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Tristan heulte so laut, dass man es durchs ganze Haus und auch im Garten hören konnte.

»Was ist denn, Tristan?«, fragte Opa Jakob, nachdem er herangeeilt war. Er fand seinen Enkel, wie er eine kleine, blutende Schürfwunde an seinem Knie inspizierte. »Du meine Güte! Bist du eben hingefallen und hast dir weh getan?«

»Es tut wirklich weh, Opa«, wimmerte Tristan unter Tränen.»Daran zweifle ich nicht. Du tust mir aber Leid«, tröstete

Opa ihn.© 2002, 2003 by Aurora Production AG, SchweizGeschrieben von Katiuscia Giusti Illustriert von Agnes Lemaire

Übersetzt vom Team Activated-Familie

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»Hm«, meinte Opa Jakob plötzlich, »mir scheint’s, ich hab die Ursache für deinen Unfall gefunden. Schau dir das an: Deine Schnürsenkel waren offen. Du bist wahrscheinlich draufgetreten und dann gestolpert.«

»Oh, ich hab wohl vergessen, sie zu bin-den«, räumte Tristan ein. »Ich war in einem Wettrennen mit meinem

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Freund, um zu sehen, wer am schnellsten draußen sein könnte, und dabei muss ich das ganz vergessen haben.«

»Nun, so schnell warst du dann aber doch nicht, denn du bist hingefallen und hast dir wehgetan. – Aber weißt du was? Das erinnert mich an eine Geschichte über Trudy.

»Trudy...?«, fragte Tristan und wischte sich die Tränen weg.

»Ja, Trudy war eine Libelle, die einen kleinen Unfall hatte, ähnlich wie du. Aber sie lernte etwas sehr Nützliches dabei.«

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»Bitte erzähl mir mehr, Opa«, bat Tristan begeistert.»Alles begann eines Tages, als Trudy ihre Freunde Linus

und Funken traf«, begann Opa Jakob.—♦—

Keuchend kam Trudy bei ihren Freunden an, die sich in der Sonne räkelten, und überraschte sie mit: »Ihr werdet kaum

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glauben, was ich euch jetzt zu er zählen habe!«

»Bitte erzähl es uns!», bat Linus.»Du siehst aber müde aus, als ob

du meilenweit gefl ogen wärst!«, fügte

Funken hinzu.»Eigentlich nicht, aber ich hatte

eben einen Unfall, der mir richtig Angst gemacht hat. Ich erzähl euch alles!«

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Funken flatterte auf ein Löwenzahnblatt und setzte sich darauf, während Linus es sich nicht weit davon im Gras bequem machte. Sie waren beide ganz gespannt auf Trudys Geschichte.

»Heute Morgen war es so warm, dass ich beschloss, meine Libellenfreunde am Teich zu besuchen«, fing Trudy an. »Wir veranstalteten ein Flugspiel und hatten viel Spaß dabei. Zuerst flogen wir so hoch hinauf, wie wir nur konnten, und dann kamen wir in schnellem Sturzflug hinunter. Wir wetteiferten gegeneinander, wer es wohl bis knapp über die Oberfläche des Sees schaffen würde, um eine von den Mücken zu erhaschen, die da herumschwirrten, ohne dabei nass zu werden.

Bei mir lief es nicht so gut«, räumte Trudy ein. »Ich konnte zwar hoch hinauffliegen, aber nicht so schnell hinunter wie meine Freunde und fing deshalb kaum eine Mücke. Ich wurde immer frustrierter, weil die anderen Libellen immer gewannen. Ich wurde ganz

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aufgebracht und wollte allen beweisen, dass ich es ebenso gut wie sie schaffen konnte. Außerdem wollte ich nicht, dass irgendjemand dachte, ich hätte womöglich Angst, im Wasser hängen zu bleiben oder meine Flügel nass zu machen.

Ich war überhaupt nicht mehr vorsichtig und flog wirklich hoch hinauf und nahm mir vor, so schnell hinabzustechen, wie es nur ging. Ich flog mit solch einer Geschwindigkeit hinunter, dass ich die Kurve unmöglich schaffen konnte und auch keine Mücke fing. Stattdessen schlug ich mit einem ziemlichen Platsch auf der Wasseroberfläche auf«, erklärte Trudy.

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»Ich landete mit solcher Wucht, dass sich alles um mich herum zu drehen begann. Meine Freunde schwebten über mir und fragten besorgt, ob alles in Ordnung sei. Ich antwortete, dass es mir gut gehe. Es gelang mir dann aber nicht, mich aus eigener Kraft aus dem Wasser zu befreien.«

»Schlimm muss das gewesen sein!«, rief Funken aus.

»Du hattest sicher Angst«, meinte Linus. »Mir wäre es jedenfalls so ergangen.«

»Am Anfang hatte ich keine Angst, aber dann fing ich an, mir Sorgen zu machen, als ich merkte, dass ich unmöglich auffliegen konnte. Meine

Flügel waren triefend nass und deshalb so schwer,

dass ich sie nicht heben konnte. Ich steckte fest.«

»Oh, du meine Güte«, entfuhr es Linus, der mit besorgtem

Ausdruck zugehört hatte.»Und was passierte

dann?«, fragte Funken neugierig.

