Danksagung
Wir danken allen, die an der Ent-
stehung dieses Buches mitgewirkt
haben, sei es durch Textbeiträge,
durch Bereitstellung von Fotos und
Plänen, durch Anregungen oder
konstruktive Kritik.
Ora
nie
nburg
im
Wan
del
1991 -
2010
Oranienburg im Wandel
Stadtsanierung 1991 - 2010
Oranienburg
1
Oranienburg im Wandel
Stadtsanierung 1991 - 2010
Oranienburg
2
Vorwort
Hans-Joachim Laesicke
In der wechselvollen, fast 800-jährigen Geschichte Orani-
enburgs, erfuhr unsere Stadt unterschiedlichste Einflüsse
von außen, die unsere Entwicklung beflügelten, aber
auch solche, die verhängnisvoll waren. Insbesondere dem
Stadtzentrum waren bis in die jüngste Zeit die Folgen der
Bombardierungen während des 2. Weltkrieges und Bausün-
den, wie die während der DDR-Epoche errichtete ehemalige
Staatsbank, deutlich anzusehen. Eine Situation, die mir,
wie vielen anderen Oranienburgern auch, überhaupt nicht
gefallen hat.
Deshalb habe ich gemeinsam mit unserem Baustadtrat
Frank Oltersdorf überlegt, wie die Attraktivität der Orani-
enburger Mitte verbessert werden könnte. Gemeinsam mit
Stadtplanern, Oranienburger Geschäftsleuten, Kommunal-
politikern, Wohnungsbauunternehmen, Denkmalpflegern,
Naturschützern und anderen diskutierten wir leiden-
schaftlich, um schließlich einen Gestaltungsplan für das
Zentrum in den Hände halten zu können. Damit hatten wir
gemeinsam eine gute Grundlage erarbeitet, die, aufbauend
auf den städtebaulichen Überlegungen aus der Zeit unserer
Namenspatronin Louise Henriette von Oranien unser künfti-
ges Handeln bestimmen sollte.
Mit der Errichtung des Oranienburger Schlosses vor über 350
Jahren stand dieses im Mittelpunkt der Stadtentwicklung.
Alle Straßen, Wohnhäuser, gemeindlichen Einrichtungen
und wirtschaftlichen Unternehmen wurden danach ausge-
richtet. Als das Schloss seine Bedeutung verloren hatte und
für unterschiedlichste Nutzungen missbraucht wurde, so als
chemische Fabrik oder als Kaserne, gerieten die ursprüngli-
chen Überlegungen in Vergessenheit. Mit dem Verlust seiner
zentralen Rolle in Oranienburg verschwand das Schloss auch
zunehmend aus dem öffentlichen Bewusstsein.
Viele Oranienburger hatten erst nach dem Auszug der
DDR-Grenztruppen, die das Schloss bis zum Sommer 1990
militärisch nutzten, die Möglichkeit, dieses riesige, mitten in
der Stadt gelegene Kasernengelände zu entdecken.
Als die Stadt Oranienburg im Juni 1996 endlich Eigentüme-
rin des Schlosses wurde, war der Weg für die Beantragung
von Fördermitteln zur Sanierung des arg ramponierten
ältesten Barockschlosses der Mark Brandenburg, von dem
bereits Theodor Fontane in seinen Wanderungen schwärm-
te, geebnet.
Am 14. August 1999, als die niederländische Königin
Beatrix und unser damaliger Bundespräsident Johannes
Rau gemeinsam die international viel beachtete Ausstellung
„Onder den Oranjeboom“ im frisch sanierten Schloss eröff-
nete, begann ein neues Kapitel seiner Geschichte. Oranien-
burg hatte seine alte Mitte wiedergefunden, wie es unser
ehemaliger Ministerpräsident Manfred Stolpe formulierte.
Allerdings wirkte das trostlose und verwahrloste Umfeld ne-
ben dem wieder erstrahlten Schloss nun noch verheerender.
Um unsere städtebaulichen Pläne umsetzen zu können
bemühten wir uns erfolgreich um den Ankauf der neben
dem Schloss gelegenen Militärbrache, wie auch der früheren
Staatsbank, der Kaufhalle in der Breiten Straße oder des
Amtshauptmannshauses und weiterer Ruinengrundstü-
cke im Stadtzentrum. Gleichzeitig wussten wir aber auch,
dass die Umgestaltung der Militärbrachen zur öffentlichen
Parkanlage, der Abriss von Ruinen, die Erlebbarmachung
des Havelufers, die Sanierung wertvoller Bausubstanz, der
Ausbau von Geh- und Radwegen sowie die Gestaltung des
Schlossplatzes mehr Geld kosten würde, als wir zur Verfü-
gung hätten.
Daraus wurde die Idee geboren, dass sich unsere Stadt mit
dem Konzept zur Umgestaltung des Stadtzentrums um die
Ausrichtung der Landesgartenschau 2009 bewerben sollte.
Mit unserer Bewerbung konnten wir die Jury der Landesre-
gierung überzeugen und uns gegen zwölf brandenburgische
Städte durchsetzen.
Weit über 20 Millionen Euro, von denen der Löwenanteil
aus unterschiedlichsten Fördertöpfen nach Oranienburg ge-
holt werden konnte, wurden seitdem in die Neugestaltung
unseres Stadtzentrums investiert.
Viele der ursprünglichen Überlegungen sind bereits Realität
geworden. Gerade von Gästen der Stadt, die längere Zeit
nicht hier waren, wird ebenso überrascht wie erfreut festge-
stellt, dass sich unser beherztes Vorgehen bei der Festset-
zung der Oranienburger Innenstadt als Sanierungsgebiet
und das städtebauliche Bekenntnis, der Entwicklung des
Stadtzentrums gegenüber der Errichtung von Satellitensied-
lungen am Stadtrand den Vorzug zu geben, augenfällig als
richtig erwiesen hat.
Hans-Joachim Laesicke
Bürgermeister der Stadt Oranienburg
3
Vorwort
Jürgen Schweinberger
Seit 1991 engagiert sich die Stadt Oranienburg für
die Erneuerung und Entwicklung ihrer Innenstadt
und wird dabei von EU, Bund und Land Brandenburg
im Rahmen der Städtebauförderung unterstützt.
Das Bund-Länder-Programm „Städtebauliche Sa-
nierungsmaßnahmen“ hat sich dabei als zentrale
Stütze der kommunalen Investitionspolitik erwiesen.
In Oranienburg wurde es flankiert vom Einsatz der
Programme „Zukunft im Stadtteil“ und dem „Brach-
flächenprogramm“, die auch in den innenstadtna-
hen Bereichen Wirkungen gezeigt haben und viel zur
Aufwertung der öffentlichen Bereiche beigetragen
haben, ohne die eine Landesgartenschau in der
Oranienburger Innenstadt nicht denkbar wäre.
Heute bestimmen die sanierten Innenstadtbereiche
das Image der Stadt in positiver Weise. Dies gilt zu-
vorderst für die Wiederherstellung der historischen
Plätze, Straßen und Stadträume, die eine Stadt
unverwechselbar machen. In Oranienburg hat sich
die Städtebauförderung außerdem als Instrument
zur Stärkung der Wohnfunktion als der tragenden
Nutzung in der Mehrzahl der Stadtkerne bewährt.
Genauso wichtig ist die Stärkung der Innenstadt als
zentraler Versorgungsbereich und damit als belebte
Stadtmitte für alle Bürger. Vorbildlich ist die Ent-
wicklung im Bereich Bernauer Straße. Mit öffentli-
chen Planungen und Investitionen in Stadtbild und
Infrastruktur ist Oranienburg auch für andere, noch
nicht entwickelte Bereiche auf einem guten Weg und
konnte inzwischen wesentliche Vorleistungen für die
notwendigen privaten Investitionen erbringen.
Staatliche Fördermittel allein reichen nicht aus, um
einen Erfolg der Innenstadtsanierung zu sichern. Ob
und wie erfolgreich die Stadterneuerung ist, hängt
erfahrungsgemäß auch von den personell-organi-
satorischen, den demographischen, wirtschaftlichen
und fiskalischen Rahmenbedingungen in der jewei-
ligen Stadt ab. Erfolge der Stadtsanierung, wie sie in
Oranienburg offenkundig sind, sind daher gleichzei-
tig immer als Erfolge kommunaler Städtebaupolitik
zu werten: Ohne engagierte und funktionierende
Kommunen wäre ein solches Programm undenkbar.
Der bis heute in Oranienburg erreichte Sanierungs-
stand ist ein überaus zufrieden stellendes Ergebnis,
wenn auch einige schwierige Restaufgaben der
Stadterneuerung noch unerledigt sind. Die Städ-
tebauförderung ist von der Stadtpolitik und ihrer
Verwaltung als Chance erkannt worden, und diese
Chance wurde ergriffen. Bei den anstehenden Zu-
kunftsaufgaben der Stadtentwicklung wird das Land
Brandenburg die Stadt im Rahmen der Städtebauför-
derung weiter nach Kräften unterstützen.
Jürgen Schweinberger
Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft
des Landes Brandenburg
Leiter der Abteilung Stadtentwicklung und
Wohnungswesen
4
5
Inhaltsverzeichnis
Schmutztitel
Vorwort
Hans-Joachim Laesicke
Vorwort
Jürgen Schweinberger
Luftbild 2000
Luftbild 2009
Stadterneuerung 1991 - 2010
aus Sicht des Sanierungsträgers
Klaus-Dieter Steuer
Ein Rundgang durch das Sanierungsgebiet
im Jahr 2009
Gundula Schweizer
Der Bauausschuss – ein aktiver Partner im
Stadterneuerungsprozess
Burkhard Wilde
Stadt und BIG-STÄDTEBAU – seit 10 Jahren
ein bewährtes Team
Frank Oltersdorf, Klaus-Dieter Steuer
Integrierte Stadtentwicklung in Oranien-
burg - ein erfolgreiches Verfahren nicht
erst seit Einführung des INSEK
Christian Kielczynski
Oranienburger Stadtarchiv im Boden -
Archäologische Untersuchungen zwischen
Schloss und Nikolai-Kirche
Thomas Hauptmann, Philine Bach
Straßenplanung einmal anders – das
„Bernauer - Straße – Verfahren“
Gabriele Perlick
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2
3
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10
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60
Der Bahnhof – ein wichtiges Tor
Oranienburgs zur Welt
Stephan Bernard
Das Oranienburger Schloss - das alte Herz
der Stadt in neuem Glanz
Marianne Krodecki
Oranienburgs historischer Stadtkern –
Gegenstand eines besonderen
Planungsverfahrens
Rose Fisch
Ein Stadtquartier verändert sein Gesicht
Dr. Steffen Ott, Bettina Krause
Die Landesgartenschau 2009
Oranienburg – ein Meilenstein nicht nur
für Gartenfreunde
Matthias Franke
Der Schlossplatz -
Oranienburgs wiederentdeckte Mitte
Siegfried Reibetanz
Die Schlossbrücke Oranienburg –
ein städtebauliches Schlüsselprojekt
Robert Geyer
Ein wichtiger Partner im
Stadtumbauprozess - Die Oranienburger
Wohnungsbaugenossenschaft eG
Lutz Lachmann, Bernd Küken
Perlen wieder aufpoliert -
Die WOBA auf Sanierungskurs
Bernd Jarczewski
Die „Havelpassage“ Bernauer Straße 18
Wolf-Dieter Wolf
Ärztehaus Breite Straße 7
Angela Petzi
Das Carollis – privates Engagement
für ein altes Haus
Carlos Aydin
„Lebenshilfe“ in der Lehnitzstraße
Bolko Prußok
Neues Leben in einer alten Fabrik
Jörn Weimer
Das Amtshauptmannshaus -
ein besonderes Juwel am Schlossplatz
Ralf Kretzschmar
Wasser – ein besonderes Potenzial
für Oranienburg
Christian Kielczynski
Erfolgreiche Stadtsanierung braucht
kluge Grundstückspolitik
Heidrun Gassan
Öffentlichkeitsarbeit - Stadtsanierung
braucht Kommunikation
Gundula Schweizer
Meinungen zur Stadtsanierung
Heike Bergt, Michael Hohenhaus
19 Jahre Stadtsanierung - eine Erfolgs-
geschichte Ausblick auf die Aufgaben der
zukünftigen Stadtentwicklung
Frank Oltersdorf
Die BIG-STÄDTEBAU-GmbH –
vor Ort in Brandenburg
Frank Hultsch, Ursula Langhans,
Klaus-Dieter Steuer
Impressum
6
2000
7
2009
8
Stadterneuerung 1991-2010 aus Sicht des Sanierungsträgers
Klaus-Dieter Steuer
Verwendung der Städtebauförderungsmittel
Vorbereitungsmaßnahmen: 10 %
Modernisierungs-
maßnahmen: 11 %
Gemeinbedarfs- und
Folgeeinrichtungen: 11 %
Sonstiges: 8 %
Ordnungsmaßnahmen: 4 %
Erschließungsmaßnahmen: 56 %
Bewilligte Städtebauförderungsmittel 1991 bis 2009 Summe: 22.992.000 Euro
0 Eu
ro
81.0
00 E
uro
170.
000
Euro
605.
000
Euro 1.
198.
000
Euro
647.
000
Euro
597.
000
Euro
1.12
6.00
0 Eu
ro
780.
000
Euro
592.
000
Euro
1.42
4.00
0 Eu
ro
1.21
1.00
0 Eu
ro
884.
000
Euro
1.88
0.00
0 Eu
ro
1.26
5.00
0 Eu
ro
1.06
5.00
0 Eu
ro
3.53
6.00
0 Eu
ro
3.94
5.00
0 Eu
ro
1.98
6.00
0 Eu
ro
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0 in Mio. Euro
Das heutige Sanierungsgebiet „Oranienburg Innen-
stadt“ wurde 1991 in das Städtebauförderungspro-
gramm des Landes Brandenburg aufgenommen, da
bereits sehr frühzeitig erkannt wurde, dass die umfas-
sende Entwicklung des Oranienburger Stadtzentrums
nicht allein mit Hilfe kommunaler und privater Mittel
erfolgen konnte.
Nachdem vorbereitende Untersuchungen eine Vielzahl
städtebaulicher Missstände offen legten und deutlich
wurde, dass diese nur in einem größeren städtebau-
lichen Kontext beseitigt werden können, wurde mit
Beschluss vom 19. September 1994 (Rechtskraft der
Satzung seit 6. Januar 1995) die Innenstadt als Sanie-
rungsgebiet förmlich festgelegt. Es besaß zunächst eine
Größe von 44 ha und umfasste die westlich der Havel
gelegene ehemalige barocke Altstadt sowie die im 18.
und 19. Jahrhundert zwischen Havel und Bahnlinie
entstandene Mittelstadt, die heute das Stadtzentrum
darstellt.
Die Aufgabe der militärischen Nutzung des Schlossa-
reals und die Sanierung dieses wertvollen barocken
Baudenkmals im Jahr 1999 eröffneten neue Perspek-
tiven für die alte Mitte der Stadt. Um die notwendi-
gen Konversionsmaßnahmen und die gestalterische
Neuordnung dieses wichtigen Bereiches zügig vor-
antreiben zu können, wurde das Sanierungsgebiet
mit Beschluss vom 18. Dezember 2006 (Rechtskraft
der Satzung seit 6. Juli 2007) um das nordwestlich
des Schlosses gelegene, ehemalige Kasernengelände
erweitert, so dass es heute eine Größe von rd. 73 ha
besitzt. Ein wesentlicher Entwicklungsimpuls für das
Herzstück des Sanierungsgebietes - das Ensemble
Schloss – Schlossvorplatz – Schlosspark – ging von der
Ausrichtung der Landesgartenschau 2009 aus, die den
alten Schlosspark umfasst, aber auch den Schlossplatz
und das ehemalige Kasernengelände nordwestlich des
Schlosses zum Gegenstand hat.
Stadtsanierung in Oranienburg ist wegen der kom-
plexen städtebaulichen Problemlagen und des hohen
baulichen Sanierungs- und Neuordnungsbedarfes eine
schwierige Aufgabe, die durch den Einsatz von Städte-
bauförderungsmitteln ermöglicht bzw. wesentlich
unterstützt wurde und weiterhin wird. Die Handlungs-
felder sind vielfältig und reichen von der Sanierung
9
einzelner Gebäude, der Neu- und Umgestaltung
ganzer Blockbereiche, bodenordnenden Maßnahmen,
der Erneuerung von Straßen und Plätzen bis hin zur
geordneten Neubauung von zahlreichen Brachfl ächen
und Baulücken.
Nach Jahren der intensiven planerischen Vorbereitung
und der Diskussion über die Ziele der städtebauli-
chen Entwicklung begann Ende der 1990er Jahre die
Umsetzung erster investiver Maßnahmen. Wichtiger
Meilenstein für die Entwicklung des Stadtzentrums war
neben dem städtebaulichen Rahmenplan ein im Jahr
2003 durchgeführtes diskursives Planverfahren, das
die Grundlagen für die Wiederherstellung des barocken
Stadtgrundrisses westlich der Havel legte.
Neben der Gebäudesanierung wurde von Anfang an
großes Augenmerk auf die Neugestaltung der öffentli-
chen Wege und Plätze als Voraussetzung für eine funk-
tionierende Infrastruktur und die Verbesserung des
Ortsbildes gelegt. Dafür konnten sowohl die örtlichen
Versorgungsunternehmen als zuverlässige Partner für
die notwendige Erneuerung der technischen Infra-
struktur gewonnen werden, als auch in Zusammen-
arbeit mit dem Landesbetrieb für Straßenwesen eine
Erneuerung der im Sanierungsgebiet gelegenen zwei
Bundesstraßen erfolgen.
Neben Städtebauförderungsmitteln konnten weitere
Fördermittel, wie z. B. aus den Programmen Zukunft
im Stadtteil (ZIS), Mittel des Bundes für den Ausbau
von Bundesstraßen nach dem Verkehrswegegesetz und
Mittel der Europäischen Union für das Sanierungsgebiet
akquiriert und effektiv gebündelt werden.
Bis 2008 sind allein rd. 20 Mio. Euro aus Städtebauför-
derungsmitteln in das Sanierungsgebiet gefl ossen.
Verteilung und Verwendung dieser Mittel sind in den
untenstehenden Abbildungen dargestellt. Nach ge-
genwärtigem Planungsstand soll die Sanierungsmaß-
nahme im Jahr 2014 abgeschlossen werden. Der dafür
noch erforderliche Bedarf an Finanzhilfen wird mit rd.
7,1 Mio. Euro beziffert.
Die Liste der aus Städtebauförderungsmitteln bezu-
schussten Einzelmaßnahme ist lang, exemplarisch
sollen hier nur einige Maßnahmen genannt werden:
Erschließungsmaßnahmen:
- Umgestaltung der Bernauer Straße und Anlage des
Boulevards
- Neugestaltung der Breiten Straße
- Umgestaltung Schlossplatz
- Neuanlage der 3. barocken Straßenachse / Neringstraße
- Wohnumfeldverbesserung Liebigstraße/Rungestraße
Gemeinbedarfseinrichtungen:
- Schloss
- Amtshauptmannshaus Breite Straße 1
- Königliches Forsthaus Bernauer Straße 18 A
- Seniorenbegegnungsstätte Sachsenhausener Straße 1
Private Modernisierungsmaßnahmen:
- Adolf-Dechert-Straße 1
- Bernauer Straße 2, 4, 14 und 56
- Mittelstraße 11
- Rungestraße 31-33 und 39-45
- Schlossplatz 5
- Willy-Brandt-Straße 18
Die erreichten Ergebnisse waren nur möglich, weil
einerseits die notwendigen Finanzhilfen durch Bund
und Land kontinuierlich und auf hohem Niveau be-
reitgestellt wurden und anderseits dem Thema Stadt-
sanierung durch die politischen Gremien sowie die
Verwaltung der Stadt Oranienburg eine hohe Priorität
eingeräumt wurde.
Klaus Dieter Steuer
BIG-STÄDTEBAU GmbH
Leiter des Regionalbüros Perleberg
10
Das Schloss mit dem im Jahr 2009 neu gestalteten Schlossplatz
Das Portal zum denkmalgerecht rekonstruierten Schlosspark
Der neu angelegte Parkplatz an der Fischerstraße
Wer lange nicht in Oranienburg war, wird sich
verwundert die Augen reiben, wenn er von Süden
auf das barocke Schloss zufährt. War das Schloss
nicht immer für Besucher verschlossen, durchschnit-
ten nicht die Bundesstraßen B 96 und B 273 den
Schlossplatz, stand da nicht ein unansehnlicher
Kasten gegenüber dem Schloss und wo kommen die
schmucken barocken Gebäude am westlichen Rand
des Schlossplatzes her?
Was heute so selbstverständlich dasteht, ist das
Ergebnis einer kühnen städtebaulichen Idee und
einer großen Anstrengung aller an der Sanierung
Beteiligten.
Alles begann, wie schon im 17. Jahrhundert, als
Louise Henriette von Oranien-Nassau nach Orani-
enburg kam, mit dem Schloss. Das nur bis 1802
als Residenz, danach als Fabrik und danach lange
militärisch genutzte barocke Kleinod stand seit 1990
leer. Die Stadt erwarb es mutig, sanierte es, unter
anderem unter Einsatz von Städtebauförderungs-
mitteln und Mitteln aus dem Kulturinvestitions-
programm für die Fassade, und nutzt es seither für
Ihre Verwaltung. Daneben haben hier seit 1999 das
zur Stiftung Preußischer Schlösser und gehörende
Schlossmuseum und das Kreismuseum Oberhavel ih-
ren Sitz. Schnell aber wurde klar, dass die Sanierung
des Schlosses allein die historische Ortsmitte nicht
nachhaltig verbessern kann.
Um sich über die weiteren städtebauliche Ziele
für die Stadtmitte und möglicher Wege zu deren
Erreichung klar zu werden, wurde 2003/2004 ein
diskursives Planverfahren durchgeführt, in dessen
Ergebnis ein Bekenntnis zur Reparatur des baro-
cken Stadtgrundrisses stand. Voraussetzung dafür
war der Bau einer Ortsumgehungsstraße, die damit
einhergehenden Verkehrsentlastung der Innenstadt
und die Verlegung der Schlossbrücke nach Süden,
um den Schlossplatz in seinen historischen Maßen
wiederherstellen zu können.
Ein Rundgang durch das Sanierungsgebiet
im Jahr 2009
Gundula Schweizer
11
Alt und Neu einträchtig nebeneinander – Das barocke Schloss mit der neuen Schlossbrücke
Die Schlossbrücke vor der Zerstörung – ein Ingenieurbauwerk mit hohem gestalterischem Anspruch
Ein Provisorium, das lange hielt - die 1947 aus der Havel geho-bene und bis 2008 ihren Dienst erfüllende alte Schlossbrücke
Die alte Schlossbrücke stammte aus dem Jahr
1935, war 1945 gesprengt, 1947 aus der Havel
gehoben und anschließend wieder aufgebaut wor-
den. Sie beeinträchtigte den Schlosshof erheblich,
besaß ein unzureichendes Lichtraumprofi l für den
Schiffsverkehr und war Anfang der 2000er Jahre
umfassend sanierungsbedürftig.
In einem von allen Seiten konstruktiv geführten
Abstimmungsprozess konnte erreicht werden, dass
durch den Landesbetrieb Straßenwesen Bran-
denburg ein Ersatzneubau errichtet wurde, der in
seiner Lage etwa 50 m nach Süden verschoben ist.
Nach nur 1 ½ Jahren Bauzeit fügt sich das zu-
rückhaltende und alle technischen Anforderungen
erfüllende Bauwerk nicht nur gut in seine Umge-
bung ein, das Schloss hat jetzt auch wieder einen
repräsentativen und anspruchsvoll gestalteten
Schloss(vor)platz, der zum Flanieren einlädt und
unter anderem für zahlreiche Veranstaltun-
gen genutzt werden kann. Während die neue
Schlossbrücke überwiegend vom Landesbetrieb
für Straßenwesen fi nanziert wurde, ist die gelun-
gene Neugestaltung des Schlossplatzes vor allem
dem Einsatz von Städtebauförderungsmitteln zu
verdanken.
12
Das barocke Blumenthalsche Haus im sanierten Zustand – ein wichtiger Baustein des wiederhergestellten Schlossareals
Das Blumenthalsche Haus vor der Sanierung
Das sanierte Amtshauptmannshaus in der Breiten Straße – eines der ältesten Gebäude der Stadt
Detail Portal Schloßpark
Das neu gestaltete Schlossareal wird abgerundet von
zwei sanierten Gebäuden, die dem Besucher sofort
ins Auge fallen.
Das Amtshauptmannshaus in der Breiten Straße 1
gilt als das älteste erhaltene Gebäude Oranienburgs
und wurde im Jahr 1657 erbaut. Das heute unter
Denkmalschutz stehende frühbarocke Haus wurde
um 1700 umgebaut und erweitert und ist in dieser
Form weitgehend erhalten geblieben. Bis 2001
beherbergte es das Kreismuseum Oberhavel, seit der
umfassenden denkmalgerechten Sanierung hat die
Landesgartenschau Oranienburg 2009 GmbH ihren
Sitz im Amtshauptmannshaus. Auch nach Abschluss
der Landesgartenschau im Oktober 2009 wird das
Gebäude voraussichtlich eine öffentliche Nutzung
behalten.
Das benachbarte Blumenthalsches Haus am Schloss-
platz 5 wurde um 1800 erbaut und diente zunächst
den jeweiligen Hofgärtnern als Wohnhaus. In den
1850er Jahren erwarb es die jüdische Familie Blu-
menthal, die hier im Jahr 1852 die erste Privatbank
der Stadt Oranienburg gründete.
Heute gehört das Gebäude der Wohnungsbaugesell-
schaft mbH Oranienburg, die es 2007/2008 um-
fassend modernisierte und instand setzte. Seither
befi nden sich hier ein beliebtes Restaurant und im
Obergeschoss Büroräume.
Der weitere Rundgang führt uns in die Bernauer
Straße, die Teil der die Stadt durchquerenden Bun-
desstraße B 273 ist. Wer Oranienburg aus früheren
Jahren als Durchreisender kennt, hat ein Stadtzent-
rum in Erinnerung, das durch Staus, unansehnliche
Straßenräume und eine geringe Aufenthaltsqualität
der öffentlichen Räume geprägt war. Wie anders
stellt sich die Ortsdurchfahrt heute dar.
13
Die Bernauer Straße heute – eine lebendige Geschäftsstraße in einem innenstadtadäquaten Ausbaustandard
Sanierte Wohn- und Geschäftshäuser runden das positive Bild der Bernauer Straße ab
Modernes Stadtmobiliar sorgt für ein zeitgemäßes Erscheinungsbild
Die Bernauer Straße war und ist durch ein hohes
Verkehrsaufkommen belastet. Bis 2001 waren die
gestalterische Qualität sowie der technische Zustand
des Straßenraumes aber so desolat, dass die Einzel-
händler dieser Hauptgeschäftsstraße ernsthaft um
ihre Existenz fürchten mussten. Die Verhältnisse für
Fußgänger und Radfahrer waren zutiefst inakzepta-
bel.
