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Höhere Experimentalphysik 2

Institut für Angewandte Physik

Goethe-Universität Frankfurt am Main

6. Vorlesung

12.06.2015

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Typischer Zustand der Materie

(1): Gas(2, 3): flüssig-fest(4): Plasma(5): Elektronen-Fermi-Gas(6): Relativistisches Fermi-Gas(7): Neutronengas(8): Photonengas(9): Relativistisches Neutronengas-Schwarzes Loch

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Inhalt•Bindungen•Kristallstrukturen•Gitterschwingungen

• Thermische Eigenschaften

•Freies Elektronengas•Halbleiter•Supraleitung

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Festkörperphysik1. Die Festkörperphysik diskutiert “feste Körper”, d.h. kondensierte Materie

z.B. Kristalle, typische Dichten 1023 Atome2. Beschreibung kann auf einer phänomenologischen Ebene erfolgen, d.h.

man beschreibt zunächst die makroskopischen Eigenschaften wie z.B.optische Eigenschaften, elektrische Leitfähigkeit, Wärmekapazität

3. Zusätzlich Beschreibung auf mikroskopischen Ebene, hier geht es um dieDeutung der phänomenologischen Beobachtungen so z.B. die Erklärungdes elektrischen Widerstandes aufgrund von Streueffekten an Fehlstellen;der Supraleitung durch Paarbildung von Elektronen; des Magnetismusdurch Kopplungen zwischen Elektronen

4. Die Festkörperphysik versucht, das Verständnis für dieMaterialeigenschaften von festen Körpern zu verbessern.

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Struktur von FestkörpernBeim Übergang zwischen einem Atom und einem Festkörper (s.u.Energie-Abstands-Diagramm) erkennt man, dass sich bei kleinerwerdendem Abstand zwar die inneren Schalen kaum verändern, aberdie äußeren Schalen koppeln sehr stark, da sie in Richtung geringererEnergien auffächern. Dies liegt an der Delokalisierung der Elektronen inden gemeinsam genutzten Orbitalen.

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Struktur von FestkörpernWarum halten Festkörper zusammen?Unterschieden werden 5 Bindungsarten in Festkörpern:• Kovalente Bindung, d.h. Bindung im Festkörper als eine Bindung

charakterisiert, bei der die Wechselwirkung zwischen den nächstenNachbarn dominiert

• Ionische Bindung/ Ionenbindung, entsteht wenn ein Elektronentransfervon einer Atomsorte auf eine andere energetisch genügend günstig ist

• Metallische Bindung, d.h. großer Ausdehnung der Wellenfunktion imVerhältnis zu den atomaren Abständen

• Van der Waals-Bindung, ist eine zusätzliche Bindung, die grundsätzlichimmer auftritt. Die physikalische Ursache sind gekoppelteDipolmomente.

• Wasserstoffbrückenbindung

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Kovalente BindungDie kovalente Bindung beruht auf der Austauschwechselwirkung zweier Elektronenbenachbarter Gitteratome, wobei die Spins der beiden Elektronen antiparallelausgerichtet sind.Sie weist eine starke Richtungsabhängigkeit auf. So kann z.B. ein Kohlenstoffatomlediglich mit vier Nachbaratomen eine kovalente Bindung eingehen.Beispiel: Diamant

Jedes Kohlenstoffatom ist gleichwertig mit vier Nachbaratomenkovalent gebunden. Im dreidimensionalen Raum nehmen die vier Valenzelektroneneine Position ein, die den vier Ecken eines Tetraeders entspricht, wobei derAtomkern im Mittelpunkt des Tetraeders liegt.

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IonenbindungDie elektrostatische Anziehung zwischen positiven und negativen Ionen ist imWesentlichen für den Zusammenhalt des Kristalls verantwortlich.Aber es tritt auch eine abstoßende Wechselwirkung auf kurzen Skalen auf,sobald die Ionen so nahe zusammengerückt sind, dass sich dieElektronenverteilungen benachbarter Ionen überlappen. Eine solcheÜberlappung ist bei Atomen mit abgeschlossener Atomschale nur dannmöglich, wenn gleichzeitig Elektronen auf höhere noch unbesetzteEnergieniveaus der Atome angehoben werden (Pauli-Prinzip). Dies führt zumAnstieg der Gesamtenergie und zur Abstoßung.Ein stabiler Zustand stellt sich also erst durch die Pauli-Abstoßung ein.Allgemein kann man das Gesamtpotential zwischen zwei Ionen i und j mitAbstand rij wie folgt angeben:

