Null- bzw. Negativzins –„Sanfter Tod des Finanzinvestors“ oder
temporäres Krisensymptom?LBB-Invest – 22.6.2015Prof. Dr. Heinz Grimm
2
Zinsentwicklung
LBB-Invest
EWU
3
Zinsentwicklung
Einlagefazilität in Dänemark: – 0,75%.Einlagefazilität Im Euro-Raum: -0,2%.Leitzins Schweden: -0,25%.Leitzins Schweiz: -0,775%.Aktueller Basiszinssatz (gültig seit 1. Januar 2015): -0,83 %.Negative Hypothekenzinsen in Dänemark (Einzelfälle).Negativrenditen von Staatsanleihen (Staaten mit ausgezeichneter Bonität).
Fazit:Kapitalmarktzinsen und Geldmarktzinsen im Sturzflug.
LBB-Invest
4
Kredit und Zins
Zins ist der „Preis“ für Kredite.
• In einer reinen Tauschwirtschaft (Leistung gegen Leistung) gibt es keinen Zins.• Kredite und damit Zinsen gibt es auch in Ökonomien mit Warengeld, Kreditgeld ist für die Existenz von Zinsen nicht zwingend.
• In einer Kreditgeldökonomie werden Kredite in Form von Geld gegeben, wobei Kreditgeld selbst ein Kredit ist.
• Kreditgeld kann vom Bankensystem durch einfachen Buchungsvorgang zur Verfügung gestellt werden („Geldschöpfung aus dem Nichts“).
• Eine wirkungsvolle Begrenzung der Kreditschöpfungsmöglichkeiten der Banken ist daher zu gewährleisten.
• Diese Aufgabe erfüllt eine Zentralbank mit Hilfe von Zentralbankgeld, womit die Geldschöpfungsmöglichkeiten der Geschäftsbanken begrenzt werden können.
• Aufgabe der Geldpolitik ist es, die Kreditvergabemöglichkeiten der Geschäftsbanken so zu steuern, dass wirtschaftliche Aktivitäten ohne Deflations-bzw. Inflationsgefahren finanziert werden können.
LBB-Invest
5
Kritik am Zins
Verlangen von Zinsen wurde in der Vergangenheit – und auch gegenwärtig –kritisch gesehen:
• Aristoteles: Der Zins stammt als „Geld vom Gelde“, - das Geld kann „keine Jungen hecken“.
• Juden durften von Juden keinen Zins nehmen.• Christen: kanonisches Zinsverbot von 789 (Zinsnehmen = Wucher).• Muslime: noch heute Zinsverbot.• Scholastik (Thomas von Aquin): Zinsnehmen ist nicht nur Sünde, sondern auch weltliches Verbrechen (Wucher).
• Marx: Nur Arbeit ist wertschaffend, Zins ist Teil des Gesamtprofites, der der Arbeitnehmerschaft vorenthalten wird (Ausbeutung).
• Keynes: Nur eine Frage der Zeit, bis Zins verschwindet („schleichender Tod des Rentiers“). Grund: Sättigung => Grenzleistungsfähigkeit von Kapital geht gegen Null, Kapital ist damit nicht mehr knapp, der Zins verschwindet.
LBB-Invest
6
Kritik am Zins
Heutige Kritiker:„Geld entsteht aus dem Nichts“, „Zins ist daher unbegründet“, „Selbst bei Nichtrückzahlung von Krediten entsteht den Banken kein Verlust“. => Unsinn!
Horten von Bargeld ist Ursache von Krisen (Konsequenz: Bargeldhaltung kostenpflichtig machen) (Silvio Gsell, aber auch Keynes hegten Sympathien für diese Idee). => „Geldentzug“ durch Horten ist unproblematisch, da dieses Geld leicht durch Geldschöpfung ersetzt werden kann.
Zinseszinseffekt führt dazu, dass die Reichen immer reicher, die Armen immer ärmer werden. Scheinbar empirische Bestätigung durch Piketty: „Das Kapital im 20. Jahrhundert“. Scheinbarer Grund: Zins > Wachstumsrate (r > g). => Zinseszinseffekt nur dann problematisch, wenn Zinserträge ewig zu 100% reinvestiert werden, also Rentiers keinen Konsum tätigen. Piketty vergleicht Preis (Zinssatz) mit Wachstumsrate des BIP, also Äpfel mit Birnen.
