HERZENSANGELEGENHEITEN
Anm.: aus urheberrechtlichen Gründen mussten die im
Vortrag verwendeten Bilder leider zur Gänze entfernt
werdenzwecks Verständlichkeit wurde versucht, diese durch selbstgezeichnete
Skizzen einigermaßen zu ersetzen, weiters wurden erläuternde Texte in
Hellblau eingefügt
Susanne Mayrhofer MSc.Leitende PT am Institut für PMR/KH Elisabethinen Linz
Fakten und Überlegungen zu…
Immobilität & Auswirkungen
auf das Herzkreislaufsystem
Kardiovaskuläre
Abbruchkriterien
Mobilisation / ADLs
Abb. nach: Long Island Jewish Medical CenterVia twitter Hopkins ICU Reha
WENN WIR (UNS) BEWEGEN…
[…wird eine große Anzahl äußerst komplexer Regelmechanismen in
Gang gesetzt… wobei Herz Lunge und Muskulatur untrennbar
miteinander verbunden sind…]
[…aber auch wenn wir uns NICHT bewegen, passiert allerhand im
kardiovaskulären System…]
IMMOBILITÄT BEWIRKT KARDIOVASKULÄR…[nicht nur der Bewegungsapparat und die Lunge, auch die Herzkreislauf-
Funktion wird beeinträchtigt, wenn Pat. immobilisiert werden/sind]
VO2max (≈ Leistungsfähigkeit) ↓ um (+) 0,9% tägl. !!
[Abb. nach John Buckley]
IMMOBILITÄT BEWIRKT KARDIOVASKULÄR…
„IMMOBILISATIONSTACHYKARDIE“
Ruheherzfrequenz ↑ täglich um 0,5 Schläge pro Minute
abnormer Frequenzanstieg bei geringen Belastungen
ABNAHME DES BLUTPLASMAS:
10- 20 % ↓ Convertino 1996
VENÖSE COMPLIANCE:
20 – 25 % ↑ Stuempfle 2007
[= weniger Blutvolumen bei erhöhter venöser Compliance stellt eine
schlechte Kombination dar in Hinblick auf die orthostat. Regulation
bei Lagewechsel]
IMMOBILITÄT BEWIRKT KARDIOVASKULÄR…
ERHÖHTE GEFAHR VON THROMBOEMBOLIE:
“Virchow`sche Trias“
– Plasmavolumen↓ → Erhöhung der Viskosität des Blutes
– wenig Bewegung: „das Blut steht “ in den Venen
– Verletzungen der Gefäßwand (z.B. aufgrund OP)
Kardiovask. Dekonditionierung: wie rasch geht das?
rapid diuresis occurs within the initial
24-48 hours of bed rest
Stuempfle 2007
Even high-intensity exercises done in bed do not counteractthe adverse effects of bed rest.
Perme, Chandrashekar2009
Orthostatische Dysregulation
[Blutdruckschwankungen werden durch Barorezeptoren im Aortenbogen und im Sinus caroticus registriert, und sofort Gegenregulationsmechanismen in Gang gesetzt; durch Immobilisation werden diese jedoch
empfindlich gestört → Blutversacken u. orthostat. Dysregulation (RR-Abfall, Pulsanstieg, Symptome wie Schwindel etc.)]
Blutdruck
Blutdruck = Funktion von Herzminutenvolumen und totaler peripherem Widerstand
Blutdruck =
= Schlagvolumen x peripherer Widerstand
[mit welchen Maßnahmen kann man – wenn indiziert - der orthostat. Dysregulation
entgegenwirken?]
– Flüssigkeit und Salz zuführen
– Oberkörper hochlagern: reduziert nächtliche Diurese
– Venenpumpe (mehr Blut wird zentralwärts gepumpt)
– Kompressionsstrümpfe, Bauchbandage
– Beine überschlagen
– Muskulatur anspannen
– pressor response: KALTES Wasser trinken!
