist diesmalanders?Weil alle sehen, dass es jetzt wirklichnötig ist. Wenn wir die Stabilität unseresVorsorgesystems gewährleisten wollen,müssenwir jetzt etwas tun. Dessen sind sichauch alle bewusst. Wir haben uns genügendZeit genommen, ummit denVerbänden, denParteien und im Parlament zu diskutieren.Am Schluss herrschte Einigkeit, dass wirdie beiden Säulen gleichzeitig reformierenwollen, dabei das Rentenniveau halten unddas Rentenalter für Frauen und Männer auf65 angleichen. Der grösste Streitpunkt istnoch, wie die Senkung des Umwandlungs-satzes kompensiert werden soll. Ohne ange-

messene Kompensation hat eine Reform ander Urne keine Chance.

Sie haben rund fünf Jahre an dieser Reformgearbeitet. Was bereitete die grösstenSchwierigkeiten?Eswar eine schöne Arbeit, die in der Verwal-tung begann und eine breite Diskussion inderÖffentlichkeit und imParlament erlaubte.Alles kam zur Sprache: von unseren funda-mentalen Werten bis hin zu «technischenDetails». Anspruchsvoll war die Aufgabenicht nur für die Verwaltung, sondern auchfür die Palamentarierinnen und Parlamenta-rier, von denen etliche noch nie eine Reformder Altersvorsorge beraten hatten. Nun freueichmich auf die Abstimmungsdebatte.

Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbändekritisieren, dass durch die Reform dieAHV nicht nachhaltig gesichert würde,da eine Schuldenbremse fehlt. In einigenJahren wird der Bundesrat schon über dienächste Reform diskutieren müssen, da2030 die AHV nicht mehr finanzierbar ist.Müsste man nicht langfristiger denken undschon jetzt Massnahmen zur nachhaltigenSicherung der AHV einleiten?Mit der Reform ist die Finanzierung derAHV bis ins Jahr 2030 gesichert. Dieser Zeit-horizont war immer das Ziel des Bundes-rats, weiter hinaus sind Szenarien mit allzugrossen Unsicherheiten behaftet. Doch beieinem Scheitern dieser Reform bekämenwir sehr schnell Probleme. Das muss manschon sehen. Entweder wir machen diesenSchritt und stabilisieren das System bis insJahr 2030 – dann habenwir zwölf Jahre Zeit,um uns über die nächste Reform Gedanken

D ie Altersstruktur der SchweizerBevölkerung gleicht schon seitgeraumer Zeit nicht mehr einer«Pyramide», vielmehr einer

Zwiebel oder – umdas Kind beimNamen zunennen – einer Urne. In den zwanzig Jahrennach demZweitenWeltkrieg ist die Zahl derGeburten extrem gestiegen, man nennt dieKinder dieser Zeit daher auch die «Baby-boom-Generation». Da diese Generationin den nächsten Jahren das Rentenaltererreicht, verändert sich das Verhältnis derRentner zu der beitragszahlenden Bevölke-rung: Während heute drei Beitragszahlerauf einen Rentner kommen, werden es imJahr 2030 nur noch 2.4 sein. Immer mehrRentner müssen also von immer wenigerBeitragszahlern finanziert werden. Gleich-zeitig steigt die Lebenserwartung und damitder Gesamtbetrag der zu bezahlendenRenten.

Die Finanzierungslücke, die dadurchentsteht, wird Szenarien zufolge abdem Jahr 2020 immer grösser, der AHV-Ausgleichsfonds leert sich langsam. Diesteigende Lebenserwartung ist auch für dieberufliche Vorsorge eine Herausforderung.Noch mehr machen ihr aber die tiefenZinsen zu schaffen. Der Umwandlungs-satz, mit denen die Pensionskassen dieRenten berechnen müssen, erfordert eineRendite, die schon seit Jahren nicht mehrerreichbar ist. Der Bundesrat hat daher2014 die Reform «Altersvorsorge 2020»vorgelegt, um die Finanzierung der AHVund der obligatorischen beruflichen Vor-sorge sicherzustellen (siehe Kasten). Am17. März hat das Parlament die Reform,die bereits 2018 in Kraft treten soll, verab-

«WIR MÜSSEN DER NÄCHSTEN GENERATION DIE MÖGLICHKEIT GEBEN,FÜR SICH SELBST ANTWORTEN ZU FINDEN.»

14 UnternehmerZeitung | Nr. 5 2017

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wort ist ziemlich eindeutig. Ich glaube, dieBevölkerung stimmt sehr pragmatisch ab.

Wie überzeugen Sie KMU von derReform?DieseReform istwahrscheinlichdie denkbargünstigste Reform. Klar, die Erhöhung derMehrwertsteuer ist ein negativer Punkt fürdie Wirtschaft. Aber das Parlament hat hiereine sehr wirtschaftsfreundliche Lösunggefunden. Die Mehrwertsteuer bleibt imJahr 2018 bei 8 Prozent undwird erst im Jahr2021 um 0.3 Prozent erhöht werden, weildie AHV einfach 0.3 Prozentpunkte aus derZusatzfinanzierung für die IV übernehmenkann. Hinzu kommt eine Beitragserhöhungvon 0.3 Prozent in der AHV, die hälftig aufArbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteiltwird, übrigens die erste Beitragserhöhungseit mehr als 40 Jahren. Wenn man jetzteinfach abwartet, werden die finanziellenLöcher riesig werden. Wir sprechen hiervon Defiziten in Milliardenhöhe. Und dassofort. Danach wirdman in Eile wieder eineReform ausarbeiten müssen, die dann aberwesentlich teurer sein wird. Ich denke, dieVorlage ist ein guter Deal für die Wirtschaft.Wir regeln nicht alles für die Ewigkeit – daswäre auch ein zu hoher Anspruch –, aberwir regeln die Situation rechtzeitig und fürdie nächsten 15 Jahre.

Sagen wir, die Reform kommt durch. Wiewird es nach 2030 weitergehen?Da bin ich sehr schweizerisch: Immer einenSchritt nach demanderen. Die Reform ist einüberzeugenderKompromiss und schafft einegute Grundlage, damit die nächste Genera-tion sich inRuheGedankenüber die Zukunftmachen kann. Das ist auch Sinn und Zweckder Politik. Wir sollten die nächsten Genera-tionen nicht der Möglichkeit berauben, Ant-worten für sich selbst zu suchen.

Die Frage ist, ob meine Generation dannnoch genug Zeit haben wird, sich daraufvorzubereiten.Bei einer Annahme der Reform werden Siedas haben. Es wird sich nämlich viel be-wegen. Der Mindestumwandlungssatz wirdgesenkt, das ist gut für die Pensionskassenund die Stabilität der zweiten Säule. DieFinanzierung für die erste Säule wirdgesichert, waswiederum für Stabilität sorgt,das Referenz-Rentenalter der Frau wirderhöht und das Rentenniveau 65 bleibterhalten. All dies schafft eine gute Basis fürdie nächste Generation, die sich überlegenmüssen wird, welche Anpassungen siefür nötig hält. Im Falle eines Neins wäreder Druck sehr hoch – keine gute Ausgangs-lage, um sich ruhig Gedanken machen zukönnen.

32. INTERNATIONALES EUROPA FORUM LUZERN15. Mai 2017, KKL Luzern Am kommenden Europa Forum zeigenSpitzen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik auf, mit welchenkonkreten Veränderungen Schweizer Unternehmen im neuen glo-balen Wettrennen rechnen müssen und wie sie sich darauf vorbe-reiten, um weiterhin zur Weltspitze zu gehören.

Mitwirkende sind neben Bundesrat Alain Berset unter anderemauch Jan-Egbert Sturm, Direktor KOF ETH Zürich, der Chef derNew York Times London Steven Erlanger, Holger Demuth, COOund CFO China Construction Bank CCB Zurich, Christoph Schmidt,Präsident der Wirtschaftsweisen, der CEO der Bank VontobelZeno Staub und Daniel Vasella, ehemaliger CEO und VR-Präsidentvon Novartis.

Informationen und Anmeldung unter:www.europaforum.ch, [email protected]: Teilnehmerzahl beschränkt

18 UnternehmerZeitung | Nr. 5 2017

THEMA

Referenzalters wäre dann gar nicht mehrnötig.

Und die Arbeitgeber müssen auch bereitsein, diese Leute so lange zu beschäftigen.Die Arbeitgeber werden wohl froh sein,erfahrene Fachkräfte zu haben. Sie werdendiese Leute so lange wie möglich behaltenwollen. Klar, ich kann die Zukunft nichtvoraussagen. Wir müssen aber schon heute

die richtigen Weichen stellen, um auf einesolche Entwicklung vorbereitet zu sein.

Müsste man das Problem nicht am Ursprunganpacken, also Lösungen finden, wie dasWirtschaftswachstum gefördert und die Im-migration besser gelenkt werden kann?Bon. Es ist klar, dass die generellen Rah-menbedingungen extrem wichtig sind.Da gehört die Altersvorsorge dazu. Wennman uns mit anderen Ländern vergleicht,in denen es grosse soziale Probleme gibt,ist unser Vorsorgemodell noch solide undsicher. Die soziale Stabilität hängt mit demVersprechen zusammen: Wer ein Lebenlang gearbeitet hat, sollte auch eine würdigeRente bekommen. Das ist ein wichtigesVersprechen. Die Migration hat uns in denletzten vier Jahren heftige Diskussionenbeschert. Man hat da schon gespürt, dassdie Leute nicht bereit dazu sind, demFachkräftemangel allein mittels Migrationentgegenzuwirken.Abermankannnatürlich

Das ursprünglich von AlainBerset vorgelegte und nunauch vom Parlament beschlos-sene Reformpaket zur Alters-vorsorge eröffnet die Chance,erstmals nach 20 Jahren eineRentenreform erfolgreich überdie Bühne zu bringen.

immer etwas tun. Die Massnahmen reichenvom Inländer-Vorrang über einewirksamereFamilienpolitik bis hin zu Massnahmen inder Bildungs- und der Steuerpolitik.

Im September die Mehrheit im Volk zufinden, wird eine riesige Herausforderung.Nachdem die USR III abgeschmettertwurde, stellt sich vielleicht auch dieFrage, ob die Schweizer nicht etwas«reformmüde» geworden sind. Was ist IhreEinschätzung?Ich sehe keine Anzeichen dafür, dass dieBevölkerung reformmüde ist. Die USRIII scheiterte aus anderen Gründen. Kri-tisiert wurde etwa die fehlende Trans-parenz. Die Leute sind nicht bereit, dieKatze im Sack zu kaufen. In einer direktenDemokratie muss man so klar wie möglicherklären, worum es geht. Am Ende müssensich die Leute fragen: Was ist besser fürdie Zukunft der Altersvorsorge; die gel-tende Ordnung oder die Reform? Die Ant-

«IM JAHR 2025 WIRD UNS EINE HALBE MILLION MENSCHEN AUF DEM ARBEITS-MARKT FEHLEN. DIE FLEXIBILISIERUNG DES RENTENALTERS IST DESHALB GENAUDAS RICHTIGE MITTEL, UM DIESER ENTWICKLUNG ENTGEGENZUSTEUERN.»

Thema der UZ 5 2017Bundesrat Alain Berset zur Altervosorge

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«Eine Lösungfür dieEwigkeitgibt es nicht»Bundesrat Alain Bersetim Interview

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Nr. 12, Dezember 201622. Jahrgang, Fr. 8.–www.unternehmerzeitung.ch

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WUNDER-BATTERIEDrei Brüder aus Österreich haben einen Akku erfunden, der leichter, kompak-ter und leistungsfähi-ger sein soll als alles, was es heute auf dem Markt gibt. Seite 32

LOGISTIK Neue Techno logien werden in den kom-menden 20 Jahren unser Leben und Arbeiten drastisch verändern. Seite 44

VR-PRAXIS Karin Lenzlinger über die Herausforderun-gen eines Familien-unternehmens in der männerdominierten Baubranche. Seite 48

Wirtschaftsstandort Schweiz

Wie gut gehtes uns wirklich? ab Seite 12

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THEMADIGITALE

TRANSFORMATION

12 UnternehmerZeitung | Nr.1/2 2017

«Der Anfang ist gemacht»BLICK IN DIE ZUKUNFT Ist die Digitalisierung eine Chance? Oder doch eher eineBedrohung? Trendforscher David Bosshardt spricht sich für die Anwendung neuerTechnologien aus, warnt aber auch vor dem gesellschaftlichen Graben, der durchdie Digitalisierung entstehen könnte.INTERVIEW A N O U K A R B E N Z

D avid Bosshart, Trendforscherund Geschäftsführer des GottliebDuttweiler Instituts (GDI), sprichtim Zusammenhang mit der vier-

ten industriellen Revolution von einer «cha-otischen Phase», in der wir neu lernen unduns anpassen müssen. Wir wollten von ihmwissen: Wie wird sich die Digitalisierungauf die Gesellschaft auswirken?

Herr Bosshart, Sie sind Trendforscher undleiten mit dem GDI ein Forschungsinstitut,das wissenschaftliche (Trend-)Forschungauf sozialem und wirtschaftlichem Gebietbetreibt. Niemand kann diese Frage des-halb besser beantworten als Sie: WelcheEntwicklungen werden uns in diesem Jahrbesonders beschäftigen?DAVID BOSSHART Nicht die Wirtschaft, son-dern vor allem die politischen Ereignisse:Donald Trump und die BeziehungChina-USA sind der Schlüssel fürAsien und auch für uns – insbe-sondere in Anbetracht des Brexitsund der Frage, wie es mit Europaweitergeht, wennDeutschland undFrankreich schwächer und voninnenpolitischen Themen zerris-sen werden.

In welchen Bereichen zeichnen sichneue Trends ab?Die Digitalisierung schreitet sehrschnell voran und das betrifft jegliche Berei-che: Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.Künstliche Intelligenz ist 2017 das wich-tigste Stichwort, aber auch die sogenanteConversational Technology (Dialogsysteme)wird uns dieses Jahr beschäftigen.

Es gibt kaum einen Bereich, der von derDigitalisierung nicht betroffen ist. Wie wirktsich dies auf das gesellschaftliche Verhal-ten aus?Es ist zu erwarten, dass wir durch mindes-tens 10 bis 15 chaotische Jahre gehen wer-

den. Hier fragt sich, wie und mit welchenMethoden wir uns etwa in der Bildunganpassenmüssen. Dennwennwir nicht mitden richtigen Tools und Methoden lernen,wird auch die Wirtschaft nicht vorankom-men.

Welche Probleme bringen solchegesellschaftlichen Veränderungen mit sich?Problematisch wird es, wenn es in dieserchaotischen Phase zu einem im grösserwerdenden Graben kommt zwischen denje-nigen, die wissen, wie sie die neuen Toolsund Methoden nutzen sollen, und denje-nigen, die das nicht wissen oder die diesenicht anwenden wollen.

Die Menschen werden immer älter. Derdemografische Wandel ist sowohl politischund gesellschaftlich als auch wirtschaftlich

gesehen eine grosse Herausforderung.Stellt der digitale Wandel da eine zusätz-liche Schwierigkeit dar oder bietet ervielmehr eine Chance, die Probleme derÜberalterung zu lösen?Ja, der digitale Wandel kann viel dazu bei-tragen, die demographische Herausfor-derung abzumildern, denn die Menschenkönnen dank Tablets oder dem Internet ofThings viel länger selbstbestimmt leben.Ich bin erstaunt, dass noch niemand daraufgekommen ist, Überalterung als diskrimi-nierenden Begriff anzukreiden. Oberkluge

Zeitgenossen könnten darin sogar Ras-sismus sehen. Die Schweiz hat nicht nurdie gesündesten Pensionierten, alte Men-schen sind auch produktiv, gelassener undfriedlicher. Es gibt keine alten Terroristen.Ein hoher demographischer Medianwertist besser für eine Gesellschaft als ein sehrtiefer.

Roboter könnten älteren Menschen bei-spielsweise im Haushalt helfen oder sieanderweitig unterstützen. Ist dies nochreine Zukunftsmusik?Sicher. Wichtig ist, mit einfachen Verrich-tungen zu beginnen wie Staubsaugen,Türen schliessen oder an Pilleneinnahmeerinnern. Die komplexeren, emotionalenAufgaben kommen später, etwa der Gangauf die Toilette oder gar der Beziehungs-aufbau zu einem Roboter. Zu Autos haben

viele Menschen ja aucheine emotionale Bezie-hung, wir geben ihnenunter Umständen sogarNamen. Einem Kühl-schrank nicht. Beiimmer intelligenterenRobotern passiert einqualitativer Sprung.

Auf der anderen Seitebesteht die Gefahr, dassRoboter Menschen auf

die Strasse drängen, da Berufe durch Auto-matisierung und Robotik verschwinden. Werwird im Kampf «Mensch versus Roboter»den Kürzeren ziehen? Wird es überhaupt zueinem «Duell» kommen?Komplementarität, nicht direkter Wett-bewerb ist derAnsatz. Roboter sind schlecht,wenn es um Kontext geht, sie können sehrgenau nur ein enges Feld abdecken. Daherist bis auf weiteres alles, was kontextabhän-gig ist, weniger automatisierungsgefähr-det. Dazu gehört zum Beispiel der Berufdes Friseurs oder des Waldarbeiters. Mehr

«MENSCHEN KÖNNEN DANKTABLETS ODER DEM INTERNETOF THINGS VIEL LÄNGER SELBST-BESTIMMT LEBEN»

Nr.1/2 2017 | UnternehmerZeitung 13

Wie wird die Welt in 30 Jahren aussehen? David Bosshart, Trendforscher und CEO des Gottlieb Duttweiler Instituts, beschäftigt sich täglich mit globalen Zukunftsszenarien. Bild: Christian Schnur, Keystone

KOMMENTAR

Das Fett muss wegVON B E R N H A R D WE I SS B E RG *

Ja, die Globalisierung! Sie ist plötzlich schuld an allem:

Am Aufkommen von radika-len Parteien, am Verlust von Arbeitsplätzen, am Zweifel der heutigen Regierungsform.

Falsch! Die Globalisierung hat in den letzten 50 Jahren mehr Demokratie gebracht: Die Hälfte der Staaten hat heute ein demokratisches System. 1960 waren lediglich 30 Pro-zent der Staaten demokratisch organisiert. Sie hat weltweit die Armut reduziert – von 60 auf 10 Prozent. Die Globalisierung hat Milliarden von Menschen Fortschritt gebracht. Wer auf sie spuckt, sollte bedenken, wie das Leben heute ohne diese

weltweite Vernetzung wäre – und wie man sich in einer derarti-gen Situation (arm, ungebildet, unde-mokratisch) fühlen würde.

Die grössten Trei-ber der Unzufriedenheit: Ers-tens führt die Digitalisierung zu einem breiten Gefühl der Ersetzbarkeit, besonders im Mittelstand. Zweitens fehlt das Wachstum: Nach dem Zweiten Weltkrieg profitierten alle. Seit den zwei Krisen zu Beginn des neuen Jahrtausends sind die Unternehmen gezwungen, ihre Produktivität zu überprü-fen. Und siehe da: Die Firmen haben Fett angesetzt, das jetzt weggespart wird. Es ist der Erfindungsgeist des Menschen, der immer wieder Arbeit abschafft – und immer wieder neue Arbeit erfunden hat.

