ZÜRCHER HOCHSCHULE FÜR ANGEWANDTE WISSENSCHAFTEN
DEPARTEMENT LIFE SCIENCES UND FACILITY MANAGEMENT
Gruppe 18
Herstellung des Supraleiters YBa2Cu3O7-x
Sauerstoffgehalt-Nachweis über Iodometrie
2. Praktikumsbericht
Von
Bachelorstudiengang 2009-2011
Studienrichtung Chemie
Donnerstag, 3. Dezember 2009
Allgemeines Grundpraktikum
Betreuender
Herstellung des Supraleiters YBa2Cu3O7-x
Sauerstoffgehalt-Nachweis über Iodometrie
ZHAW CH09 – 2 –
Abstract
Der supraleitende Zustand lässt sich mit verschiedenen quantenphysikalischen Begebenheiten er-
klären. Dabei bewirken Cooper-Paarungen des Fermigases einen Abfall des elektrischen Wider-
standes auf den Wert „0“. Somit kann mit Hilfe eines Supraleiters Strom ohne Verlust transportiert
werden. Zudem besitzen Supraleiter spezielle magnetische Eigenschaften. So können sie von aus-
sen angelegte paramagnetische Felder aus ihrem Inneren verdrängen. Dies wird Meissner-
Ochsenfeld-Effekt genannt.
Der hergestellte Supraleiter YBa2Cu3O7-x zählt zu den hochtemperatursupraleitenden Oxiden und
besitzt einen sortentypischen Schichtaufbau. In diesen Hochtemperatursupraleitern spielt der Sau-
erstoffgehalt eine zentrale Rolle.
Durch eine Sauerstoffbestimmung nach Winkler konnte im hergestellten Supraleiter ein molarer
Sauerstoffanteil von 6.92 O-Atomen festgestellt werden. Dies entspricht einer Sprungtemperatur von
ca. 90 K. Durch einen Versuch mit Flüssigstickstoff konnte der Meissner-Ochsenfeld-Effekt nachge-
wiesen werden.
Herstellung des Supraleiters YBa2Cu3O7-x
Sauerstoffgehalt-Nachweis über Iodometrie
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ......................................................................................................................................... 4
2 Theoretischer Teil ............................................................................................................................ 5
2.1 Die metallische Bindung und Bändertheorie .......................................................................... 5
2.2 Supraleiter ............................................................................................................................... 6
2.3 Hochtemperatur supraleitende Oxide .................................................................................... 7
2.3.1 Aufbau YBa2Cu3O7-x ...................................................................................................... 7
2.4 Cooper –Paarung ..................................................................................................................... 9
2.5 Meissner-Ochsenfeld-Effekt .................................................................................................. 11
3 Praktischer Teil .............................................................................................................................. 12
3.1 Vorbereitung ......................................................................................................................... 12
3.1.1 Chemikalien ............................................................................................................... 12
3.1.2 Gefahren .................................................................................................................... 12
3.1.3 Materialien ................................................................................................................ 12
3.1.4 Versuchsdurchführung .............................................................................................. 13
3.1.5 Fazit und mögliche Fehlerquellen ............................................................................. 13
3.2 Sauerstoffbestimmung .......................................................................................................... 14
3.2.1 Natriumthiosulfat-Masslösung .................................................................................. 14
3.2.2 Bestimmung Sauerstoffgehalt von YBa2Cu3O7-x ........................................................ 15
3.3 Schwebeversuch .................................................................................................................... 16
3.3.1 Durchführung des Schwebeversuchs ........................................................................ 16
4 Diskussion ...................................................................................................................................... 17
Herstellung des Supraleiters YBa2Cu3O7-x
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1 Einleitung
Während des Grundpraktikums 2009 sollte der Hochtemperatursupraleiter YBa2Cu3O7-x hergestellt
werden. Dabei wurden die Edukte gemischt, mehrmals geglüht und gesintert.
Das Ziel der Arbeit sollte das Grundverständnis für den supraleitenden Zustand sein sowie die Aus-
führung einer Sauerstoffbestimmung durch eine Jodometrie nach Winkler. Neben der Sauerstoffbe-
stimmung sollte auch ein Versuch zum Meissner-Ochsenfeld-Effekt durchgeführt werden. Dabei
wurde der, unter seine Sprungtemperatur abgekühlte, Supraleiter über einem starken Magneten
schweben gelassen.
