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Landtag Rheinland-pfalz 12. Wahlperiode

31. Sitzung

Mittwoch, den 16. September 1992

Mainz, Deutschhaus

Fragestunde

a) Verwendung von Sondermüllschlacke in Wasserschutzgebieten Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. D6rr (DIE GRONEN) - Drucksache 12/1897- (Anlage)

b) Aufnahme von Asylbewerbern in Rheinland-P1alz Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Langen (CDU) -Drucksache 12/1898-(Anlage)

c) Schutzmaßnahmen des Landes für Asylsuchende vor Bedrohung und Ausschreitungen in Rheinland-P1alz Mündliche Anfrage des Abgeordneten Henke (DIE GRONEN) - Drucksache 12/1899- (Anlage)

d) Rechtsextremistische Tendenzen in Rheinland-P1alz Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bruch (SPD) - Drucksache 12/1905 -(Anlage)

e) Organisierte Kriminalität Mündliche Anfrage des Abgeordneten Geil (CDU) - Drucksache 12/1906- (Anlage)

f) Pro-Familia-zentrum Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Prof. Kokott-Weidenfeld (CDU) -Drucksache 12/1911- (Anlage)

Plenarprotokoll12!31

16. September 1992

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g) Wiederaufforstung Mündliche Anfrage des Abgeordneten Steffens (CDU) -Drucksache 12/1912- (Anlage)

Auf Antrag der Fraktion der CDU findet im Anschluß an die Fragestunde eine Aussprache gemliß § 96 der Geschliftsordnung des Landtags zu der Mündlichen Anfrage- Drucksache 1211906- statt.

Wahl der Vertrauensleute des Ausschusses zur Wahl der ehrenamtlichen Verwaltungsrichter hier: Verwaltungsgericht Mainz und Verwaltungsgericht Tri er

Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 12/1730-

dazu: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU und F.D.P. - Drucksache 12/1940-

Der Wahlvorschlag- Drucksache 1211940- wird bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE GRONEN angenommen.

Wahl von Mitgliedern des Landtags in die Versammlung der Landeszentrale für private Rundfunkveranstalter (LPR) Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 12/1916-

dazu: Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU, F.D.P. und DIE GRONEN - Drucksache 12/1941 -

Der Wahlvorschlag- Drucksache 1211941- wird einstimmig angenommen.

Entlastung der Landesregierung und des Rechnungshofs Rheinland-pfalzfür das Haushaltsjahr 1990

dazu: a) Entlastung der Landesregierung Rheinland-pfalz für das Haushaltsjahr 1990 Antrag der Landesregierung - Drucksache 12/697-

b) Entlastung des Rechnungshofs Rheinland-pfalz für das Haushaltsjahr 1990 Antrag des Rechnungshofs - Drucksache 12/698-

c) Jahresbericht 1991 Unterrichtung durch den Rechnungshof -Drucksache 12/1275-

d) Stellungnahme der Landesregierung zum Jahresbericht 1991 des Rechnungshofs (Drucksache 12/1275) Unterrichtung durch die Landesregierung -Drucksache 12/1810-

Die Antrlige - Drucksachen 1216971698- und die Unterrichtungen -Drucksachen 121127511810- werden an den Haushalts- und Finanzausschuß überwiesen.

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Landesgesetz zu dem Zusatzabkommen zum Abkommen über die Aufgaben und Finanzierung der Wasserschutzpolizei-Schule Gesetzentwurf der Landesregierung ·Drucksache 1211749-Erste Beratung

Der Gesetzentwurf- Drucksache 12/1749- wird an den Innenausschuß - federführend- und an den Rechtsausschuß überwiesen.

Landesgesetz zu dem Abkommen zur Änderung des Abkommens über die einheitliche Ausbildung der Anwärter für den höheren Polizeivoll­zugsdienst und über die Polizei-Führungsakademie Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 1211750-Erste Beratung

Der Gesetzentwurf- Drucksache 12/1750- wird an den Innenausschuß - federführend- und an den RechtsausschuB überwiesen .

... tes Landesgesetz zur Änderung des Architektengesetzes Rheinland-pfalz Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 1211780-Erste Beratung

Der Gesetzentwurf- Drucksache 1211780- wird an den Haushalts- und FinanzausschuB- federführend- und an den RechtsausschuB überwiesen .

.. . tes Landesgesetz zur Änderung des Landespflegegesetzes Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRONEN -Drucksache 1211817-Erste Beratung

Der Gesetzentwurf- Drucksache 12/1817- wird an den AusschuB für Umwelt- federführend- und an den RechtsausschuB überwiesen.

Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes über die Ermächtigung der Gemeinden zur Erhebung von Vergnügungssteuer und Hundesteuer Gesetzentwurf der Fraktion DIE GR0NEN -Drucksache 1211869-Erste Beratung

Der Gesetzentwurf- Drucksache 12/1869- wird an den Innenausschuß - federführend- und an den RechtsausschuB überwiesen.

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Am Regierungstisch:

Ministerpräsident Scharping; die Staatsminister Brüderle, Galle, Frau Dr. Götte, Frau Martini, Meister, Frau Rott, Prof. Dr. Zöllner, Zuber; die Staatssekretäre Dr. Klär und Prof. Dr. Rumpf.

Entschuldigt fehlten:

Die Abgeordneten Frau Hammer und Happ sowie die Staatsminister Caesar und Gerster.

Rednerverzeichnis:

Präsident Grimm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2465, 2466, 2467, 2468, 2470, 2471, 2472, 2473, 2474 2475,2476,2477,2478,2479,2480,2481,2482,2484

2485,2487,2488 Vizepräsident Dr. Volkert .................................. ! . . . . . . . . . . . . . . . . 2493, 2494 Vizepräsident Bojak . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2489,2490,2491, 2492, 2496,2497, 2500,2502, 2503

2505,2506,2507 Beck (5PD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2479, 2487 Bojak (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2493 Bruch (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2470, 2482 Dieckvoß (F.D.P.) ................................................ 2481,2485, 2488, 2505 Dörr, Dr. (DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2494 Ehrenberg (F.D.P.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2491 Geil (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2472, 2478, 2489 Henke (DIE GRÜNEN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2466, 2467, 2468, 2470, 2480, 2488 Hoppe (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2492, 2503 Hütten (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2502 Jürging (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2475 Kipp (SPD) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2496 Kokott-Weidenfeld, Prof. (CDU) ................................... _ . . . . . . . . . . . . . . . 2473 Neubauer (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2477 Reisinger, Prof. (F.D.P.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2500 Rieth (DIE GRÜNEN) ..................... -... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2492, 2501, 2503 Schmitt, D. (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2475, 2476 Schnarr (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2485 Schönberg (CDU) . _ .. ___ . _ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2497 Steffens (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2474, 2475 Volkert, Dr. (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2487 Wilhelm (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2473, 2482 Wittkowsky (CDU) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2478 Scharping, Ministerpräsident . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2484 Galle, Minister für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2466, 2473 Martini, Ministerin für Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2465 Schneider, Minister für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2474 Zuber, Minister des lnnern und für Sport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2467, 2469, 2506 Klär, Dr., Staatssekretär . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2471

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Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992 2465

31. Plenarlltzung des undtags Rheinlanci-Pfalz am 16. September 19U

Die Sitzung wird um 14.01 Uhr vom Prlsidenten des Landtags

erOffnet.

Prlsident Grimm:

Meine Damen und Herren, ich begrOße Sie sehr herzlich zur

31. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-P1alz.

Zu SchriftfUhrern berufe ich Frau Abgeordnete Spurzem und

Herrn Abgeordneten Licht. Die Rednerliste fOhrt Frau Abge­

ordnete Spurzem.

Für heute sind die Staatsminister Gerster und Caesar SCNIIie

Frau Abgeordnete Hammer und Herr Abgeordneter Happ entschuldigt.

Ich freue mich, einigen Kolleginnen und Kollegen jeweils zu

runden Geburtstagen gratulieren zu können. ln der parla­

mentarischen Sommerpause hatte Frau Abgeordnete Grütz­

macher Geburtstag; in Abwesenheit Gratulationen des ge­

samten Hauses. Am 6. September hatte der Kollege Ehren­

berg Geburtstag; nachtriglich herzlichen GIQckwunscht Am

13. September ist der Kollege Alexander licht 40 Jahre alt ge­

worden; herzlichen GIOckwunschl Heute feiert der Kollege

Klaus Hammer seinen 50. Geburtstag; allerherzlichsten

Glückwunsch, vor allen Dingen Gesundheit und Spaß bei der

Arbeit!

(Beifall im Hause)

Ich freue mich, wiederum Glste im lanctt.g begrüßen zu

kOnnen. und zwar Mitglieder des SPO..Ortsverein Naunheim

und Soldaten der 2. Kompanie, Fernmelde~taillon 930 der

Bundeswehr aus Gerolstein in der Eifel; herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Gestatten Sie mir einige Hinweise zur Abwicklung der Tages­

ordnung:

Zu Punkt 1 der Tagesordnung - Fragestunde - ist darauf hin­

zuweisen, daß neben den in der Tagesordnung aufgeführten

MOndlichen Anfragen weitere MOndliehe Anfragen vorlie­

gen, und zwar fristgerecht für die 31. Plenarsitzung' die

MOndlichen Anfragen - Drucksachen 12/1926/1927/192BI

1929 - und fristgerecht fOr die morgige Sitzung die Mondli­

chen Anfragen- Drucksachen 121193411935-.

Die Regierungserkllrung - Punkt 2 der Tagesordnung -wird

in der morgigen Sitzung nach der Fragestunde abgegeben.

Anschließend folgt die Beratung des Punktes 10 der Tages­

ordnung.

Punkt 22 der Tagesordnung - Entlastung der Landesregie-

rung- wird heute ohne Aussprache nach den Wahlen behan­

delt. damit der Haushalts- und Finanzausschuß in seiner mor­

gigen Sitzung das weitere Verfahren festlegen kann.

Eingebrachte Änderungs-. Entschließungs- und Alternativan­

trage sowie Wahlvorschlage werden bei dem jeweiligen Ta­

gesordnungspunkt gesondert aufgerufen.

Ich darf dann die insofern modifizierte Tagesordnung fest­

stellen. -Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so erfolgt.

Wir kommen nun zu Punkt 1 der Tagesordnung:

Fragestunde

Ich rufe die Mondliehe Anfrage des Abgeordneten Dr. 06rr

(DIE GRONEN), verwe~dung von SondermOIIS<hlacke in Was­serschutzgebieten- Drucksache 12/1897- betreffend, auf.

Für die Landesregierung antwortet Umweltministerin Frau

Martini.

Frau Martini, Ministerin fOr Umwett:

Sehr geehrter Herr Prlsident, meine Damen und Herren Ab­

geordneten! Bei der in der MOndlichen Anfrage angespro­

chenen Verfüllungsmaßnahme in Worms wurde entgegen

den Angaben des Fragestelfers keine Schlacke aus einer Son­

dermüllverbrennungsanlage der BASF verwendet, sondern

aufbereitete Schlacke aus der Hausmüllverbrennungsanlage

Ludwigshafen und Mannheim.

Es trifft auch nicht zu, daß die Stadtverwaltung Worms den

Einbau der Schlacke in der Anfangsphase verhindern woltte.

wlhrend die zustlndige Behörde des Landes den Einbau ge­

nehmigte. Richtig ist vielmehr, daß d1e Bezirksregierung

Rheinhessen-P1alz als zuständige Landesbehörde erstmals

mit der Angelegenheit befaßt wurde, als der Einbau schon

abgeschlossen war.

Dies vorausgeschickt, beantworte 1ch die Mündliche Anfrage

namensder Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1: Nach Angaben der Bezirksregierungen sind die­

sen in Rheinland-P1alz keine Fllle bekannt. in denen

Schlacken aus Sondermüllverbrennungsanlagen als Baumate­

rial in Wasserschutzgebieten verwendet wurden.

Zu Frage 2: Nach Ansicht der Landesregierung ist die Verwer­

tung von Schlacken aus MOllverbrennungsanlagen als Bau­

material in wasserwirtschaftliehen Sondergebieten, zum Bei­

spiel Wasserschutzgebieten oder Wassergewinnungsgebie­

ten, grundsitzlieh auszuschließen. Ausnahmen hiervon sind

im Einzelfall, zum Beispiel in der Wasserschutzzone 111 b, nach

nlhererPrOfung mOglich.

Zu Frage 3: Nach eingehender Untersuchung der tnhaltsstof-

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2466 Landtag Rheinland-pfalz- 12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992

federverwendeten Schlacken sowie einergenauen Oberprü­

fung des Einbaustandorts in Worms--RheindOrkheim wurde

von seiten der Bezirksregierung Rheinhessen-P1alz entschie­

den, daß das Material dort verbleiben kann, ohne daß hier

von einer Altlast zu sprechen ist.

Prlsident Grimm:

Gibt es Zusatzfragen1 - Das ist nicht der Fall. Die MOndliehe

Anfrage ist beantwortet.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Ich rufe nun die MOndliehe Anfrage des Abgeordneten Or.

Langen (CDU), Aufnahme von Asylbewerbern in Rhelnland­

Pialz- Drucksache 12/1898- betreffend. auf.

Für die Landesregierung antwortet der Herr Minister fOr Ar­

beit, Soziales. Familie und Gesundheit.

Galle, Minister fOr Arbeit. Soziales, Familie und Gasundhelt:

Herr Prlsident. meine sehr verehrten Damen und Herreniith beantworte die MOndliehe Anfrage· des Abgeordneten Dr. Langen. Aufnahme von Asylbewerbern in Rheinlarw:f.Pfalz betreffend. fQr die Landesregierung wie folgt:

Meine sehr verehrten Damen und Herren. die Quote von

4,72% gibt das im Gesetz vorgesehene Aufnahm•Soll im Rahmen der endgOttigen Aufnahme wieder. Unabhlngig

hiervon ist die Erstaufnahme zu sehen. Asylsuchende Auslin­derinnen und Austinder sind bei der bestehenden Rechtsan­lage frei, zu entscheiden, in welchem Land sie ihren Asylan­trag stellen. Ober Jahre waren daher Bundesiloder mit Flug.

hlfen und Außengrenzen-genannt sei hier etwa Hessen mit dem Rhein-Mein-Flughafen- solche, in denen Ober die Aut­oahmequote hinaus Auslinderinnen und Ausllnder erstma­lig einen Asylantrag gestellt haben.

Mit der Einbeziehung der neuen Bundestinder hat sich dies insoweit gelodert, als mehr oder weniger alle alten Bundes­

IInder -zumindest vorObergehend- in diese Situation ge­kommen sind. Der Ausgleich zwischen der tatsichliehen An­

tragstellung und dem Aufnahme-Soll wird durch den Bundes­

beauftragten fOr die Verteilung durch eine entsprechende

Verteilerentscheidung herbeigefOhrt. Da sowohl das An­

tragsverhalten der Asylbegehrenden als auch das Gesamtv~ Iumen der Neuantrlge nicht kalkulierbar ist, kann der Qu~

tenausgleich durch Verteilerentscheidungen immer nur als

Prozeß gesehen werden, der mittelfristig die jeweil'ige Ober­oder UntererfOIIung der Aufnahmequote ausgleicht. Unter

BerOcksichtigung dieser Realitlten beantworte ich die Fragen wie folgt.

Zu Frage 1: Es trifft zu. daß im Jahre 1991 in Rheinland-P1alz

mehr Personen einen Asylantrag gestellt haben. als es der

Quote entspricht. Da Asylbegehrende nicht darOber befragt

werden, aus welchem Grund sie ihren Asylantrag in

Rheinland-Pfalz und nicht in einem anderen Bundesland ge­

steltt haben, kOnnte Ober die Gründe fOr die Abweichung zwischen der tatsichliehen Antragstellung und der Landes­quote nur spekuliert werden. Hierauf verzichtet die Landes­

regierung.

Zu Frage 2: Allein wegen des höheren Zugangs sind selbstver­

standlieh Mehrkosten entstanden. Diese sind jedoch nicht zu

beziffern, da wegen des fehlenden Einflusses auf das An­tragsverhalten der Asylbegehrenden Kapazitäten für die Erstaufnahme vorgehalten werden mOssen, die den tatsichli­

ehen VerhAltnissen Rechnung tragen. Eventuelle Mehrauf­

wendungen gleichen sich im übrigen durch die Verlnderung

des Antragsverhaltens Ober die Jahre hinaus jeweils aus. I

Zu Frage 3: Der Anteil der Neuantragsteller und -antrag­stellerinnen am Gesamtantragsaufkommen im Bundesgebiet

lag vom 1. Januar bis zum 31. August 1992 in Rheinland-P1alz

bei 5,07 %. Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, daß im

Laufe des Jahres eine gegenllufige Entwicklung zu verzeich­

nen war: Wlhrend in den ersten vier Monaten 1992 der Auf­nahmeenteil bei 7,5 vom Hundert lag. war im zweiten Teil ein Anteil von nur noch 3,1 % zu verzeichnen.

Zu Frage 4: Auch für 1992 kOnnte Ober die GrOnde fOr die

Obererfüllung der Quote in den ersten vier Monaten nur spe­

kuliert werden. Auch dies hllt die Landesregierung nicht fOr

angezeigt.

Zu Frage 5: Wie dargestellt, besteht einerseits für die Llnder

keine Möglichkeit, das Antragsverhalten zu beeinflussen. An­

dererseits ist festzustellen, daß Ober die Jahre gesehen ein

Quotenausgleich erfolgt ist. Die Vorgingerregierung hat es stets abgelehnt, wegen der besonderen Belastung der Erst­aufnahme etwa die Aufnahmequote klassischer Abgabelln­

der wie Hessen zu senken oder sonst ausgleichenden Maß­nahmen zuzustimmen. Von daher sieht die Landesregierung

weder Raum noch Bedarf fOr entsprechende Verhandlungen

mit anderen Bundesllndern.

Prlsident Grimm:

Gibt es Zusatzfragen?- Herr Henke.

Abg. Henke, DIE GR0NEN:

Herr Staatsminister, es wurden also in diesem ersten Halbjahr

sehr viele Asylbewerber in andere Bundesländer abgegeben.

KOnnen Sie mir Zahlen nennen, und wohin wurden jeweils diese Asylsuchenden aus Rheinland-Pfalz abgegeben?

Galle, Minister fOr Arbeit. Sozialet, Familie und Gesundheit:

Herr Abgeordneter Henke, richtig ist - das habe ich darge--

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Landtag Rheinland-pfalz ·12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992 2467

stellt-, daß insbesondere wlhrend der ersten vier Monate zu­

nlchst unabhlngig von den Verteilerentscheidungen einfach über Nacht Asylbewerberinnen und Asylbewerber nach

Rheinland-P1alz gekommen sind, daß wir dann durch eine in­

terne Personalverstlrk.ung und durch Verhandlungen mit

dem Bund darauf gedrlngt haben, daß sehr schnell und sehr

nachdrücklich verteilt wird. Ich kann im Augenblick die Frage.

wohin verteilt worden ist und in welchem Maße, nicht im D•

tail beantworten. Ich bin aber gerne bereit, die entsprechen­

den Zahlen durch die Zentrale Anlaufstelle in lngelheim zu­

sammenstellen zu lassen.

Präsident Grimm:

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Kollegen Henke.

Abg. Henke. DIE GRONEN:

Herr Staatsminister, treffen Behauptungenzu-ich bitte dies

zu prüfen, falls Sie es nicht beantworten können -, daß bei

diesen Verteilungen Verwandte getrennt wurden 1 Wenn

dies stimmt, in wie vielen Flllen ist das geschehen, und wie ist

das zu begründen?

Galle, Minister fQr Arbeit. Sozloles. Familie und Gesundheit:

Auch ich habe gelegentlich davon Kenntnis bekommen. daß

so etwas passiert sein soll. Wir sind jedem Einzelfall, der uns

bekanntgeworden ist, nachgegangen und haben, soweit sich

Dinge ergeben haben, die nicht mit den rechtlichen Bestim­

mungen übereinstimmen, und die MOglichkeit bestand, fOr die entsprechende Korrektur gesorgt. Aber auch hierzu ver­

fOge ich aus dem Stegreif nicht Ober die Detailkenntnis. Ich

bitte dafQr um Verstlndnis. Sie wissen, wie hoch die Anzahl

der Asylbewerber und Asylbewerberinnen insgesamt ist. Das

habe ich nicht parat.

(Abg. Henke, DIE GR0NEN, meldet sich

zu einer weiteren Zwischenfrage)

Prlsident Grimm:

Herr Henke. Sie haben Ihr Fragekontingent ausgeschöpft.

Gibt es weitere Zusatzfragenl- Das ist nicht der Fall. Dann ist

die MOndliehe Anfrage beantwortet.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Ich rufe nun die MOndliehe Anfrage des Abgeordneten Hen­

ke (DIE GR0NEN). -.na8nlhmen des Landes fllr Asylsu­

-nde - Bedrohung und Ausschreitungen in Rheinllncf. Plalz - Drucksache 1211899- betreffend. auf.

FOr die Landesregierung antwortet der Herr lnnenminister.

Zuber. Minister des lnnern und für Sport:

Herr Prlsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich

darf die MOndliehe Anfrage des Herrn Abgeordneten Henke

wie folgt beantworten:

Die Landesregierung ist sehr besorgt über die anhaltenden

Obergriffe insbesondere jugendlicher Gewalttiter auf Woh­

nungen und Unterkünfte von Asylbewerberinnen und Asyl­

bewerbern. Sie verurteilt solche schweren Straftaten auf das

schlrfste.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Die Landesregierung ist davon Oberzeugt. daß auch die Ober­

wiegende Mehrheit !unserer Bevölkerung Gewalt ablehnt.

(Beifall bei SPD und F.D.P. und

vereinzelt bei der CDU)

Gewalt lOst keine Probleme. Gewalt schafft neue Probleme.

Die Landesregierung sieht es als ihre Aufgabe an, m.it den zur

Verfügung stehenden Mitteln Gewalttaten wirksam zu un­

terbinden und weiteren Schaden abzuwenden. Dabei muß

von den staatlichen Stellen aus general~ und spezialprlventi­

ven Gründen schnell bei der Verfolgung und Ahndung von

Straftaten gehandelt werden. Al$ Beispiel mOchte ich die po­lizeiliche Ermittlungstltigkeit beim Brandanschlag auf das

Asylbewerberheim in llbesheim anführen, bei der es gelun­

gen ist, den vermutlichen Titer innerhalb von zwei Tagen

dingfest zu machen.

Die Landesregierung dankt den Sicherheitskrlften, insbeson­

dere unserer Polizei, fOr ihren wirkungsvollen Einsatz zum

Schutz asylsucheoder Menschen.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Die Landesregierung appelliert aber auch an alle demokrati·

sehen Krlfte außerhalb dieses Hauses und bittet um Unter­

stOtzuns und Hinweise auf solche verbrecherischen Umtrie­

be, die das Leben und die Gesundheit unschuldiger Menschen

geflhrden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die MOndliehe Anfrage

des Herrn Abgeordneten Henke im Einvernehmen mit dem

Ministe'r far Arbeit, Soziales. Familie und Gesundheit wie

folgt:

Zu Frage 1: Bereits vor genau einem Jahr, das heißt nach den

- tatliehen Angriffen Oberwiegend jugendlicher Gewalttiter

auf das Ausllnderwohnheim in Hoyerswerda, habe ich die Si­

cherheitsbeh6rden des Landes zu erhöhten Schutzmaßnah­

men far Asylbewerber angewiesen. Seit dieser Zeit sind. ins­

besondere Wohnobjekte von Asylbewerberinnen und Asylbe­

werbern unter den besonderen Schutz der Polizei gestellt.

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2468 Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung. 16. September 1992

Ergänzend darf ich hierzu feststellen. daß ich unmittelbar nach den schlimmen Vorkommnissen in Rostock die Polizei­

dienststellen im Lande auf die verschlrfte Gefahrdungssitua­

tion fOr Asylsuchende hingewiesen und zur Verhinderung von SicherheitsstOrungen verstlrkte Schutzmaßnahmen an­

geordnet habe. Allerdings will ich auch betonen. daß es 100 %igen Schutz nirgends auf der Wett geben kann. zu die-­

sen verstarkten Schutzmaßnahmen zlhlen insbesondere die

Verstlrkung des Streifendienstes. lageengepaßt auch stlndi­ge Prlsenz der Polizei im Bereich von UnterkQnften und Wohnungen Asylsuchender, die verstlrkte polizeiliche Auf­

kllrung im Umfeld geflhrdeter Objekte und Personen. um

potentielle Straftiter und/oder gewatttltige Gruppierungen rechtzeitig zu erkennen, sowie die Intensivierung des Infor­

mationsaustauschs zwischen den Polizeidienststellen und

dem Landeskriminalamt mit dem Ziel, ein aktuelles Geflhr­

dungslagebild für operative Maßnahmen stlndig verfOgbar

zu halten.

Darüber hinaus ist Vorsorge getroffen, um auch bei einer

weiteren Verschlrfung der Sicherheitslage angemessen mit

polizeilichen Mitteln reagieren zu kOnnen.

Zu den Fragen 2 und 3: Das Land besitzt mit der Zentralen

Anlaufstelle fOr Asylbewerber Rheinland·P1alz und den Au­

ßenstellen insgesamt 14 Unterkünfte fOr die Unterbringung

von Asylsuchenden. Hiervon sind zehn Einrichtungen mit Of­

fentlichen Fernsprechern ausgerüstet; in fOnf Unterkünften

gibt es Notruftelefone. Unabhlngig von den Offentliehen

Fernsprechern bZw. Offentliehen Notrufen verfügen alle Un­

terkOnfte Ober einen Fernmeldeanschluß.

ln der Zentralen Anlaufstelle in lngelheim sind außerhalb der

Dienstzeiten Mitarbeiter eines Bewachungsunternehmens

stlndig unmittelbar an der P1orte erreichbar, die sodann in

der Lage sind, Notrufe abzusetzen. Bei den Außenstellen der

Zentralen Anlaufstelle ist eine Betreuung rund um die Uhr si­

chergestellt. Die _Betreuer verfügen ausnahmslos Ober einen

eigenen Fernmeldeanschluß. Für die Außenstelle Pirmasens

sind außerdem ein Offentlicher Fernsprecher und ein Notruf­

melder beantragt.

Zu Frage 4: Gerniß dem Landesaufnahmegesetz sind die

kommunalen GebietskOrperschaften verpflichtet, die ihnen

zugewiesenen Asylsuchenden aufzunehmen und unterzu­

bringen. Die Kommunen nehmen diese Aufgabe als P11icht­

aufgabe der Selbstverwaltung wahr. Im Rahmen dieser Auf­

gabe unterhatten die Kreise und Stldte Asylunterkünfte in

eigener Verantwortung. Welche Unterkünfte im einzelnen

unterhalten werden und ob diese mit Offentlieh zugingli­

ehen Telefonen und/oder Notruftelefonen ausgestattet sind.

ist der Landesregierung nicht bekannt.

Nach der Eskalation der Vorginge in Rostock habe ich aller­

dings in einem Fernschreiben allen Kommunen. in denen

Asylbewerber untergebracht werden, empfohlen. die Unter­künfte mit TelefonanschlOSsen zu versehen, soweit dies auf­

grund konkreter Umstande, wie zum Beispiel eine abgelege--

ne Lage der Unterkunft, geboten erscheint und eine solche

Telefonverbindung noch nicht bestehen sollte.

Prlsident Grimm:

Gibt es Zusatzfragen7- Herr Henke.

Abg. Henke. DIE GRONEN:

Herr Staatsminister, besteht irgendwann die Möglichkeit,

einmal einen Bericht bezOglieh der Telefone in den von den

Gemeinden und Kreisen eingerichteten Unterkünften zu be­kommen? Was Sie jetzt gesagt haben, klang sehr vage. Oder

besteht nicht die MOglichkeit, durch die Landesregierung in­

formiert zu werden7

Zuber, Minister des tnnern und für Sport:

Herr Abgeordneter Henke, es handelt sich dabei um viele

hundert Unterkünfte, wenn Sie bedenken, daß die 24 Land­

kreise und die 12 kreisfreien Stldte verschiedene Gemein­

schaftsunterkünfte eingerichtet haben. Insoweit ist das ein

enormer Verwaltungsaufwand. Ich denke aber. daß auf der

Grundlage des eben zitierten Fernschreibens sich die Gemein­

den, sofern nicht ohnedies bereits solche Telefonanschlüsse

bestehen, darum kümmern werden.

Prlsldent Grimm:

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Henke.

Abg. Henke. DIE GRONEN:

Herr Staatsminister, wie steht die Landesregierung zu dem

Vorschlag, bundesweit ein Notruftelefon fOr FlOchtlinge ein­

zurichten, wo Dolmetscher diese Notrufe empfangen kOn­

nen?

Zuber, Ministerdes lnnern und fOr Sport:

Herr Abgeordneter Henke, sicher wird man diesen Vorschlag

zu prüfen haben. Wir gehen davon aus, daß es durch die Prl­

senz von Deutschen mOglich sein wird, ohne Sprachschwierig­

keiten in Flllen, in denen Hilfe notwendig wird, diese Hilfe

auch herbeizurufen. Aber man kann gerne einmal darOber

nachdenken.

Prlsident Grimm:

Weitere Zusatzfragen sind nicht ersichtlich. Die Mündliche

Anfrage ist beantwortet.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

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l

Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung,16. September 1992 2469

Ich rufe die MOndliehe Anfrage des Abgeordneten llruc:h

(SPD). Rechtsextremistische Tendenzen in Rhein .. nci-Pfolz­Drucksache 1211905 - betreffend, auf.

Es antwortet ebenfalls der Herr lnnenminister.

Zuber. Minister des lnnem und für Sport:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Die MOndliehe An~

frage des Herrn Abgeordneten Bruch darf ich im Einverneh­

men mit der Ministerin für Bildung und Kultur und dem Mini­

ster fOr Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheitwie folgt be­

antworten:

Zu Frage 1: Fremdenfeindlich motivierte Straftaten sind seit

den gewalttltigen Auseinandersetzungen in Rostock bun­

desweit sprunghaft angestiegen. Nach Mitteilung des Bun­

deSkriminalamtes sind vom Jahresbeginn bis zum 10. Septem­

ber insgesamt 218 Brandanschllge sowie ein Sprengstoffan­

schlag gegen Auslinderinnen und Ausllnder bzw. Asylbe­

werberinnen und Asylbewerber im Bundesgebiet verübt wor­

den.

Auch in Rheinland-P1alz ist in den letzten Wochen eine Zu­

nahme von Straftaten mit fremdenfeindlicher Motivation er­

kennbar. Nactt..einer Aufstellung des Landeskriminalamtes­

Stand 10. September- sind seit Beginn des Jahres 1992 insge­

samt 119 Straftaten- im Vorjahrwaren dies 135 fOr das ganze

Jahr- registriert worden. Dabei wurden bei 28 Straftaten ins­

gesamt 86 Tatverdlchtige ermittett. Im vergangeneo Jilhr wurden bei 20 Straftaten 56 Strafverdlchtige ermittelt. ln der

Gesamtzahl von 119 Straftaten in diesem Jahr sind ein ver­

suchtes TOtungsdelikt. 11 Brandanschllge einschließlich Ver­

suche, 49 Sachbeschldigungen, 19 K6rperverletzungen bow.

Angriffe gegen Asylanten und Ausllnder, 29 Drohungen

bzw. Bedrohungen sowie 10 sonstige Straftaten. zum Beispiel Landfriedensbruch. enthatten.

Herausragende Einzeltaten der jüngsten Zeit waren: Am

18. August 1992 in Schuld im Landkreis Ahrweiler. Unbekann­

te Titer verObten nachts gegen 2.00 Uhr einen Brandan­

schlag mittels Molotowcocktail auf die Wohnwagen mehr•

rer ausllndischer Familien. Personen- und Sachschaden ent­

stand nicht.

Am 27. August 1992 in llbesheim: Auf das Asylbewerber­

wohnheim wurde mittels Molotowcocktail ein Brandanschlag

verübt. Es entstand geringer Sachschaden, da das Feuer von

anwesenden Asylsuchenden sofort geiOSCht_ werden konnte.

Ein Tatverdlchtiger wurde von der Polizei ermittett und fest­genommen.

Schließlich am 5. September in Andernach im Landkreis

Mayen-Koblenz: Unbekannte Titer warfen einen Molo­

towcocktail gegen das Anwesen einer seit zwOif Jahren in

Deutschland lebenden tOrkischen Familie.

