Studie zur
Internationalisierung des Innovationssystems
Endbericht
Berlin, Juni 2016
Auftraggeber
Stifterverband für die
Deutsche Wissenschaft e.V.
Ansprechpartner
Daniel Riesenberg
030 52 00 59-257
Mitarbeiter
Friedemann Koll
Das Unternehmen im Überblick
Geschäftsführer
Christian Böllhoff
Präsident des Verwaltungsrates
Dr. Jan Giller
Handelsregisternummer
Berlin HRB 87447 B
Rechtsform
Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht
Gründungsjahr
1959
Tätigkeit
Die Prognos AG berät europaweit Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Auf Basis neutraler Analysen und fundierter Prognosen entwickeln wir praxisnahe Entscheidungs-
grundlagen und Zukunftsstrategien für Unternehmen, öffentliche Auftraggeber sowie internationale
Organisationen.
Arbeitssprachen
Deutsch, Englisch, Französisch
Hauptsitz Weitere Standorte
Prognos AG Prognos AG
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Internet
www.prognos.com
twitter.com/prognos_ag
I
Inhalt
1 Executive Summary 1
2 Untersuchungsdesign 3
2.1 Hintergrund und Aufgabenstellung 4
2.2 Methodisches Vorgehen 5
3 Internationalisierung von Innovationssystemen: Sekundärstatistische
Einordnung 8
4 Strategien und Instrumente der Internationalisierung 17
4.1 Politische Strategien in Deutschland und den Vergleichsländern 17
4.2 Kategorisierung der Internationalisierungsinstrumente 23
5 Beispiele guter Praxis der Internationalisierung des Innovationssystems 25
5.1 Strategien, Gremien, Abkommen, Querschnittsmaßnahmen 25
5.2 Institutionen und Forschungsinfrastrukturen 26
5.3 International ausgerichtete FuE-Projekte 29
5.4 Inwärts- und Auswärts-Mobilität von Wirtschaft und Wissenschaft 35
5.5 Analyse, Beratung und Information im In- und Ausland 42
5.6 Rahmenbedingungen 44
6 Fazit und Ausblick 46
7 Literatur 48
Anhang 1: Länderübersichten 53
Anhang 2: Zehn Beispiele guter Praxis 56
1
1 Executive Summary
Im Zuge der Internationalisierung von Forschung und Innovation
ist staatliches Handeln zunehmend darauf ausgerichtet, das ei-
gene Land im Wettstreit um die besten Talente, Ideen und For-
schungsstandorte bestmöglich zu positionieren. Zentrale Heraus-
forderungen sind dabei u. a. die mangelnde Offenheit und Attrakti-
vität für exzellente Wissenschaftler/-innen oder FuE-Investitionen,
die dauerhafte Abwanderung von führenden Forscher/-innen und
Talenten sowie die unzureichende Einbindung der heimischen Ak-
teure in die internationale Wissensgenerierung, sodass nationale
Innovationssysteme teils von aktuellen Entwicklungen abgeschnit-
ten sind. Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Jahren von
staatlicher Seite verstärkt strategisch fundierte Ansätze zur Stär-
kung der Internationalisierung entwickelt worden. Damit geht ein-
her, dass die vielfach historisch gewachsenen Instrumentarien zur
Internationalisierung der Forschungs- und Innovationspolitik ange-
passt und erweitert werden sowie neue Unterstützungsangebote
zum Einsatz kommen.
Deutsche Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft sind bereits
stark in internationale Forschungsaktivitäten eingebunden. Anhand
ausgewählter Indikatoren wie z. B. internationale Ko-Publikationen
und -Patente lässt sich jedoch aufzeigen, dass Deutschland im in-
ternationalen Vergleich nur einen mittleren Rang belegt. Defizite
des deutschen Innovationssystems bestehen insbesondere in der
internationalen Vernetzung der Wirtschaft. Dies spiegelt sich etwa
im geringen Anteil von Unternehmen wider, die im Rahmen ihrer
Innovationsaktivitäten mit internationalen Partnern zusammenar-
beiten.
Der Fokus der explorativen Studie liegt auf einem Vergleich poli-
tisch initiierter Strategien und Maßnahmen zur Internationalisie-
rung in FuE-starken Volkswirtschaften. Im Unterschied zu
Deutschland, das seit 2008 über eine Internationalisierungsstrate-
gie verfügt, ist bei einem Großteil der betrachteten Länder der In-
ternationalisierungsaspekt in den nationalen Forschungs- und In-
novationsstrategien verankert.
In der vorliegenden Untersuchung wird ein breites Portfolio an In-
strumenten zur Stärkung der Internationalisierung betrachtet.
Hierzu zählen u. a. international ausgerichtete FuE-Projekte, Maß-
nahmen zur Unterstützung der Inwärts- und Auswärtsmobilität von
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern oder der Auf- und
Ausbau von international sichtbaren Forschungsinfrastrukturen.
Zehn Beispiele guter Praxis, die auf Basis von Expertengesprä-
chen und eigener Recherchen identifiziert wurden, werden in der
Studie vertiefend dargestellt. Diese decken die zentralen Instru-
mentarien zur Stärkung der Internationalisierung ab und adressie-
ren die Aspekte der Mobilität und Vernetzung im Wissenschafts-
und Wirtschaftsbereich gleichermaßen.
2
Im Ergebnis kommt die Studie zum Schluss, dass das Angebot an
Internationalisierungsmaßnahmen im Wissenschaftsbereich sehr
vielfältig ist und sich das Instrumenten-Portfolio wie auch die Aus-
gestaltung einzelner Maßnahmen im Ländervergleich nur geringfü-
gig unterscheiden. Indes ist das Spektrum der Maßnahmen, die
die Internationalisierung forschender Unternehmen und von Grün-
derinnen und Gründern adressieren, offenkundig nicht so ausdiffe-
renziert. Nicht zuletzt aus diesem Grund lohnt der Blick auf etab-
lierte Aktivitäten und Maßnahmen anderer Volkswirtschaften zur
Stärkung der Internationalisierung des Innovationssystems. Die
Studie liefert hierzu einen Beitrag, indem sie Instrumente mit neu-
artigen Elementen aus dem Ausland, die potenziell auch für den
Innovationsstandort Deutschland interessant erscheinen, für die
hiesige Diskussion aufbereitet. Ein spannender Ansatz ist u. a. der
Schweizerische Innovationspark, der durch den Aufbau langfristig
angelegter Forschungsinfrastrukturen vermehrt internationale FuE-
Investitionen von multinationalen Unternehmen anziehen soll.
Auch der Kickstart Accelerator, ein internationales Summer Camp
für Start-ups in der Region Zürich, ist ein innovativer Ansatz, des-
sen Zielsetzung darin besteht, vielversprechende Ideen aus dem
Ausland in die Schweiz zu bringen und somit den Pool an Talenten
und early-stage Start-ups nachhaltig zu vergrößern.
Insgesamt besteht weiterer Forschungsbedarf dahingehend, die
Instrumente zur Steigerung der Internationalisierung des Innovati-
onssystems sowohl am Standort Deutschland als auch im Ausland
noch systematischer zu erfassen und den unternehmensseitigen
Innovationsaspekt noch stärker in der Diskussion zur Internationa-
lisierung von Forschung und Entwicklung hervorzuheben.
3
2 Untersuchungsdesign
Forschung und Innovation (FuI) sind international eng vernetzt. So
gehören internationaler Austausch und grenzüberschreitende Zu-
sammenarbeit zum Wissenschaftsalltag und prägen in zunehmen-
den Maße die Forschungslandschaft. Gleichzeitig erstreckt sich
die Internationalisierung ökonomischer Aktivitäten verstärkt auf
Forschung und Entwicklung (FuE) in der Wirtschaft. Internationale
Kooperation und Vernetzung in einer globalisierten Welt werden
durch die eigenen Motive und individuellen Zielsetzungen der Ak-
teure in Wissenschaft und Wirtschaft angetrieben und erfolgen au-
tonom und selbstgesteuert.1 Beispielhaft für die vielfältigen und dif-
ferenzierten Beweggründe können etwa die Teilhabe an exzellen-
ter Forschung, die Nutzung herausragender Infrastrukturen bzw.
günstiger Rahmenbedingungen für eigene Forschung, der Aufbau
internationaler Reputation oder die effektive Einbindung der eige-
nen FuE-Tätigkeit in wissenschaftliche Aktivitäten vor Ort im Aus-
land genannt werden.2 Diese Motivationen untermauern, dass die
Verantwortung für Internationalisierung bei den Wissenschaftlerin-
nen und Wissenschaftlern bzw. den Unternehmen selbst liegt.
Gleichwohl ist in den letzten Jahren deutlich zu beobachten, dass
die Internationalisierung von Forschung und Innovation auf politi-
scher und institutioneller Ebene verstärkt strategisch angegangen
wird. Dies dokumentieren die verstärkte Betonung der internatio-
nalen Ausrichtung und Verflechtung in nationalen Forschungs- und
Innovationsstrategien wie auch die Verabschiedung expliziter In-
ternationalisierungsstrategien. Ferner belegt die Internationalisie-
rungsstrategie der EU aus dem Jahr 2012 die signifikante Bedeu-
tungszunahme des gesamten Themenfelds und der damit verbun-
denen strategischen Auseinandersetzung im europäischen Eini-
gungsprozess.3 Internationalisierung stellt somit eine wichtige Di-
mension in der Ausrichtung nationaler Forschungs- und Innovati-
onspolitiken dar, die im Kern darauf abzielt, einen Beitrag zur Stär-
kung der Exzellenz, Attraktivität und wirtschaftlichen Wettbewerbs-
fähigkeit von Innovationssystemen wie auch zur Bewältigung glo-
baler gesellschaftlicher Herausforderungen zu leisten.
Seitens der Politik und Forschungsförderorganisationen wird ein
breitgefächertes Spektrum an Maßnahmen und Instrumenten an-
geboten, die darauf gerichtet sind, die internationale Selbstorgani-
sation in Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen, attraktive
Rahmenbedingungen für die Akteure aus dem In- und Ausland zu
1 Deutsche Forschungsgemeinschaft (2012): Die Internationalisierungsstrategie der DFG. 2 Fraunhofer ISI und Technopolis Group (2001): Internationalisierungsstrategien in der Wissenschafts- und Forschungspoli-
tik: Best Practices im internationalen Vergleich, S. 4f. 3 Europäische Kommission (2012): Verbesserung und Fokussierung der internationalen Zusammenarbeit der EU in For-
schung und Innovation: ein strategischer Ansatz.
4
schaffen und das Potenzial internationaler Kooperationen zu er-
schließen.4 Hierunter fallen Maßnahmen zur Erhöhung der Attrak-
tivität eines Landes für ausländische Wissenschaftler/-innen und
industrielle Forschungskapazitäten sowie zur Steigerung der Fä-
higkeit und Bereitschaft heimischer Akteure zur Aneignung und In-
wertsetzung international verfügbarer Wissensbestände. Des Wei-
teren zählen hierzu auch komplexe Ansätze wie bilaterale und
multilaterale Programme zur internationalen Zusammenarbeit so-
wie integrierte Konzepte, die durch eine Abstimmung unterschiedli-
cher Maßnahmen bzw. Administrationen gekennzeichnet sind.5
2.1 Hintergrund und Aufgabenstellung
Im Februar 2016 wurde die Prognos AG vom Stifterverband für die
Deutsche Wissenschaft e.V. mit der Durchführung der Studie „In-
ternationalisierung des Innovationssystems“ beauftragt. Die grund-
legende Zielsetzung des Auftrags besteht darin, auf Basis eines
Ländervergleichs zu untersuchen, wie FuE-starke Volkswirtschaf-
ten auf die aktuellen Herausforderungen beim Auf- und Ausbau
von Kompetenzen und Forschungsexzellenz sowie bei der Steige-
rung der nationalen Wettbewerbsfähigkeit in einer globalisierten
Welt reagieren und welche Ansätze sie verfolgen, um die Internati-
onalisierung des eigenen Innovationssystems zu steigern. Im Rah-
men des Ländervergleichs werden neben Deutschland die europä-
ischen Staaten Frankreich, Großbritannien, die Niederlande,
Schweden und die Schweiz sowie die außereuropäischen Staaten
Japan, China und die USA berücksichtigt.
Der Fokus der Untersuchung liegt vorrangig auf einem Vergleich
von politisch initiierten Strategien und Instrumenten zur Internatio-
nalisierung sowie der Identifikation von Beispielen guter Praxis auf
der Instrumentenebene. Somit stehen die folgenden Kernfragestel-
lungen im Mittelpunkt der Untersuchung:
Auf Basis welcher politischen Strategien richten die betrach-
teten Staaten die Stärkung der Internationalisierung ihrer Inno-
vationssysteme aus?
Welche Instrumente bzw. Maßnahmen sind implementiert,
um die jeweiligen Internationalisierungsziele zu erreichen?
Gibt es im Ausland unter den Instrumenten zur Stärkung der Internationalisierung Beispiele guter Praxis, die potenziell
auch in Deutschland eingeführt werden könnten?
4 Edler, J. (Hrsg.) (2007): Internationalisierung der deutschen Forschungs- und Wissenschaftslandschaft. 5 Fraunhofer ISI und Technopolis Group (2001): Internationalisierungsstrategien in der Wissenschafts- und Forschungspoli-
tik: Best Practices im internationalen Vergleich, S. 13f.
5
Angesichts der Vielschichtigkeit der Instrumente und Maßnahmen
zur Stärkung der Internationalisierung in den betrachteten Staaten
und der Vielzahl der Akteure, die in Wissenschaft und Wirtschaft
das Thema voranbringen, kann die vorliegende Kurzstudie ledig-
lich einen exemplarischen Überblick zur Bandbreite eingesetzter
Instrumente liefern und einzelne, besonders interessant erschei-
nende Ansätze genauer beleuchten. Gleiches gilt für die sekundär-
statistischen Betrachtungen zur Leistungsfähigkeit der betrachte-
ten Staaten und ihrer internationalen Verflechtung in Forschung
und Innovation. Folglich wird anhand einzelner ausgewählter Indi-
katoren lediglich eine schlaglichtartige Verortung der Vergleichs-
länder vorgenommen.
Ziel der explorativen Studie ist es, im Sinne eines Impulses die
Diskussion des Fachforums „Internationalisierung“ des Hightech-
Forums der Bundesregierung anzustoßen. Aufgabe des Hightech-
Forums ist es, die Umsetzung und Weiterentwicklung der neuen
Hightech‐Strategie der Bundesregierung mit Handlungsempfehlun-
gen zu unterstützen.
2.2 Methodisches Vorgehen
Die Durchführung der Untersuchung basiert auf einem dreistufigen
Verfahren.
Zunächst erfolgte eine Aufbereitung und Auswertung sekun-
därstatistischer Daten sowie vorliegender Studien, welche die
Entwicklung der Ressourcen für Forschung in den zu verglei-
chenden Staaten, die Leistungsfähigkeit und Strukturen der je-
weiligen Innovationssysteme sowie deren internationale Ver-
flechtungen beschreiben.
Hierauf folgte die Auswertung einschlägiger Dokumente zu den
jeweiligen nationalen Forschungs- und Innovationspolitiken mit
Fokus auf politisch initiierte Internationalisierungsstrategien
und konkreter Instrumente und Maßnahmen zur Stärkung der
internationalen Ausrichtung und Verflechtung der Innovations-
systeme. Im Rahmen dieses Untersuchungsschrittes wurde
eine Auswahl von sechs Ländern getroffen, auf die sich die tie-
fergehende Untersuchung im Weiteren konzentrierte.
Die auf dieser Basis erlangten Erkenntnisse wurden sodann in
Interviews mit Länderexpertinnen und -experten sowie mit An-
sprechpartnern deutscher Forschungsorganisationen im Aus-
land reflektiert und validiert.
Die nachfolgende Abbildung liefert einen Überblick des zugrunde-
liegenden Untersuchungskonzepts:
6
Abbildung 1: Methodisches Vorgehen
Quelle: Eigene Darstellung, Prognos AG 2016
Zu Beginn der Studie wurde eine sekundärstatistische Analyse von
acht Ländern durchgeführt (China, Frankreich, Großbritannien, Ja-
pan, Niederlande, Schweden, Schweiz, USA). Im weiteren Verlauf
wurde mit Japan ein außereuropäisches und mit Frankreich ein
europäisches Vergleichsland in den weiteren Untersuchungsschrit-
ten ausgeblendet. Ausschlaggebend war im Fall Japans der relativ
geringe Grad internationaler Vernetzung und bei Frankreich das
als gering eingeschätzte Potenzial für interessante Instrumente, da
eine große Ähnlichkeit zum deutschen Kontext vorliegt.
Insgesamt stützt sich die Studie auf 16 leitfadengestützte Inter-
views. Für jedes der sechs vertiefend betrachteten Länder wurden
mindestens zwei Expertengespräche geführt. Die 30-45-minütigen
Interviews erfolgten sowohl face-to-face als auch per Telefon.
Im Rahmen der Untersuchung konnten 25 potenziell interessante
Instrumente herausgearbeitet werden. Dies erfolgte auf zwei We-
gen: Entweder wurden diese Instrumente von den Expertinnen und
Experten im Gespräch als besonderes, landespezifisches Beispiel
genannt und im Anschluss nachrecherchiert oder die Instrumente
konnten bereits im Rahmen des vorgeschalteten Desk Research
identifiziert werden und wurden gemeinsam mit einzelnen Inter-
viewpartnern diskutiert. Drei Kriterien wurden hierbei angelegt:
Die Maßnahme zielt auf die Internationalisierung des Innovati-
onssystems im engeren Sinne ab;
das Instrument wurde von einem Interviewten als potenziell in-
teressant eingeschätzt;
Vertiefende Analyse von Strategien
und Instrumenten der Länder
Listung von 25 Instrumenten
Herausstellung von 10 potenziellen
Beispielen guter Praxis
Leistungsfähigkeit der
Innovationssysteme
FuE-Ausgaben absolut
FuE-Ausgaben in Relation zum BIP
(FuE-Intensität)
FuE-Ausgaben durchführender und
finanzierender Sektoren
Strategien und Instrumente in
Deutschland
Chronologie / zentrale Dokumente
Kategorisierung der Instrumente
Auswertung von einschlägigen
Studien, u.a.