Da die Herstellung des Supraleiters eine Woche benötigte, musste auch ein umsetzbares Zeitma-
nagement aufgestellt werden.
Herstellung des Supraleiters YBa2Cu3O7-x
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Abbildung 1: Leiter, Isolator Halbleiter nach
Bändertheorie
2 Theoretischer Teil
2.1 Die metallische Bindung und Bändertheorie
Metall-Atome besitzen relativ kleine Elektronegativitäten, die es ihnen erlauben, Elektronen einfach
abzugeben. In einem Metallkristall liegen die Atome im positiv ionischen Zustand vor. Die von den
Metall-Atomen frei gegebenen Elektronen bilden zusammen ein Elektronengas, welches sich frei
durch die Atomverbindung bewegen kann. Diese delokalisierten Teilchen führen dazu, dass die po-
sitiven Ionen zusammen halten und die Metallbindung nicht zerfällt.
In der Bändertheorie bilden überlappende Orbitale eines Metalls Molekülorbitale. Diese werden
nach ihren Energieniveaus benannt. Bindende sind energieärmere, nichtbindende energetisch glei-
che und antibindende energetisch höhere Molekülorbitale als die Orbitale der Metalle. Da in einer
metallischen Bindung viele Atome beteiligt sind, wird die Gesamtheit der Molekülorbitale Energie-
band oder auch Band genannt.
Bänder werden in zwei Arten unterteilt. Zum einen existiert das Valenzband, welches aus den Va-
lenzelektronen, zum anderen das Leitungsband, das aus den unbesetzten Molekülorbitalen besteht.
Wenn diese Bänder eine Überschneidung vorweisen, können Elektronen vom einen Niveau aufs
andere springen. Dies ermöglicht den Fluss von elektrischem Strom. Wie stark elektrisch leitfähig
ein Metall ist, hängt von der Anzahl nicht vollbesetzter Valenzschalen und Überschneidungen zu-
sammen.
Lücken zwischen den Bändern werden als „Gap“
oder verbotene Energiezonen bezeichnet. Um
diese zu überwinden muss einem Elektron Energie
zugefügt werden um auf ein anderes Band sprin-
gen zu können1. Durch das Zuführen von Wärme
nimmt jedoch die Leitfähigkeit im Metall selbst ab,
denn die Eigenschwingungen der Metall-Ionen
nehmen bei Energiezufuhr zu. Dies erschwert die
Beweglichkeit der Elektronen im Metall-Kristall.
Dabei wird der Widerstand erhöht. Dies führt dazu,
dass Strom nicht verlustfrei im Metall transportiert
werden kann (Mortimer & Müller, S. 467ff.).
1Z.B. Wärme bei Halbleitern
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Abbildung 2: Elementare Supraleiter; Dunkel Supraleiter in
Hochdruckphase
2.2 Supraleiter
Als supraleitender Zustand wird meist die Eigenschaft des Verschwindens des Widerstandes beim
Erreichen einer gewissen Temperatur2 bezeichnet. Dies macht einen Supraleiter zu einem idealen
Leiter, in dem Strom ohne Verlust fliessen kann. Jedoch können Supraleiter Magnetfelder, die von
Aussen angelegt werden, zusätzlich fast vollständig aus ihrem Innern verdrängen.
Die ersten Beobachtungen zu diesem Phänomen wurden von Heike Kamerlingh-Onnes gemacht,
durch dessen Kältelaboratorium mittels verflüssigtem Helium dies zum ersten Mal ermöglicht wurde.
Kammerling Onnes erhielt 1913 den Nobelpreis für Physik für die Entdeckung des supraleitenden
Zustandes. 1933 entdeckten Walther Meissner und Robert Ochsenfeld das ideale diamagnetische
Verhalten von Supraleitern und stellten den Meissner-Ochsenfeld-Effekt auf (2.5 Meissner-
Ochsenfeld-Effekt). Das theoretische Verständnis der Supraleitung konnte erst 1972 durch Leon
Neil Cooper und John Robert Schrieffer ermöglicht werden. Die Erforschungen des supraleitenden
Zustands sind bis heute noch nicht abgeschlossen. (Buckel & Kleiner, S. 1-9)
Supraleiter werden vor allem für den Aufbau von hohen Magnetfeldern, wie wir sie beispielsweise in
Kernspinresonanz-Spektrometern vorfinden, genutzt. Zu dem ermöglicht der Einsatz von Supralei-
tern die Empfindlichkeit der Beobachtungen verschiedener Grössenordnungen basierend auf
Stromkreisen zu erhöhen. (Buckel & Kleiner, S. 367ff.)