* Bernhard Weissberg sammelte 30 Jahre Erfahrung in der Medienbranche als Gründer, Chefredaktor (u.a. beim Blick) und Mitglied der Konzernleitung von Ringier. Er berät mit seiner Firma Weissberg Consulting Führungskräfte in allen Kommunikationsfragen.

4 UnternehmerZeitung | Nr.1/2 2017

I NHALT

WIRTSCHAFTSKRIMINAL ITÄT Die Ökono-min, Professorin und Unternehmerin SitaMazumder erachtet unsere eigene Mani-pulierbarkeit als die grösste Bedrohungfür die Menschheit. Nicht nur wenn es umTerrorismus und Bestechung geht, auch inder Politik könne Manipulation zu einemmachtvollen Instrument werden. 24

KÖPFE UND KARRIEREN 6Leandra Comment: «45 Bewerbungen,44 Absagen» 8

THEMAZukunftsstoff oder Hype? Welche Techno-logien haben das Potential, unsere Gesell-schaft fundamental zu verändern? 10

Im Gespräch mit David Bosshart, Trend-forscher und Geschäftsführer des GottliebDuttweiler Instituts (GDI) 12

Photonics: Licht für intelligenteMaschinen 14

Bioprinting: Die Niere aus dem Drucker 16

Robotics: ETH-Professor Roland Siegwarthat sich unseren Fragen gestellt 18

WIRTSCHAFTKonjunkturumfrage 1/2017 22

Prof. Sita Mazumder zum ThemaWirtschaftskriminalität in der Schweiz 24

EXPORTExportperspektiven für KMU 27

INNOVATIONPark Innovaare: Geglückt herangerückt 28

ENERGIEMilliarden für Erneuerbare 32

UZ -PRAX ISIT-RATGEBERSicheres Zuhause für Websites 33

DIGITALBlockchain: Mehr als ein Transaktions-protokoll 34Sketch-iD: Vertragsabschlüsse komplettdigital abwickeln 36

FINANCESpareinlagenmarkt: Wege aus derNiedrigzinsfalle 38Warum Anleger nie aus ihren Fehlernlernen – Tipps 40

BLICK IN DIE ZUKUNFT Ist die Digitalisierung eine Chance? Oder doch eher eine Bedro-hung? Trendforscher David Bosshardt spricht sich für die Anwendung neuer Technologienaus, warnt aber auch vor dem gesellschaftlichen Graben, der durch die Digitalisierung ent-stehen könnte. SEITE 12

Nr.1/2 2017 | UnternehmerZeitung 5

SKETCH - ID Kompliziert, ellenlange Pass-wörter könnten schon bald der Vergangen-heit angehören: Eine Firma aus Bern hatzusammen mit der Fachhochschule Nord-westschweiz eine Software entwickelt, dieUnterschriften auf mobilen Geräten fäl-schungssicher erkennt. SEITE 36

SWISSMETRO Das Projekt ist gut vier Jahr-zehnte alt: Ein Hochgeschwindigkeitszugdurchs SchweizerMittelland. Zwischenzeit-lich von der Bildfläche verschwunden, star-tet der Verein Pro Swissmetro einen neuenVersuch, die Vision in die Tat umzusetzen.

SEITE 42

THEMA Angesichts der vielen neuen und spannenden Technologien werden wir wie-der zu staunenden Kindern, die sich in dieser neuen Welt erst einmal zurechtfindenmüssen. Immer wieder hört und liest man, dass neue Technologien unsere Lebens- undArbeitsweise, unsere Geschäfts- und Denkmodelle verändern, ja gar revolutionieren wer-den. Ob man nun will oder nicht. Doch wir vergessen eines: Wir gestalten die Zukunftmit. Ob sich eine Technologie durchsetzen wird, liegt auch daran, ob wir sie akzeptie-ren und tatsächlich anwenden. Wir stellen drei zukunftsträchtige Technologien vor, diedas Zeug dazu hätten, unsere Arbeits- und Alltagswelt in eine ganz neue Richtung zubewegen. AB SEITE 10

VRPRAX ISAntoinette Hunziker-Ebneter:Ökonomin mit Prinzipien 48Fiduziarischer Verwaltungsrat:Doppelte Verantwortung 50Recht: Datenschutz 51

MOBILITÄTSwissmetro: Highspeed unter Land 42

MARKETINGBlackBerry: Beerenstarke Dachmarken-strategie 45

MANAGEMENTKonfliktmoderation: Büro-Streithähneversöhnen 46

NETZWERKESwiss Venture Club 53Unternehmerforum 54Centre Patronal (sivg) 55

BLICK IN DIE WELTJapan: KI übernimmt Arbeitsplätze 56USA: Wirtschaftspolitik per Twitter 57

PREVIEWAutomobilsalon Genf:Schön, schnell, schnittig 58

Swiss Economic Forum: Wilde Zeiten 58

10 FRAGEN ANAdrian Steiner, Direktor desTourneetheaters «Das Zelt» 59

KAPITALMARKTImpressum 60

DAS LETZTEDer Bahnhoftröster 62

INVESTIT IONSFONDS Milliardäre wie BillGates, Amazon-Chef Jeff Bezos und SAP-Gründer Hasso Plattner wollen über denBreakthrough Energy Ventures Fund eineMilliarde Dollar in erneuerbare Energieninvestieren. Eine Antwort an die Klima-zweifler in Washington. SEITE 32

UNMORAL UND GELDGIER Sie ist die ersteFrau an der Spitze der Berner Kantonal-bank, war Geschäftsführerin der SchweizerBörse und verfügt über 30 Jahre Erfahrungim Finanzbereich. Antoinette Hunziker-Ebneter stellt sich der Unmoral und Geld-gier in der Bankenwelt bewusst entgegenund fördert Investitionen in nachhaltigeUnternehmen. SEITE 48Bildverweise auf den jeweiligen Seiten

Redesign der UZ– Neues Logo– Neues Cover – Straffes Erscheinungsbild (weniger

Schriftentypen)– Editorial – Grosszügiges Inhaltsverzeichnis– Integration diverser neuer Elemente:

Kolumnen, News und ein neues Farbkonzept

Page 5: Genesis 4/2010

www.typoraum.chab 2016

Arbeitsproben l www.typoraum.ch 1 5

THEMADIGITALE

TRANSFORMATION

Bild:Keystone,ChristianSchnur

TRENDFORSCHER DAVID BOSSHARDT

«Der Anfang istgemacht»

THEMA Diese Technologien verändern die ZukunftINNOVATION Park InnovAare sichert WettbewerbsvorteilFINANCE Wege aus der NiedrigzinsfalleVR-PRAXIS Antoinette Hunziker: Ökonomin mit Prinzipien

Nr. 1/2 l Februar 2017 l 23. Jahrgang l Fr. 8.– l www.unternehmerzeitung.ch

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6 1 www.typoraum.ch l Arbeitsproben

36 UnternehmerZeitung | Nr. 5 2017

MOB I L

Mit Leichtigkeit sparenTEIL II: STAR ALLIANCE MEILENPROGRAMME Das Meilenprogramm «Life Mi-les» der kolumbianischen Airline «Avianca» bietet mehrmals jährlich Meilenkauf-Promotionen an. Werden diese Meilen für die Buchung von Business- oder FirstClass-Prämienflügen verwendet, spart der Kunde bis zu 60 Prozent im Vergleichzum regulären Ticketpreis.TEXT ALFRED KUHN

B ei den meisten Meilenprogram-men verfallen die Meilen nachzwei oder drei Jahren. Sie ver-lieren oft ihren Wert, bevor

der Kunde genügend Meilen für einenPrämienflug gesammelt hat. Es lohnt sichzum gegenwärtigen Zeitpunkt – nachdemviele Meilenprogramme ihre Bedingungenfür Prämienflüge verschlechtert haben –nur noch der Beitritt zu einem Meilenpro-gramm, bei dem die fehlenden Meilen füreinen Prämienflug günstig hinzugekauftwerden können. Wir haben in der letztenUZ-Ausgabe drei Oneworld-Meilenpro-gramme vorgestellt, bei denen es sich lohnt,Meilen zu kaufen.

Der beste Tipp für den Meilenkaufbesteht auch bei Star Alliance darin,Meilen-bonus-Promotionen abzuwarten. Dies sindzeitlich befristete Meilen-Kaufaktionen, beidenen zu jeder gekauften Meile noch ein-mal 100 Prozent (oder sogar mehr) zusätzli-che Meilen gratis dazu gegeben werden. Invielen Fällen spart man auf diese Weise beiBusiness Class-Flügen über 30 Prozent, beiFirst Class-Flügen sogar teilweise über 50Prozent im Vergleich zum regulären Ticket-preis.

Auch für die Star Alliance-Meilenpro-gramme gilt: Wer von den günstigen Busi-ness- und First Class-Prämienflügen profi-tieren will, muss etwas eigene Recherche

betreiben. Nach dem Kauf der Meilen istinsbesondere die Suche nach verfügbarenPrämienflügen manchmal etwas zeitauf-wendig – aber es zahlt sich aus!

STAR ALLIANCEDie Star Alliance wurde 1997 gegründet.Gegenwärtig sind 28 Fluggesellschaftenals Mitglieder registriert. Diese habenzusammen eine Flottenstärke von 4657Flugzeugen. Damit ist die Star Alliance diegrösste Luftfahrtallianz der Welt. Die Grün-dungsmitglieder von Star Alliance waren:Lufthansa, Air Canada, Thai Airways, SASScandinavian Airlines und United Airlines.Unter anderen gehört heute auch die Swiss,als Tochter der Lufthansa, zur Star Alliance.Alle angeschlossenen Airlines bieten eineigenes Meilenprogramm an. Die bei einemdieser Programme erflogenen oder gekauf-ten Meilen können aber bei allen Partner-Airlines für die Buchung von Prämienflügeneingesetzt werden.

Für Schweizer Kunden, die gerne direkt– ohneZwischenlandung - an ihr Ziel gelan-gen, ist die Star Alliance besonders inter-essant, da diverse Airlines ab Zürich oderGenf Nonstop-Flüge an das gewünschte Zielanbieten. Darunter befinden sich Anbieterwie etwa Thai Airways (Direktflüge nachThailand) oder die Swiss. Aber ausgerech-net beim Meilenprogramm Miles&More

von Lufthansa/Swiss ist der Meilenkauf seitMitte 2014 nicht mehr möglich. Ausserdemsind dieGebühren und Steuern bei Buchungeines Prämienfluges mit Miles&More exor-bitant hoch. Das Miles&More Meilenpro-gramm wurde in den letzten Jahren schritt-weise massiv verschlechtert, sodass diesesMeilenprogramm für Normalflieger – miteiner einstelligen Anzahl Flügen pro Jahr –kaum mehr zu empfehlen ist. Wir haben infrüheren UZ-Ausgaben darüber berichtet.

BESTES STAR ALLIANCE MEILEN-KAUFPROGRAMMAvianca ist die älteste und grösste AirlineKolumbiens. DerenMeilenprogrammheisst«Life Miles». Avianca ist seit einigen JahrenMitglied von Star Alliance. Beim regulärenMeilenkauf bezahlt man rund 3.3 Rappenpro Meile. Life Miles bietet aber mehrmalsjährlich «2 x 1 Promotionen» an, bei denenMeilen für nur rund 1.5 Rappen pro Meilegekauft werden können. Besonders positivist bei diesem Meilenprogramm ausserdemdie Tatsache, dass man bis zu 60 Prozentder benötigten Meilen für einen Prämi-enflug direkt bei der Buchung hinzukau-fen kann. Auch in diesem Fall kommt einpreisgünstiger Meilenpreis von knapp 1.6Rappen zur Anwendung. Der Vorteil diesereinzigartigen Regelung besteht darin, dassman nicht viele Meilen auf einmal kaufen

Der beste Tipp für den Meilenkaufbesteht auch bei Star Alliance darin,

Meilenbonus-Promotionenabzuwarten.

Bild: Depositphotos.com, Shebeko

Nr. 5 2017 | UnternehmerZeitung 37

und horten muss, sondern einen Teil direktbei der Buchung nachträglich bar bezahlenkann. Dadurch ist der Kunde bis zu einemgewissen Grad geschützt vor einer allfälli-gen Abwertung der Meilen. Man sollte sichals Meilensammler ja immer bewusst sein,dass der Wert einer Meile unsicher ist. AlleVielfliegerprogramme können die erforder-liche Anzahl Meilen für einen Prämienflugvon einem Tag auf den anderen ändern.

Als Mitglied von Star Alliance ist dieBuchung von Prämienflügen mit «LifeMiles» bei den meisten Partnerairlineswie beispielsweise Swiss und Thai Air-ways möglich. Beispielsweise kostet einOneway-Flug ohne Zwischenlandung vonZürich nach Bangkok in der Business Class– bezahlt ausschliesslichmit gekauften Pro-motionsmeilen – bei beiden Airlines nurknapp 1200 Franken inklusive Gebühren.Ein weiteres Beispiel: Ein Oneway-Flug inder Business Class mit TAP Portugal vonZürich nach Sao Paulo kostet, ebenfallsdank Promotionsmeilen, umgerechnet nurrund 1150 Franken inklusive Gebühren.

MIT ETWAS GEDULD UM DIE HALBE WELTFLIEGENTreibstoffzuschläge werden prinzipiellnicht erhoben. Um in den Genuss dieserVorteile zu kommen und regelmässig überdie Promotionen informiert zu werden,

sollte man sich vorgängig kostenlos bei«LifeMiles» registrieren.Manche besondersattraktiven Promotionen werden via Emailnur Mitgliedern angeboten, die vorherschon eine gewisse Zeit registriert waren.Pro Jahr können maximal 150000 Meilenerworben werden, was dem Käufer beimerwähnten maximalen Rabatt immerhin375000 Meilen auf das Konto spült. DieseAnzahl Meilen erlaubt es dem Kundenschon fast um die ganze Welt zu fliegen – inder Business Class!

Wie bei allen Meilenprogrammen gibtes allerdings auch bei Life Miles einigeNachteile, deren man sich bewusst seinmuss. Besonders nervig ist die langsameInternet-Buchungsplattform. Auch dertelefonische Kontakt mit Avianca ist nerv-lich anspruchsvoll: Es kann schon einmalpassieren, dass länger als eine Stunde inder Hotline gewartet werden muss und derzugeteilte Mitarbeiter dann nicht etwa Eng-lisch oder Deutsch, sondern nur Spanischspricht. Trotzdem: Life Miles ist und bleibtdas günstigste Meilenprogramm innerhalbder Star Alliance, vorausgesetzt, man bringtetwas Geduld auf. Bei der Buchung der Prä-mienflüge ist - wie bei allen anderen Mei-lenprogrammen auch - eine gewisse zeitli-che Flexibilität nötig. Die grösste Auswahlan Prämienflügen hat der Kunde übrigens,wenn er entwedermindestens sechsMonate

im Voraus bucht oder dann wieder kurz vordemAbflug. Umbuchungen sind gegen eineGebühr von 150 Franken jederzeit möglich.

UNITED AIRLINES: MILEAGE PLUSDer reguläre Kaufpreis beim Meilenpro-gramm «Mileage Plus» von United Airlinesbeträgt stattliche 3.6 Rappen pro Meile. Inder Vergangenheit gab es regelmässig Mei-len-Kaufaktionen, bei denen der Meilen-preis im besten Fall auf rund 1.9 Rappen fiel.Pro Kalenderjahr können maximal 150000Meilen gekauft werden, jedoch maximal75000 Meilen pro Aktion. In der BusinessClass kostet der Prämienflug Zürich-Bang-kok – bezahlt ausschliesslich mit gekauftenPromotionsmeilen - umgerechnet rund 1700Franken inklusive Gebühren. Der Flug vonZürich nach Sao Paulo kostet, ebenfallsdank Promotionsmeilen, 1800 Frankeninklusive Gebühren. Insgesamt ergibt sichalso ein deutlich höherer Preis für diese Prä-mienflüge im Vergleich zu Life Miles. DerBeitritt zu «Mileage Plus» lohnt sich deshalbhöchstens für regelmässige USA-Besucher,die sowieso mit United Airlines fliegen undbei «Mileage Plus»-Meilen sammeln. Durchden Zukauf von Aktionsmeilen kann derUSA-Reisende allenfalls fehlende Meilenfür einen Prämienflug relativ günstig zukau-fen oder sich ein Upgrade in eine höhereKlasse gönnen.

Bild: Depositphotos.com,Shebeko

BESTE STAR ALLIANCE MEILEN-KAUFPROGRAMME

Meilenkauf: Buchung vonKosten pro Meile Meilen-Kaufaktionen Oneway-Flügen Besonderes

AVIANCALife Miles Regulär: Mehrmals pro Jahr Ja – Positiv: Bis zu 60 Prozent der Meilen können bei

ca. 3.3 Rappen der Buchung noch günstig hinzugekauft werden;Aktionspreise: keine Treibstoffzuschläge bei allen Partner-Airlinesab ca. 1.5 Rappen – Nachteil: Lange Wartezeiten in der Hotline

– Max. Meilenkauf pro Jahr: 15000 MeilenUNITED AIRLINESMileage Plus Regulär: Mehrmals pro Jahr Ja – Positiv: Keine Treibstoffzuschläge bei allen Partner-Airlines

ca. 3.6 Rappen – Max. Meilenkauf pro Jahr: 150000 MeilenAktionspreise ab jedoch max. 75000 Meilen pro Aktionca. 1.9 Rappen

32 UnternehmerZeitung | Nr. 5 2017

D IG I TAL

Die Invasion des IoTCYBER SECURITY Der Trend ist unaufhaltsam, die An-wendungsgebiete des IoT wachsen ständig. Grosse IT-Firmen wie Microsoft und Apple investieren Milliardenin die Sicherheit – und entdecken trotzdem immer wie-der neue Sicherheitslücken. Wir zeigen auf, welche Si-cherheitsmassnahmen wirklich nötig und sinnvoll sind.TEXT BRAD R I CHARDS

D as Internet of Things (IoT) revo-lutioniert den Alltag: Es verbindetelektronische Geräte miteinanderund soll die Menschen bei ihren

Tätigkeiten unmerklich, aber effizient unter-stützen. So sehr dieses «neue Internet» dieMarketingabteilungen begeistert, so wenigerfreut es die IT-Gemeinschaft. Denn jedesElektrogerät mit Internetzugang bedeuteteine potentielle Sicherheitslücke, eine Hin-tertür ins Firmennetz, ein mögliches Werk-zeug der Hacker-Community. Der Trendist unaufhaltsam, die Anwendungsgebietedes IoT wachsen ständig: Demnächst wirdes internetfähigeBürostühle geben,die mittels Mess-werten von Senso-ren im Stuhl exaktauf die Körpereigenschaften des Nutzerseingestellt werden können, oder winzigeComputer, sogenannte Wearables, die direktin Kleidungsstücke eingearbeitet werden,sowie persönliche medizinische Geräte wieInsulinpumpen, die per Fernbedienunggesteuert werden können. Die Vorteile von

IoT sind vielversprechend: Fernsteuerungund Automation, Datensammlung undDatenbearbeitung in der Cloud, Effizienzge-winnedurchMonitoringundFernzugriff.DieNachteile lassen sich ineinem Wort zusammen-fassen: Sicherheit. GrosseIT-Firmen wie Microsoftund Apple investierenMilliarden von Dollars indie Sicherheit – und trotz-dem entdecken sie immer wieder Sicher-heitslücken. Die alles beherrschende Frageist:Wie viel Aufwand investierendieHerstel-

ler von elektronischenGerä-ten in Sicherheit?Wird diesevernachlässigt, werden dieHacker die nächsten Jahreauf ihre Rechnung kommen:

Sie können ihren Lebensunterhalt mit Ran-somware und DDoS-Attacken bestreiten.

