Dresden
»Ich durftedie Schönheit einatmen ...«
Erich Kästner »Als ich ein kleiner Junge war«
»Wenn es zutreffen sollte, daß ich nicht nur weiß,was schlimm und häßlich, sondern auch wasschön ist, so verdanke ich diese Gabe dem Glück,in Dresden aufgewachsen zu sein. Ich mußte,was schön sei, nicht erst aus Büchern lernen.Nicht in der Schule, und nicht auf der Universität.Ich durfte die Schönheit einatmen, wie Förster-kinder die Waldluft. Die katholische Hofkirche,Georg Bährs Frauenkirche, der Zwinger, dasPillnitzer Schloß, das Japanische Palais, derJüdenhof und das Dinglingerhaus, die RampischeStraße mit ihren Barockfassaden, die Renais-sance-Erker in der Schloßstraße, das Coselpalais,das Palais im Großen Garten mit den kleinenKavaliershäusern und gar, von der Loschwitzhöheaus, der Blick auf die Silhouette der Stadt mitihren edlen, ehrwürdigen Türmen ...«
Annemarie Saul, Hebamme
»Der erste Schrei des Babys,das ist meine Freude.«
Runde Formen dominieren im Kreißsaal, was Wunder! Und Pastellfarben. Annemarie Saul ist leitende Hebamme
im Städtischen Klinikum Friedrichstadt und in dieser Funktion durchaus mitverantwortlich dafür, dass sich Dresden Deutschlands Geburten-hauptstadt nennen darf. Einen Moment hat Annemarie Saul dort Platz genommen, wo die jüngsten Dresdner ihren ersten Schrei tun – nicht ohne die Schiebetür einen Spaltbreit offen zu lassen. Wie vielen hat sie auf die Welt geholfen? Sie weiß es nicht. Belegt aber ist, dass die gebürtige Niederlausitzerin seit fast 40 Jahren als Hebamme arbeitet. Wer will da nicht von Berufung sprechen? »Nach Dresden kam ich aus familiären Gründen«, sagt die agile Frau mit den blauen Strahleaugen. Der Liebe wegen, sei ergänzt. Inzwischen ist sie 60 Jahre, Mutter zweier erwachsener Kinder und Elbhangbe-wohnerin aus Leidenschaft. »Nähere ich mich der Stadt nach einer Reise, dann habe ich das Gefühl, erwartet zu werden.« Das wird sie auch! Von ihrer Familie, von ihren Freunden, von ihren Mitarbeiterinnen in der Klinik. Und von den Frauen, denen sie beisteht.
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■ Entgegen den Trends in anderen
deutschen Städten – Dresden wächst,
seit 2002 im Schnitt um jährlich rund
5 500 Einwohner. Dies ist ein gutes
Zeichen für die Stadt, ihre Bewohner
haben Vertrauen in die Zukunft.
■ Nicht allein Zuzügler sorgen dafür,
dass die Einwohnerzahl in Sachsens
Landeshauptstadt wieder die Halb-
Million-Grenze überschreitet, 2006
wurden auch erstmals seit 40 Jahren
wieder mehr Babys geboren als
Menschen starben. ■ Und die Stadt
stellt sich auf den willkommenen
Nachwuchs ein: Die Zahl der Krippen-
und Kindergartenplätze steigt. Aktuell
gibt es insgesamt 269 Kindertagesein-
richtungen, die Mehrzahl in freier
Trägerschaft, in denen rund 23 000
Kinder betreut werden. ■ 179 Schulen,
davon 43 in freier Trägerschaft, decken
ein breites Spektrum ab. Dazu zählen
zum Beispiel die Dresden International
School, das Sportschulzentrum, die
Palucca-Schule oder das Kreuzgymna-
sium mit dem Kreuzchor. ■ 38 Kinder-
und Jugendtreffs, Parkeisenbahn und
Kinderstraßenbahn »Lottchen«,
JugendKunstschule, die städtischen
Bibliotheken mit 21 Stadtteilbibliothe-
ken, Zoo, 380 Sportvereine, 16 Hallen-
und Freibäder, Eissporthalle und zahl-
reiche weitere Einrichtungen bieten
nicht nur dem Nachwuchs Gelegenheit
zur aktiven Freizeitgestaltung. ■ Die
Suche nach passendem Wohnraum,
egal ob mit oder ohne Nachwuchs, ist
auf dem Dresdner Wohnungsmarkt
kein Problem. Villen mit Elbblick, gut
erhaltene oder rekonstruierte Altbauwoh-
nungen, Häuser im Grünen, Bauern-
gehöfte oder eine preisgünstige sanierte
Wohnung in einer Plattenbausiedlung –
für jedermann und jeden Geschmack ist
etwas dabei.
11 Parkeisenbahn9 Tanzgruppe
4 Im Großen Garten
1 Georg-Arnhold-Bad
10 Kindertagesstätte Kleinzschachwitz
7 Sport macht Spaß 8 Jugendhaus Prohlis
5 Zoo Dresden 6 »Zoobewohner«
2 Sportschulzentrum 3 Deutsches Hygiene-Museum
Nachwuchs
»Ich sehe mich als Tänzer,der Musik macht.«
Christof Paul, Tänzer
Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust!Auch Christof Paul hat seine Erfahrung mit dem Goetheschen Stoßseufzer gemacht.