Abbruchkriterien, betreffend…
Elektrik
Mechanik
„plumbing“ (Gefässe)[…des Herzens]
z.B.: SavemobPerform Savety Screen First (cardiovasc)
• No ↑ dose of any vasopressure infusion for at least 2 hours
• No evidence of MI (24 hours)
• No arrhythmia requiring new antiarrhythmic agents (24 hours)
A Hoens, Ch Singh, R Jones 2014
[Ergänzung: im Internet sind mittlerweile einige Richtlinien für
Abbruchkriterien zu finden, z.B. „savemob“ (Hoens, Singh, Jones),
Hodgson et al. 2010 u.a.]
„plumbing“ (Gefässe)
Was sind unsere Abbruchkriterien?
z.B.: nach akutem Myokardinfarkt
Herzbypass… & warum?
[Bild v. artherosklerot. Gefäß][es folgen nun 3 von 8 kurzen Fallbeispielen, welche im Rahmen einer
Studie von Costello E. 2011 an spezialisierte PTs (USA) ausgeschickt
wurden, wobei diese zu entscheiden hatten, ob sie im gegebenen Fall
weiterbehandeln würden oder nicht; diese Beispiele stützen sich auf
Guidelines: überprüft werden sollte, inwieweit diese Guidelines Verbreitung
gefunden hatten]
Patient nach Bypass-Operation, 2. Tag postop
Vitalparameter in Ruhe:
Puls: 94
Blutdruck: 114/64 mmHg
Sauerstoffsättigung 92% (Raumluft)
Atemfrequenz: 16
Während Kreislaufübungen und Mobilisation:
Puls: 110
Blutdruck 132/70 mmHg
Sauerstoffsättigung: 94% (Raumluft)
Atemfrequenz: 20
Behandeln oder nicht?
Pulsfrequenz-Vorgaben
Anstieg nach Myokardinfarkt:
+ 20 Schläge/min, (bei Obergrenze 120)
Anstieg nach Herzbypass:
+ 30 Schläge/min
Quelle: ACSM, American Cardiovasculary und Pulmonary Rehabilitation
[Ergänzung: Auflösung: JA, es kann weiter behandelt werden, keine
der angegebenen Vitalparameter lag außerhalb der empfohlenen
range, bspw. ist der Puls noch nicht mehr als 30 Schläge
angestiegen]
Wundheilungsphasen nach MCI
[Gründe, warum darauf zu achten ist, dass der Puls nach einem akuten
MCI nicht zu hoch ansteigt: 1.) wundheilungsbedingt: das Infarktareal
muss sich erst in eine belastungsstabile Narbe umwandeln; weit. Gründe
s nächste Folien]
Lilly L: Pathophysiology of heart disease 2011
PULSANSTIEG[Bild]
Bild: Rost R
Hoher Puls (und hoher systolischer Blutdruck)
bedeutet: erhöhte Herzarbeit und damit hoher O2-
Bedarf des Herzens [und dies ist bei einem frischen MCI kontraindiziert]
KORONARDURCHBLUTUNG
erfolgt v.a. in der
Diastole
[..aber bei zunehmender Pulsfrequenz wird v.a. die
Diastole immer weiter verkürzt, wobei die Systole
Verhältnismäßig nur minimal verkürzt wird!]
Bild: ACSM S 54
Patientin nach HTEP-Operation, 2. Tag postop
72 Jahre, zuvor mobile Patientin
…klagt in der Früh über Spannungsschmerz in der rechten Wade; eine tiefe Beinvenenthrombose wird diagnostiziert und Lovenox (übliche Behandlung u Dosis bei TVT) verabreicht. Ihr gesamtes Bein wird bandagiert.
Gegen 15:30 wäre die nächste Physiotherapie-Einheit angesetzt. Am Plan stand ursprünglich die Mobilisation mit 2 Krücken am Gang.
Behandeln oder nicht?
Antwort: JA! Es soll mobilisiert werden!