WARUM SIND IOT-GERÄTEPROBLEMATISCH?Alle Firmennetzwerke stellen einen Kom-promiss zwischen Nutzen und Sicherheit

dar. So erhält bei der Mehrheit der KMU-Netzwerke jedes intern angeschlosseneGerät automatisch eine gültige Netzwerk-adresse. Viele Geräte wollen einen Schritt

weitergehen und di-rekt von aussen er-reichbar sein. In ein-fach konfiguriertenNetzwerken wird einentsprechendes Lochin der Firmenfirewall

automatisch geöffnet (Universal Plug-and-Play = UPnP); in sicher konfigurierten Net-zen muss dies manuell bewilligt werden.In vielen Fällen ist diese Erreichbarkeitfür die Funktionalität des Geräts notwen-dig. So ist beispielsweise der Hersteller-Support erforderlich, damit das Gerät sichan einen Cloud-Dienst anschliessen kann.In weiteren Fällen dient die Erreichbarkeitlediglich dem Sammeln von Daten durchden Hersteller.

Es leuchtet ein: Von aussen erreich-bare Geräte sind angreifbar. Schlechtabgesicherte Netzprotokolle können leichtgeknackt werden, und die besten Netz-

Lassen Sie sich nicht von Ihrem Toaster, Ihrer Kaffeemaschine oder Ihrem Teekessel hacken! Wer seine Geräte ins Internet bringen möchte, . . .

«Beginnend in 2017 wird jedes neue Haus-haltsgerät von LG fortgeschrittene WLAN-Fähigkeiten haben» LG Vizepräsident

für Marketing David VanderWaal, CES 2017

Israeli researchers demonstrated an attackon Philips Hue lightbulbs, where the bulbsnetwork directly interacted with each other,in order to spread a malware infectionacross an entire city.

IoT Goes Nuclear: Creating a ZigBee Chain Reaction

Nr. 5 2017 | UnternehmerZeitung 33

protokolle sind nutzlos, wenn die Default-Passwörter nicht geändert werden. Sup-port-Hintertüren können von jedermannbenutzt werden. Schlimmer noch: Geräte,die im internen Netzwerk angemeldet sind,dienen als Sprungbrett, um andere Geräteim Firmennetz anzugreifen und den Fir-menserver mit Ransomware zu infizieren.Sicherheitskame-ras und sprach-gesteuerte Gerätemit Sensoren sindpotentielle Spione:Einbrecher kön-nen prüfen, ob Mit-arbeitende nochim Büro sind, Sit-zungen könnenabgehört werden und vieles mehr. EineAussperrung aus dem Firmennetzwerkist kein Allheilmittel. Weil IoT-Netzwerk-zugänge meistens per Funk aufgebautwerden, verbinden sich installierte Gerätefreiwillig mit jedem erreichbaren WLAN.Werden Geräte aus dem eigenen Firmen-netzwerk ausgesperrt, melden sie sich ein-

fach beimNachbarn oder beimLaptop einesHackers an.

RAUS AUS DEN KINDERSCHUHENDas Internet-of-Things bietet vielverspre-chende Möglichkeiten. Allerdings ist dieTechnologie noch unausgereift, und sehrviele unerfahrene Hersteller drängen auf

den Markt. Das ThemaSicherheit ist ein nicht zuunterschätzendes Problem.In grossen Firmen sinddie Netzwerke meistensgut abgesichert, in vielenKMU und Kleinstbetriebenist dies hingegen oft nichtder Fall. Beim Umgang mitIoT-Geräten ist höchste

Vorsicht geboten, um die Sicherheitder Firma nicht zu gefährden. Ein ganzwichtiger Aspekt: Jedes IoT-Gerät ist inerster Linie ein IT-Gerät, das die gleicheBetreuung wie jedes andere IT-Gerät benö-tigt. Darüber hinaus sollten alle Firmen dieSicherheit ihrer Netzwerke im Kontext desIoT überprüfen.

Das IoT bringt allgegenwärtige Konnek-tivität. Neue Informationsflüsse entstehen,die noch nie dagewesene und unerwarteteVorteile mit sich bringen werden. Wir ste-hen noch in den Startlöchern, müssen aberbereits jetzt dafür sorgen, dass die Kinder-krankheiten dieser neuen Welt bald ausku-riert sind.

DER AUTOR

Prof. Dr. Brad Richardsdoktorierte an der Uni-versity of Texas. NachProjektarbeiten bei derUniversity of Aberdeenund der EPFL wurdeer als Professor in denBereichen KünstlicheIntelligenz und Soft-

ware Engineering an die FachhochschuleFurtwangen berufen. Im Jahr 2001 gründeteer zusammen mit seiner Frau eine eigeneSoftwarefirma. 2009 nahm er eine Pro-fessur an der FHNW an, wo er technischeVorlesungen hält.

WELCHE GEGENMASSNAHMEN SIND MÖGLICH?

Nachstehend ein paar Faustregeln, die helfen, Ihre Firma abzusichern:

IoT-Geräte vermeiden, wenn sie nicht notwen-dig sind: Folgende Fragen sollte man anlässlichdes Verkaufsgesprächs klären: Welche Vorteilebringt die IoT-Funktionalität des Geräts? WelcheKosten entstehen, wenn man es sicher betreibenwill? Will man wirklich, dass die Kaffeemaschineihren Zustand über das Netzwerk meldet, wennsich damit eine Sicherheitslücke im Firmennetzauftut?

Jedes IoT-Gerät im IT-Katalog der Firma auf-nehmen: IoT-Geräte müssen genauso gepflegtwerden, wie jedes andere IT-Gerät: Einstellungenmüssen geprüft, Passwörter geändert und auf-bewahrt sowie Sicherheitsupdates regelmässiginstalliert werden. Letzteres verlangt, dass derHersteller diese auch tatsächlich liefert – eineVoraussetzung für den Kauf! Diese Pflegeleis-tungen gehören zur täglichen Arbeit der IT-Abteilung, sie sind mit Aufwand verbunden undverursachen entsprechende Kosten.

IoT-Geräte im Firmennetz isolieren: Wenn siekeinen Zugriff auf andere Geräte haben, könnengehackte IoT-Geräte den Rest des Netzwerks nichtgefährden. Sofern Zugriffe notwendig sind (zumBeispiel für die Datenspeicherung), sollten die

IoT-Geräte die minimalste notwendige Berechti-gung haben. Dies bedeutet auch, dass die Geräteihren Zugang nach aussen nicht selber erstellendürfen (UPnP in der Firmenfirewall deaktivieren).

IoT-Cloud-Dienste als unsicherbetrachten: Viele IoT-Geräte arbeiten mitden Cloud-Diensten ihrer Hersteller zusam-men. Allerdings sind IoT-Hersteller oft keineIT-Experten, kennen sich im Sicherheitsbereichschlecht aus, und ihre Dienste sind vielfachschlecht abgesichert. In der Cloud gespeicherteDaten können gehackt und veröffentlicht wer-den; eine Manipulation der Daten lässt sich nichtausschliessen.Welche Sicherheitsmassnahmenmöglich sind, hängt von Gerät, Hersteller undAnwendungsszenario ab. Müssen sensibleDaten einem Dienst anvertraut werden, kann dieBeratung durch einen Experten hilfreich sein.

Fremde IoT-Geräte im Firmennetz ver-bieten: Mitarbeitende, Gäste, Verkäufer undKunden wollen ihre eigenen Geräte mitbringenund verwenden. Da der Sicherheitszustand dieserGeräte völlig unbekannt ist, sollten diese Geräteentweder nicht erlaubt sein oder in ein isoliertesGastnetzwerk verbannt werden.

. . . sollte auch für deren Sicherheit sorgen. Bildquelle: Depositphotos.com, silverjohn

Spät arbeitende Mitarbeitende wollen amAbend die nächste Fussball-EM verfolgen. Je-mand bringt den eigenen (IoT)-Fernseher vonzuhause mit. Kaum in der Firma installiert,meldet sich der Fernseher ans Firmennetzan, bohrt ein Loch durch die Firewall, undschon hängt die Sicherheit der Firma vonderjenigen dieses Geräts ab – ein Gerät, dasmöglicherweise bereits infiziert ist.

38 UnternehmerZeitung | Nr. 5 2017

MANAGEMENT

Lob allein reicht nichtWERTSCHÄTZENDE FÜHRUNG Fast alle Leitbilder nennen Wertschätzung alsHandlungsmaxime für ihre Führungskräfte. Der Unternehmensalltag sieht jedochoft anders aus. Was bedeutet wertschätzende Führung für die Praxis?TEXT MAR IANNE GROBNER

W ertschätzung wird in unse-rer Kultur oft mit Lobgleichgesetzt und als läs-tige Pflicht oder gar als

überflüssig angesehen. Man lobt, weil mangelernt hat, dass eine gute Führungskraftloben sollte, nicht aus innerer Überzeu-gung. Führungskräfte werden schliesslichnach ihren Ergebnissen gemessen und nichtdanach, wie viel sie innerhalb eines Jahresgelobt haben. Vielmehr wird verlangt, kri-tisch zu sein, Defizite aufzudecken undLösungen für Probleme zu finden. DieseDefizitorientierung bewirkt meist ein sehrkurzfristiges und direktives Verhalten. Einsolches verschwendet viel Motivation undEnergie und verhindert die persönliche Ent-wicklung der Mitarbeitenden.

Mit wertschätzender Führung tragen Sienicht nur nachhaltig zu einer positiven undvitalenUnternehmenskultur bei. Gerade dieOrientierung am Wert der Mitarbeitenden,das Wahrnehmen und Fördern ihrer Stär-ken, Ressourcen und Fähigkeiten ermög-licht Wachstum und bringt Wertschöpfungfür das ganze Unternehmen. Doch wasbedeutet wertschätzende Führung genau?

SICH SELBST WERTSCHÄTZENWertschätzung beginnt immer bei einemselbst. Ein gutes Selbstwertgefühl erleich-tert es Führungskräften, in Stress undKonfliktsituationen zu bestehen, und ver-hindert die narzisstische Abhängigkeitvon Aufmerksamkeit, Statussymbolen undErfolgserlebnissen. Das bedeutet, dass ichmir als Führungskraft zuerst einmal selbstZuwendung schenken muss. Wer mit sichselbst wertschätzend umgeht, dem gelingtes auch leichter im Kontakt mit seinen Mit-arbeitenden.

WERTSCHÄTZEN STATT LOBENIn fast jedem Betrieb hört man die gleicheKlage: «Bei uns wird viel zu wenig gelobt.»Dabei reagieren diemeistenMitarbeitendenpeinlich berührt, wenn der Chef ihnen seineAnerkennung zeigt: «Was will er jetzt wie-der von mir?», ist häufig der erste Gedanke,wenn ein Lob ausgesprochen wird. Die Aussage: «Das haben Sie gut gemacht, aber . . .»,

wird nachwie vor sehr häufig als Einleitungzu einer Kritik verwendet. Die Reaktionender Gelobten sind daher oft misstrauischund zurückweisend.

Was kann man dagegen tun? Wennwir für Dinge, die gut funktioniert haben,öfter einfach Danke sagen, verliert verba-les Lob vielleicht auch den Beigeschmackvon Misstrauen. Wenn es uns dann auchnoch gelingt, statt «gar nicht so schlecht»einfach «gut» zu sagen, sind wir auf einemguten Weg. Zugegeben: Unsere Kultur istkeine Lob-Kultur. Wenn eine Führungs-kraft sich hierzulande mit Lob von Mitar-beiter zu Mitarbeiter bewegt, fragt man sichhöchstens, auf welchem Seminar sie wie-der war, was sie für eine Technik auspro-biert oder was sie jetzt will. Lob als Rund-umschlag wirkt nicht echt, sondern wirdals Lobhudelei aufgefasst. Was oft überse-hen wird: Verbales Lob ist nur eine Form,MitarbeiternWertschätzung zu zeigen, abernicht die einzige.

Bild: zVg/Pixabay

WERTSCHÄTZEND FÜHREN

SICH SELBST WERTSCHÄTZENEine Führungskraft sollte sich regelmässig fol-gende Fragen stellen:– Kann ich mich mögen, so wie ich bin?– Wie nehme ich mein Können und meine Kompe-tenz wahr?

– Habe ich mich die letzte Woche einmal selbstgelobt?

– Habe ich mir etwas Gutes gegönnt?– Woraus beziehe ich meinen Selbstwert?– Arbeite ich (zu) viel, um Anerkennung von mei-ner Umwelt zu erhalten?

DEN SELBSTWERT ANDERER STÄRKENAls Führungskraft habe ich viele Gelegenheiten,das Selbstwertgefühl meiner Mitarbeitenden zuverletzen, zum Beispiel indem ich– sie nicht wahrnehme oder ausgrenze– ihre Fähigkeiten herunterspiele oder anzweifle– ihren Geburtstag oder ihr Dienstjubiläum igno-riere

– sie hinter ihrem Rücken schlecht mache– sie vor anderen kritisiere oder lächerlichmache

SELBSTVERANTWORTUNG STÄRKENWertschätzende Führung heisst, Mitarbeitendein ihrem Selbstwert, ihrer Selbstverantwortungund ihrer Selbständigkeit zu unterstützen. ZurHilfestellung sollten Führungskräfte ihren Mitar-beitenden regelmässig folgende Fragen stellen:– Was ist Ihr wichtigstes Ziel und was kann ichdazu beitragen, dass Sie es erreichen? Mit an-deren Worten: Wofür benötigen Sie mich?

– Wenn ich zwei Dinge in meinem Verantwor-tungsbereich innerhalb der nächsten drei bissechs Monate ändern könnte – welche zweiDinge würden für Sie den grössten Nutzen undWert darstellen?

– Wie kann ich dafür sorgen, dass Kreativität imZentrum unserer Arbeit erhalten bleibt?

Solche Fragen erfordern Mut und die Fähigkeit,sich auf einen offenen Dialog einzulassen. Es istdie Grundlage für ein ehrliches Gespräch übereine sinnvolle Gestaltung der Arbeitsbeziehung.Wertschätzende Führung ist somit eine grundle-gende Haltung meinen Mitmenschen gegenüber,die sich auch im Führungsverhalten spiegelnsollte.

PRÄSENT SEIN UND AKTIV ZUHÖRENIn unserer hektischen Betriebsamkeit istes wohl eines der grössten Zeichen derWertschätzung, sich Zeit zu nehmen. Füh-rungskräfte behaupten zwar oft von sich,sie hätten immer eine offene Tür für ihreMitarbeitenden, tatsächlich kommt aberniemand zu ihnen. Warum? Weil Mitarbei-tende sehr wohl spüren, ob man zwischenall den Meetings noch offen ist für einGespräch. Planen wir also Zeit ein, in derwir als Führungskraft nicht nur körperlichda, sondern auch geistig präsent sind. InsolchenMomenten der Nähe kann ich zuhö-ren, auf die Mitarbeitenden eingehen undsie ernst undwahrnehmen. Ich erkenne, wosie ihre Stärken haben undwo sie Unterstüt-zung brauchen.

Der Bestsellerautor Stephen Covey hatschon vor vielen Jahren empfohlen, dassman erst verstehen sollte, bevor man sichverständlich macht. Um zu verstehen,muss ich zuhören. Dies ist eine selbstver-ständliche Fähigkeit, die uns mitgege-ben wird. Das Empfangen von Botschaf-ten mit der Absicht, die Situation mit denAugen des anderen zu betrachten, ist eineHerausforderung. Es erfordert volle Auf-merksamkeit, Präsenz und eine offeneGeisteshaltung, um mit dem Gegenüberin einen Dialog zu treten. Erst wenn michinteressiert, worum es dem anderen wirk-lich geht, höre ich tatsächlich zu. Wennich meinen Mitarbeitenden aktiv zuhöre,so komme ich in einen völlig anderen Kon-takt und nehme intuitiv auch die Zweifel,die Begeisterung und die Unsicherheit desGegenübers wahr.

HÖFLICHKEIT UND VERTRAUEN ZEIGENUnternehmenskultur ist nicht das, was inLeitbildern steht, sondern das, was dasTopmanagement im Alltag vorlebt. Wert-schätzendes Verhalten zeigt sich im Unter-nehmensalltag ganz stark in Sitzungen. Einetypische Situation: Teilnehmer kommen zuspät, noch telefonierend in den Raum. Siesind unvorbereitet und erledigen nebenbeiihre Mails und Telefonate. Solches Verhal-ten ist nicht nur höchst ineffizient, sondernauch ein Beispiel von Unhöflichkeit undmangelnder Wertschätzung. Die Grundre-geln der Höflichkeit sind auch ein Zeichengelebter Wertschätzung. Dazu gehörenPünktlichkeit, Aufmerksamkeit und einrespektvoller Umgangston ebenso, wie BitteundDanke zu sagen. Indem ichmeinenMit-arbeitenden etwas zutraue, zeige ich, dassich ihnen vertraue und ihre Fähigkeitenschätze. Ständig alles zu kontrollieren, kannhingegen als Zeichen von mangelndemVertrauen gedeutet werden. Das bedeutetfür die Führungskraft, den Mitarbeitendeneinen Rahmen vorzugeben, innerhalb des-sen sie selbständig entscheiden können. Sogebe ich den Mitarbeitenden die Chance,ihren Wert zu erfahren, Erfolgserlebnissezu feiern und persönlich zu wachsen.

IDEEN UND ERFOLGE WÜRDIGENEs ist ein Zeichen derWertschätzung, wennwir Ideen umsetzen, die Mitarbeitende ein-gebracht haben – und das mit Nennung desUrhebers und nicht als Idee der Führungs-kraft. Auch die Unterstützung bei einerWei-terbildung oder eine Prämie beim erfolgrei-chen Abschluss eines Projekts können

Zeichen der Wertschätzung sein. Danebengibt es aber auch sehr persönliche Zeichender Würdigung: das Gratulieren zumGeburtstag, zur Beförderung, persönlicheWeihnachtswünsche – und zwar nicht inForm eines Massenmails, sondern mit per-sönlichen Worten. Kleine Geschenke erhal-ten nicht nur sprichwörtlich die Freund-schaft, sondern sind auch ein Zeichen derWertschätzung: Einmal spontan ein Eis fürdie gesamteMannschaft ausgeben oder ein-fach so einen Blumenstrauss auf den Tischder Mitarbeiterin stellen – das überraschtund freut ohne grosse Worte. Je individuel-ler die Geschenke sind, desto stärker zeigeich, dass ich mich mit dem Mitarbeiter alsMensch befasst habe. Um auf diese Artschenken zu können, muss ich auch gut inKontakt mit den Mitarbeitern sein: Erstbeim interessierten Zuhören komme ich aufIdeen für derart persönliche kleine Auf-merksamkeiten.