Nach sorgfältiger planerischer Vorbereitung und
intensiver Beteiligung der Anlieger und der Öffent-
lichkeit begannen 2000 die Straßenbauarbeiten, die
Ende 2004 abgeschlossen werden konnten. Schma-
lere Fahrspuren, Verkehrsinseln und ein gepfl asterter
Mittelstreifen führten zu einer deutlichen Verkehrs-
beruhigung und einer erheblichen gestalterischen
Aufwertung des Straßenraumes. Die neue Straßen-
beleuchtung, ein Boulevard auf einer zahlreichen
Läden vorgelagerten Fläche sowie eine moderne
Möblierung runden das Bild ab, so dass die Bernauer
Straße heute eine lebendige, einladende und trotz
des hohen Verkehrsaufkommens gut frequentierte
Geschäftsstraße ist.
Der Rundgang durch das Sanierungsgebiet führt uns
nun nach Norden, wo drei mit Hilfe von Städte-
bauförderungsmitteln sanierte Gebäude, zwei davon
in besonders exponierter städtebaulicher Lage,
besichtigt werden sollen.
Der Boulevard vor der Umgestaltung
Der Boulevard ist heute ein beliebter Aufenthaltsort
14
Zunächst erreichen wir das eingeschossige Gebäu-
de Sachsenhausener Straße 1. Es wurde um 1872
errichtet und befi ndet sich heute im Eigentum der
Stadt Oranienburg. Es bildet zusammen mit dem
benachbarten ehemaligen königlichen Forsthaus
und dem Gebäude Sachsenhausener Straße 2 ein
städtebauliches Ensemble, welches die historische
Bebauung an der Sachsenhausener Straße noch
erahnen lässt.
Im Dezember 2000 wurde durch die Stadtverord-
neten beschlossen, das Gebäude Sachsenhausener
Straße 1 als offene Seniorenbegegnungsstätte für
die Stadt Oranienburg herzurichten und mindestens
25 Jahre lang öffentlich zu nutzen. Während die
Herrichtung der Gebäudehülle aus Städtebauförde-
rungsmitteln bezuschusst wurde, erfolgte der In-
nenausbau mit Hilfe von Mitteln der Bundesanstalt
für Arbeit und aus Eigenmitteln der Stadt.
Das unsanierte Gebäude Sachsenhausener Straße 1 – ein Schandfl eck in prominenter Lage
Die Seniorenbegegnungsstätte Sachsenhausener Straße 1
Die Gebäude Rungestraße 31 und 33 gehörten zu
der ehemaligen „Chemischen Produkten-Fabrik“
Oranienburg und entstanden in den Jahren 1824
bis 1844. Sie wurden später durch einen Zwischen-
bau verbunden, der in den 30iger Jahren des 20.
Jahrhunderts aufgestockt wurde. Von 1945 bis 1970
wurde hier noch produziert, später diente das Ob-
jekt Wohnzwecken. Nachdem das denkmalgeschütz-
te Gebäudeensemble nach längerem Leerstand
an das gemeinnützige Christliche Jugendzentrum
Oranienburg e.V. übertragen wurde, erfolgte eine
umfassende Modernisierung und Instandsetzung,
die 2007 abgeschlossen wurde.
Heute werden die Gebäude als Kinder- und Jugend-
haus genutzt, in dem jungen Menschen in persön-
lichen und sozialen Krisensituationen Unterkunft,
soziale Betreuung und Therapie in betreuten Wohn-
gruppen angeboten werden.
Auch das benachbarte Gebäude Rungestraße 39-45
gehörte zu der ehemaligen „Chemischen Produkten-
Fabrik“ Oranienburg und entstand im Jahr 1824.
Hier befand sich zunächst die frühere Palmwachs-
fabrik. Die Produktion wurde auch hier in den
1970er Jahren eingestellt und eine Umnutzung zu
Wohnzwecken vorgenommen. Dazu wurden die
alten Fensteröffnungen teilweise geschlossen bzw.
verkleinert und Zwischenwände eingefügt, so dass
ein „Reihenhauscharakter“ entstand. Die umgangs-
sprachliche Bezeichnung „Schnitterkaserne“ ließ auf
einen sehr einfachen Wohnstandard schließen.
Das ebenfalls denkmalgeschützte Gebäude befi ndet
sich heute im Eigentum der Wohnungsbaugesell-
schaft mbH Oranienburg, die es 2006/2007 um-
fassend instand setzte und modernisierte. Da die
Wohnnutzung beibehalten werden sollte, erfolgte
kein Rückbau der Öffnungen und Einbauten, statt
dessen aber in Übereinstimmung mit den denkmal-
pfl egerischen Zielsetzungen ein Ausbau in einem
zeitgemäßen Standard.
Von der Fabrik zum Wohnhaus – die Gebäude Rungestraße 39, 41, 43, 45
15
Auf dem Weg zurück zur Bernauer Straße werfen wir
einen Blick auf die Rückseite der mehrgeschossigen
Gebäude an ihrer Nordseite. Hier wachsen Bäume,
blühen Blumen, spielen Kinder und parken Autos in
einem ansprechend gestalteten Wohnumfeld. In ei-
ner gemeinsamen Aktion von Stadt und Wohnungs-
unternehmen konnten nach einer Grundstücks-
neuordnung und einer grundstücksübergreifenden
Neugestaltung der Freianlagen attraktive Lebensbe-
dingungen geschaffen werden, die die Gebäude zu
einer gefragten Wohnlage im Zentrum Oranienburgs
machen. Gleiches ist für die Mittelstraße vorgese-
hen, wo mit Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen
bereits begonnen wurde.
Gebäude nicht nur einen wichtigen Blickpunkt in der
Bernauer Straße dar, es besitzt wegen seiner weit-
gehend original erhaltenen Fassade auch besondere
stadtgeschichtliche, baugeschichtliche und städte-
bauliche Bedeutung.
Weiter geht es durch die Mittelstraße, wo uns das sa-
nierte Gebäude Mittelstraße 11 erwartet. Das zwei-
geschossige Wohnhaus ist eines der letzten Zeugnisse
der historischen Bebauung in der Mittelstraße, nach-
dem zahlreiche große Neubauten den Maßstab der
straßenbegleitenden Bebauung und die historische
Parzellenstruktur empfi ndlich gestört haben.
In den Jahren 2000 /2001 sanierte der Eigentümer
das Objekt umfassend. Neben der Modernisierung
der sechs Wohnungen war vor allem die Wiederher-
stellung einer ansprechenden Fassade ein wesentli-
ches Sanierungsziel.
Vorbei an den sanierten Einzelgebäuden Willy-
Brandt-Straße 18 und Adolf-Dechert-Straße 5 geht
es zum Bötzower Stadtgraben.
Der alte Bötzower Stadtgraben, zwischen Kremme-
ner und Berliner Straße gelegen, diente bis zum
Ende des 19. Jh. als Abwassergraben, war aber nie
Bestandteil des historischen Stadtgrabens.
2005/2006 erfolgte der Ausbau der südlichen An-
bindung des Bötzower Stadtgrabens als verkehrsbe-
ruhigter Bereich. Heute können sich hier Fußgänger
und Radfahrer in einem ansprechend gestalteten
Umfeld sicher bewegen.Wieder in der Bernauer Straße angekommen tref-
fen wir auf das denkmalgeschützte und 2003/2004
umfassend sanierte Gebäude Bernauer Straße 56,
das sich bis Mitte der 1970er Jahre in Familien-
besitz befand und inzwischen ebenfalls der Woh-
nungsbaugesellschaft mbH Oranienburg gehört. Das
durch seinen Dachausbau viergeschossig wirkende,
tatsächlich aber nur dreigeschossige Gebäude gehört
zu den repräsentativsten Zeugnissen einer Phase der
Stadtentwicklung, in der sich die Bernauer Straße
im Bereich zwischen Bahn- und Schlossbrücke als
Hauptgeschäftszentrum der Stadt Oranienburg eta-
blieren konnte. Aufgrund seiner stattlichen Größe,
seiner abwechslungsreichen Fassade und vor allem
wegen seines Fachwerk-Zwerchhauses stellt das
Ein Stück Natur in der Innenstadt in einem umgestalteten Wohnhof nördlich der Bernauer Straße
Das sanierte Gebäude Mittelstraße 11
Fassadendetail Bernauer Straße 56
Das Wohnhaus Willy-Brandt-Straße 18 nach der Sanierung Der neu gestaltete Bötzower Stadtgraben
16
archäologischer Fund entdeckt, der vor Ort doku-
mentiert und anschließend ausgebaut wurde. Mit
dem Umbau ist die Breite Straße zu einem würdi-
gen Entreè für das Schlossareal, die Innenstadt und
das Landesgartenschaugelände geworden.
Die Neringstraße hingegen ist eine völlig neu an-
gelegte Straße und ergänzt den barocken Stadt-
grundriss um eine dritte Achse. Wo vor Beginn der
Baumaßnahme ein großer Parkplatz, ein Bootsclub
sowie wild entstandene Gehölzfl ächen diesem
innerstädtischen Areal einen Stadtrandcharakter
verliehen und das Havelufer abriegelten, ist eine
Wir beenden unseren Rundgang an seinem Beginn
- dem Schlossplatz, indem wir die Breite Straße
entlang gehen und einen Blick in die Neringstraße
werfen.
Die Breite Straße ist eine der früheren barocken
Straßenachsen der Oranienburger Altstadt und
gehört heute zum innerstädtischen Abschnitt der
B 273. Sie ist stark befahren und glich in ihrem
Ausbauzustand vor Beginn der Sanierungsarbei-
ten eher einer Stadtautobahn als einer barocken
Straßenachse. Ein breiter Mittelstreifen, riesige
Lichtmasten und beiderseitige Parkstreifen waren
wenig einladend. Ihr zunehmend schlechter Zu-
stand führte nicht nur zu einer negativen gestalte-
rischen Wirkung dieses wichtigen Stadteingangs, er
erschwerte auch die Existenzbedingungen für die
anliegenden Läden und Dienstleistungsbetriebe.
Nach einer grundlegenden Erneuerung des Lei-
tungsbestandes wurde der Fahrbahnquerschnitt auf
das verkehrstechnisch notwendige Maß reduziert
und die Straße umfassend neu gestaltet. Während
der Baumaßnahmen wurde mit einem stellenwei-
se bis zu siebenlagigen hölzernen Knüppeldamm
aus dem 13. bis 15. Jahrhundert ein interessanter
Die Breite Straße als eine der drei barocken Straßenachsen nach der Umgestaltung
Wo 2007 noch Baustelle war entstand eine neu, die dritte baro-cke Straßenachse
Neben der Stadtsanierung wurde ein weiteres Großprojekt reali-siert – die Landesgartenschau 2009
Straße entstanden, die Schloss und Landratsamt
miteinander verbindet und wertvolle innerstädti-
sche Baufelder am jetzt über eine Promenade frei
zugänglichen Havelufer erschließt.
Dieser virtuelle Rundgang durch das Sanierungs-
gebiet kann nur Schlaglichter auf das bisher
Erreichte werfen. Näheres zu einigen der hier nur
kurz gestreiften Maßnahmen und Ausführliches zu
weiteren Vorhaben, wie zum Beispiel die Neuge-
staltung der Havelufer und die Landesgartenschau
2009 sind in dieser Broschüre an anderer Stelle zu
fi nden.
Die Sanierung in der Oranienburger Innenstadt ist
aber auch nach 19 Jahren noch nicht abgeschlos-
sen. Einige Straßen und Plätze sowie verschiedene
Einzelgebäude bedürfen noch einer Erneuerung,
darüber hinaus ist die Neugestaltung der Ortsmitte
zwar bereits deutlich sichtbar, aber noch längst
nicht abgeschlossen. Es wird künftig darauf an-
kommen, Brachfl ächen wieder nutzbar zu machen,
die Nutzungsdichte in der Innenstadt zu erhöhen,
das Stadtbild weiter zu entwickeln und die Stadt so
noch attraktiver für ihre Bewohner und Besucher zu
machen.
Gundula Schweizer
BIG-STÄDTEBAU GmbH
17
Der Bauausschuss – ein aktiver Partner im
Stadterneuerungsprozess
Burkhard Wilde
Die Stadt Oranienburg ist eine der Städte im Land
Brandenburg, die einen besonders komplizierten
Stadterneuerungsprozess durchlebt hat und noch
durchlebt.
So ist in unserer Stadt auch 20 Jahre nach der poli-
tischen Wende von 1989/1990 die Beseitigung von
Altlasten noch immer ein aktuelles Problem. Dazu
gehören die noch zum Alltag gehörende Entschär-
fung von Fliegerbomben aus dem 2. Weltkrieg, die
Sanierung und Wiedernutzbarmachung ehemaliger
Militärareale von Roter Armee und NVA und die Sa-
nierung von Flächen, die früher durch die chemische
Industrie genutzt wurden, wie z.B. das frühere Ruß-
werk. Darüber hinaus musste die Stadt vom Schwer-
lastverkehr der sie kreuzenden Bundesstraßen
entlastet werden. Letzteres ist uns durch den Ausbau
und die Verlegung der B 96 aus dem Stadtzentrum
heraus bereits sehr gut gelungen.
Aufgabe des Bauausschusses ist es, entscheidend
an der Steigerung der Lebensqualität in Oranien-
burg und seinen Ortsteilen mitzuwirken. Natürlich
ist es nicht immer einfach, einen Konsens zwischen
Art und Umfang von wünschenswerten Bauvorha-
ben und deren Finanzierbarkeit herzustellen. Mich
persönlich freut es aber, dass die fachliche Ausein-
andersetzung zwischen den Mitgliedern des Bau-
ausschusses und der städtischen Verwaltung stets
mit hohem Sach- und Fachverstand, sachlich und
konstruktiv geführt wird.
Die Entwicklung der Oranienburger Innenstadt
erwies sich bislang als großer Erfolg. Die Landesgar-
tenschau 2009 gab hierfür einen wichtigen Impuls:
Schlossensemble, Schlossplatz und Schlosspark
bilden heute wieder eine harmonische Einheit.
Durch die Verlegung der Schlossbrücke konnte auf
eindrucksvolle Weise der Charakter des Stadtzent-
rums neu gestaltet werden. Dabei wurde Wertvolles
erhalten und die Lage der Stadt an der Havel völlig
neu entdeckt und herausgestellt.
Vorbildlich sanierte Wohn- und Geschäftshäuser Bernauer Straße 2 und 4
Archäologen waren und sind ständige Begleiter der Stadterneuerung
Ein anspruchsvoll gestaltetes Wohnumfeld als wichtiger Beitrag für die Attraktivität des Wohnstandorts Innenstadt
Historische Bauakten bieten wertvolle Hilfe bei der Gebäudesanierung
Ein besonderes Anliegen des Bauausschusses ist
die Belebung des Stadtzentrums durch die gezielte
Ansiedlung und Förderung von attraktiven Handels-
einrichtungen und Kleingewerbe. Hierdurch wird die
Attraktivität der Stadt nicht nur für ihre Bürgerinnen
und Bürger gesteigert, auch für Touristen und Durch-
reisende wird sie interessanter. Die geografi sche
Lage unserer Stadt in der Nähe Berlins und als Tor
zur Seenlandschaft im nördlichen Brandenburg und
zur Ostsee verspricht nach wie vor große und positi-
ve Entwicklungspotenziale.
Städtebauförderung ist aus Sicht des Bauausschus-
ses mehr als ein Bauprogramm. Es sichert auch
Beschäftigung und Leben in unserer Stadt, weshalb
wir der Stadtsanierung und Stadterneuerung höchste
Priorität einräumen. Dabei hoffen wir natürlich
darauf, dass sowohl das Land Brandenburg als auch
die Bunderregierung unsere Ziele auch künftig in
bewährter und partnerschaftlicher Zusammenarbeit
unterstützen werden.
Die richtigen Antworten auf die Fragen der Zeit zu
fi nden soll auch in Zukunft die Arbeit des Bauaus-
schusses bestimmen.
Burkhard Wilde
Vorsitzender des Bauausschusses
18
Stadt und BIG-STÄDTEBAU – seit 10 Jahren ein bewährtes Team
Frank Oltersdorf, Klaus-Dieter Steuer
Übergabe des Schlossplatzes im April 2009 – auch das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung legt Hand an
Stadtsanierung und Landesgartenschau 2009 – ein Gemeinschafts-werk von Stadt und BIG, nicht nur auf dem Bauschild
Feierliche Namensgebung des August-Wilhelm-Stegs am 12. Juni 2008
Der rekonstruierte Schlosspark - ein beliebtes Fotomotiv, nicht nur während der Landesgartenschau 2009
Seitdem die BIG-STÄDTEBAU in BRANDENBURG im
Jahr 1999 mit der Sanierungsträgerschaft in Orani-
enburg beauftragt ist, entwickelte sich eine lang-
jährige, intensive, vertrauensvolle und erfolgreiche
Zusammenarbeit. Deshalb ist die BIG-STÄDTEBAU in
Oranienburg auch nicht nur als treuhänderischer
Sanierungsträger, sondern im Zusammenhang mit
der Landesgartenschau 2009 auch als Projektsteu-
erer für die Realisierung aller baulich-investiven
Maßnahmen dieser Großveranstaltung tätig.
Gemeinsam entwickelte besondere Planungs- und
Steuerungsinstrumente wie das im Jahr 2003/2004
durchgeführte diskursive Planverfahren haben in
Oranienburg nicht nur zu einer neuen Planungs-
und Beteiligungskultur geführt, sie haben auch die
Landesgartenschau 2009 in die Stadt geholt und in
spektakulär kurzer Zeit ein gewaltiges Stück Stadt-
entwicklung bewirken können.
Die BIG-STÄDTEBAU hat im Zusammenhang mit der
Stadtsanierung sämtliche Arbeitsschritte von der
Begleitung erster Planungen über die Vorbereitung
und Betreuung von Einzelmaßnahmen bis hin zu
einem effektiven Finanzmanagement, intensiver
Öffentlichkeitsarbeit und abschließenden Doku-
mentationen betreut. Eine starke örtliche Präsenz,
seit 2006 mit einem fast durchgängig besetzten
Büro, sicherte eine regelmäßige und intensive
Zusammenarbeit mit der Stadt und eine einfache
Erreichbarkeit für Sanierungswillige und andere
Sanierungsbeteiligte.
Mit der Landesgartenschau 2009 liegt ein beson-
deres und gewaltiges Stück gemeinsamer Arbeit
hinter uns. Als Anfang 2005 der Zuschlag für die
Gartenschau erteilt wurde, war der geplante Eröff-
nungstermin im April 2009 angesichts des Zustands
des 30 ha großen Geländes eine besondere Her-
ausforderung. Für die Vielzahl an städtebaulichen,
wasserbaulichen, landschaftsgärtnerischen und
sonstigen Vorhaben mussten unterschiedliche
Förderprogramme akquiriert und sinnvoll verknüpft
werden. Als besondere Schwierigkeit stellten sich
dabei das Ende einer alten und der Beginn einer
neuen EU-Förderperiode heraus. Auch dieses Pro-
blem konnten wir professionell lösen. Nur in enger
Abstimmung zwischen Stadt und BIG-STÄDTEBAU
konnte nicht nur der geplanten Fertigstellungster-
min gewährleistet werden, die Landesgartenschau
konnte auch in einer Qualität ausgerichtet werden,
die ein Erreichen der erwarteten Besucherzahlen
übertraf.
Bis zum voraussichtlichen Abschluss der Sanierung
in der Innenstadt im Jahr 2014 wird Bewährtes
fortgeführt, daneben aber bereits der Fokus auf die
planmäßige, professionelle und fi nanztechnisch
einwandfreie Beendigung der Sanierungsmaßnah-
me gelegt. Auch dieser Aufgabe werden sich Stadt
und BIG-STÄDTEBAU gemeinsam und mit hoher
Professionalität stellen.
Der formale Abschluss der Sanierung in der Innen-
stadt bedeutet aber nicht, dass es darüber hinaus
nicht weiteren Stadtentwicklungsbedarf gibt, vor
allem in den Stadtteilen, die außerhalb des Sanie-
rungsgebietes liegen. So wird auch der Stadtumbau
für Oranienburg ein Thema werden, dem sich die
Stadt zukünftig stellen wird.
Frank Oltersdorf Klaus-Dieter Steuer
Baudezernent Leiter des Regionalbüros
Perleberg, Prokurist
19
Integrierte Stadtentwicklung in Oranienburg -
ein erfolgreiches Verfahren nicht erst seit Einführung des INSEK
Christian Kielczynski
Die Oranienburger Innenstadt ist der Stadtraum mit
der höchsten Bedeutung für die Stabilisierung der
Gesamtstadt und ihrer regionalen Funktion. Dem ist
sich die Stadt bereits seit langem bewusst. Sie hat
daher schon frühzeitig die Innenstadt als Sanierungs-
gebiet förmlich festgesetzt, Mittel aus dem Programm
ZIS für Maßnahmen in der Stadtmitte eingeworben
und die Wohnungsunternehmen ermutigt, Mittel aus
den Programmen zur Wohnraumförderung auch und
gerade in der Innenstadt einzusetzen. Mit Erarbeitung
des INSEK musste daher nicht die gesamte Stadtent-
wicklung neu erfunden werden, statt dessen konnte
dieses Instrument genutzt werden, um den integra-
tiven Planungsansatz weiterzuführen, inhaltlich zu
qualifizieren und öffentlich zu kommunizieren sowie
die aktuellen wirtschaftlichen und demografischen
Rahmenbedingungen in dieses Planwerk zu integrie-
ren.
Die Innenstadt ist das zentrale Handlungsfeld der
Stadtentwicklung. Dem trägt auch das Oranienburger
INSEK Rechnung, indem es eindeutige Prioritäten für
die Stadtentwicklung der nächsten Jahre zugunsten
der Innenstadt setzt. Die von der Stadt verfolgten
und geplanten Maßnahmen der Zentrenentwicklung
haben Vorrang vor anderen Maßnahmen. Damit folgt
das INSEK dem im Januar 2006 vom Brandenburger
Kabinett beschlossenen Masterplan „Starke Städte –
Stadtumbau“.
In der Innenstadt stehen Maßnahmen zur Stadt-
erneuerung, zur Stärkung der Wohnfunktion, zur
Sicherung und zum Ausbau öffentlicher Versorgungs-
funktionen, von Kultur und Bildung, zur Unterstüt-
zung einer vielfältigen Einzelhandels- und Dienst-
leistungsstruktur sowie sonstiger unternehmerischer
Aktivitäten, zur Reaktivierung von Brachflächen und
zur Verbesserung der Umwelt, zur Verbesserung der
Verkehrsanbindung sowie zur allgemeinen Belebung
im Vordergrund des Handelns der Stadt. Hieraus
werden besonders günstige Voraussetzungen für die
Mobilisierung von Wachstumskräften erwartet. Ein Ef-
fekt, der sich bereits nach der umfassenden Wieder-
herstellung der Straße, Wege und Plätze im barocken
Stadtgrundriss Oranienburgs erkennbar abzeichnet.
Da alle Handlungsfelder der Stadtentwicklung
jedoch auch in unmittelbarem Zusammenhang zur
Rolle und Funktion der Stadt und zu den demografi-
schen Entwicklungen stehen, gehören zum Betrach-
tungsraum des INSEK auch weitere Handlungsfelder.
Im INSEK Oranienburg sind die Handlungsfelder mit
ihren jeweiligen Handlungserfordernissen heraus-
gestellt worden und in Teilkonzepten berücksichtigt.
Diese Teilkonzepte umfassen das „Mittelzentrum
Oranienburg“ mit seinen zentralen Funktionen im
Stadtzentrum und deren Erhalt, Ausbau und Bün-
delung. Eng hieran angebunden ist das Teilkonzept
„Innenstadt / Historische Mitte Oranienburg“ mit
dem Schwerpunkt der nutzungsstrukturellen und
gestalterischen Aufwertung und Qualifizierung in
diesem Stadtbereich. Auch für die Stärkung und Sta-
bilisierung der Wohnfunktion und der sozialen Inf-
rastruktur in der erweiterten Innenstadt durch neue
Angebote und Diversifizierung wurde ein Teilkonzept
erarbeitet. Die Ansiedlung wissensbasierter Unter-
nehmen und der Ausbau vorhandener Potenziale ist
ein weiteres Teilkonzept, in dem Handlungserforder-
nisse erkannt wurden.
Zu guter letzt sollen durch das Teilkonzept für den
Landschaftsraum entlang der Oranienburger Havel
und am Lehnitzsee und der hier beabsichtigten
Entwicklung neuer Qualitäten zur Sicherung, zum
Ausbau und zur Stärkung der städtischen Identität
die Entwicklung der Stadt als Ganzes gefördert und
unterstützt werden. Dieses Ziel verfolgt auch das
Teilkonzept zur Vernetzung und Verzahnung der
Kernstadt mit den Ortsteilen. Obwohl die beiden
letztgenannten Teilkonzepte einen Handlungsraum
außerhalb des Innenstadtbereiches haben, erwar-
tet die Stadt Oranienburg von der Entwicklung der
dortigen Potenziale Synergien vor allem auch für die
Entwicklung der Kernstadt und des Stadtzentrums.
Die Erarbeitung des integrierten Stadtentwicklungskonzeptes erforderte ressortübergreifende Kommunikation
20
Workshopatmosphäre half bei der Verständigung über Planungs-ziele und mögliche Wege zu ihrer Umsetzung
Aus den wichtigsten Teilprojekten, Maßnahmen und
Projekten hat die Stadt räumlich und thematisch ge-
bündelte Schlüsselmaßnahmen zusammengefasst.
Diese Schlüsselmaßnahmen für eine integrierte und
nachhaltige Stadtentwicklung in Oranienburg sind die
folgenden Vorhaben - in dieser Reihenfolge prioritär:
Wiedergewinnung der Historischen Mitte•Qualifi zierung des Bahnhofs und des Bahnhof-•sumfeldes zur
Verbesserung der Standortbedingungen und •zur Erhöhung der Attraktivität als Wirtschafts-
standort
Jugend – Bildung – Freizeit in Oranienburg•Entwicklung freizeitorientierter und touristischer •Qualitäten an der Oranienburger Havel / Lehnitz-
see
Wohnen in der Innenstadt•
Aus der im INSEK erfolgten Darstellung und Bewer-
tung der bisherigen Programme und Maßnahmen zur
Stärkung der Stadt- und Wirtschaftentwicklung wird
deutlich, dass die Stadt Oranienburg die Schwer-
punkte bereits zielführend im Bereich der Innenstadt
bzw. in den angrenzenden Bereichen eingesetzt hat.
Insofern ist festzuhalten, dass das INSEK an sich keine
grundsätzlich neue Planung darstellt. Es bündelt
im Sinne der Anforderungen des MIL vorhandene
Planungen und Konzepte, wie z.B. im Kontext mit der
Stadterneuerungsmaßnahme oder dem neuen EU-
fi nanzierten Programm „Nachhaltige Stadtentwick-
lung“ und versieht sie mit einem deutlichen Fokus
zugunsten der Innenstadtentwicklung.