Supraleitend können sowohl Elemente als auch anorganische und organische Verbindungen sein.
Supraleitende Oxide gehören zu den Hochtemperatursupraleitern mit den höchsten Sprungtempera-
turen.
2Sprungtemperatur Tc
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Abbildung 3: Kristallstruktur des Perowskits
Abbildung 4: Aufbau YBa2Cu3O7-x
2.3 Hochtemperatur supraleitende Oxide
Supraleitende Oxide sind vor allem Kuprate aber auch Wismut- und Ruthenoxide. YBa2Cu3O7-x ge-
hört zu der grossen Vielzahl an Kupraten mit supraleitenden Eigenschaften. Die Kristallstrukturen
der Kuprate basieren dabei auf der des Perowskits3. Dabei setzt sich die Formeleinheit aus ABX3
zusammen, in der die B-Atome oktaedrisch von den X-Atomen umgeben werden. Im Supraleiter
YBa2Cu3O7-x kann zudem eine geschichtete Struktur beobachtet werden (Buckel & Kleiner, S. 97)
2.3.1 Aufbau YBa2Cu3O7-x
Die Kupferoxidschicht besteht aus zwei 0.3nm voneinander
entfernten Ebenen, in denen die Kupferionen quadratisch von
Sauerstoffionen umgeben sind. Dabei ergibt sich die Formel-
einheit CuO2. Über den Kupferionen befindet sich jeweils ein
Sauerstoff-Ion. Dieses sogenannte Apex-Sauerstoff-Ion führt
zu einer tetraedrischen Anordnung des Kupferions mit den
Sauerstoffionen. Dabei werden die Grundflächen der Tetra-
eder miteinander vernetzt. Zwischen den benachbarten Ebe-
nen befindet sich das Yttrium-Ion. Die Kupferoxidschichten
wechseln sich zudem mit Bariumoxidschichten ab.
Der wesentliche Baustein, der zur Hochtemperatursupralei-
tung von YBa2Cu3O7-x führt, ist die CuO2-Schicht. Die Anzahlt
CuO2-Ebenen, welche eng benachbart sind, bestimmen dabei
3CaTiO3
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Abbildung 5: Abhängigkeit der Supraleitung vom
Sauerstoffgehalt x
die Höhe der Übergangstemperatur. Dabei spenden diese Ebenen dem Kupferoxid die Ladungsträ-
ger (Elektronen), welche zur sogenannten Cooper-Paarungen (2.4Cooper –Paarung) zusammen-
fliessen. Wie viele freie Ladungsträger in YBa2Cu3O7-x zur Verfügung stehen hängt zudem auch vom
Sauerstoffgehalt ab.
YBa2Cu3O6+x besitzt bei x=0 den Charakter eines antiferromagnetischen Isolators. Ihm fehlten ge-
genüber YBa2Cu3O7-x Sauerstoffatome. Durch Erhitzen an Luft können dem antiferromagnetischen
Isolator Sauerstoffionen hinzugefügt werden, die immer zwei Elektronen an sich binden. Diese
Elektronen stammen zum Teil aus den CuO2-Ebenen und hinterlassen dort sogenannte Löcher.
Desto grösser die Lochkonzentration in YBa2Cu3O6+x wird, um so mehr nimmt der Antiferromagne-
tismus des Kristalles ab. Bei x=0,4 setzt schliesslich der supraleitende Zustand ein. Eine Verände-
rung der Ladungsträgerkonzentration kann in anderen Supraleitern auch durch Substitution von ei-
nigen Bausteinen hervorgerufen werden.
In allen Fällen kann bei Hochtemperatursupraleitern von dotierten4 Isolatoren gesprochen werden,
die analog zur Dotierung von Halbleitern aufgefasst werden können (Buckel & Kleiner, S. 97ff.).