DIE AUTORIN

Dr. Marianne Grobnerbegleitet namhafteOrganisationen in Pro-jekten zur Unterneh-menskultur und lehrtan der FH VorarlbergPersonalmanagementund Personalentwick-lung. Ihr Buch «Lust

auf Führung – Entwicklung von Führungs-KRAFT» erzielte beste Rezensionen undwurde bereits als Sonderedition in Unterneh-men als Handbuch für deren Führungskräftegedruckt.

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Dauer: 1 Tag, 09:00–16:30 Uhr

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Referentin: Karin Jakobs

Veranstaltungsort: Zentrum fürWeiterbildung der Universität Zürich

d.

2017

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28 UnternehmerZeitung | Nr. 5 2017

F INANCE

Wann investiert man ambesten in was?ANLAGESTRATEGIE Wo denn nur soll man sein Scherflein derzeit ins Trockenebringen? Spargelder, Obligationen und andere festverzinsliche Anlagen rentierennull Komma nix. Immobilien und Aktien erscheinen hoch bewertet, Gold undRohstoffe zu schwankungsanfällig. Abwarten und Tee trinken also?TEXT FREDY G I LGEN

R at kommt von der Grossbank UBS:«Denken wir Sparen neu», rät siein ihrer jüngsten Werbekampa-gne. Ihr Rezept, wie man trotz

Tiefzinsen clever spart: Wertschriftenspa-ren via gemischte Anlagefonds. Zwar keinebrandneue Idee, im aktuellen Umfeld abergewiss keine schlechte Empfehlung. Nichtnur in ungewissen Zeiten ist es beim Inves-tieren nämlich falsch, alles auf eine Karte zusetzen. Ein Vergleich der neun Fünf-Jahres-Perioden seit 1970 zeigt es eindrücklich:Die fünf hauptsächlichen Anlagevehikelvieler Privatinvestoren, also Aktien, Staats-obligationen, Geldmarktanlagen, Goldund Immobilien, haben sich im Zeitablaufhöchst unterschiedlich entwickelt. KeinAnlageinstrument war in jeder Periode dasbeste und wird es auch künftig nicht sein.Manchmal hatten die Aktien, manchmalGold oder manchmal Immobilien die Nasevorn (siehe Tabelle).

AKTIEN HABEN SICH SEIT DER FINANZ-KRISE KRÄFTIG ERHOLTBasis jedenAnlageerfolgsmuss deshalb einelangfristige und individuell abgestimmteAnlagestrategie sein, in der festgelegt wird,wie die anzulegenden Mittel auf die ver-schiedenen Anlageklassen verteilt werdensollen. Gerade im ersten Dezennium diesesJahrhunderts mit zwei veritablen Crashshat es sich gezeigt, wie wichtig es im Anla-gebereich ist, nie bloss auf ein Pferd zu set-zen, sondern die Gelder konsequent auf dieverschiedenen Anlageklassen wie Aktien,Obligationen, Immobilien, Gold, Geldmarktzu verteilen. Zu rund 75 bis 80 Prozent wirdder Anlageerfolg allein durch diese strategi-sche Aufteilung der Mittel bestimmt, habenUntersuchungen immer wieder gezeigt.

Gewiss, mit einer durchschnittlichenJahresperformance von 8.7 Prozent waren

Aktien auch in den acht Jahren nach derFinanzkrise das klar einträglichste Anlage-instrument. Zu beachten: Ein beachtlicherTeil dieser Performance ist auf Dividen-denausschüttungen zurückzuführen. Glo-bal sorgen die Dividenden für ungefährdie Hälfte der Gesamtrendite der Aktien.In unserem Land sind es knapp 40 Prozent.Nur Anleger, die die Dividenden konse-quent reinvestieren, erreichen Langfristren-diten von 7 bis 8 Prozent.

Solide Erträge vondurchschnittlich rundfünf Prozent pro Jahr konnte man seit 2010auch mit Immobilien und – auf den erstenBlick höchst erstaunlich – mit Obligationenerzielen. Dochweil der seit Jahren prognos-tizierte Zinsanstieg bisher ausgeblieben istund die Leihraten im Gegenteil teilweisesogar in den Minusbereich abgerutschtsind, fielen vor allem mit langlaufendenObligationen beachtliche Kursgewinne an.Die Chancen tendieren aber gegen Null,dass die auch künftig der Fall sein wird.

Ein wenig besser sieht es bei den in denletzten Jahren überaus rentablen Immobi-lienanlagen aus. Die extrem tiefen Zinsenhaben die Nachfrage nach Immobilienfondsund -aktien zwar massiv angeheizt und dieKurse weit über ihren inneren Wert getrie-ben. Immerhin ist die direkte Rendite dieserAnlagen immer noch deutlich höher als beiden Obligationen. Gute Chancen bestehenzudem noch bei Immobilienanlagen imAusland.

PROGNOSEN SIND KAUM MÖGLICHDie breite Streuung der Anlagen auf ver-schiedene Anlageklassen ist deshalb sowichtig, weil die Prognosegenauigkeit anden Finanzmärkten weit geringer ist alsetwa beim Wetter. Auf das Bauchgefühlsollte man sich ebenfalls nicht verlassen.Noch so ausgeklügelte Prognosemodelle

haben in den entscheidenden Momentenimmer wieder versagt, wie die Geschichteder Börsenbaissen und -haussen zeigt. Nochin unguter Erinnerung sind beispielsweisedie Fehlprognosen vor der Finanzkrise 2007.Nur gerade drei Monate vor Ausbruch die-ser Krise sagten beispielsweise die BAK-Experten den Banken eine rosige Zukunftvoraus. Für Risikoexperte Gerd Gigeren-zer vom Berliner Max-Planck-Institut istklar: «Modelle funktionieren nur in eineridealen Welt mit bekannten Risiken. Nichtaber in der realen, völlig ungewissen Weltder Finanzmärkte.» Hier könnten einfa-che, intuitive Grundsätze hilfreicher sein,beispielsweise die klassische Börsenregel,dass nicht alle Eier in den gleichen Korbgehören.

EIN FONDS ENTHÄLT MEHR ALS 30 TITELWas Privatanleger des Weiteren beachtensollten: Es ist zweckmässig, die einzelnenAnlageklassen nicht mit Einzeltiteln, son-dern mit Anlagefonds oder noch besser mitkostengünstigen ETF abzudecken. Wer aufdiese Instrumente setzt, ist nämlich schonmal auf der sicheren Seite. Denn Fonds undETF müssen ihre Mittel grundsätzlich breitstreuen. In der Regel werden 30 oder mehrEinzeltitel in einen Fonds aufgenommen.Zudem bestehen bei Fondsanlagen auchklare gesetzliche Regeln bezüglich Anleger-schutz, Bewertung, Gleichbehandlung undTransparenz. Wer Fonds oder ETF einsetzt,vermeidet zudem eine «Über-Diversifika-tion» des Portfolios. Diese produziert nurhohe Kosten und schmälert die Rendite.Privatanleger erreichen mit diesen Produk-ten schonmit relativ geringen Summen einegute Risikostreuung.

Für den Anleger am einfachsten ist derKauf eines vorfabrizierten Strategiefondsoder ETF einer Bank. Mit einem solchen

Nr. 5 2017 | UnternehmerZeitung 29

Fonds/ETF werden die beiden wichtigs-ten Grundsätze der Vermögensanlage aufeinen Streich erreicht: eine der eigenenRisikoneigung angepasste Strategie und einebreite Diversifikation. Anleger, die es sichnicht ganz so bequem machen wollen, kön-nen dank den kostengünstigen Indexfonds(ETF) die Vermögensaufteilung – die soge-nannte Asset Allocation – in eigener Regievornehmen. Die Strategie kann so nochgenauer an die eigenen Bedürfnisse ange-passt werden.

Fazit: Für einen Investor, der heute bei-spielsweise 100000 Franken anlegen kann,ist angesichts des Zinsdilemmas folgendesVorgehen sinnvoll: Die Aktienquote von bei-spielsweise 30000 Franken legt er gestaffeltin Aktien(fonds) an, die Immobilienquotevon 15000 Franken analog in Immobilien-werte. 25000 Franken bleiben als Liquidi-tätsreserve auf dem Sparkonto. Dazu vor-läufig auch noch die 30000 Franken, dieder Sparer unter normalen Verhältnissen inObligationen stecken würde. Auch diesesGeld lässt er vorläufig auf demKonto brach-liegen, bis die Zinsperspektiven wiederbesser sind. Als Alternative könnte ein Teilder brachliegendenMittel in Gold oder Roh-stoffe angelegt werden. Beide Anlageklas-

sen haben in den letzten fünf Jahren zwarmehrheitlich enttäuscht, haben sich aberlangfristig als Stabilisatoren eines Porte-feuilles gut bewährt. Das gelbeMetall eignetsich besonders zur Abfederung der Aktien-risiken und als sicherer Hafen in Krisen.

REALZINSEN SIND POSITIVDass das auf dem Sparkonto verbleibendeGeld praktisch nicht mehr verzinst wird, istein Fakt, den der Anleger hinnehmenmuss.Die liquiden Mittel deshalb einfach auf dieanderen Anlageklassen zu verteilen, ist zuriskant. Und nicht zu vergessen: Bei einernegativen Inflationsrate von aktuell 0.2Prozent resultiert ja immer noch ein leichtpositiver Realzins. In der Vergangenheit wardies bei Weitem nicht immer der Fall. Fürgewitzte Zinslipicker gibt es sodann meh-rere Möglichkeiten, den minimalen Zins-ertrag etwas aufzupeppen. Beispielsweiseindem Zahlungen, die erst später im Jahrgeschuldet sind, bereits Anfang Jahr geleis-tet werden. Dies immer dann, wenn derGuthabenzins höher ist als der Bankkonto-zins. So kann man den Beitrag für die Säule3a bereits Anfang Jahr einzahlen. Dadurchprofitiert man länger vom Vorzugszins aufdiesen Konten.

Wo anlegen? Die Prognosegenauigkeit an den Finanzmärkten ist sogar noch geringer als beim Wetter. Datenquellen: SIX, Pictet, Cash, Bank Pictet/Bild: Pixabay

Noch sinnvoller: Wer über (zu) grosseliquide Mittel verfügt, baut vorteilhafter-weise zunächst die deutlich höher ver-zinslichen Schulden ab. Für die meistenSchweizer sind dies ohne Zweifel die Hypo-thekarschulden. Zu bedenken ist hier aller-dings, dass sich Hypotheken nicht immerwieder aufstocken lassen. Weiter zu beach-ten: Der Kauf undVerkauf vonWertschriftenund Fonds verursacht Kosten, die vor allembei häufigen Transaktionen und kleinerDepotgrösse rasch einmal einige Prozent desDepotwertes ausmachen können. Aus einerschönen Bruttorendite wird so eine magereNettorendite oder sogar ein Verlust. «Hinund Her macht Taschen leer», heisst dem-entsprechend eine bewährte Börsenweis-heit. Wertschriften, allen voran Aktien sindLangfristanlagen und sollten nur erworbenwerden, wenn man bereit ist, sie fünf oderbesser 10 Jahre zu halten. Wann man sichzum Kauf von Wertschriften entscheidet, istvon geringer Bedeutung. Um das Risikoeines ungünstigen Einstiegzeitpunkts zuverringern, empfiehlt es sich, vor allem beiAktien gestaffelt zu kaufen. Sinnvoll ist bei-spielsweise ein Einstieg in mindestens dreibis vier gleich grossen Tranchen imAbstandvon je drei Monaten.

ANLAGEINSTRUMENTE IM VERGLEICH

Welches Anlageinstrument hat in den letzten 5-Jahresperioden am besten abgeschnitten?

Periode Aktien1) Obligationen1) Geldmarkt2) Immobilien2) Gold3) Inflation2) Beste Schlechteste+/– in% +/– in% +/– in% +/–n% +/– in% +/– in% Anlage Anlage

1970–74 –27.0 21.0 30.0 36.0 136.0 37.2 Gold Aktien1975–79 74.0 49.0 12.0 31.0 103.0 14.3 Gold Geldmarkt1980–84 39.0 23.0 29.0 35.0 10.0 22 Aktien Gold1985–90 90.0 28.0 22.0 48.0 –25.0 10.7 Aktien Gold1990–94 60.0 33.0 35.0 23.0 –13.0 18.6 Aktien Gold1995–99 124.0 28.4 13.0 1.8 –5.0 3.5 Aktien Gold2000–04 –7.1 24.2 9.0 26.6 7.5 4.6 Immobilien Aktien2005–09 45.5 17.5 5.0 30.0 78.0 4.0 Gold Geldmarkt2010–14 50.4 20.8 0.6 29.8 6.2 0.2 Aktien GeldmarktDurchschnitt pro 5-Jahresperiode und Pro Jahr

49.9 27.2 17.3 29.0 33.1 12.8 Aktien Geldmarkt10.0 5.4 3.5 5.8 6.6 2.6 Aktien Geldmarkt

Die letzten acht Jahre im Detail:2010 2.9 3.8 0.2 5.1 15.8 0.7 Gold Geldmarkt2011 –7.8 8.9 0.1 4.6 11.0 0.4 Gold Aktien2012 17.7 2.5 0.1 10.9 5.2 –0.4 Aktien Geldmarkt2013 24.6 –2.9 0.1 5.4 –32.6 –0.2 Aktien Gold2014 13.0 8.5 0.1 3.8 6.8 –0.3 Aktien Geldmarkt2015 2.7 1.8 0 5.4 –12.8 –1.4 Immobilien Gold2016 –1.4 1.5 0 3.9 8.1 –0.2 Gold Geldmarkt2017 bisher 7.5 0.5 0 0.8 5.3 0 Aktien Geldmarkt

1) Aktien- bzw. Obligationenindex 2) Konsumentenpreisindex 3) Franken je Kilogramm

UZ 5 2017Integration von Text und Bild

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www.typoraum.chab 2016

Arbeitsproben l www.typoraum.ch 1 7

Nr. 5 2017 | UnternehmerZeitung 29

Fonds/ETF werden die beiden wichtigs-ten Grundsätze der Vermögensanlage aufeinen Streich erreicht: eine der eigenenRisikoneigung angepasste Strategie und einebreite Diversifikation. Anleger, die es sichnicht ganz so bequem machen wollen, kön-nen dank den kostengünstigen Indexfonds(ETF) die Vermögensaufteilung – die soge-nannte Asset Allocation – in eigener Regievornehmen. Die Strategie kann so nochgenauer an die eigenen Bedürfnisse ange-passt werden.

Fazit: Für einen Investor, der heute bei-spielsweise 100000 Franken anlegen kann,ist angesichts des Zinsdilemmas folgendesVorgehen sinnvoll: Die Aktienquote von bei-spielsweise 30000 Franken legt er gestaffeltin Aktien(fonds) an, die Immobilienquotevon 15000 Franken analog in Immobilien-werte. 25000 Franken bleiben als Liquidi-tätsreserve auf dem Sparkonto. Dazu vor-läufig auch noch die 30000 Franken, dieder Sparer unter normalen Verhältnissen inObligationen stecken würde. Auch diesesGeld lässt er vorläufig auf demKonto brach-liegen, bis die Zinsperspektiven wiederbesser sind. Als Alternative könnte ein Teilder brachliegendenMittel in Gold oder Roh-stoffe angelegt werden. Beide Anlageklas-

sen haben in den letzten fünf Jahren zwarmehrheitlich enttäuscht, haben sich aberlangfristig als Stabilisatoren eines Porte-feuilles gut bewährt. Das gelbeMetall eignetsich besonders zur Abfederung der Aktien-risiken und als sicherer Hafen in Krisen.

REALZINSEN SIND POSITIVDass das auf dem Sparkonto verbleibendeGeld praktisch nicht mehr verzinst wird, istein Fakt, den der Anleger hinnehmenmuss.Die liquiden Mittel deshalb einfach auf dieanderen Anlageklassen zu verteilen, ist zuriskant. Und nicht zu vergessen: Bei einernegativen Inflationsrate von aktuell 0.2Prozent resultiert ja immer noch ein leichtpositiver Realzins. In der Vergangenheit wardies bei Weitem nicht immer der Fall. Fürgewitzte Zinslipicker gibt es sodann meh-rere Möglichkeiten, den minimalen Zins-ertrag etwas aufzupeppen. Beispielsweiseindem Zahlungen, die erst später im Jahrgeschuldet sind, bereits Anfang Jahr geleis-tet werden. Dies immer dann, wenn derGuthabenzins höher ist als der Bankkonto-zins. So kann man den Beitrag für die Säule3a bereits Anfang Jahr einzahlen. Dadurchprofitiert man länger vom Vorzugszins aufdiesen Konten.

Wo anlegen? Die Prognosegenauigkeit an den Finanzmärkten ist sogar noch geringer als beim Wetter. Datenquellen: SIX, Pictet, Cash, Bank Pictet/Bild: Pixabay

Noch sinnvoller: Wer über (zu) grosseliquide Mittel verfügt, baut vorteilhafter-weise zunächst die deutlich höher ver-zinslichen Schulden ab. Für die meistenSchweizer sind dies ohne Zweifel die Hypo-thekarschulden. Zu bedenken ist hier aller-dings, dass sich Hypotheken nicht immerwieder aufstocken lassen. Weiter zu beach-ten: Der Kauf undVerkauf vonWertschriftenund Fonds verursacht Kosten, die vor allembei häufigen Transaktionen und kleinerDepotgrösse rasch einmal einige Prozent desDepotwertes ausmachen können. Aus einerschönen Bruttorendite wird so eine magereNettorendite oder sogar ein Verlust. «Hinund Her macht Taschen leer», heisst dem-entsprechend eine bewährte Börsenweis-heit. Wertschriften, allen voran Aktien sindLangfristanlagen und sollten nur erworbenwerden, wenn man bereit ist, sie fünf oderbesser 10 Jahre zu halten. Wann man sichzum Kauf von Wertschriften entscheidet, istvon geringer Bedeutung. Um das Risikoeines ungünstigen Einstiegzeitpunkts zuverringern, empfiehlt es sich, vor allem beiAktien gestaffelt zu kaufen. Sinnvoll ist bei-spielsweise ein Einstieg in mindestens dreibis vier gleich grossen Tranchen imAbstandvon je drei Monaten.

ANLAGEINSTRUMENTE IM VERGLEICH

Welches Anlageinstrument hat in den letzten 5-Jahresperioden am besten abgeschnitten?