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»Nun, ein paar von meinen Freunden versuchten mir herauszuhelfen. Aber auch sie hatten nicht genug Kraft, es zu schaffen.

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Ich dachte, ich würde eine halbe Ewigkeit im Wasser stecken bleiben, vielleicht sogar ertrinken. Meine Freunde beschlossen wegzufliegen, um irgendwoher Hilfe zu holen. Bald waren sie außer Sichtweite und ich blieb allein zurück und fühlte mich sehr hilflos.«

»Was hast du dann gemacht?«, fragte Linus.»Ich erinnerte mich daran, dass meine Mutter immer

gesagt hatte, ich sollte beten, falls ich je in Schwierigkeiten geraten würde. So bat ich Gott, meinen Freunden einen Weg zu zeigen, wie sie mir helfen könnten, oder jemanden vorbeizuschicken, der mir beistehen würde. Ich versprach Ihm, dass ich nächstes Mal vorsichtiger sein würde, auch

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wenn ich noch so gewinnen wollte.«»Was dann?«, unterbrach Funken.»In dem Moment kamen zwei

Kinder auf den Teich zu. Sie hatten

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in ihrem Garten einen Frosch gefangen und wollten ihn zum Wasser bringen, um ihn wieder freizulassen. Ich versuchte um Hilfe zu rufen, aber sie konnten mich weder sehen noch hören. Also betete ich noch einmal, und dann entdeckte mich das Mädchen.

›Simon, Simon!‹, rief sie. ›Da ist eine Libelle im Wasser. Es sieht aus, als bräuchte sie Hilfe.‹

Ihr Bruder drehte sich um und sah mich auch. Dann fischte er mich vorsichtig aus dem Wasser.

›Das arme kleine Ding‹, meinte er. Ich hatte auch schon Wasser geschluckt, denn ich hatte lange Zeit ums Überleben gekämpft. ›Gut, dass du die Libelle gesehen hast, Sarah‹, sagte er zu seiner Schwester. ›Ich weiß nicht, wie viel länger sie noch ausgehalten hätte. Komm, wir legen sie auf dieses Blatt hier, damit die Sonne ihre Flügel trocknet. Dann

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wird sie wieder fliegen können.‹

›Ja, lass uns das!‹, bekräftigte Sarah. »Wie wunderbar, dass diese Kinder genau dann

kamen, als du ihre Hilfe dringend brauchtest!«, meinte Funken.»Du musst ja furchtbare Angst gehabt haben! Aber ich

bin froh, dass es dir jetzt wieder gut geht«, seufzte Linus erleichtert.

»Ich auch«, pflichtete ihm Trudy bei. »Von nun an werde ich viel vorsichtiger sein.«

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»Ganz bestimmt«, bekräftigte auch Linus mit einem Nicken.

»Hey, kommt, lasst uns etwas spielen«, schlug Funken vor.Die beiden anderen blickten sie an und lächelten.»Warum nicht?«, antwortete Trudy mit einem

Schmunzeln. »Wir sollten aber vorher um Schutz beten.«»Und ganz vorsichtig sein«, fügte Linus hinzu.»Und daran denken, dass mitspielen wichtiger ist als

gewinnen«, schloss Funken.—♦—

»Ich bin ja so froh, dass ich nicht in so große Gefahr geraten bin wie Trudy«, meinte Tristan, als die Geschichte zu Ende war.

»Ich auch«, sagte Opa und lächelte. »Es ist wichtig, nicht zu vergessen, dass Unfälle oft passieren, weil wir nicht vorsichtig sind, vergessen zu beten oder auch – wie in Trudys Abenteuer – wenn wir mit anderen im Wettstreit stehen und unbedingt gewinnen wollen.

»Ich binde wohl lieber meine Schuhe, Opa, bevor ich wieder spielen gehe«, meinte Tristan.

»Ja, und bevor du gehst, da ist etwas aus Trudys Geschichte, an das du dich erinnern solltest. Weißt du noch?«

Tristan legte sein Kinn in die Hand und dachte einen Moment nach. »Vorher zu beten?«

»Genau! Dann kann Gott dich davor bewahren, dass du dir wehtust.«

Tristan und Opa rückten zusammen, schlossen ihre Augen und sprachen ein kleines Gebet. Dann hüpfte Tristan davon, um mit seinem Freund zu spielen.

Von einem nahe gelegenen Blatt aus beobachteten ihn drei kleine Insekten und lächelten einander vielsagend zu.

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Verpass nicht die nächste Folge von Insectissima: Linus' Schlaflied

Moral: Bitte Gott, dir

beizustehen, wenn du Hilfe brauchst, und Er wird für dich da sein.

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ISBN 3 - 03730 - 077- 9