„Kreditgeldsystem muss kollabieren, da Banken nur Geld in Höhe des Kredites bereitstellen, aber nicht für die Zinszahlungen darauf.“ => Das ist schlicht falsch.
Fazit: Pseudowissenschaftliche Theoreme (tauglich für Talkshows)
LBB-Invest
7
Konsensmeinung
Konsensmeinung
Der Mensch hat eine positive Zeitpräferenz: 100 EUR heute haben mehr Wert als 100 EUR in einem Jahr, also wird man nur dann 100 EUR weggeben, wenn man dafür mehr als 100 EUR zurückerhält. Wenn Geldhaltung von 100 Euro zu Verlusten von 5 Euro führt (z.B. durch Inflation), bedeutet positive Zeitpräferenz, dass Geld nur verliehen wird, wenn Kreditgeber mehr als 95 Euro zurückerhält .
Ausmaß der Geldhaltung ist abhängig vom Liquiditätsnutzen und den Opportunitätskosten des Geldes. (Opportunitätskosten: Wertminderung des Geldes, entgangene Zinserträge bzw. Nutzenentgang durch aufgeschobenen Konsum).
Kapital ist produktiv (Mehrergiebigkeit). Aufgenommener Kredit für Investitionen ermöglicht nicht nur Rückzahlung, sondern auch Zinszahlung.
Kritik an dieser Konsensmeinung:
Wegen des demographischen Wandels und der damit einhergehenden verstärkten Spartätigkeit für die Altersvorsorge ist die Zeitpräferenz negativ geworden.
Larry Summers: savings glut (Ersparnisschwemme).
Neue Investitionen sind nur rentabel, wenn der Marktzins negativ wird.
LBB-Invest
8
Zins als Marktpreis für Kredite
Kredit wird in einer Kreditgeldwirtschaft als Geld gegeben. „Neues“ Geld entsteht durch Geldschöpfung der Banken. Mit Ersparnis hat diese Kreditvergabe nichts zu tun.Preis für Kredit (in Form von Geld) entsteht über das Zusammenwirken von Angebot und NachfrageKalkül der Banken als Anbieter von Geld:Zins >= Kosten für die entsprechenden Passivpositionen der Bilanz + Risikozuschlag (Zinsänderungsrisiko, Adressenausfallrisiko) + Gewinnzuschlag.Kalkül der Nachfrager nach Kredit:Realinvestor: Kapitalwert einer Investition größer Null bzw. interne Rendite einer Investition größer als Zins.Konsumenten: Gegenwartsnutzen von kreditfinanziertem Konsum größer als zukünftiger Nutzenentgang durch Zins und Tilgung.
LBB-Invest
9
Zins als Marktpreis für Kredite
Durch Geldschöpfung der Banken entstandenes Geld kann von Geldhaltern (Geldbesitzern) als Liquidität gehalten werden (Forderung an Banken), zum Kauf von Gütern verwendet werden, als Kredit an andere Nichtbanken vergeben werden oder bei Banken als Geldkapital angelegt werden (Geldvernichtung). Die Entscheidung, Liquidität zu halten oder Kredite zu vergeben ist abhängig vom Verhältnis Liquiditätsnutzen zu Opportunitätskosten der Geldhaltung.
Fazit: Zins resultiert aus Angebot und Nachfrage von Kredit (Geld).
Aufgabe der Geldpolitik:Kreditzinssatz soll sich am „natürlichen“ Zinssatz orientieren, um Inflation bzw. Deflation zu verhindern. Der „natürliche Zinssatz“ ist dabei keine konstante Größe, sondern abhängig von der Entwicklung der Kapitalproduktivität – z.B. gemessen als Wertgrenzprodukt eines investierten Euro – sowie der Entwicklung der Sparneigung.
LBB-Invest
10
I = S
Nominaleinkommen und Summe der Produktionswerte (abzüglich Vorleistungen) sind äquivalent.