Fraunhofer ISI / Technopolis (2001)
Technopolis/ Manchester Institute
of Innovation Research (2009)
Länderspezifische Recherchen
Überblick zu Innovationssystemen
Herausforderungen, Treiber
Strategiedokumente und Akteure
Interviews mit Länderexpertinnen
und -experten
Strategien, Akteure, Instrumente
Diskussion von Beispielen guter
Praxis
Reflektion und Validierung der
vorläufigen Recherche-Ergebnisse
1
6
5
4
8
7
Internationalisierung von
Wirtschaft und Wissenschaft
Inwärtsmobilität
Auswärtsmobilität
Internationale Vernetzung
2
Sekundärstatistische Analysen
Dokumentation der Ergebnisse
9
Desk Research /
Dokumentenanalyse
Vertiefende
Analyse
Auswahl sechs Vergleichsländer
3
7
der Ansatz geht über das deutsche Angebot hinaus bzw. ent-
hält neuartige Elemente.
Einschränkend ist anzumerken, dass im Rahmen der Studie eine
vollumfassende Bewertung des Bedarfs bzw. der Lücken des deut-
schen Innovationssystems und der Qualität und Reichweite der
Maßnahmen in den Vergleichsländern nicht geleistet werden
konnte.
Im weiteren Verlauf der Untersuchung wurde eine Auswahl von
zehn potenziellen Beispielen guter Praxis getroffen. Diese Maß-
nahmen sind im vorliegenden Bericht dokumentiert. Es wurde da-
rauf geachtet, für alle Dimensionen und Säulen der Internationali-
sierung Beispiele aus den Vergleichsländern anzuführen und so-
wohl Aspekte öffentlicher Forschung als auch der Wirtschaft zu be-
rücksichtigen.
8
3 Internationalisierung von Innovationssystemen:
Sekundärstatistische Einordnung
Im folgenden Kapitel wird anhand ausgewählter Indikatoren eine
sekundärstatistische Einordnung Deutschlands und der Ver-
gleichsländer hinsichtlich der Entwicklung der Ressourcen für For-
schung und Entwicklung sowie der internationalen Mobilität und
Vernetzung der Akteure in Wissenschaft und Wirtschaft vorgenom-
men.
Abbildung 2: Entwicklung des Anteils der gesamten FuE-Ausga-ben am BIP (FuE-Intensität) in Prozent
Quelle: OECD Main Science and Technology Indicators (2015/2), Werte zum Teil vorläufig, Daten zum Teil geschätzt, eigene Darstellung, Prognos AG 2016
In den vergangenen Jahren sind die Ausgaben für FuE weltweit
betrachtet stark angestiegen. So zeigt beispielsweise eine Studie
des US-amerikanischen National Science Board, dass sich die glo-
balen FuE-Ausgaben im Zeitraum 2003 bis 2013 mit einem An-
stieg von 836 Mrd. US-Dollar auf 1.671 Mrd. US-Dollar verdoppelt
haben.6 Mit fast 34 % entfällt der weitaus größte Teil des Wachs-
tums in dieser Dekade auf China. Rund 20 % des Zuwachses
speist sich aus den erhöhten FuE-Aufgaben in den USA, 16 %
sind auf einen entsprechenden Anstieg der FuE-Ausgaben in der
Europäischen Union zurückzuführen, 5-6 % entfallen jeweils auf
Japan und Südkorea. Wie aus der Studie weiter hervorgeht, sind
6 National Science Board (2016): Science & Engineering Indicators 2016.
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Deutschland Frankreich Großbritannien
Niederlande Schweden Schweiz
EU 28
0,0
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2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Deutschland China Japan USA OECD
9
im Jahr 2013 nahezu zwei Drittel der weltweiten Ausgaben für FuE
in den vier größten FuE-durchführenden Nationen USA (27 %),
China (20 %), Japan (10 %) und Deutschland (6 %) getätigt wor-
den. Hierauf folgen Südkorea, Frankreich, Russland, das Verei-
nigte Königreich und Indien mit Anteilen von je 2-4 % an den glo-
balen FuE-Ausgaben.
Ein zentraler Indikator für die international vergleichende Betrach-
tung der FuE-Ausgaben ist die sogenannte FuE-Intensität. Sie
spiegelt den Anteil aller FuE-Ausgaben eines Landes am jeweili-
gen Bruttoinlandsprodukt wider. Wie die obenstehende Abbildung
verdeutlicht, ist die FuE-Intensität in der Dekade 2004-2014 bei
den meisten betrachteten Staaten angestiegen.7
In Deutschland nahm die FuE-Intensität seit 2006 stetig zu. Mit ei-
nem Anteil der Bruttoinlandsausgaben für FuE am BIP in Höhe
von 2,84 % erreicht Deutschland im Jahr 2014 einen im internatio-
nalen Vergleich überdurchschnittlich hohen Wert und gleichzeitig
nahezu das 3%-Ziel der europäischen Wachstumsstrategie 2020.8
Damit liegt die FuE-Intensität Deutschlands weiterhin deutlich so-
wohl über dem OCED-Durchschnitt von aktuell 2,37 % als auch
über dem EU-28-Durchschnitt von 1,94 %. Gleichwohl liegt
Deutschland mit dieser FuE-Intensität deutlich hinter den for-
schungsstarken Standorten Japan und Schweden.
In China hat sich die FuE-Intensität im Betrachtungszeitraum fast
verdoppelt, allerdings von einem recht geringen Niveau startend.
Angesichts dieses starken Zuwachses hat sich China nun mit einer
FuE-Intensität von rund 2 % vor dem Vereinigten Königreich und
den Niederlanden platziert. In Schweden hingegen hat sich die
FuE-Intensität etwas rückläufig entwickelt.
Die nachfolgende Abbildung fasst die Aussagen zur Höhe und Ent-
wicklung der FuE-Intensität in der letzten Dekade zusammen. Auf
der vertikalen Achse ist angegeben, um wie viele Prozentpunkte
sich die FuE-Intensität vom Jahr 2004 bis zum Jahr 2014 verän-
dert hat. Auf der horizontalen Achse sind die jeweiligen FuE-Inten-
sitäten für das Jahr 2014 abgetragen. Die Größe der Kreise spie-
gelt die absolute Höhe der Bruttoinlandsausgaben für FuE in den
betrachteten Volkswirtschaften wider.
7 Schasse et al. (2016) weisen darauf hin, dass die FuE-Aufwendungen der Wirtschaft im Jahr 2009 bei den meisten west-
lichen Industriestaaten deutlich gesunken sind und diese Entwicklung trotz der Erhöhung der FuE-Aufwendungen im öf-
fentlichen Sektor zum Teil zu einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Aufwendungen für FuE geführt hat. Da dieser
Rückgang geringer war als der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung, hat sich dies in ansteigenden FuE-Intensi-
täten niedergeschlagen. 8 Der Grund für diesen niedrigeren Wert der FuE-Intensität im Vergleich zu 2012 liegt vorrangig an der Umstellung des Eu-
ropäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen, die von allen EU-Mitgliedstaaten im Herbst 2014 durchge-
führt wurde. In dieser Folge werden FuE-Anstrengungen gesamtwirtschaftlich aufgewertet und als Investitionen für das
BIP anerkannt.
10
Abbildung 3: Stand und Veränderung der FuE-Intensität
Quelle: OECD Main Science and Technology Indicators (2015/2), Werte zum Teil vorläufig, eigene Darstellung, Prognos AG 2016
Die Finanzierung der in Hochschulen, außeruniversitären For-
schungseinrichtungen und Unternehmen durchgeführten FuE-Akti-
vitäten speist sich aus unterschiedlichen Quellen. Neben der Fi-
nanzierung innerhalb der Sektoren selbst kommen als Financiers
ebenso die anderen Sektoren oder das Ausland in Betracht.
Tabelle 1: Bruttoinlandsaufwendungen für FuE nach finanzieren-den Sektoren im internationalen Vergleich (2013)
Land in Mio.
PPP US$ Wirtschaft Staat Andere in-
länd. Quellen Ausland
Großbritannien 41.743 46,2 29,1 6,0 18,7
Niederlande 15.778 51,1 33,3 3,4 12,2
Schweiz* 13.571 60,8 25,4 1,7 12,1
Frankreich 57.987 55,0 35,2 1,7 8,0
Schweden 14.304 61,0 28,3 4,1 6,7
Deutschland 102.573 65,4 29,1 0,3 5,2
USA 456.977 60,9 27,7 6,9 4,5
China 333.522 74,6 21,1 3,4 0,9
Japan 162.347 75,5 17,3 6,7 0,5
*Daten für 2012 statt 2013
Quelle: Nach Schasse, U., Belitz, H., Kladroba, A.; Stenke, G.; Leidmann, M. (2016): For-schung und Entwicklung in Staat und Wirtschaft, Studien zum deutschen Innovationssys-tem, Berlin: EFI, S. 126
-0,3
-0,2
-0,1
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 2,6 2,8 3,0 3,2 3,4 3,6 3,8 4,0
Ve
rän
de
run
g d
es
An
teils
de
r B
rutt
oin
lan
ds
au
sg
ab
en
fü
r F
uE
20
04
-20
14
Bruttoinlandsausgaben für FuE als Anteil am BIP 2014 (in %)
Bruttoinlandsaufwend-ungen in Mrd. PPP US$
500
100
10
11
Grundsätzlich ist mit Blick auf obige Übersicht festzustellen, dass
sich die Finanzierungsstrukturen zwischen einzelnen Ländern teils
stark unterscheiden. Dies zeigt sich nicht nur an den großen Un-
terschieden der jeweiligen Anteile von Wirtschaft und Staat, son-
dern auch an den Finanzierungsanteilen des Auslands, die im
Falle der Vergleichsländer zwischen 0,5 % und 18,7 % variieren.9
Abbildung 4: Entwicklung der vom Ausland finanzierten FuE-Ausgaben in Prozent
Quelle: OECD Main Science and Technology Indicators (2015/2), Werte zum Teil vorläufig, Daten zum Teil geschätzt, eigene Darstellung, Prognos AG 2016
Wie obige Abbildung zur Entwicklung der vom Ausland finanzier-
ten FuE-Ausgaben innerhalb der Dekade 2004-2014 in den be-
trachteten Staaten zeigt, ist Deutschland im europäischen Ver-
gleich durch einen relativ geringen Auslandsfinanzierungsanteil
gekennzeichnet. Gleichzeitig wird deutlich, dass das Ausland als
FuE-Financier insbesondere in den außereuropäischen Staaten
China und Japan eine zu vernachlässigende Rolle spielt. Bei den
hohen Auslandsanteilen in Europa fallen zweifelsohne auch die
FuE-Förderungen der EU ins Gewicht. Darüber hinaus ist der An-
teil der FuE-Ausgaben, der durch international verbundene Unter-
nehmen finanziert wird, in Europa vergleichsweise hoch. Schasse
und Leidmann (2015) weisen darauf hin, dass der „hohe Anteil der
9 Gemäß OECD Main Science and Technology Indicators (2015/2) streut der Finanzierungsanteil des Auslands in den
OECD-Staaten zwischen 0,12 % in Taiwan und 48,83 % in Israel.
0,0
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
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14,0
16,0
18,0
20,0
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Deutschland Frankreich Großbritannien
Niederlande Schweden Schweiz
EU 28
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14,0
16,0
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2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Deutschland China Japan USA OECD
12
auslandsfinanzierten FuE in der britischen Wirtschaft […] vor allem
auf verbundene Unternehmen zurückzuführen sein [dürfte]“.10
Abbildung 5: Internationale Zusammenarbeit in der wissen-schaftlichen Forschung und anwendungsnahen FuE – gemessen an gemeinsamen Publikationen bzw. Patenten (zwischen 2003 und 2012)
Quelle: OECD Science, Technology and Industry Scoreboard 2015, eigene Darstellung Prognos AG 2016
Obige Abbildung wirft ein Schlaglicht auf die internationalen Ko-
operationsstrukturen der Vergleichsländer und gibt Hinweise auf
die Offenheit und Attraktivität der Staaten als Forschungspartner
für das Ausland. Zum einen zeigt die Abbildung den Anteil der in-
ternationalen Ko-Publikationen an den jeweiligen wissenschaftli-
chen Gesamtpublikationen der jeweiligen Länder (horizontale
Achse). Zum anderen ist der Anteil internationaler Ko-Patente dar-
gestellt (vertikale Achse), wobei diese als transnationale Patentan-
meldungen definiert sind, bei denen mindestens ein Ko-Erfinder
aus dem Ausland stammt. Insgesamt kann festgestellt werden,
dass die Internationalisierung von FuE-Aktivitäten bereits heute
weit fortgeschritten ist. Mit Blick auf die Vergleichsländer wird deut-
lich, dass der Anteil an wissenschaftlichen Publikationen, die mit
ausländischer Beteiligung stattfinden, in den kleinen Volkswirt-
schaften Schweiz, Schweden und Niederlande besonders hoch ist.
Hingegen sind die internationalen Kooperationsstrukturen in
China, Japan und den USA durch einen deutlich geringeren Anteil
10 Schasse, U.; Leidmann, M. (2015): Forschung und Entwicklung in Staat und Wirtschaft – Kurzstudie 2015, Studien zum
deutschen Innovationssystem, Berlin: EFI, S. 10.
Schweiz
China
Deutschland
Frankreich
Großbritannien
Japan
Niederlande
Schweden
USA
0
10
20
30
0 10 20 30 40 50 60
Internationale Ko-Patente (%)
Internationale Ko-Publikationen (%)
13
an Publikationen mit ausländischer Beteiligung geprägt. Deutsch-
land ist durch einen vergleichsweise weniger hohen Anteil interna-
tionaler Zusammenarbeit in der wissenschaftlichen Forschung ge-
kennzeichnet. Während in der Schweiz fast jedes vierte Patent un-
ter Beteiligung ausländischer Partner angemeldet wird, variiert der
Anteil internationaler Ko-Patente bei den übrigen Staaten zwi-
schen rund 7 % in den USA und 14 % in Großbritannien. Aus-
nahme bildet Japan: das Land ist mit einem Anteil der internationa-
len Ko-Patente in Höhe von nur 1,3 % durch eine sehr geringe in-
ternationale Kooperationsintensität geprägt.
Um die Inwärts- und Auswärtsmobilität von Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern abzubilden, die in offiziellen Statistiken nicht
erfasst sind, kann auf verschiedene Hilfsindikatoren zurückgegrif-
fen werden. Die OECD nutzt hierfür Daten der Publikationsdaten-
bank Scopus Custom Data (von Elsevier), in welcher u. a. die Insti-
tutszugehörigkeit von publizierenden Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern erfasst ist. Auf dieser Basis kann untersucht wer-
den, ob wissenschaftliche Autoren ggf. im Zeitverlauf länderüber-
greifende Standortwechsel vornehmen. Wie untenstehende Abbil-
dung zeigt, wird eine Unterscheidung von immobilen und mobilen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vorgenommen, wobei
letztere Gruppe in Neuankommende, Rückkehrende und Abwan-
dernde untergliedert ist.
Abbildung 6: Internationale Mobilität publizierender Wissen-schaftler, 2013 (nach letzter Hauptzugehörigkeit)
Quelle: OECD Science, Technology and Industry Scoreboard 2015, eigene Darstellung Prognos AG 2016
-20
0
20
40
60
80
100
% Neuankommende Rückkehrende Immobile Wissenschaflter Abwanderung
14
Obige Abbildung veranschaulicht, dass Schweizer Autoren im in-
ternationalen Vergleich durch die höchsten Mobilitätsraten gekenn-
zeichnet sind – und dies sowohl hinsichtlich der Inwärts- als auch
der Auswärtsmobilität. Wissenschaftler/-innen aus China und Ja-
pan sind hingegen sehr immobil. Mit Blick auf den Anteil mobiler
Autoren belegt Deutschland einen Platz im Mittelfeld. In ihrem Jah-
resgutachten 2014 nimmt die Expertenkommission für Forschung
und Innovation engen Bezug zum Untersuchungsansatz der
OECD – hier zur 2013 erschienenen OECD-Studie Researchers
on the move – und arbeitet für Deutschland auf Basis einer aus-
führlichen Untersuchung folgende zentrale Befunde heraus:11
„Deutschland verliert viele der besten Wissenschaftler durch
Abwanderung. Zwar gibt es Rückkehrer, jedoch können nicht
Wissenschaftler gleicher Qualität zurückgewonnen werden.