Folgerichtig wurde im INSEK auch eine innenstad-
torientierte Entwicklung des Wohnens festgelegt.
Neben einem „Vorranggebiet Wohnen“, in dem die
Förderung von selbst genutztem Wohneigentum in
Innenstädten gemäß der WohneigentumInnenstadtR,
die generationsgerechte Anpassung von Mietwohn-
gebäuden durch Modernisierung und Instandsetzung
gemäß der GenerationsgerechtModInstR sowie der
nachträgliche Ein- oder Anbau von Aufzügen gemäß
der Aufzugsrichtlinie (AufzugsR) möglich ist, wurde
im Hinblick auf die beiden letztgenannten Förder-
programme ein innenstadtnahes Neubaugebiet
als „Konsolidiertes Gebiet“ bestimmt. Hier ist die
generationsgerechte Anpassung von Mietwohnungen
einschließlich Aufzugsnachrüstung förderfähig. Ein
entsprechendes Vorhaben wird durch die Wohnungs-
baugesellschaft mbH Oranienburg (WOBA) umgesetzt.
Die Beteiligten versprechen sich durch die Schaffung
eines barrierefreien Zugangs zu Mietwohngebäuden
und -wohnungen die dauerhafte Verbesserung der
allgemeinen Wohnverhältnisse sowohl für junge
Familien wie auch Senioren.
Aus Sicht der Stadt Oranienburg ist neben den „Vor-
ranggebieten Wohnen“ und den „Konsolidierten
Gebieten“ auch für weitere Wohnstandorte Hand-
lungsbedarf gegeben. Diese sind im INSEK dargestellt
und umfassen insbesondere die gründerzeitliche
Wohnbebauung der Neustadt in attraktiver Lage, die
ehemalige Heinkel-Werksiedlung „Weiße Stadt“, die
durch industriellen Wohnungsbau geprägte Altstadt
sowie Gebiete im Bereich des Havelufers. Von der
Unterstützung dieser Gebiete erwartet sich die Stadt
die Stabilisierung innenstadtnaher Quartiere und der
dortigen Wohnbevölkerung im Gebiet der Kernstadt
Oranienburg. Eine besondere Förderkulisse existiert
hier jedoch nicht.
Die Beteiligung der Bürger an der Erarbeitung des
INSEK erfolgte erstmalig mit einer Auftaktveran-
staltung am 26.04.2007, die weitere Einbeziehung
der Öffentlichkeit wird kontinuierlich im Zuge von
Informations- und Diskussionsveranstaltungen im
Rahmen des „Stadtmanagements Oranienburg 2020“
gesichert. Gerade die „Gespräche am Dienstag“, in
denen mit den Bürgern jeweils in themenorientierten
Veranstaltungen diskutiert wird, haben sich zu einer
überaus erfolgreichen Institution zur Partizipation
entwickelt. Die rege Teilnahme zeugt vom großen
Interesse der Oranienburger an diesen Themen, vor
allem aber auch an einer integrierten, komplexen
Stadtentwicklung in Oranienburg.
Christian Kielczynski
Leiter Stadtplanungsamt
21
Oranienburger Stadtarchiv im Boden - Archäologische
Untersuchungen zwischen Schloss und Nikolai-Kirche
Thomas Hauptmann, Philine Bach
Seit dem Herbst 2004 erfolgen umfangreiche Arbei-
ten im Bereich des Schlossplatzes und des Stadt-
zentrums, deren archäologische Begleitung und
Dokumentation außergewöhnliche Einblicke in die
Stadtgeschichte gaben (Abb. 1).
Die frühesten Siedlungsspuren im Bereich des 1216
erstmals urkundlich als Bothzowe genannten Ortes
stammen bereits aus den ersten nachchristlichen
Jahrhunderten. Unterhalb der mittelalterlichen
Sedimente haben sich an vielen Stellen Reste einer
Siedlung der römischen Kaiserzeit und der zuge-
hörigen Ackerfluren erhalten. Südöstlich dieser
Feldflur, die deutliche Spuren des kreuzweise
eingesetzten Hakenpfluges erkennen ließ und sich
im Areal Breite Straße und Havelstraße erstreckte,
befand sich im Bereich der heutigen Kirche die da-
zugehörige Siedlung, von der zahlreiche Siedlungs-
und Abfallgruben untersucht werden konnten (Abb.
2).
Mit der um 1200 von den askanischen Markgrafen
errichteten Wasserburg entstand eine Ansiedlung,
deren gesamte Ortslage aus der heutigen Breiten
Straße und der Kirche an deren südlichen Ende
bestand. Heute befindet sich dort die 1864 auf
Betreiben des preußischen Königs Friedrich Wil-
helm IV. errichtete Stadtkirche St. Nikolai. Während
der Baumaßnahmen wurden in der heute dicht
nördlich der Kirche verlaufenden Havelstraße zahl-
reiche Bestattungen des 13.-17.Jh. freigelegt und
geborgen. Unter den Verstorbenen waren sowohl
Erwachsene, Jugendliche als auch Kinder. Teilweise
konnten Reste kostbarer Brokatgewänder doku-
mentiert werden.
Mit der Eingliederung der östlich angrenzenden
Gebiete in die Markgrafschaft Brandenburg verlor
die Burg an strategischer Bedeutung. Um 1550
ließ Kurfürst Joachim II. die alte Burg Bötzow
abreißen, um an gleicher Stelle ein Jagdschloss zu
errichten. Nach dem 30-jährigen Krieg schenkte
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg seiner
Gemahlin, geborene Prinzessin Louise-Henriette
von Oranien-Nassau, Bötzow mit allen zugehö-
rigen Dörfern. Anstelle eines alten kurfürstlichen
Jagdschlosses ließ sie einen Schlossneubau im
holländischen Stil errichten, der 1652 den Namen
„Oranienburg“ bekam. Mitte des 17. Jh. wurde der
Schlossplatz umgestaltet und das Jagdzeughaus
errichtet. Das Gebäude, das seit 1711 als Rathaus
und ab 1817 als Hotel genutzt wurde, blieb im
Zweiten Weltkrieg fast unversehrt, wurde 1959
restauriert und als Kulturhaus der Stadt wieder-
eröffnet. 1963 erfolgte der grundlose Abriss des
völlig intakten Hauses und einige Jahre später die
Errichtung der Filiale der Staatsbank der DDR. Die
archäologische Begleitung der Fundamentent-
fernung des Gebäudes lieferte weitere Baudetails
dieses wichtigen Barockgebäudes.
Nachdem der Sohn der mittlerweile verstorbenen
Kurfürstin Louise-Henriette, Friedrich III., seit 1701
auch König Friedrich I., Ende des 17. Jh. Orani-
enburg als seinen Amtssitz wählte, fanden auch
bauliche Veränderungen statt. Von 1688 bis 1709
ließ er das Schloss seiner Mutter umgestalten.
Die von Süden auf das Schloss zulaufende Berliner
Straße wurde 1696 angelegt. Ein massiver Block-
brunnen mit doppeltem Kasten, der um 1700 an
der neuen Straße errichtet worden ist, wurde 2004
in einem Leitungsgraben freigelegt und dokumen-
tiert.
Außerdem wurde das Amtshauptmannshaus,
dessen ursprüngliche Erbauung aus dem Jah-
Reste der ältesten Bötzower Häuser, die unter den Straßenschichten am Südende der Breiten Straße freigelegt wurden
Durch Verfasser 2005-2007 archöalogisch begleitete Baumaßnah-
men der Stadtsanierung im historischen Stadtkern von Bötzow/
Oranienburg: 1 Breite Straße, 2 Staatsbank, 3 Kaufhalle, 4 Amts-
hauptmannshaus, 5 Blumenthalsches Haus, 6 Berliner Straße, 7
Havelstraße, gestrichelte Linie: mittelalterlicher/frühneuzeitlicher
Ortskern Bötzow
5
4
2
3
6
7
1
22
re 1657 überliefert ist, erneuert. In den Gräben
zur Fundamentsanierung konnten nun die Fun-
damente von mindestens zwei Vorgängerbauten
dokumentiert werden. Zur Errichtung des heute
bestehenden Gebäudes wurde ein vorhandener
Vorgängerbau ähnlicher Größe und Form bis auf
die Fundamentbankette abgetragen. Dieser direkte
Vorgänger wies eine leicht veränderte Gebäude-
achse auf und könnte dem historisch überlieferten
Neubau des Jahres 1657 angehören. Er ersetzte ein
Gebäude, dessen massive Fundamente im Außen-
bereich teilweise aufgedeckt wurden. Dieses älteste
Ziegelgebäude setzte die Baufl ucht der südlich
angrenzenden Gebäude fort. Zu diesem Gebäu-
de gehört wahrscheinlich der an der Nordfassade
teilweise freigelegte Keller. Die bei den Schacht-
arbeiten verschiedentlich gefundenen Form- und
Dachziegel deuten hier auf einen repräsentativen
Bau des 16. Jh. Mehrere Dendroproben aus dem
Dachstuhl des Gebäudes belegen zweifelsfrei seine
Errichtung im Jahre 1692. Die Untersuchung zweier
Grundstücke westlich und östlich der Breiten
Straße erlauben den Einblick in das städtebürger-
liche Leben des 16.-17. Jh. Auf dem Grundstück
Breite Straße Nr. 7 wurden unter den Fußböden
des ehemaligen Lokals „Oranienburger Wappen“
aus der Zeit um 1900, dessen Gasträume in den
1970er abgerissen und das bis vor einigen Jah-
ren als Kaufhalle genutzt wurde, schon in gerin-
ger Tiefe Fundamente und Keller älterer Häuser
freigelegt. Einen tonnengewölbten Keller, der zu
einem Fachwerkgebäude gehörte, welches im 16.
Jh. durch einen Brand zerstört wurde, nutzte noch
der Wirt des erwähnten Lokals. Die großfl ächig
vorhandenen Brandschuttablagerungen rührten
von mehreren Hausbränden des 15.-18. Jh. her,
bei denen die ebenerdige Lehmfachwerkbebau-
ung über den Fußbodenhorizonten verstürzte und
dort verblieb. In den überdeckten Fußbodenho-
rizonten ließen sich partiell die Raumstrukturen
der Gebäude nachweisen. In den rückwärtigen
Räumen fanden sich die Reste von mindestens vier
Ofenanlagen, davon zwei rundovale Backöfen. Im
Brandschutt, der über den verkohlten Dielenresten
lag, befanden sich zahlreiche Gegenstände des
Hausrates. Neben Gefäßen des Hausgebrauchs wie
Tassen, Schalen und bronzenen Kesseln fanden sich
unter anderem mehrere Zimmermannswerkzeuge
und einige Schmuckstücke, darunter ein silberner
und ein goldener Fingerring. Letzterer besitzt einen
gefassten, achteckigen Amethyst. Das Grundstück
wurde bis in eine Tiefe von 80 cm unter Gelän-
deoberkante untersucht, einige kleinere Sondagen
ergaben Hinweise auf mittelalterliche Bebauungs-
reste wie Holzkeller bis in eine Tiefe von 2 m unter
Geländeoberkante. Eine ähnliche Situation zeigte
sich im Bereich der LKW-Zufahrt des Gebäudes der
ehemaligen Staatsbank der DDR. Direkt unter der
Betondecke konnten ebenfalls Stampfl ehmböden
von ebenerdigen Fachwerkhäusern des 16.-17.
Jh. freigelegt werden, die massiv von Brandschutt
überlagert waren. Auch hier fanden sich Reste
eines Lehmkuppelofens, in dessen Inneren ein
eisernes Schwert deponiert wurde. In den genann-
ten Flächen fanden sich unter und zwischen dem
Brandschutt größere Mengen verkohltes Getreide,
das im Bereich des Staatsbankgebäudes bereits als
Gerste identifi ziert werden konnte.
Den Schwerpunkt der archäologischen Arbeiten
bildeten Untersuchung der Fahrbahn der Berliner
Straße, der Breiten Straße und der Havelstraße. Zur
Tragfähigkeitsverbesserung musste in der Breiten
Straße die anthropogene Stratigraphie von bis zu
1,5 m Dicke abgetragen werden. Dabei handelte
es sich überwiegend um hölzerne Knüppeldämme.
Vermutlich durch Mühlenstau und Klimaverände-
rungen kam es im 14. Jh. zu einer Vernässung der
Ortslage und zur zunehmenden Bildung organischer
Sedimente, die mit der Verlegung der Knüppel-
dämme ausgeglichen werden sollte. Bis zu sechs,
übereinander liegende Holzlagen wurden nachein-
ander freigelegt und dokumentiert. Dabei änderte
sich der Verlauf der Straße im Vergleich zum heu-
tigen mehrfach, wenn auch nur geringfügig. Der
vielbefahrene Einmündungsbereich zur Blutgasse
wurde fl ächig mit Holz befestigt. Hier befand sich
im 17. Jh. auch ein Brunnen, dessen Wasser in
einer hölzernen Wasserleitung nach Norden Rich-
tung Schloss geleitet wurde.
Unterhalb der ältesten Knüppeldamme des
14./15. Jh. befi nden sich in ca. 1,2-1,5 m Tiefe
die Oberfl ächen der Stadtgründungszeit des
Kastenbrunnen in der Berliner Straße, um 1700
Schmuckstück aus einem Haus des 16. Jh. (Breite
Straße 7), Goldring mit achteckigem Amethyst,
Silberring
Spielfi guren des 13./14.Jh. aus bleigefüllten Tierknochen
23
Die Funde aus den Schichten des 13. bis 16. Jh. in der Breiten Straße wiederspiegeln alle Bereiche
des städischen Lebens der frühen Stadtgeschichte: 1: Webgewicht, 2: Spinnwirtel, 3: Gürtelschnalle,
4: Schuhschnalle, 5: gedrechselter Beinknopf, 6: Netzsenker, 7: Truhenschlüssel, 8: Topf und Kanne,
9: Schalen zur Butter- oder Quarkbereitung, 10: Gießlöffel, 11: Hammer, 12: Vorschlaghammer,
13: kleiner Amboß, 14: Eiskrebs (Schuhbeschlag), 15: Griffknauf eines Schwertes, 16 -17: Reiterspo-
ren, 18 -19: Pfeilspitzen, 20: Armbrustbolzen, 21 - 22: Teile von Faßhähnen, 23: Musketengabel,
24: Tafelmesser, 25: Hufeisen
Wilsnacker Pilgerzeichen aus Zinn, Ende
14.- Mitte 16. Jh.
In der Breiten Straße freigelegter sechs-
lagiger Knüppeldamm
Dies belegen verschiedene, Ost-West-verlaufende
Parzellengrenzen in Form von Gräbchen oder Pfos-
tenreihen, die das Areal in langschmale Grund-
stücke teilten. Die Breite der Parzellen lag bei un-
gefähr 5,5 m. Neben in Kadavergruben entsorgten
Pferden wurden sechs Brunnen auf den bäuerli-
chen Grundstücken dokumentiert. Der die Stadt
im Süden umgebende, ca. 15 m breite und sehr
fl ache Stadtgraben nutzte vermutlich eine natürli-
che Senke zwischen Havelstraße und Am Bötzower
Stadtgraben und existierte bis ins 15. Jh. Um 1700
wurde hier das Berliner Tor errichtet, dessen Reste
während der Bauarbeiten zu Tage kamen.
Während der Dokumentation wurden unzählige
Gegenstände freigelegt, die nahezu alle Bereiche
des städtischen Lebens widerspiegeln. Neben vie-
len Geräten, Werkzeugen, Waffen, Spielzeug und
anderen Gegenständen ist ein besonders heraus-
ragender Fund zu nennen: ein kleines Pilgerzei-
chen aus Zinn zeigt die drei heiligen Hostien von
Wilsnack, die vom Ende des 14. bis Mitte des 16.
Jh. verehrt wurden und jährlich hunderttausende
Pilger anzogen. Viele von ihnen erwarben in
Wilsnack ein Pilgerzeichen zum Beweis der
Pilgerfahrt. Diese Zeichen wurden später fast
ausnahmslos eingeschmolzen. Nur sehr wenige
Wilsnacker Zeichen haben überdauert, kaum eines
so vollständig wie das Stück aus Oranienburg.
Philine Bach Thomas Hauptmann
13. Jh. An vielen Stellen
konnten Straßengräben
untersucht werden. Sie
zeigen, dass bereits im
13. Jh. die Straßen etwa
in den noch heute beste-
henden Verläufen ange-
legt wurden. Diese Stra-
ßengräben wurden jedoch
erst einige Zeit nach der
Gründung des Ortes ange-
legt und nur kurz genutzt.
Im untersuchten Bereich
der Straßen befanden sich
außerdem sehr zahlreiche
Befunde der frühen mit-
telalterlichen Siedlungs-
tätigkeit. Pfosteneingra-
bungen, Gruben, Gräben
und andere Eingrabungen
wie z. B. Kadavergruben
von Haustieren könnten
ein Hinweis darauf sein,
dass die Straßen mit den
begleitenden Gräben erst
in der zweiten Phase des
Ortes, jedoch sicher noch
im 13. Jh. im heutigen
Verlauf angelegt wurden.
Der Bereich der heutigen
Berliner Straße, zwischen
Havelstraße und Burg,
wurde im Mittelalter
als Gartenland genutzt.
24
Straßenplanung einmal anders – das
„Bernauer - Straße – Verfahren“
Gabriele Perlick
Die Bernauer Straße heute – die zentrale Einkaufsstraße Oranienburgs
Der Boulevard - ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt
Die Baustelle Bernauer Straße war eine Herausforderung für Anlieger, Durchrei-sende und die beteiligten Firmen
Oranienburger und Einzelhändler haben von ihrer neuen Straße Besitz ergriffen
Die Straße vor der Umgestaltung, kein Ort zum Wohlfühlen und ein schwieriges Pfl aster für Besucher und Einzelhändler
Die Bernauer Straße war und ist die zentrale Wohn-
und Geschäftsstraße Oranienburgs und des Sanie-
rungsgebietes „Oranienburg Innenstadt“. Zu Beginn
der Sanierung litt sie besonders unter der Belastung
des Durchgangsverkehrs der zwei Bundesstraßen B 96
und B 273. Das Erscheinungsbild des Straßenraumes
war unattraktiv und bot kaum Aufenthaltsqualität.
Die Gehwege, die Parkzonen und die Fahrradwege
bedurften der vorrangigen Erneuerung. Die Mehrzahl
der Straßenfassaden war grau und unfreundlich. Die
vorhandenen Plattenbauten fügten sich nicht in das
Straßenbild ein, es gab viele leer stehende Läden.
Vor diesem Hintergrund wurde 1996 das interdiszipli-
näre „Bernauer – Straße - Verfahren“ in Gang gesetzt,
in dem die von der Sanierung betroffenen Mieter,
Eigentümer und Gewerbetreibenden im Einzugsbe-
reich der Bernauer Straße im Rahmen von Haushalts-,
Image- und Betriebsbefragungen sowie Bürgerver-
sammlungen frühzeitig informiert, gehört und in die
Diskussion der Straßenplanung einbezogen wurden.
Ziel war es, die Aufwertung des Straßenraumes mit
einer sozialverträglichen Entwicklung im Wohnbereich
und der Entwicklung des Einzelhandels und Gewerbes
in der Bernauer Straße, zu verbinden.
Die Ergebnisse lagen der Stadt Oranienburg Anfang
1997 in Form einer Sozialstudie, eines Branchenkon-
zeptes und eines Gestaltungskonzeptes vor.
Die Sozialstudie machte deutlich, dass es für die
Anwohner wichtig war, dass sich die Attraktivität der
Wohngegend erhöhen muss, wozu auch eine Einkaufs-
straße gehört, die den Bedürfnissen der Anwohner
gerecht wird.
Im Rahmen des Branchenkonzeptes wurden Empfeh-
lungen für den Branchenbesatz der Bernauer Stra-
ße erarbeitet. Daneben wurde eine kontinuierliche
Beratung der Einzelhändler im Rahmen von Workshops
durchgeführt. Darin erfuhren die Betroffenen aus
fachkundigem Munde, welche Kriterien zu berücksich-
tigen sind um marktfähig zu bleiben, zu werden, oder
die Marktfähigkeit zu erhöhen. Aus der einjährigen
Zusammenarbeit ging die heute noch existierende City
Gemeinschaft Oranienburg e.V. hervor, ein Zusammen-
schluss der ansässigen Einzelhändler.
Im Gestaltungskonzept wurden Ansätze erarbeitet, die
als Grundlage für die Umgestaltung des Straßenraumes
und der Fassaden in der Bernauer Straße dienten und
dienen.
Von entscheidender Bedeutung für die Umgestaltung
der Bernauer Straße war der Bau der Umgehungsstraße
B 96. Die daraus resultierende geringere Verkehrsbe-
lastung ermöglichte folgende gestalterische Lösungen:
einen Mittelstreifen im Straßenraum •
eine Gliederung unterschiedlicher Verkehrsfl ächen durch •
den Einbau verschiedener, aufeinander abgestimmter
Materialien
die Ergänzung des vorhandenen Großgrüns insbesonde-•
re auf dem Boulevard
den Einbau einer attraktiven Straßenmöblierung und •
einer neuen Straßenbeleuchtung
die Ausweisung von Parktaschen längs der Fahrbahn•
Der Aus und Umbau der Bernauer Straße erfolgte in 3
Bauabschnitten von 2000 bis 2004.
Heute ist die Bernauer Straße ein lebendiger und
attraktiver Ort des zentralen städtischen Lebens, wo
man unter Platanen verweilen und an den Ausla-
gen der Händler vorbeibummeln kann, wo man im
Sommer vor den Lokalen die Sonne und die Bewirtung
genießen kann, während Fußgänger und Radfahrer
ungestört ihrer Wege ziehen.
Gabriele Perlick
Stadtplanungsamt
25
Der Bahnhof – ein wichtiges Tor Oranienburgs zur Welt
Stephan Bernard
Der Bahnhofsvorplatz vor seiner Umgestaltung
Der Bahnhof Oranienburg - seit der Sanierung ein komfortabler Knotenpunkt von Bus und Bahn
Die Entwicklung Oranienburgs ist eng mit der Lage der
Stadt an einer wichtigen Nord-Süd-Bahnverbindung
verknüpft. Der Bahnhof war und ist ein wichtiges Tor,
wenn auch nicht zur ganzen Welt, so doch aber zu
seiner näheren und weiteren Umgebung und dem
überregionalen Schienennetz Europas.
Nachdem sich Ende des 19. Jahrhunderts Handel,
Verkehr und Industrie im Berliner Norden sehr posi-
tiv entwickelt hatten, wurden Straßen, Wasserwege
und Eisenbahnstrecken besonders wichtig. Am 10.
Juli 1877 lief dann auch der erste fahrplanmäßige Zug
der Nordbahn Berlin - Stralsund in den Bahnhof von
Oranienburg ein. Der Anschluss an das Berliner Eisen-
bahnnetz war damit hergestellt. Von großer Bedeutung
war in diesem Zusammenhang auch die Einführung des
Vorortverkehrs Berlin-Oranienburg im Jahre 1891. Damit
waren die Weichen für ein Voranschreiten der Indust-
rialisierung ebenso gestellt wie die direkte Anbindung
Oranienburgs an die Metropole Berlin.
Der Bahnhof ist heute Endhaltepunkt der Berliner
S-Bahnlinie S 1 und gleichzeitig Umsteigebahnhof
zum Regional- und Fernverkehr der Deutschen Bahn
AG. Der unmittelbar am Bahnhof haltende öffentliche
Personennahverkehr mit Bussen macht den Bahnhof
zu einem wichtigen Start-, Ziel- und Umsteigepunkt
für zahlreiche Berufspendler, Schüler und Besucher der
Stadt.
Die Stadt Oranienburg hat mit vielen Maßnahmen die
Attraktivität des Bahnhofs und seines Umfeldes verbes-
sert und versucht diese auch noch weiter zu erhöhen.
Im Jahr 1993 wurde als erster Schritt zunächst eine
dekorative Straßenbeleuchtung installiert.
1995 begann die bauliche Umgestaltung des gesamten
Bahnhofsplatzes, die aus Mitteln des Programms „Um-
weltfreundlicher Verkehr“ und mit Mitteln aus dem Ge-
meindeverkehrsfi nanzierungsgesetz fi nanziert werden
konnte. Den ersten Spatenstich zu diesem für die Stadt
so wichtigen Projekt setzten der damalige Brandenbur-
gische Umweltminister und heutige Ministerpräsident
Matthias Platzeck, der damalige Verkehrsminister Hart-
mut Meyer sowie der Bürgermeister der Stadt Oranien-
burg Hans-Joachim-Laesicke. Nach einem Jahr Bauzeit
wurde die Baumaßnahme 1996 fertig gestellt.
Es haben sich damit nicht nur die Umsteigebeziehungen
zwischen Bus und Bahn wesentlich verbessert.
Zeitgleich mit der Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes
wurden auch die Gebäude in diesem Bereich saniert
und ein öffentliches WC errichtet. In den Folgejahren
wurde durch die OVG eine elektronische Fahrgastanzeige
auf dem Bahnhofsplatz errichtet.
Die Stadt zog mit zahlreichen städtebaulichen Maß-
nahmen nach. Zunächst wurden in der ehemaligen
Bahnhofstraße und jetzigen Willy-Brandt-Straße die
baulichen Voraussetzungen für die Anlage eines Rad-
weges entgegen der Einbahnstraße hergestellt. 2007
wurden schließlich die Planungen für die Rekonstruk-
tion der Stralsunder Straße durchgeführt und öffentlich
diskutiert. Im Ergebnis konnten im Jahr 2008 Stellplätze
für ca. 22 Fahrzeuge zwischen der Stralsunder Straße
und der Bahntrasse errichtet werden. Ende 2008 kam
eine neue Fahrradabstellanlage für 120 Fahrräder hin-
zu. Der abschließende Ausbau der Stralsunder Straße ist
für 2010 vorgesehen.
Damit sind die Maßnahmen rund um den Bahnhof
aber noch nicht abgeschlossen. Im Bereich des alten
Busbahnhofes, südlich des Bahnhofsplatzes an der
Stralsunder Straße, laufen derzeit die Vorbereitungen für
die Errichtung eines P & R Stellplatzes für ca. 360 PKW.
Bei Bestätigung der entsprechenden Förderung und
Abschluss der Planungen kann mit dieser Maßnahme in
Kürze begonnen werden. Zur Verknüpfung dieser neuen
Stellplatzanlage mit den Anlagen der Deutschen Bahn
AG bemüht sich die Stadt Oranienburg um die Schaffung
eines sogenannten südlichen Bahnhofsabganges. Mit
dieser gemeinsam mit der DB AG geplanten Maßnahme
wäre dann ein weiterer Schritt zur Verbesserung der
Umsteigebeziehung vom motorisierten Individualver-
kehr zum öffentlichen Personennahverkehr geschaffen.
