HINFÄLLIG NACH EINER AKUTEN ERKRANKUNG – REHA ODER PALLIATIV?(GERIATRISCHE VERSORGUNGSSTRUKTUREN, GERIATRISCHE REHABILITATION, PROGNOSE, PALLIATIVES VORGEHEN)
K. Hager
Themenübersicht
► Medikamente im Alter – ist weniger mehr?■ (Multimedikation, PIM-Listen, Beer, Priscus, Forta, Beispiele ...)
► Alt, verwirrt oder schon dement?■ (Delir, Demenz)
► Schon wieder hingefallen!■ (Stürze, Alterstraumatologie, Frailty, Sarkopenie)
►Hinfällig nach einer akuten Erkrankung – Reha oder palliativ?■ (Geriatrische Versorgungsstrukturen, geriatrische
Rehabilitation, Prognose, palliatives Vorgehen)► Soll man das im Alter noch behandeln?
■ (Kardiovaskuläre Risikofaktoren, akute Erkrankungen, Notfälle in der Geriatrie)
► Geriatrie im EBM – Selbstversorgungsfähigkeit, Sturzrisiko, welche Test?■ (Assessment in der Geriatrie, Untersuchungsbefunde, Multimorbidität, ICF
Lebenserwartung
Lebenserwartung
4
Datenbasis: Grabsteine (2.688 in Rom, 3.726 außerhalb Roms) aus der Zeit um Christi Geburt Quelle: Acsadi 1970, in Mielck 2000:126
Beruflicher Status und Lebenserwartung um Christi Geburt
aus: Vorlesungsdias Sozialmedizin Prof. Klemperer, Dr. Hitpass, Dr. Pieh, Hr. Pollok
„Lebenserwartungen“► durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt – life expectancy at
birth, LEB: in Deutschland■ Frauen: 83 Jahre*■ Männer: 77 Jahre*■ „je älter wir geworden sind, desto älter werden wir“
► HALE – healthy life expectancy in Deutschland■ Frauen: 75 Jahre*■ Männer: 71 Jahre*
► Verlust an behinderungsfreier Lebenserwartung■ Frauen: ca. 8 Jahre■ Männer: ca. 6 Jahre
► maximale Lebenserwartung des Menschen■ ca. 120 Jahre
*: in 2008; WORLD HEALTH STATISTICS 2010
5
Lebenserwartung
Hager, Hannover 6
Ferne Lebens-erwartung
Lebenserwartung
77
Entwicklung der durchschnittlichen Lebenserwartung in den vergangenen 400 JahrenOeppen und Vaupel, SCIENCE VOL 296 10 MAY 2002 (32)1669, 63 Jahre
Lebens-erwartung in der Vergangen-heit und in der Zukunft
Source: Oeppen & Vaupel, 2002, p.1029
Lebenserwartung
Wie alt werde ich (statistisch gesehen) eigentlich?
Bild, 08.02.2013
Position der Rehabilitation in den Geriatrien in Niedersachsen am Beispiel der eigenen Einrichtung
Zahlen in 2014► Belegungszahlen
● Akutgeriatrie► Fälle 1.128
● geriatrische Reha► Fälle 671► Berechnungstage 13.010► Verweildauer
19,4► Tagessätze 150-173€
● Tagesklinik (Reha-Bereich)
► Fälle 228► Berechnungstage 3.195► Verweildauer
14,0
► Zuweisung in den Reha-Bereich● überwiegend als Anschlussrehabilitation von
anderen Kliniken● seltener über Formular 60/61, dann vor allem in
die Tagesklinik
ein Flügel der Klinik
Tagesklinik
Indikationsbereiche für die geriatrische Rehabilitation (aus dem Versorgungsvertrag der Klinik aus 2009)
► Erkrankungen des Zentralnervensystems► Frakturen und Zustände nach Gelenktraumen bzw. -0perationen► Zustand nach Amputationen der unteren Extremitäten► Kardio-pulmonale Erkrankungen► Stoffwechselerkrankungen mit Folgekrankheiten/Spätschäden► Tumorerkrankungen► Schwere degenerative Gelenkerkrankungen► Chronisch entzündliche Erkrankungen► Osteoporose► Bei verzögerter Rekonvaleszenz nach operativen Eingriffen und schweren
Erkrankungen mit manifesten, aber reversiblen Fähigkeitsstörungen, die die bisherige selbständige oder weitgehend selbständige Lebensführung des Patienten akut bedrohen.