Gut gelingt in Deutschland allerdings die Aufbesserung des
Wissenspools über neu zuwandernde Wissenschaftler mit ver-
gleichsweise hohem „Impact“ (Zahl an Zitationen), von denen
aber die Besten nicht gehalten werden können. Es können
also nur wenige der wirklich guten Wissenschaftler in Deutsch-
land gehalten oder zurückgeholt werden. Insbesondere für die
Besten scheint das deutsche Forschungssystem derzeit nicht
attraktiv genug zu sein.“12
Darüber hinaus nimmt das EFI-Gutachten 2014 die internationale
Mobilität von patentaktiven Erfinderinnen und Erfindern in den
Blick und greift im Rahmen der vorgenommenen Analyse insbe-
sondere auf eine Studie der World Intellectual Property Organiza-
tion (WIPO) aus 2013 zurück. Die Expertenkommission kommt in
diesem Zusammenhang für den Forschungs- und Innovations-
standort Deutschland zu folgendem Ergebnis:
„Patentaktive Erfinder aus Deutschland weisen eine im interna-
tionalen Vergleich mäßige und leicht sinkende Abwanderungs-
rate auf. Gleichzeitig liegt die Zuwanderung nach Deutschland
im internationalen Vergleich allenfalls im Mittelfeld. Dabei gibt
es systematische Unterschiede in den Mobilitätsmustern unter-
schiedlicher Branchen. Internationale Erfindermobilität ver-
stärkt dabei das bestehende FuE-Spezialisierungsprofil
Deutschlands: Technologiefelder, in denen Deutschland stark
ist, verzeichnen eher niedrige Abwanderungsraten und Tech-
nologiefelder, in denen Deutschland schwach ist, eher hohe
Abwanderungsraten.“13
11 Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) (Hrsg.) (2014): Gutachten zu Forschung, Innovation und technolo-
gischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2014, EFI, Berlin, hier Kapitel B 2 „Internationale Mobilität von Wissenschaftlern
und Erfindern und deren Auswirkungen auf Innovation“, S. 85ff. 12 Ebd., S. 85 13 Ebd., S. 85
15
Als ein Indikator zur Bewertung der internationalen Vernetzung
des Unternehmenssektors kann der Anteil der Unternehmen, die
mit ausländischen Partnern gemeinsame FuE-Projekte durchfüh-
ren, an allen Unternehmen eines Landes herangezogen werden.14
Wie die nachfolgende Abbildung verdeutlicht, zeigen sich im Hin-
blick auf internationale FuE-Kooperationen sowohl zwischen den
Vergleichsländern als auch zwischen Unternehmensgrößenklas-
sen enorme Unterschiede. Als ein ernüchterndes Ergebnis ist fest-
zuhalten, dass sowohl Großunternehmen als auch kleine und mitt-
lere Unternehmen aus Deutschland in der Gruppe der Vergleichs-
länder das Schlusslicht bilden. Vor allem kooperiert mit gerade ein-
mal 5 % nur ein sehr kleiner Teil des innovativen Mittelstands in
Deutschland im Rahmen von Innovationsvorhaben mit Partnern im
Ausland. Bei den deutschen Großunternehmen beträgt der ent-
sprechende Anteil 23 % und ist damit gerade einmal halb so groß
wie in Schweden (rund 50 %) und auch deutlich geringer als in
Großbritannien, den Niederlanden und Frankreich, wo der Anteil
international kooperierender Großunternehmen bei jeweils knapp
40 % liegt.
Abbildung 7: Anteil der Unternehmen, die international bei Inno-vationen kooperieren (2010-12)
Quelle: OECD Science, Technology and Industry Scoreboard 2015, eigene Darstellung Prognos AG 2016
14 Für eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Motiven der Internationalisierung von Forschung und Entwicklung aus
Unternehmenssicht – genauer von multinationalen Unternehmen – sei auf Belitz (2012 und 2014) verwiesen.
50,1
39,4 38,937,9
24,623,0
20,7
24,0
16,014,0
7,45,3
0
10
20
30
40
50
60
Schweden Großbritannien Niederlande Frankreich Japan Deutschland
% Großunternehmen KMU
16
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Internationalisie-
rung von Forschung und Entwicklung längst ein Fakt ist, d. h. Ak-
teure in Wissenschaft und Wirtschaft sind im Hinblick auf ihre For-
schungsaktivitäten bereits stark international eingebunden. Im in-
ternationalen Vergleich zählt Deutschland seit vielen Jahren zu
den Ländern mit einer besonders hohen FuE-Intensität und er-
reicht nahezu das Ziel, die gesamtwirtschaftlichen FuE-Investitio-
nen auf drei Prozent des BIP zu erhöhen. Mit Blick auf die ausge-
wählten Indikatoren zum Vergleich des Grads der internationalen
Mobilität und Vernetzung ist allerdings festzustellen, dass
Deutschland unter vielen Aspekten lediglich eine Position im Mit-
telfeld belegt. Hinsichtlich des Anteils der im Rahmen von FuE-
Projekten international kooperierenden Unternehmen schneiden
deutsche Unternehmen im Vergleich zu ihren Wettbewerbern im
Ausland besonders schlecht ab.
17
4 Strategien und Instrumente der
Internationalisierung
Das nachfolgende Kapitel beleuchtet die politischen Strategien
und Instrumente zur Steigerung der Internationalisierung, die in
Deutschland und den sechs tiefergehend betrachteten Vergleichs-
ländern existent sind. Ausgehend von einer kurzen Darstellung
des Status quo und aktueller Entwicklungen in Deutschland wer-
den die Internationalisierungsaktivitäten der Vergleichsländer her-
ausgestellt. Hier zeigt sich, dass ein Großteil der Länder über
keine explizite Internationalisierungsstrategie verfügt. Vielmehr
werden zentrale Aspekte der Internationalisierung im Rahmen nati-
onaler Innovationsstrategien ausgeführt. Abschließend werden die
verschiedenen Instrumente der Internationalisierung schematisch
fünf Kategorien zugeordnet.
4.1 Politische Strategien in Deutschland und den
Vergleichsländern
Der Fokus der Studie liegt auf der Herausarbeitung politisch beein-
flussbarer Strategien und Instrumente Deutschlands und der Ver-
gleichsländer, die auf eine Steigerung grenzüberschreitender Mo-
bilität und Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft abzielen.
Eine Internationalisierungsstrategie der Wissenschafts- und For-
schungspolitik ist definiert als „ein explizites Konzept, das vor dem
Hintergrund definierter Problemlagen miteinander abgestimmte
Maßnahmen enthält, um klar definierte Ziele der Internationalisie-
rung des eigenen Innovationssystems zu erreichen. Diese Ziele
beziehen sich auf die Erhöhung der Attraktivität des eigenen Inno-
vationssystems sowie der Verbesserung der Absorptionsfähigkeit
und -neigung der Akteure aus Wissenschaft und Industrie“.15
Bereits im Jahr 2008 hat die deutsche Bundesregierung eine
ressortübergreifend abgestimmte Strategie zur Internationalisie-
rung von Wissenschaft und Forschung vorgelegt. Sie bildet seither
die Grundlage des internationalen Handelns der Bundesregierung
im Bereich Wissenschaft und Forschung. Die unter Federführung
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erar-
beitete Internationalisierungsstrategie präzisiert die Ziele, Schwer-
punktsetzungen und Instrumente in diesem Politikfeld.16 Die vier
prioritären Ziele der Internationalisierungsstrategie sind:
15 Fraunhofer ISI und Technopolis Group (2001), S. 8. 16 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2008): Deutschlands Rolle in der globalen Wissensgesellschaft stärken.
Strategie der Bundesregierung zur Internationalisierung von Wissenschaft und Forschung.
18
wissenschaftliche Exzellenz durch internationale Forschungs-
zusammenarbeit;
Innovationspotenziale international erschließen;
Stärkung der Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwel-
lenländern;
internationale Verantwortung übernehmen und einen Beitrag
zur Bewältigung globaler Herausforderungen leisten.
Der Aktionsplan Internationale Kooperation stellt das bisher mit
dieser Strategie Erreichte dar.17 Die Bestandsaufnahme umfasst
u. a. die vielfältigen Aktivitäten der deutschen Forschungsorgani-
sationen sowie die Darstellung konkreter Maßnahmen und soge-
nannter Leuchttürme. Trotz der bereits erzielten Erfolge werden im
Aktionsplan Anpassungen herausgearbeitet, mit denen eine neue
Qualität der internationalen Zusammenarbeit im FuI-Bereich er-
reicht werden soll. Die Schwerpunkte hierbei sind:
weitere Stärkung der Mobilität von Auszubildenden, Studieren-
den und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sowohl
nach Deutschland als auch aus dem Land heraus, d. h. eine
bessere Vernetzung sowohl national als auch international;
Abbau von Hindernissen in der internationalen Zusammenar-
beit;
einfachere Gestaltung von Kooperationen und Förderverfah-
ren;
stärkere weltweite Fokussierung auf Qualität und Exzellenz in
der internationalen Zusammenarbeit und
bessere Überprüfung, inwiefern internationale Kooperationen
die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Wis-
senschaft auch wirklich stärken.
Internationalisierung ist ebenfalls ein wichtiger Aspekt in der neuen
Hightech-Strategie.18 Im aktuellen Bundesbericht Forschung und
Innovation 2016 werden die inhaltlichen und regionalen Schwer-
punkte der Internationalisierungsaktivitäten der Bundesregierung
dargelegt.19 Eine Neuauflage der deutschen Internationalisie-
rungsstrategie für Forschung und Innovation ist in Vorbereitung,
d. h. die Strategie wird aktuell unter Berücksichtigung der Verän-
derungen der letzten Jahre (z. B. im Europäischen Forschungs-
raum und im Bereich internationaler Berufsbildungskooperationen)
unter Federführung des BMBF weiterentwickelt.
17 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2014b): Internationale Kooperation. Aktionsplan des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung. 18 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2014a): Die neue Hightech-Strategie. Innovationen für Deutschland. 19 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2016): Bundesbericht Forschung und Innovation 2016.
19
Nachfolgend werden die zentralen Strategiedokumente, Schwer-
punkte und aktuellen Entwicklungen in den sechs Vergleichslän-
dern in knapper Form aufgeführt. Als relevante Strategiedoku-
mente wurden sowohl nationale Innovationsstrategien als auch ex-
plizite Internationalisierungsstrategien im FuI-Bereich identifiziert.
Die untenstehende Abbildung zeigt, dass nur in der Schweiz und
im Vereinigten Königreich übergeordnete Internationalisierungs-
strategien wie in Deutschland vorliegen. Internationalisierungsas-
pekte werden jedoch in allen Vergleichsländern in direkter und in-
direkter Form im Rahmen der nationalen Forschungs- und Innova-
tionsstrategien angesprochen.
Abbildung 8: Politische Strategien der Internationalisierung des Innovationssystems
Quelle: Eigene Recherchen, Prognos AG 2016
Die Schweiz ist im FuI-Bereich kompetitiv aufgestellt.20 Die natio-
nale Innovationsstrategie ist aktuell für den Zeitraum 2017-2020
fortgeschrieben worden.21 Die Schweiz verfügt ferner über eine
ausdifferenzierte internationale Strategie im Bereich Bildung, For-
schung und Innovation aus dem Jahr 2010. Die Vision ist klar for-
muliert: „Die Schweiz etabliert sich global als nachgefragter und
20 Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (2016a): Bericht Forschung und Innovation in der Schweiz 2016.
Siehe insbesondere Kapitel Teil B: Die Schweizer Forschung und Innovation im internationalen Vergleich, S. 61-120. 21 Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (2016b): Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung
und Innovation in den Jahren 2017-2020.
Deutschland
Schweiz
UK
Frankreich
Schweden
USA
Niederlande
Japan
China
Die neue Hightech-Strategie (2014)
Botschaft über die Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (2012 und 2016)
Our plan for growth: science and innovation (2014)
Stratégie nationale de recherche (France Europe 2020) (2015)
The Swedish Innovation Strategy (2012)
A strategy for American Innovation (2015)
Top Sector Approach (2011) / 2025 Vision for Science – choices for the future (2014)
5th Science and Technology Basic Plan (2016)
National Medium- and Long-Term Program for Science and Technology Development (2006)
Internationalisierungsstrategie (2008)
Internationale Strategie im Bereich Bildung, Forschung und Innovation (2010)
A strategy for international engagement in research and development (2006)
--- Nicht vorhanden ---
--- Nicht vorhanden ---
--- Nicht vorhanden ---
--- Nicht vorhanden ---
--- Nicht vorhanden ---
--- Nicht vorhanden ---
Internationalisierung als Bestandteil
nationaler Forschungs- und Innovationsstrategien
Übergeordnete
Internationalisierungsstrategie im Bereich Forschung und Innovation
Vergleichs-länder
20
bevorzugter Standort für die Bereiche Bildung, Forschung und In-
novation und nutzt ihre Exzellenz in diesen Bereichen für die In-
tegration in den weltweiten Bildungs-, Forschungs- und Innovati-
onsraum. Sie behauptet sich so an der Spitze der innovativsten
Länder der Welt“.22 Im Ländervergleich sticht die Schweizer Stra-
tegie mit Blick auf die Benennung und Präzisierung konkreter Ziel-
stellungen und hinterlegter Instrumente heraus. Drei Prioritäten
werden benannt: (1) Stärken und Erweitern der internationalen
Vernetzung; (2) Unterstützen von Bildungsexport und Talentimport
zur Stärkung des Standorts und (3) Fördern der internationalen
Anerkennung. Die Internationalisierungsaktivitäten werden feder-
führend vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innova-
tion (SBFI) begleitet. Die großen Förderorganisationen wie der
Schweizer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen
Forschung (SNSF)23 und die Kommission für Technologie und In-
novation (KTI)24 verfügen über eigene Strategien und Programme
der international ausgerichteten Forschungs- und Innovationsför-
derung. Eine gewisse Unsicherheit besteht dahingehend, ob die
Schweiz ab dem kommenden Jahr weiter als assoziierter Partner
oder als Drittstaat an der EU-Forschungsförderung partizipieren
kann.
Das Vereinigte Königreich hat bereits 2006 eine eigenständige
Internationalisierungsstrategie vorgelegt.25 Die Nachfolgeregierun-
gen haben die explizite Strategie jedoch nicht fortgeschrieben.
Vielmehr wird in der nationalen Innovationsstrategie Our plan for
growth aus dem Jahr 2014 der Internationalisierungsaspekt her-
vorgehoben. Drei Charakteristika des britischen Ansatzes lassen
sich nach Experteneinschätzung wie folgt festhalten: Erstens liegt
der Fokus stark auf internationaler Markterschließung und Export
und weniger auf der Outward-Mobilität von FuE, zweitens gilt das
„Nichtdiskriminierungsgebot“, d. h. bei der Förderung wird nur auf
die Qualität der Anträge und weniger auf die Nationalität geachtet
und drittens wird ein regionaler Schwerpunkt auf die Entwicklungs-
und Schwellenländer gelegt. Folglich stechen Instrumente an der
Schnittstelle von FuE-Politik und Entwicklungszusammenarbeit in
UK hervor. Im Vereinigten Königreich sind die Themen For-
schungsförderung und Innovation beim Wirtschaftsministerium an-
gesiedelt. Der langfristige ökonomische Nutzen einer Internationa-
lisierung der nationalen Forschungslandschaft ist nach Experten-
meinung ein Aspekt, der aktuell auf politischer Ebene diskutiert
22 Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (2010): Internationale Strategie der Schweiz im Bereich Bildung,
Forschung und Innovation, S. 16. 23 Für eine Übersicht der internationalen Aktivitäten und Instrumente siehe SNF: http://www.snf.ch/SiteCollection-
Documents/int_international%20strategy_2012.pdf 24 Die KTI wird perspektivisch noch internationaler aufgestellt. Bereits jetzt unterhält sie beispielsweise eine grenzüber-
schreitende Innovationszusammenarbeit mit Südkorea. Ab 2017 wird die KTI in „InnoSwiss“ umbenannt. 25 UK Global Science and Innovation Forum (2006): A strategy for international engagement in research and development.
21
wird. Wichtige Förderorganisationen sind die akademisch ausge-
richteten Research Councils und Akademien sowie die wirtschafts-
nahe Organisation Innovate UK.
In Schweden liegt keine übergeordnete Internationalisierungsstra-
tegie vor. In der nationalen Innovationsstrategie The Swedish In-
novation Strategy wird die internationale Ausrichtung indirekt deut-
lich, jedoch nicht in einem eigenständigen Kapitel behandelt.
Nichtsdestotrotz ist das Land stark international eingebunden. Be-
sonders die enge Verflechtung mit den skandinavischen Nachbar-
staaten wird ausgebaut mit dem Ziel, einen übergreifenden nordi-
schen Forschungsraum zu schaffen. Kennzeichnend für Schwe-
den sind vergleichsweise kleine Ministerien und stark aufgestellte
nachgelagerte Institutionen. So verfügen beispielsweise der
Schwedische Wissenschaftsrat und Vinnova, die Innovationsagen-
tur Schwedens, über eigene Internationalisierungsstrategien. Die
Swedish Foundation for International Cooperation in Research and
Higher Education (STINT) ist im Bereich der Internationalisierung
der schwedischen Hochschulbildung und -forschung aktiv.
Die Niederlande verfügen aufgrund des eher Bottom-up ausge-
richteten politischen Systems über keine Internationalisierungs-
strategie auf nationaler Ebene. Mit Strategieprozessen wie dem
Top Sector Approach und der Forschungsstrategie Vision 2025
wird jedoch auch ein verstärkter Steuerungsanspruch auf nationa-
ler Ebene deutlich. In der gerade laufenden Dutch Research
Agenda werden jedoch mittels offener Beteiligung aller Stakehol-
der, insbesondere der Bürger, die wichtigsten Forschungsthemen
der Zukunft definiert. Die Akteure des Wissenschafts- und For-
schungssystems sind stark international eingebunden. Hierzu zäh-
len die Netherlands Organisation for Scientific Research (NWO)
und die Netherlands Enterprise Agency (RVO.nl). Letztere fungiert
als Projektträger im Innovationsbereich. Die Niederlande sind ein
wichtiger Forschungsstandort für multinationale Unternehmen.
Eine aktuelle Studie des Rathenau Instituut zeigt jedoch, dass seit
2007 in den Niederlanden eine Trendumkehr der Incoming- und
Outgoing-Bilanz von FuE-Investitionen stattgefunden hat. Mittler-
weile fließen mehr FuE-Investitionen niederländischer Unterneh-
men ins Ausland als von ausländischen Unternehmen in den Nie-
derlanden getätigt werden.26
In den Vereinigten Staaten existiert kein Forschungs- oder Wis-
senschaftsministerium, wie es in den europäischen Volkswirtschaf-
ten die Regel ist. Der Staat sieht seine Kernaufgabe in der Schaf-
fung und Aufrechterhaltung relevanter Rahmenbedingungen (z. B.
Steuern, Breitband, Arbeitskräftepotenzial). Die Forschungsförde-
rung ist daher Aufgabe der einzelnen Ressorts. Wichtigster Finan-
cier von FuE ist das Ministry of Defence. Darüber hinaus sind die
26 Rathenau Instituut (2015): R&D goes global: Policy implications for the Netherlands as a knowledge region in a global
perspective, S. 33.
22
National Science Foundation (NSF) und die National Institutes of
Health (NIH) die wichtigsten Förderer der wissenschaftlichen For-
schung. Unter der Obama-Administration wurde mit der Strategy
for American Innovation seit 2009 eine nationale Innovationsstrate-
gie formuliert. Diese ist jedoch ebenfalls nicht mit ihren europäi-
schen Entsprechungen vergleichbar. Besonders die Betonung in-
novationsfördernder Rahmenbedingungen steht im Vordergrund.
