Prof. Dr. Karl-Oswald Bauer
Empirische Bildungsforschung
Universität Vechta
Vortrag am Landesinstitut für Schulentwicklung und Lehrerbildung im
Hamburg am 22. März 2012
Inklusive Bildung, pädagogischer Optimismus und Lehrergesundheit
Gliederung
� Mythen über die Wirksamkeit von Bildung
� Lehrererwartungen an Inklusion
� Lehrergesundheit – eine Bestandsaufnahme
� Risiken im Lehrerberuf
� Was erhält Lehrer gesund?
� Erlebte Wirksamkeit und Arbeitszufriedenheit
Mythen über effektive Bildung� Bildungserfolg hängt vor allem von der sozialen Herkunft
ab.
� Bildungserfolg hängt vor allem von Rahmenbedingungen
und Schulstrukturen ab.
� Schule hat nur eine schwache Wirkung.
Fakten� Bildungserfolg wird von der sozialen Herkunft nur schwach
beeinflusst (12 % der Varianz hängen bei Kompetenzen von der
sozialen Herkunft ab.) (detaillierter dazu im Anschluss an PISA
2009 und andere internationale Studien: Bauer 2012)
� Schulstrukturen haben kaum Einfluss.
� Rahmenbedingungen haben nur in den Extrembereichen
Einfluss.
� Die einzelne Schule hat mittelstarke Wirkungen.
� Entscheidend sind die Personen: Schüler an erster Stelle,
Lehrpersonen und Schulleitungsmitglieder an zweiter.
Mythen über Lehrergesundheit� „Lehrer brennen in Deutschland so häufig aus, weil sie
dort Beamte sind.“ (Kollegin aus der Schweiz, DGfE-
Kongress 2012)
� „Lehrer brennen aus, weil sie Privatpatienten sind.“
(Kollege aus Vechta, 2012)
� „Lehrer brennen aus, weil sie so neurotisch sind.“
(Theorie, zu der es einige Befunde gibt, die sie stützen.
Aber Vorsicht: Der Einfluss des Neurotizismus ist nur
schwach, und es gibt schützende Persönlichkeits-
merkmale wie Offenheit und Gewissenhaftigkeit.)
Lehrereinstellungen zur Inklusion� 12 % der Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen und SH sind
positiv eingestellt, 22 % negativ, 8 % ambivalent. (N = 72!,
Quelle: Holtrup 2012)
� Die meisten sind vorerst indifferent eingestellt.
Lehrerbefürchtungen� Inklusion ist nur eine Sparmaßnahme.
� zu wenig Förderpädagogen
� Regelschullehrer sind nicht vorbereitet.
� Ruhigere Schüler „gehen unter“.
� Ressourcen fehlen.
� Es fehlt ein Konzept.
Lehrervorschläge� kleine Klassen, bis 15/20 Schüler
� Teamarbeit zwischen Regelschullehrern und
Förderpädagogen
� Doppelbesetzung und Tandemarbeit
� pädagogisches Konzept mit wissenschaftlicher
Begleitung
� gezielte Fortbildung der Lehrer
� Verbesserung der Lerngelegenheiten (Räume,
Material)
Lehrervorschlag (Originalton)•Heterogenität muss als Normalität gesehen werden – nicht nur im System Schule, sondern gesamtgesellschaftlich, erfordert Veränderung des Menschenbildes•Umstellung des kompletten Schulsystems, kein dreigliedriges Schulsystem mehr, kleinere Klassen, mehr Lehrer•Gemischtes Kollegium: Schul-, Sonder- und Sozialpädagogen, somit mehr Problemlösekapazitäten, da verschiedene Blickwinkel; Teamarbeit und Teamteaching•Ressourcenausstattung•„index of inclusion“ zur Selbstevaluation•Änderung der Studiengänge•Paradigmenwechsel der grundlegenden theoretischen Sichtweisen
Förderschullehrerin, drei Dienstjahre, Deutsch/Sachunterricht
Lehrergesundheit
� Etwa ein Viertel aller deutschen Lehrkräfte erkrankt an
Erschöpfungsdepression (Burnout) und scheidet deshalb
vorzeitig aus dem Dienst aus.
� Lehrkräfte zeigen auffallend häufig irreversible Schäden
der Sprechorgane.
12www.karl-oswald-bauer.de
Das professionelle Selbst im institutionellen
Entwicklungskontext
Selbst
Professionelles
Selbst
Wissenschaftliche
Ausbildung
Fortbildung
Schulpraxis
experience, emotionale Spannung, Intuition
kontrollierbar, (noch) nicht kontrollierbar
Training
Reflexion: Supervision,
Coaching, Mentoring,
Kollegiale Beratung,
professionelle
Lerngemeinschaften
Evaluation: Selbst-,
Fremdevaluation,
intern, extern
SelbstKompetenzen,
Erlebte Wirksamkeit,
innere Konflikte,
Krisenerleben,
Berufsethos,
Berufssprache,
Körperbilder…
Krise?
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Wer brennt aus?
Prim/Sek I
Optimismus Berufszufriedenheit
Integration neuerKollegen
Positives Sozialklima im Kollegium
Burnout
-.31
-.36
.28
-.16
.21 .18
.16
.19
29.,54.,4132
=== rrN
N = 413, r = .54, r² = .29
Was bedingt erlebte Wirksamkeit?
Erlebte Wirksamkeit
Prozessqualität des Unterrichts
.48
.23
Wohlbefinden im Arbeitsumfeld
N = 157, r = .59, r² = .34
40 % der Varianz beim pädagogischen Optimismus
lassen sich auf drei Faktoren zurückführen
Erlebte Wirksamkeit (Optimismus)
Prozessqualität des Unterrichts
.48 .11
Wohlbefinden im Arbeitsumfeld
Positive Lehrer-Schüler-Beziehung
.20
N= 413, r = .64, r² = .41
Wer fühlt sich wohl?
Wohlbefinden im Arbeitsumfeld
Prozessqualität des Unterrichts
.18
Positive Lehrer-Schüler-Beziehung
.50
N = 413, r = .59, r² = .35
Denken und Selbst
„Wir beginnen zu verstehen, auf
welchem Wege das, was wir über uns
selbst denken, starken Einfluss darauf
ausüben kann, wie wir sind und wie
wir uns entwickeln.“ (LeDoux 2006, S.
419)
Schutzfaktoren (innere Ressourcen)
� Arbeitszufriedenheit (Barth 1997, Bauer 2011)
� Optimismus = Erlebte pädagogische Wirksamkeit (Bauer 2012)
� Angriffslust gegenüber Herausforderungen (Käser/Wasch 2009)
� Distanzierungsfähigkeit (Schaarschmidt 2005)
� Persönlichkeitsmerkmale wie Gewissenhaftigkeit und Offenheit
(Käser/Wasch 2009)
Literatur und LinksBarth, A.-R. (1997). Burnout bei Lehrern. Theoretische Aspekte und Ergebnisse einer Untersuchung. 2. Auflage.
Göttingen, Bern, Toronto, Seattle: Hogrefe Verlag für PsychologieBauer, K.-O. (2010): Rezension von: Koch, Dorothee: Gesund bleiben im Lehreralltag – Potenziale erkennen,
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Universität VechtaKäser, U./Wasch, J. (2009): Burnout bei Lehrerinnen und Lehrern. Eine Bedingungsanalyse im Schulformvergleich.
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Erziehung und Unterricht, 46. Jg., 4/ 1999, 244-268.
� www.zebid.uni-vechta.de
� www.zebid-testothek.de
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