Wie kommt ein Patient in die Geriatrie bzw. in die geriatrische Rehabilitation?
Wie kommt ein Patient in die (wohnortnahe?) Geriatrie bzw. in die geriatrische Rehabilitation?
►primär in die Akutgeriatrie/geriatrische Frührehabilitation■ wenn Krankenhausbedürftigkeit vorliegt■ hier findet in der Regel Frührehabilitation statt
►primär in die geriatrische Rehabilitation■ in einer geriatrischen Mischeinrichtung Antrag aus der
Akutgeriatrie heraus („Ummeldung“)■ aus einem zuweisenden Krankenhaus (z.B. über den
Sozialdienst)■ aus dem Niedergelassenenbereich (Formular 60/61)
Mindestkriterien für die Erfüllung der OPS 8-550.x
► Geriatrisches Team vorhanden (mindestens bestehend aus Medizin, Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Sozialdienst)
► Unter fachärztlicher Leitung mit der Zusatz- bzw. Schwerpunktbezeichnung Geriatrie (Arbeitsschwerpunkt in der Klinik)
► Basis-Assessment (innerhalb von 4 Tagen nach Aufnahme, 1. Assessment dokumentiert Behandlungsbeginn)
■ Zu Beginn der Behandlung in mind. 4 Bereichen■ Zum Abschluss der Behandlung in mind. 2 Bereichen
► Wöchentliche Teambesprechung und Dokumentation■ (muss erreichte Ergebnisse und weitere Behandlungsziele enthalten, Beitrag der Teilnehmenden
muss kenntlich gemacht werden, Leitung durch Geriater)
► Aktivierend-therapeutische Pflege■ Durch besonders geschultes Pflegepersonal ■ Pro „Team“ mind. 1 Fachkraft mit „strukturierter und curricularer geriatriespezifischer
Zusatzqualifikation“ im Umfang von mind. 180 h
► Team-integrierter Einsatz von mind. 2 Therapiebereichen (aus PT, ET, Logopädie, Neuropsychologie, physikal. Therapie)
Abgrenzungskriterien für die stationäre geriatrische Rehabilitation
Vitale und vegetative Parameter stabil (RR, Herz-Kreislauf, Atmung)
Klinische Diagnostik weitgehend abgeschlossen (auch bezüglich Antrieb, Depression, Demenz)
Medizinische und medikamentöse Therapie weitgehend festgelegt
Keine Beaufsichtigungspflicht wegen Verwirrtheit, Gefährdung, Weglauftendenz
Aktive Teilnahme an der Rehabilitation ist durch Begleiterkrankungen und Komplikationen nicht beeinträchtigt
Begleiterkrankungen und Komplikationen können vom Personal der Rehabilitationsabteilung behandelt werden
Mehrmals täglich sind aktive Rehabilitationsmaßnahmen (sitzend, mind. 15 min.) bei Kreislaufstabilität und allgemeiner Belastbarkeit möglich
Bei Verlegung aus einem Krankenhaus 5-seitiger Antrag auf
Geriatrische Anschlussrehabilitation (nach § 40 SGB V)
aus Nov. 2014
Genehmigung innerhalb weniger Tage
Antrag auf geriatr. Rehabilitation (nach § 40 SGB V)
ohne vorherige stat. Behandlung
„… nach Muster 60/61“
Genehmigung innerhalb einiger Wochen
Wer ist ein geriatrischer Patient?