Die Gefahr dieser Straftaten für das Leben und die körperli­

che Unversehrtheit von Menschen ist unverkennbar, obwohl

in Rheinland-P1alz bei Brandanschlagen giOcklicherweise bis­

her keine Personen zu Schaden kamen.

Die Gewaltbereitschaft in der Auseinandersetzung zwischen

Oberwiegend jugendlichen deutschen Titern und Auslindern

sowie zwischen Rechtsextremisten bzw. Personen mit frem­

denfeindlicher Einstellung und autonomen Gruppen zeigt

steigende Tendenz.

Zu Frage 2: Aus der breiten Palette von Maßnahmen der Auf­

kllrung und Information darf ich folgende herausgreifen:

Die Landesregierung stellt für die hauptamtliche Betreuung

von Projekten der Jugendarbeit im lindliehen Raum im Dop­

pelhaushalt 1992/1993 1,6 Millionen DM zur Verfügung. Im

Rahmen dieses Programms können Projekte zur Gewaltprl-

' vention sowie zur Auseinandersetzung mit dem Rechtsextre-

mismus gefOrdert werden. ln die FOrderprogramme des Lan­

desjugendplanes Rheinland-P1alz werden ausllndische junge

Menschen ohne Unterschied zu deutsc.hen Jugendlichen ein­

bezogen.

Die Landesregierung fOrdert darOber hinaus Bildungsmaß­

nahmen zur Integration besonderer BevOikerungsgruppen,

insbesondere auch ausllndischer junger Menschen. Damit

wird ein Beitrag zum Abbau von Vorurteilen und zum guten

Zusammenleben geleistet.

Bei der Landeszentrale für politische Bildung wird in Kürze ei­

ne praxisbezogene Arbeitshilfe zum Thema .Rechtsextremis­

mus und Jugendarbeit• erscheinen, die sich an Multiplikato­

ren der außerschulischen und schulischen Jugend- und Bil­

dungsarbeit richtet.

Beim Landesfilmdienst Rheinland-Pfalz stehen für die Bil­

dungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen verschiede­

ne Medien zur kostenlosen Ausleihe zur Verfügung.

Das Ministerium für Arbeit, Soziales. Familie u_nd Gesundheit

konzipiert derzeit in Kooperation mit dem landesfilmdienst

und dem Landesjugendring einen Jugend-Fotowettbewerb

zum Thema .Fremde Menschen in unserem Land• sowie eine

Fachtagung für Muttiplikatoren der Jugendarbeit zur Thema­

tik .Jugend und Gewalt•. die itn Januar 1993 stattfinden

wird.

Im schulischen Bereich wird bei der derzeit laufenden Revi­

sion der Lehrpllne für Sozialkunde die Auseinandersetzung

mit extremistischen Parteien expressis verbis thematisiert.

Meine Damen und Herren. es ist das Ziel der Landesregie­rung, Kinder und Jugendliche unmittelbarer an politischen

Prozessen und Entscheidungen zu beteiligen.

Mit dem Konzept .Mehr Politik für und mit Kindern wagen·

will die Landesregierung dazu beitragen, junge Menschen

schon sehr frOh mit den demokratischen Regelungsmechanis­

men unserer Gesellschaft vertraut zu machen. So soll die Poli-

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2470 Landtag Rheinland-pfalz ·12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992

tikverdrossenheit abgebaut und rechtsradikaler Propaganda

entgegengewirkt werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe im kürzlich herausgegebenen Tltigkeitsbericht 1991

des rheinland.pfllzischen Verfassungsschutzes, der Ihnen.

meine Damen und Herren Abgeordneten. vorliegt, darauf hingewiesen, daß die Offentlichkeitsarbeit des Verfa55ungs­

schutzes breiten Raum in der geistig-politischen Auseinan­dersetzung mitdem Extremismus einnimmt.

Dem gestiegenen Aufkllrungsbedarf zum Thema .Extremis­

mus und Fremdenfeindlichkeit· wird auch dadurch Rechnung

getragen. daß aufgrund eines Beschlusses der Innenminister­

konferenz vom 22. Mai dieses Jahres eine Arbeitsgruppe

.Aufkllrungskampagne gegen den Extremismus• gebildet

worden ist. Dieses ressortübergreifende Bund-Linder­

Gremium. dem Vertreter der lnnenminister. der Jugendmini­

ster, der Arbeits- und Sozialminister sowie der Kultusminister

angehOren, soll Vonchllge fOr eine zielgruppenorientierte

Aufkllrungsk.am pagne erarbeiten und diese in einer Gesamt­

konzeption bOndein und koordinieren. Die Realisierung der

Vorxhlage wird allerdings eine finanzielle Beteiligung des

Bundes und der llnder erfordern. Das Land Rheinland·PJalz

ist grundsitzlieh bereit, sich angemessen an der vorgeseh•

nen Aufkllrungskampagne finanziell zu beteiligen.

Zu Frage 3: Herr Abgeordneter Bruch, ich darf zu dieser Frage

auf meine soeben gegebene Antwort auf die MOndlithe An­

frage des Herrn Abgeordneten Henke verweisen und ab-­

schließend betonen, daß die polizeilichen Schutzmaßnahmen

fOr die Asylsuchenden mit Vorrang durchgeführt werden.

Aber ich wiederhole: Hundertprozentige Sicherheit kann ni•

mand garantieren.

P<lsiclent Grimm:

Ich erteile Herrn Abgeordneten Bruch zu einer Zusatzfrage

das Wort.

Abg. Bruch, SPD:

Herr Staatsminister. sind Sie der Meinung. daß unser Verfas­

sungsschutz ausreichend gewappnet ist, was seine Starke und

die Technik angeht, um eine Vorabkllrung im rechtsradika­

len Raum durchzufahren?

Zuber, Minister des -m uqd fOr Sport:

Herr Abgeordneter Bruch, es ist unllngst der Vorwurf erho­

ben worden. daß die Organislltionsverlnderungen beim Ver­

fassungsschutz in der jetzigen Situation falsch wlren. Ich

machte dem widenprechen. kh denke, daß der Verfassungs-

schutz keine Frage der Quantitlt, sondern eine Frage der

Qualitlt ist.

- Das ist schön.

(Zurufe von der CDU­

Mohr, CDU: Gilt überall!)

Die Mßarbeiterinnen und Mßarbeiter des Verfassungsschut­

zes sind hinsichtlich dieser Aufgabenstellung sensibiJisiert. Sie

sind personell und technisch in der Lage. den wachsenden

Anforderungen. die sich in diesem Bereich stellen. auch er­

folgreich zu begegnen.

P<isldent Grimm:

Gibt es weitere Zusatzfragen?- Herr Henke.

Abg. !lenke, DIE GRONEN:

Herr Staatsminister, ich hltte gern noch etwas über die Struk­

tur der Titer geh6rt. Die Zahl der Anschllge ist erxhreckend.

Jetzt ist die Frage mlnnlicMveiblich. die Frage der Alters­

struktur oder auch die Frage: Sind d• Skinheads beteiligt?

K6nnen Sie mir darauf eine Antwort geben?

Zuber, Minister deslnnern und flir Sport:

Da sind Skinheads beteiligt. Herr Abgeordneter Henke. und

zwar mit steigender Tendenz.

Was die Frage der Altersstruktur anbelangt. habe ich darauf

hingewiesen. daß es sich um überwiegend jugendliche Titer

handelt. Ober weibliche Titer ist mir bis zur Stunde nichts be­

kanntgeworden. Es handelt sich also Oberwiegend um mann­

liehe jugendliche Titer.

P<lsiclent Grimm:

Herr Henke.

Abg. Henke, DIE GRONEN:

Herr Staatsminister, gibt es irgendwelche Anzeichen, daß in

zunehmendem Ma_ße diese Anschllge gegen Auslln­

der/Ausllnderinnen gesteuert werden. oder sind dies sponta­

ne oder zuflllig oder durch Alkohol bedingte Reaktionen?

Zuber, Minister des lnnern und fQr Sport:

Herr Abgeordneter Henke, wahrend man vor einigen Mona­

ten noch davon ausgehen konnte. daß es sich in der Oberwie-

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Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992 2471

genden Zahl der Fllle um spontane Aktionen gehandelt hat,

ist heute davon auszugehen. daß in der Regel diese Aktionen

wohl vorbereitet werden.

Prisident Grimm:

Weitere Zusatzfragen sind nicht ersichtlich. Die MOndliehe

Anfrage ist beantwortet.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Ich rufe nun die MOndliehe Anfrage des Abgeordneten Gell

(CDO), Organisierte Kriminalitlt • Drucksache 1 2/1906 • be­treffend, auf.

FOr die Landesregierung antwortet der Chef der Staatskanz­

lei in Vertretung des Herrn Justizministers.

Dr. Kllr, Staatssekretir:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Die MOndliehe An­

frage des Abgeordneten Geil beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1: Am Samstag, dem 8. Februar 1992, wurde in der

Innenstadt von Kaiserslautern der in Catania in Italien gebo-­rene italienische Staatsangehörige Gaetano Micalizzi von un­

bekannten Titern erschossen. Nach Angaben der StaatAn­

waltschaft Kaiserslautern führten die bisherigen Ermittlun­

gen zu Hinweisen, daß der Getötete zumindest zeitweise in

Verbindung mit einem durch internationalen Haftbefehl ge­

suchten Sizilianer sowie einem weiteren Italiener stand, der

einer mafiaartigen Verbrecherorganisation angehören soll.

Aufgrund dieser Umstlnde ist nicht auszuschließen, daß die

Tat in irgendeinem Zusammenhang mit dem Tltigwerden

der Mafia steht. Es handelt sich aber um eine bloße Vermu­

tung. Beweise fOr einen solchen Zusammenhang gibt es

nicht.

Zu Frage 2: tn der rechtspolitischen Diskussion wird unter

dem .. Großen lauschangriff• eine Anderung der Strafpro­

zeßordnung dahin gehend verstanden. daß den Strafverfol­

gungsbehOrden zur Aufkllrung von schwerwiegenden Straf­

taten das Abhören von Gesprlchen in Wohnungen mittels

technischer Hitfsmittel erlaubt wird.

Der sogenannte .Kleine Lauschangriff" unterscheidet sich

von dem großen dadurch, daß das AbhOren von Gesprlchen

in Wohnungen nur gestattet ist, wenn sich ein verdeckter Er­

mittler in der Wohnung aufhllt.

Eine strafprozessuale Regelung des • Kleinen Lauschangriffs"

erscheint unter rech't$Staatlichen Gesichtspunkten vertretbar.

Die Landesregierung hatte sie im Rahmen der Beratungen ei­

nes Gesetzes zur Bek6mpfung des illegalen Rauschgifthan-

dels und der organisierten Kriminalitlt befOrwortet. Das Ge­

setz tritt nachste Woche. allerdings ohne diese Regelung, in

Kraft.

Bei der Abwlgung des Interesses an einer wirksamen Straf­

verfolgung und der in Artikel13 des Grundgesetzes ge­

schützten Unverletzlichkeit der Wohnung flllt entscheidend

ins Gewicht, daß Privatsphlre und Intimitat der Wohnung be­reits weitgehend eingeschrlnkt sind, wenn die Wohnungsin­

haber einem verdeckten Ermittler die Anwesenheit gestat­

ten. Der ermrttelnde Beamte nimmt die Gesprlche ohnehin

wahr. Das zusatzliehe AbhOren mittels technischer Hilfsmittel

dient im wesentlichen der Sicherung des Beamten, um ihm,

zum Beispiel bei einer überraschenden Enttarnung, zu Hilfe

kommen zu kOnnen.

Diese besonderJ Situation des .Kleinen Lauschangriffs"' ist

beim .Großen Lauschangrifr nicht gegeben. Der Eingriff in

das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung ist daher

ungleich schwerwiegender. Seine Einführung würde eine Än­

derung von Artikel13 des Grundgesetzes voraussetzen.

Nach§ 25 b des Polizeiverwaltungsgesetzes ist der Polizei das

Abh6ren von Gesprlchen in Wohnungen bereits zur Abwehr

einer gegenwlrtigen Gefahr fOr Leib oder Leben oder zur

vorbeugenden Beklmpfung verschiedener schwerer Delikte

gestattet.

Diese im prlventiven Bereich bestehende Abhörmöglichkeit

kOnnte dafür sprechen, auch für Zwecke der Strafverfolgung

das Abhören von Gesprlchen in Wohnungen zü gestatten,

um die prlventiven und repressiven Befugnisse der Polizei

anzugleichen.

Weiter llßt sich ins Feld führen, daß der .. Große Lauschan­

griff• von tohrenden Vertretern der Polizei, namentlich vom

Prlsidenten des Bundeskriminalamtes, als notwendiges Mit­

tel zur Beklmpfung der organisierten Kriminalitlt gefordert

wird.

Andererseits muß man sehen, daß in der Bevölkerung leicht

die BefOrchtung wachsen kOnnte, künftig in einer gllsernen

Wohnung zu leben, weil. wie die Praxis der TelefonOberwa­

chung zeigt, trotz aller gesetzlichen Vorkehrungen auch völ­

lig an Straftaten Unbeteiligte Adressaten des Lauschangriffs

werden können.

Es ist auch denkbar, daß d•e Täter der organisierten Krimina­

litlt sich auf die Zullssigke.it des .Großen Lauschangriffs"'

einstellen wOrden, indem sie etwa entsprechende Gesprlche

in abhörsicheren Rlumen führen. Es soll bereits Warngerate

geben, welche das Vorhandensem von AbhörgerAten oder

den Einsatz von Richtmikrophonen anzeigen. "1l''"*

Wegender vielflltigen, mit dem .. Großen Lausehang ritt• ver­

bundenen Probleme hat der Rechtsausschuß des Bundestags

im Juni 1992 bei der Verabschiedung des Gesetzes zur Be-

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2472 Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung. 16. September 1992

klmpfung der organisierten Kriminalitlt nahezu einstimmig

folgende Entschließung gelaBt:

"Der Deutsche Bundestag. konnte die mit dem Einsau techni­

scher Mittel in Wohnungen im Sinne des Artikels 13 Grundge­

setz ve'rbundenen schwierigen rechtlichen, insbesondere

auch verfassungsrechtlichen Fragen Im Rahmen der Beratun­

gen des vorliegenden Geseuentwurfs nicht mit der erforder­lichen 5orgfaft kllren. Der Deutsche Bundestag wird die Be­

ratungen nach der Sommerpause fortfOhren, um die MOg­lichkeit und Notwendigkeit einer verfassungsrechtlich ein­

wandfreien und praxisgerechten Regelung des Einsatzes technischer Mittel in Wohnungen zur Aufkllrung und Verfol­

gung der organisierten Kriminalitlt zu prOfen."

Der Deutsche Bundestag hat die angekündigten Beratungen bislang noch nicht aufgenommen. Die damals gestellten Fra­

gen sind daher weiter offen.

Das Gesetz zur Beklmpfung der organisierten Kriminalitlt

mit der enormen Erweiterung der Befugntsse der Strafverfol­gungsbehörden tritt erst - wie erwlhnt - nlchste Woche in Kraft. Die Erfahrungen mit diesem Gesetz, die RückschlOsse

auf die Notwendigkeit des .Großen Lauschangriffs• geben

kOnnen, werden erst in einigen Monaten vorliegen. Bis dahin besteht Gelegenheit, die Erkenntnisse naher auszuwerten, die andere Llnder zum Beispiel- wie Italien- bei der Beklmp­

fung der Mafia und lhnlicher Verbrechensorganisationen mft

dem Abhören von Gesprlchen in Wohnungen gemacht ha­ben.

Die Landesregierung hltt daher die Beurteilungsgrundlagen

zur Entscheidung über die EinfOhrung des .Großen Lausch­

angriffs• derzeit fOr noch nicht ausreichend.

Zu Frage 3: Die Landesregierung ist nicht bereit, derzeit im Bundesrat eine eigene Gesetzesinitiative zur ErmOglichung eines .Großen Lauschangritfs• einzubringen. Es liegt auch

keine einschllgige Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen im Bundesrat zur Beratung vor, so daß derzeit kein Hand­lungsbedarf besteht. Die Landesregierung sieht daher von ei­

ner Entscheidung, ob und gegebenenfalls welche in Zukunft

möglicherweise eingebrachten Gesetzesinitiativen zur Ein­

fOhrung des .Großen Lauschangriffs• im Bundesrat unter­

stützt werden sollen, zum gegenwlrtigen Zeitpunkt ab.

Prlsident Grimm:

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Geil.

Abg. Gell, CDU:

Herr Staatssekretar, die Diskussion ist weitergegangen •ls Ihr Bericht. Ich frage noch einmal konkret, nachdem sich der

SPD-Bundesvorsitzende zu dieser Frage auch sehr eindeutig

Offentlieh gelußert hat: WOrde die Landesregierung einer

eventuell vorliegenden Initiative des Landes Nordrhein­Westfalen, die von der dortigen Landesregierung angekün­digt ist, im Bundesrat ihre Zustimmung geben oder würde sie

diese Zustimmung verweigern?

Dr. Klär, Staatssekretär:

Bei allem Respekt vor dem Abgeordneten Geil einerseits und dem Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei anderer­

seits: Ich habe darauf hingewiesen. daß wir die derzeitige

Diskussion prüfen. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlos­sen. Infolgedessen kann ich Ihre Frage nicht beantworten.

Prlsident Grimm: I

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Geil.

(Zuruf des Abg. Beck, SPD)

Abg. Gell, CDU:

Ich mOchte keine hypothetische Frage beantwortet haben,

sondern ich möchte den Staatssekretar fragen, Herr Kollege

Bes~.

Hat sich das rheinland-pfllzische Kabinett mit dieser Frage

beschlftigt und zu dieser von Ihnen vorgetragenen - im Au­

genblick jedenfalls. ablehnenden Haltung gefunden?

(Zuruf des Abg. Wilhelm, CDU)

Dr. Kllr, Staatssekretlr:

Herr Abgeordneter, ich habe Ihnen keine ablehnende Hal­

tung vorgetragen. Ich habe Ihnen vorgetragen. daß die Lan­desregierung ihre PrOfung noCh nicht beendet hat. Sie hat sich in der Tat damit beschlftigt, sonst stlnde ich nicht hier

und würde diese Auskunft geben.

(Wilhelm. COU: Wir haben einen großen

Lauschangriff gemacht!)

Prlsident Grimm:

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Ich danke dem Mini­

ster für die Beantwortung der Mündlichen Anfrage.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

Die nun eigentlich zur Beantwortung vorliegende MOndliehe Anfrage des Abgeordneten Geimer (CDU). Asylrecht • Druck­

sache 1211908- betreffend, wird zusammen mit Punkt 10 der

Tagesordnung aufgerufen.

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Landtag Rheinland-P1alz. 12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2473

Daher rufe ich die MOndliehe Anfrage der Abgeordneten

Frau Prof. Kokott-Weldenfeld (CDU), Pr~Familia-Zentrum •

Drucksache 12/1911 ~betreffend, auf.

Für die Landesregierung antwortet der Minister für Arbeit,

Soziales, Familie und Gesundheit.

Galte. Minister fQr Arbeit. Soziales, Familie und Gesundheit:

Herr Prlsident. meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich

beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau

Kokott~Weidenfeld wie folgt:

Zu den Fragen 1 und 2: _Eine Zulassung von SChwanger­

schaftsabbrüchen im Pro-Familia-Zentrum ist bisher nicht er­

folgt.

Zu Frage 3: Nein.

Zu Frage 4: Ja.

Zu Frage 5: Nein.

(Beifall der SPD und der f.D.P.)

Präsident Grimm:

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Professorin Kokott­

Weidenfeld.

Abg. Frau Prof. Kokott-Weidenfeld, CDU:

Vielen Dank für die ausführliche Beantwortung dieser Anfra­

ge, Herr Minister.

Lassen Sie mich folgende Frage noch einmal wiederholend

nachstellen und für Sie etwas genauer formulieren: Liegt ein

Zulassungsbescheid für die Betreibung des Pro-Familia­

Zentrums in Mainz vor? Sind Sie bereit, uns diesen Zulas­

sungsbescheid zuginglieh zu machen?

Galle, Minister fQr Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit:

Ich hatte bereits ausgefQhrt, daß kein Zulassungsbescheid

vorliegt.

Oie andere von Ihnen gestellte Frage werde ich dann ent­

scheiden, wenn über einen solchen Bescheid in meinem Hau­

se befunden wurde.

Prlsident Grimm:

Eine Zusatzfrage desAbgeordneten Wilhelm.

Abg. Wilhelm,CDU:

Nach welchen Grundsauen arbeitet die Pro-Familia-Stelle in

Mainz derzeit, nachdem Sie sie mit der Anwesenheit Ihres Be­

suches anllßlich der Einweihung geehrt haben, soweit ich es

in Erinnerung habe?

(Frau Bill, DIE GRÜNEN: Er war nicht da!­

Beck, SPD: Das war er nicht!}

Galle, Minister für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit:

Herr Abgeordneter Wilhelm, unabhlngig von der Frage wer

anwesend war und wer nicht, arbeitet Pro Familia nach dem

bisherigen System weiter. Sie haben lediglich neu.e Raume

bezogen.

Prlsldent Grimm:

Eine weitere Zusatzfrage des Kollegen Wilhelm.

Abg. Wilhelm, CDU:

Können Sie uns mitteilen, innerhalb welchen Zeitraums Sie

mit der Erteilung des Bescheides rechnen?

Galle, Minister für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit:

Sie wissen genau, daß zu der Erteilung einer Genehmigung

von Schwangerschaftsabbrüchen ganz bestimmte Vorausset­

zungen zu erfüllen sind, die geseulich bzw. durch eine Lan­

desverordnung vorgeschrieben sind. Wir haben Pro Familia

gebeten. die notwendigen Angaben zu machen. Diese not­

wendigen Angaben liegen noch nicht vor. Erst wenn die An­

gaben vollstlndig vorliegen und durch mein Ministerium ge­

prüft sind, wird darOber zu entscheiden sein, ob eine entspre­

chende Genehmigung erteilt wird oder nicht.

Präsident Grimm:

Weitere Zusatzfragen hegen nicht vor. Ich danke dem Mini­

ster fOr die Beantwortung.

(Beifall der SPD und der F .D.P.} '

· Ich rufe d1e MOndliehe Anfrage des Abgeordneten Stollens

(CDU), Wiederaufforstung • Drucksache 1 2/191 2 - betreffend,

auf.

FOr die Landesregierung antwortet der Minister fOr Landwirt­

schaft, Weinbau und Forsten.

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2474 Landtag Rheinland-pfalz- 12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992

Schneider,

Minister für Landwirt"haft. Weinbau und Forsten:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Anlaß der MOndli­chen Anfrage des Abgeordneten Steffens ist eine Meldung

der .Rhein-Zeitung• vom 2. September 1992. in derein Forst­

amtsleiter mit der Aussage zitiert wird. 1992 gebe es aus Mainz kein Geld mehr fOr die Wiederaufforstung und die Naßlagerung im Gemeindewald.

Abgeordneter Steffens fragt, ob diese Aussage in Wider­

spruch zur Antwort der Landesr~ierung auf die Kleine An­

frage der Abgeordneten Licht, Dieter Schmitt, Steffens vom

14. August 1992, Aufforstung in Rheinland-Pfalz betreffend,

steht. Damals habe ich gesagt, daß im Jahre 1992 weitere

7,8 Millionen DM bereitstehen und zusltzliche MOglichkeiten

der Haushaltsumschichtungen geprOftwerden.

Um es vorweg zu sagen. die zitierte Antwort der Landesre­

gierung vom August 1992 ist korrekt und zutreffend. Das be­

deutet, daß die FOrderung der Naßlagerung in den Gemein­

dewildern fOr 1992 und 1993 sichergesteltt ist. Oie darüber

hinaus zur Verfügung stehenden Mittel werden für Auffor­

stungsmaßnahmen vorwiegend in den sogenannten 5-~

Gebieten eingesetzt, um die höchstmöglichen EG-Zuschüsse

zu erhalten. Ober die 7,8 Millionen DM ZuschOSse. die sich aus

5 Millionen DM Landesmitteln und 2,8 Millionen DM EG­

Mitteln zusammensetzen, ist noch nicht endgültig entschie­

den.

Bei der Vergabe werden dabei die Gemeinden den Vorrang

haben, die im Vertrauen auf die Vorweggenehmigung der al­

ten Landesregierung bereits Zahlungen geleistet haben bzw.

vertragliche Verpflichtungen eingegangen sind. Neue. das

heißt noch nicht begonnene Aufforstungsmaßnahmen müs­

senauf die Zeitraume 1994/1995 zurückgestellt werden. Dies

ist, um das noch einmal deutlich zu sagen, Folge der unge­

deckten Schecks in Höhe von 90 Millionen DM, die die Lan­

desregierung in Form von Kassenkrediten und Defiziten im

Staats- und Privatwald vorgefunden hat und die Ober den

Nachtragshaushalt 1991 abfinanziertwerden mußten.

Zu Frage 1: Oie aktuelle ZuschoBsituation für Naßlagerung

und Wiederaufforstung im Kommunalwald im Jahre 1992

stellt sich wie folgt dar: Von den 15 Millionen DM Verpflich­

tungsermlchtigungen -das waren die Hoffnungen, die aus­

gesprochen worden sind-. die die Landesregierung in der

vergangeneo Legislaturperiode für 1992 erteilt hat. stehen

fOr die Naßlagerung 11.3 Millionen DM an Kassenmitteln zur

Verfügung. FQr die Wiederaufforstung wurden neben den

verbleibenden 3.7 Millionen DM Kassenmitteln weitere

0,5 Millionen DM Bundesmittel bewilligt. Oie Landesregie­

rung hat darüber hinaus weitere 5 Millionen DM im Haus-­

haltsvollzug gesperrt, um unter anderem zusiUiich 2.8 Mil­

lionen DM EG-Mittel durch Komplementlrfinanzierung zu si­

chern. Das sind zusammengenommen die 5 Millionen DM

plus 2,8 Millionen DM EG-Mittel. Ober die insgesamt 7,8 Mil­

lionen DM ist noch nicht entschieden. Insgesamt werden also

für die drei Regierungsbezirke 23,3 Millionen DM für das Jahr

1992 zur Verfügung stehen- ,5 Millionen DM LandesmitteL

0,5 Millionen DM Bundesmittel, 5 Millionen DM Umschich­

tungen im Landeshaushalt. 2,8 Millionen DM EG-Zuschüsse -.

Zu den Fragen 2 bis 5: Ober den Einsatz der genannten

7,8 Millionen DM ist noch nicht entschieden. und zwar des­

halb nicht, weil im Augenblick die Regierungspräsidenten

entsprechend meiner Forderung die Projektlisten bei 3 000 Vorhaben in den Gemeinden zusammenstellen, um herauszu­

finden, in welchem der 3 000 EinzelfAlle Verpflichtungen ein­

gegangen wurden, das heißt entweder das Geld schon ausge­

geben ist oder Vertrage verpflichtend vorliegen; denn diese

sollen vorrangig mit den 7,8 Millionen DM befriedigt werden.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und F .D.P _)

Zu Frage 6: Die Landesregierung hat in den 18 Monaten ihrer

Amtszeit in allen Waldbesitzarten mehr als 100 Millionen DM

Landesmittel zur Beseitigung der Orkanschiden und fOr Wie­

deraufforstungen eingesetzt. Ich sage aber auch noch einmal

sehr deutlich. daß der kommunale Wald mit rund 20 Millio­

nen DM Landesmitteln relativ niedrig zu Buche schlagt. Dies

ist unbestritten, aber das liegt nicht zuletzt daran, daß eben

aufgrund der zu deckenden Kosten aus den unterbliebenen

Leistungen aus 1990 und ,991 vor allem im Staatswald- und

Privatwaldbereich die Abfinanzierung der Kassenkredite vor­

rangig war und vorrangig durchgeführt werden mußte.

(Beifall bei der SPD)

Prlsident Grimm:

Gibt es Zusatzfragen"? Herr Steffens.

Abg. Steffens. CDU:

Herr Minister, Sie haben als Antwort auf die Frage 6 gesagt.

daß in den 18 Monaten der Regierungszeit dieser Landesre­

gierung Ober 100 Millionen DM für den Wald ausgegeben

worden sind. Ich gehe davon aus, daß sich diese 100 Millio­

nen DM auf die Beseitigung von Orkanschaden beziehen,

Oder liege ich da falsch, daß damit der Gesamtbetrag fOr den

Wald, für alle Zuschußmittel, gemeint war?

Sie haben gesagt, etwa 20 Millionen DM entfallen auf den

Kommunalwald. den Gemeindewald. Ich möchte Sie bitten,

daß Sie noch einmal sagen, wie sich die übrigen Millionen auf

die anderen Waldbesitzarten verteilen. Ich mOchte Sie auch

bitten, noch einmal zu sagen, wie die einzelnen Waldbesitz­

arten an der Gesamtwaldfliehe in Rheinland-Pfalz beteiligt

sind.

Schneider,

Minister fOr Landwirtschaft. Weinbau und Forsten:

Bei den von mir genannten 100 Millionen DM handelt es sich

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Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992 2475

ausschließlich um Ausgaben, die mit den Orkanschiden zu

tun haben. Sie wurden zum einen für erste Aufrlumungsar~

beiten, zum zweiten für die Einrichtung der Naßlagerung und deren Unterhaltung und zum dritten auch für beginnen·

de Wiederaufforstungsmaßnahmen eingesetzt. Ich kann Ih­

nen die Zahlen nicht exakt sagen, aber die GrOßenordnungen

liegen so, daß etwa 80 Millionen DM- das sind die berühmten

Kassenkredite, die 1990 und 1991 zur ersten Oberwindung

der Orkanschiden im Staatswaldbereich gewahrt worden

sind - durch den Nachtragshaushalt abgedeckt worden sind

und als Kassenmittel zur VerfOgung gestellt wurden, um den

Staatswaldbereich wieder handlungsflhig zu machen. Dabei

waren auch erstmals die Privatwaldunterstützungsmaßnah­

men in einer GrOßenordnung von 10 Millionen DM, wenn ich

das richtig in Erinnerung habe. Das kann ich Ihnen aber noch

nachliefern.

Der Restbetrag- das sind die Beträge, von denen ich gespro­

chen habe. rund 20 Millionen DM von dem 100-Millionen­

DM-Anteil- wurde bisher im Kommunalwaldbereich inner­

halb der letzten 18 Monate zur Verfügung gestellt. Dabei

waren vorrangig die Naßlagerkosten. die voll gedeckt wer­

den, auch für 1993, mit dem, was ich gesagt habe, und im btr scheideneo Umfang in einer GrOßenordnung von 7 Millio­

nen DM Wiederaufforstungsmaßnahmen ausschließlich im

kommunalen Waldbereich finanziert.

Die Verteilung innerhalb des Landes ist so, daß in etwa 50%

des Waldanteils kommunaler Waldanteil ist. Der Staatswald­

anteil liegt bei etwa 30 %. wenn ich das richtig in Erinnerung

habe. 20% sind Privatwald.

Prlsident Grimm:

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dieter Schmitt.

Abg. Schmitt. CDU:

Trifft es zu, daß fOr 1993 nur Haushaltsmittel fOr die Naßlage­

rung und nicht fOr die Wiederaufforstung zur VerfOgung ste­

hen? KOnnen Sie zumindest heute bestltigen, daß fOr dieS­

b-Gebiete ausreichende Mittel fOr alle Wiederaufforstungs­

maßnahmen in 1992 und 1993 zur VerfOgung stehen?

Schneider,

Minister fOr Landwirtschaft. Weinbau und Forlten:

Zunlchst einmal ist zu sagen, daß die fQr 1993 zur VerfOgung

stehenden Mittel nach dem derzeitigen Stand fOr die Naßla­

ger in vollem Umfang ausreichend sind. Ob darOber hinaus

von diesem Anteil Mittel fOr Wiederaufforstungsmaßnah­

men freigesetzt werden kOnnen, wird nicht zuletzt dawn ab­

hlngig sein, inwieweit im Augenblick die erfreuliche Ten­

denz und Entwicklung der stabilisierten Holzpreise anhltt.

Wenn wir verstlrkt an die Naßlager herangehen kOnn~n. um

sie abzubauen, dann werden die Kosten natürlich auch redu­

ziert. Dadurch wird dann der mögliche Anteil für die Finan­

zierung von Wiederaufforstungsmaßnahmen verbessert.