Noch frisch ist sein Diplom, das er nach zehn-jähriger Ausbildung an der weltweit renom-mierten, 1925 von Gret Palucca gegründeten Hochschule für Tanz erhielt. Dass Choreografie und Bühnenbild bei seinem Diplom-Auftritt im Festspielhaus Hellerau von ihm stammten, mag den Regularien der berühmten Schule entsprechen – dass er auch die Musik schrieb und selbst einspielte, ist außergewöhnlich. Ein erstes Engagement führte den 21-jährigen Tänzer nach Seoul, während die Jungs seiner Dresdner Band »Mountain High« sehnsüchtig die Rückkehr ihres Gitarristen erwarteten. Wie bewegt man sich zwischen den Welten, was braucht es, um beiden Talenten gerecht zu werden? So viel steht fest: Tanz und Musik sind universelle Sprachen und der junge Mann weiß sich in beiden mitzuteilen. Daraus eine künstlerische Einheit werden zu lassen, empfin-det er als Herausforderung, die Mut, Kraft und Durchstehvermögen verlangt. Christof Paul lässt seinen Blick von den Loschwitzer Höhen über die Stadt und ihren Fluss streifen. »Ich glaube, dass die Elbe voller guter Energie für Dresden ist – also auch für mich.«
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Heiteres Musiktheater bietet das
Repertoire der Staatsoperette mit den
Genres Operette, Musical und Spieloper.
Spielstätten wie das Societätstheater,
das Festspielhaus Hellerau oder das
projekttheater sind für die freie Tanz-
und Theaterszene erste Adressen.
■ Für den gebürtigen Dresdner Erich
Kästner ist ein neuartiges Literatur-
museum, das »weltweit erste mobile
interaktive micromuseum« eingerichtet
worden. ■ Friedrich Schiller dichtete
in Dresden seine »Ode an die Freude«.
Dresden war eines der Zentren der
literarischen Romantik. Hier wirkten
Heinrich von Kleist und E.T.A. Hoffmann.
Fjodor Dostojewski vollendete in Dresden
den Roman »Die Dämonen«, der Philosoph
Arthur Schopenhauer sein Hauptwerk
»Die Welt als Wille und Vorstellung«.
■ Große zeitgenössische Musik- und
Tanzkultur kann im Europäischen Zentrum
der Künste Hellerau erlebt werden, nicht
zuletzt mit »The Forsythe Company«. Der
Tänzer und Choreograph William Forsythe
gilt als Erneuerer des klassischen Balletts
und ist nun auch in Dresden zu Hause.
■ Sie gehört zu den bekanntesten Opern-
häusern Deutschlands: Die nach ihrem
Erbauer Gottfried Semper benannte
»Sächsische Staatsoper – Semperoper«
ist mit mehr als 90 Prozent ausgelastet,
Karten sollten also immer rechtzeitig
bestellt werden. ■ Für das reiche
Dresdner Musikschaffen sind Namen
wie Dresdner Kreuzchor, Sächsische
Staatskapelle, Dresdner Philharmonie
und Dresdner Musikfestspiele welt-
weit zum Begriff geworden. ■ In den
Häusern des Staatsschauspiels Dresden
wird ein breites Spektrum an Werken
der dramatischen Literatur inszeniert.
1 Musikfestspiele 2 Erich-Kästner-Denkmal 3 Festspielhaus Hellerau
4 Semperoper 5 Friedrich Schiller 6 Kreuzchor
9 Operette8 Ballett7 Schauspiel
Kulturerlebnis
»Dieses Bürgerengagementbegeistert mich immer neu.«
Wolfgang Gahn, Museologe
Ein Büro im ersten Stock des Stadt-museums, einst als »Land- und Steuer-haus« errichtet. Wenn Wolfgang Gahn aus
dem Fenster schaut, sieht er die heutige Stadt.Blickt er wieder auf den Monitor, dann vielleichtauf die Lade der Dresdner Zirkelschmiedezunftvon 1595. Das Gestern im Heute. WolfgangGahn ist als stellvertretender Sammlungsleiterim Verbund Museen der Stadt Dresdenverantwortlich für den gesamten Ausstellungs-und Depotbestand in den sieben Häusern.Sonderausstellungen vorbereiten, der Erwerbs-runde beisitzen, Datenbanken pflegen – das sind nur einige Aufgaben des diplomierten Museologen. Der zu schätzen weiß, was er an den Dresdnern hat, die in zahlreichen Vereinen die Geschichte ihrer Stadt erforschen. Immerhin 90 Prozent der Bestände sind Schenkungen – von der kompletten Schlosserwerkstatt bis zum Brettspiel aus DDR-Produktion. »Dieses Bürgerengagement und die Vielfalt unserer Exponate begeistern mich immer wieder.« Die Feierlichkeiten zum 800. Geburtstag Dresdens sind längst Geschichte – dass sich im Foyer des Stadt-museums die Besucher drängen, spricht für beständiges Interesse. Die Heutigen im Gestern.
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recht und nur 150 Jahre später wird
Dresden Haupt- und Residenzstadt des
protestantischen Kurfürstentums
Sachsen. ■ 1694 tritt August der
Starke als Kurfürst Friedrich August I.
die Regierung an. Mit seiner Herrschaft
beginnt das glanzvolle Augusteische
Zeitalter, das Dresden zu wirtschaftlichem
Aufschwung, städtebaulicher
Entwicklung und künstlerischer Blüte
verhalf. Dresden profitiert bis heute von
der Ausstrahlung der einstigen
Residenzstadt. ■ 1918 dankt Sachsens
letzter König mit den Worten »Machdd
euern Dregg alleene!« ab.