Erhöhte Vulnerabilität im Alter
Physiologische Leistungsfähigkeit
Alter
Störungen derHomöostase
Geriatrie
zur Alltagsbewältigung notwendige Leistungsfähigkeit
1
2
34
Beispiele für Probleme bei Körperstrukturen und -funktionen ► Einschränkungen bei den Sinnesorganen► Muskel- und Skelettsystem
■ z.B. verminderte Muskelkraft (Sarkopenie)■ z.B. eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit
► neurologische Probleme■ Lähmungen, Sensibilitätsstörungen
► Abnahme des Körpergewichts■ Mangelernährung
► psychiatrische Erkrankungen■ Depression■ kognitive Einschränkungen
► …..
Frau, geb. 1920, 93 Jahre alt
Frau, geb. 1920, 93 Jahre alt
Frau, geb. 1920, 93 Jahre alt
Formale Voraussetzungen für eine geriatrische Rehabilitation
IndikationskriterienGeriatrische Rehabilitation
►geriatrische Multimorbidität►höheres Lebensalter
■ in der Regel > 70 Jahre■ in der Praxis > 80 Jahre
Pflegeheimbewohner? Patienten mit Pflegestufen? z.B. Erhalt der PflegestufeNeigung/Möglichkeiten des Patienten?
Reha-Bedürftigkeitdes geriatrischen Patienten
►alltagsrelevante Beeinträchtigungen der ■ Aktivitäten und Teilhabe■ unter Beachtung der sozialen Kontextfaktoren (z.B.
häusliches Umfeld)
■ z.B. alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Selbständigkeit
● beim Essen und Trinken● in der persönlichen Hygiene● in der Mobilität● im Treppensteigen oder im selbständigen Einkaufen● in der Ernährung● …
z.B. alltagsrelevante Beeinträchtigungen der Mobilität
►Erreichen der Stehfähigkeit►Erreichen des Bett-Rollstuhl–Transfers►Verbesserung der Rollstuhlfähigkeit►Gehfähigkeit innerhalb/ außerhalb der Wohnung►Gehfähigkeit über mehrere Treppenstufen
Reha-Fähigkeitdes geriatrischen Patienten
►Stabile vitale Parameter►Begleiterkrankungen, Schädigungen und typische
Komplikationen in der geriatrischen Reha - Klinik behandelbar
►Belastbarkeit für mehrmals tägliche aktive Teilnahme an der rehabilitativen Maßnahme
Keine Reha-Bedürftigkeit wenn ausschließlich
►kurative, pflegerische oder andere Maßnahmen angezeigt oder ausreichend sind:■ Behandlung durch Hausarzt / Facharzt■ Krankenhausbehandlung■ Verordnung von Heil - und Hilfsmitteln■ aktivierende Pflege■ nur Krankengymnastik, kein Teamansatz■ Pflegekurse für Angehörige■ …
Keine Reha-Fähigkeit bei
►fehlende Zustimmung des Patienten►nicht ausreichende Belastbarkeit, die die
aktive Teilnahme verhindert (z.B. Teilbelastung nach Frakturen)
►Stuhlinkontinenz bei weit fortgeschrittener geistiger und körperlicher Erkrankung
Keine Reha-Fähigkeit bei►Begleiterkrankungen / Komplikationen, die die
aktive Teilnahme am Reha-Prozess verhindern►Weglauftendenz - Desorientiertheit►(hochgradige Seh- / Hörschwäche)►Lage / Größe eines Dekubitus►Probleme am Amputationsstumpf►schwere psychische Störungen, (schwere)
Depression, akute Wahnsymptomatik
Reha-Ort
►ambulant►Tagesklinik*►stationäre geriatrische
Rehabilitation*
*: wenn ein Reha-Team nötig ist
Fallbeispiel Oberarmbruch
► Patientin aus 2010► 91 Jahre► biologisch jünger
wirkend, geistig fit, motiviert
► beim Hochheben von der Pflege im Heim „Knacks“ und Oberarmbruch
► nach zirka 3 Wochen neben stehendes Röntgenbild
Fallbeispiel Oberarmbruch► Frau, 91 Jahre► beide Hüften mehrfach operiert► vor 10 Jahren teilte der Chirurg
mit, dass die Hüften nicht mehr zu operieren seien
► seither im Rollstuhl► Reha-Ziele:
■ selbständiges Essen, Sitzen im Rollstuhl, Mithilfe beim Transfer, Wiederherstellen des bisherigen Grades an Selbständigkeit im Alltag, Verminderung der Schmerzen…
Einige Arbeitsprinzipien in der Geriatrie► Teamarbeit, multidisziplinär,
berufsgruppenüberschreitend, problemorientiert
► geriatrisches Assessment► Therapiekontrolle über
Assessment und Therapiebesprechung
► Behandlungsinhalte (ICF):■ medizinische Behandlung■ Aktivitäten, ■ Teilhabe■ Kontextfaktoren
► breites Krankheitsspektrum■ Mitbehandlung von
Begleiterkrankungen wie Delir, Demenz, Depression…
Einige Arbeitsprinzipien in der Geriatrie
► Analyse für Aktivitäten, Teilhabe, Kontextfaktoren
► Angehörigenanleitung► Überleitungspflege► Hilfsmittelberatung und
–versorgung► …► alle Möglichkeiten ausschöpfen
(schwächstes Glied bestimmt Ergebnis)!