Was die Frage der S-b-Gebiete anbelangt. stehen für 1992 die

7,8 Millionen DM zur VerfOgung, über die, wie gesagt, bisher

noch nicht entschieden ist. Damit wird im 5-b-Gebietbereich

nach den jetzigen Vorlagen der Bedarf gedeckt werden k.On­

nen. Es geht um die Frage. inwieweit darOber hinaus noch zu­

sitz liehe Mittel für Gebiete außerhalb der S-b-Gebiete, je

nach dem Anteil, den wir für die S-b-Gebiete brauchen, zur

VerfOgung gestellt werden kOnnen. Aber es ist davon auszu­

gehen, daß die S-b-Gebiete voll abgedeckt werden können.

Präsident Grimm:

Herr Kollege JQrging hat zu einer Zusatzfrage das Wort.

Abg. JOrging. SPD:

Herr Minister, können Sie diesem Hause im Zusamm~nhang

mrt der frage 6 sagen, wie viele Landesmittel die alte Landes­

regierung im Jahre 1990 außer den uns hinterlassenen Schul­

den von 90 Millionen DM eingesetzt hat?

Schneider,

Minister fOr Landwirtschaft. Weinbau und Forsten:

Im Staatswaldbereich- ich sage dies noch einmal -waren für

die Oberwindung der Orkanschiden ausschließlich Kassen­

kredite eingesetzt. Für diesen Bereich waren keine direkten

Barmittel im Haushalt vorgesehen. Das war das, was mit dem

Nachtragshaushalt 1991 bereinigt worden ist. DarOber hin­

aus, ob und in welchem Umfang Mittel berertgestellt wur­

den, das müßte ich noch einmal nachvollziehen.

(Zuruf des Abg. Wilhelm. CDU)

Hierzu kann ich Ihnen aus dem Kopf keine exakten Zahlen

nennen.

Prlsident Grimm:

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Steffens.

Abg. Steffens. CDU:

Herr Minister, Sie haben, wenn ich Sie richtig verstanden ha­

be, angekündigt, daß die betroffenen Gemeinden im Dop­

pelhaushalt 199411995 mit Zuschüssen des Landes rechnen

kOnnen. Sie kommen aus einem anderen Bundesland. Sie sind

erst nach der Landtagswahl nach Rheinland-Pfalz gekom­

men. Sind Sie niemals von Ihren Fraktionskollegen unterrich-

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2476 Landtag Rheinland·Pfalz ·12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992

tet worden, welche Zusagen und Versprechungen die SPD

nach dieser Windwurfkatastrophe und vor der Landtagswahl

- angeführt durch den damaligen Fraktionsvorsitzenden

Scharping -den waldbesitzenden Gemeinden gemacht hat? -

Können Sie es Oberhaupt verantworten, daß diese Verspre­

chungen bis heute nicht eingehalten wurden?

(Zurufe von der SPD)

Wenn Sie diese Frage mit Nein beantworten müssen, sind Sie

dann damit einverstanden, daß ich Ihnen kompetente Ge­sprlchspartner der betroffenen Gemeinden vermittle, damit

Sie verstehen k.Onnen. welcher Vertrauensbruch gegenOber

den Waldbesitzern von der SPD begangen worden ist?

(Widerspruch bei der SPD)

Schneider.

Minister fQr Landwirtschaft, Weinbau und Forsten:

Herr Abgeordneter Steffens, Ihnen würde ich empfehlen,

nachzu'lesen, was Ihre Fraktionsmitglieder damals verspro­

chen haben und wie dies in der Realitlt des Haushatts

1990/1991, den Sie verabschiedet hatten, seinen Ausdruck

gefunden hat.

(Beifall bei der SPD­

Zurufe von der CDU}

Ich darf noch einmal wiederholen. Soweit ich das nachvollzie·

hen konnte und nachgelesen habe, war es so, daß bezOglieh

der Orkanschiden und bei den Diskussionen, die damals auch

in diesem Hohen Hause stattfanden, die Obereinstimmende

Auffassung bestand, daß alles Menschenmögliche getan wer·

den muß, um sowohl von der staatlichen als auch von der pri­

vaten und der kommunalen Seite aus diese Katastrophe mit

Hilfen zu überwinden. Fakt ist, daß, soweß: dies den Staats­

wald und den gesamten Privatwaldbereich anbelangte, in

den Haushaltsansitzen einschließlich 1991 keine Mittel vor·

gesehen waren und daß dies von der neuen Mehrheit in die·

sem Hause mit dem Nachtragshaushalt 1991 erstmals mit

80 Millionen DM abgedeckt worden ist. Das ist die Ausgangs­

lage.

(Beifall bei der SPD)

Die Kommunalwaldmittel, die damals zur Verfügung gestellt

worden sind· daran kritisiere ich nichts, ich stelle dies nur fest

-, sind auch keine zusltzlichen Mittel gewesen. Diese Mittel

wurden aus dem Haushalt des Innenministers im Rahmen des

kommunalen Finanzausgleichs zur VerfOgung gestellt, das

heißt, diese Mittel sind den Kommunen aus anderen Berei=­

chen abgezogen worden, um sie für diese außerordentliche

Katastrophe verwenden zu können. Das ist Fakt.

Mit Ihrer anderen Frage wollen Sie wissen, was 199311994 ge·

schehen wird. Ich habe wiederholt in diesem Hause, aber

auch in den Ausschüssen gesagt. welche Erwartungen und

welche Notwendigkeiten aus forstpolitischer Sicht bestehen,

welche GrOßenordnungen im Kommunalwaldbereich noch

zu finanzieren sind. Es liegt mit an Ihnen, den Mitgliedern

dieses Hohen Hauses insgesamt, den Minister für Landwirt­

schaft, Weinbau und Forsten bei den Beratungen für den

Doppelhaushalt 1994/1995 in die Lage zu versetzen, diesen

Erwartungen im kommunalen Bereich gerecht werden zu

können. Darüber haben Sie mit zu entscheiden.

Aber ich sage auch, Sie haben nicht nur in der Weise darOber

mit zu entscheiden. wie es manchmal in den Parlamenten

Mode ist - ich mache keine Ausnahme; ich habe dies in der

Opposition, die ich auch ein paar Jahre lang zu vertreten ge­

habt habe, manchmal auch so gemacht·, daß jeder in seinem

Fachbereich Anforderungen stellt, die in der Summe nicht fi· I

nanzierbar sind; denn, ohne den Finanzminister in Schutz zu

nehmen, auch die neue Landesregierung und der neue Fi­

nanzminister sind nicht in der Lage, eigenes Geld in

Rheinland·Pfalz drucken zu dürfen.

(Beifall bei der SPD •

Bruch, SPD: Das wollen wir auch nicht!)

Präsident Grimm:

Eine Zusatzfrage des Kollegen Dieter Schmitt.

Abg. Schmitt, CDU:

Herr Mmister, ich will ~och einmal konkret nachfragen, weil

die Frage unbefriedigend beantwortet wurde.

Trifft es zu~ daß in einem jüngst ergangenen Schreiben des

Ministeriums für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten, dem

Sie vorstehen, an die Forstlmter festgestellt wird, daß keine

zusatzliehen Mittel zur Verfügung stehen und auch in den 5·

b-Gebieten eine Wiederaufforstungsmaßnahme nur möglich

ist, wenn eine Umschichtung erfolgt? - Wenn dies zutrifft,

wie soll diese Umschichtungsmaßnahme vonstatten gehen?·

Wie gedenken Sie außerhalb der vier Landkreise, die

Rheinland-?falz nicht alleine ausmachen, die Wiederauffor­

stungsmaßnahmen zu IOSen"?-lch habe den Eindruck, daß Sie

im Prinzip mit den Haushaltsmitteln fast zufrieden sind. Dies

würde mich sehr enttluschen.

Schneider.

Minister für Landwirtschaft. Weinbau und Forsten:

Herr Abgeordneter Schmitt, ich kann Ihnen zu der ersten Fra­

ge noch einmal sagen, es gibt von mir nur das Rundschreiben

• ich glaube vom Mai oder Juli, unmittelbar nach der Verab­

schiedung des Haushatts - an die Bezirksdirektionen. Darin

steht, daß nach dem verabschiedeten Haushalt die darin ent·

halteneo Mittel für mich 1992 und 1993 zur Verfügung ste-

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Landtag Rheinland-pfalz • 12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2477

hen und daß diese wie folgt einzusetzen sind. Dann ist zu·

nlchst als Prioritlt die Naßlagerfinanzierung im Kommunai­

waldbereich aufgeführt. Prioritlt Nummer 2 sind die s-b­

Gebiete. Darüber hinaus wird dann geprüft, in welchen Ge­

meinden durch Vorabentscheidungen, die genehmigt waren

- das ist unbestritten -, bereits Vertragsverpflichtungen oder

Ausgabeverpflichtungen eingegangen worden sind. ln der

Reihenfolge des verbliebenen Geldes sollen nach diesen Kri­

terien Zuschüsse an die Gemeinden gegeben werden. Das ist an die Bezirksdirektionen herausgegangen.

Die Bezirksdirektionen haben exakt dieses - davon habe ich

mich gestern noch einmal überzeugt- in die Rundschreiben.

die an die Forstlmterherausgegangen sind, übernommen.

ln diesem Zusammenhang- damit komme ich zu dem zwei­

ten Punkt- ist die Frage der S-b-Gebiete zunlchst bei der er­

sten Rate zurückgestellt worden, weil es in diesem Bereich

darum geht, durch Umschichtungen in meinem Etat noch die

zusatzliehen Komplementärmittel von 5 Millionen DM bereit­

zustellen. Das ist in der Zwischenzeit hausintern geschehen,

so daß mit den 2,8 Millionen DM EG-Mrtteln insgesamt

7,8 Millionen DM zur Verfügung stehen. Wenn mir die Ge­samtlisten vorliegen - mir wurde vorhin bestltigt, bis zum

1. Oktober könnte ich davon ausgehen, daß sie vorllgen -.

können auch die Bewilligungen ausgesprochen werden.

Präsident Grimm:

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Neubauer.

Abg. Frau Neubauer. CDU:

Herr Minister, können Sie mir sagen, wieviel Prozent von den

7 Millionen DM, die zur Zeit fOr die Wiederaufforstung be­

reitstehen. den Bedarf in den Kommunen abdecken?

Kann man 1994/1995 definitiv mit der Zusage rechnen. daß

alle Gemeinden das Geld zur Wiederaufforstung bekommen?

Schneider,

Minister fOr Landwirtschaft, Weinbau und Forsten:

Den exakten Prozentsatz kann ich Ihnen nicht sagen.lch kann

nur sagen, daß in den Jahren 1992 und 1993 fOr Wiederauf­

forstungsmaßnahmen- ich will dies noch einmal sagen, nicht

für die Schadensbeseitigungen und die Naßlagerproblema­

tik; das ist geregelt - bisher Antrlge etwa in der gleichen

Größenordnung wie das, was wir zur Verfügung haben, vor­

liegen, olmlieh rund 30 Millionen DM nach meiner Erinne­

rung. ln dieser GrOBenordnung bewegt sich das. was

1992/1993 nach den Forstwirtschaftsplineo bereits in den

Gemeindehaushalten vorgesehen war und bisher nicht abge­

deckt werden kann. Ich sage noch einmal: Es handelt sich um

Wiederaufforstungsmaßnahmen, die - forstpolitisch wün­

schenswert- so schnell wie mOglich vollzogen werden sollten.

Ich komme noch einmal zu dem, was auch Herr Schmitt ge­

fragt hat und was sich Ihrer Frage anschließt. Wie schnell das

dann in den Gemeinden in den Folgejahren abgewickelt wer­

den kann, hingt entscheidend von zwei Faktoren ab. Der ei­

ne Faktor ist der, ob es uns gelingt, möglichst bald bei günsti­

gen Preisen die Naßlager aufzulösen. was zur erheblichen

Entlastung der Kosten in diesem Bereich, auch im Kommunal­

waldbereich, führen würde. Es gab bisher Obereinstimmung

in diesem Hause darüber, daß wir das nicht mit der kurzfristi­

gen Oberlegung, das Holz loszuwerden. machen sollen, weil

wir einen Beitrag zur Preisstabilisierung auf dem Markt lei­

sten wollen. Das wird übereinstimmend zwischen den Weid­

besitzarten so geschehen.lm Augenblick haben wir sich stabi­

lisierende Preise. Dies wollen wir ausnutzen. Wenn dies gOn­

stig weiterlauft, dann werden wir die Kosten senken können

und demzufolge mehr Mittel für AufforstungsmOglichkeiten

zur Verfügung haben.

Was uns darOber hinaus vom Haushaltsgesetzgeber 1994 zur

VerfOgung gestellt wird, dazu bin ich im Moment 'nicht in der

Lage, eine Aussage zu machen, meine Damen und Herren.

Dies hingt, wie Sie alle wissen, von einer Reihe von Faktoreri

ab. Was der Forstminister gerne mOchte. das kann ich Ihnen

relativ schnell sagen. Dies hilft uns aber nicht weiter. Es ist un­

realistisch, dies dann als Zusage, als Erwartung in den Raum

zu stellen. Ich beteilige mich nicht an solchen Hoffnungsaus­

sagen. die a"-, Ende nicht eingehalten werden können.

(Beifall bei der SPD)

Präsident Grimm:

Eine Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Neubauer.

Abg. Frau Neubauer. CDU:

Herr Minister, kann man davon ausgehen, daß man jetzt

schon in vagen Oberlegungen sagen kann, wenn kein Geld

vorhanden ist, kOnnen wir den Gemeinden auch keines ge­

ben, oder kOnnen Sie definitiv sagen, ja, die Gemeinden be­

kommen das Restgeld zur Wiederaufforstung?

Schneider.

Minister fOr Landwirtschaft, Weinbau und Forsten:

Sie können das erste nicht sagen. Wir werden die vorhande­

nen Mittel auch korrekt unter dem Gesichtspunkt forstpoliti­

scher Oberlegungen verteilen. Dabei spielen die Kommunen

mit SO 'K Waldanteil eine ganz entscheidende Rolle. Wir wer­

den das Geld nicht ausschließlich im staatlichen Bereich inve­

stieren, wndern forstpolitisch überlegt, vernOnftig und unab-

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2478 Landtag Rheinland-pfalz ·12. Wahlperiode- 31. Sitzung,16. September 1992

hlngig von den Waldbesitzarten verteilen. Ob dies 1994 in vollem Umfang oder nur in Teilraten geschieht. diese Frage

kann ich im Augenblick nicht beantworten. Aus meiner forst~

politischen Verantwortung heraus ist es wünschenswert, fOr

alle Waldbesitzarten die Mittel mOglichst schnell bereitzu­

stellen, um so schnell wie möglich die verheerenden Folgen

der Orkanschiden zu überwinden. Dazu gehört auch die

Wiederaufforstung und nicht nur die Beseitigung der Schi­den.

Präsident Grimm:

Meine Damen und Herren. ich stelle fest, daß die Mündliche

Anfrage beantwortet ist.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Die Fragestunde ist beendet.

Zur Geschäftsordnung hat Herr Kollege Wittkowsky das

Wort.

Abg. WottkOWJky, CDU:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach§ 96 Abs. 1

der Geschlftsordnung beantragt die CDU-Fraktion die Aus­

sprache zur Mündlkhen Anfrage des Abgeordneten Geil

(CDU), Organisierte Kriminalitit - Drucksache 12/1906 - be­treffend.

Prlsident Grimm:

Für die antragstellende Fraktion erteile ich Herrn Kollegen

Geil das Wort.

Abg. Geil, CDU:

Herr Prlsident. meine sehr geehrten Damen und Herren! Die

(DU-Fraktion hat die Antwort auf meine Mündliche Anfrage

an die Landesregierung zur Aussprache gestellt. weil wir uns

angesichts der aktuellen bundesweiten Diskussion in der Of­

fentlichkeit zu diesem Thema mit der Antwort, die Herr

Staatssekretar Dr. Kllr auf meine Frage, vor allen Dingen zu

Nummer 3, gegeben hat, nicht zufriedengeben.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es reicht nicht, daß

jetzt angefangen wird zu prOfen. Es muß gehandeh: werden.

(Beifall bei der CDU)

Dies ist der Kern der Diskussion, wie sie bundesweit gefOhrt

wird. Ich fOge hinzu, damit ich nicht mißverstanden werde:

Sowohl der Bund, also Bundestag, als auch die llnder müssen

angesichtsdes Ausmaßes, das dort im organisierten Kriminal­

bereich sichtbar wird, kurzfristig handeln.

Herr Staatssekretär, ohne Zweifel hat das im Juni von Bundes­

tag und Bundesrat verabschiedete Gesetz zur Beklmpfung

des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungs­

formen der organisierten Kriminahtat fOr die Strafverfol­

gungsbehörden Fortschritte gebracht. Diese sind sicherlich im

materiellen Strafrecht und im Strafverfahrensrecht gegeben.

Hiervon trlgt auch die Polizei Nutzen und hat Vorteile. Aber

es ist unzureichend, daß der Einsatz von technischen Mitteln

zum Abhören und Aufzeichnen des in der Wohnung nicht öf­

fentlich gesprochenen Wortes keine Regelung gefunden hat.

Ich beziehe mich auf das, was Sie zum .Großen• und .,Klei­

nen Lal,!schangriff .. gesagt haben. Ich füge hinzu: Der .,Klei­

ne Lauschangriff· ist in Bonn gescheitert, weil die Bundesre­

gierung der AuffaSsung war, daß dies in die Polizeiverwal­

tungsgesetze der Länder gehört. -Wir haben dies seit 1986

geregelt, aber auch wir dOrfen diese bekanntgewordenen

Tatsachen beispielsweise nicht verwerten, auch nicht bei ei­

ner Strafverfolgung. Das ist auch unsere Misere. vor der wir

stehen.

Meine verehrten Damen und Herren, wie soll die Polizei bun­

desweit in diesem schwierigen Bereich tltig werden, wenn

man auf die Under verweist und dort teilweise Oberhaupt

keine Regelungen oder sehr unterschiedliche Regelungen

hat. Deswegen muß eine Bundesratsinitiative ergriffen wer­

den, damit man in Bonn auch zu einem einmOtigen Ergebnis

kommt.

(Beifall bei der CDU)

Das Anhörverfahren der Strafverfolgungsbehörden im

Rechtsausschuß im Januar dieses Jahres hat Obereinstimmend

geze•gt, daß der Emsatz von technischen Mitteln in Wohnun­gen notwendig ist. Verantwortliche Polizeibeamte sehen für

die Regelung des Einsatzes technischer Mittel einen dringen­

den Handlungsbedarf. Meine Damen und Herren, der Ver­

zicht auf solChe Abhöreinrichtungen versagt der Polizei die

wirksamste Waffe gegen das organisierte Verbrechen. Wenn

fest abgeschottete, hlufig fremdsprachige Verbrechersyndi­

kate tltig werden, dann haben verdeckte Ermittler keine

Chance, in diesen Kern einzudringen.

(lelle, CDU: So ist es!)

Ohne Wahrnehmung kann Kriminalitlt nun einmal nicht be­

klmpft werden. Deswegen fordern wir die Landesregierung

auf, unverzüglich ihre Meinung abschließend zu bilden und

dann auch vor dem Hintergrund, daß die polizeiliche Tltig­

keit heute weit mehr als früher initiativ, deliktübergreifend

und personen- und organisationsbezogen tätig werden muß,

wenn sie Erfolg bei der organisierten Kriminalität haben will.

Natürlich wlre es der Polizei lieber, nur den Verkehr in den

Großstldten zu regeln. Dies reicht aber nicht aus. Wir können

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Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2479

die Polizei nicht allein lassen, sondern wir mQssen ihr die

Rechtsmittel und das Instrumentarium an die Hand geben,

um auch erfolgreich arbeiten zu können.

ln unserer Aufforderung an Sie. meine Damen und Herren von der Landesregierung, geht es darum, ob die Privatsphlre

der Wohnung, die verfassungsrechtlich geschOtzt ist und die auch ich weiterhin schützen will, dazu mißbr•ucht werden

darf, Verbrechen zu planen. Meine verehrten Damen und Herren, unser Grundgesetz schatzt Grundrechte nicht, damit

sie mißbraucht werden, sondern wir müssen die Grundrechte

schützen, damit wir sie alle in Anspruch nehmen kOnnen.

Deswegen muß man dem Verbrechen begegnen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe das in der von mir gestellten MOndlichen Anfrage

deutlich gemacht - wir diskutieren jetzt darOber -. weil ein Mitglied der rheinland-pfllzischen Landesregierung, Herr Ju­

stizminister Caesar, sich am 3. September eindeutig erkllrt hat, einer Regelung in dieser Frage bedürfe es nicht. Meine

verehrten Damen und Herren. wenn sich dann andere aus der

Landesregierung nicht lußern, beispielsweise der Innenmini­ster - ich hltte gern gesehen, daß der meine MOndliehe An­frage beantwortet und aus seiner Erfahrung einiges berichtet hätte-,

(Wilhelm. CDU: Er ist doch

unserer Meinung!)

dann hat dieses Parlament die Pflicht und Schuldigkeit, nach­

zufragen, wie diese Landesregierung zu dieser wichtigen Fra­

ge steht und wie sie titig werden will.

(Beifall bei der CDU)

Wir erwarten von der Landesregierung. daß sie in dieser

wichtigen Frage initiativ wird, damit Sicherheitskrlfte ausrei­chende technische Mittel zur Beklmpfung der organisierten

Kriminalitlt zur Verfügung haben. Wir erwarten zumindest,

daß sie unterstOtzend tltig wird,

(Glocke des Präsidenten)

wenn Nordrhein-Westfalen einen Antrag im Bundesrat ein­

bringt.

Meine verehrten Damen und Herren, die BevOikerung erwar­

tet von ihren Regierungen, daß die organisierte Kriminalitlt mit allen möglichen Mitteln beklmpft wird. Diese Frage, über die wir diskutieren, beinhaltet eines der zentralen Mit­

tel. Es muß möglich gemacht werden, daß die Polizei darauf zurückgreifen kann.

(Dr. Schmidt. SPD: Es ist nur

die Frage. wie!)

Prlisldent Grimm:

Das Wort hat Herr Kollege Beck.

Abg. Beck, SPO:

Herr Prlsident. meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist zweifellos so. daß wir uns alle Gedanken machen und auch

Sorge haben, wenn wir die sich hl'ufenden Berichte zur Kenntnis nehmen, daß sich offensichtlich in den verschieden­

sten Formen Kriminalitlt organisiert oder organisierte Krimi­nalitlt aus anderen europäischen Staaten bei uns Fuß faßt,

von hier aus in andere Staaten hineinwirkt oder auch inner­

halb der Bundesrepublik teilweise gegenüber den Mitglie­

dern des eigenen Volkes dann entsprechend Kriminalität aus­

übt, sei es in Form von Schutzgelderpressung oder ähnlichem . mehr oder sei es diese schlimme Meldung, die vor wenigen

Wochen durcn die Offentliehkelt gegangen ist, daß die Mafia

oder mafiaihnliehe Organisationen ihre Killer quasi aus der Bundesrepublik Deutschland heraus zum Einsatz schicken,

um daseinmal so zu formulieren.

Auch die Tatsache, daß wir Meldungen haben - beispielswei­

se vom Verfassungsschutz aus Hamburg, aber auch vOn ande­ren Orten-, daß sich in der rechtsradikalen Szene organisierte

Formen von Verbrechen heraus.bilden und von da aus eine

zusltzliche Bedrohung ausgeht, muß uns ohne Zweifel auf

den Plan rufen. Darüber sind wir uns einig. Ober diese Frage

muß man sich auseinandersetzen.

Ich hoffe, wir sind uns auch darin einig, daß gerade der Schutz des Artikels 13 unseres Grundgesetzes hOchste Priori­

tlt haben muß. Die Unverletzlichkeit der Wohnung muß

ganz schwergewichtig mit auf die Waagschalen gelegt wer­den, wenn wir die Dinge miteinander in ein vernünftiges Lot

bringen wollen;

(Beifall bei der SPD und

vereinzelt be1 der F.O.P.)

denn wir wollen sicher alle gemeinsam nicht. daß in dieser

Frage das Kind mit dem Bade ausgeschOttet wird. Das unter­stelle ich. Da will ich auch niemandem zu nahe treten.

Herr Kollege Geil, wir täten uns sicher alle gemeinsam leich­ter bei der Beurteilung dieser Frage, wlre es nicht dazu ge­

kommen, daß in vielerlei Verlautbarungen eine fast inflati~

nlre Art und Weise Platz gegriffen hat, nach Verfassungslo­derungen zu rufen.

(Dieckvoß, F.D.P .: So ist es!)

Das muß einen auch hellhörig machen, weil wir nicht alle ak­tuell auftretenden Fragen immer damit beantworten kön­

nen, daß wir in Grundrechte eingreifen oder in der Verfas­sung Verloderungen fordern.

(Beifall der SPD und bei der F .D.P .)

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2480 Landtag Rheinland-pfaJz ·12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992

So schnell darf dies nicht gehen. Weil wir dies so sehen -auch

als Sozialdemokraten und als sozialdemokratische Fraktion in

diesem Hause -. begrüße ich es außerordentlich, daß es sich

die Landesregierung nicht so einfach macht und - was sicher

populärer wlre- schnell die Forderung nach einer Verfas­

sungsinderunQ aufnimmt und sagt: Wir marschieren mOg­

lichst an der Spitze dieser Forderungen vorneweg; dann ha­

ben wir die positiven Schlagzeilen auf unserer Seite.

Es ist schwieriger, diesen Abwlgungsprozeß zu treffen, als dieser populistischen Sicht der Dinge zu folgen. Deshalb pll­

diere ich dafür, daß wir die Frage miteinander abwlgen, daß

wir auch -dies will ich ausdrücklich anregen- Ober diese Fra­

ge vertiefend im Innenausschuß des Parlaments noch einmal

reden. Wir sollten dann zu einer möglichst gemeinsam getra­

genen Auffassung in dieser Frage kommen; denn wenn wir

uns nicht einigen können. was die Frage eines Antrags im

Bundesrat oder die Haltung der Landesregierung angeht, wie

sollten wir dann verlangen, daß fOr einen solchen Antrag 16

Bundestinder zu einer gemeinsamen Haltung finden? Ich

plldiere dafür, daß wir einen ganz sorgsamen Umgang mit

der Verfassung und gerade auch mit Artikel13 pflegen.

(Beifall derSPD und bei der F.D.P.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wlre verhlng­

nisvoll. wenn der Eindruck entstehen wOrde • Herr Kollege

Geil, ich will ausdrOcklich sagen, ich hatte ihn bei Ihrem Rede­

beitrag nicht, aber ich habe ihn durchaus, wenn ich die Ge­

samtdiskussion Ober verschiedene Verfassungsartikel anse­

he-. daß der parteipolitische und parteitaktische Vorteil, den

man sieht, Ober die sorgflltige Abwlgung des Umgangs mit

Grundgesetzartikeln geht.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wenn das so ist, dann müssen allerdings die Zeichen auf Rot

springen. Dann müssen die Ampeln Halt zeigen; denn dies

kann keine Motivation für eine Verfassungslnderung sein.

Ich pladiere also dafür, die Diskussion sehr sorgflltig weiter­

zuführen, sie zu einem Meinungsbild zu verdichten und dann

eine Entscheidung sowohl in der Landesregierung als auch

unterstützend in unseren Fraktionen und in diesem Hause

herbeizuführen. Man kann sich auch durchaus vorstellen,

auch wenn ich weiß, daß das im Zusammenhang mit einer

VerfassungsinderunQ ungewOhntich ist

(Glocke des Prlsidenten)

- Herr Prlsident, ich bin mit diesem Satz zu Ende -, ob man

sich nicht gerade in einer so sensiblen Frage auch einmol dar-·

auf einigen kOnnte, eine solche Geschichte allenfalls auf Zeit

zu machen, so daß diese Einschrlnkung eines Grundrechts

nicht automatisch weiter wirkt und wir Stufe um Stufe solche

Vorschriften dann zu Lasten der Bürger und ihrer Freiheits­

rechte abbauen.

Dafür plldiere ich: Sachliche Auseinandersetzung, sorgfalti­

ge Meinungsbildung und keine hypothetische Aussage ,.was

wlre, wenn".- Das hilft uns in dieser Frage nicht weiter_

(Beifall der SPD)

Prlsident Grimm:

Ich begrüße neue Gaste im rheinland-pfälzischen Landtag,

und zwar Senioren aus dem Landkreis Alzey-Worms sowie

Schülerinnen und Schüler der Realschule Kusel; herzlich will­

kommen!

(Beifall im Hause)

Es hat nun Herr Abgeordneter Henke das Wort.

Abg. Henke. DIE GRÜNEN:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Ich stimme mit

dem Kollegen Beck überein, daß es offenbar heute üblich ist,

sich ans Grundgesetz heranzumachen, wenn große Probleme

auftauchen. Wir sind der Meinung, daß dieser .Große

Lauschangriff'". der hier gefordert wird, natürlich in die poli­

tische Landschaft hineinpaßt: Verschärfung von Gesetzen.­

Der Bevölkerung wird von bestimmten Parteien immer wie­

der erkllrt: Macht die Gesetze scharfer, dann JOst ihr das Pro­

blem!- Das ist ein Trugschluß.

(Beifall der GRONEN •

Frau Grützmacher. DIE GRONEN: Richtig I)

Es wird der Bevölkerung, die Ängste hat, vorgespielt - wir

wissen, daß die organisierte Kriminalität zunimmt-, daß end­

lich die LOsung gefunden ist, indem man in der Privatsphlre

herumschnüffeln mOchte. Wir wollen nicht, daß die Polizei

noch mehr lflstrumente in die Hand bekommt. Wir wollen

nicht, daß die Gefahr entstehen kann, daß sich ein Oberwa­

chungsstaat verstlrkt. Wir wollen nicht, daß die Unverletz­

lichkeit der Wohnung angegriffen wird.

Es gibt unseres Erachtens heute schon genug Möglichkeiten.

Sie wissen alle nicht nur aus Krimis, daß man sich auch außer­

halb der Wohnung unterhalten kann, wenn man weiß, daß

abgehOrtwerden kann. Daher halten wir dies für ein untaug­

liches Instrument. Wir befürchten nlmlich, daß der Miß­

brauch dieser AbhOrung -wie in der Vergangenheit schon ge­

zeigt- jederzeit möglich ist.

Wir meinen, daß wir an das Problem der organisierten Krimi­

nalitlt ganz anders herangehen müßten. Wir sind der Mei­

nung, daß das Bankgeheimnis dahin gehend geändert wer­

den müßte, daß man Drogengelder und die Gelder der Mafia

nachverfolgen kOnnte, damit ein Waschen von solchen Gel­

dern nicht mehr möglich ist. Grundsitzlieh sind wir der Auf-

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Landtag Rheinland-pfalz ·12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2481

fassung: Wie bei allen Problemen sollte man an die Wurzeln

gehen. - Woraus nlhrt sich denn die Kriminalitlt der Mafia

und anderer? Eine Wurzel ist das Orogengeschlft. Hier müß­

te begonnen werden. Hier müßten sozialtherapeutische An­

sitze gemacht werden - das Thema Drogen, ob das Metha­

don oder andere Dinge sind, muß diskutiert werden-, daß

keine Gelder hereinkommen. Das illegale GIOcksspiel muß

eingeschrlnkt werden. Das ist eine zweite große Geldquelle.

Die dritte ist ganz einfach die Wirtschaftskriminalitlt.

(Zustimmung bei den GR0NEN)

Das sind eigentlich die Wurzeln, aus denen sich diese ganzen

Geschlfte speisen. Dann sollte man nicht an die Wohnung

gehen und nicht beim PrivatbOrger vorspielen, damit wlre

etwas gelodert, sondern man soll an den Wurzeln ansetzen.

Auf diese Weise ist es viel sinnvoller. diese Kriminalitlt auszu­

trocknen. Deshalb sind wir grundsitzlieh gegen eine weitere

verstlrkte AbhOrmOglichkeit auch in der Wohnung.

(Beifall der GR0NEN)

Präsident Grimm;

Es spricht nun Herr Abgeordneter Dieckvoß.