Dies wird die zahlreichen Oranienburger Bahn- und
Busreisenden ebenso freuen wie die Besucher der Stadt,
die hoffentlich nicht nur zum Umsteigen nach Oranien-
burg kommen.
Stephan Bernard
Tiefbauamt Oranienburg
26
Das Oranienburger Schloss -
das alte Herz der Stadt in neuem Glanz
Marianne Kordecki
Das Oranienburger Schloss steht nicht nur seit mehr
als 350 Jahren im Zentrum der Stadt, es ist nach vie-
len Jahrzehnten, in denen es die unterschiedlichsten
Nutzungen erfuhr, seit nunmehr 10 Jahren endlich
öffentlich zugänglich und ein Anziehungspunkt für
die Oranienburger und ihre Gäste.
Wo heute einer der schönsten Barockbauten Bran-
denburgs steht, befand sich seit dem 12. Jahrhun-
dert eine Wasserburg, die im 16. Jahrhundert zum
Jagdschloss umgenutzt worden war. Zu dieser Zeit
lag südwestlich dieses Schlosses die Siedlung Bötzow.
Anlässlich eines Jagdausfluges kam Louise Henriette
von Oranien-Nassau, die Gattin des Großen Kurfürs-
ten, Mitte des 17. Jahrhunderts in den Oranienbur-
ger Forst und fand Gefallen an dieser Gegend, da
das flache Land und die zahlreichen Gewässer an
ihre niederländische Heimat erinnerten. Der Große
Kurfürst schenkte ihr daraufhin das Gut Bötzow. Dies
war die Geburtsstunde der heutigen Stadt Orani-
enburg, da Louise Henriette sich hier wenig später
niederließ.
Im Jahr 1651 begann unter Leitung der Architek-
ten Johann Gregor Memhardt und Michael Matthias
Smidts der Neubau eines frühbarocken Schlosses,
des heutigen Mittelbaus des Schlosses Oranienburg.
1655 konnte Louise Henriette ihr Schloss beziehen,
die Bautätigkeit endete zunächst mit ihrem frühen
Tod im Jahr 1667. Ihr Sohn Kurfürst Friedrich III., seit
1701 König in Preußen, erfüllte jedoch ihr Testament
und ließ das Schloss durch den späteren „Churfürst-
lich Brandenburgischen Oberbaudirektor“ Johann
Arnold Nering und den Architekten Martin Grünberg
zu einer H-förmigen Anlage erweitern. Aus dieser Zeit
stammen unter anderem die bis heute erhaltenen
Fassaden und die Bauinschriften am ältesten Teil des
Hauses. Es folgte ein Jahrhundert, in dem die Schloss-
kapelle errichtet, die Nordpavillons mit Türmen be-
krönt, verschiedene Schlossgemächer neu eingerichtet
und die Orangerie im Schlosspark erbaut wurden.
Später schenkte König Friedrich Wilhelm II. das Schloss
seiner Schwiegertochter Kronprinzessin Luise, die hier
bis 1795 tageweise Aufenthalt nahm. 1802 wurde es
schließlich ganz geräumt und 1803 an den Fabrikan-
ten Hempel verkauft, der hier eine Baumwollfabrik
einrichtete. 1841 eröffnete der Fabrikant Runge eine
Schwefelsäurefabrik, die 1842 den Ostflügel in Brand
setzte, der daraufhin abgebrochen werden musste.
1851 wurde das Schloss an den Intendanten der
Königlichen Schlösser und Gärten übergeben, 1920
erfolgte die endgültige Eigentumsübertragung auf
den preußischen Staat, nachdem das Gebäude zuvor
teilweise als Lehrerseminar genutzt worden war. 1933
begann der Umbau des Schlosses zur SS-Kaserne, aus
dieser Zeit stammt auch der Ergänzungsbau auf der
Nordseite des Schlosshofes. Die militärische Nutzung
großer Teile des Schlosses, zuletzt durch die Kaser-
nierte Volkspolizei der DDR, endete erst 1990.
Nach jahrelangem Leerstand entschloss sich die Stadt,
das Schloss zu erwerben. Eine gleichermaßen mutige
wie richtige Entscheidung. Die Bestandsaufnahme des
baulichen Zustandes fiel jedoch zunächst ernüchternd
aus. Während der Ergänzungsbau aus den Jahren
1938/39 in einem guten Zustand war und hier sehr
schnell die städtische Verwaltung einziehen konnte,
befand sich das barocke Schloss in einem desolaten
Zustand.
Die sanierte Südfassade mit dem Haupteingang
Der Zustand des Schlosses vor der Sanierung
27
Historische Schlossansicht aus dem frühen 18. Jahrhundert
Die restaurierten Attikafi guren über dem Hauteingang
Voraussetzung für die denkmalgerechte Sanierung war eine sorgfältige restauratorische Bestandsuntersuchung
Detailzeichnung aus den restauratorischen Untersuchungen
Gut sichtbar waren zunächst die Schäden an den
Fassaden. Putz, Fenster, Türen und Sandsteinele-
mente waren umfassend erneuerungsbedürftig.
Schnell zeigte sich jedoch, dass auch die Tragstruk-
tur, insbesondere Wand- und Deckenkonstruktio-
nen durchgreifend sanierungsbedürftig waren. Dass
die gesamte technische Infrastruktur des Schlosses
auf einen zeitgemäßen Standard gebracht werden
musste, verstand sich ohnehin von selbst.
Wichtiger Partner bei der Vorbereitung und Durch-
führung der Sanierung waren die zuständigen
Denkmalbehörden. Schnell bestand Konsens dar-
über, dass bauliche Eingriffe nur dort stattfi nden
durften, wo die originale Substanz bereits stark
gestört war. Im Wesentlichen wurde der Bauzu-
stand von 1750 als Maßstab für die Sanierung des
Gebäudes festgelegt, wobei verloren gegangene
Raumsequenzen wiederhergestellt wurden, ohne
sie in Ausstattung und Baudetails nachzubilden.
Notwendige Einbauten, die sich aus der beabsich-
tigten musealen Nutzung ergaben, wurden nicht
mit dem Gebäude verbunden, sondern sind als
moderne, eigenständige Ausbauelemente sichtbar
geblieben.
Wer glaubt, dass unsensible Umbauten und Ein-
griffe in historische Bausubstanz eine Erfi ndung
der jüngeren Vergangenheit sei, irrt. Im Mittelbau
des Schlosses, dem sog. Corps des logis, wurden
zum Beispiel durch Umbauten des 17. Jahrhun-
derts die ursprünglichen Fenster ersetzt. Die
damals eingebauten Schiebefenster veränderten
nicht nur Fensterformate und –gliederung, es
wurde auch erheblich in das statische Gefüge des
Gebäudes eingegriffen - und das nicht unbedingt
zu dessen Vorteil. Auch Farbfassungen der Fassade,
Fassadendekorationen und die Innenausstattung
waren starken Veränderungen unterworfen und
sind durch die zahlreichen Um- und Anbauten
sowie die zum Teil industriellen Nutzungen des Ge-
bäudes in weiten Teilen nicht mehr nachweisbar.
Umso spannender war die Aufgabe für Denkmal-
pfl eger und Restauratoren, möglichst viele Details
aus den unterschiedlichen Bauphasen zu fi nden,
zuzuordnen, zu sichern und teilweise wiederher-
zustellen.
Rd. 9 Mio. Euro fl ossen in die Sanierung des
wichtigsten Gebäudes der Stadt, rd. 1,2 Mio. Euro
davon aus Städtebauförderungsmitteln für die Wie-
derherstellung der baulichen Hülle.
Westfl ügel und Corps de logis des Schlosses werden
heute durch die Stiftung Preußische Schlösser und
Gärten genutzt, die das Schloss im Jahr 1999 mit
einer überregional stark beachteten und von Köni-
gin Beatrix der Niederlande sowie dem damaligen
Bundespräsidenten Johannes Rau eröffneten Aus-
stellung über das Haus Oranien der Öffentlichkeit
übergaben. Seit 2001 betreibt die Schlösserstiftung
das Schlossmuseum, dessen Schwerpunkte die
Darstellung der engen künstlerischen Beziehungen
Preußens zu den Niederlanden bilden. Als weite-
rer Nutzer zog das Kreismuseum Oberhavel in das
Gebäude ein und rundet so den „Kulturstandort“
Schloss Oranienburg ab.
Da die Stadt Oranienburg bis heute kein eigenstän-
diges Rathaus besitzt, hat auch der Bürgermeister
hier seinen repräsentativen Amtssitz, während die
städtische Verwaltung weiterhin im Ergänzungsbau
nördlich des Schlosses untergebracht ist. So ist das
Schloss heute nicht nur Museum. Es wird hier auch
regiert, wenn auch nicht mehr im Stil der preußi-
schen Könige.
Marianne Kordecki
Hochbauamt
28
Oranienburgs historischer Stadtkern - Gegenstand eines
besonderen Planungsverfahrens
Rose Fisch
einzige Verbindung von Altstadt und östlichem
Stadtteil, verdeckte mit ihren Rampen das Schloss
und durchschnitt den Schlossplatz. Aufgrund dieser
konfliktreichen Situation fasste die Stadt Oranienburg
gemeinsam mit dem Sanierungsträger und dem Bau-
ministerium des Landes den Entschluss, ein mode-
riertes diskursives Planungsverfahren zur Entwicklung
der Ortsmitte durchzuführen.
Das diskursive Verfahren
Diskursive und moderierte Planungsverfahren dienen
dazu, bestehende Planungskonflikte unter Einbezie-
hung der Planungs- und Entscheidungsträger sowie
Vertretern der politischen Gremien mit den beauf-
tragten Gutachtern zu diskutieren und tragfähige
Lösungen anzustreben. In einem solchen offenen
Verfahren sollen Leitlinien und Konzepte für Teil-
bereiche oder sektorale Inhalte gemeinsam in der
Diskussion erarbeitet werden, um hieraus eine kon-
sensfähige Planung durch die Gutachter erarbeiten zu
lassen, um diese dann erneut abzustimmen.
In einem diskursiven Verfahren wurde für Oranien-
burg die Chance gesehen, zu umsetzbaren Ergebnis-
sen zu kommen und nicht wie bisher, jede Planung
im Konflikt enden zu lassen.
Als Vorbereitung des Verfahrens gab es für die städ-
tischen Verfahrensbeteiligten eine Einführung durch
gebietskundige Sach- und Fachexperten zur Bauge-
schichte, zum Städtebau, zu Verkehr und Freianlagen,
um alle Beteiligte auf einen einheitlichen Sachstand
zur Gesamtproblematik zu bringen. Es wurden in
dieser Phase erste Vorgaben und Entwicklungsszena-
rien für das Gebiet formuliert.
Die Vergabe der komplexen gutachterlichen Leistun-
gen im diskursiven Verfahren erfolgte im Rahmen
eines VOF-Verfahrens an eine Arbeitsgemeinschaft
aus Stadt-, Verkehrs- und Landschaftsplanern, die
Federführung lag bei den beteiligten Stadtplanern.
Erster Schritt in dem Verfahren war die Entwicklung
eines Leitbildes anhand von Thesen, die Gutachter
und Moderator vorbereitetet hatten und das zur Ei-
nigung auf ein von den Gutachtern entwickeltes Logo
führte (1. Workshop). In diesem Zusammenhang
wurden die Bedeutung des historischen Erbes der
Nach Abschluss der Sanierung des Schlosses, der
Erneuerung der Orangerie im Schlosspark und der
Verlagerung der B 96 und damit eines Großteils des
Durchgangsverkehrs (2003) waren die planerischen
Voraussetzungen für eine Entwicklung der barocken
Stadtquartiere am Schloss Oranienburg geschaffen
worden.
Trotz verschiedener bauhistorischer und städtebau-
licher Gutachten und Planungen war es bis dahin
nicht gelungen, diesen Quartieren entscheidende
Entwicklungsimpulse zu geben. Bisherige Planungen
fanden keine gegenseitige Akzeptanz bei den ver-
schiedenen Vorhabensträgern, es kam zur Stagnation,
oft führten sie zu Konflikten, häufig auch mit den
zuständigen Denkmalbehörden, da die Denkmal-
schutzwürdigkeit im stark kriegszerstörten ehema-
ligen Stadtkern manchmal nur schwer zu vermitteln
waren.
Das Zentrum war fast frei von Bebauung, vis-a-vis
des Schlosses stand ein maßstabsloser Gebäu-
dekörper (Staatsbank), die Straßenräume ließen
Historisches vermissen. Die Brücke über die Havel,
Beteiligte Büros und Gutachter:
Vorbereitungsphase:
Koordination und Freiraum: Rose Fisch Land-
schaftsarchitektur
Baugeschichte und Städtebau: Eichstädt/Emge
Verkehrsplanung: Prof. Staadt
Diskursives Verfahren:
Koordination: Rose Fisch Landschaftsarchitektur
Gutachter: Gutachtergemeinschaft Gruppe
Planwerk, Städtebau und Federführung der
Gutachtergruppe
bgmr, Freiraumplanung
Hoffmann +Leichter, Verkehrsplanung
Prof. Obermeyer, Wasserbau
Moderation, Prof. Dittmar Machule
Bewerbung Landesgartenschau Rose Fisch
Landschaftsarchitektur
Oranienburg im Jahr 2000
29
Stadt diskutiert und auch die Licht- und Schattensei-
ten, die das Leben der Stadt prägen. Es ging darum,
aus der Geschichte neue Kraft und Impulse für die Er-
neuerung des alten Stadtkerns zu schöpfen. Die Stadt
erwartete ein Aufzeigen von Mitteln und Wegen, wie
die Ortsmitte städtebaulich so qualifiziert werden
kann, dass sich ihr Erscheinungsbild den historischen
Wurzeln würdig zeigt und die Bauflächen vor dem
Schloss für Investitionen attraktiv werden. Die Stadt
war bereit, hierzu entsprechende Vorleistungen im
öffentlichen Raum zu erbringen und zu finanzieren.
An diesem Prozess waren die städtischen Ämter, die
Kreisverwaltung, Vertreter der verschiedenen Ministe-
rien des Landes und Landesämter, Beigeordnete der
Stadt, die Stiftung der Gedenkstätten in Brandenburg
und andere Träger des öffentlichen Lebens beteiligt.
Als gemeinsames Ziel wurden folgende Grundsätze
formuliert:
- Stärkung der Einheit von Schloss, Schlossplatz
und Park unter Umgestaltung der nördlich an den
Schlosspark angrenzenden Flächen, die bis 1989 von
den Grenztruppen der DDR genutzt wurden,
- Verbindung der Stadt mit der Havel, um dem Stadt-
bild eine repräsentativere Flusslandschaft wiederzu-
geben,
- Betonung der Formsprache des Barocks im Stadt-
grundriss und deren Erfüllung mit neuen Leben, um
daraus Anforderungen an eine künftige Bebauung
der Quartiere ableiten zu können.
In einer weiteren Planungsphase und dem zweiten
Workshop stellten die Gutachter die Umsetzung die-
ser Ziele und Grundsätze in Form von Szenarien vor.
Wesentliche Kernpunkte der neuen städtebaulichen
Konzeptionen waren:
- Die Einfügung einer 3. Straßenachse zwischen
Havel und Berliner Straße zur Wiederannäherung an
den historischen Stadtgrundriss,
- Der Neubau und die Absenkung der Schlossbrücke
mit einer veränderten Verkehrsführung als Voraus-
setzung für die Wiederherstellung des historischen
Schlossplatzniveaus und eines räumlichen Platzzu-
sammenhangs,
- Die Gestaltung der Uferzonen an der Havel mit
einem Schiffsanleger,
- Die denkmalgerechte Wiederherstellung des
Schlossparks unter Einbindung der nördlich angren-
zenden Flächen und unter Wahrung der barocken
Parkelemente im Schlosspark,
- Die Aufwertung des Straßenraumes und Freima-
chung der Baublöcke südlich des Schlosses, ggf. für
Interimslösungen.
- Studien für eine bauliche Entwicklung der o. a.
Quartiere, die sich im Volumen, Höhenentwicklung
und Maßstäblichkeit an der historischen Bebauung
orientieren und sich auf das Schloss beziehen sollen,
aber eine neue Architektursprache zeigen können.
Die Vorschläge wurden von den Teilnehmern in
einem breiten Diskurs erörtert und fanden, bis auf
die Bedenken der Denkmalbehörde zum Umgang mit
den barocken Parkelementen im Schlosspark, eine
breite Zustimmung.
Für den 3. Workshop wurden die Ergebnisse des 2.
Workshops in einem Gesamtkonzept (Entwicklungs-
konzept) einschließlich Vorschlägen zum Verfahren,
zur Durchführung und zur Finanzierung zusammen-
geführt, mit den Beteiligten erörtert und von diesen
abschließend bestätigt.
Innerhalb des Sanierungsgebiets konnten die im
Konsens entwickelten Projekte im Rahmen des
Städtebauförderungsprogramms finanziert werden,
für den Umbau der Berliner Straße und den Neubau
der Schlossbrücke übernahm der Landesbetrieb für
Straßenwesen die Verantwortung. Hinsichtlich des
Sanierungsbedarfs im Havelbereich und der Zustän-
digkeit gab es jedoch weiteren Abstimmungsbedarf
zwischen der Stadt, dem Wasserstraßenschifffahrt-
samt und dem Landesstraßenbauamt.
Das Ergebnis des Gutachterverfahrens – die historische Mitte zeigt neue Konturen
30
Das Modell der Schlossbrücke an neuem Standort zeigt die Chancen für den Schlossplatz
Die Neringstraße als neu geschaffene barocke Straßenachse
Durch die erklärte Gesprächsbereitschaft der in
diesem Fall beteiligten Ämter zeigten sich jedoch am
Horizont Lösungen des Problems. Auch die tech-
nische Machbarkeit der Straßenverlegung und des
Brückenneubaus musste weiter untersucht werden.
Für die Entwicklung und Erneuerung der Land-
schafts- und Freiräume, für touristische Angebote
und Ausstattungen wurde ein geeignetes Instrument
der Finanzierung gesucht und in der Durchführung
einer Landesgartenschau gefunden, für die zeit-
gleich das Bewerbungsverfahren für die Landes-
gartenschau 2009 im Land Brandenburg in Angriff
genommen wurde.
Bewerbung Landesgartenschau 2009
Die Rahmenbedingungen für eine Bewerbung
Oranienburgs waren hinsichtlich der erforderlichen
Synergieeffekte zwischen Städtebau – Tourismus –
Freiraum-/ Landschaftsentwicklung in besonderer
Weise gegeben und in dem Verfahren heraus-gear-
beitet worden. Darüber hinaus verfügt Oranienburg
über eine gartenkulturelle Bindung, welche über die
Stadt hinaus für die Region und für das Land Bran-
denburg von herausragender Bedeutung ist. Durch
eine Vertiefung der historischen Recherche wurde
die Rolle der Stadtgründerin Louise-Henriette von
Oranien Nassau, die Gemahlin des großen Kurfürsten
Friedrich Wilhelm für den Gartenbau in Brandenburg
deutlich. Sie liebte den Ort, der damals noch Bötzow
hieß, wegen seiner weitläufi ge Wiesen und dem
Wasserreichtum - eine Landschaft, die sie an ihre
holländische Heimat erinnerte. Von ihrem Gemahl
bekam sie den Ort als Geschenk und aus Bötzow
wurde Oranienburg.
Neben ihren bau- und gartenkünstlerischen Ambiti-
onen, welche sie bei der Errichtung von Schloss und
Park zeigte, setzte sie fortschrittliche holländische
Techniken des Land- und Wasserbaus ein, Techni-
ken, die noch heute das Bild der Kulturlandschaft
im Land der Oberhavel prägen. Mit einer aus Holland
importierten Wasserbautechnik, mit der Anlage
von Windschutzhecken und Alleen gestaltete sie das
Bild der Kulturlandschaft. Auf Musterhöfen wurden
holländische Anbaumethoden und Viehwirtschaft
praktiziert, die zu einem gewissen Wohlstand nach
dem 30 jährigen Krieg führten. Als Erste führte sie
Kartoffeln, Spargel und Ananas in Brandenburg
ein. Peter J. Lenne’ nahm diesen ganzheitlichen
Grundgedanken in seinem Verschönerungsplan für
Potsdam und nicht nur dort wieder auf. Oranienburg
wurde zur Wiege der modernen Landwirtschaft und
des Gartenbaus in Brandenburg und Preußen.
Mit diesem Bild des gartenkünstlerischen und
gartenkulturellen Erbes und mit einer zeitgemäßen
Interpretation für die zukünftige Entwicklung der
Gartenkunst und Gartenkultur bewarb sich Oranien-
burg um die Landesgartenschau 2009.
Damit wollte Oranienburg auch der Region garten-
kulturelle Impulse geben und ein Forum für vielfäl-
tige Initiativen im ländlichen Raum sein.
Die Gestaltung des neuen Parks nahm diese Grund-
idee auf, die Fläche erfuhr eine Gliederung mit
einem System aus Gräben, auf den dazwischen
liegenden Feldern stellten sich wie „Flüchtlinge“ aus
dem historischen Schlosspark Gartenzimmer ein, die
in ihrer Geschlossenheit besonderen Gartenthemen
vorbehalten blieben. Zu diesen gehört das aktuelle
Spektrum des gartenarchitektonischen Diskurses und
den Herausforderungen an eine neue Garten- und
Landschaftskultur. Mit diesem Konzept, erhielt die
Stadt Oranienburg im Jahr 2005 den Zuschlag für die
Landesgartenschau 2009,die inzwischen Realität ist
und der Stadt ein neues Gesicht gab.
„Was Louise Henriette schuf, es hat das Kleid ge-
wechselt, aber die Dinge bleiben und der Segen lebt
fort“ (Theodor Fontane).
Rose Fisch
Landschaftsarchitektur
31
Ein Stadtquartier verändert sein Gesicht
Dr. Steffen Ott, Bettina Krause
Städtebauliche Missstände gab es zahlreiche zu
Beginn der Sanierungsmaßnahme „Innenstadt“ Ora-
nienburg. Ein besonders markanter war der Zustand
des Quartiers zwischen Breite Straße, Havelstraße,
Bötzower Platz und Kanalstraße. An einer wichtigen
Zufahrt zum Stadtzentrum und in Blickweite zum
Schloss gelegen waren wie an vielen anderen Orten
der Stadt die historische Bausubstanz durch Kriegs-
zerstörungen nur noch rudimentär erhalten und die
verbliebenen Gebäude durch Leerstand und einen
schlechten Erhaltungszustand stark in Mitleiden-
schaft gezogen. Gewerblich genutzte Brachfl ächen,
eine leer stehende Kaufhalle und die ausschließlich
autogerecht gestaltete Breite Straße waren nicht nur
den Oranienburgern ein Ärgernis, auch Besucher
fühlten sich nicht positiv angesprochen. Lediglich
die Ostseite des Bötzower Platzes war durch eine ge-
schlossene Blockrandebauung neu gefasst worden,
wodurch zumindest hier wieder eine innenstadta-
däquate Raumstruktur hervorgebracht hatte.
Diese komplexe städtebauliche Problemlage führte
dazu, dass im Jahr 2006 ein Blockkonzept beauftragt
und bearbeitet wurde, um die Entwicklungspoten-
tiale dieses innerstädtischen Areals zu untersuchen
und nutzbar zu machen.
Das städtebauliche Entwicklungskonzept
Blick von der Breiten Straße vor der Neuordnung
Visualisierung der geplanten Bebauung
Fassadenabwicklung Breite Straße mit geschlossener Straßenfront
Folgende Planungsziele wurden im Konsens mit allen
Beteiligten entwickelt und werden seitdem Schritt für
Schritt umgesetzt:
Erstellung eines städtebaulichen Gesamtkonzeptes •für die Integration von hochwertigem innerstädti-
schem Wohnungsbau, teilweise auch mit gewerb-
licher Funktionsunterlagerung im Erdgeschoss;
Wiederherstellung wesentlicher Merkmale des •denkmalgeschützten Stadtgrundrisses; denk-
malgerechte, ortsbildtypische und zeitgemäße
Schließung der Blockränder, teilweiser Rückbau
leer stehender Gebäude, überwiegend im Blo-
ckinnenbereich;
Aufzeigen von Entwicklungsmöglichkeiten für die •vorhandenen gewerblichen Nutzer unter Be-
achtung der Immissionsschutzproblematik und
Erarbeitung von alternativen Lösungsmöglichkei-
ten in Abhängigkeit vom künftigen Bestand der
gewerblichen Nutzungen;
Optimierung der inneren und äußeren Erschlie-•ßung des Blockes und Unterbringung von aus-
reichenden Flächen für den ruhenden Verkehr
einschließlich deren Gestaltung;
Festlegung von wesentlichen Anforderungen an •die Baukörpergliederung sowie die Gestaltung der
Dächer und Fassaden; Visualisierung.
In den seit Erstellung des Blockkonzeptes vergange-
nen drei Jahren konnte die Breite Straße neu gestaltet
werden, einzelne Gebäude saniert und das Grundstück
der früheren Kaufhalle neu bebaut werden. Weitere
Ordnungsmaßnahmen werden folgen und auch die
Schließung der Blockränder ist ein Ziel, das noch seiner
Umsetzung harrt.
Dr. Steffen Ott Bettina Krause
SPOK - Stadt Planer Ott & Krause
32
Die Landesgartenschau 2009 Oranienburg –
ein Meilenstein nicht nur für Gartenfreunde
Matthias Franke
Nachdem 2005 die Entscheidung gefallen war, den
Zuschlag für die brandenburgische Landesgarten-
schau 2009 der Stadt Oranienburg zu erteilen, war
zunächst die Freude groß, aber wenig Zeit zum
feiern. Schließlich sollten nur knapp vier Jahre
später der alte Schlosspark rekonstruiert und ein
neuer Park angelegt sein, ehemalige Panzerhallen
umgebaut und zwei Hafenbecken geschaffen wer-
den und nicht zuletzt viele Bäume wachsen und
Pflanzen blühen.
Das maßgeblich von der Landschaftsarchitektin
Rose Fisch entwickelte Grundkonzept der Landes-
gartenschau sah von Beginn an drei wesentliche
Parkbereiche vor, den alten Schlosspark, den
Neuen Park auf ehemaligen Militärflächen und den
Hafen zwischen Havel und früheren Panzerhallen.
Der in einem diskursiven Planverfahren entwickel-
ten gestalterischen Grundidee stand Prinzessin
Louise Henriette von Oranien-Nassau Pate, die
im 17. Jahrhundert aus Holland nach Oranienburg
kam und sich Landwirtschaft, Gartenbau und Gar-
tenkunst in besonderem Maße verpflichtet fühlte.
Die Gestaltung des Neuen Parks erinnert daher
auch an eine holländische Polderlandschaft, in
der Gräben das dominierende Gliederungselement
sind. Sie werden von Eschen sowie Hasel- und
Zierapfelspalieren gesäumt, die die vertikale Glie-
derung des Raumes bilden. 14 an die Niederlande
erinnernde, geschwungene Parkbrücken verbinden
die orthogonalen Wege, die 16 jeweils 1.000 qm
großen Gartenzimmer erschließen.