■ Am 13./14. Februar 1945 erlebt
Dresden die verheerendste Zerstörung in
seiner Geschichte: Beim Luftangriff durch
englische und amerikanische Bomber
sterben bis zu 25 000 Menschen, die
historische Innenstadt wird auf 15 km2
eingeäschert. ■ Noch 1945 beginnt der
Wiederaufbau – als eines der ersten
Gebäude ist Dresdens Zwinger wieder-
errichtet. In der DDR wird Dresden
Bezirkshauptstadt, ab 1990 nach den
ersten freien Wahlen Landeshauptstadt
des Freistaates Sachsen. Heute zählt
Dresden zu den deutschen Städten mit
den besten Zukunftsaussichten.
■ »Acta sunt hec Dresdene –
Geschehen ist dies in Dresden im Jahr
1206.« Mit diesem Satz endet ein
Schiedsspruch des Markgrafen Dietrich
von Meißen und es beginnt dabei fast
beiläufig die schriftlich überlieferte
Geschichte der Stadt Dresden. ■ Seit-
dem hat sich die kleine Elbsiedlung,
deren Name übersetzt »Bewohner im
oder am Wald« lautet, zur europäischen
Großstadt entwickelt. Erst Kaufmanns-
siedlung und Markgrafensitz, dann kur-
fürstliche und königliche Residenz und
nunmehr Landeshauptstadt Sachsens.
■ 1403 erhält Altendresden das Stadt-
1 Canalettoblick 2 Trümmerfrauen 3 Jüdischer Friedhof
4 August der Starke 5 Privilegienbuch von 1584 6 Residenzschloss
7 Fürstenzug
8 Nach dem 13. Februar 1945 9 Zwinger
Stadtgeschichte
»An Backbord ziehendie Elbschlösser vorbei.«
Rainer Fichte, Schiffsführer
Anfangs etwas verschnupft, dann aber mitvoller Kraft: So heult die Dampfpfeife,während sich die »Wehlen« langsam vom
Anleger Brühlsche Terrasse löst. Mit der linkenHand dirigiert Schiffsführer Rainer Fichte viaJoystick die betagte Dame in die Fahrrinne.An Deck surren Kameras. Elbmusik. »Wir habenheute gutes Wasser!«, sagt Fichte und winkt inRichtung der Johannstädter Fähre. 1,50 MeterElbe unterm Kiel zeigt das Echolot – zwar einwichtiges Instrument, aber längst nicht soerhaben wie das Sprachrohr aus purem Messing.Fichte kennt sie noch, die Zeiten, da Kohle undnicht Heizöl der Stoff war, der die Raddampferantrieb. Loschwitz statt Luanda, Meißen stattMontevideo? Fichte zog es nie auf See. Mit9 Kilometern pro Stunde geht es RichtungLoschwitz. An Backbord ziehen die Schlösservorüber, rechter Hand steigen Drachen aus derWiese. Rainer Fichte kennt das alles, und dochist es jeden Tag anders. Ein Blaues Wunder.Das Blaue Wunder! Rainer Fichte legt denMaschinentelegrafen auf »Langsame Fahrt«,späht dann über den Fluss, ohne den sichDresden nicht denken lässt. Nach dem Wende-manöver geht’s schneller – mit dem Strom.
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flotte der Welt lädt von Dresden aus zur
Entdeckungstour auf der Elbe ein.
Die Reise führt stromabwärts bis hinter
das malerische Meißen und elbaufwärts
in die Sächsische Schweiz. ■ Die Elbe
fließt auf 30 Kilometern durch die Stadt.
In den letzten Jahren hat sich die Wasser-
qualität deutlich verbessert. Lachse und
Biber haben in Dresden wieder eine
Heimat. ■ Seit dem Hochwasser von
2002 ist das Überschwemmungsgebiet
der Elbe für einen Pegel über neun
Meter ausgelegt. Normal ist ein durch-
schnittlicher Wasserstand von zwei
Metern. Investitionen in Millionenhöhe
flossen in den Hochwasserschutz und
die Eigenvorsorge. ■ Natur erleben
mitten in der Stadt – in Dresden keine
Vision, sondern Alltag: Radeln an der Elbe,
Joggen im Großen Garten oder Wandern
in der Dresdner Heide, all das und noch
mehr ist möglich. ■ Zu Dresdens
Sehenswürdigkeiten gehören zahlreiche
Schloss- und Parkanlagen, die für die
großen Traditionen in der Garten-
baukultur sprechen, wie etwa in Pillnitz.
Die über 230 Jahre alte Kamelie ist
hier Anziehungspunkt.
■ Mit 62 Prozent Wald- und Grünfläche
ist Dresden eine der grünsten Städte
Europas. Stadt und Landschaft leben
hier seit Jahrhunderten in Symbiose.
■ Charakteristisch ist bis heute die
Elbtallandschaft. Das Dresdner Stadtbild
ist geprägt von der schwungvollen
Flussbiegung, den Wiesen und Wein-
hängen, den Brücken, Schlössern und
Türmen. ■ Was Canaletto in seinen
Veduten malte, fotografieren jährlich
Millionen von Besuchern – was Johann
Gottfried Herder Elbflorenz nannte,
ist bis heute europäisches Kulturpflaster.
