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Montag, 18. März 2013 | Nordwestschweiz 17Kultur

Bei der Zusammenstellung vonBands halten sich die meisten Jazz-musiker nach wie vor an bewährteRezepte. Ungewöhnliche Instrumen-tierungen haben dementsprechendSeltenheitswert. Wenn sich also einGitarrist, ein Sänger und ein Trompe-ter dazu entschliessen, im Trio aufzu-treten, ist das eine kleine Sensation.Und wenn sie das dann noch so sou-verän, unverbraucht, ideenreich, hin-terlistig, virtuos, draufgängerischund verspielt tun wie Peter Rom, An-dreas Schaerer und Martin Eberle,wird aus der kleinen Sensation imHandumdrehen eine grosse.

Viele HöhepunkteDer äusserst abwechslungsreiche,

mit viel Action und einer guten PriseHumor gewürzte Auftritt des hintenund vorne österreichischen und inder Mitte schweizerischen TriosRom/Schaerer/Eberle war der grosseStimmungsaufheller, aber beileibenicht der einzige Höhepunkt der 5.Ausgabe von «Jazz geht Baden»: Dasaus den Musikern Marcel Lüscherund Claude Meier bestehende Veran-stalter-Duo hat den so zahlreich wienoch nie herbeiströmenden Zuhöre-rinnen und Zuhörern zwei attraktiveKonzertabende voller Kontraste be-schert. Eine gross angekündigte Be-scherung musste allerdings kurzfris-tig wieder abgesagt werden.

Der sensationelle Saxofonist EmileParisien hatte beim Ausfüllen seinerAgenda scheinbar nicht aufgepasst

und trat daher in Toulouse statt in Ba-den auf – dass sein Management fürdiese peinliche Panne einen Todesfallin der Familie als Absagegrund vor-schob, ist wahrhaftig eine alles andereals lustige Pointe («there’s no businesslike show business»). So ging der Pia-nist Yaron Herman nicht mit einemTrio an den Start und mit einem Er-satzschlagzeuger für Tommy Crane,der für den ursprünglich angekündig-ten Ziv Ravitz hätte einspringen sol-len. Herman verfügt zweifellos überzehn sehr flinke Finger und er ver-steht diese auch nach allen Regeln derKunst zu koordinieren – doch anstatt

eine eigene Vision zu verfolgen, gehter nach der Copy-Paste-Methode vor,wobei er manchmal sogar die Körper-sprache seiner Vorbilder nachäfft.Aber eben: Herman ist nicht Mehldauund Jarrett ist er erst recht nicht undso subversiv wie The Bad Plus ist seinTrio bei weitem nicht. Authentizitättönt anders.

Die zweite Band aus der GrandeNation hinterliess ebenfalls einenziemlich zwiespältigen Eindruck.Beim Magic Malik Orchestra handeltes sich um ein Fusion-Quartett, beidem der orchestrale Aspekt synthe-tisch hergestellt wird und bei dem

immerhin der Leader mit der Quer-flöte ein bisschen quer in der Land-schaft steht.

KopfkinomusikDie Pianistin Vera Kappeler und der

Schlagzeuger Peter Conradin Zumthormischten Neutönerisches mit Naivem,bizarre Sounds mit schaurig-schönenMelodien, Leises mit Lautem. Diesekurlige Musik hätte bestens zu einemStummfilm gepasst, in dem BusterKeaton auf Nosferatu trifft – oder zu ei-ner «Niederdorfoper» mit Graf Dracula.Mit anderen Worten: Das kam einemirgendwie alles bekannt und trotzdemtotal fremd vor. Und so war man zu-gleich verzückt und verstört.

Verzückung ohne Verstörung er-zeugte der argentinisch-schweizeri-sche Doppelbürger Michael Zismanmit seinem Bandoneon. Mit viel Lei-denschaft und einem ausgeprägtenGespür für effektvolle Steigerungenstürzte er sich und das Publikum inein Wechselbad der Gefühle, wobeidas Pathos durch Melancholie abge-mildert wurde. Wunderbar!

Und dann war da noch Julian Sarto-rius, Beat-Sammler und Ex-Schlagzeu-ger von Sophie Hunger. Auch er tratsolo auf. Wie dieser bärtige Wuschel-kopf Groove-Intensität und Klangfar-benzauber, Minimal Art und maximaleEntfesselung aufeinander abstimmte,war atemberaubend. Man spürte, dassda jemand am Werk war, für den Spiritnoch wichtiger ist als Präzision – in ei-nigen Passagen hatte man gar das Ge-fühl, der Rhythmus-Schamane EdBlackwell sei wiederauferstanden.

Ungewöhnliche InstrumentierungenVON TOM GSTEIGER

Jazz Am Wochenende ging das 5. «Jazz geht Baden»-Festival über die Bühne

Das Trio Rom/Schaerer/Eberle in der Stanzerei Baden. PASCAL SEILER

Kino Mit dem Floss

nach Amerika

Nur 90 Meilen trennen Kubavon Florida. Viele Kubaner wol-len weg. So auch Lilas Zwil-lingsbruder Elio. Mit einem pri-mitiven Floss wollen ihr Bruderund sein Freund die Flucht wa-gen. Lila entscheidet sich fürdas Risiko und fährt mit. Regis-seurin Lucy Mulloy zeigt in ih-rem packenden Spielfilmdebütdie faszinierenden Seiten Ha-vannas, das Magische und ein-zigartige der kubanischenHauptstadt. Aber sie spart auchdie Schattenseiten eines über-holten politischen Systemsnicht aus. (AZ)

Aarau Freier Film, heute, 20.30Uhr. www.freierfilm.ch

Kunst Wirklichkeit

als KöderMit Installationen, Bildern, Klän-gen und Skulpturen umkreisendie drei Künstler Joëlle Allet,Christoph Brünggel und Christi-an Kuntner das Thema «Wirk-lichkeit als Köder». (AZ)

Baden Trudelhaus, «Wirklichkeitals Köder», noch bis 24. März.www.trudelhaus-baden.ch

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