Dienten Gräben, wie sie Louise Henriette einst
anlegen ließ, der Entwässerung der Landschaft,
so stellen die heutigen Gräben, die zum Teil an
historisch nachweisbarer Stelle wiedererrichtet
wurden, die Speisungen des neuen, ausgefeilten
Bewässerungssystems für das Parkgeländes sicher.
Zu diesem System, das sich im Wesentlichen aus
dem Oranienburger Kanal speist, zählt auch der
Schlossteich mit seiner Fontäne, die nicht nur
optisch sehr reizvoll ist, sondern vor allem das
System mit Sauerstoff versorgt.
Alle Gräben sind durch ein Schieber- Rohrsystem
miteinander verbunden, so werden alle Gräben
stetig durchströmt. Herzstück der Anlage ist ein
Teichgarten. Hier wird das zirkulierende Wasser
über einen mit Schilf bestandenen Bodenfilter
dem Beregnungssystem zugeführt. Ein Pumpen-
system wälzt das Wasser um und speist das aktive
Bewässerungssystem mit mehr als rund 400 Ein-
zelregnern.
Die 16 Gartenzimmer liegen überwiegend leicht
erhöht über dem übrigen Gelände und sind jeweils
einer Facette des Lebens der Louise Henriette bzw.
ihrer Zeit gewidmet. Nach außen, durch verschie-
dene Heckenstrukturen abgeschirmt, stellen die
Gartenzimmer intime Räume dar, in denen diese
unterschiedlichen Themen Platz finden ohne die
klare Grundstruktur des Entwurfes zu überformen.
Die quadratische Grundform der Gartenzimmer
geht direkt auf historische „Bosketts“ (Wäldchen)
zurück und schlägt so den Bogen von der aktu-
ellen Garten- und Landschaftsarchitektur zurück
zu den gartenkünstlerischen Ambitionen Louise
Henriettes.
Einer der zahlreichen Gräben, die holländisches Flair im Neuen Park erzeugen
Einer der vielen Blühaspekte im Sommer 2009
Der neu geschaffene Schlosshafen mit Wasserwanderstützpunkt – eine der Attraktionen der Landesgartenschau
33
Landesgartenschau 2009 Oranienburg - Schauplan
Landesgartenschau Oranienburg 2009 - Schauplan
Layout: Seebauer, Wefers und Partner GbR | Stand: 19.03.2009
Traumlandschaften in Bosketten
Vergänglichkeit
Zwiegespräch
Krieg & Frieden
Geheimnis
Toleranz
Leichtigkeit
Traumlandschaften in Gartenzimmern Legende
1
2
2
1
3
3
4
4
5
5
6
6
1 1
1
2 2
2
3 3
3
4 4
4
5 5
5
6 6
6
7 7
7
8 8
8
9 9
9
10 10
10
Eifer Schloss
Tempora Zugang
Traum Besucherzentrum
Einsamkeit Orangerie
Liebe Bühnen
Glaube Marktmeile
Luxus Heckentheater
Zuversicht Mustergräber
Freude Puppenbühne
Familie Spiellandschaft
Zukunft Blumenhalle11 11
11
Hafen12 12
12
12
Imker13 13
13
13
14
14
15
15
16
16
Herkunft
Illusion
Lust
Geschick
Entspannung
Hoffnung17
17
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
34
Gräben, Baumreihen, Wegeachsen und Gartenzim-
mer werden akzentuiert durch Staudenbänder und
abgesenkte Wiesenflächen, die neben einer Vielzahl
von Wechselpflanzungen auch Raum bieten für Kin-
derspiel und Kontemplation. Säuleneichen markieren
dem Besucher Auftakt und Ende des Neuen Parks.
Folgt man dem Weg entlang des Hauptgrabens,
erhält der Betrachter Sicht auf die Blumenhalle im
Norden des Neuen Parks. Den Mittelpunkt dieser
Achse markiert die moderne Skulptur Louise Henri-
ettes. Durch ihre abstrakte Formgebung bietet sie
ausreichend Platz für individuelle Interpretationen.
Größe und Ausrichtung erzielen eine besondere
Fernwirkung, die schon vom Eingangsbereich her
zu erahnen ist. Für die Landesgartenschau bildet
die Skulptur den Mittelpunkt der Inszenierung der
„Traumlandschaften einer Kurfürstin“, die sich in der
thematischer Ausgestaltung der einzelner Gartenzim-
mer präsentiert.
Wesentlicher, aber erheblich zurückhaltender ge-
stalteter Teil des Landesgartenschaugeländes ist der
denkmalgeschützte historische Schlosspark. Seine
Grundstruktur geht zurück auf eine barocke Anla-
ge, die im Laufe der Jahrhunderte jedoch mehrfach
überformt und mangels denkmalgerechter Pflege
nur noch schwer zu erkennen war. Heute reicht eine
Sichtachse vom barocken Portal bis zum westlichen
Ende des Parks. Sechs Boskette mit unterschied-
lichen Unterpflanzungen spiegeln ebenso wie die
Gartenzimmer verschiedene Bilder wie „Vergänglich-
keit“, „Toleranz“, „Geheimnis“ und andere wider.
Daneben wurden der Schlossteich erneuert und der
Eingangsbereich rekonstruiert. Üppige Gehölz- und
Staudenpflanzungen sowie eine Streuobstwiese und
ein Küchengarten am Rande des Parks runden das
Bild ab.
Dritter Teil des Landesgartenschaugeländes ist
der Wasserwanderstützpunkt am Hafen. Dort wo
während der Landesgartenschau eine nachgebaute
niederländische Staatsyacht im Wasser lag, befanden
sich vor mehreren Jahren noch Beton, Schutt und
Fahrzeugrampen. Heute gibt es hier einen Liege- und
einen Servicehafen und zwei umgebaute Panzerhal-
len, von denen während der Schau eine als Blumen-
halle und die andere als Ausstellungshalle genutzt
wurde. Der dazwischen liegende Hof strahlt eine
mediterrane Atmosphäre aus und ist ein Anziehungs-
punkt für jung und alt. Nach der Landesgartenschau
können hier Wasserwanderer rasten, duschen,
kochen und zelten und in der Blumenhalle Kaffee
und Kuchen unter Palmen und anderen Pflanzen
genießen.
Was heute so selbstverständlich von Oranienburgern
und den zahlreichen Besuchern besichtigt wird, war
in der Umsetzung der Idee zur Landesgartenschau ein
hartes Stück Arbeit.
Der erste Spatenstich durch den Schirmherrn, den
Ministerpräsident Matthias Platzeck im November
2006 gab den Startschuss für die ersten baulichen
Maßnahmen zur Errichtung des Neuen Parks. Sie
begannen im Dezember 2006 mit dem Bau des Filter-
und des zentralen Hochgrabens an der Nahtstelle
zwischen historischer und neuer Anlage.
Das gesamte Areal in einer Größe von 7 ha wur-
de bis zu 1,50 m tief abgetragen, gesiebt und auf
verschiedene Haufwerke verbracht. Nach Analyse
der von Kriegslasten und den Resten der ehemaligen
militärischen Nutzung befreiten Böden konnte mit
der Neuprofilierung der rund 150.000 cbm begonnen
werden. Bereits im März 2007 gelangten die ers-
ten 100 neuen Bäume der gliedernden Baumreihen
auf das Gelände. Zeitgleich wurde der markante
Großbonsai auf der kleinen Anhöhe gepflanzt und
charakterisiert gemeinsam mit Säuleneichen und
Himalayabirken das Gelände.
Das barocke Parktheater verzauberte die Gäste der Landesgartenschau
Blütenpracht im Frühjahr 2009
Im Gartenzimmer „Traum“ lässt es sich komfortabel entspannen
35
Der neue Park mit großzügigen Perspektiven Der Familiengarten – nicht nur ein Teich, sondern auch Herzstück der Bewässerungsanlage
Der rekonstruierte alte Schlosspark
Die schon vor der Gartenschau sanierte Orangerie, ein attraktiver Ort für kulturelle Veranstaltungen
Im Anschluss erhielten die Gartenzimmer ihre
endgültige Plateauhöhe von 30 cm über dem
übrigen Gelände sowie unterschiedlichen He-
cken aus vorgeformten Heckenelementen unter-
schiedlicher Arten. So wechseln sich immergrüne
Hecken aus Eibe und Liguster mit Laub abwer-
fenden Hecken wie Hahnenfußdorn und Zierapfel
ab. Diese zeichnen sich besonders durch ihren
Blühaspekt im Frühjahr und den Farbaspekt im
Herbst aus. Das Frühjahr 2007 mit seiner extrem
heißen und trockenen Witterung überstanden die
Pfl anzen Dank der Hilfe der Oranienburger Feuer-
wehr unbeschadet.
Auch in Zukunft soll der gesamte Schlosspark auf
einem hohen gestalterischen und fl oristischen
Niveau bewirtschaft werden. Eine mutige Entschei-
dung der Stadt, die besondere Hochachtung ver-
dient, denn wie hoch aktuell ist auch heute noch
der bekannte Satz des großen Gartenarchitekten
Peter Josef Lenné (1789 – 1866):
„Nichts gedeiht ohne Pfl ege und selbst die vor-
treffl ichsten Dinge verlieren durch unzweckmäßige
Behandlung ihren Wert“.
Matthias Franke
Seebauer, Wefers und Partner GbR
Die Querung der Gräben mit geschwungenen Brü-
cken aus Stahlbeton erfolgte nach gemeinsamer
Festlegung der Wellenamplitude mit dem Behin-
dertenverband Oranienburg ab November 2007.
3.300 qm Staudenfl ächen in 57.000 qm Rasenfl ä-
chen bilden seit Frühjahr 2008 den blühenden Rah-
men für die Integration des „Schönen und Nützli-
chen“ in die Landesgartenschau unter dem Motto
„Traumlandschaften einer Kurfürstin“, welche die
Gartenzimmer auf Ihre eigene, besondere Art fl oral
ausgestaltet und künstlerisch interpretiert.
Exotische Pfl anzen sind im Park ebenso zu fi nden
wie in Vergessenheit geratene Kulturpfl anzen. Dazu
gehören feurig blühende ebenso wie zurückhalten-
de, deren Schmuck ein schön gezeichnetes Blatt ist.
36
Der Schlossplatz - Oranienburgs wiederentdeckte Mitte
Siegfried Reibetanz
und später Lehrerseminar verlor der Ort seine feudal-
repräsentative Bedeutung. Durch die Umgestaltung
des Platzes Mitte des 19.Jahrhunderts zu einem
Schmuckplatz mit Grünflächen und Bäumen, später
auch baulich abgesetzten Straßenführungen ging der
platzräumliche Zusammenhang immer mehr verloren.
Es entstanden viele kleinere Teilflächen. Besonders
beeinträchtigend waren die Folgen des Brücken-
neubaus Anfang der 1930er Jahre. Die Schlossbrücke
wurde zugunsten der Schiffbarkeit der Havel ange-
hoben, die daraus folgenden Rampen zerschnitten
seitdem den Platz. Außerdem wurde die Brückenlage
nach Norden dicht an das Schloss verschoben. Damit
entstand mitten auf dem Platz und vor dem Schloss
eine dominante Verkehrsanlage, die die Nutzbarkeit
des Platzes stark eingeschränkte. Kriegs- und Nach-
kriegszerstörungen verstümmelten den Platz weiter:
Mit dem Verlust großer Teile der barocken Innenstadt
Oranienburgs und der Platzrandbebauung verlor der
Schlossplatz sein städtisches Gepräge, das Havelufer
wuchs zu. Besucher, die nach 1990 - meistens auf
der Durchreise von und nach Norden - über den
Schlossplatz Oranienburg fuhren, hatten kaum einen
Grund anzuhalten und zu verweilen.
Nach der Wende gab es viele Vorschläge für die
Aufwertung des Schlossumfeldes und der Barocken
Innenstadt – aber auch viele Widerstände. Die Stadt
Oranienburg, die Denkmalbehörden, der Landesbe-
trieb Straßenwesen (zuständig für die Bundesstraßen
96 und 273 im Platzbereich) und das Wasser- und
Schifffahrtsamt (zuständig für die Havel als Bundes-
wasserstraße) konnten sich in vielen Dingen zunächst
nicht einigen. Erst 2003 gelang es im Rahmen des
Diskursiven Planungsverfahrens eine breit getrage-
ne Lösung zu entwickeln und abzustimmen. Eine
Gutachtergruppe, der die GRUPPE PLANWERK sowie die
Planungsbüros bgmr, HOFFMANN LEICHTER Ingenie-
urgesellschaft mbH und Prof. Obermeyer angehörten
entwickelte ein Konzept, um das barocke Ensemble
aus Schloss, Schlosspark und Schlossplatz wieder zu
einer Impuls gebenden, attraktiven Stadtmitte aufzu-
werten. Im Mittelpunkt stand dabei die Neuordnung
und Neugestaltung des Schlossplatzes zu einer der
ersten Adressen Oranienburgs. Die wichtigen Entwick-
lungsziele dafür waren:
Die Neuordnung der Fahrverkehrsflächen zu-•gunsten von mehr nutzbarer Platzfläche und
Aufenthaltsqualität,
Der Neubau der Schlossbrücke in Verbindung mit •einer Absenkung der Brückenrampen und die
Verlegung der Brücke weg vom Schloss, um einen
räumlichen und höhenmäßigen Platzzusammen-
hang wiederherzustellen,
eine (weitgehend) einheitliche Befestigung mit •Natursteinpflaster, um einen einheitlichen Platz-
charakter zu erreichen,
die Freilegung und sichtbar Machung der Havel •im Platzbereich mit „harter“ Uferkante und Ge-
länder i. V. mit der Neuanlage eines attraktiven,
durchgängigen Uferwegs und
die Beseitigung der Baumgruppe vor dem •Schloss, um diesem wieder im Stadtraum Geltung
zu verschaffen und wichtige Sichtachsen freizu-
legen,
die Neuanlage der 3. Straßenachse als räumliche •und erschließungstechnische Verbindung zwi-
schen Schlossplatz und Kreisverwaltung.
Die Kosten für diese Maßnahmen wurden auf rund
7 – 8 Millionen Euro geschätzt.
Die städtebauliche Entwicklung Oranienburgs war
von Anfang an eng mit der Entwicklung von Schloss,
Schlosspark und Schlossplatz verbunden. Stadtgrund-
riss und Straßen der barocken Stadtanlage waren
planmäßig auf den Haupteingang des Schlosses
ausgerichtet, der Schlossplatz Teil des städtischen
Raumgefüges. Das Schloss war nicht nur zur Zeit sei-
ner feudalen Nutzung das kulturelle und gesellschaft-
liche Herz der Stadt. Der Schlossplatz im Schnittpunkt
von Breiter Straße, Berliner Straße und Havelübergang
hatte die Funktion eines wichtigen Verkehrskno-
tens, war die lebendige Mitte der Stadt und ein Ort
von merkantiler Bedeutung - lange Zeit trug er den
Namen Marktplatz. Prägend für die barocke Anlage
war auch der direkte Bezug zur Havel – entlang des
Schlosses hatte die Havel eine harte Kante, an der
man flanieren konnte. Alte Pläne und Stiche zeigen
den Schlossplatz als einen ungegliederten, großzügi-
gen Raum, der im Norden vom Schloss und im Süden
an den Ecken der Breiten Straße und Berliner Straße
durch öffentliche Gebäude (Schule, Rathaus - später
Hotel Eilers, Amthauptmannsgebäude) gefasst wurde.
Wesentliche städtebauliche Veränderungen dieser
Situation begannen Anfang des 19. Jahrhunderts.
Mit dem Verkauf des Schlosses und seiner Umnutzung
zur Baumwollspinnerei, dann Schwefelsäurefabrik
Der Schlossplatz nach der Neugestaltung im Mai 2009
37
Für die Umsetzung der geplanten Entwicklung war die
Entscheidung zur Ausrichtung der Landesgartenschau
(Laga) 2009 in Oranienburg ein Glücksfall. Ohne die
damit verbundene politische und fi nanzielle Unter-
stützung hätte die Stadt dieses komplexe Planungs-
vorhaben nicht oder nur über einen sehr langen
Zeitraum und mit vielen Kompromissen realisieren
können.
Nach der Laga -Entscheidung 2005 begannen die
Vorbereitungen für die Umsetzung des Konzeptes.
Dazu mussten zwischen den drei unterschiedli-
chen Eigentümern für Schlossplatz, Bundesstraße
mit Brücke und Wasserstraße Havel grundsätzliches
Einvernehmen hergestellt und die Schnittstellen und
Zuständigkeiten geklärt werden. Die ernsthafteren
Probleme begannen damit, dass die alte Schlossbrü-
cke nicht, wie von allen Beteiligten angenommen,
Eigentum des Baulastträgers Bundesstraße sondern
des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) war. Glückli-
cherweise konnte dieses Problem relativ schnell durch
eine Eigentumsübertragung auf den Landesbetrieb
Straßenwesen gelöst werden.
Nach den ersten Abstimmungen wurde schnell
klar, dass ein Brückenneubau im Bereich der alten
Schlossbrücke aufgrund von technischen Forderungen
des WSA (z.B. Anforderungen an Durchfahrtshöhen für
die Schifffahrt) nicht die gewünschten Verbesserun-
gen für die Platzgestaltung bringen würde. Deshalb
wurden von Prof. Obermeyer zusammen mit GRUPPE
PLANWERK weitere Machbarkeitsuntersuchungen zur
Lage und Höhe der Brücke sowie der Straßenführung
beidseits der Havel durchgeführt. Als Ergebnis dieser
Untersuchungen wurde eine neue Straßen- und
Brückentrasse auf der Südseite des Schlossplatzes mit
einer diagonalen Straßenverbindung über den Be-
reich des ehemaligen Fischerparkplatzes zur Bernau-
er Straße festgelegt. Diese Lösung eröffnete völlig
neue Gestaltungs- und Nutzungsspielräume für den
Schlossplatz.
Vor dem Schloss entstand eine große, fahrverkehrs-
freie Platzfl äche, die offen ist für vielfältige Nutzun-
gen.
Das Platzniveau konnte nun ohne Einschränkungen
durch Rampen auf das historische Höhenniveau
(südlicher Schloss-Innenhof) abgesenkt werden,
durch eine Unterführung unter der neuen Schloss-
brücke wurde eine attraktive, sichere und durch-
gängige Fahrrad- und Fußgängerverbindung entlang
der Havel ohne störendes Queren der Bundesstraße
hergestellt.
Um Baurecht für die Verlegung und den Neubau von
Brücke und Straße zu erlangen wurde von der Stadt
Oranienburg in kürzester Zeit ein Bebauungsplan
nach § 17 Fernstraßengesetz aufgestellt. Nach kom-
plizierten Abstimmungen über die Bedeutung und
Auswirkungen der geplanten Maßnahmen - vor allem
hinsichtlich des Eingriffs am Havelufer - konnte ein
Planfeststellungsverfahren vermieden werden. Dies
hätte die rechtzeitige Fertigstellung der Maßnahmen
zur Laga gefährden können. Vor allem das WSA und
Landesumweltamt zeigten sich in diesen Verhandlun-
gen sehr kompromissbereit.
Der Schlossplatz im alten Gewand – mehr Grünfl äche als Stadtplatz
Die Baumterrassen laden zum Verweilen ein
Die geplante Fällung des Altbaumbestandes vor dem
Schloss wurde von den Politikern der Stadt Orani-
enburg und vielen Bürgern mehrheitlich abgelehnt.
Daraus hätte sich die Notwendigkeit einer Umplanung
ergeben, da die Absenkung des Schlossplatzniveaus
mit den Bestandshöhen der Bäume nicht vereinbar
war. Aber Not macht erfi nderisch: Um die Höhen-
unterschied der Platzfl äche auszugleichen, wurden
hölzerne „Baumterrassen“ entwickelt, die nach der
Fertigstellung ein belebendes Element des neu ge-
stalteten Platzes wurden.
Diskussionen gab es auch um die Position des Mahn-
mals „Die Anklagende“, das ebenfalls an die neue
Platzgestaltung angepasst werden musste. Nur unter
Mitwirkung des mittlerweile über 80jährigen Prof.
Matthes, der bereits vor rd. 50 Jahren das Ensemble
des Mahnmals geplant hatte, konnte mit der zustän-
digen Denkmalbehörden und dem Landeskonservator
ein würdiger und urheberrechtlich gesicherter neuer
Standort gefunden werden.
Trotz des engen Planungs- und Ausführungszeitrau-
mes wurden bis zur Eröffnung der Laga Schlossbrücke,
Schlossplatz und Havelufer fristgerecht und in hoher
Qualität fertig gestellt.
Durch die Neuordnung und Neugestaltung des
Schlossplatzes und seines Umfeldes hat die Stadt
Oranienburg ihre historische Mitte als lebendiges Zen-
trum wieder gewonnen.
Zwischen den Wohngebieten im Westen und der In-
nenstadt um die Bernauer Straße bildet der Schloss-
platz mit seinen neuen Nutzungsmöglichkeiten für
Aufenthalt, Wochenmarkt und sonstige Veranstaltun-
gen heute wieder den attraktiven, öffentlichen Mit-
telpunkt der Stadt und ist so Impuls gebend für die
Entwicklung und Aufwertung der gesamten barocken
Innenstadt.
Siegfried Reibetanz
GRUPPE PLANWERK
38
Die Schlossbrücke Oranienburg –
ein städtebauliches Schlüsselprojekt
Robert Geyer
Nähert man sich von Westen her auf Landstraßen
der Stadt Oranienburg, so geschieht dies zumeist
über die Bundesstraße B 273. Verbleibt man auf
dieser in Richtung Stadtzentrum, erreicht man über
die Breite Straße das schon von weitem sichtba-
re Schloss Oranienburg mit dem neu gestalteten,
davor liegenden Schlossplatz. Dort wechselt abrupt
die Richtung der B 273 und man fährt nach einer
scharfen Rechtskurve an der Südseite entlang auf
die neue Schlossbrücke zu, solange man nicht an
der roten Ampel des ebenfalls neu gestalteten Kno-
tenpunktes mit der Berliner Straße warten muss.
Die neue Schlossbrücke schwingt sich in einem ele-
ganten Bogen über die Havel. An Ihrem Hochpunkt
hat man einen sehr schönen Blick auf das links lie-
gende Schloss. Hat man die Havel überquert, führt
die B 273 nun als Bernauer Straße weiter durch die
östliche Innenstadt Oranienburgs.
Der Standort der neuen Brücke ist im Zuge der
umfangreichen Planung und Bauvorbereitung so
gewählt worden, dass er einerseits ein Neubau der
Brücke unter Aufrechterhaltung des Verkehrs über
die Vorgängerbrücke ermöglichte, und anderer-
seits der Gestaltung des Schlossplatzensembles den
größtmöglichen Raum ließ und den Eingriff in Natur
und Landschaft so klein wie möglich hielt. Des
Weiteren ist durch den günstigeren Kreuzungswin-
kel mit der Havel gegenüber der Vorgängerbrücke
die Spannweite etwas geringer, was natürlich auf
die Herstellungskosten und auch auf die zukünftige
Unterhaltung des Bauwerks entscheidenden Einfluss
hat. Dieses Kriterium war auch das ausschlagge-
bende bei der Entscheidung des Unterhaltungs-
pflichtigen und Straßenbaulastträgers, der Bun-
desrepublik Deutschland, vertreten durch das Land
Brandenburg, handelnd durch den Landesbetrieb
Straßenwesen, die seit über 70 Jahren bestehende
Vorgängerbrücke durch einen Neubau zu ersetzen.
Die erste für Oranienburg dokumentierte Brücke
existierte schon um 1200 im Zusammenhang mit
der ersten von den Askaniern hier an der Havel
errichteten Burg. Um 1550 wurde diese Burg durch
ein wasserumgebenes Jagdschloss von Kurfürst
Joachim den II., genannt „Hektor“, ersetzt und die
Brücke als Holzklappbrücke neu errichtet. 1901
wurde dann erstmalig eine das gesamte Flussbett
überspannende Brücke mit Fachwerkbögen aus
Stahl fertiggestellt. Mit der Zunahme des Fahrzeug-
verkehrs Anfang des 20. Jahrhunderts genügte die-
se Brücke den Ansprüchen dann schon nicht mehr.
1934 wurde daraufhin die bis 2008 bestehende
Stahltrogbrücke unmittelbar am Schloss eingeweiht.
1945 wurde die Brücke dann durch ein Sprengkom-
mando der SS in der Mitte auseinandergesprengt.
Beide Hälften des Stahltroges versanken in der
Havel. Mit einer spektakulären Hubaktion wurden
die Brückenhälften 1947 wieder gehoben und in
der Mitte durch große Stahllaschen und Verstärkun-
gen aus Stahl erneut zu einem Bauwerk verbunden.
Dieses Provisorium bedurfte natürlich einer stän-
digen Unterhaltung. Viele Instandsetzungen und
Reparaturen im Laufe der letzten 40 Jahre sorgten
aber dafür, dass die wichtigste Verbindung der
durch die Havel geteilten Oranienburger Innenstadt,
immer funktionstüchtig war. 1996 wurde dann mit
einer nochmaligen Verstärkung der Hauptträger-
verbindungen und Erneuerung der Fahrbahn- und
Seit September 2008 rollt der Verkehr über die neue Schlossbrücke
1947 wurde die gesprengte alte Brücke aus der Havel gehoben und wieder instandgesetzt
39
1
2
3
4
1: Konstruktionszeichnung der historischen Holzbrücke
2: Archäologen begleiteten den Brückenbau von Beginn an
3: Der Brückenschlag im April 2008
4: Alte und neue Brücke nebeneinander, für kurze Zeit gab es zwei Schlossbrücken in Oranienburg
Gehbahnbeläge der endgültige Countdown zur
Erneuerung des Bauwerkes innerhalb der folgenden
10 Jahre gestartet.
Die Planung für den Ersatzneubau begann im Jahr
2006. Nach intensiven Variantenuntersuchungen
zum Standort, der Bauweise und dem statischen
System war der detaillierte Entwurf Anfang Mai
2007, nach einer für heutige Bedingungen ver-
hältnismäßig kurzen Planungszeit von 14 Monaten,
fertiggestellt. Danach konnte der Neubau öffentlich
ausgeschrieben werden. Die Bauleistungen wurden
im August 2007 für ca. 3,1 Millionen Euro vergeben.
Diese Summe trugen auf Grundlage einer Verein-
barung zu ca. 2/3 die Bundesrepublik Deutschland
und zu ca. 1/3 die Stadt Oranienburg, welche Ihren
Anteil zu einem großen Teil aus Fördermitteln er-
brachte.