Periode Aktien1) Obligationen1) Geldmarkt2) Immobilien2) Gold3) Inflation2) Beste Schlechteste+/– in% +/– in% +/– in% +/–n% +/– in% +/– in% Anlage Anlage

1970–74 –27.0 21.0 30.0 36.0 136.0 37.2 Gold Aktien1975–79 74.0 49.0 12.0 31.0 103.0 14.3 Gold Geldmarkt1980–84 39.0 23.0 29.0 35.0 10.0 22 Aktien Gold1985–90 90.0 28.0 22.0 48.0 –25.0 10.7 Aktien Gold1990–94 60.0 33.0 35.0 23.0 –13.0 18.6 Aktien Gold1995–99 124.0 28.4 13.0 1.8 –5.0 3.5 Aktien Gold2000–04 –7.1 24.2 9.0 26.6 7.5 4.6 Immobilien Aktien2005–09 45.5 17.5 5.0 30.0 78.0 4.0 Gold Geldmarkt2010–14 50.4 20.8 0.6 29.8 6.2 0.2 Aktien GeldmarktDurchschnitt pro 5-Jahresperiode und Pro Jahr

49.9 27.2 17.3 29.0 33.1 12.8 Aktien Geldmarkt10.0 5.4 3.5 5.8 6.6 2.6 Aktien Geldmarkt

Die letzten acht Jahre im Detail:2010 2.9 3.8 0.2 5.1 15.8 0.7 Gold Geldmarkt2011 –7.8 8.9 0.1 4.6 11.0 0.4 Gold Aktien2012 17.7 2.5 0.1 10.9 5.2 –0.4 Aktien Geldmarkt2013 24.6 –2.9 0.1 5.4 –32.6 –0.2 Aktien Gold2014 13.0 8.5 0.1 3.8 6.8 –0.3 Aktien Geldmarkt2015 2.7 1.8 0 5.4 –12.8 –1.4 Immobilien Gold2016 –1.4 1.5 0 3.9 8.1 –0.2 Gold Geldmarkt2017 bisher 7.5 0.5 0 0.8 5.3 0 Aktien Geldmarkt

1) Aktien- bzw. Obligationenindex 2) Konsumentenpreisindex 3) Franken je Kilogramm

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8 1 www.typoraum.ch l Arbeitsproben

N O E R D

Das laut Eigenaussage «etwas andereGewerbehaus» bietet seit 2011 ein Dachfür verschiedenste Kreativunternehmen.Die zwei grossen Ankermieter «Aroma»,die Kreativagentur für dreidimensionaleKommunikation und die Freitag lab.agbeflügeln die Kreativbranche zusammenmit rund 25 weiteren Unternehmenaus den Bereichen Marketing, Designoder Softwarelösungen. Das durch seineeigenwillige Stützenstruktur gewinnendeGebäude, welches durch die Rohheit undUnfertigkeit der Materialien zur Geltungkommt, beherbergt die Fabrikationshalleder Brüder Markus und Daniel Freitag, dieneben ihren berühmten LKW-Taschen öko-logische, weil wiederverwertbare Kleidungherstellen.

H A L L E 6 2 2

Direkt beim Bahnhof Oerlikon befindet sichseit Anfang Februar die neue Maag EventHalle. Da das Tonhalle-Orchester aufgrundeiner Rundumsanierung von Tonhalle undKongresshaus für drei Jahre in die Maag-Hallen beim Bahnhof Hardbrücke zügelt,organisieren die Verantwortlichen derMaag Music & Arts AG neuerdings Kon-zerte, Messeveranstaltungen und Showsin der alten Industriehalle der ABB inNeu-Oerlikon. Mit einer Gesamtfläche von4200 m² kann die Halle 622 bis zu 3500Personen fassen. Auch das Foyer mit einerCateringzone von 880 m² kann sich sehenlassen. Kernstück ist die säulenfreie Hallemit 1470 m² und einer Galerie mit 347 m².

B A H N H O F O E R L I K O N

Am 1. Dezember 2016 war es endlich soweit: Der neue Bahnhof Oerli-kon wurde eröffnet und verbindet nunmehr die Quartiere Oerlikon imSüden und Neu-Oerlikon im Norden. Der Ausbau war dringend nötig,denn täglich frequentieren rund 110000 Passagiere den siebtgrösstenBahnhof der Schweiz. Das 700 Millionen Franken teure Mammutprojekterstrahlt in neuem Glanz und bietet mit zwei zusätzlichen nun insge-samt acht Gleise, neue Unterführungen sowie zwei neue Veloabstellan-lagen. Die eigene unterirdische Einkaufspassage erhöht die Attraktivitätdes Bahnhofs. Einen modernen Blickfang bilden die zwei neongelbenPerrondächer, die bei Sonnenschein zum Leuchten gebracht werden.

8 l ZHKMU l Nr. 2 l 2017 l

I N T R O WE R KPLATZZÜRI-NORD

Hotel Kameha GrandDas 2015 eröffnete Hotel der Superlative befin-det sich im Glattpark, einer der dynamischstenGeschäftszonen der Region und profitiert von derverkehrstechnisch hervorragenden Anbindung andie Zürcher Innenstadt und den Flughafen. DemGast stehen insgesamt 245 Zimmer inklusive The-mensuiten zur Verfügung. Bereits ein Viertel Jahrnach der Eröffnung zählte das Kameha zu den zehnbesten Stadthotels der Schweiz; der Gründer undCEO der Kameha Hotels & Resorts, Carsten Rath,wurde darüber hinaus als Newcomer des Jahresausgezeichnet. Das Restaurant «YOU» kann nichtnur mit 15 Gault Millau Punkten, sondern unterSpitzenkoch Norman Fischer bereits auch mit einenMichelin-Stern auftrumpfen.

Seite 16

Freitag lab.agMarkus und Daniel Freitag haben quasidie Tasche neu erfunden – und ein StückZürich in die Welt hinausgetragen. Mitihren aus alten LKW-Planen hergestelltenrobusten, wasserdichten Taschen treffensie seit 1993 den Zeitgeist urban-mobilerKosmopoliten. Jede Tasche ist ein Unikat.Freitag-Taschen haben sich als Kultmarkevon Zürich über Berlin bis nach Tokioetabliert. Die beiden Brüder, die nichtnur Nachhaltigkeit predigen, sondernauch leben, produzieren seit 2014 unterdem Label F-abrik ebenfalls ökologischeaus Leinen, Hanf und Modal bestehendeKleidung.

Seite 20

GlattparkLange galt der Glattpark als grössteBaustelle der Schweiz. Inzwischenist auf dem Oberhauserriet gleichan der Zürcher Stadtgrenze eineKleinstadt entstanden, die Platzfür 4500 Einwohner und 2500Arbeitsplätze bietet. Restaurants,Supermärkte, ein Hotel und vielekleinere Ladengeschäfte machenden Glattpark zu einem belebtenQuartier Opfikons. 2005 erfolgteder erste Spatenstich, nun kommtdas Grossprojekt in die dritte Bau-phase.

Seite 14

S R F

Was gehört zum Service Public und was nicht? Dieaktuelle Kontroverse kratzt vielleicht etwas am Imagedieser Institution der Schweizer Medienlandschaft,doch auf den «Tatort» am Sonntagabend wollendann doch die Wenigsten verzichten. Im Allgemeinengeniesst das Schweizer Fernsehen aber immer nocheinen guten Ruf. Im Studio Zürich Leutschenbach wer-den sämtliche Fernsehprogramme von SRF produziert.Ausserdem sind die Direktion, die Direktionsbetriebeund die Abteilung Finanzen hier angesiedelt. Rund1329 Personen haben am Standort Zürich-Oerlikonihren Arbeitsplatz. Wer einmal hinter die Kulissen desGrossbetriebs blicken möchte, kann dies auf einerStudioführung tun.

Bildquellen: zVg, SRF/Oscar Alessio, Inès De Boel; Grafik: Inès De BoelBildquellen: zVg, SRF/Oscar Alessio, Inès De Boel; Grafik: Inès De Boel

M E S S E / H A L L E N S TA D I O N

Die Messe Zürich und das Hallenstadion Zürich befin-den sich beide an der Wallisellenstrasse in Zürich-Oerlikon. Die Messe Zürich bietet in einem kompaktenMessegebäude rund 30000 m² Fläche – verteilt aufsieben Messehallen. Das Messeprogramm in Zürichzählt etwa 50 Messen im Jahr, die selber veranstaltetund/oder als Gastveranstaltungen durchgeführt wer-den. Als bekannteste und grösste Publikumsmesse giltdie «Züspa», Zürichs Herbstmesse. Die Gesamtflächedes Hallenstadions beträgt mehr als 14000 m². Das1939 erbaute und 2005 umgebaute und erweiterteunter Denkmalschutz stehende Gebäude ist damitdie grösste multifunktionale Halle der Schweiz. Alsbeliebter Austragungsort für Sportveranstaltungen,Rock- und Popkonzerte und andere Grossevents bietetsie Platz für bis zu 13000 Zuschauer. Sie ist seit 1950auch das Heimstadion der ZSC Lions.

l ZHKMU l Nr. 2 l 2017 l 9

I M G E S P R Ä C H

demSeealsHighlight ist fürganzZürich-Nordzu einem beliebten Erholungsraum gewor-den. Aber auch Leutschenbach hat mit demLeutschenpark und der Umgestaltung derLeutschenbachstrassean Identität gewonnen.Gleichzeitig mussman berücksichtigen, dassneueStadtgebiete immer auchZeit brauchen,um zusammen mit den Bewohnerinnen undBewohnern eine eigene Identität zu entwi-ckeln und in das Geflecht der bestehendenStadt förmlich «einzuwachsen».

Alle Baugebiete in Zürich-Nord sindehemalige Industriegebiete. Wie entstehendaraus Stadtteile mit urbaner Lebens-qualität? Welche neuenWege in Planungund Stadtentwicklung sind beschrittenworden?Urbane Lebensqualität wird massgeblichdurch einen ausgewogenen Nutzungsmixbeeinflusst. Von einem solchen profitierensowohldas lokaleGewerbealsauchdieBevöl-kerung. Ganz zentral sind dabei abwechs-lungsreiche, öffentliche Erdgeschossnutzun-gen sowie mit hoher Qualität geplante undrealisierte Frei- und Strassenräume. Nur sokönnen attraktive und belebte Quartiere ent-stehen, die den Bewohnerinnen und Bewoh-

nern Raum für Freizeit und Erholung bieten.Bei der Planung dieses Nutzungsmixes gilt esaber stets auch, den gewachsenen CharakterunddieGeschichte einesQuartiers zubewah-ren. Gelungene Beispiele in Oerlikon sindetwa der MFO-Park oder auch die ehemaligeABB-Industriehalle, die zum Veranstaltungs-ort «Halle 622» umfunktioniert wurde.

Welches sind die wichtigsten Bau- oderVerkehrsprojekte, die in den kommen-den Jahren für Zürich oder die Region imNorden Zürichs geplant sind?Neben dem Bahnhof Oerlikon wird esweitere Verkehrsprojekte geben, die zueiner zusätzlichen Verbesserung des ÖV-Netzes beitragen, beispielsweise das TramAffoltern. Bei den öffentlichen Bauten sindinsbesondere das Sportzentrum Oerlikonmit dem geplanten Hallenbad-Neubau zuerwähnen. Aber auch im Wohnungsbauwird sich in den nächsten Jahren in Zürich-Nord einiges tun. So sind einige grosse Flä-chen im Besitz von Baugenossenschaften,weshalb sich mit zukünftigen Ersatzneubau-ten zusätzlicher gemeinnütziger und preis-günstiger Wohnraum für die Stadt Zürichrealisieren lässt.

Wird sich Zürich weiter über die Stadt-grenze hinaus ausdehnen?Zürichwirdweiterwachsenunddie innereVer-dichtungmacht nicht an den Stadtgrenzen halt.Spricht man heute von Zürich-Nord, so ist einzusammenhängendesSiedlungsgebietgemeint,bestehendausdenstädtischenKreisen11und12sowie Opfikon, Kloten, Wallisellen, DübendorfundweiterenGemeinden.DieseGebietewerdensich in den nächsten Jahren stark entwickeln,die Flughafen-Region hat noch viel Potenzial.Oerlikonwird darin auch inZukunft einewich-tige Zentrumsfunktion einnehmen.

Wie wird Zürich-Nord in zehn Jahrenaussehen?Die grossen Weichen sind gestellt, es wirdaber auch in Zukunft Neubauten sowie eineweitere Verbesserung der öffentlichen Infra-strukturen und des öffentlichen Verkehrsgeben. In zehn Jahren wird das Bild vonZürich-Nord geprägt sein von markantenBauten und neuen Hochhäusern. Danebenwird mit dem Hallenstadion, dem Theater 11undderHalle622auchweiterhinvielPlatz fürein breites Kulturprogramm geboten. Kurz:Zürich-Nord wird noch dichter, noch durch-mischter und noch urbaner werden.

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WE R KPLATZZÜRI-NORD

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I M G E S P R Ä C H

Dichter,durchmischter,urbanerANDRÉ ODERMATT Zürich-Nord ist trotz unaufhaltsamem Bauboom

ein Gebiet mit urbaner Lebensqualität. Das liegt vor allem am ausgewo-

genen Nutzungsmix: Lokales Gewerbe und Bevölkerung profitieren von

belebten Quartieren mit neu gewachsenen öffentlichen Räumen. Eine

Bestandsaufnahmemit Stadtrat und Bauvorsteher André Odermatt.

INTERVIEW INÈS DE BOEL

Seit Beginn der Planungen für den StadtteilNeu-Oerlikon vor über 25 Jahren hat sichdie Region zwischen City und Flughafen zueinem attraktiven Siedlungsgebiet gemau-sert. Damit ein qualitätsvolles Wachstumder Stadt erreicht und Gebiete mit speziellenVoraussetzungen entwickeltwerden können,hat die Stadt auf eine kooperative Planunggesetzt. Diese führt Grundeigentümer undStadt zusammen, um Zukunftsvorstellungund Grundsätze für die Entwicklung einesGebiets zuerarbeiten.Als gelungenesBeispielfür die Anbindung und Durchlässigkeit einesQuartiers gilt derneueröffneteBahnhofOerli-konmit demattraktiv gestaltetenMax-Frisch-Platz. Das Resultat sei deshalb so gelungen,weil den verschiedenen Ansprüchen Rech-nung getragen wurde, betont BauvorsteherAndré Odermatt im Interview.

Das Stadtquartier Neu-Oerlikon, derBauboom in Leutschenbach, zuletzt derUmbau des Bahnhofs Oerlikon: Zürich-Nord hat sich in den letzten 15 Jahren inbaulicher Hinsicht rasant entwickelt. Wiebeurteilen Sie diese Entwicklung?André Odermatt Sehr positiv. Entstandenist ein städtisches Subzentrum mit hoherDynamik als Bindeglied zwischen Flughafenund Stadtzentrum. Das Quartier hat sich voneinem Dienstleistungsstandort zu einem gutdurchmischten Stadtteil mit hohem Wohn-raumanteil gewandelt. Mit dem neuen Bahn-hof wurde nochmals ein wichtiges Puzzleteilhinzugefügt.

Der «neue» Bahnhof Oerlikon ist erst imvergangenen Dezember eingeweiht worden.

Aus Sicht der Stadt ist damit vor allem eineQuartiersverbindung zwischen Alt- undNeu-Oerlikon entstanden. Welches Fazitziehen Sie nach dieser langen Bauzeit?Gleich vorweg: Es hat sich gelohnt. Oerlikonist einer der meistbefahrenen Bahnhöfe derSchweiz, und so profitieren nicht nur dasNahumfeld, sondern auch viele weitere Rei-sende von der Erweiterung. Mit den neuenUnterführungenunddenverbreitertenPerronswurde allen Ansprüchen Rechnung getragen.Gleichzeitig sind die Anbindung und Durch-gängigkeit des Quartiers verbessert worden– ob zu Fuss oder mit dem Velo. Und schliess-lich konnten mit dem Max-Frisch-Platz unddem Bahnhofsplatz Süd auch neue, attraktivePlätze für das Quartier geschaffen werden.

Im Umfeld des Bahnhofs Oerlikon entste-hen derzeit zwei Bürotürme der SBB, derAndreas- und der Franklinturm, die dasGesicht des Quartiers in Zukunft nachhaltigprägen werden. Sind diese Bauprojektegelungene Beispiele der städtebaulichenPraxis?Ja, denngrundsätzlich gilt es, an gut erschlos-senen Orten hoch und qualitätsvoll zu ver-dichten. Und da zählen Gebiete in unmittel-

Z U R P E R S O N

André Odermatt ist seit 2010 Stadtrat und Vorsteherdes Hochbaudepartements. Weitreichende politischeErfahrungen konnte der promovierte Geograph undausgebildete Primar- und Mittelschullehrer in der Zeitvon 1995 bis 2010 als Gemeinderat und von 1999bis 2000 als Präsident des Gemeinderates sammeln.Zudem stand er von 2004 bis 2010 der SP-Gemeinde-ratsfraktion als Vizepräsident vor. Er ist Stiftungsrat der«Eleonorenstiftung» des Kinderspitals Zürich.

barerBahnhofsnähenatürlichganzbesondersdazu. Die Architekturwettbewerbe, welchedie SBB veranstaltet hat, garantieren dabeiein gutes städtebauliches Ergebnis. Zusam-men mit den bestehenden HochhäusernSwissôtel und Neumarkt entsteht nun eininteressanter Hochhauscluster, der mit einerpublikumsorientierten Erdgeschossnutzungauch wesentlich zum Quartierleben beiträgt.

Was bedeuten die Türme auch im Hinblickauf denWirtschaftsstandort Zürich-Nord?Es stärkt Zürich-Nord und das Zentrum Oer-likon, ganz nach dem Motto «Z’Örlike gitsalles».Nichtnur fürdieBevölkerung, auch fürdas Gewerbe ist Zürich-Nord in den letzten

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bereits im Jahr 2000 in einem kooperativenProzess zusammen mit den Grundeigen­tümern ein Leitbild erarbeitet, das uns wert­vollerWegweiser ist. Auch grosse Infrastruk­turprojekte – ich denke an die Glattalbahnoder die Glattparkstrasse – habenwesentlichdazu beigetragen, aus Leutschenbach einenneuen, lebendigen Stadtteil zu machen.Ebenso hat der Neubau des SchulhausesLeutschenbach mit seiner unverkennbarenArchitektur früh einen wichtigen Identifi­kationspunkt im aufstrebenden Quartiergesetzt. Die Entwicklung des Quartiers istaber noch lange nicht abgeschlossen: West­lich der Thurgauerstrasse befindet sich einegrosse städtische Landreserve, für die aktu­ell ein Gestaltungsplan in Erarbeitung ist. InZukunftwerdendort durchmischtesWohnenund Gewerbe sowie ein Schulhaus und einPark entstehen – für rund 2000 neue Bewoh­nerinnenundBewohner, imEinklangmitdenZielen der 2000­Watt­Gesellschaft.