Abg. Dled<vo8. F.D.P.:

Herr Prlsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu

dem von dem Kollegen Geil angesprochenen Sachverhalt lu­

ßert sich der renommierte Frankfurter Strafrechtler Professor

Hassemer jOngst in der .Deutschen Richterzeitung• wie

folgt:

• Wir sollten uns nicht nur Ober Verbrechensbeklmpfung,

sondern auch Ober Rechtskultur Gedanken machen. ·Ich mei­

ne·- so weiter Professor Hassern er- .,daß man den Rang ei­

ner solchen Kultur auch daran erkennen kann, was in einem

Rechtsstaat als unverfügbar gilt, also auch in der Stunde der

Notabwlgung fest und nicht eintauschbar gegen irgendwel­

che Interessen effektiver Politik. Zu diesem Bereich gehOrt i~

meinen Augen nicht nur das Verbot der Folter, sondern auch

der Schutz der privaten Wohnung gegenOber heimlicher

staatlicher Aussplhung. •

Professor Hassemer ist nicht allein in dieser Frage. ln ganz

ähnlicher Weise hat sich das Bundesverfassungsgericht ein­

mal zur Bedeutung des Artikels 13 - Unverletzlichkeit der

WOhnung- gelußert.

Meine Damen und Herren, vor diesem Hintergrund ist es in

der Tat ein schwerwiegender Abwlgungsprozeß, um den es

hier geht. Ich weiß, daß auch Kriminalisten und Polizisten, die

· ich als ausgewogen urteilend kenne, sich für die Einführung

des .Großen lauschangriffsH aussprechen. Ich gehOre also

nicht zu jenen, die von vornherein sagen, daß dieses Mittel

kein effektiver Beitrag zur Verbrechensbekämpfung wlre.

Aber es fragt sich, ob dem nicht andere Aspekte gegenüber­

stehen, die wir doch als hOherrangig ansehen müssen und die

der Verfassungsgeber aus gutem Grund so hochrangig ange­

siedelt hat, wie er das bei der Schaffung des Grundgesetzes

getan hat.

Die Unverletzlichkeit der Wohnung- damit ist nicht nur die

Wohnung dessen gemeint, Herr Kollege Geil, der, wie Sie aus­

führen, schwerste krimineUe Taten in seiner Wohnung plant,

sondern es ist auch die Wohnung dessen, der in den Verdacht

gerlt, in der Beweiskette zu Recht oder zu Unrecht eine Rolle

spielen zu können.

(Beifall der F.D.P.)

Natürlich kann dies auch ein Unbeteiligter sein.

(Zuruf des Abg. Bruch, SPD)

Wo soll man da anfangen, und wo soll man enden? Selbst

wenn Sie den Richtervorbehalt einführen. stellt sich die Fra­

ge: Welcher Richter wird den Lauschangriff in eine·m Fall ge­

wlhren und in einem anderen nicht? Wo soll man anfangen

und wo enden 1 - Das ist der Abwlgungsprozeß.

Die Landesregierung hat guten Grund dafür, daß sie sich heu­

te zurOckhattend gelußert hat.

(Beifall bei der F.D.P .)

Ich verstehe, daß Sie in Ihrer großen Abrlumungsaktion von

Freiheitsrechten, in der Sie sich gerade befinden, natürlich

auch vor Artikel13 nicht haltmachen .

(Starker Widerspruch bei der CDU­

Beifall derSPD und der F.D.P.

und bei den GRONEN)

Wir werden morgen wieder darüber reden, aber Sie werden

uns vielleicht noch einmal für jedes verfassungsrechtliche

Recht, das wir vor Ihren Angriffen gehotet haben, dankbar

sein, wenn sich die Wlhlerentwicklungen so fortsetzen, wie

es sich heute abzeichnet.

(Anhaltend Beifall der SPD und der F .D.P.

und Beifall bei den GRÜNEN)

Prlsident Grimm:

Das Wort hat der Ministerpräsident.

{Ministerprlsident Scharping: kh habe

mich nicht gemeldet!}

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2482 Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992

Dann muß es sich um ein Mißverstlndnis handeln. Mir war

das signalisiert worden.

Herr Kollege Wilhelm.

Abg. Wilhelm, CDU:

Herr Prlsident meine sehr geehrten Damen. meine Herren!

Es handelt sich • insoweit bedauere ich die Entgleisung mei­

nes Kollegen Dieckvoß-

(Beifall der CDU)

nicht um eine Abraumaktion von Freiheitsrechten. Ich bin

auch nicht der Meinung - um auf den Kollegen Beck zu kom­

men-, daß das Kind mit dem Bade ausgeschQttetwird. Ich bin

vielmehr der Meinung, daß wir darauf achten müssen, daß

das Kind nicht möglicherweise schon im Brunnen liegt.

(POrksen. SPD: Oder der Brunnen

vergiftet ist!)

Ich verwahre mich mit Entschiedenheit dagegen, daß die

Union, wie Sie formuliert haben, parteitaktische Interessen

vor die Wahrung der Verfassung stelle. Das fand ich nicht an­

stlndig.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, es geht leidenschaftslos nur um ei­

ne Frage. Wenn der Prlsident des Bundeskriminalamts recht

hat. daß die derzeit entstehenden Strukturen des Großver­

brechertums in Europa und im besonderen in Deutschland

schon zum Zeitpunkt des Entstehans wirksam beklmpft wer­

den müssen, weil sie sonst nach den Erfahrungen in anderen

lindern nicht mehr beklmpfbar sind, dann ist es h6chste

Zeit. diese MOglichkeiten den Strafverfolgungsbehörden ein­zurlumen.

(Beifall der CDU)

Es geht um die Frage, ob wir, wenn wir es nicht tun, in Zu­

kunft die Ordnungsrechte dieses Staates Oberhaupt noch ge­

wlhrleisten können. Daß das schwierig ist, wird doch keiner,

der mit Sinn und Verstand an dieses Problem herangeht, be­streiten.

(Zuruf des Abg. POrksen. SPD)

Wenn ich allerdings von der Polizei höre, daß verdeckt ope­

rierende private Ermittler der Polizei aufgrund einer ausge­

klügelten kommunikativen Infrastruktur im apparativen Be­

reich ihre in nicht genehmigten .Großen Lauschangriffen•.

gewonnenen Erkenntnisse für 100 000 DM anbieten, die Poli­

zei sie gerne hltte, sie aber nicht bezahlen kann, dann frage

ich Sie, wieso da~vaten mOglich ist- zwar illegal.

(Bruch, SPD: Finden Sie das gut?)

-Das ist draußen derzeit die Praxis. Fragen Sie den Vorsitzen­

den der Gewerkschaft der Polizei. Ich finde es natürlich nicht

gut. Deswegen bin ich dafür, daß hier keine illegalen Praxen

entstehen, sondern daß diese Frage ordnungsgerniß gere­

gelt wird.

(Beifall der CDU)

Es ist völlig illusorisch anzunehmen, daß dieses mit kriminel­

ler Energie und ethnischer Abschottung operierende Potenti­

al mit den Strafverfolgungsmaßnahmen der vergangeneo

Jahre zu handhaben wlre. Wie wollen Sie in eine russische

Mafia-Bande einen rheinland-pfälzischen Agent provocateur

von Herrn Zuber einschleusen? Wie wollen Sie in eine kalabri­

sche Mafia-Verbindung einen Polizisten aus Rh~inland-Pfalz

einschleusen?- Sie schatten sich ethnisch ab, damit sie unent­

deckt bleiben können. Deswegen brauche':' wir die Zusam­

menkünfte in ~otelzimmern, in den Privatwohnungen, wo

sie ihre Verbrechen planen, damit wir mit moderner Kommu­

nikation an ihre Verbrechensplanung herankommen.

(Zuruf des Abg. Prof. Reisinger, F.O.P.)

Solange Sie das verweigern, werden wir bei der Beklmpfung

der internationalen Kriminalitlt in Deutschland immer verlie­

ren. 400 Mafiosi leben derzeit in Mann heim. Von Mannheim

aus wird angeblich die Ermordung der Richter geplant. Wir

tun hier so - auch in Ihrer Antwort auf die Große Anfrage,

Herr Innenminister -, als wäre das in Rheinland-Pfalz Ober­

haupt kein Phänomen. Fragen Sie doch bitte einmal die Bür­

ger. Es geht doch nicht nur darum, die Polizei glücklich zu

machen. Es geht darum, daß die Bürger vor dieser Entwick­

lung Angst haben, und wir uns dieser Herausforderung stel­

len müssen.

(Anhaltend Beifall der CDU)

Prlsident Grimm:

Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Bruch das Wort.

Abg. Bruch, SPD:

Herr Prlsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Wilhelm, bei Ihrer Darstellung der Probleme nähren Sie

die Illusion, daß Sie mit den Änderungen, die Sie in sehr ver­

kürzter Form dargestellt haben, dem Problem Herr werden.

(Zurufe von der CDU: Fünf Minuten!)

Das ist genau die gleiche Illusion wie die, die Sie auch zu er­

wecken versuchen, daß olmlieh Artikel 16 etwas damit zu

tun habe, daß dieses Land weiterhin mit Zuwanderungen

konfrontiert sein wird.

(Zurufe von der CDU)

Auch dies werden Sie dadurch nicht verändern.

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Landtag Rheinland-Pfalz- 12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992 2483

Die Landesregierung hat eine Linie vorgetragen. die ich aus­

drOcklich unterstütze.

(Beifall bei der SPD)

Sie ist sehr ausgewogen. Es ist dargestellt worden, daß der

.. Kleine Lauschangriff" auch mit Hilfe der Sozialdemokraten

und der Liberalen im Bundesrat gekommen wlre. Er ist aus

anderen GrOnden nicht gekommen. Des weiteren ist darge­

steltt worden, daß der .Große Lauschangriff" zu prOfen ist.

Wenn Sie, Herr Wilhelm, die Entwicklungen in der inneren Si­

cherhert beklagen, dann muß ich Sie fragen, was Sie getan

haben, als Sie in der Verantwortung standen, um diese schon

damals sichtbaren Entwicklungen zu verlndern. Ich will nicht

sagen ,.zu verhindern•. ich will nur sagen .zu verlndern·.­

Sie haben nichts getan. Diese Landesregierung hat zumindest

in wichtigen Teilen der inneren Sicherheit Maßstabe gesetzt,

die bundesweit Maßstab für andere Politik sind.

(Wilhelm, CDU: Das stimmt

doch gar nicht!)

Ich kann verstehen, daß Sie sich aufregen, wenn Sie die Wahr­

heit gesagt bekommen, aber Sie müssen es eben ertragen.

Sie haben dargestellt, daß in Amerika die Drogenkriminalitlt

nur Ober die Frage des ,.Großen Lauschangriffs• zu lOSen sei.

Haben Sie sich wirklich mit der Materie der Drogenkriminali­

tät in den USA beschlftigt? Kennen Sie die wirklichen Erfol­

ge?- Sie sind praktisch null. Die Drogenpolitik der USA ist ge­

scheitert, und zwar trotz der riesigen Maßnahmen, die die

Polizei dort treffen kann.

(Beifall bei der SPD)

Nun wollen Sie uns weismachen, daß dieses Instrument ge­

nau das Richtige wlre, um hier einzugreifen.

Es ist unbestritten, daß wir neue Formen det Kriminalitltsbe­

klmpfung brauchen. Dies haben Sozialdemokraten in diesem

Hause immer gesagt. Wenn Sie sich dem .Großen Lauschen­

griff" nlhern, kommen Sie genau an die Fragen, die Herr

Dieckvoß hier genau aufgezeigt hat, nlmlich: Wo setzt der

Richtervorbehalt ein? Was machen Sie denn mit Straftaten,

die dann zufällig mit aufgedeckt werden?- Wir haben das Le­

galitltsprinzip. Diese Straftaten sind zu verfolgen. KOnnen

Sie einfach sagen: Diese verfolgen wir nicht im Bereich der

Steuergesetzgebung und Ihnliehern mehr? Kommen Sie

denn wirklich in die Chefetagen der Konzerne hinein, wo das

gelenkt wird?

(Zuruf des Abg. Wilhelm. CDU)

Mit Sicherheit nicht.

(Zuruf des Abg. Wilhelm. CDU)

Sie kOnnen nicht einfach sagen, den "Großen Lauschangriff"

regelt ein Richter, wenn im weiteren Verfolg einer Entwick­

lung nun eben kein Rtchter zu bekommen ist. Solche einfache

und saloppe Dinge gibt es doch.

Mein~ Damen und Herren, diese Fragen bedürfen der Kll­

rung.lch bin dem Kollegen Beck ausdrücklich dankbar, daß er

gesagt hat, wir wollen dies anders als Sie, Herr Wilhelm, nlm­

lich nicht ad hoc, ohne jegliche Vorbereitung und sehr locker

einfach hier einmal darstellen, sondern wir wollen es im ln­

nenausschuß beraten, weil dies wirklich einer intensiven Be­

ratung und nicht einer so entlang einer aktuellen Stunde be­

darf.

(Wilhelm. CDU: Das weiß ich doch auch!)

Herr Geil, Sie ha~n Herrn Schnoor zitiert, auch hier nicht

richtig, auch nicht vollstlndig. Er hat olmlieh Bedingungen

an die Möglichkeit eines "Großen Lauschangriffs" geknüpft.

Es gibt übrigens auch keine Initiative von Nordrhein­

Westfalen. Er hat nur gesagt: Wenn es denn so ist, dann wol­

len wir prüfen, ob wir etwas unterstOtzen.

(Zuruf des Abg. Geil. CDU)

Oie Bedingungen sind: Es soll ein klarer, umrissener Strafta­

tenkatalog sein. Es muß einen absoluten Richtervorbehalt ge­

ben. Es soll ein absolutes Verwertungsverbot von Zufallsfun­

den in weiteren Strafverfolgungen geben.

(Wilhelm, CDU: Sehen Sie,

alsowollen Sie esdochi-

Dr. GOiter. COU: Wo ist der Streit?)

Oie Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben

dargestellt. daß sie d1e Linie der Landesregierung, dies zu

prOfen, tragen. Das wollte ich damit darstellen. Das ist mir

auch gelungen. Was Sie dargestellt haben. Herr Wilhelm,

geht weit darOber hinaus. Das war sehr salopp und ohne

Sachkenntnis.

(Beifall bei der SPD­

Zuruf von der CDU)

Wer so argumentiert wie Sie, Herr Wilhelm, gibt den Rechts­

staat auf.

(Beifall bei der SPD)

Der Rechtsstaat darf nicht alles machen, was Kriminaltatern

im Kriminalbereich mOglich ist. Der Rechtsstaat kann eben

nur in dem Rahmen, der ihm selbst gesetzt wird, tltig wer­

den. Gott sei Dank ist das so. Wenn es nicht so wlre. hätten

wir olmlieh ZustAndewie vor 1945.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD)

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2484 Landtag Rheinland-pfalz • 12. Wahlperiode· 31. Sitzung. 16. September 1992

Prlsident Grimm:

Der Herr Ministerprlsident hat das Wort.

Scharping. Ministerpräsident:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Ich mOChte für die

Landesregierung beim gegenwlrtigen Stand der Debatte fol· gendes festhalten. und zwar einvernehmlich mit dem Justiz­

minister und mitdem lnnenminister.

Das Gesetz gegen die organisierte Kriminalitlt tritt am 23. September dieses Jahres in Kraft. Es ist Ober einen langen

Zeitraum beraten worden. Es enthält zusatzliehe weitrei­chende Befugnisse für die Polizei, gegen organisierte Krimi­

nalität vorzugehen.

Oie Landesregierung hat bei der Beratung des Gesetzent­

wurfs die Zullssigkeit des .Kleinen Lauschangriffs .. befür­

wortet. Irgendeine Form von Stellungnahme aus den Reihen

der Opposition im Zusammenhang mit der Beratung des Ge­

setzes im Deutschen Bundestag, im Deutschen Bundesrat und

in der Öffentlichkeit ist nicht gehOrtworden.

(Bruch, SPD: So ist es!)

Das stellt die Frage nach den Motiven fOr die Debatte heute;

denn es hltte in den letzten Monaten eine FOlie von Gele­

genheiten gegeben, sich seriOs und gründlich an der Diskus­

sion zu beteiligen.

(Beifall der SPD •

Geil. CDU: Diese ist bundesweit geführt

worden, Herr Ministerprlsidentl)

- Ja. von Ihnen, Herr Kollege Geil, habe ich Beitrlge dazu auch nicht geh6rt.

(Geil, CDU: Doch!)

Aber ich komme gleich zu Ihnen noch zurOck.

(Zuruf des Abg. Wilhelm, CDU)

Das Polizeiverwaltungsgesetz Rheinland-Pfalz kennt den

.Großen l.illuschangriff•. Die Ergebnisse des nach dem rhein­

land-pfllzischen Polizeiverwattungsgesetz zullsstgen soge­

nannten .Großen lauschangritts• können- außer im prlven­

tiven Bereich - im strafverfolgenden Bereich nicht verwertet

werden. Das wlre nur möglich, wenn es zu einer Anderung

der Strafprozeßordnung klme, gegebenenfalls zu einer An­

derung des Grundgesetzes. Das haben bisher weder die Bun-·

desregierung noch der Deutsche Bundestag vorgeschlagen.

Im Gegenteil. der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestags

hat bei der Beratung des Gesetzes zur Bek.lmpfung der orga­nisierten Kriminalitlt ausdrOck.lich gesagt. daß es schwierige

rechtliche, insbesondere auch verfassungsrechtliche Fragen

gebe, die er mit der erforderlichen Sorgfalt nicht habe klären

können. Er wolle seine Beratungen nach der Sommerpause

fortführen. Das hat der Rechtsausschuß des Deutschen Bun­

destags im Zusammenhang mit dem gesagt. was sich in der

saloppen Alltagssprache der .Kleine Lauschangriff" nennt.

Meine Damen und Herren, ich mOchte Sie dann wenigstens

davon informieren, daß diese Entscheidung des Rechtsaus­

schusses des Deutschen Bundestags mit den Mitgliedern der

Bundestagsfraktion der CDU/CSU getroffen wurde.

(Wilhelm, CDU: Ja, das ist doch logisch•

Das ist doch ganz klar!)

Auch das stellt die Frage nach den Motiven für eine heutige

Debatte in diesem Rahmen; I

(Zuruf des Abg. Wilhelm, CDU)

denn wenn es eine FOlie von Gelegenheiten zur Offentliehen

Diskussion, auch zur seriösen Diskussion, gegeben hat und

wenn im Rahmen dieser Diskussion auch die Mitglieder der

Bundestagsfraktion der CDU/CSU sagen, daß die schwierigen

verfassungsrechtlichen Fragen nicht übers Knie zu brechen

sind, dann frage ich mich, warum die Weisheit der rheinland­

pfllzischen Union, jetzt schon alles ganz genau zu wissen und

zu beurteilen, sich bis in diese Gremien noch nicht herumge­

sprochen hat.

(Beifall der SPD­

Zuruf von der CDU: Doch!)

Das allerdings frage ich mich wirk. I ich.

(Zuruf von der SPD}

Es wird in der Praxis ganz entscheidend darauf ankommen, nicht zuerst die rechtlichen, sondern die tatsächlichen Mög­

lichkeiten der Polizei zu verbessern, sich mit organisierter Kri­

minalitlt wirkungsvoll auseinanderzusetzen. Eine Maßnah­

me muß die Stlrkung der Kriminalpolizei sein, im Zweifel

auch die Einrichtung von entsprechenden Schwerpunktkrimi­

nalpolizeien. Das ist ein Ziel der rheinland-pfälzischen Polizei­

verwaltungsreform,

(Zuruf von der CDU: Ach du liebe Zeit!)

gegen die die rheinland-pfllzische Union ebenso heftig pole­

misiert, wie sie es heute auf einem anderen Fekj erneut ver­

sucht hat.

Der Kollege Geil hat von diesem Pult aus gesagt. die Polizei

wOrde lieber den Verkehr in Stldten regeln. Ich halte es für

eine - ich drücke mich einmal vorsichtig aus - sehr weitrei­

chende Unterstellung eines ehemaligen lnnenministers, der

Polizei eine solche Behauptung vorzuhalten.

(Beifall der SPD)

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Landtag Rheinland-pfalz- 12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992 2485

Ich hielte es für angemessen, Herr Kollege Geil, wenn Sie mit

Ihren Worten in diesem Fall

(Zuruf des Abg. Wilhelm. CDU)

wie auch in anderen Flllen etwas vorsichtiger umgehen wOr­

den.

(Wilhelm. CDU: .Das ist Popanz gemacht!

Ausder freien Formulierung!)

lange Rede kurzer Sinn. Wenn Sie hingehen

(Wilhelm, CDU: Das finde ich nicht fair I)

und schwierige Erörterungen, von denen alle Beteiligten sa­

gen, daß sie sorgfaltiger Oberlegung, genauer Begrenzung

bedürfen, hier zum Gegenstand einer Aktuellen Stunde ma­

chen, nur deshalb, weil Sie glauben, zwischen zwei Ministern

oder einem Parteivorsitzenden und einem Minister einer an­

deren Partei einen tagespolitischen Widerspruch entdeckt zu

haben, dann ist das kein seriöser Umgang mit einem wichti­

gen Thema.

(Wilhelm, CDU: Unverschlmt! -

BeifallderSPD)

Wer so Politik macht, verflllt dem Tagespopulismus und

sonst nichts.

(Zuruf des Abg. Wilhelm, CDU)

Also wird sich die Landesregierung so verhalten wie die Mit­

glieder der Union im Deutschen Bundestag. nlmlich sorgfAl­

tig abwlgen, die entsprechenden verfassungsrechtlichen Fra­

gen klären und dann ein Urteil finden.ln dieses Urteil wird sie

die Erfahrungen mit dem Gesetz zur Beklmpfung der organi­

sierten KriminaHtat einbeziehen.

Die Union wie alle anderen sind herzlich eingeladen, sich an

der Debatte zu beteiligen.

(Wilhelm, CDU: Vielen Dank!)

Ich hoffe. es gelingt etwas seriOSer. als Ihnen das heute ge­

lungen ist.

(Beifall der SPD-

Zuruf des Abg. Wilhelm, CDU)

Prlsident Grimm:

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Dieckvoß.

Abg. DieckvoB, F.D.P.:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Auch nach Ihrer

Replik, Herr Kollege Wilhelm, bleibe ich dabei: Ich stelle in

den Abwlgungsprozeß ein, daß nach dem Urteil potenter

Kriminatogen und Polizisten der ,.Große LauschangriffH ein

Mittel der Beklmpfung organisierter Kriminahtat sein kann.

Ob es freilich so ist. daß es die wirksamste Waffe im Kampf

gegen die organisierte Kriminalitlt ist,

{Wilhelm, CDU: Es ist eine

wichtige Waffe!}

und ob es weiter so ist, daß sie den Effekt haben wird, den Sie

hier so einfach behaupten, ist für mich eine sehr offene Fra­

ge.

Ob nicht die Erfahrungen etwa in den Vereinigten Staaten

lehren, daß am Ende übrigbleibt, daß der erreichte Effekt

nicht eintritt und als Ergebnis ein abgerlumtes Freiheitsrecht

Obrigbleibt, wenn man dem Abwägungsprozeß so nachgibt,

wie Sie sich das vorstellen. Das ist die entscheidende Frage.

HierOber denken wir eben anders als Sie.

(Beifall bei F.D.P. und SPD)

PrlsidentGrimm:

Das Wort hat nun der Herr Kollege Schnarr.

(Zurufe von derSPD: Ach!- Es bleibt

uns nichts erspart!-

Bojak, SPO: Der Rechtsausleger der CDUI -

Unruhe)

Abg- Schnarr, CDU:

Herr Prlsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es

sollte zur Sache geredet werden, wurde mir beim Hergehen

zugerufen. Anscheinend ist bei der bisherigen Erörterung ein

Defizit entstanden. Dazu hat auch der Herr Ministerprlsident

seinen Beitrag geleistet, meine ich;

(Beifall bei der CDU)

denn er hat eine Melodie gespielt, die in der sachlichen Dis­

kussion Oberhaupt nicht dazu beigetragen hat,

{Schwarz, SPD: Wann kommen

Sie zur Sache?)

das Problem und seine Beantwortung zu fOrdern. Er hat da­

bei gemeint, diese Diskussionware unseriOS.

(Schwarz, SPD: Ist sie auchi­

Pörksen. SPD: Sehr wahrl)

-Langsam! Sie sind immer so schnell, Herr POrksen; Sie haben

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2486 Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992

schon andere Leute der LOge bezichtigt. Dann mußten Sie es

zurücknehmen, haben es aber nicht gemacht.

(Beifall bei der CDU-

Teils Heiterkeit, teils Unruhe und

Widerspruch bei der SPD)

Also, ein bißchen mehr ZurOckhattung wlre in dem Punkte

wichtiger.

(Bojak, SPD: Das ist eine Tatsachen­

behauptung. die Sie beweisen

mQssen!)

Ich kann Ihnen sagen, um was es geht.- Nun, ich habe bean­

tragt, den Mann zu holen; tun Sie das doch! Der sagt es Ih­

nen, was ihm gesagt worden ist. Diesen meinen Antrag hat

man abgelehnt.

Ich kann Ihnen sagen, was die Motive sind. Die Motive sind

die bundesweite Diskussion in diesem Punkte. Sie wissen, daß

insbesondere im Bereich der Polizei Reaktionen notwendig sind, daß man dort nicht mehr guten Gewissens und in Ver­

pflichtung dessen. was man als Aufgabe erfOIIen muß, zuse­

hen kann, daß die Politik nicht reagiert. Das Nichtreagieren,

das machen Sie heute wieder, obwohl wir das angesprochen

haben. darOber reden wollen.

(Zustimmung bei der COU)

Sie haben eine Antwort auf die Frage, ob .Großer Lauschan­

griff" oder nicht, heute nicht gegeben. Das muß doch mOg­

lich sein!

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie sich darauf berufen, es müsse alles seriös, nachhal­

tig und tiefgründig erforscht werden, ist das grundsitzlieh

recht.

(Bruch. SPD: Wann haben Sie denn das

letzte Mal mit einem Polizeibeamten

darüber geredet?)

Aber das gilt doch fOr alles. Wir entsc:heiden doch hier nichts

so von heute auf morgen in Stunden und Sekunden,-iandern

das ist alles eingehend nachgeprüft; dazu steht doch ein ge­

nügender Apparat zur VerfOgung. Wenn die Probleme da

sind und reif sind, dann müssen sie entschieden werden.

Dann kann man nicht heute mit Abwesenheit gllnzen. Man

kann auch nicht sagen: ,.Wir sagen weder ja noch nein, son­

dern wir verschieben die Sache." Im Rechtsausschuß die Sache

diskutieren, das kann man freilich machen. Aber es ist doch

schon jetzt klar, wie die Sache ausgeht. Der Justizminister hat

sich doch festgelegt. Was soll denn da noch herauskommen?

Wir verlieren wieder Zeit, und die Polizei kann ihre Aufgaben

nicht erfüllen; das ist der Punkt.

(Beifall bei der CDU-

Bruch, SPD: Haben Sie nicht zugehOrt?

Wir haben doch die ganze Zeit

darOber geredet!)

Sie wissen das. Der Innenminister hat das landauf. landab

schon hinlAnglieh bekanntgemacht, wie seine Einstellung in

diesem Punkte ist. Er ist dafür, der Justizminister ist dagegen,

und die Regierung ist gelähmt in diesem Punkte; das ist ein­

deutig.

(Beifall bei der CDU­

Heiterkeit bei der SPD)

Sie ver~hiebt nun, stellt Pappkameraden auf, und es kommt

zu keinem Ergebnis in dem Sinne, wie wir es brauchen.

Wenn hier behauptet wird, Grundrechte wOrden zu Markte

getragen, so wissen Sie ganz genau, daß auf der anderen Sei­

te Grundrechte in Gefahr sind, verletzt zu werden, bis zum

Leben hin, dem höchsten Rechtsgut, das es gibt.

(Beifall bei der CDU)

Das soll schutzlos hier in den Raum gestellt werden, nur im

Zusammenhang mrt der Frage, ob man abhOren kann oder

nicht. Telefonabhören ist doch schon erlaubt. Da geht es um

andere, weniger·gewichtige Dinge als in diesen Punkten. Das

darf erlaubt sein. Aber in anderen Punkten, wo man weiß, es

geht um Leben und Tod, und es geht wirklich um die absolute

Sicherheit der BOrger in einem großen Rahmen - Falschgeld,

Prostitution, alles, was damit zusammenhingt; Sie kennen

auch noch die Mafiamethoden, die hier landauf, landab prak­

tiziert werden-. davor soll man die Augen zumachen, und da

wollen Sie sich verschließen, geeignete Maßnahmen zu fin­

den.

(Zustimmung bei der CDU­

Unruhe bei der SPD)

-Ja- Sie schütteln jetzt den Kopf-, es geht darum, geeignete

Maßnahmen zu finden. Das ist nach der bisherigen Erkennt­

nis die einzige Methode.

Niemand macht es sich in diesem Punkte leicht.

(Bruch, SPD: Sie schon!)

- Nun, das ist Ihre leichte Antwort. Sie verschließen sich, Sie

machen es sich zu leicht in diesem Punkte.

(Bruch, SPD: Sie machen es sich zu leicht!)

Es ist notwendig, daß Sie mit der sachgerechten Abwlgung

an die Probleme herangehen.

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Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992 2487

Es ist ein Defizit der Regierung, der Koalition hier im Raußte.

Es ist nicht mOglich, daß diese Koalition funktioniert, daß die~

se Regierung Entschließungen trifft. Sie sind gelahmt.

(Bruch, SPD: Bei Ihnen gibt

es ein Denkdefizit I)

Die F.D.P. sagt nein, das Innenministerium sagt ja, und damit

ist das Thema zu Ende.

(Unruhe bei der SPD­

Bruch, SPD: Quatsch!­

Glocke des Prlsidenten)

Das kann es aber wohl nicht sein. Es ist notwendig, daß Sie

handeln, im Interesse der Bürger, heute und spltestens mor­

gen. Ich darf Sie alle an Ihren Eid erinnern, die Minister, die

hier geschworen haben, das Volk zu schotzen. seinen Nutzen

zu mehren und insbesondere die kOrperliehe Unversehrtheit

sicherzustellen.

(Beifall bei der CDU-

Starke Unruhe und Widerspruch bei der SPD)

Darandenken Sie nicht, dazu muß ich Sie auffordern, tltig zu

werden.

(Starker Beifall der CDU­

Anhaltend Unruhe bei der SPD)

Prlsident Grimm:

Herr Kollege Schnarr, an mir ist es nicht, den Herrn Justizmini­

ster zu schOtzen. Sie haben namlich eine Formulierung ge­

wlhlt, daß er heute durch Abwesenheit gegllnzt hltte. Ih­

nen dOrfte bekannt sein, daß er wegen dringender dienstli­

cher Verpflichtungen darum gebeten hat, dieses Thema mor­

gen mit ihm. in seiner Anwesenheit, zu diskutieren,

(Schwarz, SPD: Davor haben

sie Angst!)

aber daß dies aus Gründen, die in Ihrer politischen Organisa­

tion liegen, nicht mOglich war.

(Unruhe und Widerspruch

bei der CDU}

Ich bitte also zur Kenntnis zu nehmen, daß der Herr Justizmi­

nister fOr die heutige Sitzung entschuldigt ist.

(Wilhelm, CDU: Sie sind aber auch Ober

die Motive informiert, warum

nicht morgen I -

Unruhe im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Beck.

Abg. Beck, SPD:

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die

Ausführungen des Kollegen Schnarr haben mich dazu ge­

bracht, noch zwei, drei Bemerkungen zu machen.

Ich denke, wir soltten erkennen, daß unsere Demokratie der­

zeit von rechts angefochten wird.

(Zuruf von der SPD: Vom Schnarr!)

Ich sage nicht, daß sie schon bedroht ist, aber ich denke, es ist

eine ernsthafte Herausforderung, die wir derzeit zu bestehen

haben. Es wlre in der Tat verheerend, wenn wir Probleme,

die sicher zu erOrtern sind und die gelOst werden müssen, in

einer Art und Weise, gerade auch vom Pult eines Parlaments,

angingen, die dieser Gefahrdung zusatzliehen Auftrieb gibt.

Herr Kollege Schnarr, so, wie Sie argumentiert haben -viel­

leicht lesen Sie es selbst einmal nach-,

(Zuruf von der SPO: Kann er gar nicht!)

sehe ich diese Gefahr allerdings wirklich gegeben.

(Beifall bei SPD und F.D.P.}

Ich will Oberhaupt nicht wegdiskutieren, daß wir uns als So­

zialdemokraten in dieser Frage schwertun.lch sage Ihnen, ich

bin nicht unglücklich darüber, in einer Partei zu sein, die sich

mit einer solchen Frage schwertut.