Produktionswerte können Konsumgüter oder Investitionsgüter sein.
Einkommen werden für den Kauf von Konsumgütern verwendet, Rest wird gespart.
Daraus folgt für die Gesamtwirtschaft immer: Investitionen = Sparen (Identität).
Unternehmen bestimmen die strukturelle Zusammensetzung der Produktion (Güter für den Konsum und für Investitionen). I und damit S wird also von Unternehmen festgelegt.
Larry Summer‘s savings glut müsste somit auch eine Investitionsschwemme sein.
Konsumenten können allerdings aus verschiedenen Gründen (z.B. Angst vor Arbeitslosigkeit) ihre Konsumausgaben reduzieren, also mehr sparen. Diese Mehrersparnis findet ihr Pendant in ungeplanten Lagerinvestitionen (nicht verkaufte für den Konsum geeignete Güter).
Anpassung läuft über Lagerabbau (Bedienung der Nachfrage nicht durch Neuproduktion, sondern aus Lagerbeständen). Daraus kann ein kumulativer Abschwung hervorgehen, wäre somit ein konjunkturelles Problem.
Zur Zeit gibt es dafür keine belastbaren Belege.LBB-Invest
11
Analyse
Damit ist aber das grundsätzliche Argument nicht widerlegt:
Strukturell könnte die Situation eintreten, dass geplante Ersparnis (z.B. wegen Altersvorsorge) größer ist als die geplanten Investitionen (bei aktuellem Zins).
Es käme zu fortwährenden negativen Produktionsanpassungen und die Investitionsneigung der Unternehmen würde zurückgehen.
Dieses Problem ist unter normalen Umständen durch eine Anpassung der Zinsen (Zinssenkung) auszugleichen. Mehr Investitionen werden rentabel. S und I als geplante Größen würden sich wieder entsprechen.
Theoretisch kann der Fall nicht ausgeschlossen werden, dass die Kapitalproduktivität (bzw. aus Sicht der Investoren das Wertgrenzprodukt) zusätzlicher Investitionen so gering, Null oder sogar negativ ist, dass sich auch bei noch so geringem positiven Zinssatz keine weiteren Investitionen rechnen.
LBB-Invest
12
Wachstumstheorie
Aus den Erkenntnissen der Wachstumstheorie (langfristiger Zusammenhang von BIP und den Produktionsfaktoren Arbeit, Realkapital und technischer Fortschritt) sind solche Befürchtungen unrealistisch:
Einer sinkenden Kapitalproduktivität infolge verstärkter Kapitalausstattung der Wirtschaft wirkt der technische Fortschritt entgegen.
Kapitalausstattung pro Arbeitsplatz dürfte selbst in Ländern mit hoher Kapitalintensität steigerbar sein, ohne dass Grenzproduktivität Null oder negativ wird.
Weltweit gibt es eine Vielzahl von Arbeitsplätzen mit eher geringer Kapitalausstattung.
Weltweit steigt die Erwerbsbevölkerung an, so dass auch hier Kapitalbedarf mit positiver Grenzproduktivität des Kapitals besteht.
Also: Dies ist nicht das Kernproblem. Im Gegenteil: Wenn Kapital irgendwann in der Zukunft nicht mehr knapp wäre, wäre das Knappheitsproblem gelöst, Preise würden verschwinden. Wir lebten im Super-Schlaraffenland.
LBB-Invest
13
Gedankenexperiment
Gehen wir mal – als Gedankenexperiment – davon aus, dass die Grenzleistungsfähigkeit von Kapital Null oder gar negativ geworden ist.
Kann und sollte Geldpolitik in diesem Fall die Zinsen ins Negative fallen lassen?
Um diese Frage zu beantworten, ist zunächst zu klären, wie Geldpolitik abläuft.
Geldpolitik sorgt dafür, dass Banken mehr oder weniger Kreditgeld schaffen können, damit Kreditnachfrager Käufe auf Kredit tätigen können.