Ist eine solche Verdichtung ein Vorbild fürweitere bauliche Entwicklungsgebiete inder Stadt Zürich?Es gibt nicht «die» Patentlösung, jedes Ent­wicklungsgebiet hat unterschiedliche Vor­aussetzungen, jedes Quartier seinen eigenenCharakter. Im Hochbaudepartement achtenwir deshalb darauf, dass die Entwicklungengebietsspezifischerfolgen.Dasheisst,dassausden lokalenCharakteristikenundPotenzialenunverwechselbareStadtteilemit jeweils eige­nenQualitätenentstehen.Grundsätzlichkanndie Entwicklung von Zürich­Nord sicherlichals vorbildlich bezeichnet werden. Und es istgut, wenn man aus erfolgreichen Planungenlernen kann.

Aus stadtplanerischer Sicht sollte eine Stadtökologisch nachhaltig geplant und gestaltet,aber auch in sozialer Hinsicht konzipiert,das heisst lebendig und identitätsstiftendsein. Erfüllen Ihrer Meinung nach die neuenStadtquartiere Leutschenbach und Glatt-park in Opfikon diese Vorgaben?Das ist durchaus gelungen, insbesondereauchdurchdieneugeschaffenenöffentlichenRäume. Der Grünraum des Glattparks mit

Jahrennochattraktiver geworden.Die immerbessereErschliessung, attraktiveStadträume,gute Büroflächen sowie ein lebendigesQuartierzentrum um den Marktplatz tragenwesentlich zur Standortqualität bei.

Auch auf dem ehemaligen Industrie- undGewerbegebiet Leutschenbach ist eine«Stadt in der Stadt» entstanden. Mit Büros,Geschäften undWohnungen wird hier einegemischte Nutzung angestrebt. Inwieweitwar die Stadt hier Treiber der innovativenStadtentwicklung?Stadtentwicklung ist immer ein Zusammen­spiel verschiedener Akteure, städtischerwie auch privater. In Leutschenbach wurde

«Es gilt, an gut erschlos­senen Orten qualitätsvoll

zu verdichten», so StadtratAndré Odermatt, VorsteherHochbaudepartement, hier

bei der Besichtigung derneuen städtischen Wohn­

siedlung in der Rautistrasse inZürich­Altstetten.

Bild: Keystone/Anthony Anex

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I N H A LT

I M P R E S S U M

ZÜRCHER KMU – Das Zürcher Unternehmer-Magazin erscheint im Verlag SWISS PROFESSIONAL MEDIA AG an der Zürcherstrasse 20, 8952 Schlieren, Zürich,

Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.unternehmerzeitung.ch, [email protected] HERAUSGEBER Oliver Kramer, [email protected]

MANAGING EDITOR Matej Mikusik, [email protected] REDAKTION Inès De Boel, [email protected]; Anouk Arbenz, arbenz@unter-

nehmerzeitung.ch und Roman Brauchli, [email protected] ANZEIGENLEITUNG Felix Keller, [email protected] MITARBEIT ANDIESER AUSGABE Marc Maurer, Regine Sauter, Nicolas Facincani und Julia Gschwend LAYOUT Bruno Strupler, [email protected] PRODUKTIONmultiprint, Basel NACHDRUCK Mit schriftlicher Genehmigung des Verlags und detaillierter Quellenangabe ©Unternehmerzeitung gestattet. PREIS Fr. 6.–,

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Bildquelle: zVg (Cover, oben),Keystone/Anthony Anex (o.r.);Comet, Dieter Enz (o. M.), zVg (r.)

10

20AKTUELL

4 Packaging Innovations 2017: Die Verpackung zähltZürcher Genossenschaftsprojekt ausgezeichnet

INTRO6 Bahn frei! Zürich-Nord im Bauboom

IM GESPRÄCH10 Stadt und Kanton wachsen funktional und

räumlich zusammen. Eine Bestandsaufnahme mitStadtrat und Hochbauvorsteher André Odermatt.

GLATTPARK-OPF IKON

14 Die Stadt im Park: Ein Grossprojekt mit Zukunft16 Kameha Grand Zürich: Neobarockes Interieur trifft

auf raffinierte Sterneküche

PIONIERE19 NOERD imNorden: Das etwas andere Gewerbehaus20 Gebrüder Freitag: Das Allwetter-Unikat

MOBIL ITÄT23 E-Autos: Strom ab Lampe

LEASING24 Gatra AG: Flexibler und günstiger finanzieren

NETZWERKE27 Eine Reform, die keine ist: Altersvorsorge 2020

RECHT28 Fintech: Bankenregulierung vor Änderung29 Arbeitsrecht: Fristlose Kündigung und

deren Folgen

ZÜRICH IM BILD30 Erster Frühlingstag im Zürcher Weinland

14

24

Zwanzig Jahre nach-dem Daniel undMarkus Freitag altenLKW-Planen neuesLeben eingehauchthaben, hat die FreitagLab AG ein biologischabbaubares Textilerstellt, welches imUmkreis von maximal2500 Kilometern pro-duziert wird.

WE R KPLATZZÜRI-NORD

16 l ZHKMU l Nr. 1 l 2017 l

Hautsache gepflegt!Louis Widmer sA Leben für die Haut: Auf dem Gebiet der dermatologischen Hautpflege hat die Marke

«Louis Widmer» Pionierarbeit geleistet. Inhaberin und VRP Annemarie Widmer führt das international

erfolgreiche Familienunternehmen aus Schlieren auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten mit Verve

und Verantwortungsgefühl.

«UnternehmertUm bedeUtet für mich, die ZUkUnft mit ganZem herZblUt wegweisend ZU gestalten Und ein gesUndes Unternehmen ZU bewahren Und aUsZUbaUen». bild: zVg

Werk pLAtzSchlieren

U n T e r n e h m e n

l ZHKMU l Nr. 1 l 2017 l 17

TexT inèS De Boel

Unabhängig bleiben im Denken und im Han-deln – Das Motto, das sich das Kosmetik- und Pharmaunternehmen Louis Widmer auf die Fahnen geschrieben hat, wird seit über 55 Jahren gelebt. Das traditionsreiche Schwei-zer Unternehmen hat sich international einen hervorragenden Ruf als Hersteller von derma-tologischen Heilmitteln und hypoallergenen Hautpflegepräparaten erworben.

Die Faszination für die Haut als gröss-tes menschliches Organ teilt Inhaberin und Geschäftsführerin Annemarie Widmer mit den beiden Gründern Louis-Edouard und Louis-Max Widmer, ihrem Grossvater und Vater. Mit Herzblut und einer tiefen Verbundenheit führt sie deren Erbe in dritter Generation weiter: «Ich bin dankbar, dass mein Vater mir sein Lebens-werk anvertraut hat und liebe es, das Unter-nehmen zu steuern und aktiv mitzugestalten», sagt sie. «Langweilig wurde es mir noch nie. Im Gegenteil, es wird immer spannender.»

Bewegtes Jahr mit neuer WeichenstellungIn Schlieren, wo die Louis Widmer Firmen-gruppe ihren Hauptsitz hat, war das vergangene Jahr insbesondere von neuartigen Produktent-wicklungen sowie von neuen Weichenstellun-gen an der Führungsspitze geprägt. «Für alle war es ein bewegtes und bewegendes Jahr», wagt Geschäftsführerin Annemarie Widmer einen kleinen Rück- und Ausblick. So konnte die Forschungs- und Entwicklungsabteilung unter anderem drei hochwertige, hautverträg-liche Düfte für allergische Haut entwickeln, die frei von 26 Allergenen sind. Auf personeller Ebene hat mit Goetz Winter im Februar 2017 ein in der Kosmetikbranche erfahrener Manager die Position des CEO übernommen. Eine wei-tere wichtige Weiche für die Zukunft konnte mit Marcel Langenauer als neuem Technischen Direktor gestellt werden. Annemarie Widmer, die in der Geschäftsleitung bleibt und das Ver-waltungsratspräsidium übernimmt, will ihr Unternehmen mit der ausgewechselten Spitze erfolgreich in eine neue Ära führen.

Zwar stünden die Fahnen auf Ausbau und Wachstum, dennoch gelte es, dieses Wachstum gerade in den umliegenden Märkten zeitnah zu generieren und so für eine langfristige Siche-rung und den Ausbau der Marke «Louis Wid-mer» zu sorgen, begründet sie. Dazu müsse das Exportgeschäft auf eine neue Ebene gebracht werden. Für den erfolgreichen Schweizer Heimmarkt gelte für sie als oberste Priorität, die Marktposition zu verteidigen und die part-nerschaftlichen Kundenbeziehungen zu den Depositären weiter zu intensivieren.

Tradition trifft auf InnovationLouis Widmer muss – wie jedes Schweizer Unternehmen – noch andere Herausforde-rungen meistern. Da das Unternehmen nicht

bekräftigt sie. Grundlage dafür sei, Chancen und Risiken zu erkennen und möglichst genau einzuschätzen, was in der Vergangenheit gut gelungen sei. Das zeige sich etwa darin, dass die Firma zu 100 Prozent eigenfinanziert und noch nie Personal aus wirtschaftlichen Grün-den entlassen worden sei, wie Widmer stolz hervorhebt.

Auch bei der sozialen Verantwortung glänzt das Unternehmen durch Taten statt Worte: Louis Widmer ist 2015 mit dem This-Priis, dem Arbeitgeber Award des Kantons Zürich, für die erfolgreiche Integration von Mitarbei-tenden mit körperlicher Beeinträchtigung ausgezeichnet worden. Für Unternehmerin Annemarie Widmer eine Selbstverständlich-keit: «Ausreden gibt es nicht. Bei Louis Widmer SA hat dies Tradition und gehört zur Familien-philosophie», konstatiert sie kurz und knapp.

Zum persönlichen und ethischen Engage-ment des familieneigenden Produktionsbe-triebs gehört auch das Thema «Tierschutz und Nachhaltigkeit»: Louis Widmer verzichtet seit jeher auf tierische Produkte für seine Präpa-rate. Lediglich für Lippenpflege-Produkte wird Bienenwachs eingesetzt. Annemarie Widmer betont, dass für keine ihrer Präparate jemals Tierversuche in der Schweiz oder im Ausland durchgeführt wurden und fügt an: «Wir tragen Sorge zur Umwelt und den Ressourcen und hal-ten die Umweltbelastung so gering wie möglich – sowohl im Produktionsprozess als auch bei den Produkten selbst.»

Wie eine FamilieAn ihren rund 125 Mitarbeitenden, die derzeit für das Schweizer Werk in Schlieren arbeiten, schätzt Annemarie Widmer vor allem deren Professionalität, Engagement und Loyalität. Wesentlich ist für die junge Geschäftsführerin, dass sich alle entsprechend ihren Fähigkeiten in einem motivierenden Umfeld entwickeln können. Ein Baustein des unternehmerischen Erfolgs sei auch der gegenseitige Respekt, den man sich entgegenbringe. Dass diese Philoso-phie aufgeht und Louis Widmer ein äussert attraktiver Arbeitgeber ist, zeigt sich an der Tatsache, dass die Firma auf viele langjährige Mitarbeiter zählen kann. Besonders motivie-rend für Widmers Arbeit seien zudem die zahl-reichen positiven Kundenfeedbacks, die sie seit Jahren erhalte: «Sie bestärken mich und mein Team täglich in unserem Tun», hält sie fest.

Annemarie Widmer hat klare Ziele vor Augen, wenn es um die strategische Zukunft ihres Unternehmens geht. Dank der Erhaltung zufriedener und treuer sowie der Gewinnung neuer Kunden strebt Louis Widmer weiterhin ein gesundes Wachstum an und will in neuen europäischen Märkten an Bekanntheit zulegen. Trotz des stetigen Wandels steht für Inhaberin Annemarie Widmer fest: «Es ist unser erklärtes Unternehmensziel, ein selbständiges Familien-unternehmen zu bleiben.»

L o u i s W i d m e r s A

Das Unternehmen hat seinen hauptsitz in Schlieren bei Zürich. international beschäftigt louis Widmer 250 mitarbeitende, 125 davon arbeiten in der Schweiz. Am hauptsitz erforscht, entwickelt und produziert das Unternehmen kosmetische und pharmazeutische Produkte. inhaberin Annemarie Widmer führt das 1960 gegründete Familienunter­nehmen in dritter Generation.

www.louis­widmer.ch

nur Kosmetik, sondern auch pharmazeutische Medikamente produziert, ist es von den ständig steigenden Regulierungen besonders betroffen. Dies erfordere teils mehr Personal und tan-giere ganze Abteilungen. Der anhaltend tiefe Eurowert macht Annemarie Widmer ebenfalls zu schaffen: «Als Schweizer Familienunter-nehmen trifft uns die Aufhebung der Euroun-tergrenze enorm. Unser Exportanteil macht 75 Prozent unseres Umsatzes aus». Trotz der Schwierigkeiten wolle man aber am Produk-tionsstandort Schweiz festhalten.

Einerseits garantiere der Standort in Schlie-ren das seit der Unternehmensgründung 1960 lancierte Qualitätsversprechen «Made in Swit-zerland». Andererseits bedeute die anfangs Jahr in Kraft getretene Swissness-Gesetzge-bung eine Stärkung der Marke «Louis Wid-mer», die mit dem Schweizerkreuz auf der Ver-packung wirbt. Sämtliche Präparate sind nach den Richtlinien für pharmazeutische Produkte hergestellt und unterliegen damit strengsten Qualitätsstandards und -kontrollen. «Alle Pro-zesse – von der Forschung, über die Entwick-lung bis zur Produktion – finden in Schlieren statt, sodass wir diese genau unter Kontrolle haben», betont denn auch Annemarie Widmer. Im Übrigen habe die Qualitätsphilosophie von Louis Widmer an Aktualität gewonnen. Das Unternehmen legt seit jeher Wert auf eine Ver-bindung von Tradition und Innovation. Dazu gehöre, sich seiner Werte und Stärken bewusst zu sein und dabei gleichzeitig neugierig zu blei-ben, ist Widmer überzeugt. Während Louis Widmer über Jahrzehnte Unternehmenswerte wie Qualität, Sauberkeit, Sicherheit oder Fort-schritt ausbaute, benutze man gleichzeitig konsequent modernste Mittel, um Qualität und neue Erkenntnisse in Forschung und Entwick-lung einfliessen zu lassen.

Unternehmerin mit sozialer VerantwortungAnnemarie Widmer, die seit vierzehn Jahren im familieneigenen Betrieb arbeitet, liebt ihre ebenso abwechslungsreiche wie faszinierende Aufgabe – gerade weil die Verantwortung gross ist. Sie nimmt ihre Rolle als Unternehmerin in jeder Hinsicht sehr persönlich wahr. «Unter-nehmertum bedeutet für mich, die Zukunft mit ganzem Herzblut wegweisend zu gestalten und alles daran zu setzen, ein gesundes Unter-nehmen zu bewahren und weiter auszubauen»,

Zürcher KMU 2017Visuelles Konzept für das JahresthemaWerkplatz Zürich

Page 9: Genesis 4/2010

www.typoraum.chab 2016

Arbeitsproben l www.typoraum.ch 1 9

Das Zürcher Unternehmer-magaZin

Z Ü R C H E R

nr. 1 l 2017

P i o n i e r e

Freddy Burger: Leben am Bühnenrand

n e t Z w e r k e

Erfolg dank Freihandel

V o r s o r g e

Wer mitbestimmt, gewinnt

Werk platzschlieren

Annemarie Widmer von Louis Widmer SA

Page 10: Genesis 4/2010

10 1 www.typoraum.ch l Arbeitsproben

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DAS ZÜRCHER UNTERNEHMER-MAGAZIN

KMU

Z Ü R C H E R

NR. 4 l 2016

ZÜRCHER PIONIER: DIETER MEIER

THE VOICE OF YELLOT H E M A

Immobilien-wirtschaft

I N T E R V I E W

SVIT Zürich: Dieter Beeler

U N T E R N E H M E N

Data-Center für KMU

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T H E M A

Nach vorne blickenBANKENPLATZ ZÜRICH Das Bankengeschäft ist eigentlich ein überaus stilles Geschäft.

Doch in keiner anderen Branche gab es in den letzten Jahren so viel Turbulenzen wie

in der Finanzbranche. Gerade am Finanzplatz Zürich dürfte es wieder besser und

ruhiger werden.

TEXT FREDY GILGEN

Früher war alles besser. Für die Schwei-zerische Bankenbranche stimmt diese Aussage für einmal nicht. Dies trotz der schier endlosen Hiobsbotschaften aus dem Finanzsektor. Doch Bankenskan-dale sind keineswegs eine Erfindung der Neuzeit. Mit Meldungen über Fehlver-halten von Finanzinstituten liessen sich mühelos mehrere Ordner füllen. Von der Affäre Meili über den Chiasso-Skan-dal der SKA, den Weisscredit-Skandal von 1977, bis zum Untergang der Spar- und Leihkasse Thun 1991.

Auch wer noch weiter zurückblät-tert, wird rasch fündig: In seinen Tage-büchern geisselte der bekannte Maler Albert Anker (1831 bis 1910) re gelmäs-sig die offenbar auch damals häufigen Bankenskandale. Doch allen Turbulen-zen zum Trotz: Bisher hat der Finanz-platz Schweiz und speziell auch der Finanzplatz Zürich auch massivste Rückschläge weitgehend unbeschadet wegstecken können. Sogar den Fast-Un-tergang der Grossbank UBS im Herbst 2008 oder den bedrohlichen Schleuder-kurs des Versicherungskonzerns Swiss Life fünf Jahre zuvor.

Weltweite SpitzenpositionVieles hat sich seither geändert, nicht aber die Bedeutung des Finanzplatzes für die Region Zürich. Aktuell haben rund ein Drittel der noch rund 300 in der Schweiz domizilierten Ban-ken ihren Hauptsitz in der Limmat-stadt selber oder im Kanton Zürich. Ein drück lich: Die nominale Bruttowert-schöpfung des Finanzplatzes der Region Zürich (inklusive Versicherungen usw.) erreicht mit rund 28 Milliarden Franken fast die Bruttowertschöpfung des gesamten Bankensektors Schweiz, der knapp 29 Milliarden Franken er -reicht.

Dank diesen Leistungen kann der Finanzplatz Zürich auch internatio-nal noch immer ganz vorne mithalten.

Hinter den Giganten New York und London sowie den asiatischen Gross-städten Singapur und Hongkong liegt die Limmatstadt gemäss dem Global Financial Centres Index auf Platz 5. Im grenzüberschreitenden Vermögensver-waltungsgeschäft war und ist Zürich der absolut grösste Finanzplatz für interna-tionale Kunden

Diese Zahlen sprechen für sich: Der Finanzsektor ist eines der wichtigsten wirtschaftlichen Standbeine der Region. Statistisch umfasst dieser Finanzplatz neben dem Kanton Zürich auch die beiden angrenzenden Kantone Schwyz und Zug: Rund jeder fünfte Wertschöp-fungsfranken in dieser Region wird im Finanzsektor erarbeitet. Schätzungen zufolge wird indirekt gar jeder dritte Wertschöpfungsfranken durch den Zürcher Finanzplatz generiert, wenn die Leistungen von Zulieferern mitbe-rücksichtigt werden.