Das Wissenschaftssystem der USA ist hoch internationalisiert, ins-
besondere übt es für ausländische Wissenschaftler/-innen eine
hohe Attraktivität aus. Die Internationalisierung des Wissenschafts-
und Forschungssystems ist für die USA allerdings kein strategi-
sches Ziel.
Die Öffnung Chinas hat in den vergangenen Jahren ganz maß-
geblich zum starken Anstieg der weltweiten Internationalisierungs-
aktivitäten beigetragen. In China steht die Internationalisierung
hoch auf der politischen Agenda. Dies wird ebenfalls im National
Medium- and Long-Term Program for Science and Technology
Development betont. China verfügt zwar über keine direkte Inter-
nationalisierungsstrategie „in Papierform“ – wie es ein Inter-
viewpartner ausdrückt – jedoch ist mit Blick auf die Entwicklung
der vergangenen Dekaden eine stufenweise Intensivierung der in-
ternationalen Vernetzung und Mobilität erkennbar. In der ersten
Phase beschränkte sich China auf das persönliche Kennenlernen,
z. B. durch die Entsendung chinesischer Studierender nach Eu-
ropa und die USA. Im nächsten Schritt wurden verstärkt ausländi-
sche Wissenschaftler/-innen nach China eingeladen. Als dritte
Stufe folgte der Aufbau einer Wissenschaftsinfrastruktur. Ab den
2000er Jahren sieht China sich nun als Kooperationspartner auf
Augenhöhe. In der aktuellen Phase gilt es zu beobachten, inwie-
weit China es schafft, eigenständig Innovationen zu kreieren und
beide Seiten Vorteile aus einer verstärkten Kooperation ziehen
können. Wichtige Organisationen des Wissenschaftssystems wie
die National Natural Science Foundation of China (NSFC) oder die
Chinese Academy of Science (CAS) öffnen sich zunehmend inter-
nationalen Aktivitäten. Dabei wird aktiv versucht, bewährte und
praktikable Lösungen aus anderen Ländern gezielt zu adaptieren.
So werden im Zuge der aktuellen Neujustierung des chinesischen
Innovationssystems weltweit interessante und passgenaue Instru-
mente analysiert, die in China implementiert werden können.
Die oben skizzierte Darstellung zeigt die Vielfalt der strategischen
Ansätze der Internationalisierung von Forschung und Innovation in
den Vergleichsländern auf. Im Rahmen der Expertengespräche
wurde mehrfach betont, dass sich die landesspezifischen Heran-
gehensweisen an den allgemeinen politischen Systembedingun-
gen orientieren. So spiegelt die deutsche Internationalisierungs-
strategie das komplexe Zusammenspiel von Top-down und But-
tom-up Ansätzen wider. Dagegen existiert z. B. in den Niederlan-
den keine nationale Strategie, jedoch verfügen die zentralen Ak-
23
teure wie Hochschulen und Förderorganisationen jeweils über ei-
gene strategische Ansätze. Das Nichtvorhandensein einer nationa-
len Strategie ist kein Indiz dafür, dass Internationalisierung nicht
strategisch angegangen wird. Vielmehr ist es Ausdruck einer stär-
keren Bottom-up geprägten politischen Kultur, welche die Eigen-
verantwortung der Akteure in den Mittelpunkt rückt.
Im Anhang finden sich Links zu den Strategiedokumenten, eine
Übersicht der relevanten Akteure und Verweise auf weitergehende
Informationen zu den betrachteten Volkswirtschaften.
4.2 Kategorisierung der Internationalisierungsinstrumente
In Deutschland und den betrachteten Vergleichsländern besteht
eine Vielzahl konkreter Instrumente, die von staatlicher Seite zur
Steigerung der Internationalisierung des Innovationssystems im-
plementiert sind. Die Internationalisierungsinstrumente reichen von
international ausgerichteten Beratungsaktivitäten, über transnatio-
nale FuE-Projekte bis hin zu zielgruppenspezifischen Mobilitäts-
maßnahmen.
Schematisch lassen sich die einzelnen Maßnahmen fünf Katego-
rien zuordnen. Die Kategorisierung basiert auf einer Systematik
des Internationalen Büros des DLR Projektträgers, welche im
Laufe der Studie ergänzt und weiter ausdifferenziert wurde.27 Die
stark auf den Wissenschafts- und Forschungsbereich ausgerich-
tete Systematik wurde insbesondere um Internationalisierungsbe-
strebungen des FuE-Bereichs der Wirtschaft, Gründer/-innen bzw.
Start-ups sowie Rahmenbedingungen erweitert. Die Eingruppie-
rung einzelner Instrumente ist ob ihres Querschnittscharakters
nicht immer trennscharf. Folgende fünf Säulen zur Kategorisie-
rung der Internationalisierungsinstrumente wurden definiert:
Strategien, Gremien, Abkommen, Querschnittsmaßnahmen;
Institutionen und Forschungsinfrastrukturen;
International ausgerichtete FuE-Projekte;
Inwärts- und Auswärts-Mobilität von Wirtschaft und Wissen-
schaft;
Analyse, Beratung und Information im In- und Ausland.
Die Instrumente sind jeweils in die spezifischen Rahmenbedin-
gungen der einzelnen Nationalstaaten eingebettet. Hierunter fal-
len beispielsweise:
27 DLR Projektträger (2015): Die Zusammenarbeit Deutschlands in Bildung und Forschung in Europa und mit der Welt –
Jahresbericht.
24
Bedingungen für Forschende und innovative Unternehmen aus
dem Ausland;
Arbeitsmarktzugänge für ausländische Absolventinnen und Ab-
solventen sowie Wissenschaftler/-innen;
Steuern für Investitionen und Gründungen;
Rechtsrahmen, z. B. Standardisierung, Datenschutz, geistiges
Eigentum, Patentierungen;
gesellschaftliche Bedingungen, z. B. Technologie- und Innova-
tionsaffinität, Gründergeist.
Abbildung 9: Kategorisierung einzelner Instrumente zur Stär-kung der Internationalisierung
Quelle: Erweitert und ergänzt auf Basis von DLR Projektträger (2015): Die Zusammenarbeit Deutschlands in Bildung und Forschung in Europa und mit der Welt, eigene Darstellung Prognos AG 2016
Bei den Recherchen hat sich gezeigt, dass alle untersuchten Staa-
ten die fünf Bereiche mit spezifischen Instrumenten zur Steigerung
der Internationalisierung abdecken. Große Lücken bzw. Unter-
schiede des Instrumenten-Portfolios zu Deutschland konnten in
den Vergleichsländern daher nicht identifiziert werden.
In der Wissenschaft
Attraktion von ausländischen
exzellenten Wissenschaftlern
Entsendung von Forschenden
an internat. Einrichtungen
Finanzierung Gastaufenthalte
Unterstützung internationaler
Workshops / Konferenzen
Rückkehrer-Programme
In der Wirtschaft
Attraktion von Gründern und
Wagniskapital
Internationale Rekrutierungs-
strategie; Gewinnung
ausländischer Absolventen
Internationalisierung von
Gründern und Start-ups
Attraktion ausländischer FuE-
Investitionen (FuE-Center)
Im Inland
Individuelle Beratung von
Wissenschaftseinrichtungen /
Forschenden
Beratung / Vorbereitung für
internat. FuE-Kooperationen
Im Ausland
Auslandsrepräsentanzen /
von Wissenschafts- und Mitt-
lerorganisationen
Informationen / Netzwerke vor
Ort (z.B. durch Botschaften)
Begleitende Maßnahmen
Studien, Empfehlungen und
Stellungnahmen
Internationales Technologie-
monitoring
Monitoring von Strategien und
Programmen anderer Länder
Strategien, Gremien,Abkommen, Quer-
schnittsmaßnahmen
Institutionen und Forschungs-
infrastrukturen
International ausgerichtete FuE-Projekte
Inwärts- / Auswärts-Mobilität Wirtschaft und Wissenschaft
Analyse, Beratung und Information im
In- und Ausland
Wissenschafts- und
Forschungsinstitutionen
Dauerhafte Einrichtung von
Institutionen im Ausland
Einrichtung von FuE-Centern /
Arbeitsgruppen (temporär)
Strategische Finanzierungs-
instrumente der Forschungs-
und Mittlerorganisationen
Internationale Graduierten-
schulen / Promotionskollegs
Forschungsinfra-
strukturen
Auf- und Ausbau von
wissenschaftlichen Infra-
strukturen / Großgeräten
Internationale Finanzierung
und Nutzung von For-
schungsinfrastrukturen
Etablierung von anwendungs-
orientierten FuE-Parks /
Innovation Hubs
Durchführung internat.
Forschungsprojekte
Einzel- / Verbundprojekte
(international zusammen-
gesetzt)
Förderung der Anbahnung
international ausgelegter FuE-
Projekte
Bilaterale Förderbekanntma-
chungen
Beteiligung an europäischen
Fördermaßnahmen
Öffnung der nationalen
FuE-Förderung
Internationalisierung
bestehender nationaler Pro-
gramme
Ermöglichung des Zugangs
für ausländische Partner an
nationalen Programmen
Internationalisierungs-
strategie
Ressort- und institutionen-
übergreifende Koordination
Unterlegt mit Zielen und
konkreten Maßnahmen
Zielgruppenspezifische
Strategieentwicklung
Gremien & Abkommen
Vertretung in internationalen
Gremien
Bi- und multilaterale
Abkommen und Memoranda
of Understanding
Querschnittsmaßnahmen
Werbung für den Studien-,
Forschungs- und Innovations-
standort
Preise für Forschung und
Unterstützungsmaßnahmen
* z.B. Attraktive Bedingungen für Forschende und innovative Unternehmen aus dem Ausland; Abbau Arbeitsmarkthemmnisse für ausländische Absolventen und
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler; Steuerliche Erleichterungen für Investitionen und Gründungen; Harmonisierung des Rechtsrahmens, z.B. für
Standardisierung, Datenschutz, geistiges Eigentum, Patentierungen; Gesellschaftliche Bedingungen, z.B. Technologie- und Innovationsaffinität, Gründergeist
Rahmenbedingungen*
25
5 Beispiele guter Praxis der Internationalisierung
des Innovationssystems
Deutschland verfügt bereits über ein ausdifferenziertes Portfolio an
(Politik-)Instrumenten, um die Internationalisierung des eigenen In-
novationssystems voranzubringen. Viele europäische und außer-
europäische Staaten orientieren sich bei der Einführung und An-
passung spezifischer Politikinstrumente am Beispiel Deutschlands.
Gleichwohl existieren auch in den Vergleichsstaaten potenziell
vielversprechende Ansätze, die für das deutsche Innovations-
system interessant sein können. Ziel der nachfolgenden Ausfüh-rungen ist es, einen ersten Impuls für eine nachgelagerte Diskus-
sion der Instrumente innerhalb der fünf Säulen zu legen. Mit der
Kategorisierung und Listung konkreter Instrumente aus dem Aus-
land wird eine erste Informationsbasis geschaffen, um eine tiefer-
gehende Diskussion des Potenzials der Ansätze für den Innovati-
onsstandort Deutschland anzuregen.
Anhand der oben herausgearbeiteten Kategorisierung der fünf In-
strumentengruppen zur Steigerung der Internationalisierung wer-
den nachfolgend zehn potenzielle Beispiele guter Praxis aus den
Vergleichsländern dargestellt (siehe für eine Übersicht Anhang 2).
Die Beispiele auf Ebene einzelner (Förder-)Maßnahmen wurden
von den Länderexpertinnen und -experten genannt und im Rah-
men der Desk Research tiefergehend betrachtet. Die schlaglichtar-
tige Auflistung der Instrumente ist nicht als vollumfänglich und ab-
schließend aufzufassen. Vielmehr gibt sie die subjektiven Meinun-
gen und Einschätzungen der befragten Expertinnen und Experten
wieder. Bei der Vielzahl der Länder und Maßnahmenbündel war es
nicht möglich, jede Einzelmaßnahme hinsichtlich Neuartigkeit, Not-
wendigkeit und Passgenauigkeit für den deutschen Kontext ab-
schließend zu bewerten.
Jede Instrumentengruppe wird überblicksartig in den deutschen
Kontext eingeordnet. Anschließend werden vielversprechende Bei-
spiele aufgeführt, die interessante Elemente aufweisen und mög-
licherweise auf das deutsche Innovationssystem übertragbar sind.
5.1 Strategien, Gremien, Abkommen, Querschnittsmaßnahmen
Deutschland ist im Bereich Strategien, Gremien, Abkommen und
Querschnittsmaßnahmen breit aufgestellt. So verfügt Deutschland
über eine explizite Internationalisierungsstrategie, arbeitet aktiv in
internationalen Gremien mit und hat eine Vielzahl von bi- und mul-
tilateralen Abkommen und Memoranda of Understanding mit aus-
gewählten internationalen Partnern im Wissenschafts-, For-
schungs- und Innovationsbereich geschlossen. Dies gilt auch für
26
einzelne Akteure im Innovationssystem, die sich im Hinblick auf In-
ternationalisierungsaktivitäten zum Teil untereinander abstimmen.
Zu nennen ist hier beispielsweise der Ausschuss zur Koordinie-
rung der Auslandsbeziehungen (AKA), in welchem die großen
deutschen Wissenschafts- und Forschungsförderorganisationen
vertreten sind.28 Darüber hinaus bestehen zahlreiche Quer-
schnittsmaßnahmen, die darauf abzielen, die internationale Visibili-
tät und Positionierung Deutschlands zu stärken und die Bildung
von strategischen Partnerschaften mit ausländischen Einrichtun-
gen zu unterstützen. So bewirbt die Initiative „Werbung für den In-
novationsstandort Deutschland“ seit 2006 mit der Marke „Rese-
arch in Germany – Land of Ideas“ den Forschungs-, Innovations-
und Bildungsstandort Deutschland. Vorrangiges Ziel der Initiative
ist es, den Forschungsstandort weltweit stärker in den Fokus zu
rücken. Hierfür werden u. a. als zentrale Aktivitäten Länder- und
Themenkampagnen konzipiert. Zudem finden seit 2007 die soge-
nannten Internationalen Wissenschaftsjahre statt mit dem Ziel, die
bereits etablierte internationale Zusammenarbeit mit ausgewählten
Partnerländern auszubauen und öffentlichkeitswirksam bekannt zu
machen.
Für den Bereich Strategie, Gremien, Abkommen und Querschnitts-
maßnahmen wurden von den Expertinnen und Experten keine
spezifischen Beispiele guter Praxis genannt. Vielmehr wurde in
den Gesprächen darauf hingewiesen, dass die Vergleichsländer
jeweils über ein ähnliches Set an Instrumenten verfügen und sich
gewisse Unterschiede lediglich im Detail zeigen.
5.2 Institutionen und Forschungsinfrastrukturen
Unter der Maßnahmenkategorie Institutionen und Forschungsinfra-
strukturen sind Instrumente der Internationalisierung zusammen-
gefasst, die tendenziell auf Langfristigkeit angelegt sind. Das be-
deutet, dass der Fokus hier auf Instrumenten zur institutionellen
Internationalisierung im Unterschied zur eher kurz- bis mittelfristi-
gen Förderung von international ausgerichteten FuE-Projekten
liegt. Mit Blick auf das deutsche Instrumentarium steht hierbei die
dauerhafte Einrichtung von Institutionen im Ausland seitens der
großen Wissenschaftsorganisationen im Vordergrund (z. B. Max-
Planck-Institute oder Fraunhofer Center). Im Hinblick auf die At-
traktion junger Wissenschaftler/-innen aus dem Ausland spielen
insbesondere internationale Graduiertenschulen/-kollegs als dau-
erhafte Einrichtungen eine bedeutende Rolle. Auf institutioneller
Ebene sind ferner strategische, interne Finanzierungsinstrumente
28 Der Ausschuss dient als Koordinationsgremium „dem informellen Austausch über aktuelle Entwicklungen der Auslands-
kooperationen, der Entwicklung gemeinsamer strategischer Überlegungen, der Abstimmung der Auslandsaktivitäten ein-
zelner und dem koordinierten Vorgehen aller Mitgliedsorganisationen und als Plattform für gemeinsame Initiativen (z. B.
European Charter for Researchers, Code of Conduct, etc.).“ Siehe https://www.humboldt-foundation.de/web/aka.html
27
der Forschungs- und Mittlerorganisation zu nennen, die in Teilen
auf den Anschub von Internationalisierungsaktivitäten gerichtet
sind, wie beispielsweise der Impuls- und Vernetzungsfonds der
Helmholtz-Gemeinschaft oder der Impuls- und Strategiefonds der
Leibniz-Gemeinschaft.29 Ein weiteres langfristig angelegtes und
strukturbildendes Instrument zur Stärkungen der Internationalisie-
rung stellt der Auf- und Ausbau von herausragenden Forschungs-
infrastrukturen und Großgeräten dar.
Tabelle 2: Institutionen und Forschungsinfrastrukturen
Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen
Strategic Grants for Internati-onalisation
Die Schwedische Stiftung für Internationale Kooperation (STINT) wurde 1994 mit dem Auftrag gegründet, Schwedens Forschung und Hochschulbildung nachhaltig zu internationalisieren. In die-sem Zusammenhang fördert STINT durch die Vergabe von strate-gischen Zuschüssen die Entwicklung bzw. Erneuerung von Inter-nationalisierungsstrategien an schwedischen Hochschulen. Die Förderung zielt auf die Hochschulleitung ab und unterstützt strategisch wichtige Internationalisierungsinitiativen.
STINT – The Swedish founda-tion for interna-tional cooperation in Research and Higher Education
SE
Forschungsinfrastrukturen
Schweizerischer Innovations-park
Im Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und Innova-tion (FIFG) sieht die Schweiz die Errichtung eines nationalen In-novationsparks vor. Ziel ist es, die übergreifenden nationalen In-teressen in den Bereichen Wettbewerbsfähigkeit, Ressourceneffi-zienz und nachhaltiger Entwicklung zu fördern und die Schweiz damit im internationalen Standortwettbewerb für private FuE-In-vestitionen besser zu positionieren. Dazu wurde im Frühjahr 2016 der Schweizerische Innovationspark als ein landesweites Forschungs- und Innovationsnetzwerk gegründet, das auf insge-samt fünf verschiedene regionale Standorte verteilt ist.
