18 Kardiovaskuläres System
77: Blutausstrich Mensch May‐Grünwald‐Giemsa Auf der folgenden Seite werden die wichtigsten Blutzell‐Typen kurz besprochen. Für genauere Details und die Hämatopoiese empfiehlt es sich, ein Histologie‐Lehrbuch zu konsultieren. Überblick: Hämatopoiese
Die untenstehende Abbildung ist dem Skript „Blut und Hämatopoiese“ von Prof. M. Celio entnommen. Es werden 3 grosse Klassen von Blutzellen unterschieden: Erythrocyten, Leukocyten und Thrombocyten. Alle drei werden kontinuierlich im Knochenmark aus demselben Typ von multipotenten hämatopoietischen Stammzellen gebildet, welches sie verlassen, um den Bestand an Blutzellen aufrechtzuerhalten. Einzige Ausnahme bilden die Lymphocyten, welche das Knochenmark nicht als ausgereifte Zellen verlassen, sondern ihre Reifung (Immunokompetenz) erst in sekundären lymphatischen Organen erlangen. Wichtige Kennzahlen (Anzahl Zellen pro μl Blut): Erythrocyten: 5'000’000, Leukocyten: 5000, Thrombocyten: 25’000 Erythrocyten
Die roten Blutkörperchen (Erythrocyten) sind kernlos & verfügen über keine Zellorganellen. Ihre Form ist bikonkav, wobei ihr mittlerer Durchmesser ungefähr 7 μm beträgt. Durch das Hämoglobin (eosinophil) erhalten die Erythrocyten in Präparaten ihre rote Farbe. Ihre Überlebensdauer im Körper beträgt ungefähr 120 Tage. Abgebaut werden die rBK durch Makrophagen in Knochenmark, Leber und Milz. Erythrocyten verfügen über keine Strukturen, welche ihnen eine aktive Bewegung ermöglichen würden, sie sind jedoch passiv sehr stark verformbar . Diese reversible Verformung ist sehr wichtig für den Durchtritt durch Kapillaren, deren Durchmesser weniger als 7 μm beträgt.
Kardiovaskuläres System 19
Leukocyten Die Gruppe der Leukocyten umfasst wiederum mehrere verschiedene Zelltypen: Granulocyten (eosinophile, basophile, neutrophile), Monocyten und Lymphocyten. Gemeinsam ist allen diesen drei Zellgruppen, dass sie alle im Dienste der Abwehr stehen. Leukocyten haben eine relativ kurze Verweildauer im Blut, da sie ihre Abwehrfunktionen vorwiegend im interstitiellen Raum wahrnehmen. Um ihren Aktionsort erreichen zu können, emigrieren sie aktiv durch das Endothel der postkapillären Venulen in die Laminae propriae von den Schleimhäuten des Verdauungs‐ und Atemtraktes oder in lymphatisches Organe. Die Emigration erfolgt in verschiedenen Etappen (Rollen, Adhäsion und Diapedese) und bezeichnet eine gezielte, durch die Kooperation mit dem Endothel erleichterte Auswanderung in ein Krisengebiet. Neutrophile Granulocyten segmentierter Kern (3‐4 Segmente), kleine Granula (< 1 μm), leben maximal 3 Tage, Funktion: Phagocytose & Abtötung. Die neutrophilen Granulocyten stellen einen Hauptvertreter der unspezifischen Abwehr dar (v.a. gegen bakterielle Infektionen). Je segmentierter der Kern ist, umso älter ist der Granulocyt. Auf Blutausstrichen ist deshalb im Falle einer Entzündung eine sogenannte Linksverscheibung zu beobachten, bei welcher die Granulocyten vorwiegend stabkernig (praktisch unsegmentiert) sind.
Eosinophile Granulocyten Kern meist aus 2 Segmenten, viele grosse Granula (1.5 μm, rötlich), Funktion: v.a. Töten von Wurmlarven, ausserdem wichtige Funktion im Verlauf allergischer Erkrankungen.