Hierbei sind 𝐵𝐵 und 𝑛𝑛 empirische Parameter. 𝑛𝑛 liegt für Alkalihalogenidetypischerweise im Bereich 6 . . . 10

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IonenbindungZur Berechnung der Gitterenergie im ionischen Festkörper greifen wir ein Ion 𝑖𝑖 heraus und stellen das Potential ϕ𝑖𝑖 am Ort des Ions auf:

Mit r als Abstand nächster Nachbarn schreibt man

wobei pij spezifisch für die betreffende Struktur ist. Besteht der Kristall aus N Ionenpaaren, so ergibt sich die gesamte potentielle Energie zu

Um die erste Summe einfacher auszudrücken, definiert man die Madelungkonstante:

Abb.: Energie als Funktion des Abstandes zweier Ionen

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IonenbindungBei Elementen mit unterschiedlicherElektronennegativität kann es zu Elektronentransferskommen, sofern der Transfer weniger Energie kostet,als durch die in der Folge auftretendeCoulombanziehung gewonnen wird.Wenn wir zum Beispiel Na und Cl verbinden, benötigtman für die Ionisierung Na → Na+ eineIonisierungsenergie von 5,14 eV, bei Cl → Cl- beträgtdie Elektronenaffinität -3,61 eV, also die Energie diezur Neutralisation aufgewandt werden muss. Dergrößte Teil der Bindungsenergie -7,9eV wird bei derBildung des Kristalls freigegeben(-7,9+5,1-3,6=-6,4eV).Aus Natrium und Chlor kann also ein zweiatomigesMolekül mit starkem Ionencharakter gebildet werden.

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IonenbindungAuch räumliche Strukturen lassen sich auf diese Weise aufbauen,indem jedes Chloratom von Natriumatomen umgeben ist undumgekehrt. Die sich ergebende Struktur ist durch optimaleRaumausnutzung bei gegebenen Ionenradien und durch die Bedingungbestimmt, dass die Coulombanziehung ungleichnamiger Ladungenstärker sein muss als die Coulombabstoßung von Ionen gleicherLadung.

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MetallbindungHier ist die Wellenfunktion der Valenzelektronen über viele Atomeausgedehnt und entsprechend tragen viele Nachbarn zur Bindung bei.Dies führt zu einer starken Abschirmung der positiven Kernladung undzu einer Bindung, die eine gewisse Ähnlichkeit mit der kovalentenBindung besitzt; jedoch sind die Bindungskräfte wegen der starkenRaumerfüllung bestimmt. „Verschmierung“ der Valenzelektronen

über den gesamten Kristall nicht gerichtetwie bei den kovalent-gebundenenKristallen. Die Struktur von Metallen istdeshalb auch weitgehend durch dieBedingung optimaler Raumfüllungbestimmt.

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Die van der Waals-BindungDie van der Waals-Bindung findet man vor allem bei zwei Stoffklassen,Edelgase (bei tiefen Temperaturen) und Molekülkristalle. Die Bindungberuht auf dem Prinzip fluktuierender Dipole, die durch die Bewegungder Elektronen um den Atomkern und somit durch die Störung derKugelsymmetrie entsteht.Atom A habe ein Dipolmoment 𝑝𝑝A (mit <𝑝𝑝A> = 0). Dieses erzeugt beimAtom B ein Feldund induziert damit ein zweites Dipolmoment

Hierbei ist 𝛼𝛼 die atomare Polarisierbarkeit des zweiten Atoms.Die Wechselwirkungsenergie ist damit:

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WasserstoffbrückenbindungAtome stark elektronegativer Elemente wie Fluor oder Sauerstoffkönnen in einem Kristall eine Bindung über eine Wasserstoffbrückeeingehen. Hierbei geben Wasserstoffatome ihre Elektronen an dieelektronegativen Atome ab, und es bleiben Protonen zurück. Da einProton im Vergleich zu einem Atom eine verschwindend kleineAusdehnung hat, ist bei einem Proton ein enger räumlicher Kontaktlediglich mit zwei negativen Nachbarionen möglich.Über eine Wasserstoffbrücke werden also immer nur zwei Ionenmiteinander verbunden.

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Bindungsenergien - Überblick

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KristallstrukturenStruktur der Materialien:• Einkristalle, d.h. ein periodisch angeordnetes, räumliches Gitter. Die

langreichweitige Ordnung erstreckt sich über den gesamten Kristall• Polykristalline Stoffe, bestehen aus vielen gegeneinander

verdrehten und verschobenen Einkristallen• Amorphe Stoffe, d.h. die geordnete Struktur erstreckt sich nur über

einen kleinen Bereich weniger Atomlagen• Molekülkristalle, sind Moleküle, die regelmäßig angeordnet sindKristalline Festkörper mit periodischer Struktur lassen sich am Besten beschreiben.