Damit allerdings nicht Kreditwünsche zum Kauf von Gütern erfüllt werden, die die Produktionsmöglichkeiten übersteigen, werden die Geldschöpfungsmöglichkeiten der Banken durch die Zentralbank begrenzt. Durch Verknappung der Geldschöpfungsmöglichkeiten steigt der Zins, umgekehrt kann bei schwacher Nachfrage die Geldpolitik den Zins senken.
LBB-Invest
14
Geldpolitik
Unstrittig, ist, dass Geldpolitik im Grundsatz nicht nur Zinssenkungen erreichen kann, sondern dass diese gesunkenen Zinsen in der Regel auch positiv auf die Investitionsnachfrage wirken.
Der Übertragungsmechanismus einer expansiven Geldpolitik auf die Investitionsnachfrage geht über das Investitionskalkül der Unternehmen. Niedriger Zins sorgt dafür, dass mehr Projekte einen positiven Kapitalwert aufweisen bzw. dass mehr Projekte eine interne Rendite aufweisen, die über dem Kreditzins liegen.
Kann die Geldpolitik die Zinsen auch negativ werden lassen?
Lange ging man von der sog. Liquiditätsfalle aus: Zentralbank kann den Zins nicht unter eine bestimmte Grenze bringen (z.B. sei bei 3% die Liquiditätspräferenz völlig elastisch).
Aber: Grundsätzlich kann die Zentralbank Geschenke machen – den Kunden direkt (Geldhubschrauber) oder den Banken (negativer Leitzins).
Geschenke direkt an die Bürger lassen den Zins nicht negativ werden – Der Bürger lässt das Geld auf dem Konto, hebt es bar ab oder kauft etwas, womit das Geld nur den Besitzer wechselt. Negative Zinsen entstehen dabei nicht.
LBB-Invest
15
Negativer Zins
Kann ein negativer Leitzins für Zentralbankgeld die Banken veranlassen, Kredite gegen Negativzinsen herauszugeben?
Warum sollte dies eine Bank tun? Sie wiese auf der Aktivseite Zentralbankgeld aus, während die Passivseite Verpflichtungen gegenüber der Zentralbank aufwiese, die im Zeitablauf abnähmen, wodurch der Bank ein Ertrag zuwüchse. Warum sollte die Bank einen Teil der Geschenke an Kreditkunden weitergeben?
Anders könnte es aussehen, wenn die Zentralbank gleichzeitig auf Einlagen der Banken bei der Zentralbank Negativzinsen nähme. Dabei müsste der Einlagenzins stärker negativ sein als der Leitzins. Aus Sicht jeder Bank würde bei der Kreditvergabe der Kostenanteil, der auf notwendiges Zentralbankgeld fällt, abnehmen, so dass im Wettbewerb Banken ihren Kreditkunden negative Kreditzinsen anböten. Mit jedem neuen Kreditgeschäft würde aber nur ein Teil der Zentralbankgeldmenge für Bargeldabfluss und Mindestreserve benötigt. Die Banken hätten zunehmend Aktivpositionen mit Negativrenditen, auf der Passivseite dagegen Kundeneinlagen mit im besten Fall Nullzinsen. Um die Passivseite an die neuen Bedingungen anzupassen, müssten die Banken auch ihren Kunden negative Einlagezinsen abverlangen.
LBB-Invest
16
Negativer Zins
Dies kann nur dann Erfolg haben, wenn gleichzeitig das Bargeld abgeschafft würde. Sonst könnte nämlich der Kunde seine Konten plündern und Bargeld halten. Zentralbankgeld (Aktivseite) würde sich verringern, Einlagen der Kunden (Passivseite) ebenfalls. Auf nicht existente Kundeneinlagen kann die Bank keine Negativzinsen nehmen. Die Zentralbank müsste den Banken noch mehr Zentralbankgeld zu negativen Zinsen bieten, damit im Saldo die Banken bei negativen Kreditzinsen Erträge erwirtschaften.
Dies entspräche einer Subventionierung aller Kredite durch die Zentralbank. Die Kosten hätte der Steuerzahler zu tragen.
Bei Abschaffung von Bargeld und negativen Zinsen für Einlagen hätten die Bankgläubiger die Kosten der „Kreditsubvention“ zu tragen.