Swiss Innovation Park
SBFI - Schweize-rischer Innovati-onspark
CH
Quelle: Eigene Recherchen, Prognos AG 2016
Ein Großteil der deutschen Wissenschafts- und Forschungsinstitu-
tionen verfügt bereits über eigenständige Internationalisierungs-
strategien und -aktivitäten.30 Die Entwicklung bzw. Erneuerung
von strategischen Ansätzen auf institutioneller Ebene wird in den
Vergleichsländern teilweise explizit unterstützt. So hat die Schwe-
dische Stiftung für Internationale Kooperation (STINT) in einer ak-
tuellen Bekanntmachung aus dem Frühjahr 2016 die Vergabe von
strategischen Zuschüssen zur Entwicklung und Fortschreibung
von Internationalisierungsstrategien schwedischer Hochschulen
angekündigt.
Im Bereich der Forschungsinfrastrukturen ist neben den bereits
etablierten und stark internationalisierten Großforschungsinfra-
strukturen der geplante Schweizerische Innovationspark ein inte-
ressanter Ansatz, um durch den Aufbau langfristig angelegter For-
schungsinfrastrukturen vermehrt internationale FuE-Investitionen
von multinationalen Unternehmen (MNU) anzuziehen.
29 DLR Projektträger (2015), S. 31. 30 Edler, J. (Hrsg.) (2007): Internationalisierung der deutschen Forschungs- und Wissenschaftslandschaft.
28
Schweizerischer Innovationspark (1/10)
Mit dem Innovationspark werden zukünftig private FuE-Investitio-
nen in der Schweiz gesichert und ausgebaut. Der Ansatz zielt da-
rauf ab, die Schweiz für internationale FuE-Einheiten attraktiv zu
machen. Dafür werden fertig erschlossene Grundstücke und Ge-
schossflächen im direkten Umfeld der Hochschulen und Unterneh-
men seitens des Bundes bereitgestellt. Durch die Kombination von
öffentlicher und privater Spitzenforschung sowie unternehmeri-
scher Innovationstätigkeit soll die Wettbewerbsposition der
Schweiz gesichert werden. Neben zwei international herausragen-
den Hub-Standorten im Umfeld der Eidgenössischen Technischen
Hochschulen Zürich und Lausanne gibt es Netzwerkstandorte in
Aargau, in der Nordwestschweiz und in Biel. In Zürich entsteht der
Innovationspark auf dem Gelände des ehemaligen Militärflugha-
fens Dübendorf.
Insgesamt 18 Forschungs- und Innovationsthemen sind über die
Standorte verteilt. Hierzu zählen beispielsweise im Park Lausanne
Life Science, Computer Science, Advanced Manufacturing, Energy
Management oder Smart Building. Diese Schwerpunkte knüpfen
offenkundig an die bestehenden regionalen Forschungsstärken an.
Die jeweiligen Standorte setzen somit individuelle thematische
Schwerpunkte. Die Kompetenzen und Partner des Netzwerks wer-
den von den Kantonen, Hochschulen und der Privatwirtschaft fest-
gelegt. Es ist nicht bekannt, inwieweit beispielsweise seitens der
Kantone steuerliche Anreize gewährt werden. Der Bund definiert
lediglich die Rahmenbedingungen und spielt ansonsten nur eine
nachgeordnete Rolle bei der konkreten Ausgestaltung. Der Bund
stellt neben Grundstücken zusätzlich Bürgschaften von umgerech-
net mehr als 300 Mio. EUR bereit, um gemeinsam nutzbare For-
schungsinfrastrukturen (Geräte, Einrichtungen) vorzufinanzieren.
Dach des Schweizerischen Innovationspark ist die privatrechtliche
Stiftung Swiss Innovation Park. Insgesamt 19 Schweizer Unter-
nehmen und Wirtschaftsverbände (u. a. Roche, Novartis, UBS,
Swiss Re, Crédit Suisse) stellen die Finanzierung sicher.31 Der In-
novationspark soll alle Teile einer FuE-Wertschöpfungskette zu-
sammenführen. Im Unterschied zu den etablierten Technoparks
der Schweiz, welche primär Jungunternehmen aus der Region
Mietobjekte und zentrale Dienste zur Verfügung stellen, werden
mit dem Innovationspark insbesondere forschungsstarke und inter-
national aktive Unternehmen angesprochen:
„Die Zielgruppe eines Innovationsparks sind primär arrivierte,
international ausgerichtete Unternehmen, die wegen der Nähe
zur öffentlichen Forschung und einer starken privaten For-
schungs- und Entwicklungsbasis in der Schweiz sind oder an
einer längerfristigen Ansiedlung in der Schweiz interessiert
31 Siehe http://www.sbfi.admin.ch/themen/01367/02589/index.html?lang=de
29
sind. Sie generieren aus dem theoretischen Wissen der be-
nachbarten Forschungspartner marktreife Produkte oder entwi-
ckeln mit Hilfe der Forschungsakteure, die sie am Standort vor-
finden, Lösungen für Kundenprobleme. Daneben bieten diese
Unternehmen den Absolventinnen und Absolventen der Hoch-
schulen attraktive Ausbildungs- und Arbeitsplätze in ihrem Le-
bensumfeld an. Der Wettbewerb der an einem Innovationspark
entwickelten Innovationen ist fast immer global, ebenso wie
der potenzielle Markt der Produkte“.32
Neu ist an dem Ansatz, dass die Schweiz fertig erschlossene Flä-
chen im Umfeld bestehender Hochschulen und Unternehmen be-
reitstellt, um international für Forschungs- und Entwicklungseinhei-
ten attraktiv zu werden. Zusätzlich werden gemeinsam nutzbare
Forschungsinfrastrukturen und Technologieplattformen vorfinan-
ziert. Dadurch soll die Attraktivität für private FuE-Investitionen er-
höht und weitere private Forschungstätigkeiten in der Schweiz an-
gesiedelt werden. Die deutsche Förderinitiative „Forschungscam-
pus – öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“ zielt eben-
falls auf den Auf- und Ausbau gemeinsam nutzbarer Technologie-
plattformen ab. Im Unterschied zum Schweizer Ansatz sind diese
eher regional und weniger international ausgerichtet.
5.3 International ausgerichtete FuE-Projekte
Die Intensivierung internationaler FuE-Projekte wird in Deutsch-
land und den Vergleichsländern gezielt unterstützt. So werden die
Anbahnung und Durchführung von Projekten mit internationalen
Partnern gefördert, verstärkt internationale Quellen für die Finan-
zierung von Forschungsvorhaben genutzt und nationale FuE-Pro-
gramme für internationale Partner geöffnet. In Deutschland unter-
stützt beispielsweise das BMBF die Internationalisierung von Spit-
zenclustern, Zukunftsprojekten und vergleichbaren Netzwerken mit
dem Ziel, die Akteure dabei zu unterstützen, eine strategische Zu-
sammenarbeit mit führenden Innovationsregionen im Ausland mit
komplementären Kompetenzen auszubauen und zu intensivieren
und diese schließlich in konkrete Kooperationsprojekte zu überfüh-
ren. Darüber hinaus werden auf Basis von zwischenstaatlichen
Abkommen bzw. Vereinbarungen im Rahmen der Wissenschaft-
lich-Technologischen Zusammenarbeit (WTZ) bi- oder multilateral
angelegte, überwiegend anwendungsnahe FuE-Projekte gefördert.
Von herausragender Bedeutung ist zudem die Beteiligung deut-
scher Akteure am Europäischen Forschungsrahmenprogramm Ho-
32 Schweizerischer Bundesrat (2015): Botschaft zur Ausgestaltung und Unterstützung des Schweizerischen Innovations-
parks, S. 2948. In diesem Dokument finden sich umfangreiche Informationen zum Ansatz und der Ausgestaltung der
geplanten Innovationsparks.
30
rizon 2020. Für Forschende aus dem Ausland ist die Öffnung nati-
onaler Forschungsprogramme von besonderem Interesse. Bereits
jetzt können beispielsweise in Fachprogrammen des BMBF aus-
ländische Partner gefördert werden.
Tabelle 3: International ausgerichtete FuE-Projekte
Anbahnung und Durchführung
Encouraging European Re-search
Die Niederlande stellen einen Overhead für die Einwerbung von EU-Mitteln in Aussicht (Matching EU subsidies). Ziel ist es, die Beteiligung niederländischer Wissenschafts- und Forschungsein-richtungen an europäischen Forschungsprojekten (Horizon 2020) mit einem zusätzlichen Anreiz weiter zu unterstützen. Die Nieder-lande stellen ein jährliches Budget von 50 Mio. EUR bereit. Die Einrichtungen können so einen Teil ihrer tatsächlichen Kosten über den Overhead abdecken und müssen diese nicht mehr aus ihrem eigenen Haushalt bestreiten.
Ministry of OCW together with NWO
NL
EU planning grant in Horizon 2020
Das Instrument zielt darauf ab, die Beteiligung schwedischer Wis-senschaftseinrichtungen an europäischen und internationalen Forschungsvorhaben weiter zu erhöhen. Es werden Fördermittel bereitgestellt, die zur Vorbereitung eines Projektantrages im EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (Horizon 2020) genutzt werden können. Gefördert werden nur Projekte, die in den Tätigkeitsbereich von Forte fallen.
Schwedischer Wissenschaftsrat für Gesundheit, Arbeitsleben und Sozialwissen-schaften (FORTE)
SE
Initiation grants Internationalisierungsaktivitäten basieren i. d. R. auf langfristig an-gelegten Initiativen. In manchen Fällen sind jedoch kurzfristige Ak-tivitäten nötig, um strategisch wirksame Kooperationen entstehen zu lassen. STINT unterstützt daher Projekte zur kurzfristigen Kontaktanbahnung. Gefördert werden zwölfmonatige Kooperati-onsprojekte von schwedischen Universitäten, die einen Hauptpro-jektpartner außerhalb der EU beinhalten. Das Fördervolumen pro Projekt beläuft sich auf umgerechnet max. 15.000 EUR, wobei zu-sätzlich ein Overhead-Betrag zur Verfügung steht.
STINT – The Swedish founda-tion for interna-tional cooperation in Research and Higher Education
SE
Öffnung der nationalen FuE-Förderung
Money follows Researcher Das Verfahren „Money follows Researcher“ ermöglicht Wissen-schaftlern, die ins Ausland wechseln, bereits eingeworbene Projektmittel aus der laufenden Forschung auch an der neuen Einrichtung im Ausland weiterzuverwenden. Ziel ist es, die Kontinuität von Forschungsvorhanden bei Umsiedlung ins Aus-land zu erhöhen. Bei Übersiedlung nach Deutschland werden noch nicht begonnene Projekte i. d. R. von der Deutschen For-schungsgemeinschaft in Gänze weitergeführt.
Science Europe CH NL UK
Newton-Fund: building sci-ence and innovation capacity in partner countries
Der Newton-Fund wurde 2014 von der britischen Regierung mit dem Ziel eingerichtet, den Wohlstand und die ökonomische Ent-wicklung in über 15 Partnerländern weltweit zu fördern. Durch ge-zielte Innovations- und Forschungspartnerschaften sollen die re-gionale Entwicklung gefördert und Armut nachhaltig bekämpft werden. Neben der Förderung einzelner Personen und Institu-tionen werden auch Forschungsverbünde in den Partnerlän-dern unterstützt.
UK Department for Business, In-novation and Skills
UK
Grants der National Institutes of Health (NIH)
Die National Institutes of Health (NIH) ist die zentrale U.S. Agen-tur, die medizinische Forschungsprojekte finanziert und durch-führt. Die 27 Institute and Center der NIH leisten finanzielle Unter-stützung für Forschungsprojekte von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten. Ausländische Forschende können sich auf die Grants der NIH bewerben. Anträge ausländischer Organisationen werden wie Anträge von US-amerikanischen Organisationen behandelt.
National Institutes of Health (NIH)
US
Quelle: Eigene Recherchen, Prognos AG 2016
31
Im Bereich der Anbahnung und Durchführung international ausge-
richteter FuE-Projekte werden zwei potenziell interessante Maß-
nahmen aus dem Ausland näher dargestellt, da sie Elemente auf-
weisen, die so nicht in Deutschland vorliegen bzw. die in Deutsch-
land durch neue Förderbekanntmachungen aktuell umgesetzt wer-
den.
Encouraging European Research (2/10)
Die Niederlande stellen mit dem Programm Encouraging European
Research einen Overhead für die Einwerbung von EU-Mitteln be-
reit (Matching EU subsidies). Ziel ist es, die Beteiligung niederlän-
discher Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen an europäi-
schen Forschungsprojekten mit einem zusätzlichen Anreiz weiter
zu unterstützen. Hintergrund ist, dass oft die EU-Förderung nicht
ausreicht, um alle tatsächlichen Kosten der durchführenden Institu-
tionen zu decken (z. B. Gebäude, unterstützende Dienstleistun-
gen). Das Programm Encouraging European Research leistet da-
mit einen Beitrag, dass Wissenschafts- und Forschungsorganisati-
onen die direkten und indirekten Kosten decken können, die durch
EU-geförderte Projekte entstehen und diese nicht mehr aus ihrem
eigenen Haushalt bestreiten müssen. Dafür stellt die Regierung
ein jährliches Budget von 50 Mio. EUR bereit. Es ist geplant, dass
die Maßnahme über die gesamte Laufzeit von Horizon 2020 be-
steht. Am Ende eines jeden Jahres werden die Mittel von der
NWO ausgegeben. Die Höhe der Förderung ist ein fester Prozent-
satz der eingeworbenen Fördermittel aller niederländischen For-
schungs- und Wissenschaftsorganisationen, die an Horizon 2020
teilgenommen haben. In den Jahren 2015 und 2016 lag dieser
Projektsatz bei 9 % je eingeworbenem EU-Euro. Es ist geplant,
alle zwei Jahre den Prozentsatz zu evaluieren und falls notwendig
anzupassen.33
Nach Auskunft eines Interviewpartners wurde solch ein Instrument
in Deutschland bereits diskutiert, bisher jedoch als nicht praktika-
bel angesehen. Die Hürden für einen Antrag bei Horizon 2020 lä-
gen nicht im Fehlbetrag von tatsächlichen und erstatteten Kosten,
sondern vielmehr in der Komplexität und Überzeichnung des Pro-
gramms Horizon 2020. Inwieweit diese Diskussion bereits abge-
schlossen ist und ob sie bereits mit Blick auf die Intensivierung in-
ternational ausgerichteter FuE-Projekte geführt wurde, kann hier
nicht abschließend beurteilt werden.
33 Siehe http://www.nwo.nl/en/funding/our-funding-instruments/nwo/encouraging-european-research/encouraging-euro-
pean-research.html
32
EU planning grant in Horizon 2020 (3/10)
Der schwedische Wissenschaftsrat Forte (zuständig für Gesund-
heit, Arbeitsleben und Sozialwissenschaften) stellt mit der Maß-
nahme EU planning grant in Horizon 2020 Fördergelder bereit, die
zur Vorbereitung eines Projektantrages in Horizon 2020 genutzt
werden können.34 Ziel ist es, die Beteiligung schwedischer Wis-
senschaftseinrichtungen an europäischen und internationalen For-
schungsvorhaben weiter zu erhöhen. Die Maximalförderung be-
läuft sich im Teilbereich 1 „Wissenschaftsexzellenz“ auf umgerech-
net 5.000 EUR und in den Teilbereichen 2 und 3 (führende Rolle
der Industrie bzw. gesellschaftliche Herausforderungen) auf je-
weils 15.000 EUR. Die Förderung richtet sich an einzelne Wissen-
schaftler/-innen schwedischer Forschungseinrichtungen und Hoch-
schulen. Die Anträge müssen zwei Monate vor Ende des jeweili-
gen Horizon 2020 Calls gestellt werden. Neben dem Bereich Ge-
sundheit, Arbeitsleben und Sozialwissenschaften können in
Schweden u. a. auch in den Bereichen Energie, zivile Sicherheit
oder KMU ähnlich geartete Vorbereitungsmaßnahmen beantragt
werden.35
In Deutschland gab es bisher auf Bundesebene keine direkt geför-
derten Vorbereitungsmaßnahmen für einzelne potenzielle Antrag-
steller. Die Geistes- und Sozialwissenschaften sind in der EU-
Forschungsförderung unterrepräsentiert. In einer aktuellen Be-
kanntmachung vom April 2016 fördert das BMBF daher interdiszip-
linäre und internationale Forschungskooperationen zwischen Geis-
tes- und Naturwissenschaften, um vermehrt Projektpartner an ei-
nen erfolgsversprechenden EU-Antrag heranzuführen.36 Ziel der
Bekanntmachung ist es, auf nationaler Ebene interdisziplinäre
„Tandems“ zusammenzuführen, die sich an einer Ausschreibung
im Rahmen von Horizon 2020 beteiligen möchten. Diese bestehen
aus jeweils einem Akteur aus den Sozial-, Wirtschafts- oder Geis-
teswissenschaften und einem Akteur mit naturwissenschaftlichem
oder technischem Hintergrund. Die Förderdauer beträgt sechs Mo-
nate. Die Zuwendung beläuft sich auf maximal 50.000 EUR pro
Tandem. Dieses Instrument erscheint eine vielversprechende
Maßnahme, um interdisziplinäre und internationale FuE-Projekte
anzubahnen. Eine Übertragung auf weitere Bereiche gilt es abzu-
wägen.
Auf Landesebene gibt es ebenfalls ähnlich geartete Vorbereitungs-
maßnahmen für europäische Förderprojekte, beispielsweise in
Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus verfügt Deutschland über ein
ausdifferenziertes Paket an Unterstützungsmaßnahmen für die
Teilnahme an der EU-Forschungsförderung. Beispielsweise koor-
34 Siehe http://forte.se/en/proposal/eu-planning-grant-in-horizon-2020 35 Siehe http://www.vinnova.se/sv/EU-internationell-samverkan/Horisont-20201/Planeringsbidrag 36 Siehe https://www.bmbf.de/foerderungen/bekanntmachung-1174.html
33
diniert das EU-Büro des BMBF (DLR Projektträger) als Geschäfts-
stelle das Netzwerk der Nationalen Kontaktstellen in Deutschland
und bietet vielfältige Vorbereitungsseminare an.