4 Einbringen von Fremdatomen; Störstellen
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Abbildung 6: Polarisation in einem
Gitter durch Elektronen
2.4 Cooper –Paarung
In einer Supraleitung tritt eine makroskopische, kohärente Materiewelle auf, die aus gepaarten
Elektronen besteht. Diese Paare werden Cooper-Paarung genannt. Diese Verbindung der Elektro-
nen in einem Supraleiter wurde 1957 durch Dr. Bardeen, Dr. Cooper und Dr. Schrieffer durch die
BSC-Theorie erklärt.
Die Cooper-Paarung kann anhand eines statischen Modells erklärt werden. So kann stark verein-
facht ein Metallkristall als Gitter aus den Atomrümpfen betrachtet werden, in dem sich die Leitungs-
elektronen wie ein Fermi-Gas (nicht wechselwirkende Elektronen) bewegen. Dieses Gitter weist
elastische Eigenschaften auf und kann demzufolge aus seiner Ruhelage ausgelenkt werden. Von
zwei Elektronen ausgehend, kann die negative Ladung der Elektronen eine Polarisation im Gitter
hervorrufen. Durch diese Polarisation können sich diese
Elektronen nun „spüren“, was in einer anziehenden
Wechselwirkung zwischen ihnen resultiert. Bildlich be-
trachtet kann diese Wechselwirkung dazu führen, dass
die Elektronen zusammen in ein und dieselbe Mulde
schlüpfen und so die potenzielle Energie im Schwerfeld
herabsenken. Da sich Elektronen jedoch mit sehr
schnellen Geschwindigkeiten durch ein Metallkristall
bewegen, fällt die Polarisation weit weniger stark aus
als in einem statischen Modell. Die Stärke ist abhängig
von der Geschwindigkeit der Verdrückung im Gitter
durch ein Elektron. Dies kann als ein dynamisches
Element angesehen werden. In diesem dynamischen
Modell würde das zweite Elektron der Polarisationsspur
des ersten Elektrons folgen und seine Energie dabei absenken, da schon eine Polarisation vorliegt.
Ein Elektronenpaar, das sich auf diese Weise folgt und einen Gesamtimpuls von „0“ aufweist, wird
Cooper-Paar genannt. Ein Cooper-Paar besitzt also einen gleichgrossen Impuls. Jedoch müssen
die Spins der Elektronen entgegengesetzt sein, um das statistische Verhalten des neuen Teilchens
zu gewährleisten.
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Abbildung 7: Wechselwirkung
durch Phononen
Cooper-Paare weisen zwischen den Paar-Elektronen einen Abstand von 102 bis 103nm auf. Dieser
grosse Abstand wird von anderen Cooper-Paaren gekreuzt oder enthält weitere Elektronen. Aus
diesem Grund besitzt ein Supraleiter ein Netzwerk aus Cooper-Paaren.
Eine weitere Erklärung zur Cooper-Paarung liefert das Vorkommen von virtuellen Phononen. Pho-
nonen gehören wie die Photonen zu den Bosonen5 und wandern zwischen den Cooper-Paaren hin
und her. Sie besitzen also sowohl Wellencharakter wie auch Teilchencharakter. Phononen können
auch als Schwingungsformen des Atomrümpfe-Gitters aufgefasst werden. Durch die Anzahl der
Phononen werden die Elektronen zusammengehalten und stossen sich nicht durch ihre negative
Ladung ab. (Buckel & Kleiner, S. 115-123)
5Teilchen mit ganzzahligem Spin
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2.5 Meissner-Ochsenfeld-Effekt
1933 entdeckten Dr. Meissner und Dr. Ochsenfeld eine weitere Eigenschaft von Supraleitern an-
hand von Versuchen an Blei- und Zinnstäbchen. Dabei wurde beobachtet, dass sich ein Supraleiter
bei der Sprungtemperatur Tc ideal diamagnetisch verhält (Buckel & Kleiner, S. 23).
Wird ein Supraleiter in ein Magnetfeld gebracht und auf die Sprungtemperatur Tc herunter gekühlt
so entsteht in ihm ein Strom, der zeitlich unbegrenzt fliesst. Dieser Strom erzeugt ein Magnetfeld,
das entgegengesetzt zum äusseren Magnetfeld gerichtet ist. Durch diese Entgegengesetztheit wird
das äussere Feld durch das innere kompensiert (Hoche, Dr. Küblbeck, Prof.Dr.habil.Meyer,
Dr.Reichwald, Dr.Schmidt, & Dr.Schwarz, S. 266).