Basophile Granulocyten häufig seltsam geformter Zellkern (selten segmentiert, sehr gross, füllt oft fast den gesamten Zellleib aus), grobe Granula (bis 1 μm, dunkelblau, können auch den Kern überdecken), Funktion: spielt vor allem eine Rolle in der Ausbildung und dem Fortbestand von Krankheiten und ist zur Histamin‐ und Heparinausschüttung befähigt, was dem Basophilen auch eine entscheidende Rolle als Mediator von akuten Entzündungsreaktionen beimisst.
Merke: Alle drei Granulocyt‐Typen enthalten Granula, in welchen spezifische Abwehrstoffe gespeichert sind. Beispiele: lysosomale Enzyme, zytotoxische / neurotoxische Proteine, Histamin, Cytokine, ... Monocyten Stellen die grössten Leukocyten dar (bis 20 μm Durchmesser), blasses Cytoplasma, Kern meist nierenförmig. Die Monocyten differenzieren sich nach Austritt aus dem Kardiovaskulären System im Gewebe zu Makrophagen (mehr Lysosomen, anderes Erscheinungsbild).
20 Kardiovaskuläres System
Makrophagen ubiquitär vorhanden, „Fresszellen“, können sowohl Abwehr‐ als auch Heilungsprozesse einleiten. Funktion: Phagocytose, Stimulation von Zellen, welche für die Wundheilung bewerkstelligen. Ausserdem stellen sie das Bindeglied zwischen der unspezifischen und der spezifischen Abwehr dar, da sie phagocytierte Partikel fragmentieren und an ihrer Zelloberfläche den T‐Lymhpocyten präsentieren können.
Lymphocyten Die Lymphocyten werden im Kapitel „Lymphatische Organe“ näher besprochen (Schnitte 66 – 75). Lymphocyten können zwischen 4 bis 15 μm gross sein. Sie haben einen runden, dichten Kern, welcher von einem geringen Cytoplasmasaum (heller) umgeben ist. In unseren Präparaten lassen sich die T‐ nicht von den B‐Lymphocyten unterscheiden. Eine weitere Fraktion der Lymphocyten stellen die Natürlichen Killerzellen (NK‐Zellen) dar, die aber nicht zur spezifischen Abwehr gezählt werden.
Thrombocyten
Die Thrombocyten sind stark in die Hämostase (Blutgerinnung, Blutstillung) involviert. Sie stellen kernlose Zellfragmente dar, welche sich aus den sogenannten Megakaryocyten ableiten. Sie besitzen aber durchaus Zellorganellen unter welchen Mitochondrien, Lysosome, Glykogenpartikel und verschiedene Speichergranula zu finden sind. Das spezielle Aktinnetz in ihrem Cytoplasma macht die Zelle kontraktil.
,
Ihr Durchmesser beträgt ca. 2.5 μm, ihre Lebenszeit im Blut beläuft sich auf etwa 10 Tage (sofern sie nicht vorher verbraucht werden). Hauptfunktion: Ausbildung des Plättchenpfropfs (primäre Hämostase) & Ausbildung eines stabilen Gerinnsels (sekundäre Hämostase).
21 Kardiovaskuläres System
78: Knochenmarkspunktion Mensch Giemsa Das Knochenmark füllt alle inneren Hohlräume der Knochen aus. Es wird unterschieden zwischen rotem und gelbem Knochenmark. Lediglich das Rote ist für die Hämatopoiese zuständig, die rote Farbe wird ihm durch die Dichte an Erythrocyten (und Erythrocyten‐Vorläufern) verliehen. Orte des roten Marks beim Erwachsenen: Sternum, Wirbelkörper, Rippen, Beckenkamm, Schädelknochen, proximale Enden von Humerus und Femur. Das Grundgerüst des Knochenmarks besteht aus retikulärem BG und fibroblastischen Retikulumzellen, die die Hämatopoiese aktiv mit Cytokinen regulieren. Des weiteren zu finden sind Fettzellen, Osteoblasten, Makrophagen und Knochenmarkskapillaren (Sinus), welche der Versorgung des Gewebes und dem Eintritt der gereiften Blutzellen ins Blutgefäss‐System dienen, was durch interzelluläre Spalten in ihrer diskontinuierlichen Basallamina gewährleistet wird. Die Adipocyten fungieren hauptsächlich als Platzhalter für die Blutzellvorläufer und können bei erhöhter Hämatopoiese schnell reduziert werden.