Die Öffnung der nationalen FuE-Förderung für ausländische Part-
ner ist ein weiterer wichtiger Bereich, um internationale For-
schungsprojekte zu forcieren. Aus den in den Expertengesprächen
genannten Instrumenten werden zwei Ansätze detaillierter heraus-
gestellt, da sie möglicherweise innovative Elemente für das deut-
sche Innovationssystem beinhalten.
Money follows Researcher (4/10)
Die Initiative Money follows Researcher ist eine freiwillige Verein-
barung europäischer Wissenschaftsförderorganisationen. Das Pro-
gramm dient dem Ziel, einer „borderless science“ im europäischen
Forschungsraum näher zu kommen.37 In Deutschland beteiligt sich
die DFG an der Maßnahme. Daneben ist das Verfahren in der
Schweiz, Österreich, Dänemark, den Niederlanden und dem Verei-
nigten Königreich implementiert.
Das Verfahren Money follows Researcher ermöglicht ins Ausland
wechselnden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, bereits
eingeworbene Projektmittel auch an der neuen Einrichtung im Aus-
land weiterzuverwenden. Ziel ist es, die Kontinuität von For-
schungsvorhaben bei Umsiedlung ins Ausland zu erhöhen. Im
Falle der Schweiz ist eine Weiterführung des Projektes grundsätz-
lich mit allen Ländern möglich. Laufende Projekte müssen zum
Zeitpunkt der Übersiedlung noch mindestens sechs Monate Rest-
laufzeit aufweisen. Bereits bewilligte, aber noch nicht begonnene
Förderprojekte können für maximal ein Jahr im Partnerland weiter-
geführt werden. Bei Übersiedlung nach Deutschland werden noch
nicht begonnene Projekte i. d. R. von der DFG weitergeführt.
Bisher werden insbesondere individuelle Forschungsprojekte ge-
fördert. Überlegenswert ist, ob die Programmlogik auch stärker auf
Programme zur Karriereförderung oder auf Forschungsgeräte und
größere Sachinvestitionen ausgeweitet werden kann. Viele Argu-
mente sprechen dafür, dass die Internationalisierung von FuE-Akti-
vitäten nur ausgebaut werden kann, wenn die Finanzierung ähn-
lich mobil über nationale Grenzen hinweg ist wie die Personen und
Projektbeteiligten.
Ähnliche (Pilot-)Ansätze in der D-A-CH-Region sind die Money
follows Cooperation line (Forschende werden von Förderorganisa-
tionen anderer Länder gefördert) und das Lead Agency Verfahren
(Förderung gemeinsamer Forschungsprojekte in dem Land, wo
der Projektschwerpunkt liegt).
37 Siehe http://www.scienceeurope.org/uploads/PublicDocumentsAndSpeeches/SE_Crossborder_Collab_FIN_LR.pdf
34
Newton-Fund: building science and innovation capacity in
partner countries (5/10)
Die internationale FuE-Politik im Vereinigten Königreich ist stärker
als in Deutschland mit der Entwicklungspolitik verknüpft. Dies zeigt
sich beispielsweise in der im Jahr 2014 aufgelegten Maßnahme
Newton-Fund: building science and innovation capacity in partner
countries. Das Instrument fördert gezielte Forschungs- und Inno-
vationspartnerschaften mit aktuell 15 Partnerländern. Der Newton-
Fund unterstützt die wirtschaftliche Entwicklung in Schwellenlän-
dern durch die Förderung von Forschung und Innovation. Gleich-
zeitig stärkt er die britischen Beziehungen zu den geförderten
Staaten. Neben der Förderung einzelner Personen und Institutio-
nen werden auch konkrete Forschungsverbünde unterstützt. Die
Aktivitäten des Newton-Fund finden in enger Abstimmung mit loka-
len Regierungen und Förderern statt. Der Fonds ist in drei Berei-
chen aktiv:38
People: Verbesserung der Expertise, Fellowships und Mobili-
tätsförderung für Studierende und Forschende, gemeinsame
Zentren;
Research: Forschungskooperationen im Entwicklungsbereich;
Translation: bilaterale Innovationspartnerschaften.
Interessant ist, dass sowohl inländischen als auch ausländischen
Forschenden durch die Verknüpfung von Wirtschafts- und For-
schungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit neue Finanzie-
rungsquellen geboten werden. Durch die Erweiterung auf den au-
ßereuropäischen Raum können mittel- bis langfristig neue Quellen
zur FuE-Finanzierung entwickelt und die Abhängigkeit von der EU-
Forschungsfinanzierung reduziert werden. Zusätzlich verfolgt UK
ein langfristig ökonomisches Interesse, da eine Grundlage für eine
Zusammenarbeit auch in weiteren Politik- und Wirtschaftsberei-
chen gelegt wird.
Mit Blick auf die Öffnung von Fachprogrammen der nationalen For-
schungs- und Innovationsförderung konnten im Rahmen der Ex-
pertengespräche keine interessanten Ansätze identifiziert werden.
Vielmehr wurde in den Gesprächen die Problematik deutlich, wie
wichtig eine klare Begründung des jeweils nationalen Interesses
ist, wenn nationale Steuergelder als Forschungsförderung an aus-
ländische Partner fließen. Wichtige Voraussetzung für die Legitimi-
tät der Öffnung von Fachprogramme ist daher, den langfristig öko-
nomischen Nutzen für die eigene Volkswirtschaft fundiert darstel-
len zu können.
38 Siehe http://www.newtonfund.ac.uk
35
5.4 Inwärts- und Auswärts-Mobilität von Wirtschaft und
Wissenschaft
Die Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern,
Gründerinnen und Gründern sowie von FuE-Investitionen der Un-
ternehmen sind zentrale Bausteine der Internationalisierung natio-
naler Innovationssysteme. Beide Richtungen der Mobilität (In-
wärts- als auch Auswärts-Mobilität) werden nachfolgend betrach-
tet. In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Fördermaßnahmen
zur Steigerung der Mobilität von Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftlern. Der Deutsche Akademische Austauschdienst
(DAAD) und die Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) halten ein
breites Portfolio an länderübergreifenden Mobilitätsmaßnahmen
bereit. Während sich die Programme und Angebote des DAAD
vorrangig an Studierende und Graduierte richten, fokussiert die
AvH-Förderung Forschende aller Karrierestufen mit abgeschlosse-
ner Promotion.39 Hinsichtlich der Anziehung von FuE-Investitionen
ausländischer Firmen ist vor allem die Schaffung attraktiver Rah-
menbedingungen am Standort von zentraler Bedeutung (steuerli-
che Anreize, Forschungsexzellenz, Transferneigung, attraktive Ab-
satzmärkte etc.). Im Hinblick auf die Gewinnung von ausländi-
schen Fachkräften im FuE-Bereich der Unternehmen sind bei-
spielsweise die Programme und Unterstützungsangebote der
Fachkräfte-Offensive zu nennen.
Tabelle 4: Inwärts- und Auswärts-Mobilität von Wirtschaft und Wissenschaft
Wissenschaft
Mobility for Growth Das Mobility for Growth-Programm der schwedischen Innovation-sagentur Vinnova zielt im Kern darauf ab, die Karriereentwicklung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu unterstützen. Neben der Förderung der intersektoralen Mobilität, d. h. hier der Mobilität zwischen privatem und öffentlichem Sektor, steht die För-derung der transnationalen Inwärts- und Auswärtsmobilität im Mittelpunkt des Programms.
Vinnova, Swe-den's innovation agency
SE
Innovational Research Incen-tives Scheme (Veni, Vidi, Vici)
Das Programm zielt darauf ab, herausragende Forschende bei der Durchführung neuartiger Forschungsarbeiten zu unterstützen. Ziel ist es, durch unkonventionelle, aber vielversprechende For-schungsvorhaben eine besondere Innovationskultur in den Nie-derlanden dauerhaft zu festigen. Ausländische Wissenschaft-ler/-innen können sich explizit für die Förderung bewerben. Be-sonderer Wert wird auf die Attraktion junger Forschender gelegt.
The Netherlands Organisation for Scientific Re-search (NWO)
NL
Decisions Grants for interna-tional recruitment of leading researchers
Der Schwedische Wissenschaftsrat hat ein Programm eingerich-tet, das schwedische Hochschulen dabei unterstützen soll, aus-ländische Spitzenforscher zu rekrutieren, um so den For-schungsstandort zu stärken. Das Programm stellt schwedischen Wissenschaftseinrichtungen finanzielle Mittel zur Verfügung, um so eine dauerhafte Beschäftigung ausländischer Forschender zu ermöglichen. Erklärtes Ziel ist es, die Exzellenzforschung in Schweden verstärkt auszubauen. Die erfolgreichen Anträge der vergangenen Jahre weisen teilweise ein Fördervolumen von mehr als 10 Mio. EUR für eine Laufzeit von zehn Jahren auf.
VR – Schwe-discher Wissen-schaftsrat
SE
39 DLR Projektträger (2015), S. 35.
36
Recruitment Program of Foreign Experts (RPFE)
Das Recruitment Program of Foreign Experts (RPFE) ist ein Teilprogramm des “Recruitment Program of Global Experts” (1000 Talents Plan). Ziel ist es, mehr Experten nicht-chinesischer Her-kunft für mehrere Jahre nach China anzuziehen. Zielgruppen sind (1) Experten und Wissenschaftler mit einer Professur an einer aus-ländischen Universität oder Forschungseinrichtung, (2) For-schende oder Manager mit Senior-Position in der Industrie oder Finanzwirtschaft, (3) Unternehmer mit Patenten oder Schlüssel-technologien, unternehmerischer Erfahrung und Netzwerken.
State Administra-tion of Foreign Experts Affairs
CN
Rückkehrer-Ansatz Dies ist kein Instrument im engeren Sinn. China unternimmt An-strengungen sowohl Wissenschaftler/-innen an ausländischen Hochschulen als auch etablierte Manager in ausländischen Unter-nehmen zurück nach China zu holen, beispielsweise über finanzi-elle Anreize im Rahmen des „1000 Talents Plan“.
Nicht bekannt CN
Wirtschaft
Internationalisierungscamps für Startups
Mit den sogenannten Internationalisierungscamps bietet die Kom-mission für Technologie und Innovation (KTI) technologie- und wissenschaftsbasierten Jungunternehmen Unterstützung bei ihrer Internationalisierung an. In einem „Market Validation Camp“ haben Start-ups in einer frühen Entwicklungsphase die Möglichkeit, während eines zwei- bis vierwöchigen Aufenthalts im Zielland ihre Produkte und/oder Businessmodell zu testen und die Anforderungen der lokalen Innovationsökonomien kennenzuler-nen. Im Rahmen eines „Market Entry Camp“ erhalten reifere Start-ups während eines dreimonatigen Aufenthalts Unterstützung bei der Partner- und Kundenakquise und dem Aufbau von Netz-werken.
Kommission für Technologie und Innovation (KTI)
CH
Kickstart Accelerator Beim Kickstart Accelerator handelt es sich um ein internationales Summer Camp für Start-ups am Standort Zürich. Ziel der von der sogenannte Kick Foundation – einem Konsortium aus namhaf-ten privaten und öffentlichen Partnern – initiierten und in Koopera-tion mit DigitalZurich2025 umgesetzten Initiative ist es, vielver-sprechende Ideen aus dem Ausland in die Schweiz zu bringen und somit den Pool an Talenten und early-stage Start-ups nach-haltig zu vergrößern.
Kickstart Ac-celerator
CH
Sirius Programme Das Sirius-Programm wurde 2013 aufgelegt und wird von UK Trade and Investment (UKTI) umgesetzt. Es zielt darauf ab, inter-nationale Hochschulabsolvent/-innen mit vielversprechenden Geschäftsideen dabei zu unterstützen, sich in UK anzusiedeln. Gefördert wird ein zwölfmonatiger Aufenthalt bei einem führenden Akzelerator. Darüber hinaus erhalten die Gründer(-teams) finanzi-elle Unterstützung in Höhe von rund 15.000 EUR pro Person und sind in ein Mentoring-Programm eingebunden. Zudem leistet das Programm Hilfestellung beim Umzug nach UK, bei der Visa-Be-schaffung und der Erschließung von Kunden.
UK Trade and In-vestment (UKTI)
UK
Residence permit for foreign start-ups
Aufgrund einer neuen Bestimmung aus dem Jahr 2015 ist es für Gründer/-innen von Start-ups aus dem Ausland möglich, sich für eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung in den Nieder-landen zu bewerben. Im Rahmen der Initiative werden die Grün-der/-innen über den Zeitraum eines Jahres unterstützt, ihre inno-vativen Geschäftsideen umzusetzen und sich am Markt zu etab-lieren. Eine Voraussetzung ist, dass die Start-ups mit einem erfah-renen Mentor (Facilitator) mit Sitz in den Niederlanden zusammen-arbeiten.
Netherlands En-terprise Agency (RVO.nl)
NL
FuE-Investitionen Incoming Dies ist kein Instrument im engeren Sinn. Die Bundesstaaten der USA stehen im intensiven Wettbewerb bei der Anwerbung von ausländischen FuE-Investitionen. Etwaige Programme konnten nicht identifiziert werden, vielmehr scheinen es überwiegend Ein-zelfallmaßnahmen zu sein.
Nicht bekannt US
FuE-Investitionen Outgoing Dies ist kein Instrument im engeren Sinn. China unternimmt je-doch verstärkt Anstrengungen FuE-Investitionen im Ausland zu tä-tigen. Dies hat hohe politische Priorität. Die genaue Umsetzung ist jedoch nicht bekannt.
Nicht bekannt CN
Quelle: Eigene Recherchen, Prognos AG 2016
37
Im Bereich Mobilität der Wissenschaft werden zwei Instrumente
detaillierter herausgestellt, da sie explizit die Inwärts- und Aus-
wärts-Mobilität adressieren.
Mobility for Growth (6/10)
Das Programm Mobility for Growth der schwedischen Innovations-
agentur Vinnova wurde 2012 aufgelegt und zielt darauf ab, die
Karriereentwicklung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft-
lern zu unterstützen. Neben der Förderung der intersektoralen Mo-
bilität, d. h. hier der Mobilität zwischen privatem und öffentlichem
Sektor, steht die Förderung der transnationalen Inwärts- und Aus-
wärtsmobilität im Mittelpunkt des Programms (Europa und welt-
weit). Das Mobilitätsprogramm richtet sich an promovierte Wissen-
schaftler/-innen bzw. an solche, die eine mindestens vierjährige
Forschungserfahrung vorweisen können. Für die Laufzeit 2012-
2018 ist das Programm mit einem Gesamtbudget von 35 Mio. EUR
ausgestattet, wovon 10 Mio. EUR über Marie-Skłodowska-Curie-
Maßnahmen (MSC-Maßnahmen) der Europäischen Kommission
kofinanziert werden.
Das Programm ist in drei Module untergliedert und bietet finanzi-
elle Unterstützung für individuelle Forschungs- und Innovations-
projekte sowie für Trainings- und Reisekosten. Darüber hinaus
werden je nach Modul auch Lohnkosten bezuschusst. Folgende
Module werden angeboten:
VINNMER Marie Curie Incoming: Dieses Modul richtet sich an
erfahrende Wissenschaftler/-innen, die zum Zeitpunkt der An-
tragstellung im Ausland arbeiten und mit schwedischen Orga-
nisationen vor Ort zusammenarbeiten möchten.
VINNMER Marie Curie Industry Outgoing: Im Rahmen dieses
Moduls werden erfahrene Wissenschaftler/-innen aller Nationa-
litäten gefördert, die zum Zeitpunkt der Antragstellung in
Schweden im privaten Sektor arbeiten wie auch Wissenschaft-
ler/-innen im öffentlichen Sektor, die aktiv mit einer Organisa-
tion mit Sitz in Schweden zusammenarbeiten und planen, im
Ausland mit Organisationen zu kooperieren. Voraussetzung ist,
dass ein schwedisches Industrieunternehmen aktiv im Projekt
eingebunden ist. Unterstützt werden zum einen Projekte, die
ein bis drei Jahre andauern, wobei mindestens 50 % der Zeit
im Ausland verbracht werden müssen. Zum anderen werden
seit Jahresbeginn 2016 auch dreimonatige Projekte gefördert,
die gänzlich während des Auslandsaufenthalts umgesetzt wer-
den.
VINNMER Marie Curie Academy Outgoing: Das Modul zielt auf
erfahrene Wissenschaftler/-innen, die im akademischen oder
öffentlichen Sektor Schwedens arbeiten und ein Projekt mit In-
stitutionen des privaten Sektors im Ausland umsetzen möch-
ten.
38
Im Rahmen des Programms besteht zudem die Möglichkeit, eine
Förderung für die Antragsphase zu erlangen. Eine Besonderheit
des schwedischen Mobilitätsprogramms besteht darin, dass es ne-
ben der länderübergreifenden Mobilität vor allem auch die sekto-
renübergreifende Mobilität gezielt unterstützt. Damit ermöglicht
das Programm erfahrenen Wissenschaftler/-innen, in einem ande-
ren Arbeitsumfeld, d. h. im akademischen bzw. öffentlichen Sektor
oder Privatsektor in einem anderen Land Erfahrungen zu sam-
meln. Hierdurch wird ein nachhaltiger Beitrag zur Unterstützung
der Laufbahnentwicklung der Zielgruppe der erfahrenen Wissen-
schaftler/-innen, zur Stärkung der Diversität der wissenschaftlichen
Community im Inland sowie auch zur Erhöhung der Durchlässig-
keit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geleistet.