■ Die größte und älteste Raddampfer-
1 Schloss Albrechtsberg 2 Blaues Wunder
3 Rhododendrongarten Wachwitz 4 Dampferparade 5 Elberadweg
6 Graugänse am Elbufer
7 Schloss Pillnitz
10 Weinbergkirche9 Schafe auf Elbwiesen8 Elbtalblick
Elblandschaft
»Dresdner kann man werden –Neustädter muss man sein.«
Dorle Söhnen, Haus-Frau
Die nackte Glühlampe am Haus BöhmischeStraße 34 ist ein Kulturgut. Denn schließ-lich heißt das Haus Kunsthaus und hat
den Zusatz »Raskolnikow«. Es beherbergtneben der für die Äußere Neustadt typischenGastronomie, hier im Café, etwas Besonderes:Im Dachgeschoss des Vorderhauses sechs –vorzugsweise für internationale Künstler reser-vierte – Zimmer und praktischerweise dieGalerie des Kunsthaus Raskolnikow e. V. imersten Geschoss. Eigentlich hatte Dorle Söhnenganz andere Pläne. 1955 in Kork bei Kehl amRhein geboren, folgte die studierte Lehrerinihrem Mann an die Elbe. »Die Stadt hat mirsofort gefallen«, sagt sie in dieser badischenArt, die weich und nachdrücklich zugleich klingt.Dass sie erst die Sanierung und dann dieLeitung des Hauses übernahm, nennt sie eineZufallsgeschichte. Indes: Dass sie mittlerweileseit über zehn Jahren im Dienst steht für Kücheund Kunst, hat wohl eher mit Leidenschaft zutun. Und mit Liebe zu dieser Neustadt, die inStadtführern gerne Szeneviertel genannt wird.»Mit dem Begriff kann ich nicht viel anfangen«,sagt Dorle Söhnen. »Er ist mir zu ungenaufür Struktur und Vielfalt dieses besonderenDresdner Stadtteils.«
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Nirgendwo sonst ist Dresden so bunt,
international und urban. Hier trifft man
Punks und Banker, Theaterleute und
Anwälte, Journalisten und Architekten.
Und viele junge Muttis: Die Neustadt
ist Dresdens jüngster Stadtteil, hier gibt
es die meisten Kinder und Singles der
Stadt. Irgendwo ist immer Party oder
Live-Musik, sieben Tage in der Woche.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass
die Neustadt die höchste Kneipendichte
und größte gastronomische
Vielfalt bietet. ■ Und das soll’s jetzt
schon gewesen sein mit der »Dresdner
Szene«? Weit gefehlt! Die Altstadt-
Szene mit Kneipenmeile, Prager Straße,
Neumarkt, Semperopernball, Nachtskaten
und anderen Events etabliert
sich mehr und mehr. ■ Zur Dresdner
Szene gehören natürlich die 14
Studentenclubs – der bekannteste ist
der Bärenzwinger – ebenso dazu wie
die vielen angesagten Clubs und Party-
locations. ■ Wenn man den Begriff
»Szene« noch etwas weiter fasst, dann
ist auch die Blasewitzer und Loschwitzer
Szene unbedingt erwähnenswert.
So wie die ländliche Szene – weil
zu Dresden immerhin rund 80 erhalten
gebliebene Dorfkerne gehören.
■ Dresden hat nicht nur Kulturszene
zu bieten, sondern auch Szene(n)kultur.
Aber wo ist die »Dresdner Szene« zu
finden? In der Altstadt, in der Neustadt
oder ganz woanders? ■ Gehört der
angeblich schönste Milchladen der Welt,
»Pfunds Molkerei« in der Neustadt, zur
Szene? Tatsache ist, dass sich nicht
nur Touristen in dem mit handbemalten
Fliesen gediegen gestalteten Ambiente
treffen. Auch Einheimische kommen, um
die Käseköstlichkeiten zu probieren und
dabei, beispielsweise, über die »Dresd-
ner Szene« zu diskutieren. ■ In der
Neustadt, der Äußeren, geblieben:
1 Nachtskaten 2 Kneipenmeile Weiße Gasse 3 Straßenfest
4 Neustadtladen 5 Dresden international 6 Scheune-Café
7 Biergarten 8 Kunsthofpassage 9 Pfunds Molkerei
Szenekultur
»Die Stadt beeindruckte mich sofort. Und dies ist bis heute so.«
An der Wand eine gerahmte Schwarz-weißaufnahme im Großformat: die legen-däre 152, das erste deutsche Turbinen-
Verkehrsflugzeug, um 1958 im damaligen VEB Flugzeugwerke Dresden entwickelt und gebaut. Rechts unten auf dem Poster steht ebenso lakonisch wie selbstbewusst und in kräftigem Blau gehalten: IMA Dresden. Kann man sich sinnfälliger auf Industrietradition berufen?Als Wilhelm Hanel 1966 aus Neuruppin nach Dresden kam, um Angewandte Mechanik zu studieren, war das Erbe des Krieges noch allgegenwärtig. »Vom Hauptbahnhof bis zum Rathaus erstreckte sich eine einzige Brache«, erinnert er sich. Dennoch hatte es ihm die Stadt sofort angetan – ihre Menschen, ihr Aufbauwille, ihre Kunst. »Seit Jahr und Tag bin ich ein großer Freund der Staatskapelle«, verrät Wilhelm Hanel, der heute als Geschäftsführer der Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH (IMA Dresden) eher mit harten Fakten umgeht. Aufgabe seines Unternehmens ist es, maßgeschneiderte Prüfungen für jedes Material und Bauteil zu realisieren und zu entwickeln – die Mitwirkung an dem weltweit größten Ermüdungstest des Airbus A 380-800 ist hierbei sicher eine der größten Herausforderungen in der Firmengeschichte. Diese wäre ohne die Zahl 152 gewiss anders verlaufen.
Prof. Dr. Wilhelm Hanel, Geschäftsführer
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FOUNDRIES und Infineon ebenso wie viele
innovative mittelständische Unternehmen
wie X-Fab oder Novaled. Insgesamt
wurden in Dresden seit den 1990er
Jahren mehr als 17 Milliarden Euro in
diesem Wirtschaftszweig investiert.