[entscheidend ist: Wurde eine Antikoagulationstherapie mittels eines niedermolekularen Heparins (z.B.Lovenox) zur Therapie der TVT bereits begonnen? Wenn ja + Kompressionstherapie gegeben ist: Mobilisation kann sofort begonnen werden: Lovenox-Peak = nach 3-5 Std., d.h. dieser wurde bereits erreichtEs gibt Ausnahmen: z.B. wenn Kontraindikationen gegen niedermol. Hep. bestehen und stattdessen bspw. Heparin i.v. od. andere Medikamente verabreicht werden (=Wirkungs-peak später erreicht). Oder beim Vorliegen einer Pulmonalembolie (dann zuerst Rücksprache mit zuständiger/m Arzt/Ärztin halten), oder beim weiteren Fortschreiten der Thrombose (passiert selten, aber z.B. bei Onko-Pat mögl.).
WICHTIG: klinische Beobachtung d. Pat auf Zeichen für ein mögl. Fortschreiten der Thrombose (Schwellung, Schmerzen,..) u Zeichen für Pulmonalembolie (Atemnot…)]
„Elektrik“
Bei welchen Rhythmusstörungen sind Therapie
u./o.Alltagsaktivitäten abzubrechen? Und warum?
Quelle: Twitter: learn the heart com
EKG lead II
72- jährige Patientin 1 Tag nach KTEP
Patientin mit bekannten Rhythmusstörungen in der Vorgeschichte. Die Patientin ist EKG-monitorisiert:
während der ADLs bekommt sie ventrikuläre Tachykardien. Was tun? Weitermachen oder nicht?
[Bild eines EKGs, welches ventrikuläre Tachykardien zeigt]
[richtige Antwort: NEIN, abbrechen und Arzt informieren!: Begründung: VTs
können manchmal in Kammerflimmern übergehen; Grundlage: ACSM,
American Coll f Pulm u Card Rehab]
„Mechanik“
Was sind unsere Abbruchkriterien?
z.B.: bei Herzinsuffizienz
… & warum?
[Bild v. Herz mit systolischer Funktionsstörung sowie eines mit diastolischer
Funktionsstörung]
[Guidelines und randomisierte kontrollierte Studien in Bezug auf Training
von Pat. mit Herzinsuffizienz gibt es zwar für die Reha mit stabilen Pat.,
allerdings bis dato NICHT FÜR DIE FRÜHPHASE mit instabilen Pat.]
Patient mit Herzinsuffizienz, wartet auf HTX[entnommen aus einer Fallstudie von Macauley 2012]
40 Jahre, komplexe medizinische Vorgeschichte; übliche Med. b Herzinsuffizienz (Betablocker,
‚ACE-Hemmer..) PLUS zusätzlich inotrope Medikation: Doputamin/Dopamin, …
Beginn mit dem Bettfahrrad-Training in angelehntem Sitz:
40 Sekunden radeln im Leerlauf
Puls: sinkt um 10 Schläge
Blutdruck: sinkt um 10 mm Hg
Pat klagt über leichten Schwindel; nach 4 Minuten wieder normalisierte Werte
Wie ist das zu interpretieren? Wie würdest Du weiter verfahren?
[Erläuterung: Abfall von Puls und RR = als Zeichen zu werten, dass d. Herzminutenvolumen nicht
ausreichend aufrecht erhalten werden kann; physiologisch wäre eigentl. ein Anstieg von beidem; was
tun? Belastung soweit reduzieren, dass Puls u RR NICHT absinken, Macauley beschreibt, dass sie
das Intervall auf 20 sek reduziert, und es daraufhin zu keinem Abfall von Puls u RR mehr kommt…]
HERZMINUTENVOLUMEN
[1.) das Herz kann nur rauspumpen, was es an Volumen bekommt; wenig preload=Vorlast bedeutet niedriges Schlagvolumen; 2.) wann ist die Nachlast=afterload hoch?: z.B. bei Aortenstenose, HypertensionUsw………]
Pathophys. Abläufe: neurohumorale Aktivierung
Reduziertes Schlagvolumen
Kompensation: Sympathikus-
aktivität↑
Aktivierung des Renin-
Angiotension-Systems[Herzinsuffizienz-Medikamente steuern dieser
-in weiterer Folge fatalen – Aktivierung entgegen]
Reduktion der Para-
Sympathikusaktivität[eine zu forcierte Mobilisation könnte, wenn sie mit
einer Erhöhung der Sympaticusaktivität einher-
geht, erst recht wieder die Renin-Angiotensin-
Aldosteron-Aktivität “anfeuern”, und dazu führen
dass die Nieren nicht so gut auf Diuretica an-
sprechen – Pron G. 2013 Health Quality Ontario]
Herzinsuffizienz: PT in der Akutphase ?