Es existieren zwei Typen von Supraleitern. Die Supraleiter erster Art verdrängen das angelegte
Magnetfeld bis zu einem Maximalwert Bc, der auch kritisches Feld genannt wird. Wird dieser Wert
überschritten, bricht der supraleitende Zustand zusammen. Der Supraleiter wird zu einem normalen
Leiter. Der Maximalwert ist dabei von der Temperatur abhängig. Bei der Sprungtemperatur Tc geht
das kritische Feld beispielsweise gegen Null.
Supraleiter der zweiten Art besitzen zwei kritische Felder. Das untere kritische Feld beim Minimal-
wert Bc1 und das obere kritische Feld bei Maximalwert Bc2. Das verdrängte Magnetfeld muss sich
also zwischen den Minima und Maxima Bc1 und Bc2 befinden. Auch diese Werte sind temperaturab-
hängig und gehen bei Sprungtemperatur Tc gegen Null. Zu den Supraleitern der zweiten Art gehö-
ren neben verschiedenen Legierungen auch die Hochtemperatursupraleiter, zu denen auch
YBa2Cu3O7-x gehört. (Buckel & Kleiner, S. 24)
Abbildung 8: Modell der Verdrängung eines
magnetischen Feldes durch Meissner-
Ochsenfeld-Effekt
Abbildung 9: Versuch zum perfek-
ten Diamagnetismus; schwebender
Paramagnet
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3 Praktischer Teil
Der Supraleiter wird nach einer Vorschrift der Universität Kiel synthetisiert. Die einfache Synthese
erfolgte ohne jegliche Probleme. (Näther)
3.1 Vorbereitung
3.1.1 Chemikalien
0.68g (3mmol) Yttriumoxid
3.79g (12mmol) Bariumhydroxid-octahydrat
1.43g (18mmol) Kupferoxid
5ml Petroleumbenzin
3.1.2 Gefahren
Yttriumoxid Reizt die Augen, Atmungsorgane und die Haut
Bariumhydroxid-octahydrat Sehr giftig beim Einatmen. Reizt die Augen, Atmungsorgane und die Haut. Kann
Krebs erzeugen.
Kupferoxid Reizend, Gesundheitsschädlich beim Verschlucken
Petroleumbenzin Hochentzündlich, Gesundheitsschädlich, Umweltgefährlich, Schädlich für Wasseror-
ganismen, kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkung haben, Kann beim
Verschlucken Lungenschäden verursachen, Dämpfe können Schläfrigkeit und Be-
nommenheit verursachen.
3.1.3 Materialien
- Mörser und Mörserschale
- Porzellantiegel
- Muffelofen
- Presswerkzeug für IR-Tabletten
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3.1.4 Versuchsdurchführung
0.68g Yttriumoxid, 3.79g Bariumhydroxid-octahydrat und 1.43g Kupferoxid werden direkt in eine
Mörserschale abgewogen. Zur Mischung werden 5ml Petroleumbenzin dazugegeben und diese für
5 Minuten mit dem Mörser verrieben. In der Kapelle lässt man das Petroleumbenzin vollständig bis
zur Gewichtskonstanz verdampfen. Danach wird das Substanzgemisch in einen Porzellantiegel
überführt, welcher in den kalten Muffelofen gestellt wird. Der Ofen wird auf 950°C eingestellt und die
Substanz für 12 Stunden bei dieser Temperatur geglüht. Nach 12 Stunden wird die Substanz auf
Raumtemperatur abgekühlt und wieder 5 Minuten im Mörser gut verrieben. Danach wird der Glüh-
vorgang für 12 Stunden bei 950°C wiederholt und die erkaltete Substanz danach wieder verrieben.
Bei der nun erhaltenen Verbindung handelt es sich zwar um das Endprodukt YBa2Cu3O7-x , diese ist
jedoch noch nicht supraleitend. Dann muss die Substanz durch folgenden Tempervorgang in die
supraleitende orthorhombische Form überführt werden:
Vom Yttrium-barium-cuprat werden zwei Spatel in ein Presswerkzeug für IR-Tabletten gegeben und
5-10 Minuten mit mindestens 10 Tonnen gepresst. Die erhaltene Tablette wird vorsichtig aus dem
Gerät gedrückt und in einen Porzellantiegel gelegt. Darin wird das Produkt 3 Stunden bei 950°C
geglüht, dann auf 380°C abgekühlt und danach 12 Stunden bei dieser Temperatur getempert.