■ Dresden besitzt mit mehr als
60 Unternehmen und Forschungs-
einrichtungen zudem einen besonderen
Schwerpunkt in den Lebenswissen-
schaften. Ein Großteil davon organisiert
sich im Netzwerk biosaxony, einem
Verein zur Förderung und Vermarktung
der regionalen LifeScience-Kompetenzen.
■ Neue Produkte sind heute maßgeblich
von der Entwicklung neuer Materialien
und Werkstoffe bestimmt. In Dresden
bringen bereits mehr als 1 500 Werkstoff-
forscher ihr Know-how in diesen Prozess
ein, mehr als 100 Unternehmen und 40
Forschungseinrichtungen allein in der
Nanotechnologie. ■ Zum Branchenmix
gehören außerdem der Maschinen- und
Anlagenbau, der Flugzeug- und Fahrzeug-
bau, das Druckgewerbe, die Genuss-
mittelproduktion, aber auch die Kreativ-
wirtschaft.
■ Dresden hat sich in den letzten Jahren
zu einem der stärksten und dynamisch-
sten Wirtschaftsstandorte in Deutschland
entwickelt. Die Stadt ist schuldenfrei
und führend in verschiedenen Rankings
zur Entwicklungsdynamik. Die Basis für
Dresdens wirtschaftlichen Erfolg: die enge
Verflechtung von Forschung und Industrie.
■ 1 500 Firmen mit mehr als 48 000
Mitarbeitern machen Dresden zum
größten europäischen Cluster in der
Mikroelektronik, Informations- und
Kommunikationstechnologie. In »Silicon
Saxony« ist alles vertreten, was in der
Branche Rang und Namen hat: GLOBAL-
2 Jehmlich Orgelbau 3 GLOBALFOUNDRIES1 Infineon
4 Elbe Flugzeugwerke 5 VEM Sachsenwerk
6 Novaled 7 GlaxoSmithKline Biologicals 8 VW-Manufaktur
Wirtschaft
»Es macht mir Spaß,neue Welten zu erschaffen.«
Sarah Leimcke, bildende Künstlerin
Keine Sandsteinquader im Hof, nicht derGeruch von Ölfarbe im Treppenhaus. Und doch arbeitet hier eine junge Frau,
ausgebildet an Dresdens Hochschule für Bildende Künste im Fach Bildhauerei und nach dem Studium dort Meisterschülerin.Gestatten: Sarah Leimcke. »Faszinierend, wiedie Grenzen zwischen Realität und Unwirklichemverschwimmen«, sagt sie, während auf demMonitor Sequenzen einer ihrer Installationenlaufen. Der erstaunte Mikroskopblick sieht dasWimmeln von Menschen und Insekten, eben-bürtig in Größe und Bewegung. Sarah Leimcke lächelt hintergründig. Dass es ihr die Musca domestica, die Stubenfliege, einmal angetan haben wird – dies sang niemand an der Wiege der 1979 Geborenen. Dass sie sich der Kunst widmen würde, allerdings. Die Eltern unterstützten sie. Heute bringt Sarah Leimcke Orgelpfeifen mit Wasserdampf zum Klingen, erfüllt ganze Räume mit Kunst und gestaltete eine Riesenfliege, 4 mal 5 Meter groß. In Dresden, so sagt sie, stehen die Chancen gut, dass die Besonderheit ihrer Arbeit wahrgenommen wird. Spielfreude als künstlerischer Antrieb, Experimentierlust als Schaffensmoment? Aber ja, auch im Barock war dies Quelle der Inspiration.
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Ludwig Richter, der Künstlergemein-
schaft »Die Brücke«, Max Liebermann
und Otto Dix. ■ Zu den insgesamt
44 Museen in Dresden zählen ein-
malige Sammlungen wie das
Kupferstich- und das Münzkabinett,
die Porzellansammlung oder der
Mathematisch-Physikalische Salon.
Einzigartiges bieten auch das Deutsche
Hygiene-Museum oder das Militär-
historische Museum der Bundeswehr.
■ Dresden inspiriert bis heute. Rund
600 bildende Künstler wirken hier.
■ Die Stadt ist reich an Kunstbrunnen
und Skulpturen aus allen Epochen –
sehenswert etwa der Goldene Reiter,
das Reiterstandbild Augusts des Starken
in der Neustadt oder A. R. Pencks Figur
auf dem Art`otel. ■ Zwinger, Residenz-
schloss, Japanisches Palais,
Kunstakademie, Elbschlösser, Kirchen
und zahllose weitere architektonische
Prachtbauten prägen das Bild vom alten
Dresden. Insgesamt hüten die Dresdner
einen Schatz von 13 000 Kultur-
denkmalen, acht Denkmalschutzgebiete
sind ausgewiesen. ■ Moderne
Architektur steht oft im spannenden
Gegensatz dazu. Zu den bekanntesten
Gebäuden zählt die neue Synagoge.