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KristallgitterDie periodische Struktur in einem Kristall bezeichnet man als Kristallgitter. DieElementarzelle des Gitters wird durch die drei Gittervektoren a1, a2, a3 aufgespannt:

Das Volumen der Elementarzelle ist durch das Spatprodukt der Basisvektorengegeben:Das Translationsgitter des Kristalls besteht, mathematisch gesprochen, aus derMenge aller Punkte, die sich durch Linearkombination von ganzzahligen Vielfachender Gittervektoren darstellen lassen:

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KristallgitterDas Raumgitter, bei dem zu jeder Elementarzelle nur ein einziger Gitterpunktgehört, wird primitives Gitter genannt. Das entsprechende Kristallgitter hat danngenau ein Atom bzw. eine Atomgruppe pro Elementarzelle.Es gibt nun eine Vielzahl verschiedener Möglichkeiten in einem Kristallgitter eineBasis zu wählen

Aber wie viele unterschiedliche Kristallgitter kann es überhaupt geben?

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SymmetrienAlle unendlich ausgedehnten Translationsgitter besitzen definitionsgemäßTranslationssymmetrie d.h. die Kristallstrukturen werden in sich übergehen, wennder Kristall um einen Translationsvektor verschoben wird.

Viele Kristalle besitzen zusätzliche Symmetrien:• Inversionssymmetrie, wenn das Gitter bei Inversion aller Koordinaten in sich

übergeht• Symmetrieebene, wenn das Gitter sich bei einer Spiegelung aller Koordinaten

an dieser Ebene reproduziert• Symmetrieachse, wenn der Kristall bei Drehung wieder in sich übergeht. Sie

heißt n-zählig, wenn er bei Drehung um den Winkel ϕ=2π/n wieder in sich übergeht

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Bravaisgitter / TranslationsgitterMan kann alle möglichen Kristallgitter nach ihren Symmetrien in siebenKristallsysteme einteilen, wobei zu jedem dieser Systeme entweder nur eineinziges primitives Gitter gehört oder zusätzlich noch nichtprimitive Gittermit mehr als einem Atom pro Einheitszelle.Insgesamt gibt es 14 sogenannte Bravaisgitter, die sich durch die Winkel α,β, γ welche die Basisvektoren a1, a2, a3 miteinander bilden und durch dieLängenverhältnisse ergeben.

Bezeichnung Basisvektoren Winkel

Kubisches Gitter a1= a2= a3 α = β = γ = 90°

Tetragonales Gitter a1= a2≠ a3 α = β = γ = 90°

Orthorhombisches Gitter a1≠ a2≠ a3 α = β = γ = 90°

Monoklines Gitter a1≠ a2≠ a3 α = β = 90° ≠ γ

Trigonales Gitter a1= a2= a3 α = β = 90° ≠ γ

Hexagonales Gitter a1= a2≠ a3 α = β = 90°, γ=120°

Triklines Gitter a1≠ a2≠ a3 α ≠ β ≠ γ

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Basis und KristallstrukturenAlle Kristallstrukturen können durch eines der Bravais-Punktgitter beschriebenwerden, indem man jedem Gitterpunkt die entsprechende Atombasis zuordnet.Für Basisvektoren a1, a2, …, an ist die Position eines Atoms gegeben durch ai = 𝑅𝑅+ai, wobei 𝑅𝑅 einen beliebigen Gitterpunkt darstellt.

Eine Kristallstruktur entsteht, wenn an jedem Gitterpunkt eine Basis angefügt wird.Wenn man die Kristallstruktur betrachtet, kann man die Basis erkennen und danachein Raumgitter finden.

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KristallstrukturenDie sieben fehlenden Bravais-Gitter erhält man durch Hinzunahme zentrierterGitter.Für das kubische Kristallgitter gibt es zum Beispiel das kubisch-raumzentrierteKristallgitter (in der Mitte eines jeden „Würfels“ ist noch ein Punkt enthalten) unddas kubisch-flächenzentrierte Kristallgitter (in der Mitte einer jeden„Würfelseitenfläche“ ist noch ein Punkt enthalten).Am häufigsten treten kubische, hexagonale und tetragonale Gitter auf.Einfaches kubisches Gitter (simple cubic, sc):• Volumen der Elementarzelle: V=a3

• A=90°• 6 nächste Nachbarn in der Entfernung a = a1= a2= a3

• Die Zelle ist primitiv.