Die erhaltene Tablette sollte nun supraleitende Eigenschaften besitzen. Dies wird später mit dem
Schwebeversuch bewiesen.
3.1.5 Fazit und mögliche Fehlerquellen
Die durchgeführte Synthese erfolgte ohne jegliche Probleme. Es ist jedoch sehr wichtig, dass die
Substanzen immer sehr gründlich im Mörser vermischt werden. Der Sauerstoffgehalt ist genug hoch
um das Produkt durch Abkühlen mit Flüssigstickstoff auf 77K supraleitend zu machen, was mittels
Schwebeversuch bewiesen werden konnte (3.3 Schwebeversuch).
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3.2 Sauerstoffbestimmung
Der Sauerstoffgehalt des hergestellten Supraleiters wird in diesem Versuch indirekt über eine iodo-
metrische Bestimmung des Kupfergehaltes berechnet. Dazu muss zuerst eine 0.1 molare Natri-
umthiosulfat-Masslösung hergestellt und deren Titer bestimmt werden.
3.2.1 Natriumthiosulfat-Masslösung
Für die Masslösung mit der Konzentration c(Na2S2O3) = 0.1mol/L wurden 24.8577g Na2S2O3 * 5 H2O
in einen 1000ml Messkolben eingewogen und mit deion. Wasser versetzt. Nach dem sich das Thio-
sulfat vollständig im Wasser gelöst hat, wurde der Messkolben mit Wasser auf die Marke aufgefüllt.
Dies ergibt einen theoretischen Gehalt von 0.1002g/L Natriumthiosulfat.
Zur Titerbestimmung der Masslösung wurde eine Kaliumiodat Urtitersubstanz verwendet. Es wurde
ca. genau 0.05g Kaliumiodid in einen Erlenmeyerkolben eingewogen und in deion. Wasser gelöst.
Durch die Zugabe von ca. 1g Kaliumodid wurde das Kaliumiodat zu elementarem Iod umgesetzt.
Die Lösung wurde mit ca. 1ml konz. Salzsäure angesäuert und bis kurz vor den zu erwartenden
Umschlagspunkt mit der Na2S2O3-Masslösung titriert. Dann wurde als Indikator ca. 2ml ein prozenti-
ge Stärkelösung zugegeben und zum Farbumschlag von braun zu farblos titriert. Es wurde eine
Dreifachbestimmung durchgeführt.
Reaktion:
IO3- + 5 I
- + 6 H
+ → 3 I2 + 3 H2O
2 S2O32-
+ I2 → S4O6 2-
+ 2 I-
Resultate:
Einwaage KIO3 Verbrach Na2S2O3-Lsg. c(Na2S2O3) Titer
0.0539 g 14.8 ml 0.1021 g/mol 1.0190
0.0544 g 15.0 ml 0.1017 g/mol 1.0150
0.0544 g 15.1 ml 0.1010 g/mol 1.0080
Titer = 𝑉𝑒𝑟𝑏𝑟𝑎𝑢𝑐 𝑁𝑎𝑡𝑟𝑖𝑢𝑚𝑡 𝑖𝑜𝑠𝑢𝑙𝑓𝑎𝑡
𝑡𝑒𝑜𝑟𝑒𝑡𝑖𝑠𝑐 𝑒𝑟 𝑉𝑒𝑟𝑏𝑟𝑎𝑢𝑐 𝑁𝑎𝑡𝑟𝑖𝑢𝑚𝑡 𝑖𝑜𝑠𝑢𝑙𝑓𝑎𝑡 =
0.1016 𝑔/𝑚𝑜𝑙
0.1002 𝑔/𝑚𝑜𝑙 = 1.0140
Standardabweichung = 1
2 (𝑥𝑖 − 𝑥 )2𝑛𝑖=1 =
1
2 (𝑡𝑖 − 𝑡 )23𝑖=1 = ± 0.0001
Titer = 1.0140 ± 0.0001
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Der Sauerstoffanteil x in YBa2Cu3O7-x wird nach folgender Formel berechnet:
𝑥 = 4∗𝐸−𝑀𝑠∗𝑉∗𝑐∗𝑡
2∗𝐸−16∗𝑉∗𝑐∗𝑡 = 0.082 → YBa2Cu3O7-0.08 → YBa2Cu3O6.92
E: Einwaage = 0.20034g
M: Molmasse YBaCuO (für x =0) = 554.24g/mol
c: Konzentration der Thiosulfatlösung = 0.1mol/L mit Titer t = 1.0140 ± 0.0001
V: verbrauchtes Volumen; Probe (Mittelwert) = 8.61 ± 0.047ml
16: Molmasse Sauerstoff
Für das x in der Formel von YBa2Cu3O7-x wurde der Wert 0.082 berechnet. Dies ergibt die genaue Summenfor-mel von YBa2Cu3O6.92 für den hergestellten Supraleiter. Dies bedeutet, dass seine Sprungtemperatur bei ca. 90K liegt (Abbildung 5: Abhängigkeit der Supraleitung vom Sauerstoffgehalt x).