Alleine die Banken erwirtschafte-ten 2013 eine Bruttowertschöpfung von rund 12.6 Milliarden Franken, was knapp 9 Prozent der monetären Wirt-schaftsleistung der Region entspricht. Besonders erfreulich: Die Wertschöp-fung des Bankensektors zeigt seit 2012 wieder positive jährliche Wachstums-raten, nachdem die Entwicklung in den Krisenjahren rückläufig war.

Die Banken sind damit eine tragende Säule auf dem Zürcher Arbeitsmarkt. Als eine der wichtigsten Branchen der Region Zürich beschäftigen die Banken direkt rund 55 000 Personen, was fünf Prozent aller Arbeitsplätze in der Region entspricht. Schätzungen zufolge hängt zusammen mit den indirekten Effek-ten gar jeder zehnte Arbeitsplatz in der Region vom Bankensektor ab. Der gesamte Zürcher Finanzplatz – zusam-mengesetzt aus Banken, Versicherungs-unternehmen und sonstigen Finanz-dienstleistern – bietet rund 97 500 Arbeitsplätze an. Somit beschäftigt er direkt 9 Prozent aller Erwerbstätigen in der Region.

Gewaltige HerausforderungenNach den Worten von Christian Bret-scher, dem Leiter des Zürcher Ban-kenverbandes, waren die vergangenen 25 Jahre für die gesamte Finanzbran-che höchst turbulent: «Der internati-onale Finanzmarkt und mit ihm der Finanzplatz Zürich hat umwälzende Veränderungen und einige Erschüt-terungen erlebt». In den 80er- und 90er-Jahren waren es nach Bretscher Fusionen und Übernahmen, angescho-ben durch den Börsenboom, die die Ent-wicklung präg ten, dann die Auflösung der Versicherungskartelle und 2001 die folgenschwere Immobilien- und Regi-onalbankenkrise. Wer damals meinte, nun könne es nicht mehr schlimmer kommen, sah sich getäuscht: Der Bör-sencrash der Jahre 2001 und 2002 und die Finanzkrise der Jahre 2008 bis 2009 erschütterten auch den Finanzplatz Zürich massiv.

Obwohl keines der Schweizer Finanz-institute der Krise zum Opfer gefallen ist, löste sie nicht nur inter national, sondern in besonderem Masse auch in der Schweiz eine Regulierungswelle aus, die seither nicht mehr abgebaut ist, sondern laufend zunimmt. Sie zwang Unternehmen zu einer grundlegenden Neuausrichtung des Geschäftsmodells in der grenzüberschreitenden Kun-denberatung und führte gleichzeitig zu einem eigentlichen Einbruch der Margen (siehe auch Interview mit Fin-ma-Chef Mark Branson).

«Der Finanzplatz Zürich hat in diesem anspruchsvollen Umfeld der Internationalisierung, der Konsoli-dierung und der Regulierung seine Widerstandsfähigkeit, seine Flexibili-tät und Qualität unter Beweis gestellt», sagt Bretscher mit Stolz: «Er gehört unver ändert zu den bedeutendsten Finanzplätzen der Welt. Diese Stärken sind beste Voraussetzungen dafür, dass Zürich auch in Zukunft zu den füh-renden Finanzplätzen der Welt zählen wird».

l ZHKMU l Nr. 1 l 2016 l 11

Alte Banken verschwinden, neue kommenDie Herausforderungen werden aller-dings keineswegs einfacher: Die Digi-talisierung wird das Bankgeschäft ein weiteres Mal umwälzen, Kostendruck und Regulierungen werden sich wei-ter verschärfen. «Um seine guten Vor-aussetzungen erfolgreich nutzen zu können, ist der Bankenplatz deshalb darauf angewiesen, dass wir den wirt-schaftlichen Rahmenbedingungen Sorge tragen», erklärt Bretscher, «insbe-sondere der politischen und wirtschaft-lichen Stabilität, der Rechtssicherheit, der Verfügbarkeit hoch qualifizierter Arbeitskräfte sowie der massvollen Regulierung und Besteuerung.» Wichtig sei sodann eine stabile und stets kon-vertible Währung. Hier sei die Politik gefordert. «Wenn dies gelingt, bin ich

davon überzeugt, dass zwar auch in Zukunft altbekannte Banken verschwin-den, dass sich aber auch neue Institute ansiedeln werden, so wie gerade eben die China Construction Bank, eine der grössten Banken der Welt».

Es ist zwingend, dass die Schweizer Banken die Digitalisierung aktiv und an vorderster Front mitprägen. Die Voraussetzungen sind nach Bretscher sehr gut: Die Zusammenarbeit zwi-schen Banken, Hochschulen und der aktiven Schweizer FinTech-Szene ent-wickelt sich äusserst positiv. Gleich-zeitig treiben die führenden Schweizer Banken auch eigene FinTech-Projekte mit Hochdruck voran. «Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich Zürich im Laufe der nächsten fünf Jahre auch zu einem führenden FinTech-Standort entwickeln wird», zeigt sich der Leiter

des Zürcher Bankenverbandes zuver-sichtlich.

Unterstützung durch Bundesbern könnte besser seinZufrieden zeigt sich Bretscher über die engagierte Unterstützung des Fi nanzplatzes durch die Stadt und den Kan ton Zürich: «Aktuelle Bei-spiele dafür sind unsere gemeinsamen Anstrengungen für die Ansiedlung einer chinesischen Bank und zur Förderung des FinTech-Standorts». Auf Bundes-ebene fällt die Bilanz etwas nüchterner aus. Hier wäre es dringend notwendig, dass Bundesrat und Verwaltung endlich davon abkehren, die internationale Überregulierung noch mit zusätzlichen Ecken und Kanten zu versehen und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Banken zu schwächen.

B A N K E N P L A T Z Z Ü R I C H

Anzahl der Geschäftsstellen (Kantone Zürich, Zug, Schwyz 2013)

Kantonalbanken

27 Prozent 138

Grossbanken

22.5 Prozent 115

Regionalbanken und Sparkassen

10.9 Prozent 56

Raiffeisenbanken

5.5 Prozent 28

Börsenbanken

5.7 Prozent 29

Andere Banken

7.8 Prozent 40

Ausländisch beherrschte Banken

15.5 Prozent 79

Filialen ausländischer Banken

3.9 Prozent 20

Privatbankiers

1.2 Prozent 6

Total: 511

Christian Bretscher, Leiter des Zürcher Bankenverbandes: «Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich Zürich im Laufe der nächsten fünf Jahre auch zu einem führenden FinTech-Standort entwickeln wird». Grafikquelle: SNB/Bildquelle/BilderBox.com/zVg

22 l ZHKMU l Nr. 4 l 2016 l

Z Ü R C H E R P I O N I E R E

seit Jahrzehnten immer wieder für Film und Fernsehen verwendet.

Der am häufigsten verwendete Track ist «Oh Yeah» und wird bei den Simp-sons jeweils kurz angespielt, wenn Duff-Man, das Maskottchen der loka-len Bierbrauerei, erscheint. Als Ein-gangstrailer lief «The Race» jahrelang auf dem Sportsender Eurosport und als Erkennungsmelodie der deutschen Musikclip-Show «Formel Eins». Auf-grund ihres experimentellen Charak-ters, zeichnet sich die Musik von «Yello» durch eine ganz besondere Transparenz und Räumlichkeit des Klangs aus. Die eigenwillige Mischung von Elementen des Funk, Techno und Avantgarde-Pop war ein Novum in den frühen 1980er- Jahren, weil sie vom Mainstream deut-lich entfernt war. Gemäss Dieter Meier wollte die Band stets «Soundtracks zu imaginären Filmen» schaffen. So wie die Musik, wirkt auch der Name der Band gleichzeitig verspielt, experimen-tell und geradezu dadaesk: So ist «Yello» ein scherzhaftes Wortspiel von Dieter Meier und steht für «a yelled Hello» – «ein gebrülltes Hallo».

Stets offen für NeuesNicht nur mit ihrer Musik zeigen sich «Yello» von ihrer schillernden Seite, selbst die Videos und Plattencover der beiden so gegensätzlichen Cha-raktere Dieter Meier und Boris Blank

sind richtungsweisend und setzen mit ihrer grellen Bildsprache der 80er-Jah-re-Popkultur Massstäbe. Typisch für «Yello» sind die Unverwechselbarkeit und Verspieltheit. Dieter Meier, der die Videos produziert, setzt auf die schrille Buntheit der Neon-Farben, aber auch auf schwarz-weiss Videos im Stil des Film noir – oft mit Special Effects –, die er zu hypnotischen Bildercollagen mit genialen Cuts zusammensetzt. Dabei ist der Einfluss von Dieter Meiers früheren Arbeiten deutlich zu erkennen. So tau-chen die Knetfiguren – von Meier «Lost sculptures» genannt – im Video zu «Pin-ball Cha Cha» (1982) wieder auf. Meier bedauert die Gleichförmigkeit heutiger

Videoclips, die seiner Meinung nach zu einer banalen Waschmittelwerbung verkommen sind. Die Eigenständigkeit und Genialität der Anfänge von Musik-videos sei völlig verloren gegangen, die Musik und Videowelten extrem genormt worden.

Unternehmer aus LeidenschaftDieter Meier betritt auch als Unterneh-mer in vielerlei Hinsicht Neuland und zeigt immer wieder eine unglaubli-che Freude, Dinge zu entwickeln und in unbekannte Gebiete vorzustossen. Seit fast zwanzig Jahren züchtet er in Argentinien Rinder und baut Wein an, den er in seinen drei Restaurants anbietet. Neuerdings produziert er auch Gin und Schokolade. Daneben konzen-triert sich Dieter Meier weiterhin auf künstlerische Projekte wie Filmmusik oder sein erstes Soloalbum «Out of Chaos». Am innovativen Puls der Zeit bleiben Dieter Meier und Boris Blank, indem sie «Yello» nicht als einfache Popband, sondern als gewachsenes, fortdauerndes Künstlerprojekt ver-stehen und – beide gehen nach wie vor mit kindlicher Freude an ihre Musik heran. Was passt da besser als das neue Album «Toy», das am 30. September erscheinen wird.

Kapitalist, Künstler, Kosmopolit und Kult-Figur. Dieter Meiers Markenzeichen: nie ohne Seidenfoulard.

L E I D E N S C H A F T L I C H E S U N D E R S T A T E M E N T

Weltenbummler mit diversen BerufenDieter Meier, am 4. März 1945 in Zürich geboren, ist Konzept- und Performancekünst-ler und Musiker. Weltbekannt geworden ist er in den 1980er-Jahren mit seinem Partner Boris Blank als Teil der Popband «Yello». Daneben betätigt sich der umtriebige Unternehmer in Argentinien als Weinbauer und Rinderzüch-ter. Sein unverkennbares Markenzeichen sind seine Zigarre, sein obligatorisches Seidenfou-lard und die stets nach hinten gegelten Haare.

www.dietermeier.com; www.yello.comwww.outofchaos.de

S TA N D O R T M A R K E T I N G

Balz Hösly, der Chefakquisiteur

F I N M A

Mark Branson zu den Eigen mittelvorschriften

U N T E R N E H M E N

Verklickt und verschuldet

BANKENPLATZ ZÜRICH

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DAS ZÜRCHER UNTERNEHMER-MAGAZIN

NR. 1 l 2016

20 l ZHKMU l Nr. 4 l 2016 l

Z Ü R C H E R P I O N I E R E

Der Chaos-ExpertePIONIER DES MONATS Poker-Spieler, Performance-

künstler, Poet, Unternehmer – und Pop-Pionier. Kurz:

ein Phänomen für sich. Als schillernder Frontman des

Popduos «Yello» schrieb Dieter Meier Musikgeschichte.

TEXT INÈS DE BOEL

Alles, was Dieter Meier anpackt, scheint ohne Kalkül oder Konzept. Ein paten-tiertes Erfolgsrezept hat er nicht. Unzäh-lige Vorhaben in fast ebenso unzähligen Bereichen hat er in der Vergangenheit realisiert. Was ihm aber bei allen seinen Projekten wichtig ist: Authentizität und Glaubwürdigkeit. Dieter Meier achtet sorgfältig darauf, dass er sich stets selbst treu bleibt. Meier ist Musiker, Autor, Fil-memacher, Konzept- und Performance-künstler, Poet, Zeichner und Unterneh-mer in einer Person – und passt in keine Schublade. Insofern müsste man fragen, was der avantgardistische Künstler und feinsinnige Kosmopolit eigentlich noch nicht gemacht hat.

International bekannt wurde Die-ter Meier Mitte der 1980er-Jahre zu sammen mit seinem musikalischen Partner Boris Blank als Duo der Elektro- Popgruppe «Yello». Mit der Single «Bostich» erlangte die Band in den USA auf einen Schlag Kultstatus. Seit mehr als dreissig Jahren produzieren «Yello» mittlerweile Songs und Videos und haben damit die Musiklandschaft bis weit über die Alpen hinweg geprägt. Bis heute sind «Yello» mit über zwölf Millionen verkauften Tonträgern eine der erfolgreichsten Bands der Schweiz. Während Boris Blank, der Klangkünst-ler und perfektionistische Tüftler, lieber als stiller Schaffer dezent im Hintergrund bleibt, lebt Dieter Meier als Sänger und Produzent der Band

seine Extrovertiertheit genüsslich in der Öffentlichkeit aus.

Avantgardist in vielen BereichenUnkonventionelles Auftreten kann sich der Künstler und Unternehmer mit Sinn für das Absurde seit jeher leisten. Als Sohn eines wohlhabenden Bankdirektors hat er nie aufs Geld ach-ten müssen. Eine Tatsache, die er in der Öffentlichkeit auch unumwunden zugibt – und die ihm in den Jahren nach der Matur Freiräume für diverse beruf-liche Experimente freihält. Nach dem abgebrochenen Rechtsstudium, das er mit eigenen Worten nur als Tarnung für seine Faulheit begann, spielte er aus einer Art Weltflucht heraus Poker. Es zeigte sich aber bald, dass Meier ein

Bilder: zVg, Matin Wanner

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Mann mit Ideen ist. Mit ersten eigenen Performance-Kunstprojekten fiel Die-ter Meier bereits im Jahr 1969 auf. Vor dem Kunsthaus Zürich zeigte er in sei-ner ersten an Dada angelehnten Aktion «Schraubenzählen» die Sinnlosigkeit und Absurdität des Alltags auf, indem er fünf Tage lang 100 000 Schrauben abzählte. Auch in New York, Berlin und Kassel legt er mit seinen humorvoll-sur-realen Performances die Hintergründig-keit des vermeintlich «Unnützen» dar. Als Vorläufer der Schweizer Videokunst ist Dieter Meier auch einer der ersten Künstler, der Ende der 1960er-Jahre mit dem Medium Film zu experimentieren begann und sich als Produzent und Schauspieler intensiv mit dem Thema Zeit und Endlichkeit beschäftigte.

Richtungsweisende MusikspracheDer Zufall wollte, dass Dieter Meier 1978 mit dem Sound-Tüftler Boris Blank zusammentraf, der mit Carlos Perón musizierte. Zu den experimentellen Geräuschen und Klängen, die Blank und Perón erzeugten und zu Songs verarbei-teten, brauchten sie noch eine passende Begleitstimme. Durch die Vermittlung eines Verkäufers eines Plattenladens, bot sich Dieter Meier an, der damals als dilettantisch-anarchischer Punksänger unterwegs war. Obwohl Meier nach eigenem Bekunden keine Noten lesen und «eigentlich nicht wirklich so gut singen» kann, fand bereits zwei Wochen nach dieser Begegnung das erste Kon-zert von «Yello» statt. Die Musik von Boris Blank und Dieter Meier lässt sich

nur schwer einordnen: Der als Perfek-tionist geltende Blank kümmert sich in der Abgeschiedenheit seines Studios um den Sound von «Yello» und kann als veritabler Tonjäger bezeichnet werden. Er verknüpft seine experimentellen Sounds mit neuen Formen und konzi-piert daraus völlig eigene Klanggebilde. In der Pionierzeit verfremdete er jedes Geräusch, wie etwa das eines an die Wand geworfenen Schneeballs, das in seinem Sound-Labor zum Bass Drum wurde. Damit bediente sich Blank als erster Musiker der Sampling-Technik – und zwar lange bevor diese über-haupt erfunden wurde –, indem er die gesammelten Klangerzeugnisse auf Band mit Bandschneidemaschinen und Klebestreifen wiederholt als End-losschleife, also Loops, arrangierte. Somit können «Yello» als Pioniere im Samplingbereich bezeichnet werden, die mit dieser Technik nicht nur den Hip-Hop und die gesamte Techno-Ge-neration nachhaltig beeinflussten, son-dern auch unzählige andere Musikstile bis heute prägen.

Sonderbare Klangwelten und viel SelbstironieBlank kreiert einzigartige Klangkunst, die eine Kombination aus nachgeahm-ten oder simulierten Geräuschen aller Art ist, vielfach mit verzerrten, detailrei-chen Effekten versehen. Heute arbeitet Boris Blank die Tracks mit modernem elektronischen Instrumentarium sowie Sampling von Stimme und akustischen Instrumenten und Geräuschen detail-reich aus. Begleitet wird die Musik von Dieter Meiers rauer Stimme, der sie mit Wort- und Satzfetzen unterlegt.

Als extrovertierter Frontman der Band überzeugt er mit seinem harten Sprechgesang im Club-Hit «Bostich» von 1980, lange bevor der Rap in die Musikwelt Einzug gehalten hat. Spä-ter reichten nur noch ein Geräusch oder ein paar Töne, um zu wissen: Das sind «Yello». Ihren internatio-nalen Durchbruch erlangte das Duo schliesslich mit einer simplen Stimm-übung und viel Selbstironie. «Oh yeah» machte Dieter Meier im Studio, um seine Stimm bänder zu lockern. Sound-jäger Boris Blank schnitt mit und entwi-ckelte den gedehnten, sonoren Ton zu einem Song. Schon in seiner Anfangs-phase experimentierte Boris Blank mit Motorgeräuschen, die das unverwech-selbare Markenzeichen von «The Race» sind. Schnipsel der beiden Hits werden

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DAS ZÜRCHER UNTERNEHMER-MAGAZIN

«Mehr Offenheit und Akzeptanz»

«Dass jeder ein wenig mehr an andere denkt.»

«Stabilität»

«Die Welt soll sich verändern»

«Ferien und Glühwein»

«Eine Freundin»

«Schnee»

WÜNSCH DIR

WAS

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I M G E S P R Ä C H

Stadtzauber hält anZÜRCHER HOTEL IERS Alternative Übernachtungsangebote setzen der Branche zu. Trotzdem stehen die Zürcher Hotels im schweizweiten Vergleich nach wie vor sehr gut da. Was es braucht, damit das so bleibt, verriet uns Martin von Moos, Präsident des Verbands Zürcher Hoteliers.