Teamintegrierter Therapieprozess - Teambesprechung und Dokumentation
Eine geriatrische Reha ist dann sinnvoll, wenn das Team nötig ist.
Die Vorhaltung des Teams ist teuer.
Beispiel Teamdokumentation
„Messen“ in der geriatrischen Rehabilitation Geriatrisches Assessments (Auswahl, mod. n. Fillit & Picariello, 1998)
► Funktionales Assessment (Beispiele)■ Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) – Barthel, FIM, GBA■ erweiterte Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL) – IADL■ Sprache – Aachener Aphasie-Test
► Medizinisches Assessment (Beispiele)■ Mobilität – timed up and go, chair rising test■ Sturzgefährdung – Tinetti■ Ernährung - MNA■ Präoperatives Assessment – ASA-Einteilung
► Affektives Assessment (Beispiele)■ affektive Störungen – Geriatrische Depressionsskala (GDS)■ kognitive Störungen – MMSE, Uhrzeichentest, DemTect
► Soziales Assessment (Beispiele)■ Sozialassessment■ Stress der pflegenden Angehörigen■ Vernachlässigung, Gewalt gegen alte Menschen
► und viele andere mehr, z.B.■ Schmerz, Dekubitus, Hören/Sehen, Verhaltensstörungen….
Assessment – Beispiel aus einem Arztbrief aus 2014
z.B. Patienten mit Hilfebedarf im AlltagBarthel-Index bei PatientInnen 2014
akut Reha GTK
Anzahl 923 525 133
Alter_MW 82,9±7,4 82,8±7,0 81,7±7,2
BI Aufnahme_MW 41,1±23,4 53,0±17,9 67,9±9,1
BI Entl_MW 55,0±27,9 71,0±19,6 80,6±9,8
BI Verb_MW 13,9±15,2 17,9±13,4 12,8±8,5
Verschlechterung 7,7% 4,6% 0,8%
Konstanz 15,6% 7,6% 9,8%
Verbesserung 76,7% 87,8% 89,5%
Ein Beispiele zu Formular 61
Fall 3 – Antrag Hausarzt - 1
Fall 3 – Antrag Hausarzt - 2
Fall 3 – Antrag Hausarzt - 3
Fall 3 – Antrag Hausarzt - 4
Fall 3 – Antrag Hausarzt - 5
Fall 3 – Antrag Hausarzt - 6
Fall 3 – Antrag Hausarzt - 7
Fall 3 – Antrag Hausarzt - 8
Fall 3 – Antwort MDK - 1
Fall 3 – Antwort MDK - 2
Bringt das etwas?