3.2.2 Bestimmung Sauerstoffgehalt von YBa2Cu3O7-x
Die Bestimmung des Sauerstoffgehaltes erfolgt indirekt über die iodometrische Titration des Kupfers
im Supraleiter mit der Natriumthiosulfat-Masslösung. Dazu werden 250ml Supraleiter-Stammlösung
aus 1.0017g YBa2Cu3O7-x in Wasser hergestellt. Dabei muss der Supraleiter zuvor in 150ml Perch-
lorsäure 20% gelöst werden. Jeweils 50ml (entspricht 0.2003g Supraleiter) dieser Stammlösung
werden in einen Erlenmeyerkolben überführt und mit deion. Wasser auf ca. 100ml aufgefüllt. Diese
Lösung wird mit so viel Natronlauge c(NaOH)=2mol/L versetzt, bis ein blauer Niederschlag von
Kupferhydroxid ausfällt. Die Probe wird weiter mit 1ml Schwefelsäure w(H2SO4)=10% angesäuert
und mit ca. 2g Kaliumiodid versetzt. Die Lösung wird kurz geschwenkt und sofort mit der Natriumthi-
osulfat-Masslösung bis zu einer schwachen gelblichen Färbung titriert. Nun werden 2ml Stärkelö-
sung hinzugesetzt und die Probe bis zum Farbumschlag von blauschwarz zu farblos titriert. Es wird
eine Dreifachbestimmung durchgeführt.
Reaktion
Cu+ + I-
CuI
Cu2+ + 2 I- CuI + 0,5 I2
Cu3+ + 3 I- CuI + I2
2 S2O32- + I2 S4O6
2- + 2 I-
Resultate
YBa2Cu3O7-x -
Stammlösung Verbrauch Na2S2O3 Standardabweichung: 0.047ml
Nr. 1 8.65ml durchschnittlicher Verbrauch: 8.61 ± 0.047ml
Nr. 2 8.60ml
Nr. 3 8.60ml
Es kann keine wirkliche Aussage gemacht werden, in
welcher Oxidationsstufe Cu wirklich vorliegt.
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Abbildung 10 schwebende Supraleitertablette über einem Magneten
3.3 Schwebeversuch
Die supraleitende Eigenschaft einer Substanz kann mit dem Meissner-Ochsenfeld-Effekt überprüft
werden. Weil ein Supraleiter Magnetfelder verdrängt, sollte ein solcher nach dem Abkühlen unter die
Sprungtemperatur über einem Magneten schweben.
3.3.1 Durchführung des Schwebeversuchs
Die hergestellte Supraleitertablette wird mit einer Pinzette zirka eine Minute in flüssigen Stickstoff
getaucht und somit unter seine Sprungtemperatur von ca. 90 Kelvin abgekühlt. Der gekühlte Supra-
leiter wird über ein starkes Magnet gehalten und losgelassen. Die Abstossung der Tablette vom
Magneten ist beim Hinhalten mit der Pinzette spürbar, dies beweist die supraleitenden Fähigkeiten
des Produktes. Beim Loslassen rutscht der Supraleiter jedoch sofort seitlich vom Magneten weg.
Aus diesem Grund wird ein abgeschnittenes Reagenzglas verwendet und der Magnet unten in das
Reagenzglas gelegt. Der mit Stickstoff abgekühlte Supraleiter wird oben in das Reagenzglas einge-
führt. Da die Tablette nun seitlich nicht vom Magneten wegrutschen kann, schwebt sie über dem
Magneten (Abbildung 10 schwebende Supraleitertablette über einem Magneten). Dieser Versuch
beweist die supraleitenden Fähigkeiten und den Meissner-Ochsenfeld-Effekt des Produktes.