(Beifall bei der SPD}

Wir mOChten alle vermeiden, auf die scheinbar wohlfeilen,

schnellen Antworten noch in einer Art und Weise zu reagie­

ren, daß denjenigen, die außerhalb des Verfassungsbogens -

so würde man wohl in ttalien formulieren- stehen, zusltzli­

cher Auftrieb gegeben wird. Ich .habe so das Gefühl gehabt­

Entschuldigung, Herr Kollege Wilhelm -: Die Art und Weise.

wie der Kollege Schnarr hier argumentiert hat. ist dazu ge­

eignet, zumindest mißverstanden zu werden. - Aber dieses

Mißverstlndnis dOrfen wir nicht riskieren. Dafür plldiere ich

und dazu appelliere ich an uns alle, nicht nur an Sie, Herr Kol­

lege Schnarr. Ich denke, das ist eine ernste Geschichte, mit

derwir auch auch umgehen sollten.

(Beifall bei SPD und F.D.P.}

Prlsident Grimm:

Ich erteile Herrn Dr. Volkert das Wort.

Abg. Dr. Volkert.CDU:

.,.,.. Herr Prlsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Herr Dieckvoß, ich bin nur ans Rednerpult getreten, weil mich

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2488 Landtag Rheinland-P1alz ·12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992

Ihre Bemerkung, wir von der CDU seien dabei, die Grundrech­te abzurlumen, sehr getroffen hat. Sie haben gleichzeitig

auch den Herrn Innenminister gemeint, der dieses Thema

durchaus auch verbalisiert hat.

(Zuruf des Abg. Dieckvoß, F .O.P .)

Man könnte in aller Ironie darOber sprechen. warum ausge­

rechnet diese drei Themen - .Großer Lauschangriff", Asyl­recht und Landfriedensbruch - in den letzten Wochen vor al­

len Dingen von Sozialdemokraten thematisiert werden und

keineswegs von Christdemokraten.

(Bruch, SPD: Lesen Sie keine Zeitungen

oder wie?-

Beck, SPO: Der versuch eines partei­

politischen Kesseltreibens!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich versuche ruhig

zu bleiben, weil es sich um ein Thema handelt, bei dem man

sehr gut polemisch werden kann, und dies sogar eine gewisse

Berechtigung hat. Ich werde das nicht tun. Wir haben in den

70er und 80er Jahren sogar zu einem großen Teil gemeinsam

ein Schutzsystem fOr das Individuum aufgebaut, auf das wir

sehr stolz sein können. Am Ende dieser Zeit erhebt sich aber..,.....­

die Frage, ob wir nicht in dem einen oder anderen Punkt zu

weit gegangen sind.

Kollege Schnarr hat vorhin sehr richtig den Gedanken ange­

sprochen, daß der Begriff .Rechtsstaat" eine Medaille ist.

Diese hat bekanntlich zwei Seiten. Das wichtigste am Rechts­

staat ist nicht einmal, daß wir den Rechtsstaat durch filigran­

hafte Regelungen in den Gesetzen schOtzen. Das wichtigste

am Rechtsstaat ist, daß er von der Mehrheit der rechtstreuen

BOrger getragen wird. Die augenblicklich bestehende Gefahr

liegt darin, daß die Mehrheit oder eine ziemlich große Grup­

pe unserer rechtstreuen BOrger sich nicht mehr von diesem

Rechtsstaat geschOtzt sieht und sich von diesem Rechtsstaat

abwendet. Wir alle wissen, wozu dies fOhrt: Zu Rechtsradika­

lismus.

Deshalb handelt es sich um ein Thema, welches an den Nerv

unseres Staates geht. Wir mOssen den BOrgern befriedigende

Antworten geben. Rheinland-P1alz ist als Bundesland gefor­

dert, seinen Beitrag im Bundesrat dazu zu geben. Ich darf die

Kollegen der anderen Fraletionen auffordern: Wir dQrfen den

Aspekt. daß der Rechtsstaat von all seinen BOrgern getragen

werden muß, nicht vernachllssigen.

Warum hat die Mafia eine solche Macht? Sie hat eine solche

Macht, weil die BOrger sich an diesen Rechtsstaat in Sizilien, .

in SOditalien nicht mehr gebunden fOhlen. Sie fOhlen sich nur

noch an die Machtder Mefia gebunden. "'"~J:t

Mit dem WEtgfall der Grenzen in Europa haben wir eine neue

Situation bekommen. Ober den Daumen gepeilt laßt sich die

Situation in den GUS-Staaten so schildern: Wer hatte frOher

die Macht1- Dies waren drei Säulen: Die Partei. der Geheim­

dienst und das organisierte Verbrechen. - Die beiden ersten

Aspekte sind entfallen. Wir haben es mit organisierten Ver­

brechen von einem Ausmaß zu tun, wie es sich der normale

deutsche BOrger Oberhaupt nicht vorstellen kann. Deshalb

sollten wir an diese Dinge mit großem Ernst herangehen, um

den BOrgern die Sicherheit wiederzugeben, die sie von uns

verlangen kOnnen.

(Beofall der CDU)

Prisident Grimm:

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dieckvoß das Wort.

Abg. Dieckvoß. F.O.P.:

Herr Kollege Dr. Volkert, ich mOchte Ihnen kurz entgegnen.

Sie sagten, meine Bemerkung hat Sie tief betroffen gemacht.

Sie haben artikuliert, daß Sie in dieser Frage der Verfassungs­

rechte noch Ober eine erhebliche Sensibilität verfügen. Das

freut mich.

Wer aber die Abschaffung des Artikels 16 des Grundgesetzes

fordert - wie gestern geschehen -, wer die ~bschaffung des

Artikels 13 in seiner umfassenden Form wie heute fordert,

wer - siehe Rammel. CDU -, gestützt auf die Position der

baden-wOrttembergischen CDU, die Einschränkung der

Rechtsschutzgarantie des Artikels 19 Abs. 4 des Grundgeset­

zes fordert. der verhAlt sich so, wie ich es dargestellt habe.

(Beifall der F.D.P. und derSPD}

Prlsident Grimm:

Ich erteile Herrn Henke das Wort.

Abg. Henke, OIE GRONEN:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Wir sollten uns ge~

rade dann, wenn es Grundrechte angeht, davor hüten. auf

dem Bogen von Emotionen zu reiten. Grundrechte benOtigen

wir, um uns geschützt zu fOhlen. Dies gilt gerade fOr unsere

Privatsphlre. Wir sollten jeden Ruf danach vermeiden. daß

die Bürger im Lande das Gefühl bekommen, die Polizei darf

alles.

(Beifall der GRONEN)

Vorhin wurde gesagt, der BOrger fOhlt sich nicht durch den

Rechtsstaat geschützt. Was wir im Augenblick erleben, ist

hauptsachlich das Gefühl, daß sich die BOrger durch den So~

zialstaat nicht geschützt fOhlen. Dies ist für mich der Grund

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Landtag Rheinland-Pialz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2489

für die Geschehnisse in den neuen Bundesllndern. Es geht

nicht um den Rechtsstaat. sondern um den Sozialstaat, durch

den sich sehr viele BOrger im Stich gelassen fühlen. Dies ist ein persönliches Gefühl. Durch Rechtsverlnderungen - darüber

werden wir morgen diskutieren- kann nach unserer Meinung

nicht viel erreicht werden. Es muß andere Instrumente ge­

ben. Alle in letzter Zeit von mir gelesenen Berichte Ober den

Umgang von Polizei und Kriminalpolizei mit der Drogenkri­

minalitlt zeigen - auch aus Amerika - die Hilflosigkeit und

das stlndige Hinterherhinken hinter einer Entwicklung, die

mit polizeilichen Mitteln offenbar nicht zu stoppen ist.

(Beifall der GRONEN)

Das war mein Argument. Es muß viel umfassender gemacht

werden. Dies gilt auch gegen die Mafia. ln Italien ist dies of­

fenbar seit Jahrhunderten ein Grund.

Die Offnung der Grenzen nach Osten, die sozialen Unter­

schiede zwischen arm und reich bedingen auch Kriminalitlt.

Dagegen hilft kein Lauschangriff. ln diesem Fall helfen ande­

re Instrumente wie die Ursachenbeklmpfung.

Wir sind der Meinung, daß an der falschen Stelle angepaßt

wird. Wir sind nicht dagegen, daß die Gesetze in ihrer bisheri­

gen Form ausgeschöpft werden. Wir sind auch nicht gegen

die Kriminalpolizei und Sonderkommissionen, wenn dies

sinnvoll ist.

(Vizeprlsident Bojak Obernimmt

den Vorsitz)

Wir vertreten jedoch die Meinung, daß man mit Polizei we­

der die Krawalle im Osten noch die organisierte Kriminalitlt

lösen kann. Die politisch zu erfolgende Lösung darf nicht

mißbraucht werden, auch nicht durch einen .Großen Lausch­

angriff". Dies ist der Hintergrund.

Wir möchten, daß auf den sozialen Gebieten, auf dem Gebiet

der Bildung usw. dieses Thema erarbeitet wird. Dies kann

zum Beispiel in Schulen geschehen. Es sollte nicht gleich nach

einer Grundgesetzlnderung gerufen werden. Dies allein hilft

nichts. Das lehnen wir ab.

(Beifall der GRÜNEN)

Vizepräsident Bojak:

Ich erteile Herrn Geil das Wort.

Abg. Geil, CDU:

Herr Prlsident. meine sehr geehrten Damen und HerrenL

Herr Kollege Dieckvoß. ich weiß nicht, ob Sie flhig sind, zu er­

kennen, was Sie heute nachmittag mit Ihrem Vorwurf einer

großen demokratischen Partei gegenOber gesagt haben.

(Beifall der CDU)

Bei dieser Debatte kann man unterschiedlicher Meinung sein.

Sie hat sachlich durch die Antwort des Staatssekretars begon­

nen.lch behaupte, auch mein Beitrag war vom ersten bis zum

letzten Wort sachlich.

(Zuruf von der SPD)

-Herr Dieckvoß hat seinen Vorwurf vor Herrn Schnarr vorge­

bracht. Wie man in den Wald hineinruft, so kommt es manch­

mal auch wieder zurück. Auch dies ist ein Thema.

Herr Dieckvoß, dieser Vorwurf ist nicht nur ungeeignet, die­

sen Vorwurf !Ißt sich die CDU in diesem Hause auch nicht bie­

ten, auch nicht von Ihnen!

(Beifall der CDU)

Wir sind auch nicht diejenigen, die dieses Thema bundesweit

im Augenblick so aktuell begonnen haben. Es scheint Diskus­

sionsbedarf zu bestehen. Bitte bauen Sie nicht in doppelter

Hinsicht diese Pappkameraden auf. Wir wollen heute nach­

mittig kein Gesetz beraten.

Herr Ministerprlsident, selbstverständlich muß beraten wer­

den. Wir wollen aber wissen, wie Ihre Regierung insgesamt

darOber denkt. Wir wollen nicht, daß der eine sich so und der

andere so in der Offentliehkelt außert.

(Beifall der CDU)

Wir wollen nicht, daß dem Parlament gegenOber erkllrt

wird, wir sind noch in der Prüfung, deshalb kann jeder sagen,

was er möchte.

(Basten. CDU: Wenn Sie es !lOCh nicht

wissen, sollten Sie es sagen!)

Herr Scharping, in Ihrer Funktion als Ministerprlsident heute

nachmittag: Für mich ist es fast rührend, wenn Sie sich hin­

stellen und das Parlament darüber belehren, wie man mit

wichtigen Themen seriOs umzugehen hat.

(Ministerprasident Scharping: Sie haben

es nOtig!)

Das kenne ich aus der Vergangenheit. Das kennen wir beide

doch aus der Vergangenheit.

(Beifall der CDU)

Deshalb- meine in der Tat etwas flapsige Bemerkung im Hin­

blick auf die Polizei -glaube ich, Sie haben schon verstanden,

was damit gesagt werden sollte, daß man nlmlich in den Be­

reichen, in denen es darauf ankommt, daß man durch den

Einsatz von technischen Mitteln den menschlichen Einsatz der

Polizeibeamten zurückführt, endlich auch die Voraussetzun­

gen schaffen muß, daß sich die Polizei dieser Mittel bedienen

darf. Um nichts anderes geht es. Herr Kollege Dieckvoß,

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2490 Landtag Rheinland·P'falz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992

wenn sie angezettelt wird, ist das eine seriöse Diskussion,

auch im Parlament. Wir stehen dazu wie auch zu anderen

Fragen. Noch einmal mit Verlaub, wir lassen uns von Ihnen in

dieser Form keine Vorwürfe machen.

(Beifall der CDU)

Vizepräsident Bojak:

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen

mir nicht vor.lch schließe damitdie Aussprache.

Ich darf inzwischen neu eingetroffene Gaste bei uns auf der

Tribüne begrüßen. Es sind einmal Mitglieder des Landfrauen­

vereins Steinwenden

(Beifall des Hauses)

sowie des Schuljahrgangs 1933 aus Dittelsheim.

{Beifall des Hauses)

Wir kommen nun zu Punkt 3 der Tagesordnung:

Wahl der Vertrauensleute des Ausschusses zur

Wahl der ehrenamtlichen Verwaltungsrichter

hier: Verwaltungsgericht Mainz und

Verwaltungsgericht Trier

Unterrichtung durch den Prlsidenten

desundtags

- Drucksache 1211730 -

dazu:

Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD. COU und F.D.P.

- Drucksache 12/1940-

Wenn es zu dem Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU

und F .O.P. keine ÄnderungsvorschlAge gibt- dies ist wohl der

Fall -, kOnnen wir darOber abstimmen. Wer diesem Wahlvor­

schlag seine Zustimmung geben will, bitte ich um das Hand­

zeichen! Gegenstimmen?- Stimmenthaltungen?- Dann ist

der Vorschlag mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktio­

nen der SPO, der CDU und der F .D.P. bei Enthaltung der Mit­

glieder der Fraktion DIE GRÜNEN angenommen.

Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 4 der Tagesord­

nung auf:

Wahl von Mitgliedern des Landtags in die Versammlung der

uneloszentrale Hlr private Rundfunkveranstalter (LPR)

Unterrichtung durch den Prlsidenten des undtags

- Druckache 12/1916-

dazu:

Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU, F.D.P.

und DIE GRÜNEN

- Drucksache 12/1941 -

Zu dem Wahlvorschlag der Fraktionen der SPD, CDU, F.D.P.

und DIE GRÜNEN gibt es offensichtlich keine ÄnderungswOn­

sche. Dann kann darOber abgestimmt werden. Wer dem

Wahlvorschlag seine Zustimmung geben kann, bitte ich um

das Handzeichen! Gegenstimmen?- Stimmenthaltungen?­

Dann ist dieser Wahlvorschlag einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt22 der Tages­

ordnung auf, der vorgezogen werden soll:

Entlastung der Landesregierung und des Rechnungshofs

Rhoinland-Pfalz tOrdas Haushaltsjahr 1990

dazu:

a) Entlastung der Landesregierung Rheinland-pfalz

fOr das Haushaltsjahr 1990

Antrag der Landesregierung

-Drucksache 12/697-

b) Entlastung des Rechnungshofs Rhoinland-Pfalz

für das Haushaltsjahr 1990

Antrag des Rechnungshofs

- Drucksache 12/698 -

c)Jahresbericht 1991

Unterrichtung durch den Rechnungshof

-Drucksache 12/1275-

d) Stellungnahme der Landesregierung zum

Jahresbericht 1991 des Rechnungshofs

(Drucksache 1211275)

Unterrichtung durch die Landesregierung

-Drucksache 1211810-

Die Drucksachen 121697,12/698.12/1275 und 12/1810 sollen

zur weiteren Behandlung an den Haushalts- und Finanzaus­

schuß Oberwiesen werden. Dazu gibt es keinen Widerspruch.

Dann wird so verfahren. Ich erinnere daran, daß die Sitzung

des Haushalts- und Finanzausschusses wohl fOr morgen ein­

geplant ist.

Wir kommen zu Punkt 5 der Tagesordnung:

Landesgesetz zu dem Zusatzabkommen zum Abkommen

über die Aufgaben und Finanzierung der

Wasserschutzpolizei-Schute

Gesetzentwurf der Landesregierung

-Drucksache 1211749-

Erste Beratung

ln der ersten Beratung ist nach Festlegung des Ältestenrats

keine Aussprache vorgesehen. Es gibt keine andere Äuße­

rung des Parlaments. Dann ist der Oberweisungsvorschlag fe­

derfOhrend an den lnnenausschuß. mitberatend an den

Rechtsausschuß. Ich sehe Zustimmung bei allen Fraktionen.

Dann wird so verfahren.

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Landtag Rheinland-pfalz- 12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2491

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz zu dem Abkommen zur Anderung des

Abkommens über die einheitliche Ausbildung

der Anwlrter für den höheren Polizeivollzugs­dienst und über die Polizei-Führungsakademie

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 12/1750 -

Erste Beratung

Auch hier ist im Altestenrat keine Aussprache in der ersten

Beratung festgelegt worden. Damit kommen wir sofort zu

der Überweisung. Es ist eine Oberweisung federführend an

den Innenausschuß und mitberatend an den Rechtsausschuß

vorgesehen. Auch hier sehe ich die Zustimmung aller Fraktio­

nen. Dann wird so verfahren.

Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 1 der Tagesord­

nung auf:

... tes Landestesetz zur Änderung des

Architektengesetzes Rheinioncl-pfalz

Gesetzentwurf der Landesregierung

- Drucksache 12/1780-

Erste Beratung

Es ist eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vorgese­

hen.

Ich frage den Herrn Finanzminister, ob er den Gesetzesantrag

begründen will.- Dies ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache und erteile Herrn Kollegen

Ehrenberg das Wort.

Abg. Ehrenberg. F.O.P.:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren, mit dem vorliegen­

den Gesetzentwurf der Landesregierung zur Anderung des

Architektengesetzes werden die gesetzlichen Rahmenbedin­

gungen fOr den Berufsstand der Architekten, Innenarchitek­

ten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten ein StOck den

sich verindernden Erfordernissen angepaßt. Er ist insbeson­

dere Bestandteil der Realisierung, gleichzeitig aber auch der

Vorbereitung auf den Europlisehen Binnenmarkt. Die F.D.P.­

Fraktion begrOßt deshalb die Vorlage dieses Gesetzentwurfs.

Die Herstellung der Niederlassungsfreiheit und des freien

Dienstleistungsverkehrs ist ein wichtiger und wesentlicher

Bestandteil des Binnenmarkts. ln Zukunft wird auch fOr

Rheinland-P1alz sichergestellt sein. daß Landschaftsarchitek­

ten, Innenarchitekten und Stadtplaner, die in einem Mit­

gliedstaat der Europlisehen Gemeinschaft ein Hochschulstu­

dium abgeschlossen und ein Diplom erworben haben, ihren

Beruf so ausüben können, als ob sie ihre akademische Ausbil­

dung in Deutschland erworben hätten. Rheinland-Pfalzsetzt

damit eine Richtlinie der Europlisehen Gemeinschaft Ober die

gegenseitige Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine

mindestens dreijlhrige Berufsausbildung abschließen, in Lan­

desrecht um. Da die EG-Richtlinie vom Januar 1989 datiert

und die Verpflichtung enthält, innerhalb von zwei Jahren

umgesetzt zu werden, kann auch nicht von einer überhaste­

ten Umsetzung gesprochen werden. Das Gegenteil ist der

Fall. Der freie Berufszugang innerhalb der Europäischen Ge­

meinschaft wird für Landschaftsarchitekten, lnnenarchitek~

ten und Stadtplaner jetzt ebenso möglich sein wie 'bereits für

die Architektenaufgrund des Architektengesetzes von 1989.

Mit der Festschreibung der Niederlassungsfreiheit in diesem

Bereich wird ein weiteres Stück Binnenmarkt realisiert sein.

Meine Damen und Herren, ich denke, daß die Vorbereitung

aufden Binnenmarkt auch im Hinblick auf den zweiten Rege­

lungsgagenstand dieses Gesetzes eine Rolle spielt. Oie

rheinland-pfllzische Architektenkammer hat sich als erste

Landesorganisation dazu entschlossen, die Möglichkeit einer

Architekten-GmbH bzw. Stadtplaner~, Landschaftsarchi­

tekten~ oder Innenarchitekten-GmbH zu eröffnen. Dies ist si­

cherlich eine sinnvolle Initiative. Wir begrüßen es, daß die

Landesregierung diesen Wunsch der Architektenkammer in

die Tat umgesetzt hat. Damit kann der derzeitigen und zu­

künftigen Situation dieses Berufsstandes besser Rechnung

getragen werden.

Die Gründung und rechtliche Absicherung von Bürogemein­

schaften, gleichzeitig die fach- oder grenzüberschreitende·

Kooperation werden erleichtert und verbessert werden kön­

nen. FOr die in einer Bürogemeinschaft zusammengeschlosse­

nen Architekten kann es im Einzelfall durchaus sinnvoll sein -

die Landesregierung weist in ihrer Begründung auch auf die

Auswirkungen der EG-Haftungsrichtlinie hin-. eine GmbH zu

gründen, was natürlich auch bereits jetzt zulässig ist. ln die­

sem Fall ist es aber nur sinnvoll und sachgerecht, wenn die Fir­

ma zusltzlich zu dem Begriff ,.GmbH'" die Berufsbezeichnung

.Architekt•, ,.Innenarchitekt", ,.Landschaftsarchitekt• oder

.stadtplaner· führen darf.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat dankens­

werterweise den Gesetzentwurf bereits mit der Architekten­

kammer abgestimmt und auch von daher die Interessen des

Berufsstandes gewahrt. Auch von daher spricht einiges dafür,

den Gesetzentwurf im Ausschuß zwar sorgflltig, aber zügig

zu beraten und ihn relativ bald geltendes Recht werden zu

lassen.

(Beifall der F .D.P. und

bei der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Hoppe das Wort.

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2492 Landtag Rheinland-P1alz. 12. Wahlperiode· 31. Sitzung. 16. September 1992

Abg. Hoppe, CDU:

Herr Prlsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Kollege Ehrenberg hat alles gesagt, was gesagt werden

muß. Ich weiß nicht. was ich mit zehn Minuten Redezeit an· fangen solL

(Heiterkeit im Hause·

Zuruf ausdem Hause: Das ist gut!)

Es ist tatsichlieh in diesem Punkt so: --

(Staatssekretlr Prof. Dr. Rumpf:

Schweigeminute!)

Schweigeminute, gut. Wenn das gewünscht wird, bitte schOn.

--Zustimmung seitens der CDU-Fraktion zu dem vorgelegten

Gesetzentwurf und entsprechende Beratungen im Ausschuß. -Natürlich wollen wir das, was EG-weit angestrebt wird, auch

füt unsere entsprechenden Berufsgruppen _in Rheinland-P1alz

sicherstellen. Deshalb klare Zustimmung. Wir wollen auch die

Fortentwicklung in Richtung neuer Betriebsformen, zum Bei·

spiel in Form der GmbH, um den Wunsch der Architekten zu

erfüllen.

Herr Minister, vielleicht wiTe zu überlegen, ob man nicht

auch, wenn man schon Beratende Ingenieure nach § 3 a des

Gesetzentwurfs zu Geschlftsführern dieser neu zu grOnden­

den GmbH bestellen kann, diese Beratenden Ingenieure als

Gesellschafter zulassen kann. Dies ist eine Frage, die man ein­

fach einmal prOfen muß, ob dies ein richtiger Weg ist. Zu·

nlchst sieht das Gesetz nur die genannten Architekten als

Gesellschafter vor. Das ist eine Frage, die der Diskussion im

Au""huß bedürfte.

Die zweite Frage wlre, ob man nicht versuchen sollte, die

Kammern noch stlrker in Fortbildungsmaßnahmen einzubin·

den, insbesondere im Bauordnungsrecht. möglicherweise

auch so, daß man künftig. als eine Voraussetzung, um in die

Architektenliste aufgenommen zu werden, auch solche Fort­

bildungsmaGnahmen mit einbezieht oder stlrker mit gewich­

tet. Dies sind einige Anregungen, die jetzt nicht unbedingt

formuliert werden müßten, die aber für die zukünftige Ent·

wicklung im Auge behalten werden sollten.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Vizeprlsldent Bojak:

Ich erteile Herrn Kollegen Rieth das Wort.

Abg. Rleth, DIE Gf\!)J'IEN:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! So ganz kann ich

mit dem Vorredner, Herrn Hoppe, nicht übereinstimmen, daß

dieses Gesetz uneingeschränkt zu unterstützen ist. Wir haben

dieses Gesetz einmal gründlich durchgesehen. Wir sind der

Meinung, daß noch etwas Änderungsbedarf vorhanden ist.

Dieser Gesetzentwurf ist ein kleines Beispiel dafür, wie lange

die Entwicklung eines europäischen Staates noch dauern

wird und zu welchen Lasten sich unter Umständen dieser bei

der jetzigen Ausrichtung entwickeln wird. Als Beispiel für die

Geschwindigkert der Umsetzung der EG·Vereinbarungen zi­

tiere ich aus der Einleitung zu dem Gesetz: .. Die Mitgliedstaa·

ten der Europlisehen Gemeinschaften sind verpflichtet, diese

Richtlinie bis zum 4. Januar 1991 in innerstaatliches Recht um­

zusetzen. n

Wir haben mittlerweile September 1992. So ernst nehmen

auch wir europlisehe Vereinbarungen.

Kommen wir zur Ausrichtung dieses Gesetzentwurfs. Dieser

ist· wie gesagt ·durch die Europäisierung der Dienstleistun­

gen von Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitek­

ten und Stadtplanern geprägt. Ferner soll mit diesem Gesetz· entwurfdie Organisation der Zusammenarbeit von Architek·

ten und anderen Planenden erweitert und somit de facto neu

geregelt werden. Genau an diesem Punkt kann ich festma­

chen, daß diese Regelung, so wie sie jetzt im Gesetz steht

einseitig zu Lasten der EG·Verbraucher geht. Durch die Auf·

nahme der GmbH·Regelung wird einseitig das Haftungsrisiko

auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abgewälzt. Dies

ist aus mehreren Gründen bedenklich und kann deshalb so in

der jetzigen Form von uns nicht mitgetragen werden.

Wir sehen zwar ein und unterstatzen auch, daß sich auf in·

nerstaatlicher und europlischer Ebene feste Zu$4!1mmen·

schiOsse der eingangs erwähnten Berufsgruppen bilden kön­

nen und vielleichtsogar bilden müssen, um als Planungsbüros

gegenüber Großkonzernen bestehen zu können. Wenn dies

nicht als Personengesellschaft oder Gesellschaft des bürgerli·

chen Rechts gewünscht wird, sondern als Kapitalgesellschaft,

also GmbH. muß aber die Risikoabdeckung auch dem ge­

wachsenen Risiko entsprechen, das heißt, das Problem ist

nicht der Zusammenschluß von Architekten und Planern in ei·

ner GmbH an sich, sondern die daraus folgende Minimierung

des Verbraucherschutzes.

Es kann nicht angehen, daß der HAusiebauer sich zwar auf

das Produkthaftungsgesetz, zum Beispiel im Umweltbereich,

berufen kann, im Ernstfall die GmbH aber mangels Haftungs­

kapital nicht in der Lage sein wird, eventuelle Schadensfalle

zu regulieren, weil auch die bisherigen Haftpflichtversiche­

rungen der Planer explizit dieses Risiko ausschließen. Dieses

Risiko wird zwar bei Personengesellschaften prinzipiell getra·

gen, bedeutet aber im Ernstfall oftmals den völligen Ruin ei·

nes Ober viele Jahre aufgebauten Betriebs und des Privatver­

mOgens des Planers. Dies kann also auch nicht Sinn und

Zweck beruflicher Betltigung sein.

(Vizeprlsident Dr. Volkert

übernimmt den Vorsitz)

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Landtag Rheinland-pfalz-12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992 2493

Zusammenfassend. so meine ich, muß deshalb in das Archi·

tektengesetz zusAtzlieh der Verbraucherschutz aufgenom­

men und dieser von den Architekten materiell gewahrleistet

werden, eventuell durch die Aufnahme einer entsprechen­

den Versicherungspflicht, die europaweit gilt. Was von seiten

der Banken gegenOber GmbH-Gesellschaften gang und glbe

ist, nlmlich die Absicherung des Risikos, sollte für Verbrau­

cherinnen und Verbraucher auch gelten dürfen.

Ich denke, nur wenn wir das Vertrauen der Verbraucherinnen

und Verbraucher in diesem Sinn herstellen, wird es gelingen,

solche Dienstleistungen auch europaweit zu organisieren;

denn in Zukunft handeln nicht mehr nur Großkonzerne und

Großfirmen, also Profis in diesem Geschlft, miteinander, son­

dern der viel zitierte Hluslebauer wird sich dieser internatio­

nalen Dienstleistungen bedienen, und dafür braucht er ent­

sprechenden Schutz.

Da dies heute die erste Lesung des Gesetzes ist, gehe ich da­

von aus, daß wir in den AusschOssen noch weiter darOber be­

raten werden und daß auch die Erfahrungen, die die anderen

Bundesiloder mit diesem Gesetz bei der Verabschiedung ge­

macht haben, in unser rheinland-pfllzisches Gesetz mit ein­

fließen werden. Für unsere Fraktion kann ich aus all den ge­

nannten Gründen deshalb zum gegenwlrtigen Zeitpunkt

noch nicht sagen, ob wir dem Gesetz in seiner endgOttigen

Fassung zustimmen kOnnen. Der gegenwlrtigen Fassung

können wir so jedenfalls nicht zustimmen.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall der GRONEN)

Vizeprlsident Dr. Volkert:

Herr Kollege Bojak hat das Wort.

Abg. Bojak. SPD:

Herr Prlsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Durch die Richtlinie 85ß84 EWG des Rates vom 10. Juni 1985,

der sogenannten Architektenrichtlinie, ist die gegenseitige

Anerkennung der Diplome, PrOfzeugnisse und sonstiger Be­

flhigungsnachweise auf dem Gebiet der Architektur gere­

gelt. Diese Richtlinie, die zum Ziel hatte, allen Architekten

aus den Mitgliedstaaten der Europlisehen Gemeinschaft hin­

sichtlich ihrer Berufsausübung Freizügigkeit innerhalb der

Gemeinschaft zu gewlhrleisten, mußte in nationales Recht

umgesetzt werden. Das heißt. bei uns in der Bundesrepublik

bedurfte es der Novellierung der jeweiligen Architektenge­

setze. Bereitsam 8. Mlrz 1989 hat der Landtag diese Novelle.

beschlossen, so daß seitdem diese Regelung für die Architek­

ten gel~endes Recht ist.

Ein zweiter politischer Schwerpunkt der damaligen Gesetzes­

novelle war, neben Architekten, Innenarchitekten, Land-

Schaftsarchitekten auch die Stadtplaner in den Kreis derer

aufzunehmen, die dem Architektengesetz unterstellt sind_

Bezogen auf die letzten drei Berufsgruppen - Innenarchitek­

ten; Landschaftsplaner und Stadtplaner - gilt allerdings die

Architektenrichtlinie und die Folgegesetzgebung nicht, so daß heute auf der Grundlage der Richtlinie 89/48 E~G vom

21. Dezember 1988 auch die gegenseitige Anerkennung der

Hochschuldiplome und damit die Freizügigkeit für diese Be­

rufsgruppen zu regeln ist. Es ist. wie man so sagt, höchste Ei­

senbahn, damit diese wichtigen Berufsgruppen mit Beginn

des Jahres 1993 die gleichen Wettbewerbschancen in dem

dann gemeinsamen Markt haben. Schon vor diesem Hinter­

grund begrOßt die SPD-Fraktion die Vorlage dieser Novelle.

Da die Rechtsmaterie wohl kaum politisch umstritten sein

dürfte- allerdings habe ich nach den Ausführungen des Kol­

legen Rieth meme Zweifel -, ist nach schneller Beratung eine

Verabschiedung in diesem Jahr durchaus möglich. Jedenfalts

ist dies ganz offensichtlich das gemeinsame Interesse der

Koalitionsfraktionen und der CDU-Fraktion.