■ Johann Melchior Dinglingers
Hofstaat des Großmoguls, die große
Elfenbeinfregatte und der Kirschkern
mit 186 Gesichtern gehören zu den
einmaligen Meisterwerken im Grünen
Gewölbe, einer der reichsten Schatz-
kammern Europas. ■ Raffaels Sixti-
nische Madonna mit den berühmten
Engeln, Werke von Tizian, Rembrandt
und Vermeer, von Dürer, Cranach und
natürlich Canalettos berühmte Dresden-
Ansichten erwarten die Besucher der
Gemäldegalerie Alte Meister. Die Galerie
Neue Meister präsentiert unter anderem
Arbeiten von Caspar David Friedrich,
1 Zitronenpresse mit Fama 2 Albrecht Dürer 3 Synagoge 4 Karl Schmidt-Rottluff
5 Henri de Toulouse-Lautrec 6 Sixtinische Madonna 7 Mozartbrunnen 8 Porzellansammlung
9 Historisches Grünes Gewölbe 11 A. R. Penck
10 Detail Zwinger
12 Kathedrale
Kunstgenuss
»Im Mai könnte Dresdenauch Dixieland heißen.«
Marc Hartmann, Musiker
Daran, dass die Wege von Dresden zu west-europäischen Gastspielorten lang seinkönnen, hat sich Marc Hartmann gewöhnt.
Anders verhält es sich mit der Stadt: »Ich kam 1994 hierher und konnte nur staunen. Über die Lage am Fluss, über die Architektur, über die musikalische Tradition. Über die Menschen.« Dieses Staunen hält den agilen 42-Jährigen bis heute gefangen. Musikalisch ging es schon immer zu im Leben des gebürtigen Ludwigs-burgers: Flöten-, Tenorhorn-, Posaunenunterricht. Dass Hartmann dem Abitur mit Hauptfach Musik ein Chemiestudium folgen ließ, kommentiert er heute anekdotisch: »Meine schwäbische Herkunft gebot, dass ich einen »ernsthaften« Beruf erlerne. Eines Tages sah ich die Staubschicht auf meiner Posaune. Da hängte ich den Laborkittel an den Nagel.« Zum Glück. Denn heute ist Hartmann ein Hansdampf der Dresdner Jazz-Szene. Bereits während seines Studiums an der Musik-hochschule »Carl Maria von Weber« verpflichteten ihn die Dixieland-Barden der »Elb Meadow Ramblers« als Sänger und Posaunisten. Später gründete er »Marc Hartmann & sein Tanz-orchester«, er komponiert, dirigiert und arrangiert, spielt Sousaphon in der »Top Dog Brass Band«. Hartmann ist viel unterwegs zwischen Dresden und den Auftrittsorten. Und er freut sich schon auf das nächste Dixieland-Festival. Zu dessen Bühnen freilich hat er den kürzesten Weg.
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zum Internationalen Dixieland-Festival,
zur Bunten Republik Neustadt oder er
besucht das Dresdner Elbhangfest, das
wohl bedeutendste Kultur- und Heimatfest
der Region. Jedes Jahr im Juni wird der
Elbhang vom Blauen Wunder in Loschwitz
bis zum Schlosspark in Pillnitz zum
sieben Kilometer langen Festgelände.
■ Die Dresdner Altstadt bildet nicht nur
die traumhafte Silhouette für das viel-
seitige Film- und Konzertangebot
der Filmnächte am Elbufer, sondern ist
zugleich die Kulisse für das Dresdner
Stadtfest mit seinen etwa 500 000 Be-
suchern. ■ Lichterglanz, Glühweinduft
und Weihnachtsmusik erfüllen die Innen-
stadt? Dann ist wieder Striezelmarktzeit.
1434 erstmals urkundlich erwähnt,
darf sich der Dresdner Striezelmarkt als
ältester Weihnachtsmarkt Deutschlands
bezeichnen. Benannt nach dem Dresdner
Christstollen, dem Striezel, gründet
sich seine Beliebtheit vor allem auf die
traditionellen Erzeugnisse sächsischen
Back- und Kunsthandwerks. ■ Auch als
Treffpunkt für nationale und internationale
Großereignisse ist Dresden gefragt, so
zur Schacholympiade oder zum Evange-
lischen Kirchentag.
■ August der Starke hat mit seinen
glanzvollen barocken Hoffesten den
europaweiten Ruf Dresdens als Fest-
und Festivalstadt begründet, seine
Landeskinder schreiben diese Tradition
mit großer Begeisterung fort. ■ Die
Dresdner Musikfestspiele und das
Dresdner Festival der zeitgenössischen
Musik, das Internationale Medienkunst-
festival CYNETART und die Internationale
Tanzwoche bieten Kunstgenuss auf
höchstem Niveau. Freunde des anspruchs-
vollen Films schwärmen von den Pro-
grammkinos und dem Filmfest Dresden.
■ Wer es ausgelassener mag, geht
1 Dresdner Striezelmarkt 2 Schach 3 Stadtfest
5 Dixieland-Festival 6 Stadtführung
4 Lebendiger Fürstenzug
8 Elbhangfest 9 Bunte Republik Neustadt
7 Dresdner Festival der zeitgenössischen Musik 10 Weinprobe 11 Unity. Dresden. Night
Feierlaune
»Meine Kinder sind Dresdner.Sie sprechen sächsisch.«
Prof. Dr. Elly M. Tanaka, Biochemikerin
Der Star des Hauses heißt Axolotl. Was nachsächsischer Verkleinerungsform klingt, ist der Name eines mexikanischen Lurches,
dem abgerissene Gliedmaßen problemlos nach-wachsen. Elly Tanaka will herausfinden, warum das so ist. Und ob der Mensch vielleicht über ähnliche, genetisch »verschütt gegangene« Fähigkeiten der Selbstheilung verfügt. Dies ist, grob gesagt, das Arbeitsgebiet der Stammzellen-forscherin. Seit 2007 arbeitet die Amerikanerinmit japanischen Wurzeln am DFD-Forschungs-zentrum für Regenerative Therapien – Exzellenz-cluster. Lange Gänge, von denen enge Bürosund mit technischen Geräten voll gestopfteLabore abgehen. Wissenschaftliche Nüchtern-heit als Kontrast zu dem lockeren Ton, der hierherrscht. Auf Englisch, versteht sich. »Dresdenis a stressless town«, sagt die Harvard-Absolventin, die in London tätig war, ehe siein die Stadt kam. Sohn Franklin und TochterHanako sind hier geboren. Zu ihren bevorzugtenFreizeitbeschäftigungen zählen die Heidewande-rungen und das Radeln im Waldpark, unweit des Instituts – und des Axolotls. Der hatgerade Forschungspause: »Denn einen Abendpro Woche halte ich mir frei«, sagt Elly Tanaka,»für meine Geige und unser Streichquartett.«
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Deutschlands. Dies ist ein Grund,
warum Firmen gerade hier arbeiten und
investieren wollen. ■ Zur Dresdner
Wissenschafts-Infrastruktur zählen zehn
Hochschulen, fünf Leibniz-, drei Max-
Planck- und zwölf Fraunhofer-Institute.