79: Herz Maus Tusche‐Kernechtrot Die Details zur Makroskopischen Anatomie des Herzens sind der Vorlesung von Prof. Djonov zu entnehmen. Auf den folgenden Zeilen werden lediglich einige wenige wichtige Punkte aufgegriffen und kurz erläutert, die Betrachtung dieses Schnittes setzt die Kenntnisse der Anatomie des Herzens voraus! Wandschichten des Herzens Endokard: kleidet Herzhöhlen aus, überzieht alle Strukturen im Innern des Herzens, bildet die Segel und Klappen, besteht aus Endothel (einschichtiges Plattenepithel) und einer dünnen subendothelialen Schicht. Das subendocardiale Bindegewebe geht ins Endomysium des Myokards über und enthält Blutgefässe und das Erregungsleitungssystem. Myokard: Herzmuskulatur (Arbeitsmuskulatur), multizelluläres Gebilde (funktionelles Syncytium) aus Kardiomyocyten (Zellkontakte im Bereiche der Glanzstreifen – Disci intercalares). Das Myokard wird durch feine BG‐Septen in Bündel gegliedert. Aufgrund des hohen Sauerstoffbedarfs der Herzmuskulatur kommen im Myokard sehr viele Kapillaren vor (ca. 1 Kapillare pro Myocyt). Die Kardiomyocyten sind im Unterschied zu den glatten Muskelzellen verzweigt, haben einen zentral gelegenen Kern und sind über Gap junctions untereinander funktionell verschaltet (funktionelles Syncytium!). Epikard: Serosaüberzug des Herzens. Mesothel (einschichtiges Plattenepithel) & dünne Bindegewebsschicht. Unter dem Epikard liegt eine Subserosa, welche subepikardiales Fettgewebe und darin eingebettet die Koronargefässe und Nerven enthält. In diesem Schnitt entsprechen die schwarz gefärbten Strukturen den Gefässe (Tusche im Gefässsystem). Der Kapillarenreichtum des Myokards wird hier deutlich. Die Kapillaren sind anhand ihrer Grösse gut von anderen Gefässen unterscheidbar. Die Streifung der Herzmuskulatur ist gut erkennbar, die Verzweigung der Kardiomyocyten kann zum Teil schön beobachtet werden (Disci intercalares).
Myokard Detailaufnahme der Herzmuskulatur
22 Kardiovaskuläres System
80: Herz Mensch Ladewig Das hellere, subendocardial gelegene Gewebe entspricht dem Erregungsleitungssystem des Herzens. Der Kapillarenreichtum ist wiederum gut sichtbar. Merke: Im Endokard hat es keine Gefässe und Nerven (hier erfolgt die Blutversorgung direkt aus den Vorhöfen und Ventrikeln).
80A: Herz (Reizleitungssystem) Schwein Masson Die Zellen des Reizleitungssystem im Herzen sind Myocyten (keine Neurone). Subendokardial sieht man BG mit möglicherweise Zellen des Reizleitungssystems (erscheinen ein weniger heller & auf diesem Schnitt nur sehr schwer zu erkennen). Subepikardial liegt ebenfalls viel BG mit grossen Nerven und Gefässen, Fettgewebe, eventuell ist der Sinusknoten angeschniten (wellenartige Struktur am Rande). Zur Veranschaulichung der Purkinje‐Fasern wurden zwei Abbildungen anderer Universitäten hinzugefügt.