Herr Rieth,lhre besondere Angst für den kleinen Häuslebau~

er ist in dieser Rechtsproblematik wahrscheinlich das gering­

ste Problem; denn ich kann mir nicht vorstellen, daß irgend­

ein kleiner Hausiebauer aus dem HunsrOck sich einen Archi­

tekten irgendwo aus der Bretagne oder sonst woher kom­

men !Ißt. Er wird nach wie vor in das nahe Umfeld gehen. All das, was wir zu regeln haben, wird in erster Linie die Pla­

nungsauftrlge, die Dienstleistungsauftrage auf einem viel

höheren Level betreffen, die auch nach der EG-Vorschrift so­

zusagen nationalObergreifend auszuschreiben sind. Man

muß manchmal bei der Darstellung von Ängsten ein bißchen

vorsichtig sein.

Ober die wirtschaftspolitische Bedeutung der gegenseitigen

Anerkennung von Hochschulabschlüssen ist in diesem Haus

mehrfach diskutiert worden. Ich brauche deshalb darauf

nicht naher einzugehen.

Daß nach wie vor hinsichtlich des Erwerbs berufsqualifizie­

render Abschlüsse dies nicht nur im universitären Bereich - ich

erinnere beispie!sweise im handwerklichen ~ereich an die

MeisterprOfung bei uns als Voraussetzung der Betriebsfüh­

rung ~eine recht unterschiedliche ist und auch eine qualitati­

ve Bandbreite besteht, wird uns sicher noch lange Zeit be­sthlftigen. Es ist also ein hinzunehmender Fakt. Um so wich­

tiger ist das gegenseitige Ja zu den nationalen AbschlOssen,

weil von dieser Basis aus diese andere noch differierende Sei­

te der Berufsabschlüsse besser angepaßt werden kann. Das ist

auch der Grund gewesen, warum man gesagt hat: Wir aner~

kennen uns jeUt erst einmal gegenseitig und werden lang­

sam die Berufsabschlüsse anpassen, weil dies ad hoc nicht

durchsetzbar ist.

Meine Damen und Herren, das Anerkennungsverfahren ist

dem der Architektenschaft angepaßt, so daß auch verwal­

tungstechnisch eine LOsung auf einer schon praktisch erprob­

ten Grundlage gewählt wurde. Gegebenenfalls - dies zeigt

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2494 Landtag Rheinland-pfaJz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992

sich auch nach Ihren Ausführungen -wird es im Detail im.Aus­

schuß noch Diskussionsbedarf geben.

Meine Damen und Herren, diese Novelle hat aber auch eine

zweite politische, ebenfalls nicht unbedeutsame Rechtsmate­

rie zu regeln. Der Rechtsstatus des Architekten war bisher,

wie nur noch in wenigen Berufsbereichen, auf eine einzelne

Person zugeschnitten. Der Titel .Architekt• ist geschOtzt und

kann bei gegebenen Voraussetzungen nur einer Person ver­

liehen werden. Das sehr individualistische Berufsverstlndnis, gerade bei unserer deutschen Architektenschaft besonders

ausgeprlgt, bedarf in einem gemeinsamen Markt einer Auf­

weitung. will dieser spezielle Berufsstand wettbewerbsflhig bleiben.

Die Ingenieure waren in ihrem Selbstverstlndnis schon im­

mer etwas offener. Für sie ist schon llngst gute. weil notwen­

dige Praxis. sich in Ingenieurgemeinschaften in der handels­

rechtlichen Form einer GmbH zu organisieren und sich so

dem Markt zu stellen. Allein die Tatsache, daß der Tftel .Ar­

chitekt" besonders geschützt ist, ließ es bisher nicht zu, den

Begriff .,Architekt" im Firmennamen einer Architektengesell­

schaft, in welcher handelsrechtliehen Form auch immer, zu

führen. Natürlich gibt es auch heute schon unter den Archi­

tekten Gesellschaften, Zusammenschlüsse untereinander mit

anderen Architekten oder mit Fachingenieuren. Allerdings

gibt es dann die vielen Verbiegungen bei der Wahl des Fir­

mennamens, weil der Begriff .. Architekt" so nicht gebraucht

werden konnte. Ich weise nur darauf hin, daß gegebenenfalls

noch ein Diskussionsbedarf bei der Novelle der Landesbau­

ordnung besteht. weil die juristische Person ,.Architektenge­

sellschaft mbH. natürlich volles Planungsrecht hat. Darüber

werden wir wahrscheinlich parallel noch einmal diskutieren

müssen.

Jedenfalls scheint es so, daß auch die Architektenschaft selbst

begriffen hat, daß es zu einer Ausweitung ihres Berufsver­

ständnisses kommen muß. Die letzte Presseerkllrung der Ar­

chitektenkammer zeigt. daß wir gemeinsam auf einem guten

Weg sind.

(Beifall bei der F.D.P.)

Ich mOChte nur anführen: Diese Regelung, die wir jetzt tref­

fen wollen, ist ein Musterfall für die gesamte Bundesrepublik.

Wir sind das erste Bundesland, dasdiesen Schritt gehen wird.

Lassen Sie mich nach der Stellungnahme fOr meine Fraktion

zu materiell-inhaltlichen Fragen der Novelle noch einige per­

sOnliche Gedanken vortragen. Daß der Architekt seine Lei­

stung, die auch eine recht technische, praktische Seite hat,

immer auch als eine individuelle künstlerische Leistung be­wertet wissen woltte, ist bekannt und auch wohl nicht bestrit­

ten. Wir sprechen nicht von ungeflhr von der Baukunst. Die

vielen bekannten großen Architekten aller Stilepochen beka­

men und bekommen als Künstler Offentliehe Anerkennung.

Der Architekt steht so in der Kategorie der Bildenden Kunst

neben dem Bildhauer oder/und Maler. ln vielen Flllen

waren und sind Architekten zugleich Bildhauer und Maler. Es

gibt viele uns bekannte Beispiele.

Nicht selten mußte und muß sich der Architekt mit seinem

.Kunstwerk" der Offentliehen Diskussion stellen. Solche Aus­

einandersetzungen standen in ihrer H~ftigkeit Auseinander­

setzungen in anderen Kunstbereichen in nichts nach. Warum

spreche ich dies an? Es besteht natürlich die Gefahr, daß die

geistig-künstlerischen Leistungen solcher Architektengesell­

schaften nicht mehr so unmittelbar durch den Urheber ver­

antwortet werden oder verantwortet werden können. Die

Möglichkeit des Versteckens hinter der Anonymitlt, die Ge­

sellschaften immer ermöglichen, ist auf jeden Fall nicht von

der Hand zu weisen. Mit meinem Hinweis geht es mir dabei

nicht um die Frage des Schutzes des geistigen Eigentums des

jeweiligen Gesellschafters in einer Gesellschaft. Dies muß im

Gesellschaftsver1rag gelOst werden.

Zurück zum Gesetzentwurf. Planen, um zu bauen, hat neben

dem künstlerischen Aspekt erst einmal eine recht materielle

Seite. Die zu erwartenden Wettbewerbsbedingungen im ge­

meinsamen Markt bringen uns alle in Zugzwang. Dies sehen

die Architekten in gleicher Weise sehr nüchtern. Deshalb wie­

derhole ich für die SPD-Fraktion: Uns ist an einer zügigen Be­

ratung und einer abschließenden Beschlußfassung noch in

diesem Jahr gelegen. Ich bitte die anderen Fraktionen, uns

dabei zu unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Dr. Volkert:

Weitere Wortmeldungen liegen nicht mehr vor.

Es wird vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Haushalts­

und Finanzausschuß - federführend - und an den Rechtsaus­

schuß - mitberatend -zu überweisen. Es erhebt sich kein Wi­

derspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

..• tes Landesgesetz zur Änderung des Landespflegegesetzes

Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRÜNEN

- Drucksache 1211817 -

Ente Beratung

Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Dörr das Wort.

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten.

Abg. Or. Dörr, DIE GR0NEN:

Herr Prlsident, meine sehr geehrten Damen und Herren I Be­

reits gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde immer offen­

sichtlicher. daß durch die starker fortschreitende Zerstörung

der Natur mehr und mehr Tierarten bei uns verschwanden.

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Landtag Rheinland-PTalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung,16. September 1992 2495

Was zum Beispiel noch gegen Mitte des 19. Jahrhunderts in

der Rheinaue des Oberrheintalgrabens anzutreffen war, das

heißt, was damals der Großherzog von Hessen-Darmstadt

noch erlegen konnte. kann man unter anderem in der zoolo­

gischen Abteilung des Hessischen Landesmuseums in Darm­

stadt ausgestopft bewundern. Nachtreiher, Purpurreiher und

Schwarzstorch sind dort in dem Dioramen fOr einheimische

Tiere zu sehen. Heute können wir sie in der Rheinaue nicht

mehr bewundern.

Das fortschreitende Aussterben führte zunächst dazu, daß

Privatpersonen Naturschutzverbände gründeten, wie 1899

den Bund für Vogelschutz, heute Naturschutzbund. Diese Na­

turschutzverblnde erkannten bereits damals, daß sich be­

drohte Tierarten nur erhalten lassen, wenn wir auch deren

LebensrAume und Biotope schOtzen. Bereits vor dem Ersten

Weltkrieg, vor Beginn jeglichen staatlichen Naturschutzes,

kaufte zum Beispiel der Bund für Vogelschutz in Württem­

berg Gelinde im Federse~gebiet und konnte so dort das Birk­

huhn und seltene Entenarten wie die Moorente vor dem Aus­

sterben bewahren.

(Vizepräsident Bojak übernimmt

den Vorsitz)

Erst splter gelang der Aufbau eines staatlichen Naturschut­

zes, der im legislativen Bereich für Rheinland-P1alz zum Lan­

despflegegesetz fOhrte, das sehr wohl auch positive, bundes­

weit hervorstechende Elemente enthalt, wie zum Beispiel das

Flaggschiff des rheinland-pfllzischen Naturschutzes, den

§ 24, der bestimmte Biotope generell schützt.

Dennoch gibt es auch Defizite wie die fehlende Verbandskla­

ge und seit drei Monaten den Stopp jeglicher Naturschutzge­

bietsausweisung in Rheinland-Pfalz, weil - so pfeifen es die

Spatzen von den Dichern - die beton- und beschleunigungs­

fetischistische F.D.P. gemeinsam mit der betonfetischistischen

SPD die zwingend notwendig gebotene Verbesserung des

rheinland-pfllzischen Landespflegegesetzes torpediert und

dadurch der Referentenentwurf des Umweltministeriums be­

reits seit etwa sechs Monaten bei Ihnen - so denke ich, Frau

Martini - in der Schublade schmoren muß und hier nun ein

Stillstand eingetreten ist.

(Beifall der GRÜNEN)

Zumindest ist dies dem • Trierischen Volksfreund" von vor 14

Tagen zu entnehmen. Unser heute vorliegender Gesetzent­

wurf soll zumindest den Stillstand im rheinland-pfllzischen

Naturschutz bei der Ausweisung der Naturschutzgebiete

beenden; denn seit dem 1. Juli 1992 sind durch eine Gesetzes­

änderung am Ende der 11. Legislaturperiode die Kreisverwal­

tungen für die Ausweisung rheinland-pfllzischer Natur­

schutzgebiete zuständig. Die Bezirksregierung in Trier - das

heißt die Naturschutzabteilung - beklagt sich auf der einen

Seite Offentlieh in der Presse, daß sie nur mit halber Kratt ar­

beiten darf, weil sie aufgrund der geloderten Gesetzeslage

keine Naturschutzgebiete ausweisen darf. Auf der anderen

Seite weisen die seit dem 1. Juli zuständigen Kreisverwaltun­

gen keine Naturschutzgebiete aus, weil sie es mangels der

dort nicht vorhandenen biologischen Fachabteilung rein

fachlich gar nicht können. Eine Ausnahme bildet vielleicht

der Landkreis Ludwigshafen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Bei der Bereisung von Naturschutzgebieten muß die Fachab­

teilung der Trierer Bezirksregierung erst in mOhsamer

Schreibarbeit das Einvernehmen mit den nun formal zustän­

digen Kreisverwaltungen herstellen und de facto am Rande

der Legalität arbeiten.

Frau Martini, da Sie Ihr auf eine MOndliehe Anfrage meiner­

seits gegebenes Versprechen nicht einhielten, dem Landtag

vor der Sommerpbuse einen Gesetzentwurf zur Änderung

des Landespflegegesetzes zuzuleiten, sahen wir uns gezwun­

gen, diesen Gesetzentwurf zu erarbeiten, über den wir heute

reden, um zumindest den Stillstand bei der Ausweisung der

Naturschutzgebiete zu beenden und es zu ermöglichen, daß

der Haushaltsentschließungsantrag von SPD und F.D.P., 5%

der Landesfliehe unter Naturschutz zu stellen, auch Wirklich­

keit werden kann.

Deshalb wür~e ich es verfahrensmlßig für am sinnvollsten

halten, wenn wir heute i!l erster Lesung und am besten mor­

gen gleich in zweiter und dritter Lesung unseren Gesetzent­

wurf beschließen, um die Naturschutzabteilungen der Be­

zirksregierungen nicht llnger an sinnvoller Arbeit zu hindern

und es ihnen zu ermöglichen, schon morgen wieder mit vol­

ler, statt mit halber Kraft zu arbeiten.

(Beifall der GRÜNEN und vereinzelt

bei der CDU)

Da bestehen große Defizite. wenn ich an eine Pressemittei­

lung des BUND vom 3. August 1992 ~das war die Bundesstelle

- denke. in der dargelegt wurde, daß die EG-Vogelschutz­

richtlinie, Gebiete für bedrohte Vogelarten unter Schutz zu

stellen. in Rheinland-P1alz lußerst mangelhaft, nlmlich nur

zu 7 %, umgesetzt ist. Vielleicht können Sie mir sagen, ob sich

das in den letzten paar Monaten extrem verbessert hat. ln

Hessen sei es zu 90 % umgesetzt. Vielleicht ist eine grüne Re­

gierungsbeteiligung gar nicht so schlecht, was zumindest so

etwas angeht.

Natürlich möchte ich auch die noch verbliebenen Nichtbeton­

fetischistender SPD und F.D.P.- Herr Reisinger, Herr Nagel;

ich hoffe es-

(Prof. Dr. Preuss, SPD: Mich nennen

Sie nicht?)

ermutigen, sich gegen die Betonriegen.lhrer Fraktion endlich

durchzusetzen, damit eine rasche und umfassende Verbesse­

rung des Landespflegegesetzes, insbesondere die Einführung

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2496 Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992

der Verbandsklage-die Naturschutzverbinde denken schon,

daß versucht wird, das möglichst lange hinauszuschieben, da­mit man noch mOglichst viele Straßenprojekte und Ihnfiches

durchpowern kann- und das Verbot der Ausbringung von Pe­

stiziden in nichtlandwirtschaftlichen Fliehen, ermöglicht wird, also auch ein Erfolg für die Nichtbetonfetischisten der

anderen.

(Beifall der GRÜNEN·

Frau Schneider. SPD: Das war alles?)

Vizepräsident Bojak:

Das Wort hat nun Frau Kollegin Kipp.

(Seibel, OIE GRÜNEN: Nagel ist abserviert!)

Abg. Frau Kipp, SPD:

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Unsere heutige

Zeit ist mehr und mehr dadurch gekennzeichnet, daß wir mit

einer heraufziehenden Umweltkrise konfrontiert sind, wie

sie das Menschengeschlecht seit Bestehen seiner Kulturen

noch nicht erlebt hat. Wachsende Abfallberge, zerstOrte Re­

generationsrlume, Gifte in Luft, Wasser und Boden, radioak­

tive Verseuchung, Klimaverschiebungen durch Ozonloch und

Treibhauseffekt, fortschreitende Wüstenbildung, Aussterben

vieler Tier- und Pflanzenarten, Bodenerosion usw. sind Risi­

ken, die sich durch ihre Vernetzung zunehmend gegenseitig

verstlrken und inzwischen die gesamte Menschheit bedro­

hen.

Zwar leugnet heute niemand mehr diese Risiken und Gefah­

ren, in die wir hineinsteuern, doch die Betroffenheit, die je­

der einzelne spOrt, ist die eine Sache. Eine andere Sache sind

entsprechende Änderungen unserer Gesetzgebung. Umwelt­

belastungen verursachen nicht nur Schiden an natürlichen

Ressourcen, Pflanzen, Tieren und an Menschen, sie führen in

den meisten Flllen auch zu volkswirtschaftlichen oder gesell­

schaftlichen Kosten.

ln einer Untersuchung ermittelte das Umwelt- und Prognose­

institut Heidelberg im Jahre 1989 Kosten der Umweltbela­

stung in der Bundesrepublik Deutschland von mindestens

475 Milliarden DM pro Jahr. Untersucht wurden zum Beispiel

Material-, Gesundheits- und Waldschiden durch Luftver­

schmutzung, Wertverlust durch Pestizidrückstlode in Nah­

rungsmitteln, Belastungen des Grundwassers durch Nitrat­

dünger und Altlasten durch Asbest und Holzschutzmittel. Lie­

be Kolleginnen und Kollegen. wen es interessiert, kann eine

genaue Kostenaufstellung in Heft 2 dieses Jahres des­

Gemeinde- und Stldtebundes Rheinland-Pfalz auf Seite 51

nachlesen.

Wer hat nun die Schuld an der Misere? So wie jedes einzelne

der komplexen Phlnomene, etwa das Waldsterben, ein mul-

tikausaler Effekt ist, tragt auch an der Situation als Ganzes ei­

gentlich niemand die Alleinschuld. Wir alle waren an der in­

dustriellen Entwicklung entweder direkt beteiligt oder haben

indirekt davon profitiert. Dennoch lädt jeder Schuld auf sich,

der auch heute noch in voller Kenntnis der Situation nicht

wenigstens in seinem Bereich die erforderlichen Schritte ein­

leitet, um eine Änderung herbeizufOhren, sondern lediglich

auf die Zwinge verweist, in denen er steckt.

Die rheinland-pfälzische _Landesregierung hat diese notwen­

digen Schritte eingeleitet, und zwar nicht nur verbal. Ich zi­

tiere aus der Regierungserkllrung von· Ministerprlsident

Scharping: .. Der Schutz der Umwelt wird die Politik der Lan­

desregierung in vielen Bereichen leiten. Unsere Umweltpoli­

tik wird daher von einem Stil der Offenheit und Dialogbereit­

schaft, von kritischem Denken und von wissenschaftlicher

Sensibilitlt ge~rlgt sein. Wir werden Effizienz und Wirksam­

keit bestehender Umweltschutzmaßnahmen erhöhen und

die Vollzugsdefizite im Umweltschutz abbauen. Um dieses

Ziel zu erreichen, werden wir die personelle Ausstattung der

Umweltbehörden verbessern.·

Die sozial-liberale Landesregierung versteht gerade die Lan­

despflege als einen entscheidenden Beitrag zum Umwelt­

schutz. Die themenbezogenen Einzelplanungen sollen zu ei­

nem Gesamtprogramm fortentwickelt werden. Auch hier soll

sich unsere Einsicht, daß die lebendige Umwelt ein Ganzes ist,

in praktisches politisches Handeln umsetzen.

Im Doppelhaushalt 1992/1993 wurde bei angespannter fi­

nanzieller Lage dem Schutz unserer Umwelt höchste Prioritlt

eingeraumt. Neben der Abfallwirtschaft ist die Landespflege

ein besonderer Schwerpunkt.

{Prof. Reisinger. F.D.P.: Richtig!)

Die dafür im Doppelhaushalt zur Verfügung stehenden Mit­

tel wurden um etwa 25 %aufgestockt. Das Stiftungskapital

für die Stiftung Naturschutz wurde um 3 Millionen DM er­

höht, und ab 1993 stehen 24 Stellen bei den unteren Landes­

pflegebehOrden, den Kreisverwaltungen, und drei Stellen bei

den oberen Landespflegebehörden. den Bezirksregierungen,

zur Verfügung.

{Beifall des Abg. Prof. Reisinger, F.D.P.­

Bruch, SPD: Sehr richtig, Frau Kollegin!)

Letzteres ist eine SPD-Forderung aus der vergangeneo Legis­

laturperiode, die aber bei den damaligen Haushaltsberatun­

gen von der CDU immer abgelehnt wurde.

{Zurufe von der CDU)

Die zentrale Aufgabe der Landespflege besteht darin, einen

spezifischen Beitrag zur Bewahrung der natOrlichen Lebens­

grundlagen zu leisten, wie die Verfassung unseres Landes

dies vorschreibt.

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Landtag Rheinland-Pialz • 12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2497

Das bestehende Landespflegegesetz sichert die konkrete Na­

turschutzarbeit vor Ort, bedarf aber einer dringenden Novel­

lierung, da es derzeit noch einige in anderen Bundeslindern

bereits geschlossene Regelungslücken enthalt, die einer Lö­

sung zugeführt werden mOssen. Dazu gehört die Einführung

der Verbandsklage far die nach § 29 des Bundesnaturschutz­

gesetzes anerkannten Umweltverbinde und Naturschutzor­

ganisationen, ebenfalls eine alte und noch immer gültige

SPD-Forderung, die nie die Zustimmung der CDU fand:

Weiterer Bestandteil der Novellierung muß die Regelung für

die Verwendung chemischer Mittel in Haus- und KleingArten

sein sowie der Schutz von Blumen und Grünbestanden in Pri­

vatbesitz durch kommunale Satzungen.

(Beifall desAbg. Dieckvoß, F.D.P.)

Ein weiterer Punkt ist die Aufhebung der in dem ersten Lan­

desgesetz- das klingt jetzt ein bißchen kompliziert- zur Fort­

führung der Verwaltungsvereinfachung vom 8. April 1991

vorgesehenen Verlagerung der Kompetenz zum Erlaß von

Rechtsverordnungen über Naturschutzgebiete auf die unte­

ren Landespflegebehörden; denn diese ursprünglich vorgese­

hene Kompetenzverlagerung lAuft nicht nur den Bestrebun­

gen eines nach einheitlichen Maßstlben orientierten Biotop­

und Artenschuttes zuwider. sie trlgt auch die Tendenz zu

weiteren Vollzugsdefiziten in sich,

(Beifall bei den GRONEN)

so daß aus mehreren Gründen die Zustlndigkeit bei den nach

einer einheitlichen Konzeption handelnden oberen Landes­

pflegebehörden, den Bezirksregierungen, bleiben soll.

(Beifall bei der SPD und

bei den GRONEN)

Meine Damen und Herren von der Fraktion der GRONEN, Ih­

ren Antrag. zu dem es inhaltlich mit der SPD-Fraktion keine

Divergenzen gibt. sehen wir als eine Art Erinnerung an die

Landesregierung an, die eine Novellierung des Landespflege­

gesetzesund eine Vorschaltnovelle angekündigt hat.

(Seibel, DIE GRONEN: Das sehen

Sie nicht verkehrt I)

Die eingetretenen VerzOgerungen beruhen darauf, daß für

dieses Gesetz

(Zuruf des Abg. Bruch, SPD)

sehr gründliche und verschiedene Ressortabstimmungen not­

wendig sind, die bisher noch keinen Abschluß finden konn­

ten.

Uns als SPD-Fraktion - da darf ich wohl auch für unseren Ko­

alitionspartner, die F .D.P ., sprechen - ist daran gelegen, nicht

Ober Einzelpunkte abzustimmen und damit Stückwerk zu

machen. Wir wollen vielmehr im Sinne einer einheitlichen

Konzeption den Gesetzentwurf der Landesregierung abwar­

ten, der alle regelungsbedürftigen Punkte beinhalten wird.

{Beifall der SPD und der F .D.P.)

Daher beantrage ichfOrmeine Fraktion die Überweisung Ih­

res Antrages an den zustlndigen Ausschuß.

Herr Präsident, meine Damen und Herren. ich danke Ihnen

fOr die meinen Ausführungen entgegengebrachte Aufmerk­

samkeit.

(Beifall der SPD und der F .D.P .)

Vizepo-isident Bojak:

Das Wort hat nun der Kollege Schönberg.

Abg. SchOnberg, CDU:

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren!

Umweltschutz tut not. Wir haben es heute von den Rednern,

die bisher gesprochen haben, gehört; denn sie haben sich mit

dem Umweltschutz allgemein befaßt, nicht mit dem Tages­

ordnungspunkt. Diesen haben sie auch erwähnt. weil es

selbstverstlndlich nicht zu umgehen war, insbesondere des­

wegen, weil man beantragen mußte, den Gesetzentwurf an

den Ausschuß zu verweisen.

Meine Damen und Herren. wir wissen das auch alle. Es sollte

auch keiner für sich in Anspruch nehmen, das alleine gepach­

tet zu haben_ Unser Umweltminister Klaus Töpfer, der lange

Jahre bei uns in Rheinland-Pfalzsegensreich gewirkt hat.

(Prof. Dr. Preuss, SPD: Nicht so

sehr erfolgreich!)

hat uns das aHes schon vorgetragen, und alle Fraktionen sind

fOr dieses Thema sensibilisiert. Hier braucht keiner auf die

Barrikaden zu gehen und zu meinen, er sei der Größte.

Heute geht es darum. ein ganz einfaches Verwaltungsorga­

nisationsgesetz zu Indern - nicht mehr und nicht weniQer.

Dazu waren die anderen Ausführungen alle völlig überflüs­

sig.

(Nagel, SPD: Nein!)

-Doch. Sie haben hier schon Gesetze zur Einführung der Ver­

bandsklage eingebracht. Dazu hatte ich auch die Ehre, reden

zu dürfen.

(Prof. Dr. Preuss, SPD: Reden zu dürfen!)

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2498 Landtag Rheinland-P1alz. 12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992

- Ich sage das in bezug auf meine Fraktion, weil ich gar nicht

diesem Arbeitskreis angehöre.

(Heiterkeit bei der SPD)

Wir haben also lAngst Teilbereiche angesprochen und wissen,

daß ein Gesamtbereich nötig ist. Wir hatten einmal ein lu­ßerst fortschrittliches landespflegegesetz, eines der ersten.

Inzwischen ist es eben so alt, daß es nicht mehr auf dem neuestenStand ist. Das wissen wir alle, brauchen wir auch für

die Zuhörer nicht eigens zu betonen. Das weiß jeder. Auch

ich

(Heiterkeit bei SPD und GRONEN)

Um was geht es denn heute hier in Wirklichkeit?- Am

15. Mlrz 1991 hat der Landtag mit den Stimmen der damali­

gen Regierungsparteien CDU und F.D.P. das erste Gesetz zur

Fortführung der Verwaltungsvereinfachung beschlossen, das

am 8. April vert.ündet wurde. Artikel1 0 Nr. 2 dieses Gesetzes,

um dessen Änderungen es heute geht. loderte den § 21

Abs. 3 Satz 1 des Landespflegegesetzes dahin ab, daß die Zu­

ständigkeit zur Ausweisung von Naturschutzgebieten von

der Bezirksregierung auf die Landkreise und kreisfreien Stld­

te Obertragen wurde. Im Gesetz steht: .von den oberen auf

die unteren Landespflegebehörden •.

(Nagel, SPD: Das war nicht gut!)

- Darüber wollen wir doch reden. Wir wollen nicht das Ergeb­

nis vorwegnehmen, sonst müßten wir nicht an den Ausschuß

verweisen. Dann könnten wir das machen, was Dr. Dörr vor­

geschlagen hat.

Der Gesetzentwurf der GRÜNEN will die am 1. Juli 1992, also

vor gut einem Monat, in Kraft getretene Regelung wieder

rückgängig machen, weil. so Ihre Darlegung, sie mangels

sachlicher und personeller Kapazitlt und Kompetenz bei den

Landkreisen nicht sachgerecht gewesen sei. Ob diese Begrün­

dung zutrifft, -darüber !Ißt sich trefflich streiten. Darüber

kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein.

Im Gesetzgebungsverfahren der Jahre 199011991 wurde von

den anzuhörenden Verbanden und Organisationen dazu un­

ter anderem vorgebracht: .Die Herabstufung der Zuständig­

keit brlchte zwar eine stärkere Bürgernlhe, gleichzeitig aber

wlre die Unabhlngigkeit der neuen Entscheidungsinstanz" -

also der Kreise - .einer vermehrten Einflußnahme durch den

,nlhergerückten' Bürger ausgesetzt. Es trete weder eine be­

schleunigte Verfahrensbearbeitung noch eine ausgewogene­

re Entscheidung ein - die braucht auch nicht so sein, sie

braucht nur gleich ausgewogen zu sein-, und auf diesem Sek­

tor herrsche ein chronisches Vollzugsdefizit.• Darüber waren

sich alle Fraktionen damals einig. Ich komme darauf zurück.

Frage: Trifft das, was da gesagt worden ist, alles wirklich zu,

und was haben damals denn die Fraktionen dazu ausgeführt?

Die damaligen Koalitionsfraktionen von CDU und F.D.P. ha­

ben in beiden Lesungen dem Regierungsentwurf uneinge­

schränkt zugestimmt. Hätten Sie das anders erwartet? Das

war doch wohl auch gar nicht anders zu erwarten, wie das

dieses Mal umgekehrt genauso sein wird.

Dabei hat die F.D.P.-Fraktion zum Ausdruck gebracht, daß

der aus zwölf Artikeln bestehende- das muß man wegen der

Worte wissen, die jetzt kommen; das ist nur eine nüchterne

Feststellung, mehr nicht- Gesetzentwurf zwar leider nicht al­

le, sondern nur einen kleinen Teil der erforderlichen- das ist

zu unterstreichen- gesetzgeberischen Maßnahmen enthalte.

Trotz der Kritik der Naturschutzverbände solle es auch nach

dem Ergebnis der Ausschußberatungen, in deren Verlauf sie

die vorgetragenen Argumente erneut überdacht habe, bei

der vorgeschlagenen Regelung verbleiben, weil sie erforder­

lich sei. -Ich habe Öas alles nachgelesen. Ich habe es auch auf

meinem Platz für all diejenigen liegen, die es nicht glauben

wollen, was damals gesagt worden ist.

(Frau Schneider, SPD: Wir glauben

Ihnen das!)

Allerdings müsse beim kommenden Haushalt die Persanalsi­

tuation der unteren Landespflegebehörden verbessert wer­

den, wenn das erklärtermaßen verfolgte Ziel, zu einer orts­

und sachnlheren Entscheidung und einer zügigen Auswei­

tung der Naturschutzgebiete zu gelangen, erreicht werden

solle.

(Nagel, SPD: Was dann nicht geschehen ist!­

Zuruf von der CDU)

- Das war auch bei den Bezirksregierungen nicht. Sie machen

genauso wenig. Sie haben von unserer Gemeinde einen An­

trag seit sieben Jahren vorliegen, der bis heute riicht bearbei­

tet ist. Wir haben einen von vor zehn Jahren vorliegen, der

bearbeitet ist.

(Zuruf desAbg. Schmidt, SPD)

Dieses Naturschutzgebiet ist auch ausgewiesen, aber das auf­

grund des Antrags von vor sieben Jahren beantragte leider

noch nicht. Ich komme nur dazu, gleichgültig, ob auf dieser

oder jener Instanz. Das ist doch nur eine Frage des Personals

und nicht eine Frage des Prinzips.

Die GRÜNEN haben in der neuen Zuständigkeitsregelung ein

ZurOckdrlngen des Natur- und Umweltschutzes in den Behör­

den und die Aushöhlung der sie schützenden Verfahrens­

schritte sehen wollen. Sie haben die unteren Landespflegebe­

hörden schon wegen des Personalmangels zur vorgesehenen

Entscheidung gegenüber der Bezirksregierung als ungeeig­

net angesehen, besonders aber wegen der in ihnen zutage

tretenden widerstrebenden Belange. ln der zweiten Bera­

tung haben sie hinzugefügt, das Fehlen der Sachkompetenz

in den Kreisverwaltungen sei vorprogrammiert, ebenso der

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Landtag Rheinland-Pialz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung,16. September 1992 2499

geringe Stellenwert, der dem Anliegen dort eingerlumt wer­

de, und das mangelnde Ourchsetzungsvermögen.- So wurde

damals argumentiert.

Oiesen massiven Äußerungen hat selbst die damals oppositio-­

nelle SPO widersprochen. Ich darf Ihnen sagen, was Sie gesagt

haben: Man solle den Kreisverwaltungen nicht von vornher­

ein die Kompetenz für das Sachgebiet absprechen. Das Pro­

blem sei die chronisch schlechte Personalausstattung, an der

Sie als jetzige Regierungsparteien auch bei den letzten Etat­

beratungen nichts gelndert haben und Indern wollten.