Kontrollierte Studien zur "Wirksamkeit" geriatrischer Intervention – odds ratio(Stuck et al., Lancet 342 (8878), 1993, 1032-6)
0 1 2
geriatr. Klinik
geriatr. Konsile
prävent. Hausbesuch
Übergangsbetreuung
geriatr. Ambulanzen
Mortalität Überleben zu Hause KH-Wiederaufnahmen
Kontrollierte Studien zur "Wirksamkeit" geriatrischer Intervention – odds ratio(Stuck et al., Lancet 342 (8878), 1993, 1032-6)
0 1 2
geriatr. Klinik
geriatr. Konsile
prävent. Hausbesuch
Übergangsbetreuung
geriatr. Ambulanzen
funktionelle Verbesserung kognitive Verbesserung
Funktionelle Verbesserung bei Entlassung(>1 ist besser)BMJ 2010;340:c1718doi:10.1136/bmj.c1718
BMJ 2010;340:c1718doi:10.1136/bmj.c1718
Erfolg und Kosten - Geriatrie vs. „bisheriges“ System (Projekt Geriatrie des Landes Schleswig-Holstein, Kiel, 1995)
► Kosten bisher Geriatrie► stationär 14.223,63 DM 17.235,81 DM► nachstationär 25.051,78 DM 19.638,29 DM► gesamt 39.275,41 DM 36.874,10 DM
Entlassung bisher Geriatrienach Hause 52,2% 70,8%ins Altenheim 8,2% 3,9%ins Pflegeheim 25,3% 14,4%verstorben 4,5% 3,6%
Kosten nach Geriatrie bzw. herkömmlicher VersorgungCohen et. al., 2002; NEJM, 346:905-912
Kriterien für Therapieentscheidungen im Alter
Invasiv oder konservativ?
► Frau, 87 Jahre► Aufnahme Akutgeriatrie im Mai
2008 wegen Immobilität und starken Schmerzen
► biologisch jünger► Pfannenlockerung, primäre TEP-
Implantation 1983 ► starke Knieschmerzen► Opiattherapie, dennoch starke
Schmerzen ► Angst, Ablehnung einer Operation► verzweifelt, hoffnungslos
Invasiv oder konservativ?
► bislang zuhause alleine lebend
► zunehmend pflegebedürftig
► statistische Lebenserwartung ca. 8 Jahre
► Gespräche► Überweisung in
orthopädische Fachklinik
postoperativ► zwei Operationen
■ Acetabulum fixiert, Knie-TEP► Schmerzmittel kaum mehr nötig► Stimmung wesentlich besser, ► motiviert, nun wieder Hoffnung
auf Rückkehr nach Hause► Funktionen, Fähigkeiten
■ Sitzen auf der Bettkante ■ zirka 30 min im Sessel■ nur kurzes Stehen möglich■ Belastung des linken Beines
kaum möglich■ schwach, Gesichtsabnahme■ pflegebedürftig
Verlauf
►nach einer Woche►Patientin geht am
Thekenwagen in Begleitung einer Therapeutin
►noch mit großen Unsicherheiten
►Gelenkbeweglichkeit schon besser
Kriterien für Therapieentscheidungen im Alter
►chronologisches Alter►biologisches Alter►ärztliche Erfahrung►Assessment►Frailty►Teamentscheidung
Biologisches Alter
►kaum messbar►Versuch z.B. über
Messbatterien oder Lifestyle-Informationen
►unterschiedliche Funktion der einzelnen Organe
►Neben dem biologischen Alter sind psychosoziale Faktoren auch wichtig.
Life expectancy calculator
►Your life expectancy is only 73.2 years■ sorry, too much beer, wine and work■ try again after thorough modification of your life, ■ remember, it is never too late
Ärztliche Erfahrung
►Einschätzung des biologischen Alters
►Wie alt ist Reinhold Messner wohl?
►geb. 1944, d.h. Anfang 2015 70 Jahre, auf dem Bild wohl 67 Jahre
►Einschätzung bezieht sich auf das Äußere!
Assessment
►Ein Assessment ist prognostisch besser als das chronologische Alter.
►Je nach Definition ist entweder die Spezifität der Aussage hoch oder die Sensitivität (beides zusammen ca. 70%)
►Kein Assessmentergebnis für sich alleine erlaubt aber eine sicher individuelle Therapieentscheidung (z.B. ob noch operiert werden kann/soll).