Nach Wochen der Bauvorbereitung, in denen unter
anderem das gesamte Baufeld durch die Archäo-
logen auf der Suche nach Oranienburgs Geschichte
bis in 2,70 m Tiefe umgegraben wurde, konnte
der Bau noch immer nicht beginnen. Der Kampf-
mittelbeseitigungsdienst suchte erst noch nach
unliebsamen Überbleibseln der jüngeren Geschich-
te, fand aber zur großen Erleichterung Aller nichts
dergleichen. Am 2. Oktober 2007 wurde dann
symbolisch der „Erste Spatenstich“ als Start für den
Ersatzneubau der Schlossbrücke durchgeführt.
Der Bau begann zunächst mit der Herstellung einer
befestigten Uferkante aus Stahlspundbohlen und
dem Einbringen von insgesamt zehn Stahlbeton-
bohrpfählen mit einem Durchmesser von 1,20
m als Bauwerksgründung. Darauf wuchsen dann
recht schnell die Stahlbetonwiderlager, auf welche
dann am 29.04.2008 fünf Stahlhohlkastenträger
verankert wurden. Der „Brückenschlag“ war getan.
Nach dem Aufbetonieren der Fahrbahnplatte, der
Komplettierung der Brücke und der Herstellung
der Straßenanschlüsse konnte am 1. September
2008, nach nur 12-Monatiger Bauzeit, die neue
Schlossbrücke für den Verkehr freigegeben werden.
Diesem Anlass wohnten ca. 2.000 Oranienburger
und Gäste bei.
Während der gesamten Bauzeit gab es immer sehr
viele „örtliche Bauüberwacher“ aus der Bevölke-
rung, die mit viel Interesse, Tipps und Ratschlä-
gen, aber auch mit sehr viel Verständnis für die
Bedingungen des Bauablaufs das Geschehen vor
ihrer Haustür beobachteten. Ein paar Wochen lang
konnten viele historische Fotos von zwei nebenei-
nander liegenden Brücken geschossen werden, bis
dann der endgültige Rückbau der „alten“ Schloss-
brücke am 24. September 2008 mit der Heraus-
nahme der Haupträger besiegelt war. Im Anschluss
liefen dann bis zum Jahresende 2008 noch eine
Vielzahl von Arbeiten um das neue Bauwerk herum,
da auch der Bereich der Havel dort neu gestaltet
wurde und die Anpassung an die neugestalteten
Flächen des Schlossplatzes, der Neringstraße und
der Fischerstraße erfolgen musste.
Mit der Ausbaggerung des neuen Havelprofi ls im
März 2009 wurden dann die letzten Arbeiten für
die neue Schlossbrücke abgeschlossen und dem
Besucher offenbart sich heute ein neues, aber im
historischen Sinne gestaltetes Innenstadtensemb-
le, in dem das Schloss nunmehr die zentrale Rolle
spielt und durch die Schlossbrücke nicht mehr wie
viele Jahre zuvor „verdeckt“, sondern bedeutungs-
voll umrahmt wird. Bei einigen „Durchfahrern“ gibt
es vielleicht hier und da ein Kopfschütteln oder
Stirnrunzeln, wenn er die Geschwindigkeit ob der
neuen Straßenführung drosseln muss und ein paar
Kurven mehr zu fahren hat, aber dafür eröffnet sich
ihm jetzt ein neuer Blick auf das Zentrum Oranien-
burgs, der wohl immer in angenehmer Erinnerung
bleiben wird.
Robert Geyer
Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg
Niederlassung Ost
seit 2009
Ingenieurgemeinschaft Setzpfandt GmbH & Co. KG
NL Eberswalde
40
Ein wichtiger Partner im Stadtumbauprozess -
Die Oranienburger Wohnungsbaugenossenschaft eG
Lutz Lachmann, Bernd Küken
Vor der Umgestaltung waren Straßenräume und Freiflächen trist und grau
Die Innenhöfe heute – grüne Oasen mit vielfältigen Pflanzungen
Neu geschaffene Sitzplätze sind Treffpunkte für Jung und Alt
Am Anfang war nur „Wüste“
Es war ein ehrgeiziges Projekt, welches in nur sieb-
zehn Monaten Planung und Bauzeit erfolgreich um-
gesetzt wurde, ein von Grund auf neues, attraktives
Wohnumfeld im Wohngebiet Mittelstadt zwischen
Liebig-, Runge-, Bernauer und Sachsenhausener
Straße zu gestalten. Die Planung begann bereits
2003 und war anfangs noch mit allerlei Problemen
belastet, ehe ab Frühjahr 2004 sämtliche Arbeiten
zielstrebig
und planmäßig mit den vielen beteiligten Partnern
durchgeführt werden konnten.
Wie es drumherum aussieht geht jeden was an
Entsprechend der Unternehmensphilosophie der
OWG gehört zu einem komplett sanierten genossen-
schaftlichen Wohnungsbestand auch ein ästhetisch
gestaltetes und gepflegtes Umfeld. Bei diesem in
unserer Stadt bisher einmaligen Städtebau-Projekt
entstand ohne Berücksichtigung der Grundstücks-
grenzen in diesem wichtigen Innenstadtbereich ein
neues Wohnumfeld mit Außenanlagen, Freianlagen,
Parkplätzen, Gehwegen, Straßen, Begegnungs- und
Kommunikationsstätten.
Ein Gemeinschaftswerk für alle Bürger
Den Anfang der Umgestaltung machten Stadtwerke
und Entwässerungsbetrieb Oranienburg, die alle
Grundleitungen neu verlegten und die Fernwärme-
leitungen sanierten. Der Rückbau eines Fernwär-
meschachtes in der Liebigstraße schaffte Raum für
einen zusätzlichen PKW-Parkplatz.
Ein weiteres wichtiges Anliegen der OWG wurde in
diesem Areal als Pilotprojekt umgesetzt - Ein eigenes
Regenentwässerungssystem. Das Regenwasser der
versiegelten Flächen wird jetzt ökologisch vorbildlich
für die Bewässerung der Pflanzen und Anlagen ge-
nutzt, was wertvolles Trinkwasser und nicht zuletzt
Betriebskosten spart. Auch die Entwässerungspro-
bleme in der Liebigstraße mit ständiger lästiger
Pfützenbildung gehören seither der Vergangenheit
an.
Park-Anlagen für’s Auge und das Gefährt
Alle Vorgärten der 310 Genossenschaftswohnungen
wurden neu gestaltet, im gesamten Wohngebiet vie-
le Bäume, tausende Pflanzen, Sträucher und Gehölze
gepflanzt. Dabei wurde der bisherige Baumbestand
weitgehend erhalten. Mit
neu angelegten Wegen sowie den umfangreichen
Grün- und Erholungsflächen entstanden zusätzliche
Begegnungs- und
Kommunikationsstätten für die Mieter des Wohnge-
bietes.
Auch hinsichtlich der Parkmöglichkeiten wurden
Lösungen gefunden und wesentliche Verbesserun-
gen erreicht. Der „wilde Parkplatz“ im Innenhof der
Sachsenhausener Straße wich einer Erholungsfläche
für die Bewohner. Die entfallenen Parkmöglichkei-
ten wurden durch die Gestaltung des Innenhofes
Rungestraße mehr als ausgeglichen. Hier konnte ein
harmonisches Ensemble aus ruhendem Verkehr und
Grünanlagen geschaffen werden. Mit dem Umbau
der Liebigstraße inklusive der Anlage neuer Fußwege
wurde die Möglichkeit des Querparkens geschaffen.
Auch das Müll-Problem gelöst
Eine wichtige Aufgabe war die Beseitigung der bei-
den Müllplätze in der Rungestraße - deren Kapazität
sollte aber im Wohngebiet erhalten werden. Ein
neues Müllkonzept musste also her! Mit den neuen
41
Die neuen Spielplätze werden gern angenommen
Müllstandsflächen in der Liebigstraße wurde auch
dieses Problem gelöst. Zusätzlich wurden durch ein
individuelles Abrechnungssystem und ein optimier-
tes Betriebskostenmanagement die Grundlagen für
transparente Nebenkostenabrechnungen und damit
Einsparmöglichkeiten für den Einzelnen geschaffen.
Die Stadt ins Boot geholt
Die Beteiligung der Stadt Oranienburg an diesem Ge-
meinschaftsprojekt war eine wichtige Voraussetzung
dafür, dass das Wohnen hier nicht nur optisch auf-
gewertet, sondern durch den entfallenden öffentli-
chen Verkehr auch wesentlich ruhiger wurde.
Fazit
Die vielen beteiligten Firmen und Partner an diesem
bisher einmaligen Gemeinschaftswerk haben kon-
struktiv, partnerschaftlich und zügig zusammenge-
arbeitet. Im Endeffekt entstand ein Projekt, welches
der Einzelne weder hätte planen noch realisieren
können. Profitiert haben vor allem die Mieter des
Wohngebietes, aber auch die gesamte Stadt, die so
ein attraktives Fleckchen zum schönen Wohnen und
Leben dazubekommen hat. Weitere solche Vorhaben
sind also bei der OWG stets willkommen!
Lutz Lachmann und Bernd Küken
Oranienburger Wohnungsgenossenschaft eG
42
Perlen wieder aufpoliert - Die WOBA auf Sanierungskurs
Bernd Jarczewski
„Es sind im Laufe der Jahrhunderte viele Wunden
ins Herz der Stadt geschlagen worden. Insofern
haben wir nur wenige Perlen hier um das Schloss“,
sagt Hans Joachim Laesicke, Bürgermeister der Stadt
Oranienburg.
„Es ist wichtig, dass diese Perlen wieder aufpoliert,
wieder von Patina befreit werden.“
Zu diesen Perlen gehören das Blumenthalsche Haus
am Schlossplatz, die so genannte Schnitterkaserne
an der Rungestraße oder auch die Häuser in der
Bernauer Straße mit den Nummern 2, 56 und 61.
Allen diesen Häusern ist gemein, dass sie unter
Denkmalschutz stehen, im Eigentum der Wohnungs-
baugesellschaft Oranienburg mbH (WOBA) sind und
fachgerecht saniert wurden.
Dabei ist es der WOBA gelungen, nicht nur His-
torisches zu bewahren und wieder herzustellen,
sondern die Objekte mit modernem Standard auszu-
rüsten, um den verschiedensten Nutzungen gerecht
zu werden: Wohnungen, Geschäfte, Arztpraxen,
Gastronomie.
Doch die WOBA kümmert sich nicht nur um ihre
denkmalgeschützten Perlen. Im Rahmen der Sa-
nierungsmaßnahmen konnte sie viele ihrer Objekte
modern und bedarfsgerecht umgestalten. Ein ge-
lungenes Ensemble ist der Oranienburger Boulevard,
der an der Bernauer Straße zum Bummeln einlädt
und im Innenhof mit einer grünen Oase die Mieter
verwöhnt.
Repräsentative Adresse im Herzen der Stadt: Das über 100 Jahre alte und liebevoll sanierte Haus Bernauer Straße 2
Eine der aufpolierten Perlen: Das Haus in der Bernauer Straße 56
Modernes Wohnen und Denkmalschutz:Gelungen in der Bernauer Straße 61
Jede dieser Sanierungsmaßnahmen steht im Ein-
klang mit dem wohnungswirtschaftlichen Konzept
der Stadt Oranienburg, ist doch die WOBA der maß-
gebliche Initiator zur Erstellung dieses Konzeptes.
Als Auftraggeber legt die WOBA großen Wert darauf,
dass die Ausführung der Sanierungsarbeiten durch
Oranienburger Firmen und regionale Unternehmen
erfolgt.
43
Wohnungsbaugesellschaft mbH Oranienburg Seit 1990 ein zuverlässiger Partner, wenn es um Sanierung geht
WOHNUNGSBAUGESELLSCHAFT mbHORANIENBURG
Kleines Haus am Schlossplatz
Hinter der Adresse Schlossplatz Nr. 5 verbirgt sich
ein Bürgerhaus, erbaut im 18. Jahrhundert. Dieses
schlichte Haus neben dem prächtigen Schloss wurde
ursprünglich als Hofgärtnerhaus genutzt.
1852 erwarb Louis Blumenthal das Haus
und gründete hier sein Bankgeschäft.
Das Blumenthalsche Haus hat in den zwei Jahrhun-
derten immer wieder kleine Veränderungen erfah-
ren, aber alle Vorfahren haben sich bemüht, den
Charakter des Hauses zu erhalten.
In diesem Sinne hat auch die WOBA die Sanierung
vorgenommen. In den Jahren 2007 und 2008 wurde
das gesamte Objekt denkmalgerecht umgebaut und
erstrahlt in neuem Glanz und neuem Leben.
Ehemalige Stearin-Licht-Fabrik
Das im Oranienburger Sprachgebrauch als Schnitterkaser-
ne bezeichnete Gebäude in der Rungestraße, ursprüng-
lich als Stearin-Licht-Fabrik Mitte des 19. Jahrhunderts
erbaut, dient seit mehr als 100 Jahren als Wohnhaus.
Das Blumenthalsche Haus im Ensemble mit Schloss und Schlossplatz
Das sanierte Blumenthalsche Haus beherbergt heute ein beliebtes Restaurant
Die umgenutzte Fabrik ermöglicht komfortables Wohnen in attraktiver Lage
Als Bestandteil der damaligen Chemische Produkte
Fabrik Oranienburg hat sich mit diesem Haus ein
Zeugnis aus der Frühphase der Industrialisierung
Brandenburgs erhalten.
Als Wirkungsstätte des Chemikers Friedlieb Ferdinand
Runge bleibt dieser Ort immer mit der Entdeckung
bedeutender Stoffe wie Koffein, Stearin oder Anilin
verbunden.
Die Fassadengestaltung weist auf die ursprüngliche
Planung nach dem Vorbild von Friedrich Karl Schin-
kel hin. Detailgetreu ließ die WOBA diese Fassade
restaurieren und schuf dahinter für ihre Mieter
moderne Wohnungen.
Bernd Jarczewski
Wohnungsbaugesellschaft mbH Oranienburg
44
„Havelpassage“ – Bernauer Straße 18
Wolf-Dieter Wolf
Der Entwurf des Siegers im Investorenwettbewerb – Architektur-büro Giese + Giese
Das Grundstück vor der Neubebauung – ein städtebaulicher Missstand
Die Havelpassage – beliebtes Einkaufszentrum im Herzen Oranienburgs
Hier kauft es sich gut ein, das wissen die Orani-
enburger seit Eröffnung der „Havelpassage“ 1998.
Ob Schuhe, Bettzeug oder tausend kleine Dinge,
ob Bäcker oder Bank – das Angebot auf den über
5.000 Quadratmetern des größten innerstädtischen
Einkaufszentrums ist vielfältig. Zudem verfügt die
„Havelpassage“ über Bürofl ächen – unter anderem
für das Finanzamt. Ebenso hat die Stadtbibliothek mit
über 73.000 Medien – vom Buch bis zur DVD – hier
ihr Domizil.
Mit der „Havelpassage“ wurde eine innerstädtische
Lücke geschlossen, die lange Zeit als die „schreck-
lichste Ecke von Oranienburg“ galt. Dabei ist diese
Ecke Bernauer Straße/Sachsenhausener Straße durch-
aus attraktiv: Sie befi ndet sich nahe dem Schloss und
der Havel in der Oranienburger City. Allerdings prä-
sentierte sich diese attraktive Ecke Anfang der 1990er
Jahre Einheimischen und Besuchern als verwahrlostes
Areal.
Aber: „Dieser innerstädtische Bereich prägt in be-
sonderem Maße das Erscheinungsbild Oranienburgs“,
schrieb die Stadt Oranienburg 1992, als sie einen
Investorenwettbewerb auslobte, um Investoren für
ein Versorgungs- und Dienstleistungszentrum an die-
ser Stelle zu gewinnen. Der Wettbewerb war mit der
Hoffnung verbunden, nicht nur einen qualifi zierten
Kapitalanleger zu fi nden, sondern auch dieses Areal
in kurzer Zeit neu gestalten zu können.
Unter den fünf Teilnehmern des Wettbewerbs war der
Investor mit der Berliner Grundkonzept GmbH schnell
gefunden. Indes musste noch einige Zeit vergehen,
bis Bürgermeister und Investor bei strahlendem Son-
nenschein am 26. September 1997 den Grundstein
für die Havelpassage legen konnten.
Denn Hindernisse waren reichlich aus dem Weg zu
räumen, bevor die Bagger anrücken konnten: Die
Genehmigungen weiterer großfl ächigen Einzelhan-
delsfl ächen erforderten eine Korrektur des wirt-
schaftlichen Konzeptes, die Klärung der komplizierten
Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken brauchte
drei Jahre Zeit, schließlich war Baurecht zu schaffen.
Einzig mit einem der Oranienburger Probleme hatte
die Grundkonzept GmbH keine Schwierigkeiten:
Weltkriegsbomben wurden auf dem Baugelände der
Havelpassage keine gefunden.
Gemeinsam mit der Stadt und dem Sanierungsträger
wurden letztendlich die Hindernisse aus dem Weg
geräumt. Zum Weihnachtsgeschäft 1998 konnten
die Läden in der Havelpassage öffnen. Ein attraktives
innerstädtisches Einkaufszentrum, komplett fi nanziert
mit privatem Kapital, war entstanden.
Inzwischen ist das von den Architekten Dieter und
Rainer Giese, Bremen, entworfene, zweigeschossige
Gebäude ein prägender Teil der Oranienburger In-
nenstadt und fügt sich hier, unweit des Schlosses und
vis-a-vis des alten, denkmalgeschützten Forsthauses
hervorragend in das Stadtbild ein. Inzwischen ent-
stand auf dem benachbarten Grundstück, Bernauer
Straße 16, ein weiteres Büro- und Geschäftshaus des
Investors Grundkonzept. Oranienburgs Innenstadt ist
attraktiv.
Wolf-Dieter Wolf
GRUNDKONZEPT Berlin GmbH
45
Das Ärztehaus Breite Straße 7
Angela Petzi
Die moderne Straßenfassade schafft einen neuen Akzent in der Breiten Straße
Die Apotheke in zeitgemäßem Design
Freundliche Möblierung schafft Wohlbefi nden bei Personal und Patienten
Wo noch vor einigen Jahren eine leer stehende
Kaufhalle das Stadtbild nicht gerade schmückte,
steht heute ein anspruchsvoller Neubau. Der in der
Nähe des Schlosses gelegene Bau beherbergt ein
medizinisches Zentrum mit Arztpraxen, Apotheke,
Optiker und einem Bistro und schließt so nicht nur
eine Baulücke, sondern stärkt auch die medizinische
Infrastruktur in der Innenstadt.
Das Grundstück befi ndet sich in einem Stadtquartier,
für das eine grundlegende städtebauliche Neuord-
nung vorgesehen ist.
In unmittelbarer Nähe des Grundstücks stehen
verschiedene Baudenkmale, wie das ehemalige Wai-
senhaus in der Havelstraße 29 und das Amthaupt-
mannshaus in der Breiten Straße 1. Da das Grund-
stück darüber hinaus im Denkmalbereich „Barocker
Stadtgrundriss und allgemeine Aufrissproportionen
der Altstadt in seinen wesentlichen Platz- und
Straßenräumen“ liegt, wurde besonderes Augen-
merk auf seine Baugestaltung gelegt. Die Lage des
Grundstücks im Bereich des Bodendenkmals „Mit-
telalterlicher / frühneuzeitlicher Ortskern Bötzow“
war eine weitere Herausforderung für Planung und
Baudurchführung
Für die Errichtung des dreigeschossigen Gebäu-
des wurde die Baufl uchtlinie entlang der Breiten
Straße wieder aufgegriffen. Auf eine Unterkellerung
wurde wegen des Bodendenkmals und des Erhalts
der archäologischen Funde verzichtet. Das Gebäu-
de erstreckt sich als Grenzbebauung zwischen den
Flurstücksgrenzen mit den Abmessungen von ca. 29
m Länge und ca. 14 m Breite.
Das Gebäude wurde in seiner äußeren Erschei-
nungsform durch zwei Fassadenfarben optisch
geteilt. Dadurch wird die kleinteilige Struktur der
überkommenen Parzellen der historischen Altstadt
erkennbar.
Die architektonische Gestaltung des dreigeschossigen
Gebäudes ist klar strukturiert. Hier dominieren die
stehenden Formate der Fenster, die sich bis in die
Dachfl äche im Bereich der Gaupen erstrecken.
Das 2. Obergeschoss wurde als Dachgeschoss ausge-
bildet. Glatt geputzte Fassaden und glatte Faserze-
ment-Dachplatten prägen das äußere Erscheinungs-
bild des Gebäudes. Bezeichnend für die gewählte
architektonische Formensprache ist die Reduzierung
auf das Notwendigste. Eine Historisierung ist nicht
gewollt, die moderne Architektur steht im Vorder-
grund und bildet einen Kontrast zur angrenzenden
historischen Bebauung.
Die Konsequenz der Fassadengestaltung setzt sich
auch im Inneren fort. Zielsetzung war es, ein Haus
zu schaffen, in dem nicht nur ein hohes Maß an
medizinischer Qualität geboten, sondern auch eine
positiv empfundene Umgebung geschaffen wird.
Farben, Materialien, Innenraumgestaltung, Lichtfüh-
rung und optimale Grundrisslösungen unterstützen
die therapeutische Wirkung. Ärztliche Behandlung
und ambulantes Operieren im Bereich der Augenme-
dizin sind der wesentliche Inhalt des Bauwerkes am
Schloss. Ein Optiker unterstützt das Angebot der Au-
genarztpraxis mit den entsprechenden Sortimenten
und Serviceleistungen. Ein Bistro mit Angeboten der
gesunden Ernährung sowie eine Apotheke runden
die Palette der Gesundheitseinrichtungen ab.
Das 2. Obergeschoss ist für eine weitere gewerbliche
Nutzung oder eine zusätzliche Arztpraxis konzipiert.
Die behindertengerechte Erschließung des Gebäudes
erfolgt über einen Aufzug, der auch für Kranken-
transporte geeignet ist.
Transparenz, Ein- und Ausblicke sind gewollte Effek-
te der architektonischen Gestaltung, die sich auch in
der Fassadengestaltung widerspiegeln. Die Schlicht-
heit des Neubaus mit modernen Wandfl ächen und
großzügigen Fensterbändern schafft Akzente, drängt
sich aber nicht auf. Die Kontrastwirkung der moder-
nen Architektursprache zur angrenzenden histori-
schen Bebauung setzt neue Maßstäbe im Stadtbild.
Angela Petzi
petzithoss architektur
46
Das Carollis – privates Engagement für ein altes Haus
Carlos Aydin
Das Carollis heute - eine gepfl egte gastronomische Einrichtung in attraktiver Hülle
Die Breite Straße 6 vor der Sanierung - ein unansehnlicher Bau mit abweisender Erdgeschosszone
Neben einem Imbiss beherbergt das Haus ein Restaurant mit mediterraner Küche und Räume für vielfältige Veranstaltungen
Viele Jahre konnten die Brüder Aydin das ehemalige
Hotelgebäude Breite Str. 6 in Oranienburg beob-
achten, hatten sie doch ihren Imbisswagen direkt
gegenüber aufgestellt. Da das Gebäude ungenutzt
leer stand und der Imbisswagen keine Dauerlösung
war, kauften die Brüder das Objekt und planten mu-
tig dessen Sanierung, natürlich mit dem Ziel einen
„richtigen“ Imbiss und eine gepfl egte Gastronomie
darin unterzubringen. Die Vorbereitung und Finan-
zierung dieses ehrgeizigen Vorhabens nahm einige
Zeit in Anspruch, im Jahre 2005 endlich konnte mit
den Umbau- und Sanierungsarbeiten begonnen
werden.
Am 27. September 2006 wurde das „Carollis“ feier-
lich eröffnet und so nicht nur ein neuer gastronomi-
scher Akzent im Stadtzentrum gesetzt, sondern auch
ein Schandfl eck in der Breiten Straße beseitigt.
Im Erdgeschoss befi nden sich seitdem ein Restaurant
und ein Außer-Haus-Verkauf, im Obergeschoss ist
viel Platz zum Feiern oder für vielfältige Veranstal-
tungen.
Der Slogan „Hier ist die Mitte von Oranienburg“
ist mehr als nur Programm, denn die Eigentümer
wollen bewusst die Geschichte des alten Gebäudes
zwischen Schloss, Waisenhaus und St. Nicolai-Kirche
weiter führen.
So wird nicht nur ständig das kulinarische Angebot
verfeinert, sondern auch die Räumlichkeiten im
Obergeschoss für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Bereits zwei Silvesterveranstaltungen mit internatio-
nal bekannten Künstlern fanden dort statt.
Das Carollis versteht sich aber nicht nur als gast-
ronomische Einrichtung im Herzen der Stadt. Die
Inhaber nehmen aktiv am gesellschaftlichen Leben
Oranienburgs teil und unterstützen neben der Lan-
desgartenschau 2009 auch den lokalen Jugendsport
als aktiver Sponsor.
Neben traditionellen Snacks im Außer-Haus-Verkauf
bietet das neue Küchenteam des Carollis abwechs-
lungsreiche internationale Küche und ursprüngliche,
bodenständige Gerichte an. Es will so die kulinari-
sche Nummer Eins in Oranienburg werden. Dies alles
lässt sich im Sommer am besten auf der großen Hof-
terrasse, die natürlich ebenfalls vorbildlich saniert
wurde, genießen.
Carlos Aydin
Restaurant Carollis
47
„Lebenshilfe“ in der Lehnitzstraße
Bolko Prußok
Das Gebäude vor der Sanierung – innen und außen verschlissen
Freundlich gestaltete Aufenthaltsräume schaffen eine angenehme Atmosphäre
Nach der Sanierung strahlt nicht nur die Fassade im neuem Glanz
Das Gebäude Lehnitzstraße 26 ist eines der wenigen,
das den ursprünglichen Charakter dieser Straße noch
widerspiegelt. Es wurde 1903/1904 als zweigeschos-
siges Wohnhaus im Landhausstil errichtet, heute steht
es in einem geschlossen bebauten Straßenzug.
Im Jahr 1997 kaufte der Verein „Lebenshilfe e. V.“
das Gebäude der Wohnungsbaugesellschaft mbH Ora-
nienburg ab, nachdem er es zuvor schon als Mieter
genutzt hatte. Der Kaufentscheidung vorausgegangen
war der Gedanke, dieses Wohnhaus für Wohngruppen
behinderter Menschen umzubauen und die Ge-
schäftsstelle des Vereins hier anzusiedeln.
Der bauliche Zustand des Hauses einschließlich der
Remise war zum Zeitpunkt des Erwerbs sehr schlecht,
die haustechnischen Anlagen waren veraltet und
verschlissen. Das Gebäude musste daher von Grund
auf modernisiert und instand gesetzt werden. Vom
Ausbau des Dachbodens über die einzelnen Etagen
bis hin zum Keller wurden Baupläne erarbeitet und
Finanzierungskonzepte aufgestellt.
1997 bis 1999 erfolgte der Um- und Ausbau von
Hauptgebäude und Remise, der mit Städtebauförde-
rungsmitteln in Höhe von 70.000 € für Dach, Fenster
und Fassade unterstützt wurde. Dieser Zuschuss half
dem Verein sehr bei der Finanzierung des Projektes.