(Nagel, SPD: Wie bitte7 Was? Haben Sie

die Landespfleger vergessen1-

Zuruf der Abg. Frau Schneider, SPD)

ln der zweiten Lesung hat die SPD dann hinzugefOgt- das ist

jetzt wOrtlich. weil ich meine. es mOsse wOrtlieh gebracht

werden-: .Die Zustlndigkeit in der Landespflege wird gelo­

dert. Dies kann man durchaus akzeptieren. Nicht akzeptieren

kann man, daß sich die personelle Situation der Landespflege

nicht ändert. • Das ist der Hauptpunkt bei dieser damaligen

Beratung.

Zu den Ausführungen der GRÜNEN hat sie noch einmal zu­

sammenfassend dargelegt: deren Unterstellung, daß etwas.

wenn es im Verwaltungshandeln und in der Verantwortung

auf die untere Instanz Obertragen werde, deshalb schlechter

würde. kOnne sie nicht nachvollziehen. Der Sachverstand der

Kreisverwaltung reiche vollkommen aus. -Wenn man die Be­

ratungen des Jahres 1991 -da waren sie bek:le. im Januar und

im Mlrz -. so wie ich es getan habe, Revue passieren IIBt. stellt sich in der Tat die Frage: Soll das erst vor kurzem geln·

derte Gesetz rOckgelndert, also in seinem frOheren Wortlaut

wiederhergestellt werden?- Ganz sicher gab und gibt es im

leben Situationen solcher Art, wo man,

{Nagel. SPD: Kluger wird!)

wo rücktreten kein Rückschritt ist • so muß man es aus­

drücken-. weil man inzwischen kiOger geworden ist oder we­

nigstens meint, klüger geworden zu sein. Es fragt sich: liegt­

ein solcher Fall hier vor? - Das werden wir ganz sicher in den

Ausschüssen miteinander bereden und besprechen. Das sollte

man tun.

Aber tor heute nur folgendes: Verwaltungsvereinfachung -

denn allein darum geht es hier, nicht ums Inhaltliche· muß

dem Wunsch nach grOBerer BOrgernahe entsprechen, die Lei­

stungen naher an den Bürger heranbringen. Sie muß fachli­

che Kompetenz, Effizienz, Effektlvitat und Attraktivität si­

cherstellen. Verwaltung und Verwaltungsvereinfachung müs­

sen vor allem dem BOrger einsehbar und für ihn nachvollzieh­

bar sein. Der Verwaltungsweg muß durchschaubar. transpa­

rent gemacht werden, und die Entscheidungen müssen dort

getroffen werden, wo sie hingehOren, also auf die Ebene

oder auf der Ebene, wo man den Bezugspunkt sehen will, die

direkt beim BOrger ist; denn Verwaltung ist Dienstleistung

für den Bürger. Sie hat sich an den Bedürfnissen derjenigen

zu orientieren, denen sie dient. Nach dieser Einsicht klme für

die hier in Rede stehende Verwaltungsaufgabe eigentlich nur

die untere Landespflegebehörde in Betracht. Der Zwang zur

besseren personellen Ausstattung dürfte eigentlich nicht zu

einer Rückverlagerung der Aufgabe auf die Bezirksregierun­

gen führen. Die Konsequenz bestünde allenfalls darin, das

Personal bei den Kreisverwaltungen aufzustocken; denn

auch die Bezirksregierungen verfügen- so ist das immer ge­

sagt worden - noch nicht über genügend Personal für diese

Aufgabe. ln den Ausschußberatungen muß man insoweit

weitersehen.

Nur eine widersprüchliche Argumentation der Fraktion DIE

GRÜNEN muß ich heute schon aufgreifen und sie darlegen.

Heute muß ihr schon begegnet werden; denn, meine Damen

und Herren, Sie hlaben damals bemängelt und bemängeln

auch heute in Ihrem Gesetzentwurf die Sachkompetenz der

Kreisverwaltungen. befürchten widerstreitende Belange, be­sonders seitens der Fachabteilungen Straßenbau und Wirt­

schaftsfOrderung, und den Einfluß ähnlicher Interessen, wie

Sie es damals ausgedrOckt haben, womit Sie erkennbar den

Einwand der Naturschutzverbände unterstützen, die Unab­

hlngigkeit der Entscheidungsinstanz sei einer vermehrten

Einflußnahme durch die sogenannten - ich habe den Aus­

druck eben schon einmal gebraucht; aber so steht er im Pro­

tokoll, in Anführungsstriche gesetzt - • nAhergerückten BOr­

ger· ausgesetzt.

Im unmittelbaren Anschluß daran hat Ihr Sprecher damals

den Artikel 7 des damaligen Gesetzentwurfs angesprochen,

das Landesplanungsgesetz betreffend, und dort die Obertra­

gung der Zustlndigkeit zur Genehmigung von Abweichun­

gen von dem verbindlichen regionalen Raumordnungsplan

von der obersten landesplanungsbehOrde, also der Staats­

kanzlei

(Glocke des Prlsidenten)

-ich bin gleich fertig, Herr Prlsident-,

(Schweitzer, SPD: Von der oberen!}

auf die oberen - Ihnen kann es nicht kurz genug dauern,

wenn wir reden, und nicht lange genug, wenn Sie selber sab­

beln;

{Zuruf des Abg. Schweitzer. SPD)

ich habe schon einen gewissen Blick dafür, da ich ein paar Ta­

ge lAnger in diesem Gremium sitze- LandesplanungsbehOr­

den, also die Bezirksregierungen, mit der Begründung, und

darauf kommt es an: Bei ihnen, den Bezirksregierungen, feh­

le die direkte parlamentarische Kontrolle für so bedeutsame

Aufgaben. - Hier fehlt nach der Meinung der GRÜNEN die

BOrgernlhe, in dem Fall das Landesplanungsgesetz, also der

kommunale Einfluß. Bei der Ausweisung der Naturschutzge­

biete sind Ihnen die Bürger und der kommunale Einfluß wie-

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2500 Landtag Rheinland-P1alz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992

der zu nahe. Da kann ich nur sagen: Wer glaubwürdig. blei­

ben will, darf so, also mit gespaltener Zunge. nicht argumen­

tieren.

Ich fasse für die CDU zusammen: Wir werden der Ausschuß..

Oberweisung zustimmen und uns an den dort stattfindenden

Beratungen konstruktiv beteiligen.

Schönen Dank.

(Beifall der CDU­

Zuruf des Abg. Nagel, SPD)

Vizeprisident Bojak:

Das Wort hat Herr Kollege Professor Reisinger.

Abg. Prof. Reisinger. F.D.P.:

Sehr geehrter Herr Präsident. meine Damen und Herren! Oie

Fraktion DIE GRÜNEN fordert in ihrem heute vorliegenden

Mini-Gesetzentwurf die ROckübertragung der ab 1. Juli 1992

geltenden Zustindigkeiten für die Ausweisung von Natur­

schutzgebieten von der unteren auf die obere Landespflege­

behörde. Damit soll ein Zustand wiederhergestellt werden,

wie er bis zum 8.Aprill991 galt.

Es ist falsch, wenn Sie im Teil A Ihres Gesetzentwurfs ausfüh­

ren, daß es dazu entsprechende Aussagen in der Koalitions­

vereinbarung gebe, Herr Kollege Dörr. Deshalb können Sie

auch nicht daraus ableiten, wie Sie es tun, daß damit bei den

Kreisverwaltungen Attentismus in dieser Frage erzeugt wor­

den ist. Die Kreisverwaltungen werden sehr viel Mühe haben,

das in der Koalitionsvereinbarung zu finden. Es steht nlmlich

dazu Oberhaupt nichts drin.

Meine Damen und Herren, in der Koalitionsvereinbarung ist

die Einführung der Verbandsklage für Verbinde nach § 29

des Bundesnaturschutzgesetzes aufgenommen. Es ist aufge­

nommen, Baumschutzsatzungen auch auf Privatgelinde zu

ermöglichen. Es ist aufgenommen, den Herbizid- und Pesti­

zideinsatz auf privaten Fliehen zu untersagen. Mittlerweile

besteht auch Einigung in der Koalition, die Regelung Ober

Ausgleichszahlungen, zum Beispiel bei der Errichtung von

Windkraftanlagen, zu Indern.

Zur Umsetzung dieser Vereinbarung soll eine Novellierung

des Landespflegegesetzes vorbereitet werden. Wir sind der

Überzeugung, daß diese Novellierung in Form eines ersten

Gesetzentwurfs von der Landesregierung in aller Kürze vor­

gelegt wird.

Es ist auch richtig, daß sich die die Landesregierung tragen­

den Fraktionen von SPD und F .D.P. darOber einig geworden

sind- darauf beziehen Sie sich, Herr Kollege Or. DOrr -,daß

die im Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRÜNEN gefordene

Rückübertragung der Zustlndigkeit für die Ausyveisung von

Naturschutzgebieten in diesem ersten Gesetzentwurf der

Landesregierung zur Novellierung des Landespflegegesetzes

als ein Punkt unter anderen aufgenommen werden soll.

Die F .D.P .-Fraktion wird deshalb einer Oberweisung des vor­

liegenden Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN an die zuständi­

gen Ausschüsse - federführend an den Innenausschuß und

mitberatend an den Ausschuß für Umwelt- zustimmen. Un­

ser Wille ist. ihn dort in die Beratung des von uns in Kürze er­

warteten Gesetzentwurfs der Landesregierung mit aufzu­

nehmen. Um nicht mehr und nicht weniger geht es.

Ich danke Ihnen.

I (Beifall bei F.D.P. und SPD)

Vizeprisident Bojak:

Meine sehr verehrten Damen und Herren. weitere Wortmel­

dungen liegen mir nicht vor.

ln der Vorbereitung der Tagesordnung im Ältestenrat wurde

vorgeschlagen, den Gesetzentwurf an den Ausschuß für Um­

welt federführend und an den Rechtsausschuß zu überwei­

sen. Herr Kollege Professor Reisinger, ich glaube, Sie haben

sich da bloß versprochen, was die Benennung der Ausschüsse,

an die Oberwiesen werden soll, angeht.

(Prof. Reisinger, F.D.P.: Ja, d'accordl)

-Gut, danke.- Dann stelle ich gegen diesen Überweisungs­

vorschlag des Ältestenrats keinen Widerspruch fest. Es wird

so verfahren.

Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung:

Landesgesetz zur Änderung des Landesgesetzes Ober

die Ermlchtigung der Gemeinden zur Erhebung

von Vergnügungssteuer und Hundesteuer

Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRÜNEN

- Drucksache 1211869-

Erste Beratung

Es ist hier die geschlftsordnungsmlßige Redezeit von zehn

Minuten vereinbart. Ich gehe davon aus, daß die antragstei­

lende Fraktion begründen will. Wer hat sich zu Wort gemel­

det?

(Frau Fritsche, DIE GRÜNEN: Der Kollege Rieth;

er k.ommtsoforti-

Zuruf aus dem Hause: Wird er jetzt erst gesucht?­

Unruhe)

Der Kollege Rieth bringt mich jetzt in eine gewisse Schwierig-

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Landtag Rheinland-pfalz. 12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2501

k.eit, weil wir alle pünktlich beginnen und eben auch pünkt­

lich aufhOren wollen.- Aber ich sehe, er kommt jetzt.

(Frau GrOtzmacher, DIE GRONEN: Wir bitten

vielmals um Entschuldigung!)

Herr Kollege Rieth. Sie haben das Wort und werden uns alle

mit entsprechender Kürze dafür entschldigen, daß wir jetzt

gewartet haben.

Abg. Rieth, DIE GR0NEN:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Ich entschuldige

mich zunlchst; ich dachte nicht, daß der Tagesordnungs­

punkt so schnell zu Ende geführt werden würde.

Zwischen der Ankündigung der Landesregierung, eine Ande­rung der Automatensteuer auf den Weg zu bringen. und der

Umsetzung dieses Gesetzesvorhabens klafft nach unserer An­

sicht eine zu große zeitliche LOcke, die wohl durch andere als

verfahrenstechnische Gründe zu erkllren ist.

(Zustimmung bei den GRONEN)

Schon am 17. Mai 1988 hat die Jugendministerkonferenz der

Llnder beschlossen, gegen die Spielhallenflut neben bau­

planungs- und gewerberechtlichen Regelungen auch die an­

gemessene Heranziehung zur Vergnügungssteuer umzuset­

zen. Insofern behandeln wir heute mit unserem eingebrach­

ten Antrag einen politischen LadenhOter, den bereits die alte

Landesregierung verstauben ließ. Die Gründe dafür sind all­

seits bekannt.

Meine Damen und Herren, Spielsucht in Spielhallen, das heißt

kommerzielles Glücksspiel im kleinen, hat sich mehr und

mehr zu einer ausgewachsenen Suchtproblematik entwickelt.

Spielsucht das ist fingst kein Phinomen mehr, das nur einige

Zocker betrifft, die in dunklen Hinterzimmern ihr Vermögen

verspielen. Nein, die mit der Spielsucht verbundenen Proble­

me der bundesweit von der Caritas geschltzten ca. 160 000

pathologisch Spielsüchtigen beschlftigen mittlerweile die

Suchtberatungsstellen in Ihnliehern Umfang wie bei den

Medikamenten- und Opiatsüchtigen. Auf Rheinland-P1alz be­zogen bedeutet das, statistisch gesehen. ca. 10 000 abhlngi­

ge Spieler.

Diese Spielsucht wird nach vorliegenden Untersuchungen

zum grOßten Teil an Geldspielgeraten in Spielhallen erlebt

oder durchlebt. Nach einer umfangreichen und Ober mehrere

Jahre durchgeführten Studie des Instituts für Therapiefor­

schung in München gibt es bundesweit etwa 4,6 Millionen

aktive Spieler, von denen immerhin ca. 71 000 Spieler fünf

Stunden und mehr pro Woche spielen. ca. 612 000 .aktive

Spieler verwenden etwa eins bis fünf Stunden pro Woche da­

für, ihre Sucht zu befriedigen. Bei der genannten Studie wur­

de auch ermittelt, daß bei den hochbelasteten Spielern, die

Beratungsstellen aufgesucht hatten- meistens waren es Mln-

ner -, gleichzeitig Depressionen, Partnerschaftsstörungen

und Alkoholmißbrauch zu behandeln waren.

Alles in allem für uns GRÜNE Grund genug, diesen Suchtva­

rianten schnellstmöglich durch eine Stärkung der gesetzli­

chen Möglichkeiten für die Kommunen den Kampf anzusa­

gen.

Die Spielhallen sind ein Problem in den Zentren von Städten

und Gemeinden. Aus der Sicht der Stadt- und Gemeindeent­

wicklung sowie der gemeindenahen Suchtberatungsstellen

verhindern Spielhallen eine positive strukturpolitische Entfal­

tung der Ortskerne.

Die gegenwlrtigen Einnahmen für die Kommunen aus der

Spielhallenbewirtschaftung - Umsatzsteuer. Gewerbesteuer,

Automatensteuer 1- bringen dem Kimmerer zwar Geld in die

Kasse; diesesjedoch ist nicht im entferntesten geeignet. dem

negativen Image einer solchen Spielhallenzone in einer Kom­

mune entgegenzuwirken.

Bereits seit Februar 1991 forderte deshalb der rheinland­

pfälzische Gemeinde- und Städtebund vehement, Ober höhe­

re Steuersitze der Spielhallenexpansion entgegenzuwirken.

Im Klartext: Nur eine deutliche Anhebung der Spielgeratebe­

steuerung in Spielhallen ist derzeit geeignet, dieser negati­

ven Entwicklung m Städten und Gemeinden entgegenzu­

steuern.

Wir erwarten nach der Verabschiedung dieses Gesetzes - ich

gehe davon aus. daß das geschieht- allerdings auch von den

Kommunen, daß sie die Besteuerung der Spielhallen dann so

weit anheben werden, daß sich das Problem der Spielhallen

anschließend nicht mehr stellt. Wir würden es nicht für gut

halten, wenn die Kommunen kurz vor dem Erreichen der

.Schmerzgrenze• haltmachten, um die Spielhallen weiter

.melken .. zu können. Hier müssen die Kommunen auch im

Sinne einer vorbeugenden Suchtbekämpfung Farbe beken­

nen.

Daneben sollten alle Kommunen von der Landesregierung

angehalten werden, durch die Aufstellung von Bebauungs­

plAnen dafOr zu sorgen, daß in Innerortsbereichen die Ein­

richtung von Spielhallen ausgeschlossen werden kann.

Meine Damen und Herren, die gesetzliche Grundlage für d-en

Betrieb von Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglich­

keiten ist in der Spieleverordnung geregelt. Sie regelt bun­

desweit das Automatenspiel, grenzt es vom Glücksspiel ab

und regelt die gewerbliche Betätigung der Automatenspiel­

wirtschaft. Eine Abgrenzung vom Glücksspiel erfolgt inso­

fern, als mit den-vorschritten der Spieleverordnung - Zi~at -

,.GtyWinne oder Verluste von VermOgenswert" - Zitat Ende -

verhindert werden sollen. Tatsichlieh ist es den Automaten­

herstellern aber immer wieder gelungen, durch die Verknüp­

fung von Spielablaufen bzw. Sonder- oder Risikospielen die

Absicht des Gesetzgebers zu unterlaufen.

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2502 Landtag Rheinland-Pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992

Der Deutsche Bundestag hat die Verbinde der Automaten­

wirtschaft aufgefordert, durch selbstbeschrlnk.ende Verein­

barungen Maßnahmen zu ergreifen. die die Spielanreize der

Geldspielautomaten mindern. Ich zitiere: .Bei den Vereinba­

rungen handelt es sich jedoch lediglich um kosmetische Kor­

rekturen. Der Glücksspielcharakter des Automatenspiels

bleibt erhalten und damit auch das GefahrenpotentiaL" So­

weit Professor Meyer von der Universitlt Bremen als Sachver­

stlndiger im Bundestag.

Dies sollten genügend Gründe sein, um das Landesgesetz zur

A.nderung des Landesgesetzes Ober die Ermlchtigung der Ge­

meinden zur Erhebung von Vergnügungssteuer und Hunde­

steuer- so heißt dieser Bandwurm- schnell zu verabschieden.

Mit den angegebenen Steuersitzen bewegen wir uns im R~h­

men des Referentenentwurfs, weil es uns in der Sache um ei­

ne zügige Verabschiedung und nicht um den letzten P1ennig­

betrag geht. Die Gemeinden mOssen schnellstens die Mög­

lichkeit erhalten, dieses Gesetz als Steuerungsinstrument ge­gen die Ausbreitung oder Verfestigung der Spielsucht einset­

zen zu kOnnen.

Vielen Dank.

(Beifall der GRÜNEN)

Vizepräsident Bojak:

Ich erteile Herrn Hütten das Wort.

Abg. Hütten, SPD:

Herr Prlsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende

Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRONEN zur Anderung des

Landesgesetzes über die Ermlchtigung der Gemeinden zur

Erhebung von Vergnügungssteuer und Hundesteuer greift ei­

ne Problematik auf

(Zuruf des Staatsministers Zuber)

- die Hundesteuer ist nicht berührt, sie bleibt unverlndert -,

die mit einer fast gleichlautenden lOSungsmöglichkeit- Herr

Rieth, Sie wiesen bereits darauf hin- in einem Gesetzentwurf

der Landesregierung dargestellt ist. Dieser Gesetzentwurf be­findet sich bereits in der AnhOrungsphase. Die von Ihnen vor­

hin beklagte zeitliche Lücke ist von Ihnen nicht schneller aus­

gefüllt worden als von der Landesregierung, Herr Rieth. Von

daher brauchen Sie sich gegenseitig keine Vorwürfe zu ma­

chen.

(Zuruf von der SPD: Die raumliehe Lücke!)

-Die raumliehe lOcke, stimmt!

Der vorliegende Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRÜNEN

zeugt zwar nicht gerade von Originalitlt, der Regelungsbe-

darf wird jedoch sowohl von der Landesregierung als auch

von uns- der sie mittragenden SPD-Landtagsfraktion - gese­

hen.

Zum Problem: Verstärkt sind d1e Ausdehnung und die Aus­

weisung von Spielhallen und die damit verbundenen negati­

ven Folgen in den letzten Jahren in den kritischen Blick von

Politik, kommunaler Verwaltung und Öffentlichkeit geraten.

Um die Spielhallenflut einzudämmen, gibt es für die Gemein­

den bau rechtliche, gewerberechtliche-auf diesem Gebiet je­

doch die wenigsten - und die angesprochenen steuerrechtli­

ehen Möglichkeiten. Die steuerrechtliche Möglichkeit zu ver­

bessern, ist die Intention dieses Gesetzentwurfs der GRÜNEN

und des vorhin zitierten Gesetzentwurfs der Landesregie­

rung, der sich in der AnhOrungsphase befindet.

Die Zahl der Sp~lhallenkonzessionen hat im letzten Jahr­

zehnt deutlich zugenommen. Wlhrend es im Jahre 1980 noch

elf Konzessionen auf 100 000 Einwohner in dieser Republik

gab, waren es im Jahre 1987 bereits 41. Dies entspricht einer

Steigerung um fast 400% innerhalb von sieben Jahren. Dies

ist ein Beleg dafür, daß in diesem Geschäft offenbar gut ver­

dient wird. Es ist auch ein Beleg für die Steigerung der Spiel­

sucht, die von Ihnen mit den zitierten Studien belegt wurde.

Herr Rieth. Die Zahl der Spielhallenstandorte hat sich im glei­

chen Zeitraum mehr als verdreifacht.

Diese Expansion hat zu vielfältigen öffentlichen Diskussionen

und der damit verbundenen Unruhe geführt. Beunruhigt sind

Öffentlichkeit, Politik und kommunale Verwaltung in erster

Linie wegen zwei gesellschaftlichen Problemen: Der eine

Grund ist die bereits zitierte Spielsucht mit all ihren sozialen

Auswirkungen auf die Betroffenen und auf die Kostentriger

der Sozialhilfe. Dies brauche ich nicht weiter·auszuführen,

Herr Rieth.lch stimme jedem Satz zu, mit dem Sie diese Spiel­

sucht beklagt haben. Die Ursachen der Spielsucht hingegen

werden in der Literatur noch unterschiedlich bewertet. Daß

es eine solche Spielsucht gibt, die an solchen Automaten aus­

geführt wird. war Mitte der BOer Jahre unter einschlägigen

Psychologen noch strittig. Dies ist mittlerweile nicht mehr

strittig und insofern kein Widerspruch zu Ihren Ausführun­

gen.

Zum anderen gibt es den stldtebaulichen Aspekt der Aus­

dehnung von Spielhallen. Diese Spielhallen haben in den tn­

nenstldten vielfach die traditionellen Einzelhandels- und

Dienstleistungsgeschlfte aus ihrem angestammten Sitz in

den zentralen Geschäftsbereichen der Fußgängerzonen ver­

trieben. ln Verbindung mit sogenannten Sexshops und Fast­

food-Ketten haben Spielhallen bereits hier und da das soge­

nannte Umkippen betroffener Innenstadtbereiche in Vergnü­

gungsviertel mit bewirkt. Dies ist ein Zustand, den wir als

Kommunalpolitiker - insbesondere diejenigen, die aus den

größeren Kommunen kommen- sehr bedauern.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Wie bereits von mir erwlhnt, kOnnen wir diesen negativen

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Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2503

Tendenzen der verstlrkten Ausweitung von Spielhallen unter

anderem mit den Maßnahmen des Steuerrechts begegnen.

Das Steuerrecht, in diesem Fall die VergnQgu"ngssteuer, bietet

die Möglichkeit, den geschilderten Ausdehnungstendenzen

der Spielhallen wirksam entgegenzutreten. Andere Bundes­

IInder haben die Steuersitze bererts erheblich angehoben.

Oie Steigerung der Spielhallen in den lnnenstldten in diesen

Bundeslindern hat sich zumindest verlangsamt. Trotzdem ist

noch eine Steigerungsrate festzustellen. ln Hessen zum Bei­

spiel handelt es sich jedoch nicht mehr um zweistellige Stei­

gerungsraten. Die Steigerungsraten liegen unter 5 %.

Wir von der SPO-landtagsfraktion sehen einen gesetzlichen

Regelungsbedarf. Eine Anhebung der pauschalen Steuerbe­

trAge auf einen HOC:hstsatz von 240 DM bei Gerlten mit Ge­

winnm6glichlc.eit erscheint uns in Spielhallen angemessen. Ob

eine Notwendigkeit der Anhebung der HOchstsltze fOr Spiel­

gerite mit Gewinn~6glichkeit auch in den Gaststltten be­steht, sollte nach Auffassung unserer Fraktion noch einmal

problematisiert werden. ln diesem Fall treffen die beklagten

negativen Auswirkungen der Ausweitung im Innenstadtbe­

reich nicht zu. Wir sind froh, daß es im Innenstadtbereich hier

und da noch die viel zitierte Eckkneipe gibt. Außerdem IIBt

sich die Zunahme der Spielsucht mit der Zahl der in den Gast­

statten aufgestellten Spielgerate nicht in Verbindung brin­

gen. Die Anzahl der in den Gaststltten aufgestellten Spielge­

rate hat in den Jahren 1981 bis 1987 bundesweit um ca.

50 000 abgenommen. FOr viele Gaststltten stellen die dort

aufgestelften maximal zwei Spielautomaten mit Gewinn­

mOglichkeit einen Teil ihrer ExistenzgrundJage dar. Sie kön­

nen es mir glauben, ich spreche durchaus auch aus eigener Er­

fahrung.

(Beifall der SPD)

Erwlhnenswert ist auch, daß der Großteil unserer mitte1stin­

dischen Gerateaufsteller in Rheinland-P1alz seine Gerlte vor­

nehmlich in Gaststltten und nicht in Spielhallen aufsteltt.

Wir stimmen zu. diesen Ant~ag federführend an den Innen­

ausschuß zu Oberweisen.lch gehe davon aus, daß der Rechts-­

ausschuß mitberatend tltig sein wird. Die von mir zitierte

Problematik werden wir im Innenausschuß in die konstrukti­

ve Beratung einbringen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und der F.D.P.)

v .. eprlsident Bojak:

Auf der Zuschauertribüne begrOBe ich Mitglieder des SPD­

Ortsvereins Simmern.

(Beifall im Hause}

Weiterhin begrOße ich Seniorenbeauftragte der SPD aus

Rheinland-Pfalz

(Beifall im Hause)

und Volantireder .. Rhein-Zeitung• Mainz.

(Beifall im Hause}

Ich erteile Herrn Hoppe d_as Wort.

Herr Prlsident. meine Damen und Herren! Zunlchst muß ich

meinem Vorredner. Herrn Hütten. recht geben, wenn er zwi­schen Spielhallen und Geldspierautomaten in Gaststltten un­

terscheidet. Dies solfte sehr deutlich auseinandergehalten

werden.

Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRONEN schllgt alles

über eine Leiste. Man mOSte genauer hinsehen. Wenn es zu

einer solch exorbitanten ErhOhung der HOChstsiUe bei der

VergnOgungssteuer fOhrt, sehen wir insbesondere bei den

mitteistindischen Automatenaufstellbetrieben sowie bei den

lindliehen Gaststltten Probleme.

Dieses Mittelstandsproblem muß gesehen werden. Trotz al­

lem. was zur Beklmpfung der Spielsucht getan werden soll,

mossen auch diese Nebeneffekte beurteilt und in die Oberla­

gungen einbezogen werden.

(Glocke des Prlsidenten)

Vlzeprlsident Bojak:

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Rieth7

Abg. Hoppe. CDU:

Bitte schOn.

Abg. Rieth, DIE GRONEN:

Haben Sie zur Kenntnis genommen, daß in unserem Gesetz­

entwurf fOr die Spielhallenautomatenbesteuerung eine HOhe

von 240 DM pro Gerit angegeben wurde und fOr die Gast­

stlttenspielautomaten mit GewinnmOglichkeit nur eine ma­

ximale HOhe von 75 DM pro Gerlt7

·Abg. Hoppe. CDU:

Gut, das mag so sein. Ich habe das übersehen; das muß ich

wahrscheinlich zugeben. Aber Sie haben eben sSijlkprochen,

11ls ob das alles Ober eine Schiene gemacht werden mOßte.

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2504 Landtag Rheinland-Pfalz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992

Meine Damen und Herren, die ganz überwiegende Mehrheit

der Aufstellbetriebe stellt ausschließlich Gerate in Gaststlt­

ten auf und betreibt eben keine Spielhallen. Das sind rund

70 %. 30 % betreiben Spielhallen. Wir wissen natürlich aus

den Diskussionen mit den Verbinden. daß ihre Rentabilitlts­

grenze erreicht ist, daß in den letzten zehn Jahren wegen Un­

wirtschaftlichkeit etwa 100 000 Gerate aus den Gaststltten

abgerlumt werden mußten. Sie haben es selbst gesagt, Herr Kollege Rieth, daß es dort bereits freiwillige Selbstbeschrln­

kungsmaßnahmen gibt, durch die den Unterhaltungsgeraten mit Gewinnmöglichkeiten-an denen Kinder und Jugendliche

übngens nicht spielen dürfen - in erheblichem Ausmaß die

Attraktivität genommen wurde. Das wissen Sie genauso wie

wir.

Von dem Kasseninhalt dieser Gerate mQssen zudem zur Zeit

25 % Mehrwertsteuer abgeführt werden, wie ich glaube. Der

Aufsteller hat die Umsatzsteuer fOr die Spielgewinne zu tra·

gen. ebenso die Vergnügungssteuer, obwohl diese eigentlich

nach Sinn und Zweck den Spieler treffen soll. Außerdem muß

er ca. 30 bis 50% der Gerlterlose an den Gastwirt für den zur

Verfügung gestellten Platz, was auch wOnschenswert ist we­

gender Existenzsicherung dieser Gaststltten, bezahlen.

Meine Damen und Herren, aufgrund einer freiwilligen Ver·

pflichtung der Automatenbranche werden in absehbarer Zeit

nur noch Unterhaltungsgerate mit Gewinnmöglichkeit auf

den Markt kommen, die mrt manipulationssicheren Zlhtwer·

ken ausgestattet sind. Auch das ist vereinbart und wird jeut

Zug um Zug eingebaut. Die mitteistindischen Aufstellungs·

betriebe werden bei einer Vergnügungssteuererh6hung vor

allem Gerlte in den Gaststatten • ich sage noch einmal ·auf

dem flachen Land und den kleineren Kommunen in grOße·

rem Umfang rlumen müssen, da die Aufstellung dort nicht

mehr wirtschahlieh sein wird. Hierdurch werden viele Gast·

wirte in Mitleidenschah gezogen, die einfach diese Einnah·

meposition für ihren Betrieb benötigen.

Meine Damen und Herren, die Anhebung der Obergrenzen

wird also doch zu Schwierigkeiten führen, und das wollen wir

auf jeden Fall verhindern. Deshalb müssen wir im Ausschuß

darüber reden, wie wir das künftig miteinander in der HOhe,

in der Begrenzung nach oben gemeinsam treffen können.

Das Argument der Spielhalleneindlmmung greift meiner

Meinung nach nicht; denn Neuzulassungen von Spielhallen

gibt es im Land nur noch in geringer Zahl. Es wird im Hinblick

auf die geloderte Baunutzungsverordnung künftig weniger

geben. Sie wissen, daß der Deutsche Bundestag bereits 1989

beginnend und dann 1990 umgesetzt wichtige Einschrlnkun·

gen beschlossen hat. Zum einen die Baunutzungsverordnung,

die besagt, daß bei Änderungen dieser Nutzungsverordnung

die Zullssigkeit von Spielhallenansiedlungen (VergnQgungs­

stltten insgesamt} in den Wohngebieten und der Nachbar­

schah von Kirchen. Schulen, sozialen Einrichtungen zu steu·

ern ist. Allgeptejn zullssig sind Spielhallen nur noch in Kern­

gebieten und in den Teilen von Mischgebieten, die Oberwie-­

gend gewerblich geprlgt sind. Aber auch dort konnen sie

nach allgemeinen Vorschriften im Einzelfall dann unzullssig

sein, wenn durch sie stldtebaulich nachteilige Auswirkungen

zu befürchten sind, zum Beispiel bei Konzentrationen und

anderen Beeintrlchtigungen der jeweiligen Eigenart des Ge·

bietes.

Darüber hinaus ermachtigt die Baunutzungsverordnung die

Gemeinden. in unbeplanten Innenbereichen der Stldte, also

§ 34 des Baugesetzbuches, durch Bebauungsplanfestsetzun·

gendieZullssigkeit von Vergnügungsst;ltten im einzelnen zu

regeln. Nun ist diese neue Verordnung erst ca. 18 Monate in

Kraft gesetzt. Man hat noch keine empirischen Ergebnisse,

wiesich das ausgewirkt hat. Man muß noch ein wenig zuwar·

ten, bevor man entsprechende Ergebnisse zeitigen kann.