Vorhersagbarkeit von medizinischen Interventionen im hohen Alter
►kalendarisches Alter■ hat eine geringe Vorhersagekraft
►biologisches Alter■ kaum zu messen
►Einschätzung aufgrund der ärztlichen Erfahrung■ besser, aber nicht zu operationalisieren■ Fallstricke: Äußeres, Sozialisation
►geriatrisches Assessment, Frailty■ besser als kalendarisches Alter■ objektivierbar, überall durchführbar
Frailty
Reservekapazität
►ca. 40% der Organkapazität ermöglichen ein Leben im Rahmen von Alltagsaktivitäten
►aber: geringere Kompensationsfähigkeit für Störungen der Homöostase
►in einigen Organsystemen bestehen höhere, in andere niedrigere Reserven
►unterschiedliche Verläufe (z.B. Erkrankungen)
Konzept, Ursachen
Frailty – eine Definition
►“A biologic syndrome of decreased reserve and resistance to stressors, resulting from cumulative declines across multiple physiologic systems and causing vulnerability to adverse outcomes”
Fried et al., J. Geront. 2001, Vol. 56A, No. 3, M146-M156
Konzept, Ursachen
Definition von Gebrechlichkeit laut Wikipedia(http://de.wikipedia.org/wiki/Frailty)
►Gebrechlichkeit ist keine Krankheit, sondern ein komplexes Syndrom, das mit dem Lebensalter eines Patienten assoziiert auftritt, sich aber ursächlich nicht nur mit dem Alter erklären lässt. Gebrechlichkeit ist die Folge des natürlichen Alterungsprozesses, kombiniert mit diagnostizierbaren Organ- und Funktionsstörungen, die in der Summe zu erhöhten diagnostischen, pflegerischen und therapeutischen Maßnahmen führen.
Konzept, Ursachen
Prefrailty
Sternberg et al., JAGS 59:2129–2138, 2011
Diff.Diagnose
Frailty, Gebrechlichkeit
Fried et al., J. Geront. 2001, Vol. 56A, No. 3, M146-M156
5 Kriterien
Foto aus dem Internet
Häufigkeit von Frailty Fried et al., J. Geront. 2001, Vol. 56A, No. 3, M146-M156
• CHS – n=4,735; 4 U.S. communities• Age: 65-101; mean 72.7• Gender: 57% female; 42% male
Prävalenz
Einfaches Kriterium - klinischer Eindruck, z.B. die CSHA Clinical Frailty Scale
Rockwood et al., CMAJ • 2005; 173 (5), 489-494
Operationalisierung
Frailty – Messen oder klinischer EindruckRockwood et al., CMAJ • 2005; 173 (5), 489-494
Operationalisierung
Frailty Subtypen
► Physical Frailty Phenotype (PFP)► Mental Frailty Phenotype (MFP)► Social Frailty Phenotype (SFP)
Garre-Olmo et al., Age and Ageing 2012; 0: 1-6, doi: 10.1, 093/ageing/afs047
Operationalisierung
Screening-Instrumente für Frailty
►Das ideale Instrument gibt es (noch) nicht. ►Bestehende Instrumente erkennen „Frailty“
relativ gut.►Instrumente stufen aber zu viele Personen als
„frail“ ein, zu viele falsch positive Ergebnisse -Pijpers et al., Eur. J. Intern. Med., 2012, 23/2, 118-123
Operationalisierung
ICD-10
►Kodierung mit R54 (ist aber nicht erlösrelevant)►statt dessen beispielsweise (erlösrelevant)
■ U50 (Motorische Funktionseinschränkung, z.B. Barthel-Index)
■ Z74 (Probleme mit Bezug auf Pflegebedürftigkeit)
Operationalisierung
Prävalenz von Frailty und Prefrailty
Garcia-Garcia et al., The Journal of Nutrition, Health & Aging, Volume 15, Number 10, 2011, 852-856
Anstieg mit dem Alter
Frauen häufiger „frail“
41,8% prefrail
8,4% frail
Prävalenz