Epikard & Myokard (links liegt ein angeschnittener Nerv) Endokard (sehr dünn)
Purkinje‐Fasern (Indiana University of Medicine) Purkinje‐Fasern (Tierärztliche Hochschule Hannover)
23 Kardiovaskuläres System
80B: Herz (Reizleitungssystem, Purkinjefasern) Schwein Masson Die subendokardialen Purkinje‐Fasern sind in diesem Schnitt sehr schön zu sehen. Die Parallelfasern sind ebenfalls rötlich angefärbt, da es sich um Myocyten und nicht Neuronzellen handelt).
eindeutig erkennbare Purkinje‐Fasern, welche in diesem Schnitt besonders gut im subepikardialen BG zu sehen sind 81: Aorta Mensch Goldner Die Aorta ist vom elastischer Typ (wie alle herznahen Arterien). Eine Membrana elastica interna ist häufig nur schwer abzugrenzen. Arterie vom elastischen Typ Breite Intima, elastische Media, keine scharfe Trennung der Schichten, viele elastische Fasern Intima: sehr breit, ausserdem dicke subendotheliale Schicht (= Lamina propria des Gefässes) mit lockerem BG, Fibroblasten, z.T. glatten Muskelzellen. Media: zahlreiche Membranen aus elastischem Material, welche die glatten Muskelzellen verspannen. In der Media können ausserdem auch Vasa vasorum beobachtet werden. Die glatten Muskelzellen machen nur 35 % der Media aus. Adventitia: Kollagenfasern, elastische Fibrillen, Einbau in Umgebung, Gefässe (vasa vasorum: v.a. in grossen Gefässen) und Nerven
Endothel, Intima, Media Media 82: Aorta Mensch Resorcin‐Fuchsin In dieser Färbung sind besonders die elastischen Fasern hervorgehoben, somit ist die Membrana elastica interna besser erkennbar.
elastische Fasern (gewellte Lamellen) sind sehr schön sichtbar, ebenso kann die Membrana limitians interna erkannt werden
Kardiovaskuläres System 24
83: Blutgefäss‐Stamm Mensch Resorcin‐Fuchsin‐Van Gieson Der Schnitt eignet sich besonders um die verschiedenen Gefässtypen unterscheiden zu können und sich deren Eigenschaften einzuprägen. Die Membrana elastica interna und externa sind sehr deutlich sichtbar, es handelt sich also um Gefässe des muskulären Typs. Im Vergleich zu den elastischen haben die muskulären Gefässe in der Media viel weniger Fasern. Arterie und Vene sind leicht unterscheidbar, die Vene ist dünner, weniger rund und hat ein viel grösseres Lumen im Vergleich zur Wanddicke. Arterien vom muskulären Typ Scharfe Trennung von Intima, Media, Adventitia. Alle mittelgrossen und kleinen Arterien sind vom muskulären Typ. Intima: viel dünner, ansonsten gleich wie bei elastischen Arterien Media: Membrana limitans interna / externa sehr gut sichtbar, ca. 75 % der Media sind glatte Muskelzellen, deutlich weniger elastische Fasern als in Arterien vom elastischen Bautyp Adventitia: gleich wie bei den elastischen Arterien Venen Grundsätzlich gleicher Aufbau wie Arterien (Intima, Media, Adventitia), Wandschichten i.A. jedoch undeutlicher auseinanderzuhalten. Die Media ist regional sehr unterschiedlich ausgeprägt (z.B. in den grossen Beinvenen sehr stark). Ausserdem sind in den Extremitätenvenen Venenklappen vorhanden. Lymphgefässe Lymphkapillaren: meist im LM kollabiert, extrem dünne Wand, keine Pericyten, keine durchgehend Basallamina Grössere Lymphgefässe: gleicher Aufbau wie Venen. DD zur Vene: Ungleichmässige Wanddicke, Klappen, Fehlen von Blut, Längsmuskelbündel in Intima und Adventitia, Nähe zu Lymphknoten
Arterie und Vene im Direktvergleich (links: Arterie, rechts: Vene) Wandaufbau muskuläre Arterie
kleine Arterie & kleine Vene Grösseres Lymphgefäss
Top Related