Nach der Fertigstellung ist in der Lehnitzstraße ein
attraktives, schönes Haus wiedererstanden. Durch die
Wiederherstellung seiner interessanten Fassade, den
Ausbau des Daches und den Aufbau eines Wintergar-
tens ist eine Aufwertung dieses Straßenabschnittes
erreicht worden.
Die Remise, einst ein Pferdestall, ist jetzt eine funk-
tionsfähige Geschäftsstelle des Vereins. Im Wohnhaus
sind Wohngemeinschaften entstanden und im Keller-
bereich eine Begegnungsstätte für Menschen mit und
ohne Behinderung. In diesem „Treffpunkt Lebenshil-
fe“ fi ndet heute gelebte Integration statt.
Wir danken der Stadt Oranienburg nicht nur für die
fi nanzielle Unterstützung, sondern auch für den Er-
halt einer Urkunde als Anerkennung für den gelunge-
nen Umbau des Wohnhauses Lehnitzstraße 26.
Bei aller Freude gab und gibt es aber auch Schatten-
seiten. Ein Jahr nach dem Umbau entstand ein Brand
auf einer Etage des Gebäudes, bei dem glücklicher-
weise kein Mensch zu Schaden kam, wohl aber das
Gebäude. Die Sanierung im Inneren musste noch
einmal beginnen.
Unschön waren auch zahlreiche Grafi tti an der Stra-
ßenfassade, deren Beseitigung nur durch Spenden-
gelder möglich wurde.
Nichtsdestotrotz schauen wir nach vorn und freuen
uns, ein so schönes Objekt für die Arbeit unseres Ver-
eins zur Verfügung zu haben und gleichzeitig einen
Beitrag zur Stadtsanierung geleistet zu haben.
Bolko Prußok
Lebenshilfe e.V.
48
Neues Leben in der alten Fabrik
Jörn Weimer
Das Gebäude vor der Sanierung – innen und außen verschlissen
Heute ist das Haus wieder mit Leben erfüllt und eine Bereiche-rung des Stadtbildesbedürftig
Eine Augenweide war die Wirkungsstätte des
Chemikers Dr. Friedlieb-Ferdinand-Runge schon
lange nicht mehr, als das Christliche Jugendzent-
rum Oranienburg e.V. nach neuem Wohnraum für
ein Betreuungsprojekt für Jugendliche suchte. Der
leerstehende, denkmalgeschütze Bau an einer
Straßenkreuzung direkt an der B96 und in unmit-
telbarer Nähe zum Stadtzentrum bot jedoch nahezu
ideale Voraussetzungen für das Projekt „Trainings-
wohnen“, so dass sich der Verein zur Sanierung des
Gebäudes entschloss.
Nach Absprachen mit der unteren Denkmalbehörde
sollte das Haus nicht nur sechs Wohnungen und
ein Beratungsbüro beherbergen, sondern auch das
Stadtbild positiv beeinfl ussen. Historische Elemente
und typische Merkmale des Hauses sollten erhalten
bleiben.
Die Sanierung wurde in zwei Phasen durchgeführt.
Zunächst wurde die bauliche Hülle instand gesetzt.
In einem zweiten Bauabschnitt folgte der Innen-
ausbau. Schon bald zeichnete sich ab, dass die
Schäden in der Dachkonstruktion größer waren als
angenommen, so dass sich der Verein auf Anraten
der beteiligten Firmen und der Denkmalbehörde
für einen kompletten Neubau des Daches inklusive
der Giebelwände entschied. Dank der Unterstüt-
zung von ehrenamtlichen Mitarbeitern wurde in
kürzester Zeit das alte Dach abgerissen. Fachfi rmen
begannen dann mit dem Neuaufbau der Giebel-
wände und der Decke, bevor die neue Dachkon-
struktion aufgestellt wurde. Zeitgleich wurde die
Innensanierung begonnen. Hier musste wegen
statischer Mängel die gesamte Zwischendecke der
zweiten Etage entfernt und neu eingesetzt wer-
den. Um den Befall der Wände mit Hausschwamm
zu bekämpfen, wurde von allen Wänden der Putz
entfernt, so dass sich zwischenzeitlich der Anblick
eines Rohbaus bot. Im Zuge der Sanierung des
Innenbereichs sollte das Treppenhaus mit seinen
Stufen aus gebrannten Ziegeln erhalten bleiben.
Darum wurden diese aufwändig abgeschliffen und
versiegelt. Die Wände des Treppenhauses wurden
nach den Vorgaben der Denkmalbehörde in weiß
und einem dunkleren Cremé sowie braunroten
Applikationen gestaltet.
Mit der hell geputzten Fassade, der grauen Ein-
gangstür und den nach Originalvorlagen gefertig-
ten Fenstern zeigt sich das Gebäude seit 2007 den
Bewohnern und Besuchern Oranienburgs in einer
Weise, die nicht nur den historischen Ansprüchen
genügt, sondern sich vor allem hervorragend in das
Stadtbild einfügt. Ende des Jahres 2007 konnten
die ersten Bewohner des Hauses einziehen, mittler-
weile ist das Projekt „Trainingswohnen“ vollständig
angelaufen und das einst so unansehnliche Haus
mit Leben erfüllt.
Ermutigend für die Mitglieder des Vereins waren die
zahlreichen anerkennenden Rückmeldungen von
Nachbarn, Stadtverwaltung und Gewerbetreibenden
aus der Umgebung, die sich sehr positiv zur neuen
Gestaltung des Hauses äußerten.
Die Finanzierung der baulichen Hülle konnte dan-
kenswerterweise aus Städtebauförderungsmitteln
unterstützt werden.
Jörn Weimer
Christliches Jugendzentrum Oranienburg e.V.
49
Das Amtshauptmannshaus -
ein besonderes Juwel am Schlossplatz
Ralf Kretzschmar
Jahrelanger Leerstand und mangelnde Instandhaltung hatten sichtbare Spuren hinterlassen
Schwere Schäden durch Brand und Löschwasser
Der noch erhaltene Tresorraum
Das Denkmal heute – ein repräsentatives Bürogebäude in bester Lage
Das Amtshauptmannshaus gilt als das älteste
erhaltene Gebäude Oranienburgs und wurde etwa
zeitgleich mit dem Schloss im Jahr 1657 erbaut. Im
Auftrag der Kurfürstin Louise Henriette errichtet und
zunächst als Kavaliershaus bezeichnet, wurde es
durch den jeweiligen Amtshauptmann als Wohnhaus
genutzt, wobei dieser nicht nur Leiter der kurfürstli-
chen Verwaltung war, sondern auch oberster Richter
und Feldherr des Amtsbezirkes.
Das heute unter Denkmalschutz stehende frühbaro-
cke Gebäude ist um 1700 umgebaut und erweitert
worden und in dieser Form bis heute weitgehend
erhalten geblieben. Der zweigeschossige Putzbau
mit Mittelrisalit prägt besonders seit der Sanierung
das Erscheinungsbild der alten barocken Straßen-
achse zwischen Schloss und Waisenhaus (die heutige
Breite Straße) ganz entscheidend. Eine Besonderheit
des Gebäudes stellt die Orientierung der Schauseite
dar. Sie ist nicht zum Straßenraum, sondern viel-
mehr auf die Garten- bzw. Parkseite gerichtet.
Das Gebäude wurde seit seiner Errichtung in un-
terschiedlichster Weise genutzt. So diente es von
1851 bis 1923 zunächst als Rathaus, später zog
die örtliche Sparkasse in das Gebäude ein. Ab 1935
folgten museale Nutzungen, bis 1957 durch das
Heimat- und Binnenschifffahrtmuseum und danach
bis 2001 durch das Kreismuseum Oberhavel. Im
Jahr 2006 erwarb die Stadt das Gebäude. Seit der
umfassenden denkmalgerechten Sanierung hat die
Landesgartenschau Oranienburg 2009 GmbH ihren
Sitz im Amtshauptmannshaus. Auch nach Abschluss
der Landesgartenschau im Oktober 2009 wird das
Gebäude voraussichtlich eine öffentliche Nutzung
behalten.
Das ca. 350 Jahre alte Haus befand sich vor der
Sanierung in einem desolaten Zustand. Die Dach-
eindeckung und Regenentwässerung waren zwar
Anfang der 1990er Jahre erneuert worden, wiesen
aber bereits wieder Schäden auf. Trotz erfolgter
Schwammsanierung und Teilerneuerung der Dach-
konstruktion waren erhebliche Schäden an der
Dachkonstruktion durch Holz zerstörende Insekten
und sonstigen Schädlingsbefall vorhanden und eini-
ge Balkenköpfe stark beschädigt.
Die Elektroinstallation war veraltet, teilweise waren
noch Nachtspeicheröfen aus den 1970er Jahren in
Betrieb. Fenster und Türen waren ebenso zu erneu-
ern bzw. aufzuarbeiten wie die gesamte Fassade
zu sanieren. Aufgrund der fehlenden Bauwerksab-
dichtung war das Mauerwerk im Erdgeschoss und
im Keller durchfeuchtet. Anobienbefall der Treppe
und ein Brandschaden im mittleren Teil des Hauses
rundeten das umfangreiche Schadensbild ab.
Die Sanierung erfolgte unter der Prämisse, möglichst
viele historische Bauteile zu erhalten und gleichzei-
tig ein Bürogebäude zu schaffen, das allen zeitge-
mäßen technischen Anforderungen genügt. Bauteile,
die nicht restauriert werden konnten wurden durch
gleichwertige Nachbauten ersetzt. Daher waren
während der Sanierungsarbeiten kontinuierliche Ab-
stimmungen mit der Unteren Denkmalschutzbehör-
de sowie eine restauratorische und archäologische
Begleitung notwendig.
Die durch den Abriss der benachbarten alten
Feuerwehr entstandene Baulücke zwischen dem
Amtshauptmannshaus und dem benachbarten
„Blumenthalschen Haus“ wurde durch eine Grund-
stücksmauer zur Breiten Straße geschlossen, so dass
das Amtshauptmannshaus nun wieder über ein
geschlossenes Grundstück verfügt.
Nach seiner Sanierung strahlt das barocke Kleinod
heute wieder in altem Glanz. Der Gartensaal im
Erdgeschoss gehört zu den schönsten Räumen des
Hauses. Die Wirkung des ovalen Saals wird durch
eine reich gegliederte Stuckdecke mit Perlstab- und
Blattornamenten sowie einer barocken Farbgebung
noch unterstrichen. Der darüber im Obergeschoss
liegende ovale Festsaal des Hauses besitzt ebenfalls
eine reich gegliederte Stuckdecke. Von hier aus bie-
tet sich ein wunderschöner Blick über den Schloss-
park zur Orangerie. Das Amtshauptmannshaus ist
heute wohl zweifellos das schönste Bürogebäude
Oranienburgs.
Ralf Kretzschmar
Architekt
50
Wasser – ein besonderes Potenzial für Oranienburg
Christian Kielczynski
Brandenburg und Berlin, Provinz und Metropole -
Gegensätze, die auf den ersten Blick kaum größer sein
können. In nur wenigen europäischen Großräumen
ist der Übergang zwischen Metropole und umgeben-
der Provinz so kontrastreich wie zwischen Berlin und
Brandenburg. Bereits wenig außerhalb der Stadtgren-
ze Berlins ist häufig nichts mehr von der Nähe der
Großstadt zu erahnen. Eine Reise durch endlose und
gesichtslose Vorstädte bleibt einem auf dem Weg in
das Umland erspart. Stellen Metropole und Provinz
deswegen unvereinbare Gegensätze dar? Oder liegt
in diesem Spannungsfeld nicht eine Chance, ein
Potenzial für die Region? Die Vielfalt und Schönheit
Brandenburgs gehört wohl zu den großen Vorteilen,
mit der die Metropole Berlin für sich werben kann,
dagegen kann man in Brandenburg auf nahezu
unendliches und vielfältiges Potenzial an Kultur,
Freizeit- und Einkaufserlebnis der nahen Großstadt
zurückgreifen.
Berlin und Brandenburg sind durch eine Vielzahl von
Wegen untereinander verflochten. Die Stadt Orani-
enburg ist diesbezüglich in einer komfortablen Lage.
Obwohl sie am äußeren Rand des Verflechtungsrau-
mes liegt, ist sie sowohl über die Straße als auch auf
dem Schienenweg von der Hauptstadt schnell und
bequem zu erreichen. Auch komfortable Radwege
wie der Radfernweg Berlin-Kopenhagen verknüp-
fen Berlin und Oranienburg nicht nur untereinan-
der. Oranienburg ist Provinz und dennoch schneller
erreichbar als mancher Stadtteil der Metropole Berlin.
Ein Standortvorteil, der auch der Stadt Oranienburg
nicht entgangen ist und der das Bewusstsein, zur
Hauptstadtregion zu gehören, in den letzten Jahren
befördert hat.
Doch während auf den Straßen und Schienenwegen
das Reisen zwischen Berlin und dem Umland meist
nur ein häufig hastiges Dahineilen von Ort zu Ort ist,
bieten andere Wege eine völlig andere, bisher wenig
wahrgenommene Qualität, die Metropole und Provinz
einander näher bringen.
Berlin und sein Umland sind durch eine Vielzahl
größerer und kleinere Wasserwege bis tief in die na-
turnahen und abgeschiedenen Gebiete Brandenburgs
vernetzt. Viele dieser Gewässer haben ihre ursprüng-
liche Funktion als vorrangig gewerblich genutzte
Lebensadern von Stadt und Land verloren. Auf diesen
Wegen ist heute der Weg das Ziel. Bei einer Bootsfahrt
über Brandenburger Gewässer ebenso wie durch die
Stadtlandschaft Berlins eröffnen sich dem Betrachter
nie gesehene und unerwartete Perspektiven. Nicht
ohne Grund ist das Wasser daher in das Blickfeld der
Stadtentwicklung geraten. Die Hinwendung zum Was-
ser als Element moderner Stadtentwicklung und einer
neuen Planungs- und Baukultur ist für viele Städte
und Gemeinden zu einer Herausforderung geworden.
Dies hat auch die Stadt Oranienburg erkannt. Bereits
Anfang der 1990iger Jahre wurden erste Ideenskizzen
zur Neugestaltung der Havelufer deren Einbindung
in den städtischen Kontext in den Gremien der Stadt
diskutiert. Angesichts der damaligen Unfassbarkeit
dieser dem Grunde nach einfachen Ziele und der Di-
mension der Aufgabe wurde deren Umsetzung jedoch
vorerst wieder verworfen.
Eine bedeutsame Erkenntnis hat hier jedoch ihren
Ursprung: Die Feststellung, dass Oranienburg nicht
nur am Wasser liegt, sondern in seiner Mitte maß-
geblich vom Wasser - der Havel – geprägt wird. Der
Flusslauf wurde fortan nicht mehr nur als Hindernis
angesehen, welches es zu überwinden galt. Von nun
an galt es, Qualitäten, die hier im Verborgenen lagen,
herauszuarbeiten und in sinnvolle und realisierbare
Konzepte umzusetzen. Die Stadt wendet sich dem
Wasser zu. Viele Projekte mit Bezug zum Wasser sind
in Oranienburg realisiert worden. Anfangs von vielen
Bürgern misstrauisch beobachtet, werden sie jetzt mit
zunehmendem Enthusiasmus in das städtische Leben
integriert.
Es war eine Politik der kleinen Schritte, die mit der
vorerst provisorischen Herstellung der öffentlichen
Zugänglichkeit eines ehemaligen Bollwerks und der
Eröffnung einer im Rahmen der Maßnahme „Zukunft
im Stadtteil - ZiS 2000“ geförderten Anlegestelle für
die Personenschifffahrt am 19. November 2002 be-
gann. Diese Maßnahme und die nachfolgende Neuge-
staltung des Bollwerks waren wesentliche Beiträge zur
Aufwertung des zentralen Havelbereiches in Oranien-
burg und zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in
der Innenstadt. Eine Stufenanlage ermöglicht es jetzt,
bis an das Wasser heranzutreten und den Ort, das
Wasser und die Landschaft auf sich wirken zu lassen.
Die attraktive Lage des Bollwerks zwischen einem in
industrieller Bauweise errichteten Wohngebiet und
dem Stadtzentrum wird durch die Verknüpfung von
Stadt und Wasser in einer Art erlebbar, wie sie zuvor
nicht möglich war. Das Bollwerk ist inzwischen nicht
nur ein ausgesprochener Lieblingsort für Angler, es
ist auch ein beliebter Kommunikations- und Aufent-
haltsort für die Stadtteilbewohner und ein attraktiver
Treff- und Ausgangspunkt für Wassersportler und
Touristen. Die „ADACmotorwelt“ vom Juli 2007 hat
Oranienburgs Bollwerk als Station einer „maritimen
Deutschlandreise“ von Heilbronn bis in die branden-
burgische Provinz lobend erwähnt. Das Wasser trägt
den guten Ruf Oranienburgs in die Welt.
Der neu entstandene Wasserwanderstützpunkt mit Service- und Liegehafen, eine Attraktion für Wassertouristen
Die neu gestalteten Uferpromenaden holen das Wasser bis ans Schloss
51
Idyllische Flusslandschaft mitten in der Stadt
Ausfl ugsschiffe können an der neuen Anlegestelle mitten im Zentrum halten
Eine neue Fußgängerbrücke, der August-Wilhelm-Steg, schafft kurze Wege zwischen Hafen, Landesgartenschaugelände und Innenstadt
Die beschriebenen Maßnahmen können als ein
Durchbruch in der Oranienburger Stadtentwicklung
betrachtet werden. Was zuvor unmöglich erschien, ist
Realität geworden, der Wunsch nach weiterer Hin-
wendung zum Wasser ist nunmehr schier unaufhalt-
sam. Es erfolgte die weitere Neugestaltung uferbe-
gleitender Fuß- und Radwege entlang der Havel. Eine
neue Verbindung wurde in südlicher Richtung bis zur
Brücke „Blaues Wunder“ ebenso hergestellt wie die
die Uferpromenade zum Schloss Oranienburg.
Ein bis vor wenigen Jahren vor dem Oranienburger
Schloss gelegenes, undurchdringliches urwaldähnli-
ches Dickicht am Havelufer ist einer anspruchsvoll ge-
stalteten Uferpromenade gewichen, die nicht nur ein
Flanieren an der Havel ermöglicht, auch das direkte
Herantreten an das Wasser wird nunmehr über einen
neu erbauten Steg ermöglicht. Diese, im wesentlichen
aus der Städtebauförderung fi nanzierte grundsätzli-
che Neugestaltung der Uferbereiche, die einherging
mit der Verlegung und dem Neubau der Schlossbrü-
cke, integriert die Havel eindrucksvoll in die Stadt.
Nach alldem war es konsequent, das Thema „Wasser“
auch bei der Gestaltung des Geländes der Landes-
gartenschau 2009 Oranienburg zu berücksichtigen.
Das Gartenschaugelände wird von einem Grabensys-
tem durchzogen, das wiederhergestellte historische
Gräben im alten Schlosspark ebenso umfasst, wie neu
angelegte Kanäle und Gräben im Neuen Park. Wasser
und Landschaft gehen so eine enge Beziehung ein.
Uneingeschränkter Höhepunkt dieser Wiederent-
deckung des Wassers ist jedoch die Neuanlage des
„Schlosshafens“. Dieser aus dem „Liegehafen“ und
dem „Servicehafen“ bestehende Wasserwanderstütz-
punkt bietet Bootstouristen mitten im Herzen der
Stadt die Möglichkeit eines angenehmen Aufenthalts.
Mit hohem städtebaulichen Anspruch gestaltete
Anlagen und Gebäude bieten Service rund ums Boot
und seine Passagiere, die städtebaulich integrierte
Lage des Schlosshafens bietet aber noch wesent-
lich mehr. Von hier ist über den neu errichteten
„August-Wilhem-Steg“ in nur wenigen Gehminuten
die Oranienburger Innenstadt mit ihren vielfältigen
Angeboten ebenso wie das Schloss und die Orangerie
im Schlosspark mit anspruchsvollem kulturellen Pro-
gramm erreichbar. Und wen es in die Metropole zieht,
der kann diese ganz bequem nach nur 15 Minuten
Fußweg durch die Innenstadt vom Bahnhof Oranien-
burg mit S- oder Regionalbahn erreichen.
Die Oranienburger Gewässer sind gleichzeitig aber
mehr als nur ein aufwertendes Element der Stadt-
gestaltung. Das Bereisen der Gewässer in und um
Oranienburg mit dem Boot ist zwar bereits heutzutage
in vielen Teilen möglich, nicht jedoch so komforta-
bel, wie es von Touristen erwartet werden darf. Eine
durchgehende Vernetzung der Ruppiner Gewässer,
der oberen Havel-Wasserstraße, der Rheinsberger
Gewässer, dem Finowkanal und dem Werbelinsee
besteht derzeit nicht bzw. nur eingeschränkt. Die
Wiederschiffbarmachung der Oranienburger Gewäs-
ser und die Anbindung an die Ruppiner Gewässer ist
daher eines der vier Teilprojekte der „Wassertouris-
mus Initiative Nordbrandenburg - WIN“ und harrt
noch seiner Umsetzung. Erst wenn drei Schleusen und
eine Brücke in Oranienburg saniert bzw. neugebaut
und die Gewässer im notwendigen Maß ausgebaut
sind, können die genannten Wassertourismusreviere
durchgängig auf einer Länge von insgesamt 345 km
befahren werden.
Metropole und Provinz - trotz der Gegensätze beste-
hen Gemeinsamkeiten und gemeinsame Interessen,
die es sinnvoll zu verknüpfen gilt. Die Wiederentde-
ckung des Wassers als Bestandteil der Lebensumwelt
des Menschen jenseits der reinen Funktionalität ist
ein Potenzial, das Oranienburg erkannt hat und weiter
entwickeln wird.
Christian Kielczynski
Stadtplanungsamt Oranienburg
52
Erfolgreiche Stadtsanierung braucht kluge Grundstückspolitik
Heidrun Gassan
Bereits 1996 hat die Stadt Oranienburg in einem
sogenannten „Schmuddelkataster“ ihre Leerstands-
und Brachfl ächen in der Innenstadt erfasst und
deren Beseitigung als komplexe Aufgabe des kom-
munalen Flächenmanagements betrachtet.
Hierbei stand neben der detaillierten Erfassung und
Bewertung der Brach- und Leerstandsfl ächen die
Ermittlung der Eigentümerdaten, die Veranlassung
der vorrangigen Bearbeitung von vermögensrechtli-
chen Ansprüchen, die Abstimmung der städtebau-
lichen Ziele mit Eigentümern und Investoren sowie
der strategische Grunderwerb durch die Stadt in
Verbindung mit Ordnungsmaßnahmen im Focus der
Tätigkeit des Amtes für Grundstücks- und Gebäude-
wirtschaft. Der faire Interessensausgleich zwischen
den Zielen der Stadt und den Zielen der Eigentümer
im Sinne einer nachhaltigen Innenstadtentwick-
lung war dabei stets Grundlage des Handelns der
Beteiligten.
So wurden für die Daseinsvorsorge der Stadt be-
deutsame innerstädtische Flächen, wie das ca. 10
ha große, ehemals militärisch genutzte Areal hinter
dem Schoss, wo der zur Landesgartenschau 2009
gehörende Neue Park entstanden ist, erworben.
Aber auch historische Gebäude wie das Schloss, die
Orangerie und das Amtshauptmannshaus wurden
in das Eigentum der Stadt erworben und für die
kulturell-museale und kommunale Nutzungen u.
a. auch mit Mitteln aus der Stadtsanierung liebevoll
saniert.
Den Anwohnern und Gästen unserer Stadt war sie
lange ein Dorn im Auge, die heruntergekommene
und seit Jahren leer stehende Kaufhalle Breite Str. 7.
Die Stadt hat diese Immobilie gekauft, das Gebäude
abgebrochen und so im Rahmen von Ordnungsmaß-
nahmen das Grundstück für Investoren vorbereitet.
Jetzt steht auf diesem Grundstück ein hochmoder-
nes Ärztehaus. Dieses Vorhaben war der Beginn der
Umsetzung des Blockkonzeptes Oranienburg Altstadt.
Weitere Grundstücke und Teilfl ächen wurden in
den letzten Monaten aus Privatbesitz hinzu erwor-
ben. So u. a. die Grundstücke Breite Str. 5 und 5a
welche der Stadt in Verbindung mit dem Grundstück
Kanalstr.71 nunmehr die Weiterführung der Ord-
nungsmaßnahmen ermöglicht, um dort Baufl ächen
für den kleinteiligen Wohnungsbau und Kleinge-
werbe herzurichten und Investoren zur Verfügung zu
stellen.
Zur weiteren Umsetzung der städtebaulichen Ziele
im Bereich der barocken Altstadt von Oranienburg
und die damit verbundene Neuordnung und Gestal-
tung des Schlossplatzes wurde der in den neun-
zehnhundertsiebziger Jahren in der Berliner Str.1-3
als DDR Staatsbankfi liale errichtete Gebäudekomplex
durch die Stadt gekauft und durch Abbruch für In-
vestoren als Baufl ächen hergerichtet. Heute befi ndet
sich auf der Fläche als Zwischennutzung eine PKW-
Stellplatzanlage. Geplant ist hier eine attraktive in-
nerstädtische Bebauung mit vielfältigen Nutzungen
als würdiges Pendant zum Schloss.
Für die leer stehenden Wohnhäuser im Fischerweg
11 und 12 wurden die Grundstückskaufverhandlun-
gen mit den Eigentümern durch die Stadt erfolgreich
abgeschlossen, so dass auch diese ruinöse Bausub-
stanz rechtzeitig vor Beginn der Landesgartenschau
2009 in Oranienburg beseitigt werden konnte.
Vorausschauende Grundstückspolitik ist in Orani-
enburg als wichtiger Schlüssel für eine erfolgreiche
Umsetzung der ehrgeizigen städtebaulichen Ent-
wicklungsziele erkannt worden und besitzt daher
hohe Priorität in Politik und Verwaltungshandeln.
Heidrun Gassan
Amt für Grundstücks- und Gebäudewirtschaft
53
Öffentlichkeitsarbeit – Stadtsanierung braucht Kommunikation
Gundula Schweizer
Tue Gutes und rede darüber – dieser Grundsatz gilt
auch für die städtebauliche Sanierung, nicht nur
in Oranienburg. Schließlich ist Stadtsanierung kein
Selbstzweck, keine Angelegenheit ausschließlich für
Politiker und Verwaltungen oder Planer, sondern wird
in erster Linie für die Bürger der Stadt gemacht.
Daher wurden die Sanierungsmaßnahmen in der
Innenstadt Oranienburgs seit 1991 stets von inten-
siver Öffentlichkeitsarbeit begleitet um nicht nur zu
informieren, sondern vor allem um Meinungen
zu erfahren, Diskussionen anzustoßen und
Mitwirkung zu ermöglichen.