■ Hinzu kommen Einrichtungen für
Technologietransfer, wie das
TechnologieZentrumDresden, die Gesell-
schaft für Wissens- und Technologie-
transfer der Technischen Universität
Dresden sowie weitere Einrichtungen
der Dresdner Forschungslandschaft.
■ Dresden zieht Studenten und Forscher
aus der ganzen Welt an. Sie finden hier
nicht nur interessante Arbeitsmöglich-
keiten in internationalem Umfeld, sondern
auch eine lebenswerte, anregende Stadt.
■ Industrie und Wirtschaft finden in
Dresden geeigneten Fachkräfte-
Nachwuchs und Kooperationspartner
aus Forschung und Wissenschaft.
■ Für die Ausrichtung wissenschaftlicher
Tagungen und Kongresse bietet sich
Sachsens Landeshauptstadt mit
einmaligen Angeboten zur Programm-
gestaltung an.
■ Dresdner Erfindungen sind
weltbekannt – vom Porzellan mit den
blauen Schwertern über die Dampf-
lokomotive Saxonia, die Spiegelreflex-
kamera und die Reiseschreibmaschine
bis hin zu Alltäglichem wie etwa
Kaffeefilter, Teebeutel, Mundwasser
oder Zahncreme. ■ Und bis heute wird
im Elbtal produktiv geforscht. Das
beweisen solche Ergebnisse wie das
dreidimsionale Display, die 300-
Milimeter-Wafer-Technolgie oder die
organischen Leuchtdioden. ■ Dresden
bietet die breiteste und leistungsfähigste
Wissenschaftslandschaft im Osten
1 Organische Solarzelle 2 Spiegelreflexkamera 3 Internationales Congress Center
4 Lange Nacht der Wissenschaften 5 Organische Leuchtdiode
6 TU Dresden8 Mundwasser-Reklame
7 Max-Bergmann-Zentrum 9 Dampflokomotive Saxonia 1839 10 Hörsaal
Wissenschaft
»Eierschecke und Christstollen – Höhepunkte Dresdner Backkunst.«
Henry Mueller, Konditormeister
Die liebevoll gestalteten Schaufenster ziehen jeden magisch an, der sich der am Stadt- rand gelegenen Bäckerei nähert. So ähnlich
muss es Hänsel und Gretel ergangen sein als sie im Märchenwald plötzlich auf das aus Brot, Kuchen und Zucker gebaute Haus der Hexe stießen … Unwiderstehlich auch der Duft in dem kleinen Verkaufsraum, wo sich all die Köstlich-keiten präsentieren. Deren Herstellung freilich, so wird bei einem Blick in die Backstube schnell deutlich, hat mit Hexerei ganz und gar nichts zu tun. Der bodenständige Konditormeister Henry Mueller gebraucht ein fast schon vergessenes Prädikat, wenn er das Credo seines Handwerks-betriebes beschreibt: »Wir wollen anständige Arbeit leisten«, sagt er und bittet zu Kaffee und Eierschecke in einen Nebenraum. Das Gebäck verwöhnt den Gaumen, während Henry Mueller ein Foto zeigt: Er selbst als Kinderwagen-Knirps, auf dem Kopf mit einem üblichen Berufskäppi, mitten in der elterlichen Backstube. Genau dort, wo sich jetzt die Laibe für den Christstollen stapeln – zweifellos Dresdens berühmtestes Backwerk, dessen Herstellung streng überwacht wird. Auch dies ist eine der Aufgaben, die Henry Mueller dank früher Prägung heute erfüllt: als Obermeister der Dresdner Bäckerinnung.
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■ Drei Worte, die die Dresdner beim
ersten Eindruck beschreiben: Sie sind
einfallsreich, pragmatisch und kontakt-
freudig. ■ Achtung, Dresden spricht
sächsisch: Nee heißt Nein und Nu heißt
Ja. Das ist der Grundwortschatz für
jeden Dresden-Besucher. Im Aufbaukurs
lernt er dann hinzu, dass ein belegtes
Brot für den Rucksackausflug hier
Bemme heißt oder die gemütlichen
Schuhe für die Stadtbesichtigung
Drähder genannt werden. Was Gemäre,
Huddelei oder Rabbatz bedeuten, das
ist schon eher etwas für Fortge-
schrittene. ■ So wie die Sprache
Bodenständigkeit ausstrahlt, so ist auch
das Dresdner Naturell. Die spannendsten
Entdeckungen liegen immer direkt
vor der Haustür. Daher findet sich kaum
ein Haushalt, der nicht über eine stattliche
Dresden-Bibliothek verfügt.