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KristallstrukturenKubisch, flächenzentriertes Gitter(faced-centered cubic, fcc):Das kubisch flächenzentrierte Gitter besteht neben den 8Atomen in den Würfelecken zusätzlich aus je einem Atomauf den Mitten der sechs Würfelflächen.• Edelgase und Edelmetalle• Volumen der Elementarzelle: V=a3/4• 12 nächste Nachbarn• Basisvektoren der primitiven Elementarzelle:

a‘1 =a/2(1,1,0), a‘2 =a/2(0,1,1), a‘3 =a/2(1,0,1)

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KristallstrukturenKubisch, raumzentriertes Gitter (bulk-centered cubic, bcc):Das kubisch raumzentrierte Gitter besteht neben den 8 Atomen in den Würfeleckenzusätzlich aus einem Atom in der Würfelmitte.• Alkalimetalle und Wolfram, Tantal, Molybdän• Volumen der Elementarzelle: V=a3/2• 8 nächste Nachbarn• Basisvektoren der primitiven Elementarzelle :

a‘1 =a/2(-1,1,1), a‘2 =a/2(1,-1,1), a‘3 =a/2(1,1,-1)

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Das reziproke GitterBei der Analyse experimenteller Daten zur Untersuchung des Kristallstrukturerweist es sich als zweckmäßig, das sogenannte reziproke Gtter einzuführen, dasdurch reziproke Basisvektoren a*

1, a*2, a*

3. Diese Vektoren werden wie folgtdefiniert

wobei VE das Volumen der Einheitszelle ist.Der Basisvektor a*

1 des reziproken Gitters steht senkrecht auf der durch dieVektoren a*

2 und a*3 aufgespannten Ebene des Raumgitters:

Das reziproke Gitter des primitiven kubischen Gitters ist wieder ein primitiveskubisches Gitter.

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Das reziproke GitterAus den Basisvektoren des bcc-Gitters a‘1 =a/2(-1,1,1), a‘2 =a/2(1,-1,1), a‘3 =a/2(1,1,-1)erhält man zusammen mit den reziproken Basisvektoren die Basisvektoren desreziproken Gitters:

Vergleich mit den Vektoren des fcc-Gitters a‘1 =a/2(1,1,0), a‘2 =a/2(0,1,1), a‘3 =a/2(1,0,1)zeigt, dass dies die primitive Elementarzelle eines fcc-Gitters mit veränderterBasislänge ist.Punkte im reziproken Gitter sind durch die Menge von Vektoren

(reziproker Gittervektor)festgelegt, wobei v1, v2, v3 ganze Zahlen sind.Jede Kristallstruktur kann man zwei Gitter zuordnen: Das Kristallgitter (Ortsraum) unddas reziproke Gitter (Fourier-Raum). Das Beugungsbild eines Kristalls ist eine Abbildungdes reziproken Gitters des Kristalls.

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Methoden zur StrukturbestimmungDie genausten Methoden zur Strukturbestimmung von kristallinen Festkörpernberuhen auf der Beugung und Interferenz von Wellen mit Wellenlängen, die kleinersind als die Atomabstände im Festkörper.Bragg-Reflexion von monochromatischer Röntgenstrahlung:Beobachten wird die konstruktive Interferenz, die an den Gangunterschied Δ𝑠𝑠 die folgende Bedingung stellt:

Damit lässt sich aus den Winkeln konstruktiver Interferenz auf die Gitterabstände schließen.

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Andere Untersuchungsmöglichkeiten

Beugung von Materiewellen

Elektronenmikroskop

Rastertunnelmikroskop

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GitterschwingungenAtome können im Kristall Schwingungen um ihre Gleichgewichtslage durchführen.Die Energie dieser Schwingungen hängt nicht kontinuierlich von der Temperatur ab,sondern kann nur diskrete Energien annehmen d.h. ganzzahlige Vielfache vonGrundschwingungsquanten dargestellt werden können. Aus der Analogie zu denPhotonen im elektromagnetischen Feld des Hohlraums, folgt der Begriff derPhononen.

Man betrachtet die Netzebene eines Kristalls, durchden eine longitudinal Schallwelle senkrecht zurNetzebene läuft. Die Atome beginnen zu schwingenund zwar alle mit derselben Auslenkung ξ . Man kanndeshalb jede Ebene durch ein einziges Atomrepräsentieren.