Fallbeispiele:
● Kataoka et al: Einzelfallstudie 1994 :Pat mit Herzfrequenz u
intraven. Doputamin*: Bewegungsprogramm über 32 Wochen:
→ körperliche Belastbarkeit↑
● Paul EHR et al: Einzelfallstudie 2011: Pat. mit
dekompensierter HI und intravenöser Doputamin*-Infusion:
Bewegungsprogramm: → körperliche Belastbarkeit↑
● Macauley K: 2 case reports 2012: zwei Pat. mit Herz-
insuffizienz Stadium D: 1.)mit intra-aortic balloon pump, 2.)mit
diversen inotrop. Medikamenten, prä-HTX[sehr lesenswert!!!]
*Sympathicomimeticum
Herzinsuffizienz: Ursachen [entsprechend inhomogen/schwierig f. die
Konzeption von Studien]
[Bild]
nach: Neuhold S: Herzinsuffizienz. Wiener Med Wochenschr.1/2008
Pulsgrenzen bei Herzinsuffizienz?
Vorschreibung der Trainingsintensität über Herzfrequenz bei
Herzinsuffizienz häufig nicht gut möglich, weil:
1.) chron. Überstimulation des sympath. Nervensystems:
chonotrope Reserve ev. ↓: d.h.:
● Ruheherzfrequenz erhöht,
● geringere Kapazität diese weiter zu steigern
2.) häufig: Herzschrittmacher
3.) häufig: Vorhofflimmern [u Trainingsherzvorgaben funktionieren bei
Vorhofflimmer nicht, da arrhythmisch]
subjektives Belastungsempfinden messen
bei stabiler Herzinsuffizienz:
RPE (6-20) 12 – 13
BORG (1-10) 3 – 4
ESC 2001, Pina 2003
Fatigue und Atemnot getrennt mit BORG 1-10 befragen
ESC 2001
PT MONITORING
When to Consider Not Mobilizing – I [als Beispiel,
Auszug]•Mean arterial pressure: <65 or >110
•BP: A drop in systolic pressure (>20 mm Hg) or below
pre-exercise level OR a disproportionate rise i.e. >200
mm Hg for systolic or >110 mm Hg for diastolic
•HR: <40 or >130; requiring temporary pacer
•Hemodynamic: Administration of a new pressor e.g.
inotropes agent; two or more pressor or frequent
increase; uncontrolled systemic hypertension; active
bleeding
savemob 2014
When to Consider Not Mobilizing - II
•Acute or unstable cardiac status: New MI; dysrhythmia requiring
new medications; active cardiac ischemia; unstable rhythm; intra
aortic balloon
•Pulmonary embolus: Discussion with physician required to
determine suitability
•Deep venous thrombosis: May mobilize as tolerated immediately
after low molecular weight heparin (e.g. (lovenox®), (fragmin®),
u.a. is given; If patient is on any other form of anticoagulation (e.g.
IV heparin) please check mobility orders with the physician;
Monitor patient for changes in pain, swelling, colour and sudden
shortness of breath
savemob 2014[vor Implementierung von Sicherheitskriterien unbedingt folgende Arbeit lesen:
Hodgson C. et al: Expert consensus and recommendations on safety
criteria…;Critical Care 2014]
IF THERE ARE NO UPS AND DOWNS IN YOUR LIFE
IT MEANS YOU ARE DEAD
S.Mayrhofer WIT 2015 - Fazit: ohne Herz, aber auch ohne Bewegung geht’s nicht
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[Bild: Keep calm and follow your heart]
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