ZusAtzlieh hat der Bund eine Spielverordnung vom 25. Oktcr

ber 1990 erlassen. Darin ist klargestellt. daß die Mindestaus­

schottungsquot~ an den Spieler um den jeweiligen Umsatz­

steueranteil zu verringern ist. Es ist dann weiterhin ein neuer

Faktor eingeführt worden, eine Obergangsregelung, wonach

der Kasseninhalt entsprechend multipliziert wird, um auch

die steuerliche Seite besser erfassen zu können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, dies ist

eine Fülle von Maßnahmen, die genau richtig angesetzt sind,

auch die Spielhallenflut und damit natürlich auch die damit

verbundene Spielsucht einigermaßen in Grenzen halten. Nun

machen w;r uns wirklich nichts vor, Herr Kollege Rieth, das

wird man nie unterbinden können. Dafür sind wir eben Men·

sehen, so wie wir angelegt sind. Der Mensch ist von Natur aus

spielerisch veranlagt. Wir müssen nur die Auswüchse begren·

zen. Ich denke, wir haben in den kommenden Beratungen im

Ausschuß Gelegenheit, unsere Gedanken zu diesen Posrticr

nen auszutauschen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es hat sich herum·

gesprochen. daß dies heute meine letzte Rede in diesem Hau·

se ist. Ich werde am 30. mein Mandat niederlegen, wie es so

schOn heißt, aus eigenem freien Entschluß. Bei klarem Be­

wußtsein - das ist immer wichtig, zu sagen - habe ich diese

Entscheidung getroffen.

Meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, ich will

heute die Gelegenheit benutzen, nach fast 18 Jahren Zuge·

hOrigkeit zu diesem Hause als Vertreter der Westerwllder In­

teressen, wahrgenommen natürlich auch insgesamt mit al·

lern, was hier im Land notwendig war, mich herzlich bei all

den Kolleginnen und Kollegen zu bedanken, mit denen wir

doch alles in allem eine faire Zusammenarbeit, ein faires Mit­

einander bei einigen Auswüchsen, aber das kommt natürlich

immer vor, hatten. Insgesamt, glaube ich, war es ein faires

Miteinander.

(Starker Beifall im Hause)

Ich habe eine Reihe von Funktionen ausgeübt, viele Jahre in

der Regierungsfraktion ·das waren Zeiten·,

(Heiterkeit im Hause}

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Landtag Rheinland-Pfalz ·12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2505

Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses, dann auf der Regierungsbank,jetzt auf dem Oppositionsblnkchen. Die

beiden erstgenannten haben mir wesentlich besser gefallen.

Sie haben Verstlndnis dafür, wenn ich das so formuliere.

Ich habe auch viele freundschaftliche Begegnungen erfahren,

Freundschaften Ober die Fraktionsgrenzen hinweg, glaube

ich, geschlossen. Wenn ich jemanden in meiner Impulslvitat

vielleicht zu nahe getreten bin, bitte ich goldig um Verzei­hung. Es war nie personlieh gemeint, sondern in der Regel

sachbezogen. Vielleicht ist da mein Temperament einmal mit

mir durchgegangen und es gab dann einmal einen Ausrut­

scher. Bitte tragen Sie mir das nicht weiter nach.

Verbunden mit meinem Dank mOchte ich allen, die in diesem

Hause weiter fOr das Land arbeiten, persönlich viel Glück und

Wohlergehen fQr di.e Zukunft wQnschen. Politischen Erfolg

differenziere ich; dem einen mehr, dem andern weniger.

(Prof. Dr. Preuss, SPD: Laßt uns

nicht ganz aus!)

Ich muß jetzt nicht sagen, wo das liegt. Jeder weiß, wie das

gemeint ist. Also in diesem Sinne noch einmal herzlichen

Dank.

Nun warte ich darauf, nachdem ich den Ministerprlsidenten

gebeten habe, mich zum 1. Oktober wieder einzustellen -so

ist die Gesetzeslage -,was er macht. Alle sind gespannt, und

wir werden sehen. was daraus wird.

Ich bedanke mich, alles Gute!

(Anhaltend langer Beifall im Hause)

Vizeprisident Bojak:

Lieber Kollege Hoppet Es ist gut so, daß wir alle als Parlamen­

tarier wenigstens in einigen Bereichen noch absolut selbstln­

dig unsere eigene Begrenzung bestimmen kOnnen. Sie haben

Ihre Entscheidung getroffen. Wir haben sie zu akzeptieren.

Die Kolleginnen und Kollegen gestatten mir, daß ich auf fol­

gendes hinweise: Sie sind im Verlauf der 7. Legislaturperiode,

ab dem 16. Dezember 1974, in dieses Parlament gekommen.

Sie waren durchgehend Parlamentarier bis zum 1. Januar

1987, als Sie zum Staatssekretar im Finanzministerium be­stellt wurden. Dieses Amt hatten Sie bis zum Ablauf der

11. Legislaturperiode inne.

Nicht nur für diese Arbeit im Parlament und in der Regierung

sind Sie mit dem Bundesverdienstkreuz am Band und erster

Klasse ausgezeichnet worden. Oie Kollegen und Kolleginnen,

die mit Ihnen llngere Zeit zusammenarbeiten konnten, wis­sen, daß bei aller notwendigen politischen Au,ananderset­

zung - die Hirte hat oftmals nicht gefehlt; ich glaube, ich

selbst habe manchmal dazu beigetragen - die Zusammenar-

beit, insbesondere auch im Haushalts- und Finanzausschuß -

ich denke an die Unterkommission Landesbauordnung- sehr

sachbezogen und gut war.

Wir" alle wünschen, daß diese Arbeit fOr das Gemeinwohl un­

serer BOrger Sie nicht so aufgerieben hat, daß Ihnen die Ge­

sundheit verbleibt. die Sie brauchen, um den selbst gewlhl­

ten neuen Abschnitt zumindest in Gesundheit fOr sich gestal­

ten zu können. Wir wünschen Ihnen weiterhin diese Gesund­

heit und uns allen mit Ihnen oft eine Gelegenheit der Begeg­

nung.

(Anhaltend Beifall im Hause)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir fahren in der

Debatte fort.

I

Das Wort hat Herr Kollege Dieck voß.

Abg. Died<vo8. F.D.P.:

Herr Prlsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lie­

ber Kollege Hoppe, auch ich bestltige Ihnen, daß Ich auf die

Zusammenarbeit zwischen unsgern zurückblicke. Es war eine

faire Zusammenarbeit in unterschiedlichen Funktionen, teils

in einer gemeinsamen Regierungskoalition, teils als finanzpo­

litische Sprecher in einer Koalitionsfraktion bzw. einer Oppo­

sitionsfraktion. Das hat nie etwas daran geändert, daß ich die

Tltigkeit zwischen uns beiden stets als besonders wohttuend

und fachkundig empfunden habe. Mein Respekt gilt Ihnen.

Oie guten Wünsche der F .D.P.-landtagsfraktion begleiten Sie

weiterhin.

Ihnen, lieber Kollege Hoppe, alles erdenklich Gute.

(Beifall der F.D.P. und bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich komme zum Ta­

gesordnungspunkt. Mit ihrem Gesetzentwurf - Drucksache

12/1869- verfolgen die GRONEN- wie sie vor vier Wochen

auch Offentlieh bekundet haben- einen taktischen Zweck. Sie

hoffen, die Landesregierung vorführen zu können, obwohl

sie wissen, daß sie einen inhaltsahnliehen Gesetzentwurf in

Vorbereitung hat.

(Dr. Schiffmann, SPD: So ist es!)

Dieses Vorhaben der GRÜNEN wird jedoch nicht gelingen.

Zur Erinnerung: ln der Plenarsitzung am '25. September ver­

gangeneo Jahres hat der Minister des lnnern und für Sport

. auf eine MOndliehe Anfrage hin mitgeteitt, daß der Minister­

rat einen Gesetzentwurf in seinen GrundzOgen gebilligt ha­

be -die Einigung datiert vom 27.August 1991- und daß

zur Zeit die Anhörung der kommunalen Spitzenverbinde

und sonstiger Stellen, wie Automatenhersteller, Gaststltten­

verblnde usw ., eingeleitet werde.

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2506 Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992

Die vom Minister des lnnern und für Sport weiter mitgeteil­

ten Höchstsitze des in Aussicht genommenen Gesetzent­

wurfs entsprechen denen, welche der Gesetzentwurf der

GRÜNEN nunmehr nennt.

Die vom Minister des lnnern und für Sport seinerzeit ange­

kündigte Anhörung der betroffenen Verbinde hat sodann

im schriftlichen Verfahren stattgefunden. Mit Schreiben vom

15. Juli dieses Jahres. gerichtet an die Arbeitsgemeinschaft

der kommunalen Spitzenverblnde. hat der Minister des ln­

nern und für Sport mitgeteilt, daß er beabsichtige. den Ge­

setzentwurf unmittelbar nach den Sommerferien dem Mini­

sterrat zur abschließenden Beratung vorzulegen. Als Zeit­

punkt des lnkrafttretens werde- so heißt es in diesem Schrei­

ben weiter- der 1. Januar 1993 angestrebt. Daran ist Ober­

haupt nichts Absonderliches.

Die von den GRÜNEN vor sechs Wochen Offentlieh aufgestell­

te Vermutung, die F.D.P. habe diesen Gesetzentwurf verzö­

gert, ist vOIIig unzutreffend.

(Beifall be1 der F.D.P.)

Es hat weder von dem Regierungsteil der F.D.P. noch von der

F.D.P.-Fraktion eine solche Bemühung gegenüber dem Mini­

ster des lnnern und für Sport gegeben.

Inhaltlich besteht zwischen den Zielen der Regierungskoali­

tion und dem vorgelegten Gesetzentwurf der GRONEN kein

Unterschied. Das verwundert auch nicht weiter, nachdem sich

die GRONEN gerade an diesen Zielen orientiert haben, die

der Minister des lnnern und für Sport in der erwlhnten Ple­

narsitzung am 25. September 1991 für die Regierungskoali­

tion mitgeteilt hatte.

Die Regierungskoalition geht davon aus, daß der ordnungs­

und sozialpolitische Zweck mit den derzeit geltenden Steuer­

höchstsätzen heute nicht mehr angemessen erfüllt wird. ln

diesem Zusammenhang ist es interessant, die Debatten nach­

zulesen, die zum Beschluß der derzeit geltenden Regelung

gegen Ende der vorletzten Legislaturperiode geführt haben.

Professor Dr. Preuss weiß dies noch genau.

Bei dem Gesetzentwurf der (DU-Fraktion - Drucksache

10/2933- ging es schwerpunktmlßig nicht um die ordnungs­

politische Komponente der Gestaltung der Steuersitze bei

Vergnügungs- und Hundesteuer, sondern um die Stlrkung

der Selbstverwaltung der Kommunen. Kern des Gesetzent­

wurfs war nlmlich die Ersetzung der bis dahin geltenden

Pflicht-Steuern durch eine Kann-Steuer. Es sollte in die Hand

der Kommunen gegeben werden. auf der Grundlage der Ort­

lichen Gegebenheiten darüber zu entscheiden. ob und gege­

benenfalls im Rahmen der Höchstsatze, in welchem Umfang

der Ordnungs- und sozialpolitische Aspekt der Einschrlnkung

der Spielsucht die Erhebung der Vergnügungssteuer gebie­

tet. Bei diesem Grundsatz soll es übrigens auch bleiben.

Die Festsetzung der derzeit geltenden HOchstsltze war sei-

nerzeit nicht willkürlich, sondern sie orientierte sich an der

damals vorliegenden einschlägigen Rechtsprechung. Diese Si­

tuation hat sich heute nachhaltig verlndert. und zwar vor al­

lem durch die Entwicklung der Gesetzgebung in den anderen

Bundesllndern, wie Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen

und Berlin, die heute deutlich höhere Höchstsatze vorsehen

als das rheinland-pfalzische Recht.

Man sollte nicht meinen, daß die Bekämpfung der Spielsucht

ausschließlich eine Sache der Höchstsätze der Vergnügungs­

steuer wlre.

(Beifall bei F.D.P. und SPD)

Dieser ordnungs-und sozialpolitische Zweck kann mit einem

ganzen Bündel von Maßnahmen verfolgt werden. Es ist auch

in der Vergangenheit bereits so vorgegangen worden. Ich

denke etwa an das lokrafttreten engerer Kriterien nach der I

bundesrechtlichen -vom Kollegen Hoppe vOIIig zu Recht zi-

tierten- Spielverordnung.lch meine das lokrafttreten der Kri­

terien per 1. Januar 1991, die zu einer Reduzierung der Spiel­

geräte geführt haben, wie eine Forsa-Umfrage vom 10. Mai

1991 ergeben hat.

Am 1. Januar 1996 wird sich die Zahl der Spielgerate weiter

reduzieren mCtssen, wie sich aus§ 3 Abs. 3 dieser Spielverord­

nung ergibt. Aber es besteht kein Zweifel. daß auch die Frage

der Höchstsitze bei der Vergnügungssteuer eine Komponen­

te im Rahmen der Bekämpfung der Spielsucht darstellt.

(Beifall bei F.D.P. und SPD)

Die Regierungskoalition aus SPD und F.O.P. beabsichtigt da­

her eine deutliche Erhöhung dieser Höchstsätze. Der diesbe­

zügliche Regierungsentwurf wird nach unseren Erwartungen

alsbald vorgelegt werden. Wir sind bereit, den Gesetzent­

wurf der GRÜNEN zur Beratung an die Ausschüsse zu über­

weisen, obgleich er, wegen seiner rein taktischen Motivation,

eine Ablehnung in erster Lesung verdient hätte.

(Beifall bei F.D.P. und SPD)

Vizepräsident Bojak:

Ich erteile Herrn Innenminister Zuber das Wort.

Zuber. Minister des lnnern und für Sport:

Herr Prlsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die

Landesregierung teilt die Auffassung der Fraktion DIE GRÜ­

NEN, daß die VergnügungssteuerhOchstsltze des derzeit gel~

tenden Landesgesetzes über die Ermächtigung der Gemein­

den zur Erhebung von Vergnügungssteuer und Hundesteuer

vom 27. Mlrz 1987 ihren sozialpolitischen und ordnungspoli­

tischen Zweck nicht mehr angemessen erfüllen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

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Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode· 31. Sitzung, 16. September 1992 2507

Die zunehmende Verbreitung von Geldspielgerlten, insbe­

sondere in Spielhallen. bestätigt die Richtigkeit dieser Ein­

schlitzung. Die Zahl der Spielsüchtigen wichst in besorgniser­

regendem Ausmaß. Spielsucht hat nicht nur für die Betroffe­

nen negative psychische und soziale Folgen, sie entwickelt

sich zu einem gesellschaftspolitischen Problem mit hohen fi­

nanziellen Folgekosten für die Allgemeinheit. Die Landesre­gierung hält daher Maßnahmen zur Eindlmmung der Spiel­

ha IIenflut für erforderlich, wozu neben bauplanungs- und

gewerberechtlichen Regelungen auch eine angemessene Be­

steuerung der Spielautomaten gehOrt.

Ich habe aus diesem Grunde einen entsprechenden Gesetz·

entwurf erarbeiten lassen, der neben der deutlichen Anhe­

bung der Vergnügungssteuerhöchstsitze eine Differenzie­

rung der SteuerhOChstsltze nach Aufstellungsorten vorsieht.

Ich teile insoweit die gelußerten Auffassungen. Im Gegen·

satz zur Fraktion DIE GRONEN werden wir deshalb keine Er­

höhung bei der Aufstellung von Automaten in Gaststätten

vorschlagen.

Der Ministerrat hat den Gesetzentwurf in seinen GrundzOgen

in seiner Sitzung am 27.August 1991 gebilligt und mich be­

auftragt, die Anhörung der kommunalen Spitzenverbinde

und der Interessenverbinde der Gastronomen und Automa­

tenhersteller einzuleiten. Das Verfahren zur Anhörung der

kommunalen Spitzenverbinde ist abgeschlossen. Die Spitzen·

verbinde der rheinland-pfalzischen Gebietskörperschaften

haben den Gesetzentwurf einhellig begrüßt. Auch das um­

fangreiche langwierige Verfahren zur Anh6rung der Interes­

senvertreter der Gastronomie und der Automatenhersteller

ist fbgeschlossen. Gegenwlrtig liegt der Gesetzentwurf dem

Ministerium der Justiz zur rechtsfOrmliehen Prüfung vor.

Nach Abschluß dieses Verfahrens werde ich den Entwurf noch

in diesem Monat wie geplant dem Ministerrat zur abschlie­

ßenden Beratung und Beschlußfassung vorlegen, so daß die

Gesetzesvorlage, wie vorgesehen, im Herbst in den Landtag

eingebracht werden kann. Das lokrafttreten isttorden 1. Ja­

nuar 1993 vorgesehen.

Meine Damen und Herren, da das Informationsbedürfnis der

Kommunen verstandlieherweise sehr groß ist -es geht

schließlich um die Ausgestaltung einer Steuer, deren Auf­

kommen den kommunalen Gebietskörperschaften zusteht-.

habe ich die Gemeinden und Gemeindeverbinde bereits sehr

frühzeitig Ober den voraussichtlichen Ablauf des Verfahrens

zur Änderung des Vergnügungssteuergesetzes informiert. ln­

halt und ZielseUung des vorliegenden Gesetzentwurfs der

Fraktion DIE GRONEN decken sich im wesentlichen mit denen

des in meinem Ministerium erarbeiteten Gesetzentwurfs und

mit der Auffassung der Landesregierung und begegnen von

daher nur teilweise Bedenken dergestalt, daß keine Erhö­

hung bei der Aufstellung von Automaten in Gaststätten vor·

genommen werden soll.

Meine Damen und Herren, gleichwohl ist dieser Gesetzent­

wurf der Fraktion DIE GRÜNEN mit Blick auf die von mir so­eben erlluterte Geseuesinitiative der Landesregierung fiQssi-

ger als flüssig, namlich überflüssig, zumal die Vorlage nach

Abschluß der derzeit erfolgten rechtsfOrmliehen Prüfung im

Herbst, wie vorgesehen, in den Landtag eingebracht werden

soll. Wenn es dem einen oder anderen oder der einen oder

anderen in der Fraktion DIE GRÜNEN mit der Umsetzung des

Vorhabens zur Änderung des Vergnügungssteuerrechts nicht

schnell genug geht, so sei angemerkt, daß die Verfahrens­

schritte für Gesetzesvorhaben der Landesregierung vorgege­

ben sind und sie konkret nach threm Zeitplan vorgeht. Inso­

weit waren auch die Vorwürfe im Sommerloch unnötig, ver·

ehrter Herr Abgeordneter Rieth.

Zudem sind die Verfahren zur Anhörung der kommunalen

Spitzenverbande und anderer Interessenverbinde keine bio·

Be Formsache. Wir nehmen das Recht, gehört zu werden,

ernst und setzen uns mit den vorgetragenen Gedanken und

Anregungen ~useinander und lassen sie in den Gesetzge­

bungsprozeß einfließen. Aus diesem Grund haben wir unsere

Zeitplanung für das Verfahren zur Änderung des Vergnü­

gungssteuergesetzes so und nicht anders festgelegt und die

Kommunen sowie deren Spitzenverbinde entsprechend in­

formiert. Wir sind voll in unserem Zeitplan. Eine Notwendig·

keit für den Gesetzesantrag der Fraktion DIE GRÜNEN ist für

mich daher nicht erkennbar.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und F.D.P.)

Vizeprlsident llojak:

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen

nicht vor.lch schließe damit die Aussprache.

Wenn ich die Fraktionen richtig verstanden habe, soll der Ge·

Setzentwurf an den Innenausschuß · federführend - und an

den Rechtsausschuß-mitberatend- Oberwiesen werden. Ich

sehe keinen Widerspruch. Dann wird so verfahren.

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich Senioren der SPD aus

Neuwied.

(Beifall im Hause)

Die Fraktionen haben mich wissen lassen, daß wir in Anbe·

trachtder Folgeveranstaltung hier im Hause mit diesem Ta.

gesordnungspunkt unsere heutige Sitzung beenden wollen.

Ich möchte daran erinnern, daß die 32. Plenarsitzung morgen

um 9.30 Uhr beginnt.

Als kleine Entschädigung für die Senioren: Ich komme nach·

her zu Ihnen. Vielleicht können wir uns dann noch ein biß­

chen unterhalten.

Ich schließe die Sitzung.

E n d e der Sitz u n g : H .57 Uhr.

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2508 Landtag Rheinland-pfalz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung, 16. September 1992

Anlage Mündliche Anfragen:

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ Drucluachet2/1898 12. Wahlperiode 02. 09. 1992

Mündliche Anfrage

des Abgeordnetm Dr. Langen (CDU)

Aufnahme von Asylbewerbern in RheinJand·Pialz

1991 wurden in Rheinlanci-P&lz 22 185 Asylbnrerber aufgenommen. Nach der Länderquote von 4,72 % wäre Rbeinland-P&.lz jedoch nur zur Aufnahme von 12 081 Asylsuchenden verpflichtet gewesen. Das Land hat somit 1991 seine Auf.­nahmcverpfficbtung um Sl,S % iibererlüllt.

Ich frage die Landesregierung:

I. Worauf ist die Obererfüllunc der Aufnahmequote zurückzuführen?

2. Wek:bc Mebrko.ten sind dem Land Rhcinland-Pfalz durch die Übererfüllung der Aufnahmequote im Jahre 1991 entstanden?

3. In welchem Verhältnil stehen in Rheinland-Pfalzdie tatsichliehen Aufnahme­quoten bei A.sylbewerbc:m und die SoU-Quote von 4,n % im laufenden Jahr, soweit bekannt?

4. Sollte die Landesquote von 4,n% I 992 im Mittel übcnchritten worden teio: Worauf iJt dies zurück%ufdhren?

5. Nach Auuagen da InDen- und Sozialmitaistcn aollm die dem Land Rbeinland­Pfal.z durch Obererfüßung der Aufnahmeverpfliclawlgen enwandenen Mehr­kotten bis zum Jahresende .weiteqehend ausgqlichen• werden. Mit welchen andeun Bwrdesllndcrn wurden bueita Verhandlungen geführt und IIJ.. mit welchem Erfolc. um diese Under zu einer ObererlüllwJg ihrer .AJylbnvcrber­Aufnahmequoten zu bewegen, die durch die geplante Untererfüllung in Rhein­land-Pfalz zwangsläufig wäre?

Dr. Langen

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ Druduachet2119Q6 12. Wahlperiode 04. 09.1992

Mündliche Anfrage

des Abgeordneten Geil (CDU)

Org:misierte Kriminalitit

Die organisiene Kriminalitit nimmt in der Bundesrepublik Deuuc:hland immer stärkere Ausmaße an. Politiaches Ziel aller Ven.ntwortlichen muß es sein. die Poli­zei mit geeigneten Mitteln in die Lage zu versetze:o, die Brvölkenmg vor diesen Kriminellen zu schiltzen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Welche Erkenntnisse liegen der Landeuegierung binsichtlich des Anfang dieses Jahres in der Ka.iserslauterner Fußgingenone begangenen Mordes und einem Tätigwerden der Mafia vor?

2. Teilt die Landesregierung die Auffauung von Jwtizminister Caesar, daß es des sogenannten .Großen Lawcbangriffs• nicht bedürfe?

}, Ist die Landesregierung bereit, eine eipne Gesetzesinitiative zur Ennfisliclmng eines .Großen Lauschangrif&"' irn Bundesrat einzubringen oder der angekün­digten Initiative des Landes Nord.rhein-Westfalen im Bundesrat zuzustimmen?

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ Drucksachet211911 12. Wahlperiode 07.09.1992

Mündliche Anfrage

der Abgeordneten Frau Prof. Kokott~ Weidenfdd (CDU)

Pro Familia~Zentrum

Am 4. September 1992 wurde das Pro Fami.li.a-Zentrwnin Malnz eröffnet. Mehr­fach hat die CD U-Undtagsfraluion den Minister für Arbeit, Soziales. Familie und Gesundheit gebeten, ihr den nach§§ 14, 15 Schwangerenberatung erforder­lichen ZulUJIUlßsbescheid zur Verfügung :zu stellen. Dieser Bitte ist er nicht gefolgt.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Wann hat das Ministeriumfür Arbeit, SozialeS, Familie und Gesundheit das Pro Familia-Zentrum zur Durchführung von Schwangencbaftubbrüchen zuge­lassen?

2. Wenn die Zulusung enellt wurde: Mit welchen Auflagen wurde sie versehen?

3. Ist einle An.t/Än.tin.mitden gerniß § 2 der .Landesverordnungüber die Vor­aussetzung für die Zulassung von E.inricbtungen :zur Dwchfübrung von Schwangerschaftsabbriichen• gefordenen QuaJifikationen eingestellt?

4. Ist eine räumliche und orpnisatorUche Trennung zwitc:hen sozialer Beratung und Durchführung der Schw.mgenchafuabbnlche ü:hergestellt?

5. Ist eine Anderung der Anerkennung von Pro Familia gemäߧ 8 Scbwangeren­beratungsgeseu. durch das Landesamt filr Jugend und Sozia1a Rhcinland-PEalz erfolgt? ..

Prof. Kokott-Weidenfeld

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ Druduachet2119Q5 12. W11hlperiode 04. 09. 1992

Mündliche Anfrage

des Abgeordneten Bruch (SPD)

Rechtsextremistische Tendenzen in Rheinland-Pfalz

Die jüngsten rec:htsenremiltischen Gewaltakte in Rostoc:k und anderrwo und der besorgniserregende Verfusunpschutzbericht 1991 der Bunde.sreperung geben Anlaß zu tiefer Sorge und zUm Handeln.

Ich frage die Landesregierung:

1. Weiche besonderen rechtsradikalen Obergriffe hat es in RheinlaDd-Pialz in den vergangeneo Monaten und Wochen auf Flüchtlingt- und Zuwandererwohn­heime oder Einrichtungen von Randgruppen gegeben?

;; 2. Welche Maßnahmen auch im Sinne von Aufklirung und Information ergreift die LandesregieJ"UDg :zum Schutz, insbesondere junger Bürger, vor rechtsradi­kaler Propaganda?

J J. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung :zum Schutz von Flüchtlings­und Zuwandererwohnheimen in Rheinland-P!alz?

Brocb

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Landtag Rheinland-P1alz -12. Wahlperiode- 31. Sitzung. 16. September 1992 2509

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ Drucbachet2/1899 12. Wahlperiode OJ. 09. 1992

Mündliche Anfrage

des Abgeordnetm Henke (DIE GRÜNEN)

Schutzmaßnahmen des Landes für Asylsuchende vor Bedrohungund Ausschreitungen in Rheinland-P!alz

Die andauernden Auuchreitungen gegen Asylsuchende in ihren Unterkünften werfen Fragen über die Schutzmaßnahmen des Landes vor der angestiegenen Be­drohung filr Leib und Leben der Asylsuchenden auf.

Ich frage die Landesregierung:

I. Weiche Schu.tzmaßn&bmen sind von der Landcsugicnutg ergriffen worden?

2. Wie viele staatliebe Unterkünfte von Asylsuchenden gibt es. und wie viele slnd bisher mit öffcndich zugingliehen Telefonen at1Sßeshtt.et?

3. In wie vielen dieser Unterkünfte be~~:eben Notruftelefone?

4. Sind die von Kreisen, Seidun und Gemeinden unurbaltcncn Asylwueddiufte mit öffentlich zucinglichen Telefonen und/oder Notruftelefonen ausgestattet. und wenn ja, in welchem Umfang?

Hmk<

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ Drucbachet211897 12. Wahlperiode 02.09.1992

Mündliche Anfrage

des Abt!eordnetm Dr. Dllrr (DIE GRÜNEN)

Verwendung von SondermOllschlacke in Wasserschutzgebieten

In den Jahren 1988 bis 1990 wurde der Wonnser Bebauungsplan RD 8 erarbeitet und bacblonen. Dieser wurde im jurü 1990 durc::b du Oberverwahunpgericht K.oblenz für nichtig erklärt vor allem 1111 dem Grunde, daß diacs Gewerbe- und Industriegebiet im Zustrom einer Trinkwanergewinmmgsanlage liqe. Jedoch wurde in diesem Gelände eine Lagerhalle für Lebensmittel gebaut. Als Füll­JD&I:eria.J wurde Schlacke aus einer Sondmnüllverbrcnnungsanlage der BASF vcr­waodL Die Stadtverwaltw~g Wonns wollte den Einbau der Sondermülkcblacke in der Anfangapbue des Baues verhindern; die zuständige Genehmigungsbehörde des Landes hat im Sommer t 992 eine Genehmigung zu dem Sondennüllschlacho­einbau erteilL

I. Handelt es sich bierbei um einen Einzelfall, oder gibt es weitere Fälle der V er­wendung von Sondenmlll~ehbcke als Baumaterial in Wusendmtzgebieten? Wenn ja, welche?

2. Will die Landesregierung Sondermüll~eblacken als BIUJDaterial. i.n Waucr­schuttgebM:ten auch in Zukunft cenebmigen?

3. Teilt die Land~ die Auffauung. daß eine Sanierung dieser Altlasten notwendig Ud Wenn ja. wie und von wem soUen die dazu noc:wendigen Mittd aufgebracht werden?

Dr. Dörr

LANDTAG RHEINLAND-PFALZ Drucbache1211912 12. Wahlperiode 08. 09. 1992

Mündliche Anfrage

da Abgeordneten Steifem (CDU)

Wiederauffontung

In der Rhein-Zeitung vom 2. September 1992 wird über eine Siuung des Ver­bandsgemcinderates Simmern unter der Übenehrift .Kein Geld mehr für Wieder­aufforstung• berichtet. Dem Bericht zufolge sind vom Land für I 992 keine weiteren als die bislang :ruge­wiesenen 8 Mio. DM für Naßlagei'Wlg und Wiederaufforstung im Gemeindewald zu erwarten. Für 1991 seien nur Gelder für Naßlager-Betriebskosten sicherge-stellt. I

Diese Aussage läßt sieb nur schwerlieb mit der Antwort des MinistcriUIIII für Landwirtschaft. Weinbau und Forsten vom l<f. Augusc: 1992 auf die von meinen Fraktionskollegen Alexander Licht, Dicter Schmitt und mir gestellte Kleine Anfrage .Aufforstungen in Rheinland-Pialz.,..l vereinbaren. Danach standen - zwei Wochen vor dem obigen Pressebericht - noch Mittel in Höbe von 7,8 Mio. DM bereit, iiber die nochnicht entschieden war. Zudem wurde angekü.n­digt. daß die LandesregiCrung alle Möglichkeiten pnlfe, um weitere Mittel für die noch nicht bewilligten Anträge bereitzusteUen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landeuegierung:

t. Wie stellt sieb die aktuelle Zusc:hußsituation fi1r Naßlageru.nc und Wiederauf­forsnmg im Jahre l m in den drei llegierungsbezirkm des Landes dar?

2. Hat die Landesregierungindem Zeitraum :zwischen ihrer Antwott vom l<f. Au­gust auf unsere Kleine Anfrage und dem Pressebericht vom 2. September über die damals noch bereitstehenden 7,8 Mio. DM entschieden?

J. Wenn ja: Weiche Gemeinden haben von den Zuschußmittcln in welcher Höhe profitiert?

4. Wenn nein: Weiche Gründe stehen einer zügigen Bereitstellung von ZuacbuS­mitteln entgegen, die in den Kommunen dringend für die Wiederauffontung benötigt werden?

S. Ußt sieb aus der Meldung der Rbein-Zeitun& tchließen" daß die Landaregie­I'Wl& ihre Prüfung weiteruZuvbußmöglicbkritm für 1992 (siehe Antwort auf Frage 6 der Anfrage .AuHontungen in Rhcinland-Pfab:•) mit einem ffir die Kommunen negativen Ergebnis abgcvblossen hat?

6. Weiche konkreten, iiber bloße Ankündigungen hinausgebenden FoJcerungen für eine effektive Hilfe der betroffenen waldbesitzenden KoiDlllUDen will die Landesregierung angesichu der Erklirungen von politisch V eranwortlichen zum hoben Stellenwen des Waldes ziehen?

•) Hinweis der Luultac:~ DndAChe 12118.S9