■ Gleichzeitig sind die Dresdner welt-
offen und neugierig. Mit Freude gehen
sie auf Reisen, um wiederzukommen.
■ Im Sommer trifft man die Dresdner
zu Hunderten am Elbufer. Ausgestattet
mit einer Decke und dem Picknick-Korb
lauschen sie den Klängen der Konzerte
bei den Filmnächten oder genießen
das Altstadt-Panorama. ■ Kulinarisch
haben die Dresdner viel zu bieten.
Neben dem Striezel, dem berühmten
Dresdner Weihnachtsstollen, ist die
Dresdner Eierschecke, eine Kuchen-
spezialität aus cremig gerührtem Eigelb
mit Butter, Zucker und Vanillepudding,
ein Muss auf jeder Feinschmecker-
Liste. ■ Die Dresdner – auch die
später erst Zugezogenen – engagieren
sich voller Leidenschaft für ihre Stadt.
Sie achten die Leistungen früherer
Generationen, und sie streiten voller
Hingabe für die Zukunft. Aber in einem
sind sich schließlich alle einig: Dresden
ist die schönste Stadt überhaupt!
1 Ballonglühen am Elbufer 2 Brühlsche Terrasse 3 Strandbar
4 Beach-Volleyball 5 Filmnächte am Elbufer 6 Dynamo-Fanblock
7 Picknick in Pillnitz 9 Diskothek 10 Restaurant
8 Dresdner Eierschecke
Lebensart
»Die Frauenkirche war meinzweites Kinderzimmer.«
Ursula Elsner, Zeitzeugin
Diese Fotografie zeigt das barocke Bürger-haus Neumarkt 3 – der Frauenkirchegegenüber. Ursula Elsners Finger fährt zu
einem geöffneten Fenster im dritten Stock.»Da schaut Ida heraus. Unsere Zugehfrau, wieman früher sagte.« Vom Damals weiß die 1930Geborene so viel, dass daraus ein Buch entstand. »Es ist fast fertig!«, verrät Ursula Elsner und zeigt zum Laptop, auf dem sie ihre Geschichten und ihre Geschichte schreibt – gegen das Vergessen. Ihr Vater war als Kirchen-Inspektor verantwortlich für die Bilanzen der Frauen-kirche. Durch ihn lernte das kleine Mädchen das Gotteshaus kennen: Von den Katakomben bis zur Laternenkammer. Ängstigte sich vor den Fledermäusen, sammelte Goldblättchen, die bei der Restaurierung vor den Altar gesegelt waren und bestaunte die mit rotem Samt be-zogenen Hochzeitsstühle. »In diese unbeschwerte Kindheit traf der Angriff mit voller Wucht.« Knapp entkam Ursula Elsner mit Bruder und Mutter am 13. Februar 1945 dem Feuersturm auf dem Neumarkt. Das Haus, die gesamte Habe – verloren. Sie sah, wie die Mauern einstürzten. Da stand die Frauenkirche noch. Erst am 15. Februar, 10.15 Uhr, brach sie in sich zu-sammen. Dass sie jetzt wieder steht: Ein Wunder. Für Dresden und für Ursula Elsner.
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■ Die Dresdner Frauenkirche, George
Bährs Meisterleistung, verblüffte vor
rund 270 Jahren mit ihrer wage-
mutigen Kuppelkonstruktion die
Fachwelt und eroberte die Herzen der
Dresdner im Sturm. Am 15. Februar
1945, zwei Tage nach den verheeren-
den Bombenangriffen auf Dresden,
stürzte sie in sich zusammen. ■ Nur
zwei Mauerfragmente und 22 000
Kubikmeter Schutt blieben übrig – als
ein Mahnmal, das an die Zerstörung
Dresdens, an die Schrecken des
Krieges und die Opfer der Bombar-
dierung erinnerte. Aber am 13. Februar
1990 wurde der »Ruf aus Dresden« zum
Wiederaufbau der Dresdner Frauen-
kirche laut. ■ Die Rekonstruktion des
Kirchenbaus wurde zur Herzensange-
legenheit – nicht nur für die Dresdner,
sondern auch für viele Menschen weit
über die Grenzen der Stadt hinaus.
Weltweit bildeten sich Freundeskreise,
überall nahmen Menschen Sammel-
büchse oder Scheckbuch in die Hand.
Mehr als 100 Millionen Euro, immerhin
fast zwei Drittel der Bausumme, kamen
so durch Spenden zusammen. ■ In nur
12 Jahren war das gemeinsame Ziel
erreicht: Zuerst wurde der riesige
Trümmerberg abgetragen und fast
100 000 Steine für den Wiederaufbau
geborgen. 1996 erfolgte die Einweihung
der Unterkirche, 2000 erhielt Dresden
das neu gefertigte Turmkreuz als
Geschenk Großbritanniens, 2003
lauschten mehr als 40 000 Menschen
den Klängen der neuen Glocken und
2004 erhielt die Frauenkirche mit Turm-
haube und Turmkreuz ihre Krönung.
Nach dem Innenausbau schließlich
fand im Oktober 2005 die Weihe der
Frauenkirche statt. ■ Inzwischen
ist sie der Besuchermagnet für mehr
als zwei Millionen Touristen im Jahr.
1 Neumarkt heute 2 Weihe der Frauenkirche 3 Turmkreuz 4 Glockenweihe
5 Gedenken am 13. Februar 6 Trauung 7 Panorama
8 Luther-Denkmal
9 Unterkirche
10 Ruine 1945 11 Aufsetzen der Turmhaube
Frauenkirche
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2. (aktualisierte) Auflage
Mai 2012
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