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4 Diskussion
Der supraleitende Zustand ist ein quantenphysikalisches Phänomen, das erst in den 50er Jahren
verstanden werden konnte. Dabei wurden die Cooper-Paarungen entdeckt und damit einen Teil der
Eigenschaften der Supraleiter erklärt. Cooper-Paare sind Elektronen-Paare, die durch Phononen
zusammen gehalten werden. Phononen sind Elementarteilchen wie Photonen mit Spinzahl 1 und
kommen nur virtuell vor.
Der Meissner-Ochsenfeld-Effekt, eine weitere Eigenschaft des Supraleiters, basiert auf der Tatsa-
che, dass ein elektrischer Strom während des supraleitenden Zustandes ein Magnetfeld im Inneren
generiert, welches von Aussen angelegte paramagnetische Felder aus dem Inneren verdrängen
kann. Dabei existieren zwei verschiedene Typen, welche sich durch kritische Felder unterscheiden.
So besitzen Typ I Supraleiter ein einziges kritisches Feld. Wird dieses überschritten, bricht der sup-
raleitende Zustand zusammen. Die Typ II besitzen zwei kritische Felder, welche einem minimalen
und maximalen Wert entsprechen.
Bei der Herstellung des Supraleiters werden die zusammengefügten Edukte mehrmals bei 950°C
geglüht und anschliessend bei 380°C gesintert. Dabei wird der Hochtemperatursupraleiter zusam-
mengesetzt und mit Sauerstoff-Atomen dotiert. Der Anteil der Sauerstoff-Atome bestimmt die
Sprungtemperatur Tc des Supraleiters. In diesem Praktikum wurde ein Anteil von 6.92 Sauerstoff-
Atomen erreicht. Dies entspricht einer Sprungtemperatur von ca. 90K.
Die Schwierigkeit bei der Herstellung des Supraleiters besteht im Mörsern des Produktes. Wird dies
nicht richtig durchgeführt, so wird der Supraleiter nicht richtig aufgebaut. Zudem benötigt die Her-
stellung von YBa2Cu3O7-x eine Woche und muss daher gut geplant sein.
Der Sauerstoffnachweis basiert auf einer Jodometrie. Dabei kann es zu Problemen bei der Bestim-
mung des Endpunktes kommen, da CuI ausfällt. Wird dies jedoch sachgemäss durchgeführt, kann
ohne Problem der Verbrauch bestimmt werden.
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Leiter, Isolator Halbleiter nach Bändertheorie ..................................................................... 5
Abbildung 2: Elementare Supraleiter; Dunkel Supraleiter in Hochdruckphase ........................................ 6
Abbildung 3: Kristallstruktur des Perowskits ............................................................................................ 7
Abbildung 4: Aufbau YBa2Cu3O7-x ............................................................................................................ 7
Abbildung 5: Abhängigkeit der Supraleitung vom Sauerstoffgehalt x ..................................................... 8
Abbildung 6: Polarisation in einem Gitter durch Elektronen ..................................................................... 9
Abbildung 7: Wechselwirkung durch Phononen .................................................................................... 10
Abbildung 8: Modell der Verdrängung eines magnetischen Feldes durch Meissner-Ochsenfeld-Effekt11
Abbildung 9: Versuch zum perfekten Diamagnetismus; schwebender Paramagnet ............................. 11
Abbildung 10 schwebende Supraleitertablette über einem Magneten .................................................. 16
Literaturverzeichnis
Buckel, W., & Kleiner, R. (2004). Supraleitung, Grundlagen und Anwendungen (6 Ausg.). Weinheim:
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Hoche, D., Dr. Küblbeck, J., Prof.Dr.habil.Meyer, L., Dr.Reichwald, R., Dr.Schmidt, G.-D., &
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Mortimer, C. E., & Müller, U. (2007). Chemie (9 Ausg.). Stuttgard: Georg Thieme Verlag.
Näther, C. Darstellung und Charakterisierung des Hochtemperatursupraleiters Yttrium-Barium-
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Versuchsvorschrift Supraleiter. Fachhochschule Münster.
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