Bewertung:
Ein solches Szenario dürfte auf die Zerstörung des Geldwesens hinauslaufen und den wirtschaftlichen Niedergang einläuten.
LBB-Invest
17
Folgen von Negativzinsen
Geldfunktion „Wertaufbewahrung“ wird geschwächt. Ausweichen auf andere Tauschmittel, Umlaufgeschwindigkeit des Kreditgeldes erhöhte sich. Eine Erhöhung der Inflation wäre nur dann die Folge, wenn sich auch die Sparneigung sprunghaft verringern sollte. Damit würde zwar das Ausgangsproblem verschwinden, aber auch die nötige Altersvorsorge.Ein negativer Zins verliert seine Allokationsfunktion für eine effiziente Kapitalverwendung. Kapitalvernichtung lohnt sich.Volkswirtschaftlich kann es nicht vernünftig sein, Investitionen zu finanzieren, die dazu führen, dass die Wertschöpfung sinkt.Durch Niedrigzins entstandene „Blasenbildung“ durch Kauf von Sachwerten (Aktien, Immobilien usw.) würde sich zunächst verstärken.Geschäftsmodelle Bausparen und Kapitallebensversicherung mit Garantiezins funktionieren nicht mehr.Pensionsrückstellungen nähmen dramatisch zu.„Sparen“ für das Alter durch Kauf von langlebigen Konsumgütern, die im Alter konsumiert werden.
LBB-Invest
18
Paradoxe Konsequenzen von Negativzinsen
Bewertung von assets bei negativen Zinsen liefern paradoxe Ergebnisse:
Zinssenkungen lassen asset-Preise steigen. Das ist unstrittig.
Werden bei negativem Zins zukünftige Gewinne dann mit negativem Zins abgezinst=> Kurse steigen grenzenlos?
Nein, denn Gewinne werden auch negativ – Switch von Fremdkapitalfinanzierung zu Eigenkapitalfinanzierung
Würde der Preis für Boden grenzenlos im Wert steigen? Boden ist schwer vermehrbar, bleibt knapp. Bei positivem Wertgrenzprodukt stiege also der Barwert grenzenlos. Nutzen von Boden ist aber an Kapital gebunden, somit wäre das Wertgrenzprodukt ebenfalls negativ (z.B. müssten Wohnungsmieten ebenfalls negativ werden).
Gleiches gilt für Arbeitslohn. Soweit Arbeit an Kapital gebunden ist (Humankapital und Realkapital), würden auch die Lohnsätze negativ werden.
Negative Zinsen würden die gesamte Wertschöpfung nach und nach gegen Null treiben.
Das wäre Wahnsinn!
LBB-Invest
19
Analyse
Oder ist die Ursachenanalyse unzutreffend?
Kommen wir zum Ausgangstatbestand I = S zurück.
Was ist, wenn I aus rentablen Investitionen und Scheininvestitionen besteht. Folglich wäre auch die Ersparnis nur zum Teil rentabel, während die Scheinersparnis nach einer gewissen Zeit als solche erkannt würde und Korrekturen am bisherigen Vermögen nötig wären?
Da Ersparnis in der Regel als Kreditforderungen vorliegt, könnte es sein, dass Kreditschuldner in unrentable Investitionen investiert haben oder diese Kredite einfach nur zum Konsumieren genutzt haben. Konsequenz ist früher oder später die Insolvenz mit Abschreibungen auf die Forderungen.
Beispiele: Leistungsbilanzüberschüsse und damit Kapitalexport zu Gunsten von Bankrotteuren.
Dies kann sogar unfreiwillig auftreten: Beispiel: TARGET-Forderungen der Bundesbank.
Staatssektoren sind hoffnungslos überschuldet.
Immobilienfinanzierung in den USA war zum großen Teil Sozialhilfe für NINJAS.
LBB-Invest
20
Staatsverschuldung in der Schuldenfalle
LBB-Invest
21
Analyse
Betroffen sind auch Bankgläubiger, wenn Banken entsprechende Engagements (mit)finanziert haben.