Wichtigster Partner für die Öffentlichkeitsarbeit
war und ist dabei die lokale Tagespresse, die
über den Umsetzungsstand aktueller Baumaß-
nahmen, wichtige geplante Vorhaben und die
Diskussion von Stadtentwicklungsprojekten in
den politischen Gremien regelmäßig und zeitnah
berichtet. Für größere Vorhaben interessieren sich
aber natürlich auch die regionalen Rundfunk- und
Fernsehsender, die vor allem in den Jahren 2005 bis
2009 im Zusammenhang mit der Landesgartenschau
Oranienburg regelmäßig und ausführlich aus der Stadt
berichtet haben.
Darüber hinaus werden auch die modernen Medien
mehr und mehr für die Öffentlichkeitsarbeit genutzt.
So wurde Anfang 2009 das Thema „Stadtsanierung“
auf der Internetseite der Stadt Oranienburg umfas-
send dargestellt und ist sowohl über die Adresse
www.oranienburg.de als auch über den direkten Link
www.oranienburg-ist-anders.de jederzeit und an
jedem Ort abrufbar.
Auch besondere Druckerzeugnisse wie diese Broschü-
re, Veröffentlichungen von Ministerien oder Artikel in
der Fachpresse sind ein wirksames Mittel, um Ziele
und Ergebnisse der städtebaulichen Erneuerung Ora-
nienburgs zu präsentieren.
Öffentlichkeitsarbeit heißt auch, überregionale
Aufmerksamkeit für die Stadt zu erzeugen. Dazu
geben besondere Veranstaltungen wie die Landes-
gartenschau 2009 Anlass, aber auch Ausstellungen,
Tagungen und andere Veranstaltungen, die einem
breiten Fachpublikum und der interessierten Öffent-
lichkeit Einblick in die Entwicklung der Stadt bieten.
Ein solches Podium war zum Beispiel die bundesweit
gezeigte Ausstellung „Zurück in die Stadt“ aus dem
Jahr 2004, in der Oranienburg mit einem eigenstän-
digen Beitrag vertreten war.
Auch in Zukunft wird über die großen und kleinen
Vorhaben der städtebaulichen Erneuerung regelmäßig
berichtet werden, in erster Linie natürlich auf lokaler
Ebene. Schließlich geht es stets um den unmittel-
baren Lebensraum der Oranienburger, den sie sehr
genau wahrnehmen und aktiv mitgestalten wollen.
Gundula Schweizer
BIG-STÄDTEBAU GmbH
54
Meinungen zur Stadtsanierung
Heike Bergt, Heiko Hohenhaus
1
2
3
Beeindruckender Wandel
Umfrage Oranienburger loben die Veränderung der
Stadt und haben trotzdem Wünsche
Die Landesgartenschau sorgte für einen starken
städtebaulichen Impuls. An mancher Ecke ist Orani-
enburg kaum wiederzuerkennen. Was die Menschen
besonders schätzen und wo es mit der Stadtsanie-
rung aus ihrer Sicht nun weiter vorangehen sollte,
dazu befragten sie die MAZ-Redakteure Heike Bergt
und Heiko Hohenhaus.
Seit 40 Jahren ist Brigitte Eichler (2) mittlerweile in
Oranienburg zu Hause. „Die Laga war einfach toll.
Der Schlossplatz ist größer und attraktiver geworden.
Mir gefällt Oranienburg jetzt auf jeden Fall besser“,
so die Bürokauffrau und Rentnerin. „Doch wenn
wir etwas brauchen, fahren wir nach Berlin. Es fehlt
einfach ein Kaufhaus. Irgendetwas, wo man unter
einem Dach alles bekommt. Das sagen alle in mei-
nem Freundeskreis. Auch ein Parkhaus wäre nicht
schlecht, um die Situation in der Stadt zu entspan-
nen. Wir fahren schließlich alle Auto.“
Relindis Richert (3), Verwaltungsmitarbeiterin
der AOK, findet, dass die anfängliche Skepsis, die
Schlossbrücke umzuverlegen, unbegründet war:
„Viele Bekannte, die mich besuchen, sind beein-
druckt über die Veränderungen“, so die Fried-
richsthalerin. „Als aktive Radfahrerin finde ich
natürlich die neuen Radwege an der Havel sehr gut.
Auch die Verbindung bis Liebenwalde. In der City
wurde viel getan, nun haben die Ortsteile Bedarf.
Manche Hauptstraßen bekamen Asphalt, aber die
Seitenstraßen sind zum Beispiel liegengeblieben.
Hier sollten Prioritäten gesetzt werden.“
Optikermeister Andreas Wiersma (1) ist der Meinung,
dass in Oranienburg „genau definiert werden sollte,
was das Zentrum ist. Für mich ist es der historische
Teil rund ums Schloss.“
55
4
5
6
Dort sollten auch dem Charakter entsprechend
Häuser gebaut und gediegenes Gewerbe angesie-
delt werden. Entlang der Bernauer Straße, zwischen
Rungestraße und Liebigstraße sieht er den Platz für
die Geschäfte mit Dingen des täglichen Bedarf. „Hier
sollten die Stadtväter Geld in die Hand nehmen, das
alte Bus-Gelände sanieren, damit Investoren dort
zugreifen. Eine kleines Kaufhaus würde die Innen-
stadt beleben. Diese Qualitätsstufe fehlt noch.“
„Der Schlossplatz ist einmalig und die Landes-
gartenschau war es auch“, so Hildegard Erdmann
(4) Sie hat den Vergleich, ist absoluter Garten-
schauprofi. „Der Zustand der Stralsunder Straße ist
ein Problem. Auch der der Lehnitzstraße“, findet
die Oranienburgerin. „Aber beide werden ja jetzt
in Angriff genommen.“ Die Seniorin wartet nun
sehnlichst auf den Wochenmarkt auf dem neuen
Schlossplatz.
Familienvater Stefan Wolff (5) mit Lion-Chris und
Shawn ist vor sieben Jahren nach Oranienburg gezo-
gen und „fühlt sich hier richtig wohl. Ich hoffe, dass
sich die Entwicklung fortsetzt.“ Vor allem wünsche
er sich so etwas wie ein Spieleparadies für die Kin-
der wie bei seiner Schwester in Dresden. „Da sehe
ich in Oranienburg Nachholebedarf.“
Einen regelmäßigen Blick von außen auf die
Stadtentwicklung wirft der Rheinländer Peter Vier
(6). Seine Frau arbeitet in Oranienburg, er in Köln.
„Optisch ist die Stadt sehr gefällig und hat eine sehr
positive Entwicklung genommen. Rund ums Schloss,
das macht alles mehr her“, so der Mann, der 300
Tage im Jahr mit einem Reisebus quer durch Europa
rollt. Die Einkaufssituation findet er zufriedenstel-
lend. Ein Kaufhaus würde sich hier kaum halten,
glaubt er. Die Stadtentwicklung „muss von innen
nach außen in die Randbereich getragen wer-
den. Das ist in Leipzig und Köln nicht anders als in
Oranienburg. Wenn es hier so weitergeht, sehe ich
Oranienburg weiter guten Zeiten entgegengehen.“
56
19 Jahre Stadtsanierung - eine Erfolgsgeschichte
Ausblick auf die Aufgaben der zukünftigen Stadtentwicklung
Frank Oltersdorf
Integriertes Stadtentwicklungskonzept Oranienburg
Wie viele Oranienburger mit großem Stolz feststel-
len, Gäste der Stadt anerkennen und die vorange-
gangenen Seiten dieser Broschüre deutlich zeigen,
wurde in 19 Jahren intensiver Stadtsanierung in
der Innenstadt Oranienburgs vieles erreicht. Die
schwerwiegendsten städtebaulichen Missstände
sind hier beseitigt, das Areal rund um das Schloss
ist zum attraktiven Herz der Stadt geworden, der
Grundstein für die Erneuerung des barocken Stadt-
grundrisses wurde gelegt, und zahlreiche Gebäude,
Straßen, Plätze und Grünfl ächen sind saniert bzw.
neu gestaltet worden. Dieses dank des intensi-
ven Einsatzes von Städtebauförderungsmitteln,
kommunaler Mittel und des großen Engagements
privater Eigentümer erreichte Ergebnis darf man zu
Recht als großen Erfolg bezeichnen. Bedeutet das
nun, das Oranienburg jetzt „fertig“ ist, nichts mehr
zu tun wäre und Bürger wie Politiker sich befriedigt
zurücklehnen dürfen? Wer diesen Eindruck beim
Gang durch die Innenstadt haben sollte, möge
seine Schritte in die peripheren Teile der Kern-
stadt Oranienburg lenken, hinter die Fassaden der
Gebäude schauen und einen Blick in die nähere
Zukunft wagen.
Und selbst in der Innenstadt ist noch einiges zu
tun, was fi nanzieller Unterstützung und intensiver
Begleitung bedarf.
Die Aufgaben für die Stadtentwicklung der kom-
menden Jahre werden deutlich sichtbar, wenn man
zunächst die demografi schen und wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen betrachtet.
Oranienburg sieht trotz seiner Lage im Speckgürtel
Berlins einer Bevölkerungsentwicklung entgegen,
die bis 2020 zu einem Wohnungsübergang von
rd. 1.700 Wohnungen führen wird, sofern nicht
frühzeitig und präventiv an einer Stadtumbaustra-
tegie gearbeitet wird, die eine deutliche Stärkung
der Kernstadt, d.h. des ursprüngliches Stadtgebietes
ohne die eingemeindeten Ortsteile, zum Ziel hat.
Diese Erkenntnis gründet sich auf die Beobachtung,
dass die Bevölkerung der Stadt in den vergangenen
Jahren durch Zuzüge aus Berlin und dem Umland
zwar stetig leicht gewachsen ist, die Kernstadt
Oranienburgs aber davon nicht profi tieren konnte,
da sich der Zuzug im Wesentlichen auf die Einfami-
lienhausgebiete und die eingemeindeten Ortsteile
beschränkte.
Hinzu kommt, dass die natürliche Bevölkerungs-
entwicklung aufgrund der Altersstruktur in der Stadt
seit Jahren negativ ausfällt und sich dieser Trend in
Zukunft eher noch verstärken wird. Die im Vergleich
zu anderen Städten heute noch nicht dramatische
Situation heißt aber nicht, dass es nicht schon aktu-
ellen Handlungsbedarf und Stadtteile gibt, in denen
insbesondere soziale Probleme nicht nur zu einem
negativen Gebietsimage, sondern auch zu ernsthaften
Auswirkungen auf den Wohnungsbestand und damit
zu einer Beeinträchtigung einer stabilen und aus-
gewogenen gesamtstädtischen Entwicklung geführt
haben.
Vor dem Hintergrund aktueller demografi scher
Prognosen und den Grundsätzen einer geordneten
städtebaulichen Entwicklung hat die Stadt erkannt,
dass ein Rückbau im Kerngebiet bei gleichzeitigem
Zulassen eines weiteren Wachstums an den Rändern
und in den Ortsteilen das falsche Signal wäre. Darauf
hat sie in Bezug auf den Flächennutzungs- und
zahlreiche Bebauungspläne bereits reagiert und diese
entsprechend angepasst. Die nachhaltige Entwicklung
der Stadt bedarf darüber hinaus aber einer komple-
xen Stadtumbaustrategie, um die sich heute schon
abzeichnenden Probleme zu identifi zieren, Lösungs-
ansätze zu fi nden und entsprechende Entwicklungs-
impulse zu setzen.
Beginnen wir unseren Ausblick auf die Aufgaben von
morgen aber zunächst noch einmal in der Innen-
stadt. Das Schloss im Rücken schauen wir zuerst nach
Süden. Was sich heute als große freie Fläche zwischen
Havel und Breiter Straße darstellt ist ein Areal, das für
eine Wiederbebauung vorgesehen ist, nachdem es
großfl ächigen Kriegszerstörungen zum Opfer gefallen
und nach 1945 nur teilweise und ohne Beachtung
der historischen Strukturen bebaut worden war. Hier
sollen lebendige Quartiere zum Wohnen, Arbeiten
und Einkaufen entstehen. Auch wenn dafür in erster
Linie privates Kapital und das Engagement der großen
städtischen Wohnungsunternehmen gefragt ist,
werden begleitende bzw. ergänzende Maßnahmen
im öffentlichen Raum der fi nanziellen Unterstützung
bedürfen. Auch einige Gebäudeabbrüche und Grund-
stücksneuordnungen stehen hier noch an, um eine
innenstadtadäquate Neubebauung zu ermöglichen.
57
Unsanierte Mehrfamilienhäuser im Wohngebiet Mittelstadt
Spielmöglichkeiten für Kinder und Jugend-liche in der Mittelstadt erfreuen sich großer Nachfrage
Kleinteilige Wohnbebauung in der Neustadt
Wenn wir uns vom Schlossplatz in Richtung Osten
bewegen begegnen uns in der Fischerstraße und
der Bernauer Straße noch verschiedene Gebäude,
die dringend saniert werden müssen. Auch zahl-
reiche Straßen warten noch auf ihre Erneuerung,
beispielhaft seien hier die Willy-Brandt-Straße, die
Lehnitzstraße, die Krebststraße und die Stralsunder
Straße genannt.
Ein größeres Problem stellt darüber hinaus das
Areal rund um den Speicher am Louise-Henrietten-
Steg dar. Für den zum Teil bauhistorisch wertvollen
und erhaltenswerten Gebäudebestand muss eine
neue Nutzung gefunden werden und die Gebäu-
de müssten schnellstmöglich saniert werden. Hier
erschweren bestehende Eigentumsverhältnisse eine
zeitnahe und komplexe Entwicklung, eine an-
spruchsvolle Aufgabe für die zukünftige Stadtent-
wicklung, die hier in diesem wichtigen städtischen
Raum noch zu lösen ist.
Bis 2014 stehen für das Sanierungsgebiet „Innen-
stadt“ zur Mitfinanzierung der o. a. Aufgaben noch
Städtebauförderungsmittel zur Verfügung.
Die Kernstadt Oranienburg ist aber deutlich grö-
ßer als die Innenstadt und hat auch in anderen
Teilbereichen städtebaulichen Entwicklungs- und
strukturellen Umbaubedarf, damit die in der In-
nenstadt erzielten Erfolge nicht durch Defizite in
der gesamtstädtischen Entwicklung wieder zunichte
gemacht werden.
Wir setzen unseren virtuellen Rundgang daher
fort und erreichen als nächstes die Mittelstadt,
die südlich an die Innenstadt anschließt und bis
zur Walter-Bothe-Straße reicht. Dieser Stadtteil ist
wesentlich durch mehrgeschossigen, in industri-
eller Bauweise errichteten Geschosswohnungsbau
geprägt. 21% der Oranienburger Bevölkerung sind
hier zu Hause.
Trotz finanzieller Hilfen aus dem Programm „Zu-
kunft im Stadtteil (ZiS) in den Jahren 2001 bis 2007
und großen Engagements der Wohnungseigentümer
weist dieser Stadtteil immer noch sowohl bauliche
als auch soziale Defizite auf. Während der Miet-
wohnungsbestand weitgehend saniert ist, konnte
das Wohnumfeld sowohl auf öffentlichen als auch
auf privaten Grundstücken bisher nur unzureichend
aufgewertet werden, nicht zuletzt deshalb, weil die
Mittel aus dem ZiS-Programm nicht in dem bean-
tragten Umfang gewährt wurden. Hinzu kommt,
dass die soziale Infrastruktur noch immer Defizite
in Bezug auf die Bedürfnisse einzelner Bewohner-
gruppen aufweist.
Aufgrund der hier vorhandenen Wohnungsgrößen
und des Mietniveaus konzentrieren sich vorran-
gig in den mehrgeschossigen Wohnblöcken sozial
schwache Bevölkerungsgruppen, was zu einer
zunehmenden Unausgewogenheit der Sozialstruk-
tur im Gebiet geführt hat. 50% aller Oranienburger,
die staatliche Transferleistungen beziehen, leben
hier.
Die Wohnungsleerstandsquote konnte zwar in
den zurückliegenden Jahren durch Rückbau- und
Sanierungsmaßnahmen bereits reduziert werden,
liegt aber mit rd. 10% immer noch deutlich über
dem gesamtstädtischen Niveau. In Verbindung mit
einem hohen Anteil von Einwohnern, die älter
als 65 Jahre sind, deutet sich in diesem Stadtteil
bereits heute eine Problemlage an, die präventives
Handeln, eine kluge Stadtumbaupolitik, gemeinsa-
mes Handeln der Stadt und der großen Wohnungs-
unternehmen sowie Finanzhilfen aus geeigneten
Förderprogrammen erfordert. Hier wird eine wich-
tige Aufgabe für die nächsten 10 bis 15 Jahre lie-
gen, um diesen Stadtteil nicht nur stabil zu halten
sondern auch schrittweise weiterzuentwickeln, da
er grundsätzlich eine hohe Lagegunst in Bezug auf
das Stadtzentrum und die naturräumliche Situation
entlang der Havel aufweist.
Wir setzen unseren Weg nach Osten fort, über-
queren die Havel und erreichen die östliche der
Bahnlinie gelegene Neustadt. Beim ersten Hinse-
hen fallen zunächst zum Teil hochwertige gründer-
zeitliche Bauten, eine kleinteilige Einfamilienhaus-
bebauung nördlich der Bernauer Straße und eine
eher gemischte Bebauung im südlichen Teil dieses
Stadtgebietes auf. Bei einer näheren Betrachtung
fallen jedoch die nahezu flächendeckenden Defizite
im öffentlichen Raum, aber auch die in stadtbild-
relevantem Umfang sanierungsbedürftige Bausub-
stanz auf.
58
Stadtumbaustrategie Oranienburg - Schwerpunkte des Stadtumbaus
Die für Besucher der Stadt und deren Image au-
ßerordentlich wichtige Verbindung zwischen dem
Stadtzentrum und der KZ-Gedenkstätte Sachsenhau-
sen ist nicht nur städtebaulich teilweise ungeordnet,
sondern auch von einem unattraktiven Zustand des
öffentlichen Raumes geprägt. Hier besteht dringen-
der Handlungsbedarf, schließlich ist die Gedenk-
stätte nicht nur ein wichtiges Zeugnis der jüngeren,
wenn auch unrühmlichen, deutschen Geschichte,
sie zieht auch viele Besucher in die Stadt, die nicht
nur die Gedenkstätte besuchen und sofort wieder
abreisen, sondern auch den Weg in die Innenstadt
und diese attraktiv fi nden sollen. Ein weiteres Defi zit
der Neustadt liegt darin, dass ihre Lage am Nordufer
des Lehnitzsees weder städtebaulich präsent noch
funktionell oder gestalterisch ansprechend gelöst ist.
Die Neustadt besitzt aber insgesamt ein großes
Potential, zu einem hochwertigen, zentrumsnahen
Wohnstandort zu werden. Wachsende Überalterung
der Einwohner, steigende Wohnungsleerstandszah-
len, auch im bisher selbst genutzten Wohneigentum,
und große Sanierungsrückstände auf öffentlichen
und privaten Grundstücken müssen dieses Gebiet
jedoch dringend in den Fokus des Stadtumbaus bzw.
einer künftigen städtebaulichen Sanierungsmaß-
nahme rücken.
Neben den vorstehend beschriebenen Aufgaben
gibt es in der Kernstadt aber noch einige weite-
re Bereiche, in denen in den kommenden Jahren
Handlungsbedarf besteht. So werden Rückbau- und
nachfolgende Aufwertungsmaßnahmen im Wohnge-
biet westlich des Bötzwer Platzes unumgänglich sein
und weiterhin Aufwertungsmaßnahmen in kleineren
Teilbereichen der nördlichen Innenstadt anstehen.
19 Jahre Stadtsanierung in der Innenstadt sind da-
her kein Schlusspunkt, sondern lediglich ein wich-
tiger Meilenstein der Entwicklung der Stadt Orani-
enburg zur einem funktionsfähigen und attraktiven
Lebensraum für ihre Bürger. Die in den kommenden
Jahren anstehenden Aufgaben des vorausschauen-
den und nachhaltigen Stadtumbaus sind mindestens
ebenso anspruchsvoll und in gewisser Weise viel
schwieriger als die der Sanierung der Innenstadt.
Gilt es doch in Zukunft, auf die sich verändernden
wirtschaftlichen und demografi schen Rahmenbe-
dingungen zu reagieren, zum Teil entgegengesetzte
Interessen der zahlreichen Akteure im Stadtumbau-
prozess zu berücksichtigen, die knapper werdenden
öffentlichen Mitteln intelligent mit privaten und
sonstigen Investitionen zu bündeln, die Stadt fi t
für die Zukunft zu machen und weiterhin konkur-
renzfähig im Vergleich zu den Nachbargemeinden zu
bleiben.
Wir freuen uns auf diese spannende Aufgabe und
hoffen dafür auch weiterhin sehr auf die Unterstüt-
zung des Landes Brandenburg und der Bundesregie-
rung.
Frank Oltersdorf
Baudezernent
59
Die BIG-STÄDTEBAU-GmbH vor Ort in Brandenburg
Frank Hultsch, Ursula Langhans, Klaus-Dieter Steuer
Die BIG-STÄDTEBAU-GRUPPE führt seit 40 Jahren als
Dienstleister für Kommunen Vorhaben der Stadter-
neuerung und Stadtentwicklung durch. Seitdem sind
wir als Treuhänder für 150 kommunale Auftraggeber
in 200 städtebaulichen Gesamtmaßnahmen tätig
geworden. Die im Unternehmen umgesetzten Förder-
mittel haben ein Volumen von zwei Milliarden Euro
überschritten und gleichzeitig Projektförderungen und
private Mittel in ca. doppelter Höhe aktiviert.
Das Regionalbüro Perleberg
Die Firmenzentrale in Kiel-Kronshaugen
Unser Leistungsbild umfasst das gesamte Spektrum der
Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen im
Rahmen nationaler und europäischer Förderprogram-
me. Um die komplexen Aufgaben der Stadtentwicklung
zu bewältigen, ist ein interdisziplinär zusammenge-
setztes Team aus Experten verschiedenster Berufsspar-
ten unerlässlich. Daher verfügen wir im operativen
Bereich über einen festen Stab von 110 qualifi zierten
und erfahrenen Mitarbeitern, bestehend aus Stadt-
planern, Architekten, Bauingenieuren, Volks- und Be-
triebswirten, Kaufl euten, Juristen und Fachleuten der
Projektentwicklung, der Immobilien- und Wohnungs-
wirtschaft sowie der Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hin-
aus können wir auf eine Anzahl sehr qualifi zierter und
fl exibel einsetzbarer freier Mitarbeiter zurückgreifen.
Seit jeher besitzen wir einen hohen Qualitätsanspruch
an unsere Produkte, Arbeitsweise und Mitarbeiterori-
entierung. Dieser wurde im Laufe unserer langjährigen
Tätigkeit zu unserem Markenzeichen und begründet
unseren Erfolg. Dies spiegelt sich auch in unserem
Zertifi kat „Qualitätsmanagement“ nach DIN EN ISO
9001:2000 wider.
Die BIG-STÄDTEBAU GmbH betreut in Brandenburg von
den Bürostandorten Perleberg, Potsdam und Orani-
enburg aus insgesamt 14 städtebauliche Gesamtmaß-
nahmen, unter anderem in Oranienburg, Senftenberg,
Wittenberge, Luckenwalde, Perleberg, Putlitz und
Lenzen.
Dabei werden Städtebauförderungsmittel aus dem
Bereich der allgemeinen Städtebauförderung, des
städtebaulichen Denkmalschutzes und des Stadtum-
baus ebenso verwaltet wie Mittel der Europäischen
Kommission aus den Programmen „Europäischer
Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Europäi-
scher Sozialfonds (ESF).
Das Team der insgesamt 10 in Brandenburg tätigen,
engagierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der BIG-STÄDTEBAU GmbH verfügt über
langjährige Berufserfahrung auf den Gebieten städte-
baulicher Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen,
Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen sowie der
Projektsteuerung und des Projektmanagements.
Neben der Beantragung, Verwaltung und Abrechnung
der für die Durchführung der städtebaulichen Sanie-
rungs- und Entwicklungsmaßnahmen einzusetzenden
Finanzierungsmittel gehören eine umfassende Bera-
tung und Betreuung unserer kommunalen Auftragge-
ber, sanierungswilliger Bürger und der Kontakt zu den
zuständigen Ministerien und Verwaltungsbehörden
zu unserem täglichen Geschäft. Dabei ist es für uns
selbstverständlich, dass sowohl Planungs- als auch
Bauaufträge möglichst in der Region vergeben werden,
um neben der städtebaulichen, architektonischen und
denkmalpfl egerischen Erneuerung auch die heimische
Wirtschaft zu stärken.
Hohe Fachkompetenz, dienstleistungsorientiertes
Auftreten, Teamgeist, interdisziplinäres Denken und
fl exibles Reagieren auf die sich ständig wandelnde
Förderlandschaft sehen wir als ebenso selbstverständ-
lich an wie das Zurückgreifen auf unser Netzwerk von
Experten für Spezialaufgaben.
Frank Hultsch Ursula Langhans
Geschäftsführer Geschäftsführerin
Klaus-Dieter Steuer
Leiter des Regionalbüros Perleberg
Prokurist
60
Impressum
Herausgeber
BIG-STÄDTEBAU GmbH
Wollweberstraße 20, 19348 Perleberg
Treuhänderischer Sanierungsträger der
Stadt Oranienburg
Die Wiedergabe von Texten, Fotos und Abbildungen
in gedruckter und/oder elektronischer Form ist nur
mit Einwilligung des Herausgebers gestattet.
Februar 2010
Mitarbeit
Carlos Aydin
Philine Bach
Heike Bergt
Stephan Bernard
Rose Fisch
Matthias Franke
Heidrun Gassan
Robert Geyer
Thomas Hauptmann
Heiko Hohenhaus
Bernd Jarczewski
Christian Kielczynski
Marianne Kordecki
Bettina Krause
Rolf Kretzschmar
Bernd Küken
Lutz Lachmann
Frank Oltersdorf
Dr. Steffen Ott
Gabriele Perlick
Angela Petzi
Bolko Prußok
Siegfried Reibetanz
Jörn Weimer
Burkhard Wilde
Wolf-Dieter Wolf
Redaktion
Gundula Schweizer
Klaus-Dieter Steuer
Satz / Layout / Titelfoto
FINISH Werbeagentur
Druck
Druckerei & Werbeagentur Scherwinski
Auflage
1.000 Stück
Fotos
Archiv der BIG-STÄDTEBAU GmbH
Archiv der Stadt Oranienburg
Archiv der jeweiligen Autoren
complan Kommunalberatung
FINISH Werbeagentur
Hansa Luftbild
Frieder Blickle
Gottfried Grafe
Jürgen Jancke
Ralf Meyer
Thomas Metzkow
Danksagung
Wir danken allen, die an der Ent-
stehung dieses Buches mitgewirkt
haben, sei es durch Textbeiträge,
durch Bereitstellung von Fotos und
Plänen, durch Anregungen oder
konstruktive Kritik.
Ora
nie
nburg
im
Wan
del
1991 -
2010
Oranienburg im Wandel
Stadtsanierung 1991 - 2010
Oranienburg
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