Innovational Research Incentives Scheme (Veni, Vidi, Vici)
(7/10)
Das im Jahr 2002 lancierte Programm der Niederländischen Orga-
nisation für Wissenschaft und Forschung (NWO) zielt darauf ab,
unkonventionelle – aber nichtdestotrotz vielversprechende For-
schungsvorhaben zu fördern und so eine besondere Innovations-
kultur in den Niederlanden zu festigen. Jährlich stehen ca. 150
Mio. EUR für die Förderung innovativer Forschung bereit. Das Pro-
gramm umfasst drei Zuschussarten für Forschende auf unter-
schiedlichen Laufbahnstufen:
Veni: Diese Förderung zielt auf Nachwuchswissenschaftler/-
innen, die innerhalb der letzten drei Jahre ihren Doktortitel er-
worben haben. Die maximale Fördersumme beträgt 250.000
EUR für eine Laufzeit von drei Jahren.
Vidi: Im Fokus dieser Förderung stehen erfahrene Wissen-
schaftler/-innen, die bereits über mehrere Jahre als Postdoc
geforscht haben und dabei demonstriert haben, dass sie ei-
genständig innovative Projektideen entwickeln und umsetzen
können. Voraussetzung ist, dass der Abschluss der Promotion
nicht länger als acht Jahre zurückliegt. Erfolgreiche Bewerber
erhalten eine Förderung in Höhe von maximal 800.000 EUR
für eine Projektlaufzeit von fünf Jahren.
Vici: Diese Förderung richtet sich an exzellente (Senior-)Wis-
senschaftler/-innen, welche die nachgewiesene Fähigkeit be-
sitzen, eigene innovative Forschungslinien zu entwickeln und
junge Wissenschaftler/-innen an ihre Arbeit heranzuführen und
zu coachen. Die eigene Promotion darf nicht länger als 15
Jahre zurückliegen. Für einen Zeitraum von fünf Jahren beträgt
die maximale Fördersumme 1,5 Mio. EUR.
Interessant an diesem niederländischen Förderprogramm ist, dass
sich explizit ausländische Wissenschaftler/-innen für die Förderung
bewerben können („The scheme is open to researchers of all nati-
39
onalities working anywhere in the world“), sofern die Forschungs-
vorhaben bei erfolgreicher Bewilligung an einer niederländischen
Forschungseinrichtung durchgeführt werden. Eine vorherige Fest-
anstellung an einer niederländischen Einrichtung ist keine Förder-
voraussetzung. Vielmehr können die Teilnehmenden nach erfolg-
reicher Bewilligung die Gastinstitution in den Niederlanden frei
wählen. Damit wird der Zugang für Bewerber aus dem Ausland
wesentlich erleichtert. In Deutschland steht die Bewerbung auf
Programme zur Laufbahnentwicklung auch ausländischen For-
schenden offen, jedoch ist dies i. d. R. nur bei vorheriger Anbin-
dung an eine deutsche Hochschule oder außeruniversitäre For-
schungseinrichtung möglich. Dies gilt beispielsweise auch für die
„Freigeist-Fellowships“ der VolkswagenStiftung, die ebenfalls auf
die Förderung innovativer Forschungsvorhaben abzielen.
Das Programm legt ebenfalls besonderen Wert auf die Förderung
und Attraktion junger Forschender. Das Innovational Research In-
centives Scheme wurde 2007 positiv evaluiert. Auf dieser Grund-
lage wurde ab 2009 das Budget aufgestockt. Durch die Öffnung
des Programms für ausländische Wissenschaftler/-innen erhöhen
die Niederlande den Pool an herausragenden Forschenden, die
einen Beitrag zur Stärkung der Forschungsexzellenz und internati-
onalen Vernetzung leisten.40
Der Bereich Mobilität der Wirtschaft lässt sich in zwei Bereiche
gliedern. Erstens werden die Inwärts- und Auswärtsmobilität von
Gründerinnen und Gründern sowie Start-ups betrachtet. Zweitens
werden FuE-Investitionen von MNU und KMU (incoming und out-
going) in den Blick genommen. Im Gründungsbereich bestehen
verschiedene Maßnahmen, das nationale Innovationssystem
durch die Attraktion von Gründerinnen und Gründern sowie Start-
ups in einer frühen Phase zu bereichern. So wird in der Schweiz
die internationale Mobilität von Start-ups sowohl inwärts- und aus-
wärtsgerichtet gezielt gefördert.
Kickstart Accelerator (8/10)
Beim Kickstart Accelerator handelt es sich um ein internationales
Summer Camp für Start-ups am Standort Zürich. Initiator ist die
2015 gegründete Kick Foundation. Die Stiftung fördert insbeson-
dere Investitionen in und die Professionalisierung von Start-ups
40 In der nationalen Forschungsstrategie „2025 Vision for Science“ wird herausgestellt, dass internationale Forschende das
Programm bisher nur in geringem Maße in Anspruch genommen haben. Die NWO „will bring the Innovative Research
Incentive (Vernieuwingsimpuls) programme to the attention of selected international researchers. The Innovative Re-
search Incentive provides a personal research grant to creative researchers, awarded further to open competition. Of
special interest are those researchers who can bring significant added value to the Netherlands’ research landscape by
virtue of their focus on the challenges of the National Science Agenda. They will complement the broad-based talent
already working here. At present, international researchers make relatively little use of the incentive programme.“ Siehe
Ministry of Education, Culture and Science (2014), S. 68.
40
und wird von einem Konsortium aus privaten und öffentlichen Part-
nern getragen.41 Der Kickstart Accelerator wird in Kooperation mit
der Standortinitiative DigitalZurich2025 umgesetzt. Hierbei handelt
es sich um eine branchenübergreifende Initiative, deren Zielset-
zung darin besteht, die Großregion Zürich als attraktiven Standort
für digitale Start-ups, Talente und Unternehmen zu positionieren.42
Ziel der regionalen Fördermaßnahme ist es, vielversprechende
Ideen aus dem Ausland in die Schweiz zu bringen und somit den
Pool an Talenten und early-stage Start-ups nachhaltig zu vergrö-
ßern. Mit dem Programm werden vier thematische Kernbereiche
fokussiert: „Food“, „Smart & Connected Machines“, „FinTech“ so-
wie „Future & Emerging Technologies“. Das Accelerator-Pro-
gramm ist auf mehrere Jahre angelegt und startet mit der ersten
dreimonatigen Förderung von Juli bis September 2016. In diesem
Zeitraum sollen die geförderten Unternehmen in Zürich arbeiten
und ihre Produkte weiterentwickeln. Hierfür erhalten sie umgerech-
net knapp 23.000 EUR Startkapital und ein Gründerstipendium zur
Unterstützung der Lebenshaltungskosten vor Ort. Den geförderten
Start-ups stehen ferner kostenlose Arbeitsräume und intensives
Mentoring seitens erfahrener Unternehmer, Investoren und Exper-
ten aus der Industrie zur Verfügung.
Das Programm zeichnet aus, dass es nicht aus öffentlichen Mitteln
finanziert ist, sondern von den Partnern Engagement Migros (För-
derfonds der Migros-Gruppe), Ernst & Young, Swisscom, V-ZUG,
der Gebert Rüf Stiftung und der Initiative DigitalZurich2025 getra-
gen wird. Eine zentrale Besonderheit des neuen Programms be-
steht darin, dass es vorrangig darauf angelegt ist, Start-ups aus
dem Ausland anzuziehen und gute Geschäftsideen aus aller Welt
für die Schweiz zu gewinnen, diese am Standort Zürich zu be-
schleunigen und mit der lokalen Wirtschaft zu vernetzen. Damit
soll zugleich ein Beitrag zur nachhaltigen Stärkung des Innovati-
onsstandorts Schweiz geleistet werden.
Internationalisierungscamps für Startups (9/10)
Mit den Internationalisierungscamps für Startups bietet die Schwei-
zer Kommission für Technologie und Innovation (KTI) technologie-
und wissenschaftsbasierten Jungunternehmen Unterstützung bei
ihrer Internationalisierung. In einem „Market Validation Camp“ ha-
ben von der KTI gecoachte Start-ups43 in einer frühen Entwick-
lungsphase die Möglichkeit, während eines zwei- bis vierwöchigen
Aufenthalts im Zielland ihre Produkte und/oder Businessmodelle
41 Siehe http://www.kickfoundation.ch/en.html 42 Siehe http://digitalzurich2025.com/de/ 43 Die KTI begleitet junge Firmengründende mit kostenlosen, professionellen Coachings. Der Coaching-Prozess führt über
drei Stufen zum sogenannten „CTI Start-up Label“, das von einer Jury bestehend aus Branchenexperten an die vielver-
sprechendsten Start-ups verliehen wird. Das CTI Start-up Label dient als vertrauensbildende Auszeichnung und soll die
Unternehmen u. a. bei der Investorensuche und dem Aufbau von branchenrelevanten Kontakten unterstützen.
41
zu testen und die Anforderungen der lokalen Innovationsökosys-
teme kennenzulernen. Im Rahmen eines „Market Entry Camp“ er-
halten reifere Start-ups während eines dreimonatigen Aufenthalts
Unterstützung bei der Partner- und Kundenakquise und dem Auf-
bau von Netzwerken. Häufig besuchen die Start-ups zunächst ein
Market Validation Camp und nutzen dann die Möglichkeit des Be-
suchs des Market Entry Camps.
Neben einem Reisekostenzuschuss erhalten die geförderten Start-
ups u. a. freien Zugang zu Büroinfrastrukturen. Die KTI bietet Inter-
nationalisierungscamps in San Francisco, Boston, New York,
Shanghai, Bangalore und London an. Umsetzungspartner sind
swissnex, d. h. die Schweizer Wissenschafts- und Innovationshäu-
ser im Ausland, bzw. in London das „Science and Technology
Office“ der dortigen Schweizer Botschaft. Wie in den Gesprächen
mit Schweizer Experten herausgestellt wurde, hat sich der Ansatz
der Internationalisierungscamps bewährt. Nach erfolgreicher Pi-
lotphase wird er in der kommenden Förderphase 2017-2020 weiter
ausgebaut.
Analog zum „German Accelerator“, mit dem das Bundesministe-
rium für Wirtschaft und Energie (BMWi) innovative deutsche Start-
ups aus den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)
sowie den Bereichen Medien und Cleantech unterstützt, besteht
die Zielsetzung der Internationalisierungscamps der KTI ebenfalls
darin, Jungunternehmen mittels eines praxisorientierten Instru-
ments die Markterschließung und den Markteintritt in relevanten
Auslandsmärkten zu erleichtern. Im Unterschied zum German Ac-
celerator hat der Schweizer Förderansatz einen breiteren themati-
schen und geographischen Fokus und erstreckt sich auch auf aus-
gewählte Schwellenländer, wie z. B. China und Indien.
Im Bereich der Mobilität von FuE-Investitionen konnten seitens der
Expertinnen und Experten keine konkreten Instrumente genannt
werden. Gleichwohl wurden in den Interviews folgende Aktivitäten
genannt: Chinesische Unternehmen versuchen aktuell verstärkt
FuE-Center in Europa aufzubauen (z. B. durch Übernahmen, Be-
teiligungen oder Greenfield-Investments). Darüber hinaus planen
chinesische Forschungseinrichtungen eigene Standorte in Europa
bzw. Deutschland. Verstärkte FuE-Investitionen haben in China
hohe politische Priorität. Dies ist als Ziel in der nationalen Innovati-
onsstrategie formuliert: „Support our country’s enterprises in their
“going out” efforts […] [and] encouraging and helping them to es-
tablish R&D centers or industrialization bases overseas.“44 Inwie-
weit hierfür Instrumente vorliegen, konnte nicht eruiert werden. Im
Bereich der Inwärts-Mobilität von FuE wird in der Literatur auf den
intensiven Wettbewerb der Bundesstaaten der USA bei der Anwer-
bung von ausländischen FuE-Investitionen verwiesen. Jedoch
44 The State Council of the People’s Republic of China (2006): The National Medium- and Long-Term Program for Science
and Technology Development (2006-2020), S. 58.
42
scheinen es überwiegend Einzelfallmaßnahmen zu sein und keine
direkten Instrumente. Über die Vergleichsländer hinausgehend
wurde im Kontext der Attraktion von FuE-Investitionen der österrei-
chische Headquarter-Ansatz von einem Interviewpartner heraus-
gestellt. Das Programm Competence Headquarters ist die Weiter-
entwicklung der Programmlinie Headquarter Strategy. Es war ur-
sprünglich zur Unterstützung der Neuansiedlung und Verlagerung
von FuE-Headquarter-Funktionen nach Österreich gedacht. Aktuell
werden zusätzlich die Stärkung und der Ausbau bestehender FuE-
Headquarter durch die Vernetzung mit österreichischen For-
schungseinrichtungen gefördert.45
5.5 Analyse, Beratung und Information im In- und Ausland
Deutschland verfügt über ein enges Netz an Einrichtungen im In-
und Ausland, die Beratungs- und Informationsdienstleistungen für
grenzüberschreitende Forschungsaktivitäten bereithalten. Bei-
spielsweise bieten die deutschen Wissenschafts- und Innovations-
häuser (DWIH) eine Plattform, um deutsche Wissenschafts- und
Forschungsorganisationen im Ausland zu präsentieren. Darüber
hinaus verfügen die deutschen Wissenschafts-, Forschungs- und
Mittlerorganisationen zum großen Teil über eigene Auslandsreprä-
sentanzen in strategisch wichtigen Partnerländern. Zu nennen sind
neben den deutschen Botschaften und Außenhandelskammern
etwa die Auslandsbüros von Hochschulen wie auch der großen
Wissenschaftsorganisationen.
Tabelle 5: Analyse, Beratung und Information im In- und Ausland
Unterstützung im In- und Ausland
Silicon Valley Office Die Schwedische Innovationsagentur Vinnova hat an der Stanford University in Kalifornien (USA) ein Silicon Valley Office eingerich-tet, um eine enge Verbindung zwischen dem schwedischen Inno-vationssystem und den Dynamiken im Silicon Valley zu etablieren. Die Hauptaufgabe besteht darin, aktuelle Trends und Entwick-lungen zu identifizieren und daraus Handlungsempfehlungen für die Innovationsförderung in Schweden abzuleiten. Darüber hinaus soll das Office Investitionen fördern und schwedischen Start-ups den Zugang zum Silicon Valley erleichtern sowie Schweden als innovativen Forschungsstandort international bekannt ma-chen.
Vinnova, Swe-den's innovation agency
SE
UK Science and Innovation Network
Das Science and Innovation Network (SIN) wird vom Department for Business, Innovation and Skills und dem Foreign and Com-mon-wealth Office finanziert. Das SIN-Netzwerk umfasst aktuell 90 Mitarbeiter in 28 Ländern weltweit. Erklärtes Ziel ist es, ein en-ges Netzwerk an Regierungsinstitutionen, Unternehmen und Wis-senschaftseinrichtungen weltweit zu etablieren, um so den inter-nationalen Austausch von Spitzenforschern zu fördern und die In-novationsfähigkeit des britischen Forschungsstandortes zu festi-
Department for Business, Innova-tion and Skills and the Foreign and Commonwealth Office
UK
45 Siehe https://www.bmvit.gv.at/innovation/themenoffene_programme/headquarter.html und für die Evaluation des Pro-
gramms https://www.bmvit.gv.at/innovation/themenoffene_programme/downloadsstruktur/headquarter_evaluierung.pdf
43
gen. Dazu werden spezifische Aktionspläne für jedes Land erar-beitet, die die internationale Kooperation in strategisch wichtigen Bereichen verstärken soll.
Swissnex Swissnex ist ein internationales Netzwerk, das die Schweiz mit den weltweiten Forschungs- und Wissenschaftszentren verbindet. Das Programm hat den Auftrag, in den Partnerregionen ein enges Netzwerk an Universitäten, Unternehmen und Forschungseinrich-tungen zu etablieren. Ziel ist es, den wissenschaftlichen und tech-nischen Austausch zu fördern und gleichzeitig die internationale Sichtbarkeit des Schweizer Forschungsstandortes deutlich zu er-höhen. Swissnex fördert zudem die Internationalisierung der Schweizer Partnerinstitutionen aus den Bereichen Bildung, For-schung und Innovation und bietet einen Zugang zu führenden In-novationszentren weltweit. Bislang gibt es Standorte in fünf Län-dern (Boston, San Francisco, China, Indien und Brasilien).
Staatssekretariat für Bildung, For-schung und Inno-vation (SBFI)
CH
Begleitende Maßnahmen
Internationales Technologie-monitoring
Dies ist kein Instrument im engeren Sinn. Die USA betreibt ein ak-tives internationales Technologie-Monitoring.
Nicht bekannt US
Orientierung an ausländi-schen Good practices
Dies ist kein Instrument im engeren Sinn. Das Vereinigte König-reich hat sich bei der Einrichtung des Catapult centres eng an aus-ländischen Good Practices orientiert, u. a. am deutschen Beispiel Fraunhofer.
Nicht bekannt UK
Screening und Monitoring von Strategien und Instru-menten
Dies ist kein Instrument im engeren Sinn. China betreibt ein akti-ves Screening und Monitoring von Strategien und Instrumenten in entwickelten Volkswirtschaften, um das eigene System partiell um bewährte Maßnahmen zu ergänzen und so die Internationalisie-rung zu forcieren.
Nicht bekannt CN
Quelle: Eigene Recherchen, Prognos AG 2016
Aus den drei Beispielen zur Unterstützung im In- und Ausland, die
seitens der Expertinnen und Experten genannt wurden, wird das
schwedische Silicon Valley Office näher beleuchtet.
Silicon Valley Office (10/10)
Die schwedische Innovationsagentur Vinnova hat an der Stanford
University in Kalifornien (USA) ein Silicon Valley Office eingerich-
tet, um eine enge Verbindung zwischen dem schwedischen Inno-
vationssystem und den Dynamiken im Silicon Valley zu etablieren.
Die Hauptaufgabe besteht darin, aktuelle Trends und Entwicklun-
gen zu identifizieren und daraus Handlungsempfehlungen für die
Innovationsförderung in Schweden abzuleiten. Darüber hinaus soll
das Office Investitionen fördern und schwedischen Start-ups den
Zugang zum Silicon Valley erleichtern sowie Schweden als innova-
tiven Forschungsstandort international bekannt machen. Das Büro
ist Teil des Nordic Innovation House, welches sich in Palo Alto be-
findet. Dies ist ein Co-working Office für nordische Technologiefir-
men, Investoren und Vertreter der nationalen Innovationsagentu-
ren. Ziel ist es, den Marktzugang für Gründer/-innen zu erleichtern.