Frailty - ÜberlebenFried et al., J. Geront. 2001, Vol. 56A, No. 3, M146-M156
Prognostische Bedeutung
Frailty – CSHA Clinical Frailty Scale
Rockwood et al., CMAJ • 2005; 173 (5), 489-494
Prognostische Bedeutung
Prognose von Frailty
Song et al., JAGS 58:681–687, 2010
Prognostische Bedeutung
Frailty und ÜberlebenPrognostische Bedeutung
Song et al., JAGS 58:681–687, 2010
Ahmed et al., The American Journal of Medicine (2007) 120, 748-753
Pathophysiologie
Frailty – ein Teufelskreis(Altern – 1%/Jahrbei Frailty schneller)
Prävention und Therapie► Krankheiten soweit möglich behandeln► Medikamente optimal einstellen► „geriatrische“ Herangehensweise
■ möglichst viel optimieren■ geriatrisches Assessment und Komponenten der Frailty behandeln
(Mangelernährung, Sarkopenie...)► Sarkopenie vermindern
■ Kraft- bzw. Ausdauerübungen■ eiweißreiche Ernährung
► Ernährung optimieren► positive Einstellung (Ostir et al., Psychol. Aging 2004, 19:402-408)
► Versorgungssituation klären► ggf. Hilfsmittelanpassung► Medikamente? Hormone?
Prävention, Therapie
Training verbessert die physische Leistungsfähigkeit
Binder et al., JAGS 50:1921–1928, 2002
Prävention, Therapie
Frailty und Ernährung
Volkert, SZE, 2009, 4, 25-30
Prävention, Therapie
„hochkalorisches“ Frühstück einer gebrechlichen älteren Dame am 09.07.2012
Prävention, Therapie
Prävention und Therapie
► Food: maintain intake ► Resistance exercises ► Atherosclerosis: prevent ► Isolation: avoid (i.e., go out and do things) ► Limit pain ► Tai Chi or other balance exercises ► Yearly check for testosterone deficiency
Prävention, Therapie
http://www.thedoctorwillseeyounow.com/content/aging/art2070.html?getPage=1
Etliche Interventionsstudien
► Studie aus Göteborg► dreiarmig► über 80jährige,
selbständige Menschen
► nach 3 Monaten keine Veränderung der „Frailty“, aber Selbsteinschätzung der Gesundheit und der Selbständigkeit verbessert
Prävention, Therapie
Gustafsson et al., JAGS, 2012, 60: 447-454
Zusammenfassung -1► Gebrechlichkeit (frailty) ist ein Zustand, der klinisch intuitiv
erfasst werden kann. ► Gebrechlichkeit ist ein (geriatrisches) Syndrom
■ definiert durch eine herabgesetzte Kompensationsfähigkeit in multiplen Systemen
■ mit erhöhter Vulnerabilität und letztlich schlechter Prognose■ mit unterschiedlichen Schwerpunkten – physisch, mental, sozial
► viele Assessmentinstrumente (von einfach bis komplex)► Häufigkeit bei über 65jährigen ca. 6%,
■ Anstieg mit dem Alter, bei über 85jährigen ca. 25%-40%■ Frauen häufiger betroffen als Männer■ Prefrailty ca. 40% der über 65jährigen?
Zusammenfassung
Zusammenfassung -2
► Prognostisch ungünstig■ z.B. Versterben, Übersiedeln in ein Pflegeheim, Mobilität,
Pflegebedarf► Alternsprozess und Erkrankungen als Ursache
■ Mangelernährung, Sarcopenie…■ Biomarker?
► Prävention und Therapie■ frühzeitig erkennen und gegensteuern, möglichst bei „Prefrail“
beginnen■ mit dem Erkennen von Frailty „energische Maßnahmen“■ Krafttraining, Ernährung …■ Der Frailty-Prozess kann, analog dem Alternsprozess, nicht gestoppt,
aber beeinflusst werden.
Zusammenfassung
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