Bankenrettungen verlagern das Problem wiederum vom Bankgläubiger zum Staat, dessen Gläubiger wiederum die Bürger sind.
Durch die Übernahme von Schulden drohen Staaten insolvent zu werden.
Der letzte Punkt ist das eigentliche Problem:
Staaten scheuen aus naheliegenden Gründen den Gang in die Insolvenz. Eine Insolvenzverschleppung gelingt mit Hilfe der Geldpolitik, die das Zinsniveau gegen Null oder sogar darunter drückt.
Kurzfristig kann man dafür sogar Verständnis haben: Zeit gewinnen und mit kühlem Kopf die richtigen Schritte einleiten (schwer kranker Patient wird kurzfristig in ein Koma versetzt).
Wenn allerdings der Problemdruck nachlässt, ist die Versuchung groß, wie bisher weiterzuwursteln oder sogar die Ausgaben für unsinnige Dinge noch zu verstärken.
Aus dem Koma-Patienten wird dann ein Zombie.
LBB-Invest
22
Investitionsschwäche?
Politische Unsicherheiten für Investitionsentscheidungen (nicht berechenbare Politik) kann zu Investitionsattentismus führen.
Leistungsbilanzüberschüsse und Kapitalexport können somit Folge von politischer Unsicherheit sein.
Wenn Investitionstätigkeit zu gering: In erster Linie Rahmenbedingungen für Investoren verbessern.
Wenn Sparwünsche Investitionswünsche übersteigen sollten, ist Umlenkung in nichtrentable staatliche Investitionen keine Lösung.
Ultima Ratio wäre eine Besteuerung von Einkommen zur Umverteilung.
LBB-Invest
23
Szenarien
1. Realistische Bewertung der assets – verbunden mit Schuldenschnitten. Zukünftig solide Finanzpolitik. Grundsätzlich: no bail out – Der Gläubiger steht für Kreditausfälle ein. Keine Rettungsschirme. Kein „Too Big To Fail“. Keine Staatsfinanzierung durch Zentralbanken.
2. Koma-Szenario und Einschwenken auf Szenario 1.
3. Zombieszenario (anhaltende finanzielle Repression).
LBB-Invest
24
Strategien
Was folgt daraus für den Anleger?
Es kommt mit Sicherheit zu Vermögensverlusten (diese sind ja bereits eingetreten).
Offen ist, wer die Verluste trägt: Gläubiger, Steuerzahler, Sparer.
Trotzdem gilt:
1. Risiko streuen (verschiedene asset-Klassen, ausreichende Diversifizierung innerhalb der asset-Klassen).
2. home-bias meiden.
3. Geschäftsmodelle überprüfen (Aussichten auf nachhaltige Rendite).
4. „Künstliche“ Renditen (durch staatliche Subventionen) sind selten nachhaltig.
5. Schuldentragfähigkeit der Kreditnehmer überprüfen. Berechnung mit realistischen Zinssätzen!
6. Nicht auf staatliche bail-outs vertrauen.
7. Keine „Ponzi“-Finanzierungen: Kredite an Spekulanten sind immer ein schlechtes Geschäft. Geht die Spekulation auf, winkt ein kleiner Ertrag. Geht die Spekulation schief, droht hoher Verlust. Dann besser selbst spekulieren.
LBB-Invest
25
Fazit
Null- bzw. Negativzinsen resultieren aus „Konkursverschleppung“.
Temporär nicht grundsätzlich abzulehnen (Zeit gewinnen).
Zeit muss aber auch schnell und entschlossen zu strukturellen Veränderungen genutzt werden.
Anerkennung von bereits eingetretenen Vermögensverlusten (Schuldenschnitte zu Lasten der Gläubiger).
Unterlassung von Strukturreformen birgt die Gefahr von „Zombie-Ökonomien“
Ersparnisschwemme und negative Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals können zwar nicht für alle Zukunft ausgeschlossen werden,
aber:
Der Rentier ist noch lange nicht tot.
Allerdings könnte er für eine lange Zeit zum Zombie-Rentier mutieren.
Dieses Schicksal ist jedoch nicht alternativlos.
LBB-Invest
Top Related