ξs-1 ξ+2ξs

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Lineare KetteWir nehmen eine eindimensionale Atomkette mit einatomiger Basis. ZurVereinfachung nehmen wir an, dass nur die nächsten Nachbarn wechselwirken.Diese Kopplung wird durch eine Rückstellkraft 𝐹𝐹 = 𝐷𝐷 ・ ξ beschrieben. Außerdemwenden wir die harmonische Näherung an, nach der Gitterschwingungen nichtwechselwirken.Gesucht ist nun der Zusammenhang 𝜔𝜔(𝑘𝑘), also die Dispersionsrelation derSchwingungen. Diese erhalten wir durch das Lösen der Bewegungsgleichung desSystems:

Für die zeitabhängige Auslenkung wird der Ansatz

gewählt.

s-1 s+1s

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Lineare KetteEingesetzt in die Schwingungsgleichung folgt eine Bedingung für die Amplitude

Die Lösung sind folglich laufende, ebene Wellen(1)

und wir erhalten damit die Dispersionsrelation:

Sie stellt den Zusammenhang zwischen Frequenz ω und Wellenzahl k einerakustischen Welle im Kristall her. Nur Bereiche des Wellenvektors k, die innerhalbder sogenannten ersten Brillouin-Zone liegen haben für elastische Wellen einephysikalische Bedeutung. Nach (1) ergibt sich für das Verhältnis der Auslenkungenbenachbarter Netzebenen

s-1 s+1s

Erste Brillouin-Zone

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Lineare Kette s-1 s+1sFür kleine Wellenzahlen ist somit die Phasendifferenz klein, d.h. benachbarteAtome schwingen hier praktisch in Phase. Anders sieht es beim Wellenvektor k=π/aaus. Hier ist eika =1, d.h. benachbarte Atome schwingen in Gegenphase.Da die Schallwellen Dispersion zeigen, sind Phasen- und Gruppengeschwindigkeitunterschiedlich. Für die Gruppengeschwindigkeit ergibt sich

Während die Phasengeschwindigkeitist.

Für k π/a wird aus der laufenden Welle eine Stehwelle mit der kleinstenWellenlänge λ=2a, bei der benachbarte Ebenen gegenphasig schwingen.Bei k 0 laufen Phasen und Gruppengeschwindigkeit zusammen und dieGruppengeschwindigkeit entspricht der Schallgeschwindigkeit. In diesem Bereich istdie Wellenlänge sehr viel größer als die Gitterkonstante, sodass die diskrete Naturdes Gitters hier keine Rolle spielt.

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Zweiatomige KettenNun habe das eindimensionale Gitter eine zweiatomige Basis, mit unterschiedlichenAtommasen 𝑀𝑀 > 𝑚𝑚 und gleichen Abständen 𝐷𝐷. Längs dieses Gitters möge eine longitudinaleWelle laufen. Wegen der unterschiedlichen Massen schwingen beide Teilchen mitunterschiedlichen Amplituden α1 und α2.Die Bewegungsgleichungen liefern nun:

Wiederum nimmt man eine ebene Welle und macht den AnsatzNach dem Einsetzen kommt man auf zwei Gleichungen:

Die Lösung erhält man aus dem Nullsetzen der Determinante:mit

Das Plus liefert den optischen Zweig, das Minus den akustischen Zweig.

s,1 s+1,1s,2 s+1,2

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Zweiatomige KettenZunächst betrachten wir wieder 𝑘𝑘 → 0 und damit . Für den akustischenZweig erhält man wiederum eine lineare Näherung:Die Gruppengeschwindigkeit verschwindet im optischen Zweig (stehende Welle) undist im akustischen Zweig konstant.

Im konträren Falle 𝑘𝑘 → π/a ergeben sich die Grenzwerte:und

Wiederum sind beides stehende Wellen. Anschaulich schwingen die Atome der Basisim optischen Fall gegeneinander und im akustischen Fall miteinander.Typisch sind bei thermisch angeregten Kristallen Auslenkungen im Bereich vonTausendstel der Gitterkonstante.

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Themenvergabe PostpräsentationIn Zweiergruppen zu bearbeiten:• MHD Generator• Plasmadynamik in der Erdionosphäre• Alfven Wellen (z.B. “Plasmabeschleuniger”)• Plasmakristalle• Cooper-Paare • Phänomenologischer Vergleich der Londonschen Eindringtiefe mit

dem Skineffekt• Elektronendriftgeschwindigkeit in Metallen