Das Nordic Innovation House wird gemeinsam von den nordischen
Staaten Schweden, Norwegen, Dänemark, Island und Finnland
betrieben.
Spannend an diesem Ansatz erscheint die unmittelbare Anbindung
des Büros an eine der bedeutendsten Eliteuniversitäten in den
44
USA. Deutsche Einrichtungen im Ausland finden sich überwiegend
in den politischen Zentren, d. h im Fall der USA überwiegend in
Washington. Ebenfalls ist der ganzheitliche Ansatz von Trendscou-
ting, Netzwerkarbeit und Standortmarketing hervorzuheben.
Auch durch begleitende Monitoring-Maßnahmen wird die Internati-
onalisierung des Innovationssystems gestärkt. So begleitet das In-
ternationale Büro des DLR Projektträgers das BMBF bei der inter-
nationalen Positionierung und der strategischen Planung. Das Mo-
nitoring umfasst die Internationalisierungsaktivitäten der deutschen
Forschungslandschaft, der Entwicklungen in wichtigen Partnerlän-
dern und von Trends in Forschung und Innovation und von Koope-
rationsmöglichkeiten.46 In den Vergleichsländern sind weitere Mo-
nitoring-Instrumente implementiert. Die USA betreibt ein aktives
internationales Technologie-Monitoring. Das Vereinigte Königreich
hat sich bei der Einrichtung der Catapult centres eng an ausländi-
schen Good Practices orientiert, u. a. am deutschen Beispiel
Fraunhofer. Catapults sind virtuelle Center, die die Kommerziali-
sierung von Forschungsergebnissen aus der Wissenschaft be-
schleunigen sollen.47 China betreibt ein aktives Screening und Mo-
nitoring von Strategien und Instrumenten in entwickelten Volkswirt-
schaften, um das eigene System partiell um bewährte Maßnah-
men zu ergänzen und so die Internationalisierung zu forcieren.
5.6 Rahmenbedingungen
Das Portfolio an Instrumenten zur Steigerung der Internationalisie-
rung ist breit gefächert. Sowohl in Deutschland als auch in den
Vergleichsländern besteht eine große Anzahl an Maßnahmen, die
in den fünf dargestellten Säulen die Internationalisierung des Inno-
vationssystems befördern.
Eine alleinige Fokussierung auf Strategien und Instrumente er-
scheint jedoch zu kurz gegriffen. Ein Großteil der Interviewten be-
tont die hohe Bedeutung attraktiver Rahmenbedingungen für For-
schende und innovative Unternehmen. Beispielsweise ist die At-
traktivität des US-amerikanischen oder britischen Wissenschafts-
systems weniger im Instrumenten-Mix für aufstrebende Wissen-
schaftler/-innen begründet, sondern liegt oftmals an den attraktiven
Forschungsbedingungen, dem Renommee der Institutionen und
der individuellen Karriereaussichten. Ähnliches gilt mit Blick auf
den Innovationsbereich. Ausländische Unternehmen sowie Grün-
der/-innen mit innovativen Geschäftsideen achten tendenziell stark
auf Faktoren wie Ausstattung, Offenheit und Nähe zu Forschungs-
46 Siehe http://www.internationales-buero.de/de/internationales_monitoring.php 47 Siehe https://www.gov.uk/government/news/hauser-report-calls-for-long-term-expansion-of-catapult-network
45
einrichtungen, Arbeitsmarktbedingungen und -zugänge für auslän-
dische Absolventen und Wissenschaftler, die Besteuerung von In-
vestitionen und Gründungen sowie die Ausgestaltung des Rechts-
rahmens, z. B. für Standardisierung, Datenschutz, geistiges Eigen-
tum oder Patentierungen.48
Die Instrumentenebene und die länderspezifischen Rahmenbedin-
gungen sind wechselseitig verbunden. Dies sollte bei der Diskus-
sion von potenziell interessanten Instrumenten zur Steigerung der
Internationalisierung des deutschen Innovationssystems berück-
sichtigt werden.
48 Für eine Diskussion der Motive und Rahmenbedingungen für die Verlagerung von FuE-Aktivitäten von multinationalen
Unternehmen siehe beispielsweise Belitz (2014).
46
6 Fazit und Ausblick
Die sekundärstatistische Einordung der Internationalisierungsakti-
vitäten Deutschlands und der Vergleichsländer hat anhand ausge-
wählter Indikatoren untermauert, dass die Internationalisierung von
Forschung und Entwicklung weit fortgeschritten ist. Akteure in Wis-
senschaft und Wirtschaft sind im Hinblick auf ihre Forschungsakti-
vitäten bereits stark international eingebunden. Mit Blick auf den
Grad internationaler Mobilität und Vernetzung ist allerdings festzu-
stellen, dass Deutschland beispielsweise in den Bereichen der in-
ternationalen Ko-Publikationen und -Patente lediglich eine Position
im Mittelfeld belegt. Während deutsche Unternehmen stark in in-
ternationale Handelsbeziehungen eingebunden sind, kooperiert
nur ein sehr kleiner Teil des innovativen Mittelstands im Rahmen
von internationalen FuE-Projekten.
Internationalisierung wird zuallererst von den Motiven der Akteure
aus Wissenschaft und Wirtschaft getragen. Nichtsdestotrotz ist er-
kennbar, dass in den vergangenen Jahren seitens der nationalen
Regierungen das Thema verstärkt strategisch angegangen wird
und Internationalisierung damit eine zunehmend wichtige Dimen-
sion in der Forschungs- und Innovationspolitik einnimmt.
Im Rahmen der Studie wurde eine Kategorisierung von Internatio-
nalisierungsinstrumenten entwickelt, die sich aus „fünf Säulen“ zu-
sammensetzt. Die Systematik beinhaltet neben dem Wissen-
schaftsbereich auch den unternehmensseitigen Innovationsaspekt,
Gründer/-innen bzw. Start-ups sowie relevante Rahmenbedingun-
gen. Die Untersuchung hat aufgezeigt, dass alle Vergleichsländer
die fünf Bereiche mit spezifischen Instrumenten zur Steigerung der
Internationalisierung abdecken. Große Unterschiede oder gar Lü-
cken im Instrumenten-Portfolio im Vergleich zu Deutschland konn-
ten in den betrachteten Staaten nicht identifiziert werden.
In der Studie wurden insgesamt zehn Beispiele guter Praxis vertie-
fend dargestellt. Diese decken die zentralen Bereiche zur Stärkung
der Internationalisierung ab und adressieren die Aspekte der Mobi-
lität und Vernetzung im Wissenschafts- und Wirtschaftsbereich
gleichermaßen. Als ein Ergebnis kann festgehalten werden, dass
sich die Maßnahmen im Wissenschaftsbereich nur marginal unter-
scheiden. Differenzen zeigen sich hier nur in den Details der An-
lage und Ausgestaltung der Instrumente. Mit Blick auf den Innova-
tionsbereich ist in den meisten Staaten das Angebot an Instrumen-
ten zur Internationalisierung nicht so breit und ausdifferenziert wie
im Wissenschaftsbereich. Zumindest am Beispiel der Schweiz
konnten jedoch einzelne neuartige Programmelemente bzw. An-
sätze aufgezeigt werden, die sowohl auf den Start-up Bereich als
auch auf Großunternehmen abzielen.
Die Internationalisierung von Innovationsaktivitäten der Wirtschaft
ist aus wissenschaftlicher und politischer Perspektive ein bisher
47
weitestgehend gering beachteter Bereich. Angesichts dieser Fest-
stellung erscheint es sinnvoll, bereits existierende Internationalisie-
rungsinstrumente im deutschen Innovationssystem systematisch
zu erfassen und auf dieser Grundlage eine Bedarfs- bzw. Lücken-
analyse für den Innovationsstandort Deutschland vorzunehmen.
Darauf aufbauend können gezielt weitere Beispiele guter Praxis im
Ausland eruiert werden. Dabei sind die spezifischen Unterstüt-
zungsangebote für einzelne Akteursgruppen (Wissenschaft, Groß-
unternehmen, KMU, Start-ups, Investoren etc.) differenziert zu be-
trachten. Insgesamt kann festgehalten werden, dass weiterer For-
schungsbedarf vorrangig zu den Instrumenten zur Stärkung der In-
ternationalisierung von forschenden Unternehmen und Start-ups
besteht. Hier gilt es, das Spektrum innovativer Maßnahmen im
Ausland systematisch zu erfassen und die jeweiligen Instrumente
hinsichtlich ihrer Eignung und Übertragbarkeit für den deutschen
Kontext zu bewerten.
Im Ergebnis liefert die explorative Studie einen Beitrag, um die
weitere Diskussion der Internationalisierung von Forschung und
Entwicklung auf den Innovationsaspekt der Wirtschaft zu konzent-
rieren. Die aufgezeigten Beispiele guter Praxis aus den Ver-
gleichsländern dienen dabei als Impuls, um neben interessanten
Internationalisierungsmaßnahmen in der Wissenschaft im Beson-
deren auch Ansätze und neuartige Programmelemente zur Steige-
rung der Internationalisierung forschender Unternehmen und Start-
ups in Deutschland zu reflektieren.
48
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52
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UK Global Science and Innovation Forum (Vereinigtes Kö-
nigreich) (2006): A strategy for international engagement in re-
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arch-and-development.html (abgerufen am 27.05.2016).
53
Anhang 1: Länderübersichten
Tabelle 6: Länderübersichten
Länderübersichten (1 von 3)
Deutschland Schweiz Vereinigtes Königreich
Nationale Innovationsstrategie
Zentrales Dokument Die neue Hightech-Strategie (2014)
Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation (FIFG) (2015)
Botschaft über die Förde-rung von Bildung, For-schung und Innovation (2012) und aktuell (2016)
Our plan for growth: sci-ence and innovation (2014)
Herausgeber Bundesministerium für Bildung und For-schung
Staatssekretariat für Bil-dung, Forschung und Inno-vation
Department for Business, Innovation & Skills
Unterkapitel Internationalisierung Kap. II: Internationali-sierung voranbringen: S. 33
Kap. 6: Internationale Zu-sammenarbeit im Bereich von FuI: S. 14-16
Kap. 2.5: Int. Zusammen-arbeit: S. 3226-3252
Kap. 6: Participating in global science and innova-tion: S. 63-71
Internationalisierungsstrategie
Zentrales Dokument Internationalisie-rungsstrategie (2008)
Internationale Strategie der Schweiz im Bereich Bildung, Forschung und In-novation (2010)
A strategy for international engagement in research and development (2006)
Herausgeber Bundesministerium für Bildung und For-schung
Staatssekretariat für Bil-dung, Forschung und Inno-vation
UK Global Science and In-novation Forum
Zentrale Akteure
Federführende Ministerien Bundesministerium für Bildung und For-schung
Staatssekretariat für Bil-dung, Forschung und Inno-vation (SBFI)
Department for Business, Innovation & Skills
Förderorganisationen Wissen-schaft (Auswahl)
Deutsche For-schungsgemeinschaft (DFG)
Schweizer Nationalfonds zur Förderung der wissen-schaftlichen Forschung (SNF)
Research Councils; Akad-emien (z. B. Royal Society)
Förderorganisationen FuI (Aus-wahl)
Projektträger Kommission für Technolo-gie und Innovation (KTI)
Innovate UK
Weitere Informationen
Länderübersicht Kooperation-In-ternational
Nicht vorhanden Nicht vorhanden Länderbericht UK
OECD - Review of innovation policy
Nicht vorhanden Review of innovation pol-icy Switzerland 2006
Nicht vorhanden
Studie Fraunhofer ISI / Technop-lis 2001
Nicht vorhanden Studie, Seite 105ff. Studie, Seite 61ff.
Studie Technopolis / Uni Man-chester 2009
Background Report 2, Seite 5ff.
Nicht vorhanden Background Report 2, Seite 71ff.
54
Länderübersichten (2 von 3)
Schweden Niederlande Vereinigte Staaten
Nationale Innovationsstrategie
Zentrales Dokument The Swedish Innovation Strategy (2012)
Top Sector Approach (2011)
2025 Vision for Science – choices for the future (2014)
A strategy for American In-novation (2015)
Herausgeber Swedish Ministry of Enter-prise, Energy and Commu-nications
Ministry of Economic Af-fairs
Ministry of Education, Cul-ture and Science
National Economic Council and Office of Science and Technology Policy
Unterkapitel Internationalisierung Kein eigenständiges Kapi-tel / indirekter Bezug
Kein eigenständiges Kapi-tel / indirekter Bezug
Kein eigenständiges Kapi-tel / indirekter Bezug
Internationalisierungsstrategie Nicht vorhanden Nicht vorhanden Nicht vorhanden
Zentrale Akteure
Federführende Ministerien Ministry of Education and Research
Ministry of Enterprise and Innovation
Ministry of Economic Af-fairs
Ministry of Education, Cul-ture and Science
Kein eigenständiges For-schungsministerium
Office of Science and Technology Policy (OSTP)
Förderorganisationen Wissen-schaft (Auswahl)
Schwedischer Wissen-schaftsrat (VR)
Schwedischer Wissen-schaftsrat für Gesundheit, Arbeitsleben und Sozial-wissenschaften (FORTE)
The Netherlands Organi-sation for Scientific Re-search (NWO)
Royal Netherlands Acad-emy of Arts and Sciences (KNAW)
National Science Founda-tion (NSF)
National Institute of Health (NIH)
Förderorganisationen FuI (Aus-wahl)
Innovationsagentur Vin-nova
Netherlands Enterprise Agency (RVO.nl)
Dezentrale Organisation (wichtigster Fördermittel-geber Department of De-fence)
Weitere Informationen
Länderübersicht Kooperation-In-ternational
Länderbericht Schweden Länderbericht Niederlande Länderbericht USA
OECD - Review of innovation policy
Review of Innovation pol-icy Sweden 2016
Review of Innovation Pol-icy Netherlands 2014
Nicht vorhanden
Studie Fraunhofer ISI / Technop-lis 2001
Nicht vorhanden Studie, Seite 123ff. Studie, Seite 23ff.
Studie Technopolis / Uni Man-chester 2009
Background Report 2, Seite 54ff.
Background Report 2, Seite 62ff.
Background Report 3, Seite 61ff.
55
Länderübersichten (3 von 3)
Frankreich Japan China
Nationale Innovationsstrategie
Zentrales Dokument Stratégie nationale de recherche (France Eu-rope 2020) (2015)
5th Science and Technol-ogy Basic Plan (2016)
The National Medium- and Long-Term Program for Science and Technology Development (2006-2020)
Herausgeber Ministère de l’Éduca-tion nationale, de l'En-seignement supérieur et de la Recherche
Council for Science, Tech-nology and Innovation
The State Council of the People’s Republic of China
Unterkapitel Internationalisierung Kap. 9: The presence of French research in Europe and abroad: S. 80-88
Kein eigenständiges Kapi-tel / indirekter Bezug
Kap. VIII.8: Expanding In-ternational and Regional S&T Cooperation and Ex-changes: S. 57-58
Internationalisierungsstrategie Nicht vorhanden Nicht vorhanden Nicht vorhanden
Zentrale Akteure
Federführende Ministerien Ministerium für Bil-dung, Hochschulwe-sen und Forschung
Ministerium für Wirt-schaft, Industrie und Digitalisierung
Ministry of Education, Cul-ture, Sports, Science and Technology (MEXT)
Ministry of Science and Technology (MOST)
Ministry of Education (MOE)
Förderorganisationen Wissen-schaft (Auswahl)
Agence Nationale de la Recherche (ANR)
Japan Society for the Pro-motion of Science (JSPS)
National Natural Science Foundation of China (NSFC)
Förderorganisationen FuI (Aus-wahl)
Agence Nationale de la Recherche (ANR)
Japan Science and Tech-nology Corporation (JST)
Chinese Academy of Sci-ence (CAS)
China Association for Sci-ence and Technology (CAST)
Weitere Informationen
Länderübersicht Kooperation-In-ternational
Länderbericht Frank-reich
Länderbericht Japan Länderbericht China
OECD - Review of innovation policy
Review of Innovation Policy France 2014
Nicht vorhanden Review of Innovation Pol-icy China 2008
Studie Fraunhofer ISI / Technop-lis 2001
Studie, Seite 83 ff. Studie, Seite 43ff. Nicht vorhanden
Studie Technopolis / Uni Man-chester 2009
Background Report 2, Seite 28ff.
Background Report 3, Seite 39ff.
Background Report 3, Seite 28ff.
Quelle: Eigene Recherchen, Prognos AG 2016
56
Anhang 2: Zehn Beispiele guter Praxis
Nr. Instrument Land Kategorie Zielgruppe Fokus
1/10 Schweizerischer Innovationspark
CH Institutionen und For-schungsinfrastrukturen
Wirtschaft/ Wissenschaft
Vernetzung
2/10 Encouraging Euro-pean Research
NL International ausgerich-tete FuE-Projekte
Wissenschaft Vernetzung
3/10 EU planning grant in Horizon 2020
SE International ausgerich-tete FuE-Projekte
Wissenschaft Vernetzung
4/10 Money follows Rese-archer
CH, NL, UK
International ausgerich-tete FuE-Projekte
Wissenschaft Mobilität
5/10 Newton-Fund UK International ausgerich-tete FuE-Projekte
Wissenschaft Vernetzung
6/10 Mobility for Growth SE Inwärts- und Auswärts-mobilität
Wirtschaft/ Wissenschaft
Mobilität
7/10 Innovational Research Incentives Scheme
NL Inwärts- und Auswärts-mobilität
Wissenschaft Mobilität
8/10 Kickstart Accelerator CH Inwärts- und Auswärts-mobilität
Wirtschaft Mobilität
9/10 Internationalisierungs-camps für Startups
CH Inwärts- und Auswärts-mobilität
Wirtschaft Mobilität
10/10 Silicon Valley Office SE Analyse, Beratung und Information im In- und Ausland
Wirtschaft/ Wissenschaft
Mobilität/ Vernetzung
Quelle: Eigene Recherchen, Prognos AG 2016
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