Shopping-Destination Zürich: Städtetourismus ist nicht nur bei ausländischen Gästen, sondern auch bei Schweizer Touristen beliebt.

Private bieten ihre Wohnung zu günstigen Preisen auf dem Übernachtungsmarkt an. Das Geschäftsmodell hat die Hotels arg in Bedrängnis gebracht. Die Plattform Airbnb hat einen regelrechten Parallelmarkt geschaf-fen – mit disruptivem Ausmass. Laut eigenen Angaben stehen auf der Website mehr als zwei Millionen private Übernachtungsan-gebote in über 190 Ländern zur Verfügung. Merk würdig nur, dass die privaten Anbieter

gegenüber den klassischen Hotels immer noch einen Sonderstatus beanspruchen kön-nen. Doch die Zürcher Hotels stehen noch vor ganz anderen Herausforderungen, sagt Martin von Moos .

Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Welche Bilanz ziehen die Zürcher Hoteliers? Martin von Moos Statistisch gesehen war es ein durchzogenes Jahr. Bezüglich der Logier-

nächte sind wir etwa auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr. In der Vergangenheit waren wir auch ein bisschen verwöhnt in Zürich, die Zahl der Logiernächte ist immer gestiegen. Andererseits sind die Preise unter Druck. Es sind immer zwei Faktoren: Die Logiernächte und der effektive Durchschnittspreis. Die Logiernächte alleine sagen nichts über den Ertrag aus. Letzterer ist eher rückläufig.

Gibt es einen Stadt-Land-Gegensatz?Das Gefälle Stadt-Land ist schweizweit ein

INTERVIEW INÈS DE BOEL UND ROMAN BRAUCHLI

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«WIR WOLLEN ZÜRICH AUF DIE LANDKARTE DER KONGRESSSTÄDTE BRINGEN»

Wäre die «Hopping»-Tendenz eine Möglich-keit, Zürich für den Wintertourismus attrak-tiv zu machen? Man kann auch von Zürich aus Ski fahren gehen.Es geht in diese Richtung. Wir haben opti-male ÖV-Verbindungen, man kann ein Auto mieten und ist schnell im Bünderland. Es gibt Fernmärkte wie den arabischen Markt, vielleicht auch den asiatischen Markt, wo die Leute einfach mal Schnee sehen wollen. Darum gehen sie auch im Sommer auf den Titlis. Sie wollen in der Stadt bleiben und nicht eine Woche im Schnee verbringen.

Sie haben die chinesischen und arabischen Gäste angesprochen. Vor allem bei den arabischen Sommer-touristen gibt es einen enormen Zuwachs: ein Plus von 34 Prozent im letzten Jahr. Sehen Sie hier einen weiteren Aufwärtstrend?Dies sind wichtige Märkte für uns. In diesem Jahr hatten wir einen Rückgang von 20 Prozent bei den chinesischen Gästen. Auch der indische Markt ist geschrumpft. Wir führen dies auf bestimmte Faktoren in diesem Jahr zu -rück: Einerseits konnte das Schengen-Visa nur noch an vier Orten in China bezogen werden, andererseits reagier-ten Chinesen und Inder sehr sensibel auf die Situation des Terrors in Europa. Ein Teil konnte mit dem arabischen Markt kompensiert werden. Wer uns aber seit der Fran-kenstärke sehr gut die Stange hält, sind unsere eigenen Gäste. Der Trend des Städtetourismus ist auch für Schweizer interessant geworden.

Ihr Vorgänger Jörg Arnold übte heftige Kritik an der Politik. Sein Vorwurf: Sie unterschätze die Hotelbranche als Wirtschaftsfaktor. Braucht es Ihrer Meinung nach mehr Engagement seitens der Politik?Ich teile die Meinung meines Vorgän-gers. Dieses Thema bearbeiten wir stetig.

Die Wertschöpfung einer Hotelübernach-tung, auch für andere Branchen, wird in der Öffentlichkeit und in der Politik nicht genügend gewertet. Es wird nicht gesehen, dass ein Gast viel mehr Geld ausgibt als bloss für die Hotelübernachtung – insbesondere im Detailhandel und in Restaurants. Auch die ganze Veranstaltungsbranche profitiert.

Die Hotelbranche ist auch von einem Fachkräfteman-gel betroffen. Wie versucht der Verband dieses Problem zu lösen?Der Fachkräftemangel ist tatsächlich gross. Wir versu-chen in die Berufsbildung zu investieren und durch Talent-förderung Fachkräfte zu för-dern – mit Ausbildungen und Weiterbildungen. Wir wollen junge Leute motivieren, in den Beruf einzusteigen. Wir arbeiten am Image unserer Branche. Jemanden für eine Service-Lehre zu begeistern, ist in der heutigen Zeit ein schwieriges Unterfangen. Wir hatten lange auch Angst vor der Umsetzung der Mas-seneinwanderungsinitiative. Da hoffen wir nun auf eine Umsetzung, die uns nicht noch zusätzliche Bürokratie beschert. Im Moment können wir auf die ausländischen Fachkräfte der umliegenden Länder nicht verzichten.

Auch der Sharing-Markt macht den Hotels zu schaf-fen. Müsste die Politik etwas unternehmen?Wir wollen, dass andere

Übernachtungskonzepte mit gleicher Elle gemessen werden wie wir. Im Airbnb- oder Business-Apartment-Bereich zahlt man keine Kurtaxen und auch steuerlich ist nichts gere-gelt. Wer garantiert, dass die ihre Steuern bezahlen, geschweige denn, dass sie Mehr-wertsteuern entrichten? Steuererträge in unbekannter Höhe gehen dem Staat verloren. Ich gehe davon aus, dass im Raum Zürich ein paar Hunderttausend zusätzliche Logier-nächte zu verzeichnen sind. Aber wir wissen es nicht, weil sie nicht erfasst werden. >

Thema. Je weiter weg von der Stadt, umso schwieriger wird es. Die Stadt hatte in diesem Jahr noch ein Wachstum. Der Rückgang der Logiernächte war in den Agglomerationen zu verzeichnen. Das ist ein weltweiter Trend im Tourismus. Die Leute zieht es in die Stadt. Früher kamen sie in die Schweiz, weil sie die schönen Hotspots in den Bergen sehen woll-ten. Heute kommen die Touristen in die Stadt und machen von dort aus ein «Hopping»; sie besuchen verschiedene Destinationen von der Stadt aus.

Martin von Moos ist seit 2015 Präsi-dent des Zürcher Hoteliers-Vereins. Gleichzeitig ist er Geschäftsführer und Mitglied des Verwaltungsrates der Viersternehäuser Sedartis in Thalwil und des Belvoir in Rüschli-kon. Von Moos war seit dem Abgang von der Hotelfachschule Lausanne 1990 in verschiedenen Management-Positionen tätig, bevor er 2003 den Direktionspos-ten im Hotel Sedartis übernahm. 2011 war er als Gastgeber für die Neueröffnung des Hotels Belvoir verantwortlich. Von Moos ist ausserdem Vorstandsmitglied von Zürich Tourismus, der IG Kongress Stadt Zürich, sowie VR-Mitglied der Non-Profit-Organisation Swiss Quality Hotels International, die individuell geführte Qualitätshotels vertritt.

Z U R P E R S O N

Bildquelle: Zürich Tourism, Mattias Nutt

Flitzen wie der Sausewind PIONIER DES MONATS Als Wim Ouboter vor zwanzig Jahren das gute alte Trottinett in einen klappbaren

Microscooter verwandelte, löste er einen Massenhype aus. Nun folgt der neueste Coup: Mit dem Microlino lan-

ciert der Visionär einen zeitgemässen Elektroflitzer, der nostalgische Herzen höher schlagen lässt.

TEXT INÈS DE BOEL

Natürlich hat er das Trottinett nicht erfunden. Aber das behauptet er auch gar nicht. Dass aber ein kleiner, ein-klappbarer Roller Millionen von Men-schen den mobilen Alltag erleichtert, ist uneingeschränkt sein Verdienst: Wim Ouboter ist der Erfinder des Microscoo-ters und hat damit auf dem Gebiet der Mikromobilität Innovationsgeist pur bewiesen. Wie so oft steht am Anfang einer jeden Erfindung eine fast banale Geschichte oder eine zündende Idee, die aus der Not heraus erfunden wurde.

Ideen mit PfiffImmer wenn sich Wim Ouboter von seinem Wohnort aus zum Zürcher Sternen-Grill aufmachen wollte, um eine Bratwurst zu essen, geriet er in eine den meisten bekannte Situation: Zum Laufen zu weit, zum Fahren zu nah. So kommt ihm im Jahr 1996 der Gedanke, ein Trottinett für diese Stre-cke zu gebrauchen. Ein solches Gefährt müsste allerdings zusammenklappbar und daher auch leicht in einer Einkaufs-tasche zu verstauen sein. Gesagt, getan: Mit einem Freund zusammen baute er sich ein Trottinett und erregte auf der Strasse grosses Aufsehen. Während seine Frau ihn motiviert, sein Gefährt

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weiter zu entwickeln, reift in ihm die Idee der «Micro-Mobilität» heran. Sein Minitrottinett soll eine Ergänzung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln oder zum Auto sein. In erster Linie dient es zur Überwindung kurzer Distanzen.

1996 gründet Ouboter seine Firma Micro Mobility Systems AG, mit welcher er den Grundstein für den Erfolg seines Microscooters legt. Bereits 1999 kann er ihn auf der Sportmesse ISPO in München präsentieren und sich daraufhin vor Auf-trägen kaum retten. Alle Welt will mit dem leichten, flexiblen Scooter durch die Gegend flitzen. Die Nachfrage steigt derart rasant, dass er in China drei Fabri-ken für die Produktion mietet und 10 000 Arbeiter in einem Jahr anstellt. Im Boom-jahr 2000 verlassen pro Tag 20 Container Trottinetts die Fertigungshallen.

Kampf gegen KopienDoch bereits ein Jahr später ziehen dunkle Wolken auf. Der Absatz fällt ins Bodenlose, da zahlreiche Raubkopien den Markt überschwemmen. Hinzu kommt die komplizierte Rechtslage. Da er nur einzelne Teile des Trottinetts patentieren lassen kann, wird es in eini-gen Ländern als Kinderspielzeug einge-stuft, dem die entsprechenden Sicher-heitszertifikate fehlen. Nach diversen Gerichtsprozessen kann sich Ouboter im Jahr 2005 endlich, wenn auch lang-sam, auf den Markt zurückkämpfen.

Mittlerweile können Kunden zwi-schen fünfzig verschiedenen Model-len wählen. Ouboter sprüht dabei nur so vor innovativen Ideen. Im Herbst kommen E-Mobilitätsfans auf ihre Kos-ten. Dann wird er mit Partner Peugeot

ZH MOBIL

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sein neuestes Lifestyleprodukt an den Mann bringen. Mit dem Peugeot Micro-E-Kick sollen Fahrer kleinere bis mitt-lere Distanzen leicht sowie zeit- und energiesparend überwinden respektive überfüllte Verkehrsmittel vermeiden können. Eine Weltneuheit ist der im Hinterrad verbaute Motor und der im Trittbrett des Scooters versteckte Akku.

Winzling mit viel FahrspassWim Ouboter, stets als Visionär unter-wegs, zaubert derweil schon den nächsten Coup aus dem Zylinder: Er will die legendäre BMW Isetta aus den 1950er-Jahren wiederbeleben, welche eine ganze Generation mobil machte. Früher belächelt, erweisen sich Isettas heute als wahre Publikumslieblinge. Den Erfolg dieser einstigen Minimobile

möchte Ouboter als Inspiration nutzen, um ein zeitgemässes Fortbewegungs-mittel auf den Markt zu bringen. Unter dem Motto «change urban mobility» plant er, mit dem Microlino ein nachhal-tiges E-Rollermobil in vom Dichtestress geplagten Städten wie Zürich oder Genf auf die Strasse zu bringen.

Im Gegensatz zum aus der Not her-aus geborenen Vorbild, verzichtet Ouboter beim Microlino absichtlich auf jeglichen Firlefanz. Er ist überzeugt, dass der Kleinstwagen als innovatives Elektromobil Furore machen und den Einstieg in eine nachhaltige Mobilität erleichtern wird. Geplant sind zum jetzigen Zeitpunkt 300 Microlinos, die für weniger als 10 000 Euro (gut 11 000 Franken) zu haben sein sollen. Die Anstrengung scheint sich zu loh-

nen: Mit einem ersten Prototypen, der zusammen mit Studenten der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissen-schaften (ZHAW) hergestellt wurde, konnte Ouboter auf dem diesjährigen Genfer Autosalon auftrumpfen. Zahl-reiche Medien – allen voran aus den USA – berichteten ausführlich über den originellen Winzling, der gerade einmal 400 Kilogramm wiegt und eine Höchst-geschwindigkeit von 130 km/h erreicht.

Perfekter StadtflitzerZwar haben alle bekannten Automar-ken Elektromobile im Angebot, diese sind aber schlicht zu gross und in ers-ter Linie «nur» Autos. Der Microlino, der übrigens gar kein Auto sein will, besticht in erster Linie durch sein Retro-Design: Auch sechzig Jahre nach der Isetta schwingt die Tür des Micro-lino nach vorne auf. Ein Hingucker, der nicht nur die Herzen von Nostalgikern erfreut. Der einstige Isetta-Herstel-ler BMW winkte allerdings Ouboters Anfrage für eine Neuauflage ab. Davon unbeeindruckt, bildete dieser ein Joint Venture mit der italienischen Firma Tazzari, die bereits Elektro-Kleinstfahr-zeuge herstellt. Sobald die zehn Proto-typen im Werk in Imola fertiggestellt sind und das Verfahren für die Stras-senzulassung durchlaufen haben, soll der Microlino Ende 2017 endlich vom Band rollen. Dass dieser die Mobilität in den Städten nachhaltig verändern wird, liegt für Pionier Ouboter klar auf der Hand. Der Microlino stellt für ihn den perfekten Stadtflitzer dar. Viele Men-schen – vor allem im städtischen Raum – machen sich zunehmend Gedanken zum Thema E-Mikromobilität. Und so verwundert es nicht, dass Wim Ouboter schon mehr als 1600 Bestellungen für seinen Microlino erhalten hat.

M I C R O M O B I L I T Y S Y S T E M S A GWim Ouboter ist geschäftsführender Inhaber des 1996 gegründeten Schweizer Unternehmens mit Sitz in Küsnacht. Hergestellt werden Microscooter und Kickboards, die alle einen Klappmechanismus haben und aus harten, Aluminium gefertigten Skaterollen bestehen. Die gesamte Produktion ist nach Fernost ausgelagert. Das KMU hat 57 Mitarbeitende (Stand 2015).www.micro.ms, www.microlino.ch

. . . und hier mit einem Modell des geplanten City-Elektroflitzers «Microlino».Bilder: zVg

Die Micro Erfolgs-geschichte geht weiter: Wim Ouboter mit seiner Erfindung, dem Micro-scooter,. . .

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I M P R E S S U M

ZÜRCHER KMU – Das Zürcher Unternehmer-Magazin erscheint im Verlag SWISS PROFESSIONAL MEDIA AG an der Zürcherstrasse 20, 8952 Schlieren, Zürich,

Telefon 044 306 47 00, Fax 044 306 47 11, www.unternehmerzeitung.ch, [email protected] HERAUS GEBER Oliver Kramer, [email protected]

REDAKTION Matej Mikusik, [email protected]; Inès De Boel, [email protected]; Anouk Arbenz, arbenz@un ter nehmerzeitung.ch und

Roman Brauchli, [email protected] MARKETING Felix Keller, keller@unternehmer zeitung.ch MITARBEIT AN DIESER AUSGABE Jean-Marc

Probst und Jean-Marc Schnider, Regine Sauter, Hans Strittmatter und Julia Gschwend LAYOUT Bruno Strupler, strupler@unter nehmer zeitung.ch PRODUKTIONmultiprint, Basel NACHDRUCK Mit schriftlicher Genehmigung des Verlags und detaillierter Quellenangabe ©Unternehmer zeitung gestattet. PREIS Fr. 6.–,

Abo: Fr. 30.– TEXT- UND BILDMATERIAL Für unverlangt eingesandtes Text- und Bild material wird keine Haftung übernommen. Im Geschäftsbereich SWISS BUSINESSPRESS erscheinen ausserdem: UNTERNEHMERZEITUNG – Fachblatt der Firmeninhaber und -Inhaberinnen in der Deutschschweiz; HANDEL HEUTE – Fachzeitschrift für den Schweizer Detailhandel; LOGISTIK & FÖRDERTECHNIK – Fachzeitschrift für Innovationen und Anwendungen in der internen und externen Logistik.

Bildquellen: zVg, Depositphotos.com, gudinny (Cover); zVg (Inhalt) 20

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IM GESPRÄCH 6 Karl Bieri, Präsident Auto Zürich

E -MOBIL ITÄT 8 Strom im Quartierbus

P IONIERE 10 Wim Ouboter: Flitzen wie der Sausewind

BÜCHER 12 Die Mobilität der Zukunft

AKTUELL 4 Kornhaus Zürich: Der Kornspeicher am Wasser

MANAGEMENT 14 Leadership: Führung mit Stil

F INTECH 16 Interview mit Thomas von Hohenhau, Country

Manager Switzerland der Deposit Solutions GmbH

FOKUS 18 Luzi von Salis und Olivier Laube fühlen Unterneh-

men den Puls und Geschäftsführern auf den Zahn

UNTERNEHMEN 20 Bäckerei Bertschi: Tradition mit Biss

BUSINESSLUNCH 23 Das Rooftop Restaurant will hoch hinaus

NETZWERKE 24 Zürcher Handelskammer: Regine Sauter zum

«Inländervorrang light» 26 VZH: Die fristlose Kündigung

RECHT 29 Arbeitsrecht: Die Pein am Arbeitsplatz

ZÜRICH IM B ILD 30 Das Zürcher «Rigibähnli»

R U B R I KI N H A LT

Als Wim Ouboter vor zwanzig Jahren das gute alte Trottinett in einen klappbaren Microscooter verwan-delte, löste er einen Massenhype aus. Nun folgt der neueste Coup: Mit dem Micro-lino lanciert der Visio-när einen zeitgemäs-sen Elektroflitzer, der nostalgische Herzen höher schlagenlässt.

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ZHMOBIL

Zürcher KMUBest of 2016

Page 11: Genesis 4/2010

www.typoraum.chab 2016

Arbeitsproben l www.typoraum.ch 1 11

DAS ZÜRCHER UNTERNEHMER-MAGAZIN

NR. 5 l 2016

ZHMOBILI M G E S P R Ä C H

Karl Bieri über die Mobilität der Zukunft

E - M O B I L I T Ä T

Mit Strom durchs Quartier

Z Ü R C H E R P I O N I E R

Wim Ouboter: Erfinder des Microscooters

U N T E R N E H M E N

Bäckerei Bertschi: Tradition mit Biss

F I N T E C H

Sparen für die Volkswirtschaft

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www.typoraum.ch Weitere Arbeitsproben